Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 10 P 34/14
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 5 P 9/14 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger wendet sich mit seiner Beschwerde gegen einen die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zur Durchführung eines erstinstanzlichen sozialgerichtlichen Klageverfahrens ablehnenden Beschluss des Sozialgerichts Halle. In dem Klageverfahren begehrt er in der Sache die Bewilligung von Leistungen nach dem Elften Buch des Sozialgesetzbuches – Soziale Pflegeversicherung (SGB XI) entsprechend der Pflegestufe III.
Der am ... 1990 geborene Kläger ist als schwerbehinderter Mensch mit einem Grad der Behinderung von 90 mit den Merkzeichen "B", "G" und "aG" anerkannt. Er erhält seit Juli 2009 von der Beklagten Leistungen nach der Pflegestufe II. Wegen einer bestehenden Intelligenzminderung besuchte er eine Behindertenschule, die er mit der 8. Klasse abschloss. Nach Beendigung seiner Ausbildung in einer Werkstatt für behinderte Menschen hat er in dieser eine Arbeit aufgenommen (vier Stunden/Tag). Der Kläger ist nicht geh- und stehfähig. Die Benutzung eines Elektrorollstuhls ermöglicht ihm die Mobilität. Die Hände und Arme kann er frei bewegen. Bei ihm wurden u.a. folgende Diagnosen gestellt: chronische Dorsolumbalgie, Arnold-Chiari-Syndrom, lumbale Myelomenigocele mit Querschnittsyndrom, rezidivierende Gastritis, chronisches HWS-BWS-LWS-Syndrom, Ostipation, Ektasie des Nierenbeckenkelchsystems. Er hat zudem einen Harnblasenersatz mit Colonconduit. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Erkrankungen wird u.a. auf den Befundbericht des FA für Allgemeinmedizin B. W. vom 25. Januar 2014 (Bl. 82 der Gerichtsakte) verwiesen. Der Kläger, der zusammen mit seinen Eltern in einer Drei-Zimmer-Wohnung im Erdgeschoss mit ebenerdiger Rollstuhlauffahrt wohnt, wird insbesondere von seiner Mutter nach deren Angaben 24 Stunden/Tag betreut. Er stellte unter dem 17. Februar 2012 einen Antrag auf Höherstufung in die Pflegestufe III. Die Beklagte beauftragte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Sachsen-Anhalt e.V. (MDK) mit der Feststellung des erforderlichen Pflegeaufwandes. Nach einer am 26. März 2012 erfolgten Begutachtung in der Häuslichkeit kam die Pflegefachkraft C S. zu einem Gesamtpflegeaufwand im Bereich der Grundpflege von 139 min/Tag sowie im Bereich der Hauswirtschaft von 60 min/Tag.
Mit Bescheid vom 4. April 2012 lehnte die Beklagte den Antrag auf Höherstufung unter Bezug auf das vorstehende Gutachten ab. Unter dem 5. April 2012 legte der Kläger gegen diesen Bescheid Widerspruch im Wesentlichen mit der Begründung ein, seine Mutter pflege ihn fünf Stunden, sein Vater zwei Stunden pro Tag. Er legte ein Pflegetagebuch für die Zeit vom 21. Mai bis 10. Juni 2012 vor. Der MDK erstattete nach persönlicher Befunderhebung durch die Pflegefachkraft G. am 10. August 2012 ein weiteres Gutachten. Danach betrage der Zeitaufwand für die Grundpflege 146 min/Tag, der im Bereich der Hauswirtschaft 60 min/Tag. Ein weiteres Gutachten wurde nach einer persönlichen Begutachtung am 18. Januar 2013 durch die Pflegefachkraft B. vom MDK erstellt. Diese schätzte den Zeitaufwand im Bereich der Grundpflege auf 129 min/Tag und den im Bereich der Hauswirtschaft auf 60 min/Tag.
