Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
4
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 27 SO 171/08
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 SO 215/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 14. Juni 2011 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Höhe der angemessenen Kosten einer Pflegeassistenz nach dem Zwölften Buch des Sozialgesetzbuchs - Sozialhilfe (SGB XII).
Der 1954 geborene Kläger leidet an progressiver Muskeldystrophie und ist rollstuhlpflichtig. Seit August 2004 erhält er von der Beklagten Hilfe in besonderen Lebenslagen nach dem SGB XII zur Finanzierung selbstorganisierter Pflege und Hilfsdienste 24 Stunden am Tag durch Privatpersonen. Bei der Bemessung der Leistungen legte die Beklagte eine Kostenkalkulation des Klägers zu Grunde, die einen Stundlohn von 10,08 Euro für die Pflegeassistenz beinhaltete.
Mit Schreiben vom 13. August 2007 beantragte der Kläger die Erhöhung des Stundenlohns. Der Lohn sei seit vielen Jahren unverändert. Im Hinblick auf die allgemeine Steigerung der Lebenshaltungskosten und die in Frankfurt gezahlten Löhne, sei ein kontinuierlicher Personalbestand an zuverlässigen Kräften nicht mehr zu halten. Hinreichend geeignete Bewerber könnten mit dem bisherigen Stundenlohn nicht gefunden werden. Der Stundenlohn sei daher auf 10,58 Euro zu erhöhen.
Mit Bescheid vom 13. November 2007 lehnte die Beklagte den Antrag zunächst ab. Der bisherige Stundenlohn sei angemessen. Hiergegen legte der Kläger am 7. Dezember 2007 Widerspruch ein. Auf die Begründung seines Antrags sei nicht eingegangen worden. Maßstäbe für die Beurteilung der Angemessenheit seien nicht genannt worden.
Auf den Widerspruch half die Beklagte dem Widerspruch des Klägers teilweise ab und erkannte ab Antragstellung einen Stundenlohn in Höhe von 10,25 Euro an. Im Übrigen wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 9. Mai 2008 zurück. Zur Begründung bezog sie sich auf die Frankfurter Richtlinien zu § 61 SGB XII. Hiernach seien bei selbstorganisierter 24-Stunden-Pflege höchstens 10,25 Euro pro Stunde angemessen.
Dagegen hat der Kläger am 13. Juni 2008 Klage vor dem Sozialgericht Frankfurt am Main erhoben. Seine Pflegesituation sei gefährdet, weil er dringend auf qualifizierte Hilfe angewiesen sei. Die Assistenten bräuchten für die Tätigkeit zwar keine spezielle Berufsausbildung, dennoch seien eine Vielzahl von persönlichen Fähigkeiten und Eignungen bei den umfangreichen Aufgaben der persönlichen Assistenz unbedingt erforderlich. Dazu gehörten zum Beispiel ein hohes Maß an Verantwortungsbewusstsein, Zuverlässigkeit, Diskretion und persönliche Integrität. Auf die Stellenanzeigen des Klägers meldeten sich nur noch selten geeignete Bewerber. Von den wenigen verbliebenen Bewerbern wohnten die meisten nicht in A-Stadt und seien dadurch sehr unflexibel. Ein Stundensatz von 10,25 Euro reiche nicht aus, um die Assistenzstellen für geeignete Bewerber attraktiv zu machen. Tarifvertraglich sei für den Zeitraum ab 1. April 2008 ein Stundensatz von 11,27 Euro vorgesehen. In den letzten 3 Jahren (vor dem 9. Dezember 2008) hätten fünf der neun beschäftigten Assistenten des Klägers wegen zu niedriger Löhne gekündigt. Diese hätten durch neue Kollegen ersetzt werden müssen. Sieben der neun von dem Kläger beschäftigten Assistenten hätten wegen der geringen Löhne bereits Zweit- und Drittjobs annehmen müssen. Die Assistenten, die diese Jobs annehmen müssten, seien in der Dienstplanung des Klägers wegen der reduzierten Flexibilität wesentlich schwerer einsetzbar.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 14. Juni 2011 abgewiesen und die Berufung zugelassen. Zu Recht habe die Beklagte die Erhöhung des Stundensatzes auf 10,58 Euro abgelehnt. Rechtsgrundlage sei § 65 Abs. 1 Satz 2 SGB XII. Hiernach seien nur die angemessenen Kosten zu übernehmen. Der Kläger habe daher keinen Anspruch auf Berücksichtigung eines höheren Stundensatzes als 10,25 Euro. Die Leistungen der Sozialhilfe richteten sich gem. § 9 SGB XII nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach der Art des Bedarfs, den örtlichen Verhältnissen, den eigenen Kräften und Mitteln der Person oder des Haushalts bei der Hilfe zum Lebensunterhalt (Abs. 1). Wünschen der Leistungsberechtigten, die sich auf die Gestaltung der Leistung richten, solle entsprochen werden, soweit sie angemessen sind (Abs. 2 Satz 1). Der Träger der Sozialhilfe solle in der Regel Wünschen nicht entsprechen, deren Erfüllung mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden wäre (Abs. 2 Satz 3). Angesichts des Umstandes, dass die 24-Stunden-Pflege durch einen ambulanten Pflegdienst lediglich ca. 6.200,00 Euro betragen würde, die durch den Kläger entsprechende selbst organisierte Pflege bei einem Stundensatz von 10,25 Euro jedoch monatlich ca. 9.600,00 Euro, hält die Kammer eine Berücksichtigung eines noch höheren Stundensatzes für unverhältnismäßig. Der Verein X. e.V., der im örtlichen Zuständigkeitsbereich der Beklagten auf Grund einer Leistungsvereinbarung mit der Beklagten kostenlos pflegebedürftige Sozialhilfeempfänger auf dem Gebiet der selbstorganisierten Pflege in ihrer Arbeitgeberfunktion unterstützt und berät, z. B. auch Hilfe bei der Anwerbung der Pflegepersonen anbietet (vgl. www.X.-ev.de, Letzte Änderung: Mai 2011), habe der Beklagten nicht mitgeteilt, dass er Probleme habe, Pflegeassistenten für einen Stundensatz von 10,25 Euro zu vermitteln. Der Kläger habe nicht dargelegt, dass bei ihm besondere Umstände vorlägen, die es unmöglich machten, Arbeitskräfte für einen Stundensatz von 10,25 Euro zu finden, insbesondere habe er nicht dargelegt, dass er den Verein X. e.V. damit erfolglos beauftragt habe.
