Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 16 R 1596/06
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 2 R 22/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Weitergewährung einer Erwerbsunfähigkeitsrente.
Die 1960 geborene Klägerin ist gelernte Friseurin und war zuletzt bis 1997 als Verwaltungsangestellte bei der Freien und Hansestadt Hamburg (F. beschäftigt. Am 6. März 1997 beantragte sie unter Vorlage medizinischer Unterlagen, u.a. eines Arztbriefes des Universitätskrankenhauses E2 vom 13. Februar 1992 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Nach gutachterlicher Untersuchung des Internisten Dr. P., der eine nervenärztliche Begutachtung empfahl, erstellte der Nervenarzt Dr. G1 ein Gutachten vom 30. Juni 1998. Hierin ging der Gutachter zu Unrecht davon aus, dass zuvor bereits eine Erwerbsunfähigkeitsrente gewährt worden sei und kam zu dem Ergebnis, dass die Klägerin zum Zeitpunkt der Untersuchung am 11. Mai 1998 zu einer geregelten Erwerbstätigkeit nicht in der Lage sei. Sie solle deswegen noch einmal für zwei Jahre berentet werden.
Mit Bescheid vom 25. Juli 1998 bewilligte die Beklagte der Klägerin eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit für die Zeit vom 1. März 1997 bis zum 31. Dezember 1999.
Auf Grund des Weitergewährungsantrags auf Erwerbsunfähigkeitsrente vom 6. Oktober 1999 ließ die Beklagte ein weiteres neurologisch-psychiatrisches Gutachten von Dr. L. vom 27. November 1999 erstellen. Hierin wurde eine Verlängerung der Erwerbsunfähigkeitsrente auf weitere sechs Monate sowie eine längerfristige psychosomatische Kurbehandlung empfohlen. Nach Weitergewährung der Erwerbsunfähigkeitsrente (Bescheide vom 17. September 1999 und vom 11. August 2000) nahm die Klägerin an einem ambulanten Rehabilitationsverfahren, welches vom 9. Mai 2000 bis zum 20. Juni 2000 in B1 durchgeführt wurde, teil. Dort wurde sie mit der Diagnose eines allergischen Asthma bronchiale, einer Migräne, einer leichten depressiven Episode, einer Wirbelsäulenfehlstellung sowie eines Strabismus divergens arbeitsfähig und als vollschichtig leistungsfähig für Tätigkeiten im alten Beruf entlassen.
Daraufhin lehnte die Beklagte die Weitergewährung einer Erwerbsunfähigkeitsrente über den November 2000 hinaus ab (Bescheid vom 6. November 2000). Nach hiergegen erhobenem Widerspruch der Klägerin veranlasste die Beklagte ein weiteres nervenärztliches Gutachten von Dr. A. vom 22. Mai 2001. Nach Untersuchung am 21. Mai 2001 hielt Dr. A. die Klägerin bei den Diagnosen einer neurotischen Depression mit leichter depressiver Episode und Somatisierungstendenz, einer Migräne, anamnestisch allergischem Asthma bronchiale noch für in der Lage, sechs Stunden und mehr leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne besondere Anforderungen an das Konzentrationsvermögen, ohne Publikumsverkehr und ohne besondere Verantwortung auszuüben.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 29. November 2001 zurück. Im hiergegen gerichteten Klageverfahren vor dem Sozialgericht Hamburg zum Aktenzeichen S 42 RA 20/02 holte das Gericht ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten der Sachverständigen B. vom 14. April 2003 ein. Die Klägerin gab hier als Hobbies Handarbeiten, Puzzeln und Malen an. Sie lese auch viel und sehe abends fern. Die Sachverständige B. beschrieb die Klägerin im psychischen Befund lediglich subdepressiv verstimmt, in der affektiven Schwingungsfähigkeit nicht eingeschränkt; eine Antriebsminderung läge ebenfalls nicht vor. Der erhobene Tagesablauf sei gut strukturiert. Die Gutachterin kam zu dem Ergebnis, dass die Klägerin unter einer Dysthymia, unter Migräne, unter einem Asthma bronchiale, einem Hypertonus sowie einer Neurodermitis leide und leitete hieraus ein vollschichtiges Leistungsvermögen ab. Der Internist Dr. Aries legte in seinem allergologischen Gutachten vom 27. Juli 2003 dar, dass bei eingeschränkter Mitarbeit der Klägerin keine mitarbeitsunabhängigen pathologischen Befunde haben erhoben werden können. Die Klägerin leide unter einem Asthma bronchiale, einer allergischen Rhinopathie und könne unter bestehender suffizienter medikamentöser Therapie leichte bis mittelschwere körperliche Arbeit mit weiteren Einschränkungen vollschichtig ausüben. Auf weitere Veranlassung des Sozialgerichts hat der Arzt für Augenheilkunde M. die Klägerin am 18. November 2004 untersucht und am 7. Januar 2005 schriftlich begutachtet. Er stellte bei der Klägerin einen gleichbleibenden manifesten Schielwinkel und keine Funktionen eines beidäugigen Sehens fest. Bei allen wesentlichen Prüfungen habe sich ein Ausschalten des linken Auges oder höchstens ein Wechsel des Sehens zwischen links und rechts gezeigt. Sie sei deshalb als funktionell einäugig anzusehen. Hierdurch kämen nur Tätigkeiten infrage, die für Einäugige möglich seien. Diese Tätigkeiten könnten vollschichtig verrichtet werden. Arbeiten am PC seien mit einer arbeitsplatzbezogenen Brille möglich. In der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht am 18. April 2005 wurde die Neurologin/Psychiaterin B. gehört. Über ihre Ausführungen im Gutachten hinaus äußerte sie die Auffassung, dass die vom behandelnden Psychotherapeuten H. festgestellte schwere Depression nicht nachvollziehbar sei. Die psychopathologischen Angaben seien hierfür zu spärlich; zudem entzöge sich eine schwere Depression der psychotherapeutischen Behandelbarkeit. Der berufskundige Sachverständige M1 kam zu dem Ergebnis, dass die Klägerin mit einer Anlernzeit von weniger als drei Monaten in nahezu sämtliche Schreibtischtätigkeiten auf angelerntem Niveau arbeiten könne. Es stünden auch ausreichende Tätigkeiten zu Verfügung, die nicht im Archiv angesiedelt seien. Wegen der Hausstauballergie seien Tätigkeiten in der Aktenablage, Registratur und im Archiv auszuschließen. Daraufhin nahm die Klägerin die Klage in der mündlichen Verhandlung zurück.
Am 6. Dezember 2005 stellte die Klägerin einen Antrag auf Überprüfung des Widerspruchsbescheides vom 29. November 2001. Aus ihrer Sicht sei der Rentenantrag, mit dem sie über den 30. November 2000 hinaus Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit geltend gemacht habe, fälschlicherweise zurückgenommen worden. Nach Vorlage umfangreicher ärztlicher Unterlagen durch die Klägerin holte die Beklagte Behandlungs- und Befundberichte des Facharztes für Augenheilkunde Dr. C. vom 12. Januar 2006 und vom Arzt für Allgemeinmedizin Dr. E. vom 9. Januar 2006 sowie ärztlichen Stellungnahme der Diplom-Medizinerin G. vom 26. Januar 2006 ein.
Mit Bescheid vom 1. Februar 2006 lehnte die Beklagte den Überprüfungsantrag mit der Begründung ab, dass die aktuell eingeholten ärztlichen Behandlungsberichte gegenüber den bisher festgestellten Leistungsvermögen keine Änderung ergeben hätten. Den gegen diesen Bescheid gerichteten Widerspruch vom 13. Februar 2006 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23. November 2006 zurück. In den Gründen ist u. a. ausgeführt, dass die Klägerin noch eine vollschichtige Beschäftigung als Mitarbeiterin am Empfang oder an Informationsstellen ausüben könne.
Die Klägerin hat am 12. Dezember 2006 Klage vor dem Sozialgericht Hamburg erhoben und darin auf ihre Erkrankungen hingewiesen, die sie daran hinderten, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Es bestehe eine Depression, eine Migräne und ein allergisches Bronchialasthma. Ferner sei eine Wirbelsäulenfehlstellung, ein Strabismus divergens sowie eine Neurodermitis, ein Bluthochdruck und ein Herzklappenfehler festzustellen. Tätigkeiten am Empfang oder an Informationsstellen könnten wegen der seelischen Belastung und dem überwiegenden Publikumsverkehr nicht geleistet werden. Nachdem die Beklagte die Gewärung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit über den 30. November 2000 hinaus auf unbestimmte Zeit anerkannt hat (Bescheid vom 25. Oktober 2007), hat die Klägerin ihr Begehren auf Feststellung einer Erwerbsminderung unter Vorlage weiterer umfangreicher ärztlicher Unterlagen fortgeführt. Das Sozialgericht hat zur Aufklärung des Sachverhalts Behandlungs- und Befundberichte des Augenarztes Dr. C. vom 29. Juni 2005 und vom 1. November 2007, des Dipl.-Psychologen H. vom 25. Oktober 2007, der Kardiologen D., S1, T. vom 4. November 2007, des Allgemeinmediziners Dr. E. vom 5. November 2007, des Lungenfacharztes Dr. S2 vom 7. November 2007, des Internisten, Kardiologen Dr. W. vom 22. Oktober 2007, des Arztes für Stimm- und Sprachstörungen Dr. N1 vom 27. März 2008 und des Neurologen und Psychiaters E1 vom 31. März 2008 eingeholt. Auf Veranlassung des Sozialgerichts hat der Neurologe und Psychiater Prof Dr. M2 die Klägerin am 4. Juli 2008 untersucht und am 15. Juli 2008 ein fachärztliches Gutachten erstellt und bei der Klägerin eine depressive Störung im Sinne einer Dysthymie, Spannungskopfschmerzen, Migräne und arzneimittelinduzierte Kopfschmerzen diagnostiziert. Der Sachverständige hielt die Klägerin trotz der festgestellten gesundheitlichen Einschränkungen weiterhin für in der Lage, vollschichtig, also täglich sechs Stunden und mehr eine leichte bis mittelschwere Tätigkeit im Gehen, Stehen oder Sitzen zu verrichten. Tätigkeiten in Nachtschicht sowie Arbeiten unter besonderen Zeitdruck oder Lärmbelastung seien nicht zumutbar. Wegefähigkeit sei gegeben und Hemmungen gegenüber einer Arbeitsleistung könnten überwunden werden.
Nach Anhörung von Prof. Dr. M2 in der mündlichen Verhandlung hat das Sozialgericht die Klage durch Urteil vom 18. Dezember 2008 abgewiesen und sich zur Begründung auf die Gutachten der Sachverständigen B., M. sowie von Prof. Dr. M2 gestützt. Dass die Sehbehinderung, die zu Konzentrationsstörungen und Erschöpfung führen solle, eine weitere Verminderung des von Prof Dr. M2 angenommen individuellen Leistungsvermögens für leichte Tätigkeit im Rahmen von Sortier- und Verpackungsarbeiten führe, könne nicht festgestellt werden. Zwar habe der behandelnde Augenarzt Dr. C. - im Gegensatz zum Sachverständigen M. - das Bestehen von Doppelbildern beschrieben, die zu "Beeinträchtigungen" der Klägerin führten; hierdurch ändere sich die Einschätzung des klägerischen Leistungsvermögens jedoch nicht.
Gegen das der Klägerin am 15. Januar 2009 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 9. Februar 2009 Berufung eingelegt. Zur Begründung des Rechtsmittels trägt sie vor, sie sei nicht mit den Erkenntnissen der medizinischen Sachverständigen einverstanden. Diese stünden auch nicht mit dem Anerkenntnis der Beklagten in Übereinstimmung, die davon ausgegangen sei, dass die Klägerin nur körperlich leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ohne besondere Anforderung an das Sehvermögen, ohne inhallative Belastung sowie ohne besondere Stressbelastungen ausüben könne.
