S 12 KA 284/13

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 284/13
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 55/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
Leitsätze
1. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts können Vereinbarungen über die Höhe der Gesamtvergütung im Honorarrechtsstreit zwischen Vertragsarzt und Kassenärztliche Vereinigung weder unmittelbar noch inzident überprüft werden. Soweit hieraus abgeleitet eine unzureichende Vergütung geltend gemacht wird, findet eine Überprüfung nur im Rahmen einer „angemessenen Honorierung“ statt (vgl. BSG, Urt. v. 31.08.2005 - B 6 KA 6/04 R - BSGE 95, 86 = SozR 4-2500 § 85 Nr. 21 = GesR 2006, 165 = MedR 2006, 441 = SGb 2006, 493 = USK 2005-121).
2. Eine Quotierung strahlentherapeutischer Leistungen im Quartal II/11 war zulässig.
Bemerkung
und S 12 KA 285 - 287/13
1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.

3. Der Streitwert wird für das Verfahren mit Az.: S 12 KA 284/13 auf 5.000,00 Euro, das Verfahren mit Az.: S 12 KA 285/13 auf 5.000,00 Euro, das Verfahren mit Az.: S 12 KA 286/13 auf 5.000,00 Euro und das Verfahren mit Az.: S 12 KA 287/13 auf 45.401,02 Euro festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Honorarbescheide und um eine Sonderregelung bzgl. der Regelleistungsvolumina und qualifikationsgebundenen Zusatzvolumina sowie um Rückforderungsbescheide für die Quartale I und II/11.

Die Klägerin ist ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) in der Rechtsform einer GmbH mit 22 Ärzten - drei Fachärzten für Nuklearmedizin, vier Fachärzten für Neurochirurgie, einem Facharzt für Radiologie, fünf Fachärzten für Pathologie, einem Facharzt für Pathologie und Facharzt für Neuropathologie, zwei Fachärztinnen für Frauenheilkunde und Geburtshilfe (beide ab 01.04.2011), zwei Fachärzten für Laboratoriumsmedizin und vier Fachärzten für Strahlentherapie - mit Praxissitz in A Stadt.

Mit Bescheid vom 30.11.2010 setzte die Beklagte das Regelleistungsvolumen und die qualifikationsbedingten Zusatzvolumina für das Quartal I/11 in Höhe von insgesamt 166.617,48 Euro fest.

Hiergegen legte die Klägerin am 20.12.2012 Widerspruch ein, weil die Fallzahlen von Herrn Dr. A1, Herrn Dr. A2 und Frau Dr. A3 nicht mit den im Quartal I/10 abgerechneten Fallzahlen übereinstimmten. Die RLV-Fallwerte von Herrn Dr. A1 und Frau Dr. A3 stimmten nicht mit den Werten im Bescheid vom 29.09.2010 überein.

Die Klägerin beantragte unter Datum vom 15.12.2010 für Frau Dr. A4 und Herrn A5 eine Erhöhung der RLV-Fallzahl, da wegen eines IT-Fehlers im Quartal I/10 nur zwei bzw. drei Fälle abgerechnet worden seien. Sie bitte um die Durchschnittswerte für die Quartale IV/09 bis III/10 bzw. um die Fallzahlen von 203 und 238 Fällen.

Mit Bescheid vom 01.03.2011 setzte die Beklagte das Regelleistungsvolumen und die qualifikationsbedingten Zusatzvolumina für das Quartal II/11 in Höhe von insgesamt 168.503,54 Euro fest, das sie mit Bescheid vom 31.03.2011 wegen Strukturänderungen der Praxis auf 189.804,59 Euro erhöhte.

Hiergegen legte die Klägerin am 10.03.2011 Widerspruch ein, weil die Fallzahlen von Herrn Dr. A1, Herrn Dr. A2, Frau Dr. A4, Herrn Dr. A5 und Frau Dr. A3 nicht mit den im Quartal II/10 abgerechneten Fallzahlen übereinstimmten. Die RLV-Fallwerte von Herrn Dr. A1 und Frau Dr. A3 stimmten nicht mit den Werten im Bescheid vom 29.09.2010 überein.

