Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 7 R 1377/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 1658/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 11. März 2013 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt Rente wegen Erwerbsminderung.
Die 1958 geborene bei der Beklagten gesetzlich rentenversicherte Klägerin, die im April 1976 von Italien in die Bundesrepublik Deutschland übersiedelte, hat keinen Beruf erlernt und war als Küchenhilfe und als Fabrikarbeiterin beschäftigt, wobei sich widersprechende Angaben vorliegen, welche Tätigkeit sie zuletzt (versicherungspflichtig) ausgeübt hat. Nach dem aktuellsten aktenkundigen, von der Beklagten im Berufungsverfahren vorgelegten Versicherungsverlauf vom 27. Juni 2013 legte sie in folgenden Zeiträumen Rentenzeiten aufgrund einer versicherungspflichtigen Beschäftigung zurück: 6. bis 9. September 1976, 11. Oktober bis 22. Dezember 1976, 6. Juni bis 8. Juli 1977 und 16. Oktober 1990 bis 2. Oktober 1991. Außerdem übte sie nach den dortigen Angaben in der Zeit vom 1. April 1999 bis 29. Februar 2004 (abgesehen von einer Unterbrechung in der Zeit vom 1. Februar bis 30. April 2003) eine geringfügige nicht versicherungspflichtige Beschäftigung (nach ihrem Angaben im Rentenantrag und im Rahmen der Klagebegründung als Küchenhilfe, nach ihrem Berufungsvorbingen als Fabrikarbeiterin) aus. Seit dem 1. Januar 2005 bezieht sie Arbeitslosengeld II.
Am 20. September 2011 beantragte die Klägerin Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte veranlasste eine Untersuchung und Begutachtung der Klägerin durch Orthopäden Dr. B ... Im Gutachten vom 19. Oktober 2011, das er nach einer Untersuchung der Klägerin an diesem Tag erstellte, diagnostizierte dieser ein chronisches Schmerzsyndrom, einen Verdacht auf eine somatoforme Schmerzstörung, ein chronisches Lendenwirbelsäulen-Syndrom mit pseudoradikulärer Ausstrahlung ins rechte Bein bei relativer Stenose L4/L5 und Bandscheibenprotrusion sowie ein Halswirbelsäulen-Syndrom bei statisch myalgischer Insuffizienz. Unter Berücksichtigung von qualitativen Leistungseinschränkungen (keine schweren bis mittelschweren Tätigkeiten, keine Tätigkeiten mit schwerem Heben und Tragen von Lasten über 15 bis 20 kg, keine Arbeiten in Wirbelsäulenzwangshaltungen und in gebückter Haltung, keine Exposition von Kälte, Nässe oder Zugluft) sei sie zu leichten bis mittelschweren Tätigkeiten im Umfang von täglich sechs Stunden und mehr in der Lage. Mit Bescheid vom 16. Dezember 2011 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin ab. Die Klägerin sei noch in der Lage, mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig zu sein. Sie habe auch keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, da sie aufgrund ihres beruflichen Werdegangs auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen werden könne.
Die Klägerin erhob Widerspruch. Ihr gesundheitlicher Zustand habe sich verschlechtert. Es sei sehr zweifelhaft, ob sie in absehbarer Zeit einer Erwerbstätigkeit regelmäßig nachgehen könne. Sie legte einen Arztbrief des Facharztes für Innere Medizin Dr. K. vom 26. Januar 2012 vor, in dem dieser ausführte, die Beklagte habe zutreffend ausgeführt, dass bei der Klägerin ein chronisches Schmerzsyndrom (Stadium I nach Gerbershagen) und eine relative Spinalkanalstenose im Bereich L4/L5 und L5/S1 bestehe, wobei aktuell eine bedarfsorientierte medikamentöse Therapie mit einem nicht steoridalen Antirheumatikum erfolge. Die bisherigen schmerztherapeutischen Maßnahmen seien nicht geeignet, die Symptomatik der Klägerin spürbar zu verbessern. Die Klägerin sehe sich nicht in der Lage, sechs Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig zu sein. Außerdem legte die Klägerin einen Bericht des Physiotherapeuten D. vom 1. Februar 2012 vor, in dem dieser angab, die volle Beweglichkeit in der Lendenwirbelsäule habe bei der physiotherapeutischen Behandlung in der Zeit vom 31. Oktober 2011 bis 5. Dezember 2011 nicht erreicht werden können, so dass eine langfristige Therapie über mehrere Monate geboten sei.