Nachdem sich die Klägerin zweier Operationen am 7. September 2009 und am 17. Januar 2010 bei dem im Universitätsklinikum S. tätigen Facharzt für Augenheilkunde Dr. K. zur Beseitigung des Außenschielens unterzogen hatte, begründete sie ihre Berufung unter Vorlage eines Gutachtens der in der Universitätsklinik G2 tätigen Fachärztin für Augenheilkunde Dr. N2 vom 14. Juni 2010 weiter. Die Klägerin leide an einem Innenschielen und intermittierenden Doppelbildern, die zu Kopfschmerzen, Sehstörungen, Schwindel sowie zu Konzentrationsstörungen und Erschöpfungserscheinungen führten. Als weitere Gesundheitsstörungen bestünden eine allergische Rhinopathie bei ausgeprägten Hausstäuben, eine Milbenallergie, ein allergisches Asthma, ein rechtshirniges Angiom sowie Nierensteine. Sowohl das Universitätsklinikum G2 als auch das Universitätsklinikum S. hätten nach den dort erfolgten Operationen eine massive Beeinträchtigung der Klägerin festgestellt. Aus dem Umstand, dass divergierende Empfehlungen hinsichtlich der Behandlung vorliegen würden, könne der Schluss gezogen werden, dass es sich um eine ungewöhnliche und ernsthafte Erkrankung handele. Die im Gutachten von Frau Dr. N2 empfohlene Okklusion sei nicht zumutbar, weil sie stark entstellend wirke.
Dr. N2 stellte in ihrer Untersuchung am 12. Mai 2010 bei der Klägerin kein räumliches Sehen fest. Ihren Ausführungen zu folge sei die Minderung der Erwerbsfähigkeit auf 30 v. H. einzuschätzen. Die Klägerin könne Arbeiten verrichten, die keine Anforderung an ein beidäugiges Sehen stellten. Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten und an schnellschneidenden Maschinen seien nicht möglich. In Frage kämen jedoch Bildschirmarbeitsplätze oder Schreibtischtätigkeiten. Mit einem Okklusionsverband auf einem Auge seien Tätigkeiten von drei bis unter sechs Stunden täglich möglich, wobei längere Pausenzeiten benötigt werden würden.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines gerichtlichen Gutachtens des Arztes für Augenheilkunde Dr. H1 vom 15. Februar 2011, der die Klägerin am 7. Dezember 2010 untersucht hat. Der medizinische Sachverständige ist zu folgenden Feststellungen gelangt: Die Klägerin leide an asthenopischen Beschwerden auf dem Boden eines subnormalen Binokularsehens bei Mikroesotropie, Fusionsbeschwerden (Horror fusionis) sowie einer diskreten Keratokonjunktivitis sicca. Dabei stellte er in der Ferne und in der Nähe kein Simultansehen fest. Stereopsis sei in der Nähe mit und ohne Kopfzwangshaltung nicht nachzuweisen. Der Klägerin könnten noch vollschichtige, mittelschwere Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung, zu ebener Erde, in klimageschützten Räumen, ohne Heben und Bewegen von schweren Lasten, ohne Tätigkeit in Nässe, Kälte und Zugluft sowie ohne Tätigkeit auf Leitern und Gerüsten sowie an gefährdenden Arbeitsstellen ohne Tätigkeit in Rumpfzwangshaltung zugemutet werden. Hierbei sei bei Schreibtisch- oder Bildschirmtätigkeit eine Sechsstundengrenze zu beachten, die nicht zu überschreiten sei. Der Okklusion eines Auges sei die Vernebelung vorzuziehen. Weitere Therapiemöglichkeiten bestünden nicht.
Die Klägerin hat das Gutachten kritisiert. Dr. H1 habe die Diagnose des Astigmatismus nicht gestellt und gelange in seinem Gutachten deshalb zu einer geringeren Erwerbsminderung, als diese tatsächlich bestehe. Die Sehbehinderung mit den Doppelbildern führe nicht nur zu einer Behinderung bei Schreibtisch- oder Bildschirmtätigkeiten, sondern im gesamten täglichen Leben zu erheblichen Einschränkungen. Das Gutachten weiche von dem detaillierten und wissenschaftlich begründeten Gutachten von Frau Dr. N2 ab, der die besseren Untersuchungsmethoden zur Verfügung gestanden haben und die über mehr Erfahrung über das spezielle Krankheitsbild verfüge.
Auf Nachfrage des Senats hat Dr. N2 in einer weiteren Stellungnahme von 4. Juli 2011 mitgeteilt, dass es sich bei der zeitlichen Angabe zum quantitativen Leistungsvermögen um einen empirischen Wert aus der alltäglichen Praxis handele, weil es keine wissenschaftlichen Studien zu der Frage gebe, wie lange ein Betroffener mit einer durch einen Konkurrenzkampf beider Augen bedingten Störung sowie einer Hornhautoberflächenproblematik durch Tränenfilmveränderung täglich arbeiten könne.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Berichterstatter als Einzelrichter am 4. November 2011 wurde Dr. H1 zu seinem augenärztlichen Gutachten vom 15. Februar 2011 gehört. Zu den Fragen des Gerichts hat er ausgeführt, dass er eine Behandlung des gestörten beidäugigen Sehens durch vollständiges Abdecken eines Auges mit Hilfe einer Klappe der Behandlung durch Vernebelung vorziehe, weil dadurch der periphere Seheindruck beider Augen gewährleistet bleibe. In dieser Auffassung befinde er sich in Übereinstimmung mit den augenärztlichen Zentren im U. sowie an der medizinischen Hochschule in L1. Allerdings sei eine Konkurrenz beider Augen mit einer beidseitigen Sehschärfe, wie sie bei der Klägerin vorhanden sei, bei einem gleichwohl gestörten Binokularsehen selten anzutreffen. Angesichts der bei der Klägerin vorhandenen Sehschärfe bestünde kein Anlass, eine quantitative Einschränkung der Leistungsfähigkeit der Klägerin anzunehmen. Die Fähigkeit der Klägerin, am Bildschirm zu arbeiten, sei nicht beeinträchtigt. Über Pausen hinaus, die die Benetzung der Augen erforderlich machten, seien weitere Pausen nicht erforderlich. Der berufskundige Sachverständige M1 hat in der mündlichen Verhandlung am 4. November 2011 ausgeführt, dass die Klägerin noch in der Lage sei, hochwertige Schreibmaterialien und Accessoires zu montieren sowie Etikettierarbeiten im Logistikbereich durchzuführen. Darüber hinaus kämen auf augenärztlichem Gebiet auch leichte Bürotätigkeiten in Betracht. Bei diesen Arbeiten seien starke und stetige Lärmbelästigungen nicht vorhanden. Diese Tätigkeiten erforderten auch keinen besonderen Zeitdruck und seien auch nicht in Nachtschichttätigkeiten durchzuführen.
Die Klägerin ist den gutachterlichen Einschätzungen von Dr. H1 erneut entgegengetreten. Obwohl der Gutachter zugegebenermaßen über keine Erfahrung mit dem seltenen Krankheitsbild der Klägerin verfüge, habe er nicht ausgeführt, was ihn zu seiner Aussage zum quantitativen Leistungsvermögen veranlasst habe. Zu seinem vorhergehenden Gutachten habe er sich insofern in Widerspruch gesetzt, als dass er zunächst die Naharbeit bei Bildschirmtätigkeit oder Schreibtischtätigkeit auf sechs Stunden begrenzt und in der mündlichen Verhandlung nunmehr erklärt habe, dass Pausen nur erforderlich seien, die die Benetzungsstörung der Klägerin beträfen. Dr. H1 habe es auch versäumt, sich zu den Bewegungseinschränkungen der Augen in Nähe und Ferne zu äußern. Auf Antrag der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 17. August 2012 hat das Gericht ein augenärztliches Gutachten nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) veranlasst. Nach Untersuchung der Klägerin am 13. Februar 2013 hat Dr. K. am 28. März 2013 ein Gutachten sowie eine ergänzende Stellungnahme vom 27. September 2013 erstellt. Hierin heißt es, dass die Klägerin an einer Beschwerdesymptomatik leide, die sich auf die konsekutive Divergenz nach einer Schieloperation in der Kindheit zurückführen lasse. Die in der Kindheit erworbene Fähigkeit zur Doppelbildunterdrückung (Suppression), die ihr auch nur in einem Innenschielwinkel zur Verfügung gestanden habe, sei durch die Operation überwunden. Infolgedessen sei es der Klägerin gelungen, zwischen Überwindung der Suppression eines Auges mit subnormalem Binokularsehen und Suppression eines Auges ohne Binokularität zu wechseln. In dieser Phase habe eine Doppelbildwahrnehmung mit asthenopischen Beschwerden mit hoher Wahrscheinlich nicht vorgelegen. Erst als die Klägerin in die Divergenz wich, habe sie sowohl eine sichere binokulare Sehleistung wie auch die Möglichkeit einer dauerhaften Suppression eines Auges verloren. Dieses habe wahrscheinlich zur Doppelbildwahrnehmung und den entsprechenden daraus resultierenden asthenopischen Beschwerden durch die ständigen Kompensationsversuche geführt. Hinzuträte die Altersweitsichtigkeit. Einschränkungen bestünden für Naharbeit wie Bildschirmtätigkeit, längerem Lesen, feinmotorischen Tätigkeiten, die ein räumliches Sehen verlangen würden, wie z. B. bei Feinmechanikern. Jegliches Arbeiten sei durch die mangelnde Kompensationsfähigkeit des Schielwinkels beeinträchtigt. Deshalb seien die Arbeiten mit mehr Pausen zu unterbrechen, die jedoch nicht fixiert zu benennen seien, sondern dem subjektiven Empfinden der Patientin anheimgestellt werden müsse. Dabei könnten im ausgeruhten Zustand sicherlich längere Perioden von Tätigkeiten absolviert werden als im Laufe des Tages im unausgeruhtem Zustand möglich seien. Der zeitliche Umfang der zumutbaren Arbeiten sei nur schwer zu bemessen. Bildschirmtätigkeit sei nicht vollschichtig auszuüben; eine halbschichtige Tätigkeit erscheine mit den notwendigen zwischenzeitlichen Pausen als maximal Arbeitszeit plausibel. Im Gegensatz zu dem Gutachten von Dr. H1 habe in seiner Untersuchung sowohl Simultansehen als auch subnormale Binokularität mit angedeuteter Stereopsis (Titmusfliege) nachgewiesen werden können. Weder Vernebelung noch Okklusion eines Auges sei guten Gewissens zu empfehlen, da die Klägerin hierdurch eine erhebliche Einschränkung ihrer binokularen Fähigkeiten erfahren würde und diese sicher nicht dauerhaft vertragen würde. Auf Nachfrage des Gerichts hat Dr. K. in einer weiteren gutachterlichen Stellungnahme vom 27. September 2013 ausgeführt, dass durch den bei der Klägerin durchgehend potentiell auftretenden Zerfall des räumlichen Sehens sämtliche Tätigkeiten ausschieden, die erhöhte Anforderungen an ein räumliches Sehen stellten. Des Weiteren müsse jeglicher Tätigkeit durch die ständige Kompensationsarbeit in Bezug auf die Stellungsanomalie der Augen anfallenden zusätzlichen Erschöpfung Rechnung getragen werden. Eine genauere Aussage, als dass der Pausenbedarf dem subjektiven Empfinden von der Klägerin anheimzustellen sei, könne nicht formuliert werden. Auf Veranlassung des Gerichts hat der Facharzt für Augenheilkunde M. die Klägerin am 11. Februar 2014 untersucht und abschließend am 12. März 2014 ein Gutachten erstellt. Er hat auf augenärztlichem Fachgebiet Weitsichtigkeit, Stabsichtigkeit, Alterssichtigkeit, ein Auswärtsschielen, einen schwankenden Sehwinkel, fehlendes räumliches Sehvermögen, eine Störung des beidäugigen Sehvermögens (Binokularstörung) sowie eine Benetzungsstörung diagnostiziert. Die Leistungsfähigkeit der Klägerin sei durch die Binokularstörung, die sich überwiegend in Form der funktionellen Einäugigkeit darstelle, eingeschränkt. Mit diesen Einschränkungen könne die Klägerin noch Tätigkeiten ausüben, die für Einäugige möglich seien. Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten sowie an sonst gefährdenden Arbeitsplätzen wie laufenden Maschinen sowie Tätigkeiten in Schicht- und Nachtdienst, als Akkordarbeit oder unter Zeitdruck seien, wenn visuelle Anforderungen an diese Tätigkeiten geknüpft seien, zu vermeiden. Tätigkeiten im Nahbereich mit dem Erfordernis der Stereopsis seien nicht zu leistbar. Diese Tätigkeiten könnten vollschichtig verrichtet werden, wobei Tätigkeiten am PC auf sechs Stunden zu begrenzen seien. Im Verhandlungstermin am 9. April 2014 hat das Gericht den Gutachter M. und den berufskundigen Sachverständigen M1 angehört, letzterer hat ausgeführt, der Klägerin stünden aufgrund ihrer Berufserfahrung im Bürobereich vor allem Einsatzmöglichkeiten im Empfang zur Verfügung. Dazu gehörten ein eingeschränkter Einsatz von Bildschirmtätigkeiten, einfache Bürotätigkeiten, die Erteilung von Auskünften, die Beantwortung von Schreiben sowie einfache Ablagetätigkeiten. Ebenso dürften der Klägerin einfache Geschäftsstellentätigkeiten möglich sein. Aus dem Bereich des allgemeinen Arbeitsmarkts sei die Klägerin z. B. noch in der Lage, Medikamente und Brillen zu verpacken. Kaufmännische Tätigkeiten stünden bundesweit sowohl Teilzeit als auch Vollzeit zur Verfügung, während die Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nur Vollzeit gegeben seien.