Ferner beantragte die Klägerin unter Datum vom 07.04.2011 eine Erhöhung des Regelleistungsvolumens für die zwei Fachärztinnen für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, da sie die Leistungen nach Nr. 01510 bis 01512, 01520, 02101, 02110, 02111 und 02310 erbrächten und das Regelleistungsvolumens hierfür nicht im Mindesten ausreiche. Die Klägerin beantragte unter Datum vom 10.05.2011 für Herrn Dr. A2 verschiedene qualifikationsbedingte Zusatzvolumina für das Quartal I/11 und das QZV "Mammographie und Mamma-Sonographie" für das Quartal II/11. Die Klägerin beantragte unter Datum vom 17.05.2011 für Frau Dr. A3 wegen des Einsatzes der einzigen Spect-fähigen Gamma-Kamera in A-Stadt und Umgebung eine Erhöhung des RLV-Fallwerts.

Die Beklagte fasste die Widersprüche und Antragsvorbringen für die Quartale III/10 bis IV/11 zusammen und half ihnen mit Bescheid vom 21.12.2011 insoweit ab, als sie Herrn Dr. A2 zusätzlich zu den bereits erteilten QZV Teilradiologie, MRT sowie CT für die Quartale ab II/11 das QZV Sonographie I, Frau A6 für die Quartale II bis IV/11 einen RLV-Fallwert von 42,24 Euro und Frau Dr. A7 für die Quartale II bis IV/11 einen RLV-Fallwert von 52,29 Euro zuerkannte. Mit Schreiben vom 01.02.2012 setzte die Beklagte hieraus resultierend eine weitere Vergütung in Höhe von 27.806,27 Euro für das Quartal II/11 fest.

Gegen den Bescheid vom 21.12.2011 legte die Klägerin unter Datum vom 27.12.2011 Widerspruch ein, den sie nicht näher begründete.

Die Beklagte setzte in den streitbefangenen Quartalen das Honorar der Klägerin durch Honorarbescheid, wogegen die Klägerin jeweils Widerspruch einlegte, wie folgt fest:

Quartal I/11 II/11
Honorarbescheid vom 24.06.2011 04.10.2011
Widerspruch eingelegt am 15.12.2011 27.02.2012
Nettohonorar gesamt in EUR 968.551,64 888.279,54
Bruttohonorar PK + EK in EUR 974.070,04 867.812,91
Fallzahl PK + EK 6.624 6.146
Honoraranteile PK + EK
Regelleistungsvolumen in EUR 55.306,99 87.993,62
QZV 106.625,83 96.450,23
Quotiertes Regelleistungsvolumen/QZV in EUR 2.221,29 3.973,67
Freie Leistungen in EUR 0 0
Übrige Leistungen innerhalb der morbiditätsbedingen Gesamtvergütung (MGV) 198.958,07 168.861,26
Leistungen außerhalb der morbiditätsbedingen Gesamtvergütung (AMG) 610.957,86 530.534,13

Honorar Dr. A8
Bruttohonorar in EUR 5.149,50 -
Arztfälle 329 -

Mit der Übersendung der Honorarunterlagen für das Quartal I/11 wies die Beklagte darauf hin, dass die Honorarverhandlungen mit den Krankenkassen noch nicht abgeschlossen seien. Die Leistungen außerhalb der morbiditätsbedingen Gesamtvergütung (AMG) würden nunmehr budgetiert werden. Für die Strahlentherapie habe das Schiedsamt ein Ausgabenvolumen von 2010 + 2 % beschlossen, was sie im Honorarbescheid noch nicht habe berücksichtigen können. Die Quotierung betrage 88,5068 % (brutto). Zuviel gezahltes Honorar werde sie mit der Restzahlung III/11 verrechnen. Einen entsprechenden Hinweis erteilte sie für das Quartal II/11.

Zur Begründung ihres Widerspruchs für das Quartal I/11 verwies die Klägerin auf ihren Widerspruch gegen den RLV-Bescheid für das Quartal I/11 sowie auf ein Schreiben vom 23.11.2010. Ferner führte sie aus, sie wende sie sich gegen die Quotierung der Strahlentherapie. Das Schiedsamt habe das Ausgabenvolumen auf 2010 + 2 % begrenzt, was sie deutlich unterschritten habe. Die Quotierung habe betriebsstättenbezogen zu erfolgen. Zur Begründung für das Quartal II/11 führte sie aus, sie widerspreche der 4. und 5. Rate der Rückforderung AGR 2.05-4.06 laut Tilgungsplan vom 07.10. Eine entsprechende Rückforderung sei ihr nicht bekannt, auch liege ihr keine Tilgungsvereinbarung vor. Ferner wende sie sich gegen die Quotierungsregelungen, insb. in den Fachbereichen Laboratoriumsmedizin, Pathologie und Strahlentherapie.