Die Beklagte holte eine sozialmedizinische Stellungnahme des Arztes Dr. L. vom 9. März 2012 ein, in der dieser ausführte, eine verminderte Entfaltbarkeit der Brust- und Lendenwirbelsäule bei Inklination sowie eine komplette Druck- und Berührungsempfindlichkeit der gesamten Lendenwirbelsäule und des Glutealbereichs seien bereits im Gutachten des Dr. B. vom 19. Oktober 2011 beschrieben worden. Neurologische Störungen seien jedoch nicht nachweisbar gewesen. Der physiotherapeutische Bericht vom 1. Februar 2012 enthalte daher keinen neuen medizinischen Sachverhalt. Auch Dr. K. habe die gutachterlicherseits diagnostizierten Erkrankungen bestätigt. Es sei davon auszugehen, dass die Klägerin von einer Verlängerung der physiotherapeutischen Maßnahmen und einer Ausweitung der bisherigen medikamentösen Therapie profitieren könne, wobei entsprechende Bemühungen bislang nicht erkennbar seien. Mit Widerspruchsbescheid vom 25. April 2012 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch zurück. Die Klägerin sei unter Berücksichtigung von qualitativen Leistungseinschränkungen (Wechseltätigkeiten ohne längere Wirbelsäulen-Zwangshaltungen, ohne häufiges Bücken, ohne häufiges Heben oder Tragen von Lasten von mehr als zwölf kg, ohne besondere Belastung durch Kälte, Zugluft oder Nässe) zu leichten Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt im Umfang von sechs Stunden täglich und mehr in der Lage. Sie habe auch keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, da sie als zuletzt ungelernte Küchenhilfe auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen werden könne.
Am 24. Mai 2012 erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG). Ihre behandelnden Ärzte Dr. K. und Dr. M. bezweifelten, ob sie einer Tätigkeit im Umfang von sechs Stunden täglich nachgehen könne. Ihre Schmerzen könne sie nur in aufrechter Haltung ertragen. Sobald sie sich setze, könne sie nicht mehr selbstständig aufstehen. Nach längerem Stehen habe sie stechende Schmerzen im Lendenwirbelbereich bis zum rechten Fuß. Sie müsse eine erhebliche Anzahl an Schmerztabletten einnehmen und es sei ihr kaum möglich, sich zu bücken. Außerdem würden sich ihre Schmerzen bis zu den Armen ausweiten, so dass ihre Hände taub würden. Darüber hinaus habe sie Schwindel verursachende Schmerzen im Nackenbereich bis zum Kopf. Aufgrund ihrer Kopfschmerzen und Schwindelgefühle könne sie das Haus nicht verlassen, weil sie Angst habe umzufallen. Sie könne weder einkaufen noch ihre Enkelkinder hüten. Die krankengymnastische Behandlung habe keinen Erfolg gebracht und habe aufgrund von zunehmenden Schmerzen abgebrochen werden müssen. Ihre letzte Tätigkeit als Küchenhilfe sei eine körperlich sehr anspruchsvolle Tätigkeit, bei der man öfters eine gebückte Stellung einnehmen und schwere Gegenstände tragen müsse, wozu sie nicht mehr in der Lage sei.
Die Beklagte trat der Klage entgegen.