Gegen das am 15. Juli 2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 15. August 2011 Berufung eingelegt. Er rügt, das Sozialgericht habe zur Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffs der Angemessenheit keine ausreichenden Ermittlungen angestellt. Im Übrigen könne es nicht darauf angekommen, ob generell Pflegekräfte für 10,25 Euro zu Verfügung stünden. Vielmehr sei erforderlich, dass Pflegekräfte nachhaltig an die Arbeitsstelle gebunden werden könnten. Der Kläger trägt weiter vor, dass ein Vergleich zwischen der selbstorganisierten Pflege und einem ambulanten Pflegedienst nicht zulässig sei. Die Möglichkeit der Selbstorganisation sei zwischen den Beteiligten niemals streitig gewesen. Für die Vergangenheit stehe ihm ein höherer Stundenlohn zu, obwohl er Pflegekräften keinen höheren Lohn gezahlt habe, weil er selbst zusätzlichen Zeitaufwand für die Suche neuer Pflegekräfte und deren Einarbeitung gehabt habe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main sowie den Bescheid der Beklagten vom 13. November 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. Mai 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, für den Zeitraum ab 13. August 2007 bei der Berechnung der Fremdpflegeleistungen einen Stundenlohn, der zwischen dem Kläger und seinen Assistenten vereinbart werden darf, von 10,58 Euro zu berücksichtigen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend. Es sei im Übrigen für den in der Vergangenheit liegenden Zeitraum das Gegenwärtigkeitsprinzip zu berücksichtigen. Es sei nicht möglich, die Pflege in der Vergangenheit durch rückwirkende Zahlung höherer Stundenlöhne zu verbessern. Der Kläger habe selbst vorgetragen, er habe den Pflegeassistenten nur einen Stundenlohn in der bisher festgesetzten Höhe gezahlt.
Der Senat hat bei der Bundesagentur für Arbeit Auskünfte zur Entlohnung von Pflegekräften eingeholt. Die Agentur für Arbeit Frankfurt am Main hat darauf mitgeteilt mit, der Mindestlohn betrage 8,75 Euro. Sie hat zudem einen Lohnspiegel beigefügt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten des Beklagten, der Gegenstand der Entscheidung war, Bezug genommen. Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch den Berichtserstatter ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe:
Der Berichterstatter konnte gem. §§ 155 Abs. 3, Abs. 4, 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG im Einverständnis mit den Beteiligten anstelle des Senats ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg. Das Urteil des Sozialgerichts ist nicht zu beanstanden. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Vereinbarung eines Stundenlohns von mehr als 10,25 EUR für selbstorganisierte Pflegekräfte.
Für die Vergangenheit scheidet die Nachzahlung eines höheren Stundenlohns schon aufgrund des aus dem Bedarfsdeckungsprinzip folgenden, sogenannten Gegenwärtigkeitsprinzips des Sozialhilferechts aus. Eine aktuelle Notlage, die einen ungedeckten Bedarf zufolge hätte, ist im Fall des Klägers für die Vergangenheit nicht denkbar. Im Bereich der Sozialhilfe ist zu berücksichtigen, dass die Sozialhilfe nur der Behebung einer gegenwärtigen Notlage dient und nicht als nachträgliche Geldleistung ausgestaltet ist (BVerfG Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05; BVerwGE 60, 236, 238; 66, 335, 338; 69, 5, 7; 79, 46, 49; Rothkegel,in: ZfSH/SGB 2003, 643, 645; ders, in: Die Strukturprinzipien des Sozialhilferechts, 2000, S 68; Hochheim, in: NZS 2009, 24). Dies ergibt sich aus § 1 SGB XII, wonach die Aufgabe der Sozialhilfe darin zu sehen ist, den Leistungsberechtigen die Führung eines Lebens zu ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht, sowie § 2 SGB XII, wonach Sozialhilfe nicht erhält, wer sich (etwa) durch Einsatz seines Einkommens und Vermögens selbst helfen kann. Zudem setzt die Sozialhilfe gem. § 18 SGB XII (schon, aber auch erst) ein, wenn dem Träger der Sozialhilfe bekannt wird, dass die Voraussetzungen für die Leistung vorliegen. Die Leistung ist also nicht von einem Antrag abhängig, sondern von einer Notlage und der Kenntnis hierüber. Im Fall des Klägers ist kein Bedarf in der Vergangenheit ungedeckt geblieben. Sein Pflegebedarf war gedeckt. Der Kläger selbst hat mitgeteilt, er habe für die Vergangenheit nur den von der Beklagten bewilligten Stundensatz gezahlt. Er hätte nach eigener Auskunft auch gar nicht die Mittel gehabt, den Pflegekräften höhere Löhne zu zahlen.
