L 3 AS 619/12 B PKH

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 36 AS 6863/08
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AS 619/12 B PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Die Aufhebung einer Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 202 SGG i. V. m. § 124 Nr. 4 ZPO in der bis 31. Dezember 2013 geltenden Fassung (jetzt § 124 Abs. 1 Nr. 5 ZPO) wegen eines Rückstandes mit der Zahlung eines sonstigen Betrages war vom Beschwerdeausschluss nach § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG a. F. nicht erfasst.
2. Vor der Aufhebung der Prozesskostenhilfebewilligung hat die Androhung der Aufhebung durch das Gericht zu erfolgen. Im Aufhebungsverfahren nach § 202 SGG i. V. m. § 124 Nr. 4 ZPO obliegt dies dem Kammervorsitzenden, da in der Sozialgerichtsbarkeit weder Rechtspfleger, auf die diese Aufgabe übertragen werden, tätig sind, noch eine entsprechende kompetenzübertragende Norm vorliegt (Fortführung der Senatsrechtsprechung: vgl. Sächs. LSG, Beschluss vom 20. Februar 2014 – L 3 AL 159/13 B PKH – JURIS-Dokument Rdnr. 20).
3. Das Gericht hat bei einer Ermessensentscheidung, entsprechend einer Behörde nach § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB I, das ihm eingeräumte Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten.
4. Eine fehlende Ermessensabwägung des Sozialgerichts in einer Angelegenheit, bei der der Gesetzgeber originär dem Gericht die Angelegenheit zur Entscheidung zugewiesen hat (hier: Aufhebung der Prozesskostenhilfebewilligung), kann nicht durch das Beschwerdegericht nachgeholt werden (Fortführung der Senatsrechtsprechung: vgl. Sächs. LSG, Beschluss vom 20. Februar 2014 – L 3 AL 159/13 B PKH – JURIS-Dokument Rdnr. 25).
I. Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichts Chemnitz vom 12. Juni 2013 aufgehoben.

II. Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Kläger wendet sich gegen den Beschluss des Sozialgerichts Chemnitz vom 12. Juni 2012, mit dem das Sozialgericht den die Prozesskostenhilfe bewilligenden Beschluss vom 16. Februar 2011 aufgehoben hat.

Mit Beschluss vom 16. Februar 2011 wurde dem Kläger für das Klageverfahren Az. S 36 AS 6863/08 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten bewilligt. Gleichzeitig wurde angeordnet, dass er eine Einmalzahlung von 316,29 EUR aus seinem Vermögen zu leisten habe.

Nach Beendigung des Verfahrens beantragte sein Prozessbevollmächtigter am 24. Februar 2011 die Festsetzung der Rechtsanwaltsvergütung in Höhe von 464,10 EUR und machte unter Abzug des aus dem Vermögen des Klägers zu tragenden Anteils von 316,29 EUR einen Gesamtbetrag in Höhe von 147,81 EUR geltend, den die Kostenbeamtin des Sozialgerichts am 9. Juni 2011 in dieser Höhe festsetzte und auszahlen lies.

Mit Schreiben vom 8. Juni 2011 hat die zuständige Kostenbeamtin den Kläger zur Zahlung des Einmalbetrags von 316,29 EUR bis zum 29. Juni 2011 aufgefordert. Mit Schreiben vom 5. Juli 2011 hat der Klägerbevollmächtigte dies zurückgewiesen, da von ihm nicht sämtliche Gebühren abgerechnet worden seien, sondern nur die Differenz zwischen den Gebühren und dem Betrag, der vom Kläger aus seinem Vermögen zu zahlen gewesen wäre. Des Weiteren hat er erklärt, dass auch in Zukunft nicht beabsichtigt sei, den vom Kläger aus seinem eigenen Vermögen zu zahlenden Betrag noch geltend zu machen. Nachdem die Kostenbeamtin ihm mitgeteilt hat, an die Anordnung des Prozesskostenhilfebeschlusses gebunden zu sein, hat der Klägerbevollmächtigte mit Schreiben vom 9. August 2011 im Namen des Klägers Erinnerung eingelegt. Eine Entscheidung hierüber ist bislang noch nicht ergangen.

Mit Schreiben vom 8. Februar 2012 hat die Kostenbeamtin den Kläger unter Fristsetzung zum 29. Februar 2012 erneut zur Zahlung aufgefordert und darauf hingewiesen, dass andernfalls die Aufhebung der Prozesskostenhilfe drohe. Nachdem eine letzte Zahlungsaufforderung der Kostenbeamtin vom 3. Mai 2012 ohne Erfolg geblieben war, hat sie die Verfahrensakte am 30. Mai 2012 dem zuständigen Kammervorsitzenden zur Entscheidung vorgelegt. Mit Beschluss vom 12. Juni 2012 hat das Gericht die am 16. Februar 2011 erfolgte Bewilligung der Prozesskostenhilfe gemäß § 202 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) i. V. m. § 124 Nr. 4 der Zivilprozessordnung (ZPO) aufgehoben, weil der Kläger länger als drei Monate mit der Zahlung eines sonstigen Betrags, nämlich des angeordneten Einmalbetrags, im Rückstand gewesen sei.