Im Verhandlungstermin am 12. Juni 2014 hat der Senat Dr. K. gehört. Im Gegensatz zu den Vorgutachtern vertrat er die Auffassung, dass die Klägerin nicht in der Lage sei, ein Auge durch Suppression vollständig abzuschalten. Sie sehe zwar keine Doppelbilder, aber nehme ein zweites Bild als störend wahr. Die Klägerin sei nur noch in der Lage, halbschichtig erwerbstätig zu sein, weil die asthenopischen Beschwerden und die relative Ermüdbarkeit so ausgeprägt seien, dass eine vollschichtige Erwerbstätigkeit nicht zu leisten sei. Dies gelte nicht nur für Bildschirmtätigkeiten, wie zunächst im Gutachten vom 28. März 2013 festgehalten, sondern auch für die sogenannten einfachen Pack- und Sortierarbeiten. Auf Befragen der Prozessbevollmächtigten der Klägerin hat Dr. K. erklärt, dass sowohl asthenopische Beschwerden als auch Schielen ein häufig vorkommendes Krankheitsbild darstellten, dies gelte jedoch nicht für die bei der Klägerin zugrundliegende Ursache der Beschwerden, nämlich die konsekutive Divergenz.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 18. Dezember 2008 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 1. Februar 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. November 2006 und des Bescheides vom 25. Oktober 2007 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 6. November 2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 29. November 2001 zurückzunehmen und der Klägerin über den 30. November 2000 hinaus Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise eine Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte weist darauf hin, dass die gutachterliche Äußerungen ihre bisherige Auffassung stützen würden und die Klägerin noch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt einsetzbar sei.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze der Beteiligten sowie auf den Inhalt der Prozessakten des Sozialgerichts S 42 RA 20/02, S 16 R 1596/06 und des Landessozialgerichts L 2 R 22/09 einschließlich der Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 1. Juli 2011, 4. November 2011, 17. August 2011, 9. April 2014 und 12. Juni 2014 sowie auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen, die dem Gericht bei den mündlichen Verhandlungen vorgelegen haben und zum Gegenstand der Entscheidung gemacht worden sind.
Entscheidungsgründe:
Der erkennende Senat konnte gemäß § 155 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Urteil der Berichterstatterin als Einzelrichterin entscheiden, da sich die Beteiligten zuvor hiermit einverstanden erklärt haben.
Die nach §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung ist auch im Übrigen zulässig, sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt. Sie ist jedoch unbegründet.
Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, im Wege einer Überprüfungsentscheidung, wie sie der Bescheid vom 1. Februar 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. November 2006 beinhaltet, den Bescheid vom 6. November 2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. November 2011 zurückzunehmen und der Klägerin eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit über den 30. November 2000 hinaus zu gewähren.
Gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) in der Fassung vom 18. Januar 2001 ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind.
Dass die Klägerin die gegen den ablehnenden Bescheid vom 6. November 2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. November 2011 gerichtete Klage vor dem Sozialgericht Hamburg (S 42 RA 20/02) in der mündlichen Verhandlung am 18. April 2005 zurückgenommen hat, steht der Anwendung des § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X nicht entgegen (a.A. Landessozialgericht Hamburg, Urteil vom 1. Februar 2007 – L 6 R 93/06: juris, Rieker SGb 2001, S. 65-66, offen gelassen: BSG, Urteil v. 12. Dezember 2013 – B 4 AS 17713 R, SozR 4-1500 § 192 Nr. 2). Soweit eine Klagerücknahme als Verzicht auf den Anspruch interpretiert wird, kann dem nicht gefolgt werden. Bei dieser Betrachtung würde durch die Klagerücknahme einer wegen Fristversäumung unzulässigen Anfechtungsklage eine Überprüfung nach § 44 SGB X ausgeschlossen. Aber auch darüber hinaus sind die Voraussetzungen für die Annahme eines Anspruchsverzichts im Fall einer Klagerücknahme zweifelhaft, wenn nicht weitere Tatsachen für einen Verzicht sprechen (vgl. Baumeister in: jurisPK-SGB X, § 44 SGB X Rn 35, 36).
Ob die Beklagte das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, beurteilt sich nach Sach- und Rechtslage, die bei Erlass des zu überprüfenden Bescheides zu beachten wäre (Schütze/von Wulffen SGB X, 8. Aufl. 2014 § 44 Rn 10 m.w.N. d. Rspr.). Maßgeblich für die Frage der Weitergewährung der Erwerbsunfähigkeitsrente Rente über den 30. November 2000 hinaus ist demnach die noch bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Vorschriften der §§ 43, 44 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) in der Fassung vom 24. März 1999 (a.F.).
Danach haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, wenn sie erwerbsunfähig sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (§ 44 Abs. 1 SGB VI a.F.). Nach Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 a.F. sind erwerbsunfähig Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das monatlich ein Siebtel der Bezugsgröße übersteigt. Erwerbsunfähig ist gemäß § 44 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB VI a.F. nicht, wer eine Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Die Klägerin erfüllt die genannten medizinischen Voraussetzungen jedoch nicht, da sie noch in der Lage ist, leichte bis zeitweilig mittelschwere Arbeiten durchschnittlicher geistiger Art mit durchschnittlicher Verantwortung im Gehen, Stehen oder Sitzen vollschichtig zu verrichten. Das Leistungsvermögen der Klägerin ist allein in qualitativer Hinsicht eingeschränkt. Auszuschließen sind Nachtschicht- und Akkordarbeiten sowie Arbeiten unter besonderem Zeitdruck, mit besonderer seelischer Belastung und überwiegendem Publikumsverkehr. Arbeiten ohne Witterungsschutz und unter Expositionen gegenüber Haut reizenden Substanzen, auf Leitern und Gerüsten und an sonst gefährdenden Arbeitsplätzen wie laufenden Maschinen können nicht geleistet werden. Bildschirmtätigkeiten sind auf sechs Stunden bei Nutzung einer arbeitsplatzbezogenen Brille täglich zu begrenzen. Tätigkeiten im Nahbereich mit dem Erfordernis der Stereopsis sind ungeeignet. Die Klägerin ist wegefähig und in der Lage, Hemmungen gegenüber einer Arbeitsleistung zu überwinden.
Dies entnimmt der Senat den vorliegenden medizinischen Ermittlungen, insbesondere den Ausführungen der Sachverständigen B., Prof. Dr. M2, M. und Dr. H1. Im Vordergrund bestehen Leistungseinschränkungen auf psychiatrischem Fachgebiet (hierzu zu 1.) und augenheilkundlichem Fachgebiet (hierzu zu 2.). Die zu den anderen Gesundheitsstörungen erhobenen Befunde sind nicht schwerwiegend und begründen für sich genommen und auch nicht in der Zusammenschau mit den weiteren Leistungseinschränkungen ein halbschichtiges oder gar aufgehobenes Leistungsvermögen, sondern sind mit genannten qualitativen Einschränkungen ausreichend berücksichtigt.
1. In der Untersuchung bei Prof. Dr. M2 klagte die Klägerin vorrangig über Kopfschmerzen, Sehstörungen und Schwindel sowie diverse Allergien und erst auf Nachfrage über Beeinträchtigungen depressiver Art. Sie zeigte keine Hinweise auf Störungen der Aufmerksamkeit, Auffassung, Konzentration, geistigen Flexibilität und des Gedächtnisses. Die Stimmung wurde durch eine subdepressive Bedrücktheit dominiert, es war eine allenfalls punktuelle Angespanntheit festzustellen; die Klägerin erwies sich als eindeutig aufheiterbar. Des weiteren war eine erhebliche Denkeinengung auf diverse körperliche Beeinträchtigungen sowie den Rechtsstreit zu beobachten. Der neurologische Befund war unauffällig. Prof. Dr. M2 hat hieraus für den Senat überzeugend und nachvollziehbar abgeleitet, dass es sich bei den Gesundheitsstörungen der Klägerin um eine depressive Störung im Sinne einer Dysthymie mit Bedrücktheit in Verbindung mit einer emotionalen Labilität, Freudlosigkeit und Grübelneigung handelt, über die hinaus Spannungskopfschmerzen, Migräne und wahrscheinlich auch arzneimittel- induzierte Kopfschmerzen bestehen und bei denen eine vollschichtige Erwerbstätigkeit unter den bereits genannten Einschränkungen und nicht nur noch auf Kosten der Gesundheit oder unter großen glaubhaften Schmerzen möglich ist. Diese Einschätzung des klägerischen Leistungsvermögens steht auch im Einklang mit der Leistungsbeurteilung durch die Sachverständige B ... Unter Beschreibung eines ähnlichen psychopathologischen Befundes mit subdepressiver Verstimmtheit, uneingeschränkter affektiver Schwingungsfähigkeit und fehlender Antriebsminderung bei gut strukturiertem Tagesablauf ist auch sie zu dem Ergebnis gekommen, dass die Klägerin noch in der Lage ist, vollschichtig mit den beschriebenen weiteren qualitativen Leistungseinschränkungen tätig zu sein.
Es bestehen auch keine gravierenden Widersprüche zu den Leistungsbeurteilungen der Vorgutachten in den Rentenverfahren. Es ist nicht zu übersehen, dass bereits die ursprüngliche nervenärztliche Begutachtung durch Dr. G1 auf einem spärlichen psychopathologischem Befund beruhte und die Empfehlung für die Gewährung einer zeitlich befristeten Rente für zwei Jahre in der falschen Annahme erfolgte, dass bereits vor 1997 eine Rente gewährt worden sei. Dass Dr. G1 das Leistungsvermögen damals als aufgehoben ansah, ist vor diesem Hintergrund nicht nachvollziehbar. Dr. L. beschrieb die Klägerin im Jahr 1999 stimmungsmäßig als gedrückt mit auffallender Somatisierungsneigung; sah zwar eine unterhalbschichtige Belastbarkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt als gegeben an, aber empfahl, die Rente allenfalls um weitere sechs Monate zu verlängern. Auch ergeben sich aus dem Entlassungsbericht der von der Klägerin durchgeführten psychosomatischen Kur in B1 vom 9. Mai bis zum 27. Juni 2000 weder aus dem beschriebenen Verhalten der Klägerin, die an den verordneten Maßnahmen nur eingeschränkt teilgenommen hatte, noch aus dem psychopathologischem Befund Hinweise für eine schwere depressive Erkrankung. Die Leistungseinschätzung von Prof. Dr. M2 wird auch durch das durch die Beklagte eingeholte Gutachten von Dr. A. bestätigt. Diese beschrieb die Klägerin in ihrem Gutachten als verhalten, matt wirkend, zurückgezogen und versagend bei subdepressiver Stimmungslage, den Tagesablauf als gut strukturiert mit Beschäftigungen, sozialen Kontakten und Besuch von Veranstaltungen und hielt die Klägerin gleichfalls noch für in der Lage, sechs Stunden und mehr leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne besondere Anforderungen an das Konzentrationsvermögen, ohne Publikumsverkehr und ohne besondere Verantwortung auszuüben.