Mit Widerspruchsbescheid vom 12. Juni 2013 lehnte die Beklagte die Höherstufung in die Pflegestufe III ab. Sie nahm Bezug auf die oben genannten Gutachten. Der zu berücksichtigenden Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege erreiche im Tagesdurchschnitt nicht mindestens 240 min pro Tag, so dass die Voraussetzungen der Pflegestufe III nicht erfüllt sei.
Am 24. Juni 2013 hat der Kläger beim Sozialgericht Halle Klage gegen den Bescheid vom 4. April 2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12. Juni 2013 erhoben. Zudem hat er die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten beantragt. Die hierfür notwendigen Unterlagen hat er am 3. Juli 2013 zu den Akten gereicht. Die Klage hat er nicht begründet. Er hat ein Pflegetagebuch über einen Zeitraum von einer Woche zu den Akten gereicht. Nach seiner Einschätzung betrage danach der Zeitaufwand für die Pflege im Bereich der Körperpflege 107 min /Tag, für die mundgerechte Zubereitung der Nahrung 180 min/Tag, für die Aufnahme der Nahrung 15 min/Tag sowie im Bereich der Mobilität 36 min/Tag.
Das Sozialgericht hat nach Einholung diverser Befundberichte mit Beschluss vom 13. März 2014 den Prozesskostenhilfeantrag des Klägers abgelehnt. Im Wesentlichen hat zur Begründung ausgeführt, die Klage habe keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Die Voraussetzungen des § 14 SGB XI seien nicht erfüllt. Der Kläger habe keinen über 240 min/Tag hinausgehenden Pflegebedarf. Nach seinem bisherigen Vortrag gebe es keine Anhaltspunkte dafür, dass die Feststellungen in den Gutachten des MDK seinen Hilfebedarf unzutreffend wiedergäben. Der zeitliche Umfang der notwendigen Pflege im Bereich der Grundpflege stimme im Gegenteil im Wesentlichen mit dem von ihm im vorgelegten Pflegetagebuch überein.
Sofern man die angegebenen Zeiten für die mundgerechte Zubereitung der Nahrung von 180 min/Tag nicht berücksichtige, ergebe sich ein Hilfebedarf des Klägers nach seinen Angaben von 158 min/Tag. Der angegebene Zeitaufwand für mundgerechte Zubereitung der Nahrung sei nicht nachvollziehbar. Es sei davon auszugehen, dass der Kläger den Hilfebedarf für das Zubereiten der Speisen mit der mundgerechten Zubereitung verwechselt habe. Der Hilfebedarf für die Zubereitung der Speisen gehöre zum Hilfebedarf im Bereich der Hauswirtschaft und könne im Bereich der Grundpflege keine Berücksichtigung finden. Auch aus den vorgelegten Befundberichten der behandelnden Ärzte ergäben sich keine Hinweise darauf, dass die Feststellungen der Gutachter des MDK nicht zutreffend seien. Diese hätten angegeben, dass der Kläger in der Lage sei, selbst zu essen. Bei der Blasen- und Darmentleerung, beim Waschen und beim Kleiden sowie bei der Körperpflege benötige er jedoch Hilfe bzw. Teilhilfen. Der hierfür notwendige Zeitaufwand sei von den Gutachtern des MDK nachvollziehbar berücksichtigt worden.
Gegen den Beschluss hat der Kläger unter dem 17. April 2014 Beschwerde eingelegt. Der vom ihm beauftragte Pflegedienst, Häusliche Kranken- und Altenpflege H. P. & Partner, Schwesterngemeinschaft, könne den Pflegebedarf am besten einschätzen und sehe dementsprechend auch einen Anspruch auf Einstufung in die Pflegestufe III. Unter dem 13. Mai 2014 hat dieser Pflegedienst dem Sozialgericht auf dessen Nachfrage mitgeteilt, er erstelle für den Kläger lediglich ein bis zweimal im Jahr ein Pflegegutachten. Weitere Angaben zur Pflege bzw. zum Bedarf von pflegerischen Hilfsmitteln könnte er nicht machen.
