L 3 AL 384/14 WA

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AL 384/14 WA
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
1. Die Nichtigkeitsklagen werden als unzulässig abgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten des Wiederaufnahmeverfahrens sind nicht zu erstatten.

3. Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Nichtigkeitsverfahren wird abgelehnt.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt die Wiederaufnahme mehrerer abgeschlossener Berufungs- und Beschwerdeverfahren. In den Jahren 2010 bis 2012 waren bei dem erkennenden Senat zahlreiche Berufungs-, Beschwerde- und sonstige Verfahren des Klägers gegen die Beklagte anhängig, die ihren Ausgang überwiegend in Verfahren vor dem Sozialgericht Karlsruhe (SG) genommen hatten. Im Einzelnen handelte es sich - soweit für diese Wiederaufnahmeklagen relevant - um die im Folgenden aufgelisteten Verfahren. Die dort verwandten Abkürzungen sind im Anschluss erläutert. Nr damaliges Az. des SG Karlsruhe Gegen-stand damalige Entscheidung des SG Az. des erkennenden Senats Gegenstand Ausgang des zweitinstanzlichen Verfahrens Az. WA-Verf. Art Datum Art Datum L 3 AL WA

1. S 11 AL 4479/10 Klage GB 01.08.2011 L 3 AL 3695/11 Ber Rü. 18.04.2012 384/14 2. S 11 AL 2036/11 PKH-A B 18.04.2012 L 3 AL 2027/12 B Bs B 13.06.2012 392/14 3. S 11 AL 3969/10 ER Eil-A B 07.10.2010 L 3 AL 4767/10 ER-B Bs B 16.11.2010 (tlw. stattg.) 398/14 4. S 11 AL 4266/10 PKH-A B 16.05.2011 L 3 AL 2474/11 B Bs B 01.08.2011 399/14 5. S 3 AL 4197/09 PKH-A B 10.08.2011 L 3 AL 3981/11 B Bs B 28.12.2011 400/14 6. S 11 AL 3982/07 Klage GB 09.08.2010 L 3 AL 3931/10 B Bs B 25.01.2011 (unzul.) 05.05.2011 (Ber.) 405/14 7. S 11 AL 1241/11 PKH-A B 30.12.2011 L 3 AL 427/12 B Bs B 01.03.2012 406/14 8. S 11 AL 1286/11 PKH-A B 16.12.2011 L 3 AL 426/12 B Bs B 01.03.2012 407/14 9. S 11 AL 1487/11 PKH-A B 22.12.2011 L 3 AL 429/12 B Bs B 01.03.2012 409/14 10. S 11 AL 1496/11 PKH-A B 03.01.2012 L 3 AL 430/12 B Bs B 01.03.2012 410/14 11. S 11 AL 1428/09 Fahrtk. B 29.04.2011 L 3 AL 1928/11 B Bs B 29.06.2011 414/14 12. S 11 AL 4046/10 AE, Tb B 13.05.2011 L 3 AL 2473/11 B Bs B 05.07.2011 447/14 13. S 11 AS 3171/11 ER Eil-A B 09.08.0211 L 3 AL 558/12 ER-B Bs B 22.03.2012 450/14 14. S 11 AL 5436/10 Klage GB 28.07.2011 L 3 AL 3921/11 Ber Rü. 18.04.2012 452/14 15. S 11 AL 4315/10 PKH-A B 22.08.2011 L 3 AL 3977/11 B Bs B 05.10.2011 459/14 16. S 11 AL 5034/10 PKH PKH-A B 16.08.2011 L 3 AL 3980/11 B Bs B 23.01.2012 462/14 17. S 11 AL 4492/10 PKH-A B 08.08.2011 L 3 AL 3982/11 B Bs B 15.02.2012 464/14 18. S 11 AL 1013/11 PKH PKH-A B 15.08.2011 L 3 AL 3983/11 B Bs B 07.02.2012 465/14 19. S 11 AL 559/11 PKH PKH-A B 21.07.2011 L 3 AL 3984/11 B Bs B 08.11.2011 466/14 20. S 11 AL 4953/10 PKH-A B 24.08.2011 L 3 AL 4173/11 B Bs B 23.01.2012 470/14 21. S 11 AL 212/11 PKH-A - - L 3 AL 4481/11 B Bs B 23.01.2012 (unzul., kein B des SG) 471/14 22. S 11 AL 212/11 PKH-A - - L 3 SF 4482/11 AB Abl B 23.01.2012 472/14 23. S 11 AL 2604/11 ER Eil-A B 04.07.2011 L 3 AL 4927/11 RG (L 3 AL 3909/11 ER-B, B von 13.10.2011). Anh B 14.02.2012 473/14

Gegenstand Klage Klageverfahren PKH-A Prozesskostenhilfeantrag Eil-A Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz Fahrtk Antrag auf Fahrtkosten zu einer mündlichen Verhandlung AE Antrag auf Akteneinsicht Tb Antrag auf (Tatbestands-)Berichtigung Ber Berufung Bs Beschwerde Abl Ablehnungsgesuch gegen Richter erster Instanz Anh Anhörungsrüge