Der Argumentation des Klägers, sein zusätzlicher Zeitaufwand für die Suche neuer Pflegekräfte und deren Einarbeitung sei durch Gewährung des höheren Stundenlohns auch für die Vergangenheit zu vergüten, kann nicht gefolgt werden. Hierfür fehlt es bereits an einer sozialhilferechtlichen Anspruchsgrundlage. Das 7. Kapitel des SGB XII sieht als Hilfe zur Pflege keine Vergütung der Selbstorganisation der Pflege vor, sondern nur die Übernahme der Kosten der Pflege selbst. Der Kläger hat sich im Rahmen seines Wunsch- und Wahlrechts gem. § 9 Abs. 2 SGB XII eigenverantwortlich für die Selbstorganisation seiner Pflege entschieden. Er hat durch seinen Prozessbevollmächtigten im Rahmen des Erörterungstermins am 29. Oktober 2012 zudem vortragen lassen, dass ihm seine Selbstbestimmung im Rahmen der Pflege besonders wichtig sei. Es ist daher im Ergebnis widersprüchlich, wenn er diese selbstgewählte Selbstorganisation nunmehr als vergütungspflichtige Härte darstellt. Über einen vom Kläger gesehenen Schadensersatzanspruch ist im Rahmen des sozialgerichtlichen Verfahrens nicht zu entscheiden. Für Schadensersatzforderung aus Amtspflichtverletzungen ist der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten gegeben. Nach Auffassung des Senats ist ein ersatzfähiger Schaden aber auch nicht ersichtlich. Gerade zur Vermeidung von Kosten bei der Suche von Pflegepersonal stellt die Beklagte kostenlos die Unterstützung des Vereins X. e.V. zu Verfügung.
Auch für die Zukunft scheidet ein höherer Stundenlohn als 10,25 Euro aus.
Ein höherer Stundenlohn ist nach dem Maßstab des Sozialhilferechts nicht angemessen. Die zu erstattenden bzw. zu übernehmenden Kosten der Pflege sind gem. § 65 Abs. 1 SGB XII auf das angemessene Maß beschränkt. Angemessen sind grundsätzlich die tatsächlich anfallenden Kosten des Pflegebedürftigen (Meßling, in: juris-PK-SGB XII § 65 Rdnr. 14). Weiter begrenzt wird die Angemessenheit durch die ortsübliche Entlohnung von Pflegekräften (Meßling, in: juris-PK-SGB XII § 65 Rdnr. 38). Nach dem Sachvortrag der Beklagten und der Befragung der Bundesagentur für Arbeit steht zur Überzeugung des Senats fest, dass jedenfalls eine höhere Vergütung als 10,25 Euro nicht ortsüblich ist. Der mitgeteilte Mindestlohn kann zwar für die Bestimmung der Angemessenheit nicht maßgeblich sein, weil er lediglich eine nicht zu unterschreitende Größe vorgibt. Jedoch zeigt der Lohnspiegel einerseits und die Auskünfte des Vereins X. e.V., der gerade mit der Vermittlung von Pflegepersonen beschäftigt ist - und dessen Leistungen auch dem Kläger kostenlos zu Verfügung stehen würden -, andererseits, dass Pflegekräfte für einen Stundenlohn von 10,25 Euro beschäftigt werden können. Der hiergegen vorgebrachte Vortrag des Klägers ist gegenüber diesen Ermittlungsergebnisses unsubstantiiert. Zwar kann der Senat als wahr unterstellen, dass der Kläger in mehreren Fällen Pflegepersonen aufgrund des Stundenlohns verloren hat. Dies ist nachvollziehbar, weil unstreitig auch höhere Löhne als 10,25 EUR gezahlt werden (vgl. nur Mitteilung des Studentenwerks A-Stadt aus August 2009 - Bl. 154 der Gerichtsakte). Der selbe Befund ergibt sich auch aus den Auskünften der Bundesagentur für Arbeit. Jedoch können diese einzelnen Fälle nicht zu einer generellen Anhebung des Stundenlohns führen, solange er eine hinreichende und zumutbare Möglichkeit zur Bedarfsdeckung bietet. Hieran wiederum hat der Senat aufgrund der Vergütung von durch den Verein X. e.V. vermittelten Pflegekräften (vgl. Auskunft des Steuerberaters Y. vom 16. März 2012 - Bl. 150 der Gerichtsakte) keine Zweifel.
Im Übrigen könnte die Beklagte die Gewährung von höheren Stundenlöhnen auch aufgrund des Mehrkostenvorbehalts gem. § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB XII verweigern. Hiernach ist das Wunsch- und Wahlrecht des Leistungsempfängers eingeschränkt, wenn die die Erfüllung mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden wäre. Richtigerweise vergleicht die Beklagte die selbstorganisierte Pflege des Klägers mit einem ambulanten Pflegedienst. Während die Kosten eines ambulanten Pflegedienstes nach Abzug der Leistungen der sozialen Pflegeversicherung nach der Pflegestufe III bei monatlich ca. 6.200,00 Euro liegen würden, betragen die Kosten der selbstorganisierten Pflege des Kläger bereits bei einem Stundenlohn von 10,25 Euro ca. 9.600,00 Euro im Monat. Die Mehrkosten liegen daher bereits beim bisher gewährten Stundenlohn bei 55 Prozent.