Auch aus den weiteren medizinischen Unterlagen ergibt sich nichts anderes. Der Befundbericht des Diplom-Psychologen H. vom 25. Oktober 2007, der eine schwere depressive Symptomatik beschreibt, ist wegen der wenigen psycho-pathologischen Angaben unergiebig und daher nicht geeignet, ein aufgehobenes Leistungsvermögen zu begründen. Gleiches gilt für den Befundbericht des Neurologen und Psychiaters Dr. E1, der außer der Darlegung einer Erschöpfung und einer Depression keine weiteren Befunde erhoben hat. Dass es wegen des Zeitablaufs zu Veränderungen des psychopathologischen Befundes seit der letzten gutachterlichen Untersuchung durch Prof. Dr. M2 gekommen ist, ist weder vorgetragen noch ist dieses wegen des sich durch die Aktenlage ziehenden relativen konstanten Befundes erkennbar. Somit liegen tatsächliche Anhaltspunkte für eine wesentliche Veränderung des Gesundheitszustandes der Klägerin nicht vor.
2. Nach dem augenärztlichen Gutachten des Sachverständigen M. vom 12. März 2013 beträgt die Sehschärfe in der Ferne mit eigener Brille mit bester Korrektur rechts 0,5 und links 0,4; die Sehschärfe in der Nähe mit eigener Brille rechts 0,6 und links 0,6. Weiter legt der Gutachter im Rahmen der Prüfung der Augenbeweglichkeit dar, dass bei einer Exostellung des linken Auges die Fixation auf dem linken Auge gehalten werden kann, jedoch die für die Nähe gefundenen schwankenden Schielwinkelverhältnisse im Vergleich zur Ferne auffällig seien. Der Titmustest zur Feststellung von Stereoopsis war negativ, im Bagolinitest zeigte sich in der Ferne links eine Suppression, in der Nähe war Binokularsehen spontan positiv, dekompensierte aber schnell bis zur Suppression des linken Auges. Ein Parallelstand der Augen konnte einmalig kurz für die Nähe gefunden werden, war aber in der Untersuchung auch bei mehrfacher Testung nicht reproduzierbar. Aus diesen Untersuchungsergebnissen hat der Sachverständige M. - neben der Weitsichtigkeit, Stabsichtigkeit und der Alterssichtigkeit – die Diagnose eines Auswärtsschielens mit größerem Fern- als Nahwinkel, bei schwankendem Nahwinkel gestellt. Hieraus hat er schlüssig gefolgert, dass diese Sehstörungen zu den bei der Klägerin bestehenden asthenopischen Beschwerden und die leichte Ermüdbarkeit führen, die sich durch das sporadisch und nicht regelmäßig auftretende, mithin subnormale Binokularsehen gut erklären lassen. Der Sachverständige M. hat daraus nachvollziehbar und für den Senat überzeugend abgeleitet, dass die Leistungsfähigkeit der Klägerin auf augenärztlichen Fachgebiet durch die Binokularstörung, die sich überwiegend in Form der funktionellen Einäugigkeit darstellt, eingeschränkt ist. Ihr Leistungsvermögen ist aber nicht soweit eingeschränkt, dass sie nicht mehr vollschichtig etwa noch leichte Büro- oder Montier- und Sortiertätigkeiten verrichten kann (vgl. BSG, Beschluss vom 19. Dezember 1996 – GS 2/95 –, SozR 3-2600 § 44 Nr 8). Denn hierzu hat der berufskundige Sachverständige Meinhard überzeugend ausgeführt, dass der Klägerin mit dem vom Sachverständigen M. beschriebenen Leistungsvermögens aufgrund ihrer Berufserfahrung im Bürobereich vor allem Einsatzmöglichkeiten im Empfang zur Verfügung stehen, bei der einfache Bürotätigkeiten, das Erteilen von Auskünften, die Beantwortung von Schreiben, als auch einfache Ablagetätigkeiten auszuführen sind. Bei diesen Tätigkeiten steht der Publikumsverkehr nicht derartig im Vordergrund, dass er aufgrund der damit verbundenen Stressbelastung von der Klägerin nicht mehr erbracht werden kann. Des Weiteren ist die Klägerin aus dem weiten Bereich der Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes noch in der Lage Medikamente umzupacken und Brillen zu verpacken. Im Hinblick darauf, dass nach der Leistungsbeurteilung der gerichtlichen Sachverständigen für solche Tätigkeiten keine relevanten Einschränkungen bestanden und bestehen, konnte und kann die Klägerin auch noch derart einfache Arbeiten nach einer Zeit der Einarbeitung bis zu drei Monaten vollwertig verrichten.
Dieses Ergebnis wurde auch aus augenärztlicher Sicht durch Dr. H1 bestätigt. Bei der Untersuchung am 12. November 2011 stellte dieser bei der Klägerin gleichfalls einen schwankenden primären Schielwinkel fest und konnte keine Stereopsis nachweisen. Neben den asthenopischen Beschwerden auf dem Boden eines subnormalen Binokularsehens bei Mikroexotopie, Fusionsbeschwerden, stellte er eine diskrete Augentrockenheit fest. Zwar begründete er die asthenopischen Beschwerden der Klägerin im Gegensatz zu dem Sachverständigen M. mit Fusionsbeschwerden durch nicht angepasste Vergenzbewegungen, kam indes gleichfalls zu keiner Einschränkung des qualitativen Leistungsvermögens für Tätigkeiten außerhalb eines Nahbereiches von 30 cm. Übereinstimmend mit dem Sachverständigen M. hat er Einschränkungen in zeitlicher Hinsicht für Bildschirmtätigkeiten auf sechs Stunden täglich angenommen. Unter Hinweis darauf, dass durch Vernebelung eines Auges eine gute Besserung und oft ein unbeeinträchtigter weiterer Arbeitseinsatz erreicht werden könne, ist er nachvollziehbar zu dem Ergebnis gelangt, dass diese Arbeitsleistung auch ohne die von ihm zur Behandlung der Binokularstörung empfohlene Behandlung erbracht werden kann.
Die hiervon abweichende Leistungseinschätzung des die Klägerin behandelnden Arztes Dr. K. vom Universitätsklinikum Kiel konnte den Senat nicht überzeugen. Dieser stellt insoweit im Wesentlichen darauf ab, dass die Klägerin weder über eine sichere binokulare Sehleistung, noch über die Möglichkeit einer dauerhaften Suppression eines Auges verfüge. Dies führe zu Doppelbildwahrnehmung und asthenopische Beschwerden sowie zu relativer Ermüdbarkeit durch ständige Kompensationsversuche. Im Unterschied zu den Vorgutachtern M., Dr. H1 und Dr. N2 stellte er bei seinen Untersuchungen durch das Erkennen der Klägerin der Titmusfliege ein räumliches Sehen fest und schließt daraus, dass die Klägerin nicht in der Lage sei, ein Auge durch Suppression dauerhaft auszuschalten. Obwohl wegen des nicht nachweisbaren räumlichen Sehens in den zweimaligen Untersuchungen durch Dr. M., den Untersuchungen bei Dr. H1 und Dr. N2 , als auch dem fehlenden Nachweisen für räumliches Sehen bei Dr. C. und im U. Zweifel daran bestehen, dass ein räumliches Sehen bei der Klägerin vorhanden ist, zumal diese Beurteilung auch von den subjektiven Angaben der Klägerin abhängt, kann diese Frage letztlich offen bleiben. Denn der Gutachter M. hat hierzu überzeugend ausgeführt, dass sich durch die unterschiedliche Beurteilung der Gründe für die Binoluarstörung der Klägerin keine Unterschiede für das zu beurteilende Leistungsvermögen der Klägerin ergeben. Denn in der Sache nach bestätigen alle Gutachter, dass das nur kurzzeitige auftretende Binokularsehen der Klägerin zwar als störend empfunden werde und zu asthenopischen Beschwerden führe. Wegen des nur sporadisch auftretenden Binokularsehens sind diese aber nicht so manifest, als dass sich hieraus ein halbschichtiges Leistungsvermögen herleiten lässt. Diese Einschätzung des klägerischen Leistungsvermögens steht auch im Einklang mit den von der Klägerin angegebenen Hobbies wie Handarbeiten und Puzzeln, die ein noch viel höheres Sehvermögen voraussetzen, als die von dem Sachverständigen M1 beschriebenen einfachen Packarbeiten.
Dr. K. kann im Übrigen seine Auffassung zum quantitativen Leistungsvermögen der Klägerin auch insgesamt nicht plausibel begründen. Anders als Dr. M., der erklären konnte, dass bei überwiegender funktioneller Einäugigkeit grundsätzlich von einem vollschichtigen Leistungsvermögen auszugehen sei, ist Dr. K. in seinen Ausführungen hierzu insgesamt vage geblieben. In seinem Gutachten vom 23. März 2013 legt er dar, dass der zeitliche Umfang der gesundheitlichen zumutbaren Arbeiten nur schwer zu bemessen sei. Auch seine ergänzende Stellungnahme vom 27. September 2013 lässt eine präzise Aussage zum qualitativen Leistungsvermögen vermissen. Vor dem Hintergrund, dass Sehen am Bildschirm eine monotone Belastung für das visuelle System darstellt, weil keine oder nur geringe Abwechslung der Fixation der Augen vorliegt, die einem natürlichen Sehvorgang entsprechen (Rundnagel, Bb 2011, 486-489), hat er in seinem Gutachten vom 23. März 2013 für den Senat zunächst überzeugend dargelegt, dass die Leistungsfähigkeit der Klägerin für Bildschirmtätigkeiten zeitlich auf eine halbschichtige Tätigkeit einzuschränken sei. Mit dieser Einschätzung befindet er sich auch in überwiegender Übereinstimmung mit den Vorgutachtern. Dass er das Leistungsvermögen der Klägerin erstmalig in der mündlichen Verhandlung am 12. Juni 2014 aber auch für einfache Packarbeiten eingeschränkt sehen will, ist im Hinblick auf die bereits benannten unterschiedlichen Anforderungen an das Sehen nicht ausreichend begründet. Allein aus den von den Vorgutachtern abweichenden Auffassungen zu den Ursachen der asthenopischen Beschwerden und den sich hieraus ergebenden unterschiedlichen Behandlungsregimen (weitere operative Korrektur des Schielens oder Verneblung) lässt sich ein halbschichtiges Leistungsvermögen der Klägerin nicht ableiten. Durchgreifende Einwendungen gegen die Leistungsbeurteilungen der gerichtlichen Sachverständigengutachten von Dr. H1 und M. hat Dr. K. nicht aufzuzeigen vermocht. Allein der Umstand, dass die konsekutive Divergenz eine seltene Sehstörung darstelle, vermag kein halbschichtiges oder gar aufgehobenes Leistungsvermögen zu begründen.
Auch Frau Dr. N2 konnte aus den bei der Klägerin bestehenden asthenopischen Beschwerden die Herleitung eines nur halbschichtigen Leistungsvermögens nicht schlüssig, d.h. sich auf die einzelne Funktionseinschränkung der Augen beziehend, begründen. Ein nur noch halbschichtiges Leistungsvermögen ist hier unter Beachtung des erforderlichen strengen Maßstabes (vgl. BSG, Urteil vom 1. Juli 1964 - 11/1 RA 158/61, SozR Nr. 39 zu § 1246 RVO) nicht mit dem notwendigen Vollbeweis nachgewiesen.
Darauf, ob der Klägerin einen ihrem verbliebenen Leistungsvermögen entsprechenden Arbeitsplatz tatsächlich erhalten konnte oder erhält, kommt es nicht an. Denn die jeweilige Arbeitsmarktlage, die für leistungsgeminderte Arbeitnehmer - wie die Klägerin - kaum entsprechende Arbeitsplatzangebote zur Verfügung stellte bzw. stellt, ist für die Feststellung von voller bzw. teilweiser Erwerbsunfähigkeit - wie der Gesetzgeber nunmehr ausdrücklich klargestellt hat - unerheblich (vgl. § 43 Abs. 3 Halbsatz 2, § 240 Abs. 2 Satz 4 Halbsatz 2 SGB VI).