Das SG hörte die die Klägerin behandelnden Ärzte Dr. M., Klinik für Anästhesie, Intensivmedizin und Schmerztherapie, Sigmaringen sowie Dr. K. als sachverständige Zeugen. Dr. M. gab unter dem 7. August 2012 an, die Klägerin am 14. Juni und 5. Juli 2012 behandelt und folgende Diagnosen gestellt zu haben: Schmerzen im Iliosakralgelenk rechts größer als links mit Ausstrahlung in die Oberschenkelrück- und -außenseite, Halswirbelsäulen-Syndrom, Schmerzchronifizierung III nach Gerbershagen sowie chronischer Schmerz mit somatischen und psychischen Ursachen (Angst und Depression). Schmerzen im Iliosakralgelenk seien geeignet, eine Tätigkeit als Küchenhilfe zeitweise unmöglich zu machen. Leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seien der Klägerin vollschichtig möglich. Dr. K. führte unter dem 21. August 2012 aus, die Klägerin gebe durchgehend Schmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule und im Bereich des Iliosakralgelenks rechts mit Ausstrahlung in den Oberschenkel an, gelegentlich auch Schmerzen im Bereich der Halswirbelsäule mit Ausstrahlung in beide Arme. Trotz umfangreicher Diagnostik und therapeutischer Ansätze habe die Symptomatik weder ätiologisch geklärt noch ein therapeutischer Erfolg erzielt werden können. Wegen der sehr stark wahrgenommenen Schmerzen sei die Klägerin subjektiv nicht in der Lage, ihrer Tätigkeit als Küchenhilfe nachzugehen. Sie schaffe lediglich notdürftig ihren Haushalt und kümmere sich gelegentlich um ihr Enkelkind. Aufgrund von erheblichen Diskrepanzen zwischen den von ihr geschilderten Symptomen und den objektivierbar erhobenen Befunden falle ihm die Einschätzung schwer, ob die Klägerin leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verrichten könne.
Das SG beauftragte Orthopäden Dr. H. mit der Begutachtung der Klägerin. In seinem Sachverständigengutachten vom 12. Oktober 2012, welches er nach einer Untersuchung der Klägerin vom 26. September 2012 erstellte, diagnostizierte dieser ein chronisches therapieresistentes Ganzkörperschmerzsyndrom bei funktionellen Störungen im Bereich der Wirbelsäule mit sekundären, teils willkürlich nicht mehr zu lösenden Muskelverspannungen im Rumpfbereich und variablen Empfindungsstörungen in den oberen und unteren Gliedmaßen ohne Nachweis einer bedeutsamen Nerven- bzw. Nervenwurzelschädigung. Unter Berücksichtigung von qualitativen Leistungseinschränkungen (kein Heben und Tragen von Lasten von mehr als 15 kg in stabilisierter aufrechter Rumpfhaltung bzw. fünf kg in Rumpfvor- oder -seitneigung, regelmäßiger Wechsel der Körperhaltung, kein langes Verharren in Zwangshaltungen der Wirbelsäule, kein häufiges Bücken, keine Arbeiten unter Akkord- oder Fließbandbedingungen, kein Schichtdienst) könne die Klägerin aus orthopädischer Sicht leichte Tätigkeiten vollschichtig verrichten. Im Übrigen empfahl er eine psychiatrische Zusatzbegutachtung.
Im Anschluss holte das SG ein Sachverständigengutachten der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. A. vom 23. Januar 2013 ein, welches sie nach einer Untersuchung der Klägerin vom 16. Januar 2013 erstellte. Sie diagnostizierte eine somatoforme Schmerzstörung. Die Klägerin sei noch in der Lage, sowohl leichte bis mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt als auch eine Tätigkeit als Küchenhilfe vollschichtig auszuüben.
Mit Gerichtsbescheid vom 11. März 2013 wies das SG die Klage ab. Die Klägerin sei nicht voll oder teilweise erwerbsgemindert. Sie könne jedenfalls leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in unterschiedlichen Körperhaltungen überwiegend im Sitzen mit gelegentlichem Heben und Tragen von Lasten bis 15 kg in stabilisierter aufrechter Rumpfhaltung bzw. bis fünf kg in Rumpfvor- oder- seitneigung, ohne Arbeiten in Wirbelsäulenzwangshaltungen, ohne Arbeiten in gebückter Haltung, ohne Arbeiten unter Akkord- und Fließbandbedingungen, ohne Schichtdienst, ohne grob- und feinmechanisch besonders belastende Handarbeiten sowie ohne Exposition gegenüber Kälte, Nässe oder Zugluft mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Das SG stützte sich dabei auf das Gutachten des Dr. B. sowie die Sachverständigengutachten des Dr. H. und der Dr. A ... Die eingeschränkten Sprachkenntnisse der Klägerin seien nicht zu berücksichtigen. Sie habe auch keinen Anspruch auf Rente wegen teilweise Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, da sie zuletzt als Fabrikarbeiterin versicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei und als ungelernte Arbeiterin bzw. angelernte Arbeiterin des unteren Bereichs auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts verwiesen werden könne.