Ein ambulanter Pflegedienst kann als Vergleich auch herangezogen werden. Genau wie durch die selbstorganisierte Pflege, wird durch einen ambulanten Pflegedienst in zumutbarer Weise der Bedarf der Pflege gedeckt. Die Pflege und Hilfestellung durch einen ambulanten Pflegedienst wäre die Alternative, wenn dem Wunsch- und Wahlrecht des Klägers nicht gefolgt würde.
Jedenfalls noch höhere Kosten einer selbstorganisierten Pflege als die derzeitigen wären unverhältnismäßig. Exakte Prozentsätze, wann von einer Unverhältnismäßigkeit ausgegangen werden kann, lassen sich nicht festlegen (vgl. OVG Hamburg Urteil vom 17. August 1995 - Bs IV 165/95, LSG Niedersachsen-Bremen Urteil vom 7. Juni 2007 und Spellbrink in: jurisPK-SGB XII § 9: nehmen jeweils bei 50% Mehrkosten eine Unverhältnismäßigkeit an; Wahrendorf, in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, § 9 Rdnr. 36: ca. 20 Prozent). Unter Zugrundlegung des vom Kläger geforderten Stundenlohns wären die Mehrkosten aber bereits bei rund 55 Prozent. Dies ist nach Auffassung des Senats bereits als absoluter Wert ein deutlich zu hoher Mehrkostenanteil, um als verhältnismäßig angesehen zu werden. Selbst wenn man aber einen absoluten Grenzwert für die Bestimmung der Verhältnismäßigkeit nicht ansetzen will, wird man in einer Gesamtabwägung zu einer relativen Unverhältnismäßigkeit kommen. In eine Gesamtabwägung wären die Konsequenzen einzustellen, die bei Nichtbeachtung des Wunsch- und Wahlrechts des Klägers eintreten würden. Hier würde die Pflege durch einen wirtschaftlicheren ambulanten Pflegedienst sichergestellt werden müssen. Qualitativ wäre dem Kläger die Pflege durch einen solchen Dienst sicherlich zumutbar. Unweigerlich müsste der Kläger aber in Kauf nehmen, dass entweder die Pflegeperson häufiger als bisher wechselt oder er hierauf jedenfalls keinen Einfluss mehr nehmen kann. Im Erörterungstermin hat er als tragende Begründung für seinen Wunsch, die Pflege selbst zu organisieren, zudem vortragen lassen, es sei ihm wichtig, selbstbestimmt zu leben. Hierzu gehöre es, Pflegepersonal selbst auszuwählen und über einen längeren Zeitraum zu behalten. Es fehle andernfalls an einer individuellen Betreuung. Diese Motive sind für den Senat nachvollziehbar, im Hinblick auf den Maßstab der Sozialhilfe aber nicht zwingend, um die Zumutbarkeit eines ambulanten Pflegedienstes gänzlich auszuschließen. Gem. § 1 SGB XII ist es nicht Aufgabe der Sozialhilfe alle Wünsche des Leistungsempfängers zu erfüllen, sondern dem Würdeprinzip folgend eine Letzt- oder Nothilfe ausgerichtet an der Menschenwürde zu sichern (Wahrendorf, in: Grube/Wahrendorf SGB XII § 1 Rdnr. 17). Zur Menschenwürde gehört zwar auch ein selbstbestimmtes Leben. Die Selbstbestimmung kann aber nicht so weit gefasst werden, dass der Leistungsempfänger grenzenlos über die Art und Weise der Leistungen disponieren kann, arg. § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB XII. Eine möglichst weitgehende Selbstbestimmung im Alltag wird jedoch auch durch einen ambulanten Pflegedienst ermöglicht. Ambulante Pflegedienste arbeiten nach den Grundsätzen des § 2 Sozialgesetzbuch Elftes Buch - Soziale Pflegeversicherung (SGB XI). Hiernach sollen die Leistungen den Pflegebedürftigen helfen, trotz ihres Hilfebedarfs ein möglichst selbständiges und selbstbestimmtes Leben zu führen, das der Würde des Menschen entspricht. Die Hilfen sind darauf auszurichten, die körperlichen, geistigen und seelischen Kräfte der Pflegebedürftigen wiederzugewinnen oder zu erhalten. Ihren Wünschen zur Gestaltung der Hilfe soll, soweit sie angemessen sind, im Rahmen des Leistungsrechts entsprochen werden. Wünsche der Pflegebedürftigen nach gleichgeschlechtlicher Pflege haben nach Möglichkeit Berücksichtigung zu finden. Die Pflegebedürftigen sind auf diese Rechte hinzuweisen. Zudem wäre auch einem ambulanten Pflegedienst aus Effizienzgründen an einer kontinuierlichen Betreuung durch gleiches Personal gelegen, um Anlernaufwände gering zu halten, so dass wohl praktisch diesem Wunsch des Klägers ohnehin Rechnung getragen würde. Schließlich sind die vorgebrachten Motive auch im Hinblick darauf zu relativieren, dass der Kläger zumutbare und kostenlose Unterstützung bei der Suche nach Pflegeperson durch den Verein X. e.V. offenkundig nicht in Anspruch nimmt.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Höhe der angemessenen Kosten einer Pflegeassistenz nach dem Zwölften Buch des Sozialgesetzbuchs - Sozialhilfe (SGB XII).