Mit Bescheiden vom 29.11.2011 und 01.02.2012 setzte die Beklagte aufgrund der Quotierung im Bereich Strahlentherapie Rückforderungsbeträge in Höhe von 47.031,05 Euro und 45.401,02 Euro fest. Zur Begründung gab sie an, in der Abrechnung des Quartals I bzw. II/11 sei der Leistungsbereich "Strahlentherapie" mit einer Quote von 100,00 % und 73,672 % (brutto) bzw. 95,00 % und 69,988 % (netto) und im Quartal II/11 der Leistungsbereich "Strahlentherapie-Kostenpauschale" mit einer Quote von 100,00 (brutto) bzw. 95,00 % (netto) vergütet worden. Aufgrund der Schiedsamtsentscheidung seien die Bereiche nunmehr quotiert 88,50675 %/74,82807 % brutto bzw. 84,08141 %/71,08667 netto) zu vergüten.

Hiergegen legte die Klägerin am 15.12.2011 und 27.02.2012 Widerspruch ein. Der Schiedsspruch sei falsch. Auch habe sie das Budget nicht überschritten. Es fehle auch an einer Umsetzung der "Deckelung" durch die Gesamtvertragsparteien. Zwei Institute hätten im Jahr 2010 Leistungen auf der Grundlage des § 116b SGB V erbracht, 2011 seien sie als MVZ zugelassen worden und rechneten über die Beklagte ab. Es liege deshalb keine medizinisch nicht begründete Ausgabensteigerung vor. Eine Regelung hätte nach § 87d Abs. 4 Satz 1 SGB V bis Ende 2010 erfolgen müssen, was aber in Hessen nicht geschehen sei. Es fehle auch an einer Rechtsgrundlage, da es noch keinen Honorarvertrag 2011 gebe. Der Schiedsspruch müsse noch umgesetzt werden. Der Schiedsspruch sei nicht öffentlich bekanntgemacht worden. Wie die Quotierung ermittelt worden sei, lasse sich den Bescheiden nicht entnehmen. Dies sei ein Begründungsmangel. Eine nachträgliche Regelung sei unzulässig.

Mit Bescheid vom 16.07.2012 hob die Beklagte für das Quartal I//11 die Quotierung auf und setzte eine vollständige Rückvergütung fest.