Gegen den am 21. Juni 2012 zugestellten Beschluss hat der Kläger durch seinen Bevollmächtigten am 5. Juli 2012 Beschwerde eingelegt. Er ist der Auffassung, dass die Aufhebung der Prozesskostenhilfe rechtswidrig gewesen sei. Nach der von ihm erfolgten Gebührenabrechnung bestehe für den Kläger keine Pflicht mehr zur Zahlung des Einmalbetrags aus seinem Vermögen.

Die Staatskasse als Beschwerdegegner und der vormalige Beklagte haben Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten. Der Beschwerdegegner ist der Beschwerde entgegengetreten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Beteiligtenvorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

II.

1. Die als Beschwerde gemäß § 172 Abs. 1 SGG auszulegende "sofortige Beschwerde" des Klägers vom 5. Juli 2012 gegen den Beschluss des Sozialgerichts Chemnitz vom 12. Juni 2012 ist zulässig, insbesondere statthaft.

Gemäß § 172 Abs. 1 SGG findet gegen Entscheidungen der Sozialgerichte mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen der Vorsitzenden dieser Gerichte die Beschwerde an das Landessozialgericht statt, soweit nicht in diesem Gesetz anderes bestimmt ist. Etwas anderes war in § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG in der hier maßgebenden, vom 1. April 2008 bis zum 24. Oktober 2013 geltenden Fassung (vgl. Artikel 1 Nr. 29 Buchst. b des Gesetzes vom 26. März 2008 [BGBl. I S. 444]) bestimmt. Danach war eine Beschwerde nur noch dann zugelassen, wenn die Erfolgsaussichten in der Hauptsache vom Gericht verneint wurden (vgl. BT-Drs. 16/7716, S. 22 [Zu Nummer 29 Buchst b Nr. 1]). Hatte das Gericht hingegen ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint, war eine Beschwerde gegen diese Entscheidung nicht statthaft (vgl. Sächs. LSG, Beschluss vom 30. Oktober 2008 – L 3 B 508/08 AL-PKH – JURIS-Dokument Rdnr. 10, m. w. N. Sächs. LSG, Beschluss vom 3. Mai 2010 – L 3 AS 608/09 B PKH – JURIS-Dokument Rdnr. 10, m. w. N.). Entsprechendes ist seit 25. Oktober 2014 in § 172 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a SGG geregelt (vgl. Artikel 7 Nr. 11 Buchst. b des Gesetzes vom 19. Oktober 2013 [BGBl. I S. 3836]).