Ausgang des Verfahrens / Entscheidung GB Gerichtsbescheid B Beschluss - keine Entscheidung vorhanden Rü Rücknahme des Rechtsmittels (hier: Berufungen)

In den Verfahren L 3 AL 3695/11 und L 3 AL 3921/11 hatte der Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung am 18.04.2012 die Berufungen gegen Gerichtsbescheide des SG zurückgenommen (lfd. Nrn. 1, 14). Das Verfahren L 3 SF 4482/11 AB hatte ein Ablehnungsgesuch gegen den Vorsitzenden der zuständigen Kammer des SG betroffen, über das nach der damaligen Fassung des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) der Senat durch Beschluss entschieden hat (lfd. Nr. 22). Das damalige Verfahren L 3 AL 4927/11 RG betraf eine Anhörungsrüge des Klägers gegen Beschlüsse des Senats vom 13.10.2011 in den Verfahren L 3 AL 3909/11 ER-B, 3910/11 ER-B, 3911/11 ER-B und L 3 AL 3364/11 B; der Senat hat die Anhörungsrüge durch den genannten Beschluss als unzulässig verworfen (lfd. Nr. 23). In den übrigen Verfahren hat der Senat jeweils Beschwerden des Klägers gegen Beschlüsse des SG über die Ablehnung von PKH-Anträgen, Anträgen auf einstweiligen Rechtsschutz oder auf Gewährung von Fahrtkosten, Akteneinsicht oder auf Berichtigung von Tatbeständen anderer Entscheidungen zurückgewiesen und zum Teil verworfen; in dem Verfahren L 3 AL 4767/10 ER-B (lfd. Nr. 3) jedoch auch einer solchen Beschwerde zum Teil stattgegeben. Mit Eingang bei dem Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg am 27.01.2014 hat der Kläger "gegen die Urteile und Beschlüsse" aus den genannten 23 Verfahren - sowie aus zahlreichen weiteren - "Nichtigkeitsklage nach § 579 ZPO (Zivilprozessordnung)" erhoben. Ferner beantragt er die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) und die Beiordnung eines Rechtsanwalts. Er trägt vor, der Sachverständige Prof. Dr. A. habe in seinem Gutachten vom 08.07.2013 für das LSG in dem Verfahren L 2 SF 3694/12 festgestellt, er - der Kläger - sei seit 2006 völliger Geisteskrankheit verfallen und prozessunfähig. Daraus folge, dass die Entscheidungen in den genannten Verfahren nichtig seien. Auch seien die damaligen Zustellungen unwirksam. Seine - des Klägers - Prozessunfähigkeit führe jedoch nicht zur Unzulässigkeit der jetzigen Nichtigkeitsklagen. Der Kläger beantragt in sinngemäßer Auslegung, in den genannten Verfahren die jeweiligen Entscheidungen des Senats aufzuheben und nach den dort zuletzt gestellten Anträgen zu erkennen. Die Beklagte hat keine Anträge gestellt und sich nicht zur Sache eingelassen. In den parallel anhängigen Nichtigkeitsverfahren L 3 AL 2/14 und L 3 AL 5/14 hat der Senat aus der Akte des Verfahrens L 2 SF 3694/12 das Gutachten von Prof. Dr. A. vom Institut für Psychiatrische Begutachtung vom 08.07.2013 beigezogen. Ferner hat der Senat beigezogen das Gutachten der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. B.-C. vom 13.10.2010 in dem Verfahren 2 XVII 77/10 vor dem Amtsgericht (AG) Pforzheim, das Gutachten der Fachärzte für Psychiatrie Dr. D. und E. vom 11.06.2012 in dem Verfahren KLs 91 Js 13476/10 AK 18/11 vor dem Landgericht (LG) Pforzheim, das weitere Gutachten derselben Ärzte vom 29.06.2012 in dem Verfahren 1 O 982/10 (2) vor dem LG Regensburg, den Beschluss des Oberlandesgerichts (OLG) Stuttgart vom 08.01.2014 (4 W 53/13) und die Beschlüsse des Bundessozialgerichts (BSG) vom 05.12.2013 in den Verfahren B 2 U 12/13 C und B 2 U 11/13 C. Aus den Akten des genannten Strafverfahrens hat der Senat ferner unter anderem das Urteil vom 11.07.2012 beigezogen. Auf diese Unterlagen, die dem Kläger bekannt sind und über deren Beiziehung der Senat in dem Verfahren L 3 AL 5/14 WA unterrichtet hat, wird Bezug genommen. Letztlich hat der Senat auf Grund der Hinweise des Klägers in seinen Schriftsätzen vom 21.03.2014 und 28.06.2014 aus dem bei dem LG Karlsruhe anhängigen Verfahren 9 T 19/13 das Gutachten von Dr. F. vom 19.05.2014 beigezogen. Auch dieses Gutachten ist dem Kläger bekannt; er hat sich in dem Schriftsatz vom 28.06.2014 umfangreich dazu eingelassen. Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 21.03.2014 in dem Verfahren L 3 AL 5/14 WA sowie in "allen offenen Verfahren" den Berichterstatter sowie sämtliche weitere Mitglieder des Senats wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Dieses Ablehnungsgesuch hat der Senat mit Beschluss vom 05.06.2014 (unter dem Aktenzeichen L 3 AL 5/14 WA) als unzulässig zurückgewiesen. Mit Beschluss vom 26.06.2014 hat der Berichterstatter des Senats die genannten 23 Verfahren nach § 113 Abs. 1 SGG verbunden. Daraufhin hat der Kläger unter dem 28.06.2014 den Berichterstatter abgelehnt; dieses Gesuch hat der Senat mit Beschluss vom 01.08.2014 als unzulässig zurückgewiesen. Mit Schreiben vom 27.06.2014 hat der Senat mitgeteilt, dass er über die verbundenen Nichtigkeitsklagen entsprechend § 158 SGG durch Beschluss ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter entscheiden wolle, und Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 25.07.2014 gegeben. Dieses Schreiben wurde dem Kläger kurzfristig zugestellt; dies ergibt sich daraus, dass er in seinem Schriftsatz vom 28.06.2014 (eingegangen bei dem LSG am 09.07.2014) darauf eingegangen ist.

II.

1. Der Senat konnte über die Wiederaufnahmeklagen entscheiden, ohne dass dem Kläger zuvor ein besonderer Vertreter zu bestellen gewesen wäre. a) Die Bestellung eines besonderen Vertreters im sozialgerichtlichen Verfahren richtet sich nach § 72 Abs. 1 SGG. Nach dieser Vorschrift kann der Vorsitzende des zuständigen Gerichts der Sozialgerichtsbarkeit für einen nicht prozessfähigen Beteiligten ohne gesetzlichen Vertreter einen besonderen Vertreter bestellen. Diese Vorschrift gilt - anders als der Wortlaut des § 57 Abs. 1 ZPO - auch für prozessunfähige Kläger. Prozessunfähig in diesem Sinne ist nach einem Umkehrschluss zu § 71 Abs. 1 ZPO, wer sich nicht durch Verträge verpflichten kann, also geschäftsunfähig im Sinne des bürgerlichen Rechts ist. Nach § 104 Nr. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ist geschäftsunfähig, wer sich in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet, sofern nicht der Zustand seiner Natur nach ein vorübergehender ist. Für die Bestellung eines besonderen Vertreters nach § 72 Abs. 1 SGG reicht es aus, wenn nicht ausräumbare Zweifel an der Prozessfähigkeit des Beteiligten bestehen (Leitherer, a.a.O., § 72 Rn. 2 m.w.N.). Wenn allerdings der Rechtsbehelf eines Klägers oder sonstigen Beteiligten offensichtlich unzulässig oder unbegründet ist, kann der Vorsitzende des zuständigen Gerichts auch davon absehen, einen besonderen Vertreter zu bestellen, selbst wenn Zweifel an der Prozessfähigkeit verbleiben (Leitherer, a.a.O., § 72 Rn. 2c). In diesen Fällen kann nicht davon ausgegangen werden, dass der besondere Vertreter die bisherige Prozessführung der möglicherweise prozessunfähigen Partei genehmigt (§ 184 Abs. 1 BGB), sodass der Rechtsbehelf am Ende ohnehin als unzulässig abzulehnen ist (vgl. BSG, Urt. v. 03.07.2003, B 7 AL 216/02 B, Juris Rn. 10 m.w.N.). An diese Ausnahme sind allerdings strenge