Die Beklagte verband alle Widerspruchsverfahren und wies mit Widerspruchsbescheid vom 13.03.2013 alle Widersprüche als unbegründet zurück. Die Beklagte erläuterte zur Begründung die gesetzlichen Vorgaben sowie die Vorgaben des Bewertungsausschusses und des Honorarverteilungsvertrags. Weiter führte sie aus, bzgl. der QZV für Herrn Dr. A2, Facharzt für Radiologie, dass Leistungen aus dem Bereich des QZV 31 (Sonographie III) und QZV 45 (Kurative Mammographie) trotz einer Genehmigung in den Quartalen I und II/11 nicht abgerechnet worden seien, weshalb diese QZV nicht hätten zugewiesen werden können. Das QZV 41 (Teilradiologie), QZV 57 (Osteodensitometrie), QZV 60 (MRT), QZV 61 (MRT-Angiographie) und QZV 62 (CT) sei bereits mit den RLV-Zuweisungsbescheiden zugeteilt worden. Herr Dr. A2 rechne als einziger Arzt die QZV 41 und 62 ab und überschreite diese um mehr als 20 %. Eine Praxisbesonderheit könne jedoch nicht anerkannt werden, da sämtliche Leistungen dieser QZV als Kernleistungen anzusehen seien, da sie die Hälfte der Praxen in der Arztgruppe des Dr. A2 auch durchführten. Eine Praxisbesonderheit für den Bereich der Sonographie könne ebenfalls nicht anerkannt werden. Das QZV 21 (Sonographie I) werde von Herrn Dr. A1 und Frau MUDr. A3, beides Fachärzte für Nuklearmedizin, abgerechnet. Eine Sonderregelung komme aber nicht in Betracht, weil das QZV von beiden Ärzten nicht um mind. 20 % überschritten werde. Für die beiden Fachärztinnen für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Frau A6 und Frau Dr. A7, habe sich auf Grund der Praxisbesonderheit onkologische Gynäkologie den RLV-Fallwert, der in ihrer Arztgruppe 15,28 Euro betrage, auf Grund der besonderen Leistungen nach Nr. 01510 bis 01511 und 02101 und 02302 EBM entsprechend erhöht. Soweit die Klägerin die ermittelten RLV-Fallzahlen für einzelne Ärzte gerügt habe, habe sie bereits im Antragsbescheid ausgeführt, dass sich die RLV-Fälle und die QZV-Fälle aus dem Verhältnis des arztindividuellen Anteils an der Arztfallzahl der Praxis multipliziert mit den RLV-Behandlungsfallzahlen ermittelten. Danach hätten sich die bereits in den RLV-Zuweisungsbescheiden zugesprochenen RLV-relevanten Fälle ergeben. Für das Quartal I/11 werde das RLV und die QZV um 23.672,59 Euro überschritten. Dieser Betrag sei mit einer abgestaffelten Quote vergütet worden. Unterschreitungen habe sie mit Überschreitungen verrechnet. Im Quartal II/11 sei die Zuweisung nicht überschritten worden. Eine Beschwer liege hier nicht vor. Hinsichtlich der Quotierung der Leistungen der Strahlentherapie weise sie darauf hin, dass die Leistungen für das Quartal I/11 zu 100 % vergütet worden seien, weshalb sie den Rückforderungsbetrag in Höhe von 74.031,05 Euro wieder der Klägerin gutgeschrieben habe. Eine Beschwer liege für das Quartal I/11 somit nicht mehr vor. Hinsichtlich des Quartals II/11 weise sie auf § 87d Abs. 4 SGB IV hin. Hier habe der Gesetzgeber vorgegeben, dass der Ausgabenzuwachs der extrabudgetären Leistungen durch schiedsamtsfähige vertragliche Regelungen zu begrenzen sei. Bei der Frist bis zum 31.12.2010 handele es sich um eine bloße Ordnungsfrist. Bei vertragslosem Verstreichen der Frist sei das Schiedsamt einzuschalten. Am 08.08.2011 habe das Landesschiedsamt für die vertragsärztliche Versorgung in Hessen den Inhalt des Honorarvertrages 2011 festgesetzt. Es habe für die bislang außerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung finanzierten Leistungen der Methadonsubstitution, der fototherapeutischen Keratektomie, der Sozialpsychiatrie und der künstlichen Befruchtung sowie für belegärztliche Leistungen und ambulante Operationen jeweils einschließlich Begleitleistungen einer Ausgabenbegrenzung in Höhe von 0,9 % bezogen auf das Ausgabenvolumen des Jahres 2010 für diese Leistungen festgesetzt. Lediglich für Leistungen der Strahlentherapie sei abweichend davon eine Marge in Höhe von +2,0 % festgelegt worden. Die Entscheidung des Schiedsamtes sei bestandskräftig geworden und für die Vertragsparteien bindend. Der Honorarverteilungsvertrag 2011, mit dem die Schiedsamtsentscheidung