Die Kostenentscheidung beruht, dem Ausgang des Verfahrens folgend, auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Weitergewährung einer Erwerbsunfähigkeitsrente.
Die 1960 geborene Klägerin ist gelernte Friseurin und war zuletzt bis 1997 als Verwaltungsangestellte bei der Freien und Hansestadt Hamburg (F. beschäftigt. Am 6. März 1997 beantragte sie unter Vorlage medizinischer Unterlagen, u.a. eines Arztbriefes des Universitätskrankenhauses E2 vom 13. Februar 1992 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Nach gutachterlicher Untersuchung des Internisten Dr. P., der eine nervenärztliche Begutachtung empfahl, erstellte der Nervenarzt Dr. G1 ein Gutachten vom 30. Juni 1998. Hierin ging der Gutachter zu Unrecht davon aus, dass zuvor bereits eine Erwerbsunfähigkeitsrente gewährt worden sei und kam zu dem Ergebnis, dass die Klägerin zum Zeitpunkt der Untersuchung am 11. Mai 1998 zu einer geregelten Erwerbstätigkeit nicht in der Lage sei. Sie solle deswegen noch einmal für zwei Jahre berentet werden.
Mit Bescheid vom 25. Juli 1998 bewilligte die Beklagte der Klägerin eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit für die Zeit vom 1. März 1997 bis zum 31. Dezember 1999.
Auf Grund des Weitergewährungsantrags auf Erwerbsunfähigkeitsrente vom 6. Oktober 1999 ließ die Beklagte ein weiteres neurologisch-psychiatrisches Gutachten von Dr. L. vom 27. November 1999 erstellen. Hierin wurde eine Verlängerung der Erwerbsunfähigkeitsrente auf weitere sechs Monate sowie eine längerfristige psychosomatische Kurbehandlung empfohlen. Nach Weitergewährung der Erwerbsunfähigkeitsrente (Bescheide vom 17. September 1999 und vom 11. August 2000) nahm die Klägerin an einem ambulanten Rehabilitationsverfahren, welches vom 9. Mai 2000 bis zum 20. Juni 2000 in B1 durchgeführt wurde, teil. Dort wurde sie mit der Diagnose eines allergischen Asthma bronchiale, einer Migräne, einer leichten depressiven Episode, einer Wirbelsäulenfehlstellung sowie eines Strabismus divergens arbeitsfähig und als vollschichtig leistungsfähig für Tätigkeiten im alten Beruf entlassen.
Daraufhin lehnte die Beklagte die Weitergewährung einer Erwerbsunfähigkeitsrente über den November 2000 hinaus ab (Bescheid vom 6. November 2000). Nach hiergegen erhobenem Widerspruch der Klägerin veranlasste die Beklagte ein weiteres nervenärztliches Gutachten von Dr. A. vom 22. Mai 2001. Nach Untersuchung am 21. Mai 2001 hielt Dr. A. die Klägerin bei den Diagnosen einer neurotischen Depression mit leichter depressiver Episode und Somatisierungstendenz, einer Migräne, anamnestisch allergischem Asthma bronchiale noch für in der Lage, sechs Stunden und mehr leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne besondere Anforderungen an das Konzentrationsvermögen, ohne Publikumsverkehr und ohne besondere Verantwortung auszuüben.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 29. November 2001 zurück. Im hiergegen gerichteten Klageverfahren vor dem Sozialgericht Hamburg zum Aktenzeichen S 42 RA 20/02 holte das Gericht ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten der Sachverständigen B. vom 14. April 2003 ein. Die Klägerin gab hier als Hobbies Handarbeiten, Puzzeln und Malen an. Sie lese auch viel und sehe abends fern. Die Sachverständige B. beschrieb die Klägerin im psychischen Befund lediglich subdepressiv verstimmt, in der affektiven Schwingungsfähigkeit nicht eingeschränkt; eine Antriebsminderung läge ebenfalls nicht vor. Der erhobene Tagesablauf sei gut strukturiert. Die Gutachterin kam zu dem Ergebnis, dass die Klägerin unter einer Dysthymia, unter Migräne, unter einem Asthma bronchiale, einem Hypertonus sowie einer Neurodermitis leide und leitete hieraus ein vollschichtiges Leistungsvermögen ab. Der Internist Dr. Aries legte in seinem allergologischen Gutachten vom 27. Juli 2003 dar, dass bei eingeschränkter Mitarbeit der Klägerin keine mitarbeitsunabhängigen pathologischen Befunde haben erhoben werden können. Die Klägerin leide unter einem Asthma bronchiale, einer allergischen Rhinopathie und könne unter bestehender suffizienter medikamentöser Therapie leichte bis mittelschwere körperliche Arbeit mit weiteren Einschränkungen vollschichtig ausüben. Auf weitere Veranlassung des Sozialgerichts hat der Arzt für Augenheilkunde M. die Klägerin am 18. November 2004 untersucht und am 7. Januar 2005 schriftlich begutachtet. Er stellte bei der Klägerin einen gleichbleibenden manifesten Schielwinkel und keine Funktionen eines beidäugigen Sehens fest. Bei allen wesentlichen Prüfungen habe sich ein Ausschalten des linken Auges oder höchstens ein Wechsel des Sehens zwischen links und rechts gezeigt. Sie sei deshalb als funktionell einäugig anzusehen. Hierdurch kämen nur Tätigkeiten infrage, die für Einäugige möglich seien. Diese Tätigkeiten könnten vollschichtig verrichtet werden. Arbeiten am PC seien mit einer arbeitsplatzbezogenen Brille möglich. In der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht am 18. April 2005 wurde die Neurologin/Psychiaterin B. gehört. Über ihre Ausführungen im Gutachten hinaus äußerte sie die Auffassung, dass die vom behandelnden Psychotherapeuten H. festgestellte schwere Depression nicht nachvollziehbar sei. Die psychopathologischen Angaben seien hierfür zu spärlich; zudem entzöge sich eine schwere Depression der psychotherapeutischen Behandelbarkeit. Der berufskundige Sachverständige M1 kam zu dem Ergebnis, dass die Klägerin mit einer Anlernzeit von weniger als drei Monaten in nahezu sämtliche Schreibtischtätigkeiten auf angelerntem Niveau arbeiten könne. Es stünden auch ausreichende Tätigkeiten zu Verfügung, die nicht im Archiv angesiedelt seien. Wegen der Hausstauballergie seien Tätigkeiten in der Aktenablage, Registratur und im Archiv auszuschließen. Daraufhin nahm die Klägerin die Klage in der mündlichen Verhandlung zurück.
Am 6. Dezember 2005 stellte die Klägerin einen Antrag auf Überprüfung des Widerspruchsbescheides vom 29. November 2001. Aus ihrer Sicht sei der Rentenantrag, mit dem sie über den 30. November 2000 hinaus Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit geltend gemacht habe, fälschlicherweise zurückgenommen worden. Nach Vorlage umfangreicher ärztlicher Unterlagen durch die Klägerin holte die Beklagte Behandlungs- und Befundberichte des Facharztes für Augenheilkunde Dr. C. vom 12. Januar 2006 und vom Arzt für Allgemeinmedizin Dr. E. vom 9. Januar 2006 sowie ärztlichen Stellungnahme der Diplom-Medizinerin G. vom 26. Januar 2006 ein.
Mit Bescheid vom 1. Februar 2006 lehnte die Beklagte den Überprüfungsantrag mit der Begründung ab, dass die aktuell eingeholten ärztlichen Behandlungsberichte gegenüber den bisher festgestellten Leistungsvermögen keine Änderung ergeben hätten. Den gegen diesen Bescheid gerichteten Widerspruch vom 13. Februar 2006 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23. November 2006 zurück. In den Gründen ist u. a. ausgeführt, dass die Klägerin noch eine vollschichtige Beschäftigung als Mitarbeiterin am Empfang oder an Informationsstellen ausüben könne.
Die Klägerin hat am 12. Dezember 2006 Klage vor dem Sozialgericht Hamburg erhoben und darin auf ihre Erkrankungen hingewiesen, die sie daran hinderten, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Es bestehe eine Depression, eine Migräne und ein allergisches Bronchialasthma. Ferner sei eine Wirbelsäulenfehlstellung, ein Strabismus divergens sowie eine Neurodermitis, ein Bluthochdruck und ein Herzklappenfehler festzustellen. Tätigkeiten am Empfang oder an Informationsstellen könnten wegen der seelischen Belastung und dem überwiegenden Publikumsverkehr nicht geleistet werden. Nachdem die Beklagte die Gewärung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit über den 30. November 2000 hinaus auf unbestimmte Zeit anerkannt hat (Bescheid vom 25. Oktober 2007), hat die Klägerin ihr Begehren auf Feststellung einer Erwerbsminderung unter Vorlage weiterer umfangreicher ärztlicher Unterlagen fortgeführt. Das Sozialgericht hat zur Aufklärung des Sachverhalts Behandlungs- und Befundberichte des Augenarztes Dr. C. vom 29. Juni 2005 und vom 1. November 2007, des Dipl.-Psychologen H. vom 25. Oktober 2007, der Kardiologen D., S1, T. vom 4. November 2007, des Allgemeinmediziners Dr. E. vom 5. November 2007, des Lungenfacharztes Dr. S2 vom 7. November 2007, des Internisten, Kardiologen Dr. W. vom 22. Oktober 2007, des Arztes für Stimm- und Sprachstörungen Dr. N1 vom 27. März 2008 und des Neurologen und Psychiaters E1 vom 31. März 2008 eingeholt. Auf Veranlassung des Sozialgerichts hat der Neurologe und Psychiater Prof Dr. M2 die Klägerin am 4. Juli 2008 untersucht und am 15. Juli 2008 ein fachärztliches Gutachten erstellt und bei der Klägerin eine depressive Störung im Sinne einer Dysthymie, Spannungskopfschmerzen, Migräne und arzneimittelinduzierte Kopfschmerzen diagnostiziert. Der Sachverständige hielt die Klägerin trotz der festgestellten gesundheitlichen Einschränkungen weiterhin für in der Lage, vollschichtig, also täglich sechs Stunden und mehr eine leichte bis mittelschwere Tätigkeit im Gehen, Stehen oder Sitzen zu verrichten. Tätigkeiten in Nachtschicht sowie Arbeiten unter besonderen Zeitdruck oder Lärmbelastung seien nicht zumutbar. Wegefähigkeit sei gegeben und Hemmungen gegenüber einer Arbeitsleistung könnten überwunden werden.
Nach Anhörung von Prof. Dr. M2 in der mündlichen Verhandlung hat das Sozialgericht die Klage durch Urteil vom 18. Dezember 2008 abgewiesen und sich zur Begründung auf die Gutachten der Sachverständigen B., M. sowie von Prof. Dr. M2 gestützt. Dass die Sehbehinderung, die zu Konzentrationsstörungen und Erschöpfung führen solle, eine weitere Verminderung des von Prof Dr. M2 angenommen individuellen Leistungsvermögens für leichte Tätigkeit im Rahmen von Sortier- und Verpackungsarbeiten führe, könne nicht festgestellt werden. Zwar habe der behandelnde Augenarzt Dr. C. - im Gegensatz zum Sachverständigen M. - das Bestehen von Doppelbildern beschrieben, die zu "Beeinträchtigungen" der Klägerin führten; hierdurch ändere sich die Einschätzung des klägerischen Leistungsvermögens jedoch nicht.
Gegen das der Klägerin am 15. Januar 2009 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 9. Februar 2009 Berufung eingelegt. Zur Begründung des Rechtsmittels trägt sie vor, sie sei nicht mit den Erkenntnissen der medizinischen Sachverständigen einverstanden. Diese stünden auch nicht mit dem Anerkenntnis der Beklagten in Übereinstimmung, die davon ausgegangen sei, dass die Klägerin nur körperlich leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ohne besondere Anforderung an das Sehvermögen, ohne inhallative Belastung sowie ohne besondere Stressbelastungen ausüben könne.