Anforderungen zu stellen. Es reicht daher nicht aus, dass dem fraglichen Rechtsbehelf keine hinreichenden Erfolgsaussichten zukommen (BSG, a.a.O.). b) Im Falle des Klägers liegt bereits die Eingangsvoraussetzung für die Bestellung eines besonderen Vertreters nicht vor. Der Kläger war bei Erhebung der Wiederaufnahmeklagen prozessfähig und ist dies weiterhin. aa) Bei dieser Einschätzung stützt sich der Senat maßgeblich auf die Gutachten der Fachärzte für Psychiatrie Dr. D. und E. vom 29.06.2012 und des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. F. vom 19.05.2014. In beiden Gutachten haben die jeweils von Amts wegen bestellten Sachverständigen im Auftrage des LG Regensburg bzw. des LG Karlsruhe explizit die Prozess- und Geschäftsfähigkeit des Klägers untersucht. Die Sachverständigen D./E. haben bei dem Kläger eine kombinierte Persönlichkeitsstörung mit narzisstischen und querulatorischen Zügen (verschlüsselt als F61.0 der ICD-10, der Internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme, 10. deutsche Fassung 2014) diagnostiziert. Sie haben keine Psychose oder organisch bedingte Hirnschädigung festgestellt. Sie sind zu der Beurteilung gelangt, der Kläger sei weiterhin prozessfähig. Trotz der inzwischen vielen tausend Gerichtsverfahren in allen Rechtsgebieten, die der Kläger in den letzten Jahren eingeleitet habe, hätten sich bei der Begutachtung keine Hinweise ergeben, dass sich die eigenwilligen und teilweise akzentuierten Überzeugungen des Klägers in wahnhaft anmutender Weise verdichtet hätten und seine Fähigkeit, an Hand vernünftiger Überlegungen Entscheidungen zu treffen, dadurch beeinträchtigt sei. Die gleiche Diagnose (F61.0) hat Dr. F. in seinem aktuellen Gutachten vom 19.05.2014 gestellt, wobei er die Persönlichkeitsstörung des Klägers als Kombination narzisstischer, dissozialer und querulatorischer Anteile eingestuft hat. Auch er hat bei seiner Einschätzung, der Kläger sei prozessfähig, maßgeblich darauf abgestellt, dass keine wahnhaften Elementen vorhanden sind dass der Kläger grundsätzlich durchaus in der Lage war, die Unverhältnismäßigkeit seines Verhaltens anzuerkennen und in Grenzen Einsicht zu zeigen. Er hat als Gründe für sein Verhalten nicht nur das abstrakte Beharren darauf, Recht zu behalten, angegeben, sondern auch Spaß und die Bekämpfung von Langeweile. Es sind also grundsätzlich normale, wenn auch in der Situation einer Prozessführung unangebrachte Motive vorhanden. Dr. F. hat abschließend und unter Hinweis auf anerkannte psychiatrische Literatur (u.a. Nedopil, Schuld- und Prozessunfähigkeit von Querulanten, 1985; ders., Forensische Psychiatrie, 3. Aufl. 2007) darauf hingewiesen, dass nicht jede Persönlichkeitsstörung nach der ICD-10 Krankheitswert hat und dazu führen muss, dass Prozessunfähigkeit anzunehmen sei. Dies sei nur der Fall, wenn wahnhafte Elemente vorhanden seien und der Betroffene überhaupt nicht mehr in der Lage sei, sein Tun zu steuern oder dessen Folgen, auch für sich, abzuschätzen. Solche wahnhaften Elemente hat der Sachverständige nicht gefunden und dem Kläger daher eine Persönlichkeitsstörung attestiert. Diese Feststellungen und Schlussfolgerungen der genannten Gutachter tritt der Senat bei. Die Gutachten betrafen konkret die Frage der Prozessfähigkeit des Klägers, während das Gutachten D./E. vom 11.06.2012 die Schuldfähigkeit des Klägers im Strafverfahren (§§ 20, 21 Strafgesetzbuch [StGB]) betroffen hatte und das Gutachten vom 13.10.2010 in einem Betreuungsverfahren nach §§ 