Der 1954 geborene Kläger leidet an progressiver Muskeldystrophie und ist rollstuhlpflichtig. Seit August 2004 erhält er von der Beklagten Hilfe in besonderen Lebenslagen nach dem SGB XII zur Finanzierung selbstorganisierter Pflege und Hilfsdienste 24 Stunden am Tag durch Privatpersonen. Bei der Bemessung der Leistungen legte die Beklagte eine Kostenkalkulation des Klägers zu Grunde, die einen Stundlohn von 10,08 Euro für die Pflegeassistenz beinhaltete.
Mit Schreiben vom 13. August 2007 beantragte der Kläger die Erhöhung des Stundenlohns. Der Lohn sei seit vielen Jahren unverändert. Im Hinblick auf die allgemeine Steigerung der Lebenshaltungskosten und die in Frankfurt gezahlten Löhne, sei ein kontinuierlicher Personalbestand an zuverlässigen Kräften nicht mehr zu halten. Hinreichend geeignete Bewerber könnten mit dem bisherigen Stundenlohn nicht gefunden werden. Der Stundenlohn sei daher auf 10,58 Euro zu erhöhen.
Mit Bescheid vom 13. November 2007 lehnte die Beklagte den Antrag zunächst ab. Der bisherige Stundenlohn sei angemessen. Hiergegen legte der Kläger am 7. Dezember 2007 Widerspruch ein. Auf die Begründung seines Antrags sei nicht eingegangen worden. Maßstäbe für die Beurteilung der Angemessenheit seien nicht genannt worden.
Auf den Widerspruch half die Beklagte dem Widerspruch des Klägers teilweise ab und erkannte ab Antragstellung einen Stundenlohn in Höhe von 10,25 Euro an. Im Übrigen wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 9. Mai 2008 zurück. Zur Begründung bezog sie sich auf die Frankfurter Richtlinien zu § 61 SGB XII. Hiernach seien bei selbstorganisierter 24-Stunden-Pflege höchstens 10,25 Euro pro Stunde angemessen.
Dagegen hat der Kläger am 13. Juni 2008 Klage vor dem Sozialgericht Frankfurt am Main erhoben. Seine Pflegesituation sei gefährdet, weil er dringend auf qualifizierte Hilfe angewiesen sei. Die Assistenten bräuchten für die Tätigkeit zwar keine spezielle Berufsausbildung, dennoch seien eine Vielzahl von persönlichen Fähigkeiten und Eignungen bei den umfangreichen Aufgaben der persönlichen Assistenz unbedingt erforderlich. Dazu gehörten zum Beispiel ein hohes Maß an Verantwortungsbewusstsein, Zuverlässigkeit, Diskretion und persönliche Integrität. Auf die Stellenanzeigen des Klägers meldeten sich nur noch selten geeignete Bewerber. Von den wenigen verbliebenen Bewerbern wohnten die meisten nicht in A-Stadt und seien dadurch sehr unflexibel. Ein Stundensatz von 10,25 Euro reiche nicht aus, um die Assistenzstellen für geeignete Bewerber attraktiv zu machen. Tarifvertraglich sei für den Zeitraum ab 1. April 2008 ein Stundensatz von 11,27 Euro vorgesehen. In den letzten 3 Jahren (vor dem 9. Dezember 2008) hätten fünf der neun beschäftigten Assistenten des Klägers wegen zu niedriger Löhne gekündigt. Diese hätten durch neue Kollegen ersetzt werden müssen. Sieben der neun von dem Kläger beschäftigten Assistenten hätten wegen der geringen Löhne bereits Zweit- und Drittjobs annehmen müssen. Die Assistenten, die diese Jobs annehmen müssten, seien in der Dienstplanung des Klägers wegen der reduzierten Flexibilität wesentlich schwerer einsetzbar.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 14. Juni 2011 abgewiesen und die Berufung zugelassen. Zu Recht habe die Beklagte die Erhöhung des Stundensatzes auf 10,58 Euro abgelehnt. Rechtsgrundlage sei § 65 Abs. 1 Satz 2 SGB XII. Hiernach seien nur die angemessenen Kosten zu übernehmen. Der Kläger habe daher keinen Anspruch auf Berücksichtigung eines höheren Stundensatzes als 10,25 Euro. Die Leistungen der Sozialhilfe richteten sich gem. § 9 SGB XII nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach der Art des Bedarfs, den örtlichen Verhältnissen, den eigenen Kräften und Mitteln der Person oder des Haushalts bei der Hilfe zum Lebensunterhalt (Abs. 1). Wünschen der Leistungsberechtigten, die sich auf die Gestaltung der Leistung richten, solle entsprochen werden, soweit sie angemessen sind (Abs. 2 Satz 1). Der Träger der Sozialhilfe solle in der Regel Wünschen nicht entsprechen, deren Erfüllung mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden wäre (Abs. 2 Satz 3). Angesichts des Umstandes, dass die 24-Stunden-Pflege durch einen ambulanten Pflegdienst lediglich ca. 6.200,00 Euro betragen würde, die durch den Kläger entsprechende selbst organisierte Pflege bei einem Stundensatz von 10,25 Euro jedoch monatlich ca. 9.600,00 Euro, hält die Kammer eine Berücksichtigung eines noch höheren Stundensatzes für unverhältnismäßig. Der Verein X. e.V., der im örtlichen Zuständigkeitsbereich der Beklagten auf Grund einer Leistungsvereinbarung mit der Beklagten kostenlos pflegebedürftige Sozialhilfeempfänger auf dem Gebiet der selbstorganisierten Pflege in ihrer Arbeitgeberfunktion unterstützt und berät, z. B. auch Hilfe bei der Anwerbung der Pflegepersonen anbietet (vgl. www.X.-ev.de, Letzte Änderung: Mai 2011), habe der Beklagten nicht mitgeteilt, dass er Probleme habe, Pflegeassistenten für einen Stundensatz von 10,25 Euro zu vermitteln. Der Kläger habe nicht dargelegt, dass bei ihm besondere Umstände vorlägen, die es unmöglich machten, Arbeitskräfte für einen Stundensatz von 10,25 Euro zu finden, insbesondere habe er nicht dargelegt, dass er den Verein X. e.V. damit erfolglos beauftragt habe.