Der Kläger beantragt nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen, ihm unter Aufhebung des Beschlusses des Sozialgerichts Halle vom 13. März 2014 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten zur Durchführung des erstinstanzlichen Klageverfahrens zu bewilligen.
Die Beklagte hat Gelegenheit erhalten, zur Beschwerde Stellung zu nehmen, hiervon jedoch keinen Gebrauch gemacht.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf die dem Senat vorliegenden Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
II.
Die nach § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte sowie nach § 172 Abs. 3 SGG statthafte Beschwerde ist unbegründet.
Nach § 73a Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 114 ff. Zivilprozessordnung (ZPO) ist auf Antrag Prozesskostenhilfe zu bewilligen, soweit der Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder -verteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Dabei hat der Antragsteller gemäß § 115 ZPO für die Prozessführung sein Einkommen und Vermögen einzusetzen, soweit ihm dies nicht aufgrund der dort genannten Tatbestände unzumutbar ist.
Als hinreichend sind die Erfolgsaussichten eines Rechtsmittels einzuschätzen, wenn der Erfolg in der Hauptsache zwar nicht gewiss, eine Erfolgschance jedoch nicht unwahrscheinlich ist (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 13. März 1990, 1 BvR 94/88, NJW 1991, S. 413 f.). Prozesskostenhilfe kommt hingegen nicht in Betracht, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht gänzlich ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist (Bundessozialgericht, Urteil vom 17. Februar 1998, B 13 RJ 83/97 R, SozR 3 1500 § 62 Nr. 19).
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Erfolgsaussichten ist auch im Beschwerdeverfahren grundsätzlich der Zeitpunkt der Entscheidung des Sozialgerichts.
Unter Anwendung dieser Grundsätze hat das Sozialgericht zu Recht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Da der Kläger in der Beschwerde keine neuen Tatsachen in Bezug auf den Umfang des von den Gutachtern des MDK zugrunde gelegten Pflegebedarfs vorgetragen hat, kann der Senat von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG) und auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts verweisen.
Auch der Umstand, dass das Sozialgericht nach dem vollständig vorliegenden Antrag auf Prozesskostenhilfe Befundberichte verschiedener Ärzte eingeholt hat, führt im vorliegenden Fall nicht dazu, eine hinreichende Erfolgsaussicht bejahen zu können.
Grundsätzlich wird zwar eine hinreichende Erfolgsaussicht im sozialgerichtlichen Verfahren angenommen, wenn eine Beweiserhebung von Amts wegen durchgeführt werden muss (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 10. Aufl., § 73a, Rn. 7a). Dies gilt zumindest dann, wenn keine konkreten und nachvollziehbaren Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Beweisaufnahme mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil des Klägers ausgehen würde (BVerfG, Beschluss vom 15. Dezember 2008, 1 BvR 1404/04, Rn. 30, Juris). Eine vom Gericht im Rahmen der Amtsermittlung durch Beweisbeschluss bereits eingeleitete Beweisaufnahme indiziert daher regelmäßig hinreichende Erfolgsaussichten, sofern nicht besondere Umstände des Einzelfalles ausnahmsweise eine andere Entscheidung nahelegen (vgl. hierzu auch LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 8. September 2011, L 3 R 87/11 B, Rn. 16, Juris).
Zu unterscheiden ist jedoch die Anordnung einer Beweiserhebung von der im Wege der Amtsermittlung gebotenen Einholung von Auskünften zur Prüfung der Schlüssigkeit der Klage. Letzteres liegt etwa vor, wenn das Gericht Erhebungen nur anstellt, um Substantiierungsmängel der Klage zu beseitigen (vgl. BVerwG, Nichtannahmebeschluss vom 24. April 2012, 1 BvR 2869/11, Rn. 19, Juris). Dann kann das Vorliegen hinreichender Erfolgsaussichten der Klage zu verneinen sein, obwohl das Gericht von Amts wegen ermittelt hat.