1896 ff. BGB eingeholt worden war, also die Betreuungsbedürftigkeit und ggfs. die Geschäftsfähigkeit des Klägers betroffen hatte. Die Gutachten vom 29.06.2012 und 19.05.2014 beruhen auf zutreffenden Annahmen, ausreichenden Untersuchungen und sind nachvollziehbar begründet. Beiden Gutachten lagen persönliche Untersuchungen des Klägers zu Grunde: Die Sachverständigen D./E. konnten auf den Eindruck zurückgreifen, den sie als Teilnehmer der Hauptverhandlung des Strafprozesses von dem Kläger gewonnen hatte. Und Dr. F. hat den Kläger am 01. und am 08.03.2014 in der Justizvollzugsanstalt mehrere Stunden lang exploriert. Die Ergebnisse der beiden Gutachten werden gestützt durch das Gutachten von Dr. B.-C. vom 13.10.2010, die in dem damaligen Betreuungsverfahren vor dem AG Pforzheim lediglich akzentuierte Persönlichkeitszüge bei erhaltenen höheren psychischen Funktionen festgestellt und daher die Voraussetzungen einer rechtlichen Betreuung verneint hatte. Und der Senat erkennt in den Beschreibungen der Gutachter D./E. und F. seinen eigenen Eindruck von dem Kläger wieder: Der Kläger hat in den Jahren seit 2005 vor dem Landessozialgericht mindestens 1.500 Verfahren geführt (Stand heute: 1.528) Verfahren geführt, darunter in den Jahren 2010 bis 2014 mindestens 681 vor dem erkennenden Senat. Der Senat hat ihn - in teilweise der gleichen Besetzung wie heute - mehrfach in mündlichen Verhandlungen erlebt, darunter in jener vom 18.04.2012. Es war zwar offenkundig, dass es dem Kläger nicht um die Sache geht, zumal er oft nicht mehr weiß, welchen Gegenstand ein bestimmtes Verfahren überhaupt hat, was allerdings bei der produzierten Masse an Verfahren nicht verwunderlich ist. Es war auch zu erkennen, dass es dem Kläger Freude bereitet, das LSG und die anderen betroffenen Gerichte quasi lahmzulegen. Aber seine Fähigkeit, im Rahmen dieses Interesses die zahlreichen Verfahren zielgerichtet zu verfolgen, ist nicht beeinträchtigt. Ebenso hat auch der Senat den Eindruck gewonnen, dass der Kläger durchaus in der Lage ist, im Rahmen des genannten Interesses auf die jeweilige prozessuale Situation zu reagieren, Angaben zu machen und sein Verhalten - prinzipiell - nach den Hinweisen und Anregungen des Gerichts auszurichten. So konnte der Kläger auf Nachfragen zu bestimmten Geschehnissen (Arbeitsverhältnissen, Vorstellungsgesprächen) inhaltlich antworten. Er war auch bereit, Berufungen zurückzunehmen, wenngleich die Gründe hierfür, insbesondere etwaige Unterschiede zu anderen Verfahren, für Außenstehende nicht erkennbar waren. Auch zuletzt, in seinem Schriftsatz vom 28.06.2014, zeigt sich weiterhin die verbliebene Fähigkeit des Klägers, formal sachangemessen zu handeln. Dieser Schriftsatz betrifft weitgehend das aktuelle Verfahren vor dem LG Karlsruhe (9 T 19/13) und das dort erhobene Gutachten von Dr. F., aber der Kläger hat doch in einem Vorspann den Bezug zu den hier anhängigen Wiederaufnahmeklagen hergestellt und auf ein laufendes Verfahren vor dem Bundessozialgericht hingewiesen. bb) Dagegen konnte der Senat nicht den Feststellungen und Schlussfolgerungen von Prof. Dr. A. in dem Gutachten vom 08.07.2013 folgen. Dieser Sachverständige hatte ebenfalls eine querulatorische und narzisstische Persönlichkeitsstruktur des Klägers festgestellt, aber gemeint, die verkrustete und verhärtete Willensstruktur des Klägers habe bereits seine Fähigkeit zur freien Willensbestimmung aufgehoben. Prof. Dr. A. musste sein Gutachten jedoch nach Aktenlage erstellen, während die später