umgesetzt worden sei, sei im Info.doc 4/2012 veröffentlicht worden. Damit den Krankenkassen zunächst kein einheitlicher Weg zur AMG-Budgetierung habe vereinbart werden können, habe sie die Honorarunterlagen der Quartale I und II/11 und dem Vorbehalt der abschließenden Einigung versandt. Auf der Grundlage des Ausgabenvolumens des Jahres 2010 habe sie eine Quotierung vorgenommen. Je nach zugestandener Volumensteigerung seien die betroffenen AMG-Leistungen zwei Leistungsbereiche zugeordnet worden. Innerhalb des Quartals sei zudem zwischen den Leistungsbereichen mit 0,9 % Steigerung eine Verrechnung von Budgetunterschreitungen mit überschreitungen vorgenommen worden. Zudem seien auch quartalsübergreifend getrennt nach den beiden Leistungsbereichen im Jahr 2011 Überschreitungen mit Unterschreitungen verrechnet worden. Das erneut angerufene Schiedsamt habe die von ihr praktizierte AMG-Budgetierung bestätigt. In dem am 14.05.2012 abgeschlossenen und in info.doc 4/2012 – September 2012 veröffentlichten Honorarverteilungsvertrag 2011 sei dies dann umgesetzt worden (Abschnitt II Ziff. 1.1 HVV). Bei der nachträglichen Vereinbarung handele es sich lediglich um eine unechte Rückwirkung. Die Honorarabrechnung sei nicht abgeschlossen gewesen, da sie diese unter dem Vorbehalt der abschließenden Einigung des Honorarverteilungsvertrages 2011 erstellt und dies auch mitgeteilt habe. Die blockierte Vergütung der Leistungsbereiche Pathologie und Laboratoriumsmedizin beruhe auf der Regelung des Al 100 nach dem HVV. Hierbei würden die im aktuellen Quartal abgerechneten Vorwegleistungen den Beträgen gegenübergestellt, die für diese Leistungen von der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung (MGV) zurückgestellt worden seien. Die Leistungsbereiche, für die Rückstellungen gebildet würden, ergäben sich aus Abschnitt II Ziff. 2.5 HVV. Weiterhin unterlägen in den Quartalen I und II/11 auch Leistungen dem Al 100, die aus den QZV herausgenommen worden und als freie Leistungen vergütet worden seien. Die Höhe der Rückstellungen ergebe sich durch die Bewertung der anerkannten Leistungsmengen im jeweiligen Vorjahresquartal, erhöht und evtl. Anpassungsfaktoren und multipliziert mit dem Orientierungspunktwert in Höhe 0,035048 Euro. Überschreiteten danach die aktuelle Anforderung der Vorwegleistungen aus einem Rückstellungsbereich den vorhandenen Rückstellungsbetrag (100 %), so würden diese einheitlich quotiert vergütet werden. Die Höhe der Quote ergebe sich aus dem Verhältnis des Überschreitungsbetrages zum Rückstellungsbetrag und könne der jeweiligen Arztrechnung entnommen werden. Die Anforderungen für Weckleistungen hätten in beiden streitbefangenen Quartalen die Rückstellungen im Bereich der Laborpauschalen laborkostengemäß Kapitel 32 EBM sowie in weiteren Leistungsbereichen, wozu auch der Bereich Pathologie gehöre, überschritten. Deshalb sei eine quotierte Vergütung erfolgt, wobei der "Wirtschaftlichkeitsbonus" nach Nr. 32001 EBM von einer Quotierung ausgenommen worden sei. Dies entspreche den Vorgaben des Bewertungsausschusses. Der "Wirtschaftlichkeitsbonus" sei korrekt berechnet worden und sei bei den Ärzten, die den "Wirtschaftlichkeitsbonus" abrechnen könnten, in voller Höhe zur Auszahlung gekommen. Hinsichtlich der nachträglichen Abrechnungskorrektur für Dr. A8 sei ein Ausnahmefall, der voraussetze, dass der sich ergebende Korrekturbedarf nicht den Ärzten angelastet werden könne, nicht gegeben. Der Antrag sei nicht innerhalb der Frist von 6 Wochen erfolgt. Ein Fehler in der Abrechnungssoftware liege im Verantwortungsbereich der Klägerin. Soweit sie die vierte und fünfte Rate der Rückforderung AGR 2.05-4.06 lt. Tilgungsvereinbarung vom 07.10. widerspreche, weise sie darauf hin, dass sie der Klägerin mit Schreiben vom 13.04.2012 mitgeteilt habe, dass die Ratenzahlungen sowie Umbuchungen irrtümlicherweise auf dem Honorarkonto II und III/11 vorgenommen worden sei und sie deshalb den Gesamtbetrag in Höhe von 1.022,10 Euro im Honorarkonto IV/11 wieder gutgeschrieben habe. Ein Beschwer liege damit nicht mehr vor.