Die Aufhebung einer Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 202 SGG i. V. m. § 124 Nr. 4 der Zivilprozessordnung (ZPO) in der bis 31. Dezember 2013 geltenden Fassung (jetzt § 124 Abs. 1 Nr. 5 ZPO) wegen eines Rückstandes mit der Zahlung eines sonstigen Betrages, hier einer geforderten Einmalzahlung aus dem Vermögen, war jedoch vom Beschwerdeausschluss nach § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG a. F. nicht erfasst. Nach ganz überwiegender obergerichtlicher Rechtsprechung gilt der Beschwerdeausschluss nicht bei einer Beschwerde gegen die Aufhebung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 124 Nr. 4 ZPO (vgl. LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 16. Juni 2008 – L 5 B 163/08 ASNZS 2009, 64 = JURIS-Dokument Rdnr. 2; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 1. Oktober 2009 – L 11 R 898/09 PKH-B – JURIS-Dokument Rdnr. 7; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 16. Juli 2012 – L 2 AS 82/12 B – JURIS-Dokument Rdnr. 12; Bay. LSG, Beschluss vom 6. Dezember 2012 – L 7 AS 791/12 B PKH – JURIS-Dokument Rndr. 13; Schlesw.-Holst. LSG, Beschluss vom 24. April 2013 – L 3 AL 226/12 B PKH – JURIS-Dokument Rdnr. 5; Thür. LSG, Beschluss vom 15. Juli 2013 – L 8 SO 1785/12 B – JURIS-Dokument Rndr. 2; LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 12. Mai 2014 – L 9 AL 123/14 B – JURIS-Dokument Rdnr. 2; vgl. auch Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz [10. Aufl., 2012], § 172 Rdnr. 6h). Die Aufhebungsentscheidung nach § 124 Nr. 4 ZPO a. F. wurde nicht vom Wortlaut des § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG a. F. erfasst. Es bestand auch weder Raum für eine erweiternde Auslegung oder analoge Anwendung noch lag eine planwidrige Regelungslücke vor. Insoweit wird auf die Ausführungen des erkennenden Senates im Beschluss vom 20. Februar 2014 zu § 124 Nr. 2 Halbsatz 2 ZPO (in der bis 31. Dezember 2013 geltenden Fassung; seither: § 124 Abs. 1 Nr. 2 Halbsatz 2 ZPO) verwiesen (vgl. Sächs. LSG, Beschluss vom 20. Februar 2014 – L 3 AL 159/13 B PKH – JURIS-Dokument Rdnr. 8 ff., m. w. N.). Dies gilt im Fall einer Aufhebung nach § 124 Nr. 4 ZPO a. F. umso mehr, als hier im Gegensatz zu einer auf § 124 Nr. 2 Halbsatz 2 ZPO a. F. begründeten Aufhebung nicht einmal ein Überprüfungsverfahren nach § 120 Abs. 4 Satz 1 ZPO (in der bis 31. Dezember 2013 geltenden Fassung) vorangegangen war, in dessen Rahmen die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse überprüft wurden oder werden sollten. Damit kann der in Teilen der Rechtsprechung vertretene Ansatz, aus der Vergleichbarkeit der Entscheidung nach § 120 Abs. 4 Satz 1 ZPO a. F., gegen die die Beschwerde ausgeschlossen war, zu der Entscheidung nach § 124 Nr. 2 Halbsatz 2 ZPO a. F. auch für letztere einen Beschwerdeausschluss herzuleiten (vgl. die Rechtsprechungsnachweise bei Sächs. LSG, Beschluss vom 20. Februar 2014, a. a. O., Rdnr. 15), nicht auf § 124 Nr. 4 ZPO a. F. übertragen werden. Der Zahlungsrückstand, der nach § 124 Nr. 4 ZPO a. F. oder § 124 Abs. 1 Nr. 5 ZPO n. F. Anlass für die Aufhebung einer Prozesskostenhilfebewilligung ist, steht in keinem Zusammenhang mit der Prüfung der persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse eines Antragstellers.

2. Die Beschwerde ist auch begründet. Der Beschluss des Sozialgerichts vom 12. Juni 2012 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten.

Nach § 124 Nr. 4 ZPO a. F. konnte das Gericht die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufheben, wenn die Partei länger als drei Monate mit der Zahlung einer Monatsrate oder mit der Zahlung eines sonstigen Betrages im Rückstand war. Die hierzu vom Sozialgericht getroffene Entscheidung ist rechtswidrig, weil der Kläger zuvor nicht ordnungsgemäß angehört wurde und nicht festgestellt werden kann, dass das Sozialgericht das ihm eingeräumte Ermessen ausübte.

a) Die Aufhebungsentscheidung des Sozialgerichts ist bereits insoweit verfahrensrechtlich fehlerhaft, als die Androhung der Aufhebung der Prozesskostenhilfe nicht durch den Kammervorsitzenden, sondern die Kostenbeamtin erfolgte. Im Hinblick auf die Gewährung rechtlichen Gehörs hat grundsätzlich die vorherige Androhung der Aufhebung durch das Gericht zu erfolgen (vgl. Brandenbg. OLG, Beschluss vom 29. Januar 2001 – 10 WF 3/01 – JURIS-Dokument Rdnr. 2; Thür. LSG, Beschluss vom 15. November 2004 – L 6 B 59/04 SF – JURIS-Dokument Rdnr. 20; OLG Bremen, Beschluss vom 12. Juli 2010 – 5 WF 60/10 – JURIS-Dokument Rdnr. 4; Seiler, in: Thomas/Putzo, ZPO [33. Aufl., 2012] § 124 Rdnr. 4). Im Aufhebungsverfahren nach § 202 SGG i. V. m. § 124 Nr. 4 ZPO obliegt dies dem Kammervorsitzenden, da in der Sozialgerichtsbarkeit weder Rechtspfleger, auf die diese Aufgabe übertragen werden (vgl. § 20 Nr. 4 Buchstabe c des Rechtspflegergesetzes [RpflG]), tätig sind, noch eine entsprechende kompetenzübertragende Norm vorliegt (vgl. Sächs. LSG, Beschluss vom 20. Februar 2014, a. a. O., Rdnr. 20; vgl. auch Thür. LSG, Beschluss vom 13. Januar 2004 – L 6 SF 955/03 – JURIS-Dokument Rdnr. 6; Thür. LSG, Beschluss vom 18. Juli 2005 – L 6 SF 255/05 – JURIS-Dokument Rdnr. 2;. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 11. Juli 2011 – L 2 AS 1462/11 B – JURIS-Dokument Rdnr. 16).

b) Der Beschluss vom 12. Juni 2012 ist zudem rechtswidrig, weil nicht festzustellen ist, dass das Sozialgericht sein Ermessen ausübte oder überhaupt erkannte, dass ihm Ermessen eingeräumt war.