Gegen den ihren Prozessbevollmächtigten am 14. März 2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 15. April 2013 (Montag) Berufung eingelegt. Sie könne aus gesundheitlichen Gründen weder ihren bisherigen Facharbeiterberuf, noch eine zumutbare Verweisungstätigkeit verrichten. Zu Unrecht habe das SG sie nicht als Facharbeiterin angesehen. Zwar treffe zu, dass sie keinen Ausbildungsabschluss als Facharbeiterin habe, jedoch habe sie in der Zeit von 1999 bis 2004 für die Dauer von fünf Jahren den Beruf der Fabrikarbeiterin voll wettbewerbsfähig ausgeübt und bereits in den Jahren 1990 und 1991 als Fabrikarbeiterin gearbeitet. Sie gehöre daher zur Gruppe der Facharbeiter mit der Folge, dass ihr nur solche Tätigkeiten sozial zumutbar seien, die angelernten Tätigkeiten zumindest gleichstünden. Solche Tätigkeiten gebe es für sie im Hinblick auf ihre gesundheitlichen Einschränkungen nicht.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 11. März 2013 und den Bescheid der Beklagten vom 16. Dezember 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. April 2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab 1. September 2011 Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, auch bei Berufsunfähigkeit, zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hat einen Versicherungsverlauf der Klägerin vom 27. Juni 2013 vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akte des SG und die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und zulässige Berufung der Klägerin, über die der Senat mit Einverständnis beider Beteiligter durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG) ist unbegründet. Das SG hat die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage zu Recht abgewiesen, denn der Bescheid der Beklagten vom 16. Dezember 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. April 2012 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung (1.), auch nicht wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (2.).
1. Versicherte haben nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 1. Januar 2008 geändert durch Artikel 1 Nr. 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007 [BGBl. I, S. 554]), wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Nach diesen Maßstäben ist die Klägerin seit Rentenantragstellung weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Nach dem Ergebnis der Ermittlungen der Beklagten im Verwaltungsverfahren sowie der vom SG durchgeführten Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Klägerin noch in der Lage ist, zumindest leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mehr als sechs Stunden täglich zu verrichten. Der Senat entnimmt dies dem bereits im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten des Dr. B. vom 19. Oktober 2011 und den vom SG eingeholten Sachverständigengutachten des Dr. H. vom 12. Oktober 2012 sowie der Dr. A. vom 23. Januar 2013.
a) Auf orthopädischem Fachgebiet leidet die Klägerin an einem chronischen therapieresistenten Ganzkörperschmerzsyndrom bei funktionellen Störungen im Bereich der Wirbelsäule mit sekundären, teils willkürlich nicht mehr zu lösenden Muskelverspannungen im Rumpfbereich und variablen Empfindungsstörungen in den oberen und unteren Gliedmaßen ohne Nachweis einer bedeutsamen Nerven- bzw. Nervenwurzelschädigung. Dies entnimmt der Senat dem Sachverständigengutachten des Dr. H. vom 12. Oktober 2012 und dem Gutachten des Dr. B. vom 19. Oktober 2011, der die im Wesentlichen selben Diagnosen lediglich zum Teil anders bezeichnet hat.
Auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet liegt bei der Klägerin eine somatoforme Schmerzstörung vor. Dies entnimmt der Senat dem Sachverständigengutachten der Dr. A. vom 23. Januar 2013.