Die Honorarbescheide seien auch im Übrigen rechtmäßig, insbesondere seinen keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der jeweilige Gesamthonoraranspruch nicht ordnungsgemäß ermittelt worden sei.

Hiergegen hat die Klägerin am 15.04.2013 die Klage zum Az.: S 12 KA 284/13 erhoben. Die Kammer hat mit Beschluss vom 19.04.2013 die Verfahren bzgl. des Quartals II/11 unter dem Az.: S 12 KA 285/13 und bzgl. der Rückforderungsbescheide für die Quartale I/11 und II/11 unter den Az.: S 12 KA 286 und 287/13 abgetrennt. Eine Klagebegründung hat die Klägerin trotz Erinnerung der Kammer nicht zur Gerichtsakte gereicht.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Honorarbescheide für die Quartale I und II/11, den Bescheid vom 21.12.2011 bzgl. einer Sonderregelung zu den RLV und QZV und die Rückforderungsbescheide aufgrund der Quotierung im Bereich Strahlentherapie vom 29.11.2011 und 01.02.2012, alle in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.03.2013 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, sie über ihre Honoraransprüche und ihre Anträge auf eine Sonderregelung für die RLV und QZV für die Quartale I und II/11 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Die Beklagte hat bisher keinen Antrag gestellt. Sie schließt sich den Ausführungen der Kammer in der Verfügung vom 17.03.2014 an.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Kammer konnte ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid nach § 105 SGG entscheiden. Die Sache hat keine Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art, und der Sachverhalt ist geklärt. Ein Einverständnis der Beteiligten hierzu wird vom Gesetz nicht verlangt. Die Kammer hat die Beteiligten hierzu mit Verfügung vom 16.06.2014 angehört. Den Prozessbevollmächtigten der Klägerin wurde das Anhörungsschreiben am 16.06.2014 per Telefax übersandt. Der IXI-UMS-Fax-Report meldet keinen Fehler bei der Übermittlung.

Die Klage ist weitgehend zulässig, denn sie ist insbesondere form- und fristgerecht bei dem zuständigen Sozialgericht erhoben worden.

Die Klage ist unzulässig, soweit sie sich noch gegen den Rückforderungsbescheid wegen der Quotierung im Bereich Strahlentherapie für das Quartal I/11 richtet - insofern liegt keine Klagebegrenzung vor, da Klage insgesamt gegen den Widerspruchsbescheid vom 13.03.2013 und damit gegen alle von ihm erfassten Ausgangsbescheide erhoben worden ist -, da die Beklagte schon vor Klageerhebung die Quotierung aufgehoben und eine vollständige Rückvergütung festgesetzt hat. Insofern ist die Klägerin nicht mehr beschwert, worauf bereits die Beklagte im angefochtenen Widerspruchsbescheid hingewiesen hat.

Die Klage ist aber im Übrigen unbegründet. Die angefochtenen Honorarbescheide für die Quartale I und II/11, der Bescheid vom 21.12.2011 bzgl. einer Sonderregelung zu den RLV und QZV und der Rückforderungsbescheid aufgrund der Quotierung im Bereich Strahlentherapie vom 29.11.2011 für das Quartal I/11, alle in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.03.2013 sind rechtmäßig und waren daher nicht aufzuheben. Die Beklagte war nicht zu verpflichten, die Klägerin über ihre Honoraransprüche und ihre Anträge auf eine Sonderregelung für die RLV und QZV für die Quartale I und II/11 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Zur Vermeidung von Wiederholungen sieht die Kammer von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab, da es der gesamten Begründung des angefochtenen Widerspruchbescheides folgt (§ 136 Abs. 3 SGG).

Ergänzend ist bzgl. des Rückforderungsbescheids aufgrund der Quotierung im Bereich Strahlentherapie vom 29.11.2011 für das Quartal I/11 auf die Kompetenz der Beklagten zur sachlich-rechnerischen Berichtigung zu verweisen.

Die Beklagte war grundsätzlich zuständig für die sachlich-rechnerische Berichtigung.