Nachdem sich die Klägerin zweier Operationen am 7. September 2009 und am 17. Januar 2010 bei dem im Universitätsklinikum S. tätigen Facharzt für Augenheilkunde Dr. K. zur Beseitigung des Außenschielens unterzogen hatte, begründete sie ihre Berufung unter Vorlage eines Gutachtens der in der Universitätsklinik G2 tätigen Fachärztin für Augenheilkunde Dr. N2 vom 14. Juni 2010 weiter. Die Klägerin leide an einem Innenschielen und intermittierenden Doppelbildern, die zu Kopfschmerzen, Sehstörungen, Schwindel sowie zu Konzentrationsstörungen und Erschöpfungserscheinungen führten. Als weitere Gesundheitsstörungen bestünden eine allergische Rhinopathie bei ausgeprägten Hausstäuben, eine Milbenallergie, ein allergisches Asthma, ein rechtshirniges Angiom sowie Nierensteine. Sowohl das Universitätsklinikum G2 als auch das Universitätsklinikum S. hätten nach den dort erfolgten Operationen eine massive Beeinträchtigung der Klägerin festgestellt. Aus dem Umstand, dass divergierende Empfehlungen hinsichtlich der Behandlung vorliegen würden, könne der Schluss gezogen werden, dass es sich um eine ungewöhnliche und ernsthafte Erkrankung handele. Die im Gutachten von Frau Dr. N2 empfohlene Okklusion sei nicht zumutbar, weil sie stark entstellend wirke.
Dr. N2 stellte in ihrer Untersuchung am 12. Mai 2010 bei der Klägerin kein räumliches Sehen fest. Ihren Ausführungen zu folge sei die Minderung der Erwerbsfähigkeit auf 30 v. H. einzuschätzen. Die Klägerin könne Arbeiten verrichten, die keine Anforderung an ein beidäugiges Sehen stellten. Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten und an schnellschneidenden Maschinen seien nicht möglich. In Frage kämen jedoch Bildschirmarbeitsplätze oder Schreibtischtätigkeiten. Mit einem Okklusionsverband auf einem Auge seien Tätigkeiten von drei bis unter sechs Stunden täglich möglich, wobei längere Pausenzeiten benötigt werden würden.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines gerichtlichen Gutachtens des Arztes für Augenheilkunde Dr. H1 vom 15. Februar 2011, der die Klägerin am 7. Dezember 2010 untersucht hat. Der medizinische Sachverständige ist zu folgenden Feststellungen gelangt: Die Klägerin leide an asthenopischen Beschwerden auf dem Boden eines subnormalen Binokularsehens bei Mikroesotropie, Fusionsbeschwerden (Horror fusionis) sowie einer diskreten Keratokonjunktivitis sicca. Dabei stellte er in der Ferne und in der Nähe kein Simultansehen fest. Stereopsis sei in der Nähe mit und ohne Kopfzwangshaltung nicht nachzuweisen. Der Klägerin könnten noch vollschichtige, mittelschwere Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung, zu ebener Erde, in klimageschützten Räumen, ohne Heben und Bewegen von schweren Lasten, ohne Tätigkeit in Nässe, Kälte und Zugluft sowie ohne Tätigkeit auf Leitern und Gerüsten sowie an gefährdenden Arbeitsstellen ohne Tätigkeit in Rumpfzwangshaltung zugemutet werden. Hierbei sei bei Schreibtisch- oder Bildschirmtätigkeit eine Sechsstundengrenze zu beachten, die nicht zu überschreiten sei. Der Okklusion eines Auges sei die Vernebelung vorzuziehen. Weitere Therapiemöglichkeiten bestünden nicht.
Die Klägerin hat das Gutachten kritisiert. Dr. H1 habe die Diagnose des Astigmatismus nicht gestellt und gelange in seinem Gutachten deshalb zu einer geringeren Erwerbsminderung, als diese tatsächlich bestehe. Die Sehbehinderung mit den Doppelbildern führe nicht nur zu einer Behinderung bei Schreibtisch- oder Bildschirmtätigkeiten, sondern im gesamten täglichen Leben zu erheblichen Einschränkungen. Das Gutachten weiche von dem detaillierten und wissenschaftlich begründeten Gutachten von Frau Dr. N2 ab, der die besseren Untersuchungsmethoden zur Verfügung gestanden haben und die über mehr Erfahrung über das spezielle Krankheitsbild verfüge.
Auf Nachfrage des Senats hat Dr. N2 in einer weiteren Stellungnahme von 4. Juli 2011 mitgeteilt, dass es sich bei der zeitlichen Angabe zum quantitativen Leistungsvermögen um einen empirischen Wert aus der alltäglichen Praxis handele, weil es keine wissenschaftlichen Studien zu der Frage gebe, wie lange ein Betroffener mit einer durch einen Konkurrenzkampf beider Augen bedingten Störung sowie einer Hornhautoberflächenproblematik durch Tränenfilmveränderung täglich arbeiten könne.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Berichterstatter als Einzelrichter am 4. November 2011 wurde Dr. H1 zu seinem augenärztlichen Gutachten vom 15. Februar 2011 gehört. Zu den Fragen des Gerichts hat er ausgeführt, dass er eine Behandlung des gestörten beidäugigen Sehens durch vollständiges Abdecken eines Auges mit Hilfe einer Klappe der Behandlung durch Vernebelung vorziehe, weil dadurch der periphere Seheindruck beider Augen gewährleistet bleibe. In dieser Auffassung befinde er sich in Übereinstimmung mit den augenärztlichen Zentren im U. sowie an der medizinischen Hochschule in L1. Allerdings sei eine Konkurrenz beider Augen mit einer beidseitigen Sehschärfe, wie sie bei der Klägerin vorhanden sei, bei einem gleichwohl gestörten Binokularsehen selten anzutreffen. Angesichts der bei der Klägerin vorhandenen Sehschärfe bestünde kein Anlass, eine quantitative Einschränkung der Leistungsfähigkeit der Klägerin anzunehmen. Die Fähigkeit der Klägerin, am Bildschirm zu arbeiten, sei nicht beeinträchtigt. Über Pausen hinaus, die die Benetzung der Augen erforderlich machten, seien weitere Pausen nicht erforderlich. Der berufskundige Sachverständige M1 hat in der mündlichen Verhandlung am 4. November 2011 ausgeführt, dass die Klägerin noch in der Lage sei, hochwertige Schreibmaterialien und Accessoires zu montieren sowie Etikettierarbeiten im Logistikbereich durchzuführen. Darüber hinaus kämen auf augenärztlichem Gebiet auch leichte Bürotätigkeiten in Betracht. Bei diesen Arbeiten seien starke und stetige Lärmbelästigungen nicht vorhanden. Diese Tätigkeiten erforderten auch keinen besonderen Zeitdruck und seien auch nicht in Nachtschichttätigkeiten durchzuführen.
Die Klägerin ist den gutachterlichen Einschätzungen von Dr. H1 erneut entgegengetreten. Obwohl der Gutachter zugegebenermaßen über keine Erfahrung mit dem seltenen Krankheitsbild der Klägerin verfüge, habe er nicht ausgeführt, was ihn zu seiner Aussage zum quantitativen Leistungsvermögen veranlasst habe. Zu seinem vorhergehenden Gutachten habe er sich insofern in Widerspruch gesetzt, als dass er zunächst die Naharbeit bei Bildschirmtätigkeit oder Schreibtischtätigkeit auf sechs Stunden begrenzt und in der mündlichen Verhandlung nunmehr erklärt habe, dass Pausen nur erforderlich seien, die die Benetzungsstörung der Klägerin beträfen. Dr. H1 habe es auch versäumt, sich zu den Bewegungseinschränkungen der Augen in Nähe und Ferne zu äußern. Auf Antrag der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 17. August 2012 hat das Gericht ein augenärztliches Gutachten nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) veranlasst. Nach Untersuchung der Klägerin am 13. Februar 2013 hat Dr. K. am 28. März 2013 ein Gutachten sowie eine ergänzende Stellungnahme vom 27. September 2013 erstellt. Hierin heißt es, dass die Klägerin an einer Beschwerdesymptomatik leide, die sich auf die konsekutive Divergenz nach einer Schieloperation in der Kindheit zurückführen lasse. Die in der Kindheit erworbene Fähigkeit zur Doppelbildunterdrückung (Suppression), die ihr auch nur in einem Innenschielwinkel zur Verfügung gestanden habe, sei durch die Operation überwunden. Infolgedessen sei es der Klägerin gelungen, zwischen Überwindung der Suppression eines Auges mit subnormalem Binokularsehen und Suppression eines Auges ohne Binokularität zu wechseln. In dieser Phase habe eine Doppelbildwahrnehmung mit asthenopischen Beschwerden mit hoher Wahrscheinlich nicht vorgelegen. Erst als die Klägerin in die Divergenz wich, habe sie sowohl eine sichere binokulare Sehleistung wie auch die Möglichkeit einer dauerhaften Suppression eines Auges verloren. Dieses habe wahrscheinlich zur Doppelbildwahrnehmung und den entsprechenden daraus resultierenden asthenopischen Beschwerden durch die ständigen Kompensationsversuche geführt. Hinzuträte die Altersweitsichtigkeit. Einschränkungen bestünden für Naharbeit wie Bildschirmtätigkeit, längerem Lesen, feinmotorischen Tätigkeiten, die ein räumliches Sehen verlangen würden, wie z. B. bei Feinmechanikern. Jegliches Arbeiten sei durch die mangelnde Kompensationsfähigkeit des Schielwinkels beeinträchtigt. Deshalb seien die Arbeiten mit mehr Pausen zu unterbrechen, die jedoch nicht fixiert zu benennen seien, sondern dem subjektiven Empfinden der Patientin anheimgestellt werden müsse. Dabei könnten im ausgeruhten Zustand sicherlich längere Perioden von Tätigkeiten absolviert werden als im Laufe des Tages im unausgeruhtem Zustand möglich seien. Der zeitliche Umfang der zumutbaren Arbeiten sei nur schwer zu bemessen. Bildschirmtätigkeit sei nicht vollschichtig auszuüben; eine halbschichtige Tätigkeit erscheine mit den notwendigen zwischenzeitlichen Pausen als maximal Arbeitszeit plausibel. Im Gegensatz zu dem Gutachten von Dr. H1 habe in seiner Untersuchung sowohl Simultansehen als auch subnormale Binokularität mit angedeuteter Stereopsis (Titmusfliege) nachgewiesen werden können. Weder Vernebelung noch Okklusion eines Auges sei guten Gewissens zu empfehlen, da die Klägerin hierdurch eine erhebliche Einschränkung ihrer binokularen Fähigkeiten erfahren würde und diese sicher nicht dauerhaft vertragen würde. Auf Nachfrage des Gerichts hat Dr. K. in einer weiteren gutachterlichen Stellungnahme vom 27. September 2013 ausgeführt, dass durch den bei der Klägerin durchgehend potentiell auftretenden Zerfall des räumlichen Sehens sämtliche Tätigkeiten ausschieden, die erhöhte Anforderungen an ein räumliches Sehen stellten. Des Weiteren müsse jeglicher Tätigkeit durch die ständige Kompensationsarbeit in Bezug auf die Stellungsanomalie der Augen anfallenden zusätzlichen Erschöpfung Rechnung getragen werden. Eine genauere Aussage, als dass der Pausenbedarf dem subjektiven Empfinden von der Klägerin anheimzustellen sei, könne nicht formuliert werden. Auf Veranlassung des Gerichts hat der Facharzt für Augenheilkunde M. die Klägerin am 11. Februar 2014 untersucht und abschließend am 12. März 2014 ein Gutachten erstellt. Er hat auf augenärztlichem Fachgebiet Weitsichtigkeit, Stabsichtigkeit, Alterssichtigkeit, ein Auswärtsschielen, einen schwankenden Sehwinkel, fehlendes räumliches Sehvermögen, eine Störung des beidäugigen Sehvermögens (Binokularstörung) sowie eine Benetzungsstörung diagnostiziert. Die Leistungsfähigkeit der Klägerin sei durch die Binokularstörung, die sich überwiegend in Form der funktionellen Einäugigkeit darstelle, eingeschränkt. Mit diesen Einschränkungen könne die Klägerin noch Tätigkeiten ausüben, die für Einäugige möglich seien. Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten sowie an sonst gefährdenden Arbeitsplätzen wie laufenden Maschinen sowie Tätigkeiten in Schicht- und Nachtdienst, als Akkordarbeit oder unter Zeitdruck seien, wenn visuelle Anforderungen an diese Tätigkeiten geknüpft seien, zu vermeiden. Tätigkeiten im Nahbereich mit dem Erfordernis der Stereopsis seien nicht zu leistbar. Diese Tätigkeiten könnten vollschichtig verrichtet werden, wobei Tätigkeiten am PC auf sechs Stunden zu begrenzen seien. Im Verhandlungstermin am 9. April 2014 hat das Gericht den Gutachter M. und den berufskundigen Sachverständigen M1 angehört, letzterer hat ausgeführt, der Klägerin stünden aufgrund ihrer Berufserfahrung im Bürobereich vor allem Einsatzmöglichkeiten im Empfang zur Verfügung. Dazu gehörten ein eingeschränkter Einsatz von Bildschirmtätigkeiten, einfache Bürotätigkeiten, die Erteilung von Auskünften, die Beantwortung von Schreiben sowie einfache Ablagetätigkeiten. Ebenso dürften der Klägerin einfache Geschäftsstellentätigkeiten möglich sein. Aus dem Bereich des allgemeinen Arbeitsmarkts sei die Klägerin z. B. noch in der Lage, Medikamente und Brillen zu verpacken. Kaufmännische Tätigkeiten stünden bundesweit sowohl Teilzeit als auch Vollzeit zur Verfügung, während die Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nur Vollzeit gegeben seien.