Nach § 124 ZPO in der bis zum 31. Dezember 2013 geltenden Fassung konnte das Gericht die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufheben, wenn einer der in dieser Vorschrift aufgeführten Aufhebungstatbestände vorlag. Erst durch Artikel 1 Nr. 9 Buchst. a Doppelbuchst. aa des Gesetzes vom 31. August 2013 (BGBl. I S. 3533) wurde das Wort "kann" durch das Wort "soll" ersetzt. Der Gesetzgeber reagierte mit dieser Gesetzesänderung auf divergierende Auslegungen zur Bedeutung des Wortes "kann". Nunmehr ist bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen eine Aufhebung als Regelfall vorgesehen; in atypischen Fällen ist aber eine andere Entscheidung zugelassen (vgl. BT-Drucks. 17/11472, S. 34 [zu Nr. 9 Buchst. a Doppelbuchst. aa]; Sächs. LSG, Beschluss vom 20. Februar 2014, a. a. O., Rdnr. 22).

Damit stand die Entscheidung nach § 124 ZPO a. F. über die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe bis zum 31. Dezember 2013 im Ermessen des Gerichtes (vgl. Sächs. LSG, Beschluss vom 20. Februar 2014, a. a. O., Rdnr. 22; so auch Bay. LSG, Beschluss vom 22. November 2010 – L 7 AS 486/10 B PKH – JURIS-Dokument Rdnr. 11; Bay. LSG, Beschluss vom 8. November 2011 – L 11 AS 816/11 B PKH – JURIS-Dokument Rdnr. 10; LSG für das Land Nordrhein.-Westfalen., Beschluss vom 3. Dezember 2012 – L 6 AS 1448/12 B – JURIS—Dokument Rdnr. 11). Das Gericht hat bei seiner Entscheidung, entsprechend einer Behörde nach § 39 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgesetzbuches Erstes Buch – Allgemeiner Teil – (SGB I), das ihm eingeräumte Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten. Umgekehrt hat der Betroffene einen Anspruch auf pflichtgemäße Ausübung des Ermessens. Mit diesen Anforderungen an das Ermessen korrespondiert die Regelung des § 35 Abs. 1 Satz 3 des Zehnten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB X). Danach muss die Begründung von Ermessensentscheidungen auch die Gesichtspunkte erkennen lassen, von denen die Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist. Entsprechendes gilt für Beschlüsse des Sozialgerichtes, die gemäß § 142 Abs. 2 Satz 1 SGG zu begründen sind (vgl. Sächs. LSG, Beschluss vom 20. Februar 2014, a. a. O., JURIS-Dokument Rdnr. 23).

Diesen Anforderungen wird der Beschluss vom 12. Juni 2012 nicht gerecht. Dort heißt es im Begründungsteil lediglich: "Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe war gemäß § 202 SGG i. V. m. § 124 Nr. 4 ZPO aufzuheben, weil der Kläger länger als 3 Monate mit der Zahlung eines sonstigen Betrages – hier des angeordneten Einmalbetrages – im Rückstand ist." Diesem Satz sind keine Ermessenserwägungen des Sozialgerichts zu entnehmen. Auf der Grundlage der Formulierung "war aufzuheben, weil" lässt sich noch nicht einmal feststellen, ob das Sozialgericht überhaupt erkannt hat, dass Ermessen auszuüben war.

Da das Sozialgericht sein Ermessen nicht, jedenfalls nicht erkennbar, ausgeübt hat und die Ermessensabwägung im Fall einer Aufhebungsentscheidung des Sozialgerichts, bei dem der Gesetzgeber originär dem Gericht die Angelegenheit zur Entscheidung zugewiesen hat, nach Auffassung des erkennenden Senats nicht durch das Beschwerdegericht nachgeholt werden kann (vgl. Sächs. LSG, Beschluss vom 20. Februar 2014, a. a. O., Rdnr. 25, m. w. N.; ebenso: Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz [10. Aufl., 2012], § 176 Rdnr. 4; Krasney, in: Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens [6. Aufl., 2011], Kapitel X Rdnr. 54), ist der Beschluss vom 12. Juni 2013 aufzuheben.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 127 Abs. 4 ZPO.

4. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 177 SGG).

Dr. Scheer Höhl Krewer
Rechtskraft
Aus
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