tätigen Sachverständigen D./E. und F. wie ausgeführt auf Untersuchungen des Klägers zurückgreifen konnten. Gegen Prof. Dr. A.s Gutachten ist auch einzuwenden, dass es im eigentlichen Sinne keine Diagnose nach den anerkannten Klassifikationssystemen (ICD-10 oder ggfs. DSM-V) enthält und seine Einschätzung, ein derartiges Gutachten könne ohne jede Exploration des Verhaltens des Probanden erstellt werden, Bedenken begegnet, weil die Feststellung einer Prozessunfähigkeit wegen ihrer weitreichenden Folgen die Ausschöpfung aller erreichbaren Beweismittel verlangt (vgl. Bundesgerichtshof [BGH], Urt. v. 08.12.2009, VI ZR 284/08, Juris Rn. 8 f.; vgl. Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschl. v. 19.08.2013, 1 BvR 577/13, Juris Rn. 12). cc) Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass auch andere Gerichte den Kläger ausdrücklich für prozessfähig gehalten haben (OLG Stuttgart, Beschluss vom 08.01.2014, S. 4 ff.; BSG, Beschlüsse vom 05.12.2013, jeweils S. 3 letzter Absatz). c) Ferner scheidet die Bestellung eines besonderen Vertreters aus, weil die Wiederaufnahmeklagen offensichtlich unzulässig sind, wie in Abschnitt 3 der Entscheidungsgründe dargestellt.

2. Der Senat entscheidet über die 23 verbundenen Nichtigkeitsklagen entsprechend § 158 Satz 1 SGG durch Beschluss. Das BSG hat in seinem Urteil vom 10.07.2012 (B 13 R 53/12 B) entschieden, dass ein Berufungsgericht über unzulässige Wiederaufnahmeklagen ebenso wie über unzulässige Berufungen durch Beschluss entscheiden kann (Juris, Rn. 11 ff.). Dies folgt aus § 179 Abs. 1 SGG i.V.m. § 585 ZPO und entsprechender Anwendung von § 158 Satz 1 und 2 SGG. Das Vierte Buch der ZPO, auf das § 179 SGG verweist, enthält keine Bestimmung darüber, in welcher Form die gerichtliche Entscheidung über die Wiederaufnahmeklage zu ergehen hat. § 589 Abs. 1 Satz 1 ZPO normiert zwar, dass eine unzulässige Wiederaufnahmeklage zu verwerfen ist, sieht aber keine Regelung vor, ob dies durch Beschluss oder Urteil zu erfolgen hat. § 585 ZPO bestimmt lediglich, dass für das weitere Verfahren die allgemeinen Vorschriften entsprechend gelten. Daraus kann aber nicht geschlossen werden, dass sich für das sozialgerichtliche Verfahren die Entscheidung im Beschlusswege verbieten würde. Vielmehr ist die Entscheidungsform den entsprechenden Vorschriften des SGG zu entnehmen. Danach kann § 158 Satz 1 SGG entsprechend angewandt werden (BSG, a.a.O., Rn. 14 m.w.N.). Nach dieser Vorschrift kann das Berufungsgericht unzulässige Berufungen auf vereinfachte Weise verwerfen. Damit hat der Gesetzgeber deutlich zum Ausdruck gebracht, dass auch im Berufungsverfahren nicht stets die aufwändigere Entscheidungsform der mündlichen Verhandlung zu wählen ist. Dies dient der Entlastung der Berufungsinstanz (vgl. BR-Drucks 314/91, S 156 f). Die selben Gründe sprechen dafür, auch unzulässige Wiederaufnahmeklagen durch Beschluss verwerfen zu können. Das Wiederaufnahmeverfahren bezweckt schließlich nichts anderes als die Fortsetzung eines abgeschlossenen - ggfs. zweitinstanzlichen - Verfahrens und die Ersetzung der dort getroffenen rechtskräftigen Entscheidung. Allerdings sind die Beteiligten konkret zu dieser Entscheidungsform anzuhören (vgl. - entsprechend zu § 153 Abs. 4 SGG - BSG, Urt. v. 12.07.2012, B 14 AS 158/11 B, Juris Rn. 11). Die 23 Wiederaufnahmeklagen sind, wie im Folgenden ausgeführt wird, unzulässig. Über die beabsichtigte Entscheidung durch Beschluss hat der Senat die Beteiligten unter dem 27.06.2014 unterrichtet.