b) Aus den bei der Klägerin als rentenrelevant zu berücksichtigenden Gesundheitsstörungen ergeben sich nach Überzeugung des Senats qualitative Leistungseinschränkungen. Die Klägerin sollte auf Grund ihrer körperlichen Beeinträchtigungen keine schweren bis mittelschweren Arbeiten mehr durchführen, die mit dem Heben und Tragen von Lasten von mehr als 15 kg (in stabilisierter aufrechter Rumpfhaltung) bzw. von fünf kg (bei Rumpfneigung) verbunden sind, Wirbelsäulenzwangshaltungen bzw. gebückte Haltungen, Akkord- und Fließbandbedingungen, Schichtdienst, Expositionen gegenüber Kälte, Nässe und Zugluft sowie grob- und feinmechanisch besonders belastende Handarbeiten meiden. Dies entnimmt der Senat dem Gutachten des Dr. B. vom 19. Oktober 2011 und dem Sachverständigengutachten des Dr. H. vom 12. Oktober 2012. Weitere Leistungseinschränkungen bestehen bei der Klägerin nicht. Insbesondere ergeben sich aus der somatoformen Schmerzstörung keine weiter gehenden qualitativen Leistungseinschränkungen, wie der Senat dem Sachverständigengutachten der Dr. A. vom 23. Januar 2013 entnimmt. Damit liegt auch der Ausnahmefall einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung (vgl. hierzu etwa Bundessozialgericht [BSG], Urteile vom 1. März 1984 4 RJ 43/83 - und 9. Mai 2012 - B 5 R 68/11 R - m.w.N; auch Großer Senat, Beschluss vom 19. Dezember 1996 - GS 2/95 - alle in juris) nicht vor. Die Leistungseinschränkungen der Klägerin können zwar das Spektrum der für sie in Betracht kommenden Tätigkeiten einschränken, sie begründen aber keine Zweifel an der normalen betrieblichen Einsatzfähigkeit für leichtere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes.
c) Unter Berücksichtigung der genannten qualitativen Leistungseinschränkungen ist die Klägerin seit ihrem Rentenantrag noch in der Lage, zumindest leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Der Senat schließt sich auch insoweit den übereinstimmenden sowie schlüssigen und überzeugenden Einschätzungen des Dr. B. in seinem Gutachten vom 19. Oktober 2011, des Dr. H. in seinem Sachverständigengutachten vom 12. Oktober 2012 sowie der Dr. A. in ihrem Sachverständigengutachten vom 23. Januar 2013 an. Diese Leistungsbeurteilung entspricht auch derjenigen des die Klägerin behandelnden Dr. M. in seiner sachverständigen Zeugenauskunft gegenüber dem SG vom 7. August 2012, während der Hausarzt der Klägerin Dr. K. sich aufgrund der Diskrepanzen zwischen den von der Klägerin geschilderten Symptomen und den objektiv erhobenen Befunden zu keiner quantitativen Leistungseinschätzung in der Lage sah (sachverständige Zeugenauskunft gegenüber dem SG vom 21. August 2012). Demnach geht keiner der im vorliegenden Verfahren involvierten Ärzte auf der Grundlage der erhobenen Befunde davon aus, dass die Klägerin zu leichten Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht mehr in der Lage ist.
d) Ob der Klägerin ein Arbeitsplatz vermittelt werden kann oder nicht, ist für den geltend gemachten Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung nicht erheblich. Die jeweilige Arbeitsmarktlage ist nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI). Maßgebend ist, ob die Klägerin mit dem ihr verbleibendem Restleistungsvermögen - wenn auch mit qualitativen Einschränkungen - in der Lage ist, zumindest körperlich leichte Tätigkeiten arbeitstäglich für mindestens sechs Stunden zu verrichten, sie also in diesem zeitlichen Umfang unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts erwerbstätig sein kann, wovon im Regelfall ausgegangen werden kann (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 - B 13 R 78/09 R - in juris). Dies bejaht der Senat wie zuvor dargelegt.
2. Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit haben nach § 240 Abs. 1 SGB VI bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Erreichung der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 1. Januar 2008 geändert durch Art. 1 Nr. 61 RV-Altergrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554) auch Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind nach § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach dem die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihm unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs unter besonderen Anforderung ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Die Klägerin war im streitgegenständlichen Zeitraum nicht berufsunfähig.