Im Verhandlungstermin am 12. Juni 2014 hat der Senat Dr. K. gehört. Im Gegensatz zu den Vorgutachtern vertrat er die Auffassung, dass die Klägerin nicht in der Lage sei, ein Auge durch Suppression vollständig abzuschalten. Sie sehe zwar keine Doppelbilder, aber nehme ein zweites Bild als störend wahr. Die Klägerin sei nur noch in der Lage, halbschichtig erwerbstätig zu sein, weil die asthenopischen Beschwerden und die relative Ermüdbarkeit so ausgeprägt seien, dass eine vollschichtige Erwerbstätigkeit nicht zu leisten sei. Dies gelte nicht nur für Bildschirmtätigkeiten, wie zunächst im Gutachten vom 28. März 2013 festgehalten, sondern auch für die sogenannten einfachen Pack- und Sortierarbeiten. Auf Befragen der Prozessbevollmächtigten der Klägerin hat Dr. K. erklärt, dass sowohl asthenopische Beschwerden als auch Schielen ein häufig vorkommendes Krankheitsbild darstellten, dies gelte jedoch nicht für die bei der Klägerin zugrundliegende Ursache der Beschwerden, nämlich die konsekutive Divergenz.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 18. Dezember 2008 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 1. Februar 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. November 2006 und des Bescheides vom 25. Oktober 2007 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 6. November 2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 29. November 2001 zurückzunehmen und der Klägerin über den 30. November 2000 hinaus Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise eine Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte weist darauf hin, dass die gutachterliche Äußerungen ihre bisherige Auffassung stützen würden und die Klägerin noch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt einsetzbar sei.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze der Beteiligten sowie auf den Inhalt der Prozessakten des Sozialgerichts S 42 RA 20/02, S 16 R 1596/06 und des Landessozialgerichts L 2 R 22/09 einschließlich der Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 1. Juli 2011, 4. November 2011, 17. August 2011, 9. April 2014 und 12. Juni 2014 sowie auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen, die dem Gericht bei den mündlichen Verhandlungen vorgelegen haben und zum Gegenstand der Entscheidung gemacht worden sind.
Entscheidungsgründe:
Der erkennende Senat konnte gemäß § 155 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Urteil der Berichterstatterin als Einzelrichterin entscheiden, da sich die Beteiligten zuvor hiermit einverstanden erklärt haben.
Die nach §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung ist auch im Übrigen zulässig, sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt. Sie ist jedoch unbegründet.
Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, im Wege einer Überprüfungsentscheidung, wie sie der Bescheid vom 1. Februar 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. November 2006 beinhaltet, den Bescheid vom 6. November 2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. November 2011 zurückzunehmen und der Klägerin eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit über den 30. November 2000 hinaus zu gewähren.
Gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) in der Fassung vom 18. Januar 2001 ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind.
Dass die Klägerin die gegen den ablehnenden Bescheid vom 6. November 2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. November 2011 gerichtete Klage vor dem Sozialgericht Hamburg (S 42 RA 20/02) in der mündlichen Verhandlung am 18. April 2005 zurückgenommen hat, steht der Anwendung des § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X nicht entgegen (a.A. Landessozialgericht Hamburg, Urteil vom 1. Februar 2007 – L 6 R 93/06: juris, Rieker SGb 2001, S. 65-66, offen gelassen: BSG, Urteil v. 12. Dezember 2013 – B 4 AS 17713 R, SozR 4-1500 § 192 Nr. 2). Soweit eine Klagerücknahme als Verzicht auf den Anspruch interpretiert wird, kann dem nicht gefolgt werden. Bei dieser Betrachtung würde durch die Klagerücknahme einer wegen Fristversäumung unzulässigen Anfechtungsklage eine Überprüfung nach § 44 SGB X ausgeschlossen. Aber auch darüber hinaus sind die Voraussetzungen für die Annahme eines Anspruchsverzichts im Fall einer Klagerücknahme zweifelhaft, wenn nicht weitere Tatsachen für einen Verzicht sprechen (vgl. Baumeister in: jurisPK-SGB X, § 44 SGB X Rn 35, 36).
Ob die Beklagte das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, beurteilt sich nach Sach- und Rechtslage, die bei Erlass des zu überprüfenden Bescheides zu beachten wäre (Schütze/von Wulffen SGB X, 8. Aufl. 2014 § 44 Rn 10 m.w.N. d. Rspr.). Maßgeblich für die Frage der Weitergewährung der Erwerbsunfähigkeitsrente Rente über den 30. November 2000 hinaus ist demnach die noch bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Vorschriften der §§ 43, 44 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) in der Fassung vom 24. März 1999 (a.F.).
Danach haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, wenn sie erwerbsunfähig sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (§ 44 Abs. 1 SGB VI a.F.). Nach Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 a.F. sind erwerbsunfähig Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das monatlich ein Siebtel der Bezugsgröße übersteigt. Erwerbsunfähig ist gemäß § 44 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB VI a.F. nicht, wer eine Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Die Klägerin erfüllt die genannten medizinischen Voraussetzungen jedoch nicht, da sie noch in der Lage ist, leichte bis zeitweilig mittelschwere Arbeiten durchschnittlicher geistiger Art mit durchschnittlicher Verantwortung im Gehen, Stehen oder Sitzen vollschichtig zu verrichten. Das Leistungsvermögen der Klägerin ist allein in qualitativer Hinsicht eingeschränkt. Auszuschließen sind Nachtschicht- und Akkordarbeiten sowie Arbeiten unter besonderem Zeitdruck, mit besonderer seelischer Belastung und überwiegendem Publikumsverkehr. Arbeiten ohne Witterungsschutz und unter Expositionen gegenüber Haut reizenden Substanzen, auf Leitern und Gerüsten und an sonst gefährdenden Arbeitsplätzen wie laufenden Maschinen können nicht geleistet werden. Bildschirmtätigkeiten sind auf sechs Stunden bei Nutzung einer arbeitsplatzbezogenen Brille täglich zu begrenzen. Tätigkeiten im Nahbereich mit dem Erfordernis der Stereopsis sind ungeeignet. Die Klägerin ist wegefähig und in der Lage, Hemmungen gegenüber einer Arbeitsleistung zu überwinden.
Dies entnimmt der Senat den vorliegenden medizinischen Ermittlungen, insbesondere den Ausführungen der Sachverständigen B., Prof. Dr. M2, M. und Dr. H1. Im Vordergrund bestehen Leistungseinschränkungen auf psychiatrischem Fachgebiet (hierzu zu 1.) und augenheilkundlichem Fachgebiet (hierzu zu 2.). Die zu den anderen Gesundheitsstörungen erhobenen Befunde sind nicht schwerwiegend und begründen für sich genommen und auch nicht in der Zusammenschau mit den weiteren Leistungseinschränkungen ein halbschichtiges oder gar aufgehobenes Leistungsvermögen, sondern sind mit genannten qualitativen Einschränkungen ausreichend berücksichtigt.
1. In der Untersuchung bei Prof. Dr. M2 klagte die Klägerin vorrangig über Kopfschmerzen, Sehstörungen und Schwindel sowie diverse Allergien und erst auf Nachfrage über Beeinträchtigungen depressiver Art. Sie zeigte keine Hinweise auf Störungen der Aufmerksamkeit, Auffassung, Konzentration, geistigen Flexibilität und des Gedächtnisses. Die Stimmung wurde durch eine subdepressive Bedrücktheit dominiert, es war eine allenfalls punktuelle Angespanntheit festzustellen; die Klägerin erwies sich als eindeutig aufheiterbar. Des weiteren war eine erhebliche Denkeinengung auf diverse körperliche Beeinträchtigungen sowie den Rechtsstreit zu beobachten. Der neurologische Befund war unauffällig. Prof. Dr. M2 hat hieraus für den Senat überzeugend und nachvollziehbar abgeleitet, dass es sich bei den Gesundheitsstörungen der Klägerin um eine depressive Störung im Sinne einer Dysthymie mit Bedrücktheit in Verbindung mit einer emotionalen Labilität, Freudlosigkeit und Grübelneigung handelt, über die hinaus Spannungskopfschmerzen, Migräne und wahrscheinlich auch arzneimittel- induzierte Kopfschmerzen bestehen und bei denen eine vollschichtige Erwerbstätigkeit unter den bereits genannten Einschränkungen und nicht nur noch auf Kosten der Gesundheit oder unter großen glaubhaften Schmerzen möglich ist. Diese Einschätzung des klägerischen Leistungsvermögens steht auch im Einklang mit der Leistungsbeurteilung durch die Sachverständige B ... Unter Beschreibung eines ähnlichen psychopathologischen Befundes mit subdepressiver Verstimmtheit, uneingeschränkter affektiver Schwingungsfähigkeit und fehlender Antriebsminderung bei gut strukturiertem Tagesablauf ist auch sie zu dem Ergebnis gekommen, dass die Klägerin noch in der Lage ist, vollschichtig mit den beschriebenen weiteren qualitativen Leistungseinschränkungen tätig zu sein.
Es bestehen auch keine gravierenden Widersprüche zu den Leistungsbeurteilungen der Vorgutachten in den Rentenverfahren. Es ist nicht zu übersehen, dass bereits die ursprüngliche nervenärztliche Begutachtung durch Dr. G1 auf einem spärlichen psychopathologischem Befund beruhte und die Empfehlung für die Gewährung einer zeitlich befristeten Rente für zwei Jahre in der falschen Annahme erfolgte, dass bereits vor 1997 eine Rente gewährt worden sei. Dass Dr. G1 das Leistungsvermögen damals als aufgehoben ansah, ist vor diesem Hintergrund nicht nachvollziehbar. Dr. L. beschrieb die Klägerin im Jahr 1999 stimmungsmäßig als gedrückt mit auffallender Somatisierungsneigung; sah zwar eine unterhalbschichtige Belastbarkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt als gegeben an, aber empfahl, die Rente allenfalls um weitere sechs Monate zu verlängern. Auch ergeben sich aus dem Entlassungsbericht der von der Klägerin durchgeführten psychosomatischen Kur in B1 vom 9. Mai bis zum 27. Juni 2000 weder aus dem beschriebenen Verhalten der Klägerin, die an den verordneten Maßnahmen nur eingeschränkt teilgenommen hatte, noch aus dem psychopathologischem Befund Hinweise für eine schwere depressive Erkrankung. Die Leistungseinschätzung von Prof. Dr. M2 wird auch durch das durch die Beklagte eingeholte Gutachten von Dr. A. bestätigt. Diese beschrieb die Klägerin in ihrem Gutachten als verhalten, matt wirkend, zurückgezogen und versagend bei subdepressiver Stimmungslage, den Tagesablauf als gut strukturiert mit Beschäftigungen, sozialen Kontakten und Besuch von Veranstaltungen und hielt die Klägerin gleichfalls noch für in der Lage, sechs Stunden und mehr leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne besondere Anforderungen an das Konzentrationsvermögen, ohne Publikumsverkehr und ohne besondere Verantwortung auszuüben.