So liegt der Fall hier. Das Sozialgericht ist erkennbar nicht davon ausgegangen, dass die Anforderung von Befundberichten die Einschätzungen der verschiedenen MDK-Gutachter erschüttern würde. Der Kläger hatte vielmehr seine Klage nicht begründet, weshalb das Sozialgericht Ermittlungen lediglich hinsichtlich deren Schlüssigkeit angestellt hat. Die zuvor im Verwaltungsverfahren erstellten Gutachten des MDK stellten einen Pflegeaufwand fest, der zeitlich weit unter den Voraussetzungen der Pflegestufe III lag. Mit der Einholung der Befundberichte hat das Sozialgericht noch nicht das Klagebegehren geprüft. Es hat lediglich Vorbereitungen getroffen, um über die hinreichenden Erfolgsaussichten und damit über die Prozesskostenhilfe entscheiden zu können. Die Anforderung von Befundberichten der behandelnden Ärzte diente lediglich dazu, den klägerischen Vortrag zu substantiieren und schlüssig zu machen. Dies ist jedoch nicht gelungen, da die Befundberichte keine von den MDK-Gutachten abweichenden Diagnosen oder Einschätzungen des Pflegebedarfs enthalten, die zu Zweifeln an der angefochtenen Entscheidung der Beklagten führen könnten.
Auch der im Beschwerdeschriftsatz vom Kläger gestellte Antrag auf Einholung von Auskünften vom dort genannten Pflegedienst und der Umstand, dass das Sozialgericht diesem Antrag gefolgt ist, begründet ebenfalls nicht die Annahme einer Erfolgsaussicht der Klage. Denn der vom Kläger nach dem Beschluss des Sozialgerichts gestellte Beweisantrag bleibt unberücksichtigt.
Zwar bestimmen § 202 SGG i.V.m. § 571 Abs. 2 Satz 1 ZPO, dass im Beschwerdeverfahren neue Angriffs- und Verteidigungsmittel vorgebracht werden können. Sie regeln jedoch allein die Frage, welchen Sachverhalt das Beschwerdegericht seiner Entscheidung zugrundezulegen hat. Mit der Auslegung der Vorschriften, auf welchen die Entscheidung inhaltlich beruht, hat dies nichts zu tun. Die Frage der Zulässigkeit neuen Vorbringens ist von derjenigen der materiellen Erheblichkeit zu unterscheiden (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Juli 2006, IX ZB 204/04 Rn. 10, juris, für die Beschwerde gegen die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens). So richtet sich beispielsweise der Zeitpunkt der Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsakts nach materiellem Recht, nicht nach verfahrensrechtlichen Vorschriften (vgl. BSG, Urteil vom 13. März 1997, 11 RAr 51/96, Rn. 22, 23, Juris; BVerwG, Urteil vom 17. April 1990, 8 C 87/88, Rn. 12, Juris). Für das PKH-Verfahren gilt nichts anderes (vgl. dazu im Einzelnen den Beschluss des erkennenden Senats vom 17. Dezember 2009, L 5 AS 339/09 B, Rn. 2, Juris).
Zudem hat der Kläger keine neuen Tatsachen vorgetragen. Der gestellte Beweisantrag sollte vielmehr offensichtlich einen Tatsachenvortrag ersetzen. Es handelte sich somit um einen unzulässigen Ausforschungsantrag (vgl. BSG, Urteil vom 19. Oktober 2011, B 13 R 33/11 R, Rn. 30, Juris). Insbesondere unter Berücksichtigung der eigenen Angaben des Klägers zu seinem Pflegebedarf hätte es hier eines substantiierten Vortrages bedurft, aus welchen Gründen der von ihm benannte Pflegedienst - ohne den Zeitaufwand für die mundgerechte Zubereitung der Nahrung - einen höheren als von ihm selbst eingeschätzten Pflegebedarf angenommen hätte.