3. Der Senat kommt im Rahmen der ersten Stufe eines Wiederaufnahmeverfahrens, der Zulässigkeitsprüfung nach § 179 Abs. 1 SGG i.V.m. § 589 Abs. 1 Satz 1 ZPO (vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. 2012, § 179 Rn. 9), zu dem Ergebnis, dass die 23 verbundenen Nichtigkeitsklagen unzulässig sind und daher nach § 589 Abs. 1 Satz 2 ZPO zu verwerfen sind, wie ausgeführt durch Beschluss entsprechend § 158 Satz 1 SGG. Nichtigkeitsklagen nach § 179 Abs. 1 SGG i.V.m. § 579 Abs. 1 ZPO finden grundsätzlich nur gegen Urteile statt. Dies ergibt sich deutlich aus den Formulierungen zur Zuständigkeit in § 584 Abs. 1 ZPO. Ferner muss es sich um Urteile handeln, die eine Instanz beendet haben, also um Endurteile (§ 300 Abs. 1 ZPO). In diesem Rahmen werden Prozess- und Sachurteile gleichermaßen erfasst (Leitherer, a.a.O., § 179 Rn. 3). Auf Grund der Besonderheiten des sozialgerichtlichen Verfahrens kann hier eine Nichtigkeitsklage auch gegen Gerichtsbescheide (§ 105 Abs. 1 SGG) sowie gegen rechtskräftige bzw. nicht anfechtbare Beschlüsse erhoben werden, soweit diese auf einer Sachprüfung beruhen und die Instanz abschließen und grundsätzlich der (materiellen) Rechtskraft fähig sind. Dies sind im Wesentlichen Beschlüsse im Berufungsverfahren nach § 153 Abs. 4 oder § 158 Satz 1 SGG (Leitherer, a.a.O.). Dagegen sind Wiederaufnahmeklagen ausgeschlossen gegen Beschlüsse, die nicht materiell rechtskräftig werden können, auch wenn sie ggfs. unanfechtbar sind (§ 177 SGG), oder gegen Beschlüsse, die die Instanz nicht abschließen. Hierzu zählen Beschlüsse in Beschwerdeverfahren aller Art, auch in Beschwerden in Eilverfahren nach § 86b Abs. 2 SGG (Leitherer, a.a.O., Rn. 3b). Gegen derartige Beschlüsse ist eine Wiederaufnahmeklage nicht statthaft, weil - mangels materieller Rechtskraft - ggfs. ein entsprechender neuer Antrag gestellt werden kann. Und Nichtigkeitsklagen finden nicht statt in Verfahren, die durch eine Rücknahme von Klage oder Berufung geendet haben, weil es hier an jeglicher Entscheidung fehlt, die Gegenstand eines Wiederaufnahmeverfahrens sein könnte (Leitherer, a.a.O.). In diesen 23 Verfahren liegen keine Entscheidungen des Senats vor, die Gegenstand einer Nichtigkeitsklage sein könnten. Wie ausgeführt, hatte der Senat in 21 der Verfahren durch Beschlüsse Beschwerden des Klägers in PKH- oder Eilsachen und einem Ablehnungsverfahren bzw. Anhörungsrügen nach § 178a SGG gegen eigene Beschlüsse zurückgewiesen oder verworfen. In zweien der damaligen Verfahren hatte der Kläger Berufungen gegen erstinstanzliche Gerichtsbescheide zurückgenommen.

4. Der Antrag des Klägers, ihm für die 23 Nichtigkeitsverfahren PKH zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, war mangels hinreichender Erfolgsaussichten, die auch schon bei Erhebung der Klagen bestanden, nach § 73a Abs. 1 SGG i.V.m. § 114 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) abzulehnen.

5. Die Entscheidung über die Kosten der Wiederaufnahmeverfahren beruht auf § 193 SGG. 6. Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 158 Satz 3 i.V.m. § 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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