Nach § 75 Abs. 1 SGB V haben die Kassenärztlichen Vereinigungen die vertragszahnärztliche Versorgung sicher zu stellen und den Krankenkassen und ihren Verbänden gegenüber die Gewähr dafür zu übernehmen, dass die vertragszahnärztliche Versorgung den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entspricht. Nach § 75 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz haben die Kassenärztlichen Vereinigungen die Erfüllung der den Vertragsärzten obliegenden Pflichten zu überwachen. Die Kassenärztliche Vereinigung stellt die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte fest (§ 106a Abs. 2 Satz 1 SGB V, eingefügt durch das GKV-Modernisierungsgesetz vom 14.11.2003, BGBl. I 2003, 2190, mit Wirkung zum 01.01.2004). Daneben besteht eine umfassende Befugnis zu sachlich-rechnerischen Richtigstellungen nach den Bundesmantelverträgen (§ 45 BMV-Ä/§ 34 EKV-Ä).

Die Befugnis zu Richtigstellungen besteht auch für bereits erlassene Honorarbescheide (nachgehende Richtigstellung). Sie bedeutet dann im Umfang der vorgenommenen Korrekturen eine teilweise Rücknahme des Honorarbescheids. Die genannten, auf § 82 Abs. 1 SGB V beruhenden bundesmantelvertraglichen Bestimmungen stellen Sonderregelungen dar, die gemäß § 37 Satz 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch in ihrem Anwendungsbereich die Regelung des § 45 SGB X verdrängen. Eine nach den Bestimmungen zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung rechtmäßige (Teil-)Aufhebung des Honorarbescheids mit Wirkung für die Vergangenheit löst nach § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X, der Grundnorm des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs für den gesamten Bereich des Sozialrechts, eine entsprechende Rückzahlungsverpflichtung des Empfängers der Leistung aus. Aufgrund der Besonderheiten der Honorarverteilung kann eine Honorarberichtigung auch vorgenommen werden, wenn zum Zeitpunkt des Erlasses des Honorarbescheides die Kassenärztliche Vereinigung ein Gesamtvergütungsvolumen zu Grunde gelegt hat, das in dieser Höhe nicht feststand und auch später nicht in dieser Höhe von den Krankenkassen gewährt wurde. Insoweit sind die von einem unzutreffenden Honorarvolumen ausgehenden Honorarbescheide fehlerhaft und rechtswidrig. Der Zulässigkeit der Aufhebung der Honorarbescheide und der Neufestsetzung des Honorars können damit nur noch Vertrauensschutzgesichtspunkte entgegenstehen. Dies ist aber dann nicht der Fall, wenn wie hier die Kassenärztliche Vereinigung mit dem Erlass des Honorarbescheides ausdrücklich auf die Vorläufigkeit der Honorierung und den Grund hierfür hinweist (vgl. BSG, Urt. v. 14.12.2005 - B 6 KA 17/05 R - BSGE 96, 1 = SozR 4-2500 § 85 Nr. 22 = Breith 2006, 715 = MedR 2006, 542 = GesR 2006, 499 = USK 2005-130, zitiert nach juris Rdnr. 11 ff.). Die Beklagte hat aber in den Hinweisen zum Honorarbescheid ausdrücklich auf das Schiedsamtsverfahren und die weiterhin schwebenden Verhandlungen mit den Krankenkassen hingewiesen. Von daher geht die Beklagte zutreffend davon aus, dass es sich bei der Umsetzung der Schiedsamtsentscheidung und des Ergebnisses der Verhandlungen mit den Krankenkassen um eine zulässige unechte Rückwirkung (vgl. BSG, Urt. v. 14.12.2005 B 6 KA 17/05 R - a.a.O. Rdnr. 20) handelt. Im Übrigen wird in Ausnahmefällen auch eine echte Rückwirkung als zulässig angesehen, nämlich dann, wenn die bisherige Rechtslage unklar, verworren oder lückenhaft war und der Gesetzgeber lediglich eine Klarstellung vorgenommen hat, wenn eine gerichtlich als rechtswidrig angesehene Regel durch eine neue ersetzt wird, wenn der Bürger nicht mit dem Fortbestand des bisherigen Regelungszustandes rechnen konnte, wenn überragende Belange des Gemeinwohls deren Beseitigung erforderlich machen oder wenn die Neuregelung nur einen marginalen Eingriff bedeutet (vgl. BSG, Urt. v. 23.03.2011 - B 6 KA 9/10 R - SozR 4-2500 § 84 Nr. 2 = Breith 2012, 234 = USK 2011-20, juris Rdnr. 24 m.w.N.).