Letztlich hat sich der Beweisantrag auch als untauglich herausgestellt, da der benannte Pflegedienst keine näheren Angaben zum täglichen Hilfebedarf des Klägers machen konnte, da er den Kläger nicht laufend betreut hatte. Diese Kenntnis lag im Wissen des Klägers. Die Kostenentscheidung beruht auf § 127 Abs. 4 ZPO. Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger wendet sich mit seiner Beschwerde gegen einen die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zur Durchführung eines erstinstanzlichen sozialgerichtlichen Klageverfahrens ablehnenden Beschluss des Sozialgerichts Halle. In dem Klageverfahren begehrt er in der Sache die Bewilligung von Leistungen nach dem Elften Buch des Sozialgesetzbuches – Soziale Pflegeversicherung (SGB XI) entsprechend der Pflegestufe III.
Der am ... 1990 geborene Kläger ist als schwerbehinderter Mensch mit einem Grad der Behinderung von 90 mit den Merkzeichen "B", "G" und "aG" anerkannt. Er erhält seit Juli 2009 von der Beklagten Leistungen nach der Pflegestufe II. Wegen einer bestehenden Intelligenzminderung besuchte er eine Behindertenschule, die er mit der 8. Klasse abschloss. Nach Beendigung seiner Ausbildung in einer Werkstatt für behinderte Menschen hat er in dieser eine Arbeit aufgenommen (vier Stunden/Tag). Der Kläger ist nicht geh- und stehfähig. Die Benutzung eines Elektrorollstuhls ermöglicht ihm die Mobilität. Die Hände und Arme kann er frei bewegen. Bei ihm wurden u.a. folgende Diagnosen gestellt: chronische Dorsolumbalgie, Arnold-Chiari-Syndrom, lumbale Myelomenigocele mit Querschnittsyndrom, rezidivierende Gastritis, chronisches HWS-BWS-LWS-Syndrom, Ostipation, Ektasie des Nierenbeckenkelchsystems. Er hat zudem einen Harnblasenersatz mit Colonconduit. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Erkrankungen wird u.a. auf den Befundbericht des FA für Allgemeinmedizin B. W. vom 25. Januar 2014 (Bl. 82 der Gerichtsakte) verwiesen. Der Kläger, der zusammen mit seinen Eltern in einer Drei-Zimmer-Wohnung im Erdgeschoss mit ebenerdiger Rollstuhlauffahrt wohnt, wird insbesondere von seiner Mutter nach deren Angaben 24 Stunden/Tag betreut. Er stellte unter dem 17. Februar 2012 einen Antrag auf Höherstufung in die Pflegestufe III. Die Beklagte beauftragte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Sachsen-Anhalt e.V. (MDK) mit der Feststellung des erforderlichen Pflegeaufwandes. Nach einer am 26. März 2012 erfolgten Begutachtung in der Häuslichkeit kam die Pflegefachkraft C S. zu einem Gesamtpflegeaufwand im Bereich der Grundpflege von 139 min/Tag sowie im Bereich der Hauswirtschaft von 60 min/Tag.
Mit Bescheid vom 4. April 2012 lehnte die Beklagte den Antrag auf Höherstufung unter Bezug auf das vorstehende Gutachten ab. Unter dem 5. April 2012 legte der Kläger gegen diesen Bescheid Widerspruch im Wesentlichen mit der Begründung ein, seine Mutter pflege ihn fünf Stunden, sein Vater zwei Stunden pro Tag. Er legte ein Pflegetagebuch für die Zeit vom 21. Mai bis 10. Juni 2012 vor. Der MDK erstattete nach persönlicher Befunderhebung durch die Pflegefachkraft G. am 10. August 2012 ein weiteres Gutachten. Danach betrage der Zeitaufwand für die Grundpflege 146 min/Tag, der im Bereich der Hauswirtschaft 60 min/Tag. Ein weiteres Gutachten wurde nach einer persönlichen Begutachtung am 18. Januar 2013 durch die Pflegefachkraft B. vom MDK erstellt. Diese schätzte den Zeitaufwand im Bereich der Grundpflege auf 129 min/Tag und den im Bereich der Hauswirtschaft auf 60 min/Tag.