Gegen das am 15. Juli 2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 15. August 2011 Berufung eingelegt. Er rügt, das Sozialgericht habe zur Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffs der Angemessenheit keine ausreichenden Ermittlungen angestellt. Im Übrigen könne es nicht darauf angekommen, ob generell Pflegekräfte für 10,25 Euro zu Verfügung stünden. Vielmehr sei erforderlich, dass Pflegekräfte nachhaltig an die Arbeitsstelle gebunden werden könnten. Der Kläger trägt weiter vor, dass ein Vergleich zwischen der selbstorganisierten Pflege und einem ambulanten Pflegedienst nicht zulässig sei. Die Möglichkeit der Selbstorganisation sei zwischen den Beteiligten niemals streitig gewesen. Für die Vergangenheit stehe ihm ein höherer Stundenlohn zu, obwohl er Pflegekräften keinen höheren Lohn gezahlt habe, weil er selbst zusätzlichen Zeitaufwand für die Suche neuer Pflegekräfte und deren Einarbeitung gehabt habe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main sowie den Bescheid der Beklagten vom 13. November 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. Mai 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, für den Zeitraum ab 13. August 2007 bei der Berechnung der Fremdpflegeleistungen einen Stundenlohn, der zwischen dem Kläger und seinen Assistenten vereinbart werden darf, von 10,58 Euro zu berücksichtigen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend. Es sei im Übrigen für den in der Vergangenheit liegenden Zeitraum das Gegenwärtigkeitsprinzip zu berücksichtigen. Es sei nicht möglich, die Pflege in der Vergangenheit durch rückwirkende Zahlung höherer Stundenlöhne zu verbessern. Der Kläger habe selbst vorgetragen, er habe den Pflegeassistenten nur einen Stundenlohn in der bisher festgesetzten Höhe gezahlt.
Der Senat hat bei der Bundesagentur für Arbeit Auskünfte zur Entlohnung von Pflegekräften eingeholt. Die Agentur für Arbeit Frankfurt am Main hat darauf mitgeteilt mit, der Mindestlohn betrage 8,75 Euro. Sie hat zudem einen Lohnspiegel beigefügt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten des Beklagten, der Gegenstand der Entscheidung war, Bezug genommen. Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch den Berichtserstatter ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe:
Der Berichterstatter konnte gem. §§ 155 Abs. 3, Abs. 4, 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG im Einverständnis mit den Beteiligten anstelle des Senats ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg. Das Urteil des Sozialgerichts ist nicht zu beanstanden. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Vereinbarung eines Stundenlohns von mehr als 10,25 EUR für selbstorganisierte Pflegekräfte.
Für die Vergangenheit scheidet die Nachzahlung eines höheren Stundenlohns schon aufgrund des aus dem Bedarfsdeckungsprinzip folgenden, sogenannten Gegenwärtigkeitsprinzips des Sozialhilferechts aus. Eine aktuelle Notlage, die einen ungedeckten Bedarf zufolge hätte, ist im Fall des Klägers für die Vergangenheit nicht denkbar. Im Bereich der Sozialhilfe ist zu berücksichtigen, dass die Sozialhilfe nur der Behebung einer gegenwärtigen Notlage dient und nicht als nachträgliche Geldleistung ausgestaltet ist (BVerfG Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05; BVerwGE 60, 236, 238; 66, 335, 338; 69, 5, 7; 79, 46, 49; Rothkegel,in: ZfSH/SGB 2003, 643, 645; ders, in: Die Strukturprinzipien des Sozialhilferechts, 2000, S 68; Hochheim, in: NZS 2009, 24). Dies ergibt sich aus § 1 SGB XII, wonach die Aufgabe der Sozialhilfe darin zu sehen ist, den Leistungsberechtigen die Führung eines Lebens zu ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht, sowie § 2 SGB XII, wonach Sozialhilfe nicht erhält, wer sich (etwa) durch Einsatz seines Einkommens und Vermögens selbst helfen kann. Zudem setzt die Sozialhilfe gem. § 18 SGB XII (schon, aber auch erst) ein, wenn dem Träger der Sozialhilfe bekannt wird, dass die Voraussetzungen für die Leistung vorliegen. Die Leistung ist also nicht von einem Antrag abhängig, sondern von einer Notlage und der Kenntnis hierüber. Im Fall des Klägers ist kein Bedarf in der Vergangenheit ungedeckt geblieben. Sein Pflegebedarf war gedeckt. Der Kläger selbst hat mitgeteilt, er habe für die Vergangenheit nur den von der Beklagten bewilligten Stundensatz gezahlt. Er hätte nach eigener Auskunft auch gar nicht die Mittel gehabt, den Pflegekräften höhere Löhne zu zahlen.