Die Kammer kann die Frage der Berechnung des Ausgabenvolumens des Jahres 2010 bzw. 2011 für die strahlentherapeutischen Leistungen nach § 87d Abs. 4 SGB V i. d. F: d. GKV-Finanzierungsgesetzes nicht überprüfen. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts können Vereinbarungen über die Höhe der Gesamtvergütung im Honorarrechtsstreit zwischen Vertragsarzt und Kassenärztliche Vereinigung weder unmittelbar noch inzident überprüft werden. Soweit hieraus abgeleitet eine unzureichende Vergütung geltend gemacht wird, findet eine Überprüfung nur im Rahmen einer "angemessenen Honorierung" statt (vgl. BSG, Urt. v. 31.08.2005 - B 6 KA 6/04 R - BSGE 95, 86 = SozR 4-2500 § 85 Nr. 21 = GesR 2006, 165 = MedR 2006, 441 = SGb 2006, 493 = USK 2005-121).

Hieraus folgt weiter, dass auch die Einhaltung der Frist von der Kammer nicht zu überprüfen ist. Hinzu kommt, dass, worauf die Beklagte zutreffend hinweist, an die Einhaltung der im § 87d Abs. 4 SGB V genannten Ordnungsfrist keine Rechtsfolgen geknüpft werden. Die Stellung des Vertragsarztes wird davon nur insoweit berührt, als verspätete Regelungen möglicherweise nach Grundsätzen des Vertrauensschutzes bzw. der Rechtsprechung zum Rückwirkungsverbot unzulässig sind, was vorliegend nicht der Fall ist, wie bereits ausgeführt.

Es ist nicht ersichtlich, weshalb eine Quotierung strahlentherapeutischer Leistungen unzulässig sein sollte (vgl. zuletzt BSG, Urt. v. 17.07.2013 – B 6 KA 45/12 R – juris Rdnr. 24 ff.). Nach § 87d Abs. 4 Satz 1 bis 3 SGB V vereinbaren die Kassenärztliche Vereinigung, die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich Maßnahmen zur Ausgabenbegrenzung der vertragsärztlichen Leistungen, die außerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung vergütet werden, und zwar erstmals bis spätestens zum 31. Dezember 2010 mit Wirkung für das Jahr 2011. Das Ausgabenvolumen für diese Leistungen im Jahr 2011 soll dabei das Ausgabenvolumen des Jahres 2010, erhöht um die um 0,25 Prozentpunkte verminderte der für das Jahr 2011 nach § 71 Absatz 3 für das gesamte Bundesgebiet festgestellten Veränderungsrate nicht überschreiten. Hierzu können die Vertragspartner nach Satz 1 abweichend von § 87b Absatz 1 Satz 1 eine Abstaffelung der Preise in der regionalen Euro-Gebührenordnung oder Mengenbegrenzungsregelungen vereinbaren. Insofern enthält § 87d Abs. 4 Satz 1 und 3 SGB V als Begrenzungsmaßnahme ausdrücklich eine Abstaffelung der Preise oder Mengenbegrenzungsregelungen, die Entwurfsbegründung nennt zudem Fallzahlbegrenzungen und Quotierung (vgl. BT-Drs. 17/3040, S. 25 r. Sp.).

Eine Unangemessenheit der Vergütung bzw. unzureichende Honorierung hat die Klägerin bisher nicht geltend gemacht. Eine solche ist auch nicht ersichtlich.

Nach allem war die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung. Der unterliegende Teil trägt die Verfahrenskosten.

In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach den sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bietet der Sach- und Streitwert für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, so ist ein Streitwert von 5.000,00 Euro anzunehmen (§ 52 Abs. 1 und 2 GKG). Hinsichtlich der Klagen auf höheres Honorar für die Quartale I und II/11 war jeweils vom Regelstreitwert auszugehen. Die gilt auch bzgl. des Rückforderungsbescheids für das Quartal I/11, da eine Beschwer der Klägerin nicht mehr vorliegt. Für die Klage gegen den Rückforderungsbescheid für das Quartal II/11 war auf den Rückforderungsbetrag abzustellen. Dies ergab die festgesetzten Werte.
Rechtskraft
Aus
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