Mit Widerspruchsbescheid vom 12. Juni 2013 lehnte die Beklagte die Höherstufung in die Pflegestufe III ab. Sie nahm Bezug auf die oben genannten Gutachten. Der zu berücksichtigenden Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege erreiche im Tagesdurchschnitt nicht mindestens 240 min pro Tag, so dass die Voraussetzungen der Pflegestufe III nicht erfüllt sei.
Am 24. Juni 2013 hat der Kläger beim Sozialgericht Halle Klage gegen den Bescheid vom 4. April 2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12. Juni 2013 erhoben. Zudem hat er die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten beantragt. Die hierfür notwendigen Unterlagen hat er am 3. Juli 2013 zu den Akten gereicht. Die Klage hat er nicht begründet. Er hat ein Pflegetagebuch über einen Zeitraum von einer Woche zu den Akten gereicht. Nach seiner Einschätzung betrage danach der Zeitaufwand für die Pflege im Bereich der Körperpflege 107 min /Tag, für die mundgerechte Zubereitung der Nahrung 180 min/Tag, für die Aufnahme der Nahrung 15 min/Tag sowie im Bereich der Mobilität 36 min/Tag.
Das Sozialgericht hat nach Einholung diverser Befundberichte mit Beschluss vom 13. März 2014 den Prozesskostenhilfeantrag des Klägers abgelehnt. Im Wesentlichen hat zur Begründung ausgeführt, die Klage habe keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Die Voraussetzungen des § 14 SGB XI seien nicht erfüllt. Der Kläger habe keinen über 240 min/Tag hinausgehenden Pflegebedarf. Nach seinem bisherigen Vortrag gebe es keine Anhaltspunkte dafür, dass die Feststellungen in den Gutachten des MDK seinen Hilfebedarf unzutreffend wiedergäben. Der zeitliche Umfang der notwendigen Pflege im Bereich der Grundpflege stimme im Gegenteil im Wesentlichen mit dem von ihm im vorgelegten Pflegetagebuch überein.
Sofern man die angegebenen Zeiten für die mundgerechte Zubereitung der Nahrung von 180 min/Tag nicht berücksichtige, ergebe sich ein Hilfebedarf des Klägers nach seinen Angaben von 158 min/Tag. Der angegebene Zeitaufwand für mundgerechte Zubereitung der Nahrung sei nicht nachvollziehbar. Es sei davon auszugehen, dass der Kläger den Hilfebedarf für das Zubereiten der Speisen mit der mundgerechten Zubereitung verwechselt habe. Der Hilfebedarf für die Zubereitung der Speisen gehöre zum Hilfebedarf im Bereich der Hauswirtschaft und könne im Bereich der Grundpflege keine Berücksichtigung finden. Auch aus den vorgelegten Befundberichten der behandelnden Ärzte ergäben sich keine Hinweise darauf, dass die Feststellungen der Gutachter des MDK nicht zutreffend seien. Diese hätten angegeben, dass der Kläger in der Lage sei, selbst zu essen. Bei der Blasen- und Darmentleerung, beim Waschen und beim Kleiden sowie bei der Körperpflege benötige er jedoch Hilfe bzw. Teilhilfen. Der hierfür notwendige Zeitaufwand sei von den Gutachtern des MDK nachvollziehbar berücksichtigt worden.
Gegen den Beschluss hat der Kläger unter dem 17. April 2014 Beschwerde eingelegt. Der vom ihm beauftragte Pflegedienst, Häusliche Kranken- und Altenpflege H. P. & Partner, Schwesterngemeinschaft, könne den Pflegebedarf am besten einschätzen und sehe dementsprechend auch einen Anspruch auf Einstufung in die Pflegestufe III. Unter dem 13. Mai 2014 hat dieser Pflegedienst dem Sozialgericht auf dessen Nachfrage mitgeteilt, er erstelle für den Kläger lediglich ein bis zweimal im Jahr ein Pflegegutachten. Weitere Angaben zur Pflege bzw. zum Bedarf von pflegerischen Hilfsmitteln könnte er nicht machen.
Der Kläger beantragt nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen, ihm unter Aufhebung des Beschlusses des Sozialgerichts Halle vom 13. März 2014 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten zur Durchführung des erstinstanzlichen Klageverfahrens zu bewilligen.