Der Argumentation des Klägers, sein zusätzlicher Zeitaufwand für die Suche neuer Pflegekräfte und deren Einarbeitung sei durch Gewährung des höheren Stundenlohns auch für die Vergangenheit zu vergüten, kann nicht gefolgt werden. Hierfür fehlt es bereits an einer sozialhilferechtlichen Anspruchsgrundlage. Das 7. Kapitel des SGB XII sieht als Hilfe zur Pflege keine Vergütung der Selbstorganisation der Pflege vor, sondern nur die Übernahme der Kosten der Pflege selbst. Der Kläger hat sich im Rahmen seines Wunsch- und Wahlrechts gem. § 9 Abs. 2 SGB XII eigenverantwortlich für die Selbstorganisation seiner Pflege entschieden. Er hat durch seinen Prozessbevollmächtigten im Rahmen des Erörterungstermins am 29. Oktober 2012 zudem vortragen lassen, dass ihm seine Selbstbestimmung im Rahmen der Pflege besonders wichtig sei. Es ist daher im Ergebnis widersprüchlich, wenn er diese selbstgewählte Selbstorganisation nunmehr als vergütungspflichtige Härte darstellt. Über einen vom Kläger gesehenen Schadensersatzanspruch ist im Rahmen des sozialgerichtlichen Verfahrens nicht zu entscheiden. Für Schadensersatzforderung aus Amtspflichtverletzungen ist der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten gegeben. Nach Auffassung des Senats ist ein ersatzfähiger Schaden aber auch nicht ersichtlich. Gerade zur Vermeidung von Kosten bei der Suche von Pflegepersonal stellt die Beklagte kostenlos die Unterstützung des Vereins X. e.V. zu Verfügung.
Auch für die Zukunft scheidet ein höherer Stundenlohn als 10,25 Euro aus.
Ein höherer Stundenlohn ist nach dem Maßstab des Sozialhilferechts nicht angemessen. Die zu erstattenden bzw. zu übernehmenden Kosten der Pflege sind gem. § 65 Abs. 1 SGB XII auf das angemessene Maß beschränkt. Angemessen sind grundsätzlich die tatsächlich anfallenden Kosten des Pflegebedürftigen (Meßling, in: juris-PK-SGB XII § 65 Rdnr. 14). Weiter begrenzt wird die Angemessenheit durch die ortsübliche Entlohnung von Pflegekräften (Meßling, in: juris-PK-SGB XII § 65 Rdnr. 38). Nach dem Sachvortrag der Beklagten und der Befragung der Bundesagentur für Arbeit steht zur Überzeugung des Senats fest, dass jedenfalls eine höhere Vergütung als 10,25 Euro nicht ortsüblich ist. Der mitgeteilte Mindestlohn kann zwar für die Bestimmung der Angemessenheit nicht maßgeblich sein, weil er lediglich eine nicht zu unterschreitende Größe vorgibt. Jedoch zeigt der Lohnspiegel einerseits und die Auskünfte des Vereins X. e.V., der gerade mit der Vermittlung von Pflegepersonen beschäftigt ist - und dessen Leistungen auch dem Kläger kostenlos zu Verfügung stehen würden -, andererseits, dass Pflegekräfte für einen Stundenlohn von 10,25 Euro beschäftigt werden können. Der hiergegen vorgebrachte Vortrag des Klägers ist gegenüber diesen Ermittlungsergebnisses unsubstantiiert. Zwar kann der Senat als wahr unterstellen, dass der Kläger in mehreren Fällen Pflegepersonen aufgrund des Stundenlohns verloren hat. Dies ist nachvollziehbar, weil unstreitig auch höhere Löhne als 10,25 EUR gezahlt werden (vgl. nur Mitteilung des Studentenwerks A-Stadt aus August 2009 - Bl. 154 der Gerichtsakte). Der selbe Befund ergibt sich auch aus den Auskünften der Bundesagentur für Arbeit. Jedoch können diese einzelnen Fälle nicht zu einer generellen Anhebung des Stundenlohns führen, solange er eine hinreichende und zumutbare Möglichkeit zur Bedarfsdeckung bietet. Hieran wiederum hat der Senat aufgrund der Vergütung von durch den Verein X. e.V. vermittelten Pflegekräften (vgl. Auskunft des Steuerberaters Y. vom 16. März 2012 - Bl. 150 der Gerichtsakte) keine Zweifel.
Im Übrigen könnte die Beklagte die Gewährung von höheren Stundenlöhnen auch aufgrund des Mehrkostenvorbehalts gem. § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB XII verweigern. Hiernach ist das Wunsch- und Wahlrecht des Leistungsempfängers eingeschränkt, wenn die die Erfüllung mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden wäre. Richtigerweise vergleicht die Beklagte die selbstorganisierte Pflege des Klägers mit einem ambulanten Pflegedienst. Während die Kosten eines ambulanten Pflegedienstes nach Abzug der Leistungen der sozialen Pflegeversicherung nach der Pflegestufe III bei monatlich ca. 6.200,00 Euro liegen würden, betragen die Kosten der selbstorganisierten Pflege des Kläger bereits bei einem Stundenlohn von 10,25 Euro ca. 9.600,00 Euro im Monat. Die Mehrkosten liegen daher bereits beim bisher gewährten Stundenlohn bei 55 Prozent.