Auch aus den weiteren medizinischen Unterlagen ergibt sich nichts anderes. Der Befundbericht des Diplom-Psychologen H. vom 25. Oktober 2007, der eine schwere depressive Symptomatik beschreibt, ist wegen der wenigen psycho-pathologischen Angaben unergiebig und daher nicht geeignet, ein aufgehobenes Leistungsvermögen zu begründen. Gleiches gilt für den Befundbericht des Neurologen und Psychiaters Dr. E1, der außer der Darlegung einer Erschöpfung und einer Depression keine weiteren Befunde erhoben hat. Dass es wegen des Zeitablaufs zu Veränderungen des psychopathologischen Befundes seit der letzten gutachterlichen Untersuchung durch Prof. Dr. M2 gekommen ist, ist weder vorgetragen noch ist dieses wegen des sich durch die Aktenlage ziehenden relativen konstanten Befundes erkennbar. Somit liegen tatsächliche Anhaltspunkte für eine wesentliche Veränderung des Gesundheitszustandes der Klägerin nicht vor.
2. Nach dem augenärztlichen Gutachten des Sachverständigen M. vom 12. März 2013 beträgt die Sehschärfe in der Ferne mit eigener Brille mit bester Korrektur rechts 0,5 und links 0,4; die Sehschärfe in der Nähe mit eigener Brille rechts 0,6 und links 0,6. Weiter legt der Gutachter im Rahmen der Prüfung der Augenbeweglichkeit dar, dass bei einer Exostellung des linken Auges die Fixation auf dem linken Auge gehalten werden kann, jedoch die für die Nähe gefundenen schwankenden Schielwinkelverhältnisse im Vergleich zur Ferne auffällig seien. Der Titmustest zur Feststellung von Stereoopsis war negativ, im Bagolinitest zeigte sich in der Ferne links eine Suppression, in der Nähe war Binokularsehen spontan positiv, dekompensierte aber schnell bis zur Suppression des linken Auges. Ein Parallelstand der Augen konnte einmalig kurz für die Nähe gefunden werden, war aber in der Untersuchung auch bei mehrfacher Testung nicht reproduzierbar. Aus diesen Untersuchungsergebnissen hat der Sachverständige M. - neben der Weitsichtigkeit, Stabsichtigkeit und der Alterssichtigkeit – die Diagnose eines Auswärtsschielens mit größerem Fern- als Nahwinkel, bei schwankendem Nahwinkel gestellt. Hieraus hat er schlüssig gefolgert, dass diese Sehstörungen zu den bei der Klägerin bestehenden asthenopischen Beschwerden und die leichte Ermüdbarkeit führen, die sich durch das sporadisch und nicht regelmäßig auftretende, mithin subnormale Binokularsehen gut erklären lassen. Der Sachverständige M. hat daraus nachvollziehbar und für den Senat überzeugend abgeleitet, dass die Leistungsfähigkeit der Klägerin auf augenärztlichen Fachgebiet durch die Binokularstörung, die sich überwiegend in Form der funktionellen Einäugigkeit darstellt, eingeschränkt ist. Ihr Leistungsvermögen ist aber nicht soweit eingeschränkt, dass sie nicht mehr vollschichtig etwa noch leichte Büro- oder Montier- und Sortiertätigkeiten verrichten kann (vgl. BSG, Beschluss vom 19. Dezember 1996 – GS 2/95 –, SozR 3-2600 § 44 Nr 8). Denn hierzu hat der berufskundige Sachverständige Meinhard überzeugend ausgeführt, dass der Klägerin mit dem vom Sachverständigen M. beschriebenen Leistungsvermögens aufgrund ihrer Berufserfahrung im Bürobereich vor allem Einsatzmöglichkeiten im Empfang zur Verfügung stehen, bei der einfache Bürotätigkeiten, das Erteilen von Auskünften, die Beantwortung von Schreiben, als auch einfache Ablagetätigkeiten auszuführen sind. Bei diesen Tätigkeiten steht der Publikumsverkehr nicht derartig im Vordergrund, dass er aufgrund der damit verbundenen Stressbelastung von der Klägerin nicht mehr erbracht werden kann. Des Weiteren ist die Klägerin aus dem weiten Bereich der Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes noch in der Lage Medikamente umzupacken und Brillen zu verpacken. Im Hinblick darauf, dass nach der Leistungsbeurteilung der gerichtlichen Sachverständigen für solche Tätigkeiten keine relevanten Einschränkungen bestanden und bestehen, konnte und kann die Klägerin auch noch derart einfache Arbeiten nach einer Zeit der Einarbeitung bis zu drei Monaten vollwertig verrichten.
Dieses Ergebnis wurde auch aus augenärztlicher Sicht durch Dr. H1 bestätigt. Bei der Untersuchung am 12. November 2011 stellte dieser bei der Klägerin gleichfalls einen schwankenden primären Schielwinkel fest und konnte keine Stereopsis nachweisen. Neben den asthenopischen Beschwerden auf dem Boden eines subnormalen Binokularsehens bei Mikroexotopie, Fusionsbeschwerden, stellte er eine diskrete Augentrockenheit fest. Zwar begründete er die asthenopischen Beschwerden der Klägerin im Gegensatz zu dem Sachverständigen M. mit Fusionsbeschwerden durch nicht angepasste Vergenzbewegungen, kam indes gleichfalls zu keiner Einschränkung des qualitativen Leistungsvermögens für Tätigkeiten außerhalb eines Nahbereiches von 30 cm. Übereinstimmend mit dem Sachverständigen M. hat er Einschränkungen in zeitlicher Hinsicht für Bildschirmtätigkeiten auf sechs Stunden täglich angenommen. Unter Hinweis darauf, dass durch Vernebelung eines Auges eine gute Besserung und oft ein unbeeinträchtigter weiterer Arbeitseinsatz erreicht werden könne, ist er nachvollziehbar zu dem Ergebnis gelangt, dass diese Arbeitsleistung auch ohne die von ihm zur Behandlung der Binokularstörung empfohlene Behandlung erbracht werden kann.
Die hiervon abweichende Leistungseinschätzung des die Klägerin behandelnden Arztes Dr. K. vom Universitätsklinikum Kiel konnte den Senat nicht überzeugen. Dieser stellt insoweit im Wesentlichen darauf ab, dass die Klägerin weder über eine sichere binokulare Sehleistung, noch über die Möglichkeit einer dauerhaften Suppression eines Auges verfüge. Dies führe zu Doppelbildwahrnehmung und asthenopische Beschwerden sowie zu relativer Ermüdbarkeit durch ständige Kompensationsversuche. Im Unterschied zu den Vorgutachtern M., Dr. H1 und Dr. N2 stellte er bei seinen Untersuchungen durch das Erkennen der Klägerin der Titmusfliege ein räumliches Sehen fest und schließt daraus, dass die Klägerin nicht in der Lage sei, ein Auge durch Suppression dauerhaft auszuschalten. Obwohl wegen des nicht nachweisbaren räumlichen Sehens in den zweimaligen Untersuchungen durch Dr. M., den Untersuchungen bei Dr. H1 und Dr. N2 , als auch dem fehlenden Nachweisen für räumliches Sehen bei Dr. C. und im U. Zweifel daran bestehen, dass ein räumliches Sehen bei der Klägerin vorhanden ist, zumal diese Beurteilung auch von den subjektiven Angaben der Klägerin abhängt, kann diese Frage letztlich offen bleiben. Denn der Gutachter M. hat hierzu überzeugend ausgeführt, dass sich durch die unterschiedliche Beurteilung der Gründe für die Binoluarstörung der Klägerin keine Unterschiede für das zu beurteilende Leistungsvermögen der Klägerin ergeben. Denn in der Sache nach bestätigen alle Gutachter, dass das nur kurzzeitige auftretende Binokularsehen der Klägerin zwar als störend empfunden werde und zu asthenopischen Beschwerden führe. Wegen des nur sporadisch auftretenden Binokularsehens sind diese aber nicht so manifest, als dass sich hieraus ein halbschichtiges Leistungsvermögen herleiten lässt. Diese Einschätzung des klägerischen Leistungsvermögens steht auch im Einklang mit den von der Klägerin angegebenen Hobbies wie Handarbeiten und Puzzeln, die ein noch viel höheres Sehvermögen voraussetzen, als die von dem Sachverständigen M1 beschriebenen einfachen Packarbeiten.
Dr. K. kann im Übrigen seine Auffassung zum quantitativen Leistungsvermögen der Klägerin auch insgesamt nicht plausibel begründen. Anders als Dr. M., der erklären konnte, dass bei überwiegender funktioneller Einäugigkeit grundsätzlich von einem vollschichtigen Leistungsvermögen auszugehen sei, ist Dr. K. in seinen Ausführungen hierzu insgesamt vage geblieben. In seinem Gutachten vom 23. März 2013 legt er dar, dass der zeitliche Umfang der gesundheitlichen zumutbaren Arbeiten nur schwer zu bemessen sei. Auch seine ergänzende Stellungnahme vom 27. September 2013 lässt eine präzise Aussage zum qualitativen Leistungsvermögen vermissen. Vor dem Hintergrund, dass Sehen am Bildschirm eine monotone Belastung für das visuelle System darstellt, weil keine oder nur geringe Abwechslung der Fixation der Augen vorliegt, die einem natürlichen Sehvorgang entsprechen (Rundnagel, Bb 2011, 486-489), hat er in seinem Gutachten vom 23. März 2013 für den Senat zunächst überzeugend dargelegt, dass die Leistungsfähigkeit der Klägerin für Bildschirmtätigkeiten zeitlich auf eine halbschichtige Tätigkeit einzuschränken sei. Mit dieser Einschätzung befindet er sich auch in überwiegender Übereinstimmung mit den Vorgutachtern. Dass er das Leistungsvermögen der Klägerin erstmalig in der mündlichen Verhandlung am 12. Juni 2014 aber auch für einfache Packarbeiten eingeschränkt sehen will, ist im Hinblick auf die bereits benannten unterschiedlichen Anforderungen an das Sehen nicht ausreichend begründet. Allein aus den von den Vorgutachtern abweichenden Auffassungen zu den Ursachen der asthenopischen Beschwerden und den sich hieraus ergebenden unterschiedlichen Behandlungsregimen (weitere operative Korrektur des Schielens oder Verneblung) lässt sich ein halbschichtiges Leistungsvermögen der Klägerin nicht ableiten. Durchgreifende Einwendungen gegen die Leistungsbeurteilungen der gerichtlichen Sachverständigengutachten von Dr. H1 und M. hat Dr. K. nicht aufzuzeigen vermocht. Allein der Umstand, dass die konsekutive Divergenz eine seltene Sehstörung darstelle, vermag kein halbschichtiges oder gar aufgehobenes Leistungsvermögen zu begründen.
Auch Frau Dr. N2 konnte aus den bei der Klägerin bestehenden asthenopischen Beschwerden die Herleitung eines nur halbschichtigen Leistungsvermögens nicht schlüssig, d.h. sich auf die einzelne Funktionseinschränkung der Augen beziehend, begründen. Ein nur noch halbschichtiges Leistungsvermögen ist hier unter Beachtung des erforderlichen strengen Maßstabes (vgl. BSG, Urteil vom 1. Juli 1964 - 11/1 RA 158/61, SozR Nr. 39 zu § 1246 RVO) nicht mit dem notwendigen Vollbeweis nachgewiesen.
Darauf, ob der Klägerin einen ihrem verbliebenen Leistungsvermögen entsprechenden Arbeitsplatz tatsächlich erhalten konnte oder erhält, kommt es nicht an. Denn die jeweilige Arbeitsmarktlage, die für leistungsgeminderte Arbeitnehmer - wie die Klägerin - kaum entsprechende Arbeitsplatzangebote zur Verfügung stellte bzw. stellt, ist für die Feststellung von voller bzw. teilweiser Erwerbsunfähigkeit - wie der Gesetzgeber nunmehr ausdrücklich klargestellt hat - unerheblich (vgl. § 43 Abs. 3 Halbsatz 2, § 240 Abs. 2 Satz 4 Halbsatz 2 SGB VI).
Die Kostenentscheidung beruht, dem Ausgang des Verfahrens folgend, auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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HAM
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