Die Beklagte hat Gelegenheit erhalten, zur Beschwerde Stellung zu nehmen, hiervon jedoch keinen Gebrauch gemacht.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf die dem Senat vorliegenden Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
II.
Die nach § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte sowie nach § 172 Abs. 3 SGG statthafte Beschwerde ist unbegründet.
Nach § 73a Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 114 ff. Zivilprozessordnung (ZPO) ist auf Antrag Prozesskostenhilfe zu bewilligen, soweit der Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder -verteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Dabei hat der Antragsteller gemäß § 115 ZPO für die Prozessführung sein Einkommen und Vermögen einzusetzen, soweit ihm dies nicht aufgrund der dort genannten Tatbestände unzumutbar ist.
Als hinreichend sind die Erfolgsaussichten eines Rechtsmittels einzuschätzen, wenn der Erfolg in der Hauptsache zwar nicht gewiss, eine Erfolgschance jedoch nicht unwahrscheinlich ist (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 13. März 1990, 1 BvR 94/88, NJW 1991, S. 413 f.). Prozesskostenhilfe kommt hingegen nicht in Betracht, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht gänzlich ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist (Bundessozialgericht, Urteil vom 17. Februar 1998, B 13 RJ 83/97 R, SozR 3 1500 § 62 Nr. 19).
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Erfolgsaussichten ist auch im Beschwerdeverfahren grundsätzlich der Zeitpunkt der Entscheidung des Sozialgerichts.
Unter Anwendung dieser Grundsätze hat das Sozialgericht zu Recht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Da der Kläger in der Beschwerde keine neuen Tatsachen in Bezug auf den Umfang des von den Gutachtern des MDK zugrunde gelegten Pflegebedarfs vorgetragen hat, kann der Senat von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG) und auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts verweisen.
Auch der Umstand, dass das Sozialgericht nach dem vollständig vorliegenden Antrag auf Prozesskostenhilfe Befundberichte verschiedener Ärzte eingeholt hat, führt im vorliegenden Fall nicht dazu, eine hinreichende Erfolgsaussicht bejahen zu können.
Grundsätzlich wird zwar eine hinreichende Erfolgsaussicht im sozialgerichtlichen Verfahren angenommen, wenn eine Beweiserhebung von Amts wegen durchgeführt werden muss (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 10. Aufl., § 73a, Rn. 7a). Dies gilt zumindest dann, wenn keine konkreten und nachvollziehbaren Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Beweisaufnahme mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil des Klägers ausgehen würde (BVerfG, Beschluss vom 15. Dezember 2008, 1 BvR 1404/04, Rn. 30, Juris). Eine vom Gericht im Rahmen der Amtsermittlung durch Beweisbeschluss bereits eingeleitete Beweisaufnahme indiziert daher regelmäßig hinreichende Erfolgsaussichten, sofern nicht besondere Umstände des Einzelfalles ausnahmsweise eine andere Entscheidung nahelegen (vgl. hierzu auch LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 8. September 2011, L 3 R 87/11 B, Rn. 16, Juris).
Zu unterscheiden ist jedoch die Anordnung einer Beweiserhebung von der im Wege der Amtsermittlung gebotenen Einholung von Auskünften zur Prüfung der Schlüssigkeit der Klage. Letzteres liegt etwa vor, wenn das Gericht Erhebungen nur anstellt, um Substantiierungsmängel der Klage zu beseitigen (vgl. BVerwG, Nichtannahmebeschluss vom 24. April 2012, 1 BvR 2869/11, Rn. 19, Juris). Dann kann das Vorliegen hinreichender Erfolgsaussichten der Klage zu verneinen sein, obwohl das Gericht von Amts wegen ermittelt hat.