Ein ambulanter Pflegedienst kann als Vergleich auch herangezogen werden. Genau wie durch die selbstorganisierte Pflege, wird durch einen ambulanten Pflegedienst in zumutbarer Weise der Bedarf der Pflege gedeckt. Die Pflege und Hilfestellung durch einen ambulanten Pflegedienst wäre die Alternative, wenn dem Wunsch- und Wahlrecht des Klägers nicht gefolgt würde.
Jedenfalls noch höhere Kosten einer selbstorganisierten Pflege als die derzeitigen wären unverhältnismäßig. Exakte Prozentsätze, wann von einer Unverhältnismäßigkeit ausgegangen werden kann, lassen sich nicht festlegen (vgl. OVG Hamburg Urteil vom 17. August 1995 - Bs IV 165/95, LSG Niedersachsen-Bremen Urteil vom 7. Juni 2007 und Spellbrink in: jurisPK-SGB XII § 9: nehmen jeweils bei 50% Mehrkosten eine Unverhältnismäßigkeit an; Wahrendorf, in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, § 9 Rdnr. 36: ca. 20 Prozent). Unter Zugrundlegung des vom Kläger geforderten Stundenlohns wären die Mehrkosten aber bereits bei rund 55 Prozent. Dies ist nach Auffassung des Senats bereits als absoluter Wert ein deutlich zu hoher Mehrkostenanteil, um als verhältnismäßig angesehen zu werden. Selbst wenn man aber einen absoluten Grenzwert für die Bestimmung der Verhältnismäßigkeit nicht ansetzen will, wird man in einer Gesamtabwägung zu einer relativen Unverhältnismäßigkeit kommen. In eine Gesamtabwägung wären die Konsequenzen einzustellen, die bei Nichtbeachtung des Wunsch- und Wahlrechts des Klägers eintreten würden. Hier würde die Pflege durch einen wirtschaftlicheren ambulanten Pflegedienst sichergestellt werden müssen. Qualitativ wäre dem Kläger die Pflege durch einen solchen Dienst sicherlich zumutbar. Unweigerlich müsste der Kläger aber in Kauf nehmen, dass entweder die Pflegeperson häufiger als bisher wechselt oder er hierauf jedenfalls keinen Einfluss mehr nehmen kann. Im Erörterungstermin hat er als tragende Begründung für seinen Wunsch, die Pflege selbst zu organisieren, zudem vortragen lassen, es sei ihm wichtig, selbstbestimmt zu leben. Hierzu gehöre es, Pflegepersonal selbst auszuwählen und über einen längeren Zeitraum zu behalten. Es fehle andernfalls an einer individuellen Betreuung. Diese Motive sind für den Senat nachvollziehbar, im Hinblick auf den Maßstab der Sozialhilfe aber nicht zwingend, um die Zumutbarkeit eines ambulanten Pflegedienstes gänzlich auszuschließen. Gem. § 1 SGB XII ist es nicht Aufgabe der Sozialhilfe alle Wünsche des Leistungsempfängers zu erfüllen, sondern dem Würdeprinzip folgend eine Letzt- oder Nothilfe ausgerichtet an der Menschenwürde zu sichern (Wahrendorf, in: Grube/Wahrendorf SGB XII § 1 Rdnr. 17). Zur Menschenwürde gehört zwar auch ein selbstbestimmtes Leben. Die Selbstbestimmung kann aber nicht so weit gefasst werden, dass der Leistungsempfänger grenzenlos über die Art und Weise der Leistungen disponieren kann, arg. § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB XII. Eine möglichst weitgehende Selbstbestimmung im Alltag wird jedoch auch durch einen ambulanten Pflegedienst ermöglicht. Ambulante Pflegedienste arbeiten nach den Grundsätzen des § 2 Sozialgesetzbuch Elftes Buch - Soziale Pflegeversicherung (SGB XI). Hiernach sollen die Leistungen den Pflegebedürftigen helfen, trotz ihres Hilfebedarfs ein möglichst selbständiges und selbstbestimmtes Leben zu führen, das der Würde des Menschen entspricht. Die Hilfen sind darauf auszurichten, die körperlichen, geistigen und seelischen Kräfte der Pflegebedürftigen wiederzugewinnen oder zu erhalten. Ihren Wünschen zur Gestaltung der Hilfe soll, soweit sie angemessen sind, im Rahmen des Leistungsrechts entsprochen werden. Wünsche der Pflegebedürftigen nach gleichgeschlechtlicher Pflege haben nach Möglichkeit Berücksichtigung zu finden. Die Pflegebedürftigen sind auf diese Rechte hinzuweisen. Zudem wäre auch einem ambulanten Pflegedienst aus Effizienzgründen an einer kontinuierlichen Betreuung durch gleiches Personal gelegen, um Anlernaufwände gering zu halten, so dass wohl praktisch diesem Wunsch des Klägers ohnehin Rechnung getragen würde. Schließlich sind die vorgebrachten Motive auch im Hinblick darauf zu relativieren, dass der Kläger zumutbare und kostenlose Unterstützung bei der Suche nach Pflegeperson durch den Verein X. e.V. offenkundig nicht in Anspruch nimmt.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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