So liegt der Fall hier. Das Sozialgericht ist erkennbar nicht davon ausgegangen, dass die Anforderung von Befundberichten die Einschätzungen der verschiedenen MDK-Gutachter erschüttern würde. Der Kläger hatte vielmehr seine Klage nicht begründet, weshalb das Sozialgericht Ermittlungen lediglich hinsichtlich deren Schlüssigkeit angestellt hat. Die zuvor im Verwaltungsverfahren erstellten Gutachten des MDK stellten einen Pflegeaufwand fest, der zeitlich weit unter den Voraussetzungen der Pflegestufe III lag. Mit der Einholung der Befundberichte hat das Sozialgericht noch nicht das Klagebegehren geprüft. Es hat lediglich Vorbereitungen getroffen, um über die hinreichenden Erfolgsaussichten und damit über die Prozesskostenhilfe entscheiden zu können. Die Anforderung von Befundberichten der behandelnden Ärzte diente lediglich dazu, den klägerischen Vortrag zu substantiieren und schlüssig zu machen. Dies ist jedoch nicht gelungen, da die Befundberichte keine von den MDK-Gutachten abweichenden Diagnosen oder Einschätzungen des Pflegebedarfs enthalten, die zu Zweifeln an der angefochtenen Entscheidung der Beklagten führen könnten.
Auch der im Beschwerdeschriftsatz vom Kläger gestellte Antrag auf Einholung von Auskünften vom dort genannten Pflegedienst und der Umstand, dass das Sozialgericht diesem Antrag gefolgt ist, begründet ebenfalls nicht die Annahme einer Erfolgsaussicht der Klage. Denn der vom Kläger nach dem Beschluss des Sozialgerichts gestellte Beweisantrag bleibt unberücksichtigt.
Zwar bestimmen § 202 SGG i.V.m. § 571 Abs. 2 Satz 1 ZPO, dass im Beschwerdeverfahren neue Angriffs- und Verteidigungsmittel vorgebracht werden können. Sie regeln jedoch allein die Frage, welchen Sachverhalt das Beschwerdegericht seiner Entscheidung zugrundezulegen hat. Mit der Auslegung der Vorschriften, auf welchen die Entscheidung inhaltlich beruht, hat dies nichts zu tun. Die Frage der Zulässigkeit neuen Vorbringens ist von derjenigen der materiellen Erheblichkeit zu unterscheiden (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Juli 2006, IX ZB 204/04 Rn. 10, juris, für die Beschwerde gegen die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens). So richtet sich beispielsweise der Zeitpunkt der Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsakts nach materiellem Recht, nicht nach verfahrensrechtlichen Vorschriften (vgl. BSG, Urteil vom 13. März 1997, 11 RAr 51/96, Rn. 22, 23, Juris; BVerwG, Urteil vom 17. April 1990, 8 C 87/88, Rn. 12, Juris). Für das PKH-Verfahren gilt nichts anderes (vgl. dazu im Einzelnen den Beschluss des erkennenden Senats vom 17. Dezember 2009, L 5 AS 339/09 B, Rn. 2, Juris).
Zudem hat der Kläger keine neuen Tatsachen vorgetragen. Der gestellte Beweisantrag sollte vielmehr offensichtlich einen Tatsachenvortrag ersetzen. Es handelte sich somit um einen unzulässigen Ausforschungsantrag (vgl. BSG, Urteil vom 19. Oktober 2011, B 13 R 33/11 R, Rn. 30, Juris). Insbesondere unter Berücksichtigung der eigenen Angaben des Klägers zu seinem Pflegebedarf hätte es hier eines substantiierten Vortrages bedurft, aus welchen Gründen der von ihm benannte Pflegedienst - ohne den Zeitaufwand für die mundgerechte Zubereitung der Nahrung - einen höheren als von ihm selbst eingeschätzten Pflegebedarf angenommen hätte.
Letztlich hat sich der Beweisantrag auch als untauglich herausgestellt, da der benannte Pflegedienst keine näheren Angaben zum täglichen Hilfebedarf des Klägers machen konnte, da er den Kläger nicht laufend betreut hatte. Diese Kenntnis lag im Wissen des Klägers. Die Kostenentscheidung beruht auf § 127 Abs. 4 ZPO. Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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