Ausgangspunkt der Beurteilung der Berufsunfähigkeit ist der bisherige Beruf. Bisheriger Beruf im Sinne des § 240 SGB VI ist nach ständiger Rechtsprechung des BSG in der Regel die letzte, nicht nur vorübergehend vollwertig ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit (z.B. BSG, Urteil vom 29. März 1994 - 13 RJ 35/93 -; Urteil vom 18. Februar 1998 - B 5 RJ 34/97 R -; Urteil vom 20. Juli 2005 - B 13 RJ 19/04 R -; jeweils in juris). Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zur Erleichterung dieser Beurteilung hat die Rechtsprechung des BSG (vgl. z.B. Urteil vom 29. März 1994 - 13 RJ 35/93 -; Urteil vom 25. Juli 2001 - B 8 KN 14/00 R -; jeweils in juris) die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufs haben, gebildet worden. Entsprechend diesem so genannten Mehrstufenschema werden die Arbeiterberufe durch Gruppen mit den Leitberufen des Facharbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert. Innerhalb der Gruppe der angelernten Arbeiter differenziert das BSG nochmals hinsichtlich der Versicherten, die der oberen und unteren Gruppe der Angelernten angehören. Dem unteren Bereich sind alle Tätigkeiten mit einer regelmäßigen, auch betrieblichen Ausbildungs- und Anlernzeit von drei bis zwölf Monaten und dem oberen Bereich dementsprechend die Tätigkeiten mit einer Ausbildungs- oder Anlernzeit von über zwölf bis zu 24 Monaten zuzuordnen (BSG, Urteil vom 29. März 1994 - 13 RJ 35/93 -; in juris). Die Einordnung eines bestimmten Berufs in dieses Mehrstufenschema erfolgt aber nicht ausschließlich nach der Dauer der absolvierten förmlichen Berufsausbildung. Ausschlaggebend hierfür ist vielmehr allein die Qualität der verrichteten Arbeit, d.h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Es kommt auf das Gesamtbild an. Eine Verweisung kann nur auf einen Beruf derselben qualitativen Stufe oder der nächst niedrigeren erfolgen (BSG, Urteil vom 29. Juli 2004 - B 4 RA 5/04 R -; in juris).
Nach diesen Grundsätzen hat die Klägerin zuletzt zumindest keine Tätigkeit ausgeübt, die eine Anlern- oder Ausbildungszeit von mehr als zwölf Monaten voraussetzt. Der Senat lässt dabei dahinstehen, ob die Klägerin, die keinen Beruf erlernt hat, zuletzt (entsprechend ihren Angaben im Rentenantrag und in der Klagebegründung) als Küchenhilfe oder (entsprechend ihrem Berufungsvorbringen) als Fabrikarbeiterin versicherungspflichtig beschäftigt war. Denn abgesehen davon, dass die Klägerin in der Zeit vom 1. April 1999 bis 29. Februar 2004 lediglich in geringfügigen Umfang und zuvor mit Unterbrechungen lediglich für eine Dauer von insgesamt etwas mehr als einem Jahr versicherungspflichtig beschäftigt war, liegen keinerlei Anhaltspunkte dafür vor, dass sie zu irgendeinem Zeitpunkt - sei es als Küchenhilfe oder als Fabrikarbeiterin - eine Tätigkeit ausgeübt hat, die über eine Anlerntätigkeit im unteren Bereich hinausging. Die Klägerin ist damit allenfalls dem unteren Bereich der angelernten Arbeiter zuzuordnen und kann damit grundsätzlich auf alle auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vorkommenden Tätigkeiten verwiesen werden. Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist in diesen Fällen regelmäßig nicht erforderlich, weil auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine so große Anzahl von Tätigkeitsarten zur Verfügung steht, dass das Vorhandensein einer geeigneten Verweisungstätigkeit offensichtlich ist (z.B. BSG, Urteil vom 14. September 1995 - 5 RJ 50/94 ; in juris).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt Rente wegen Erwerbsminderung.
Die 1958 geborene bei der Beklagten gesetzlich rentenversicherte Klägerin, die im April 1976 von Italien in die Bundesrepublik Deutschland übersiedelte, hat keinen Beruf erlernt und war als Küchenhilfe und als Fabrikarbeiterin beschäftigt, wobei sich widersprechende Angaben vorliegen, welche Tätigkeit sie zuletzt (versicherungspflichtig) ausgeübt hat. Nach dem aktuellsten aktenkundigen, von der Beklagten im Berufungsverfahren vorgelegten Versicherungsverlauf vom 27. Juni 2013 legte sie in folgenden Zeiträumen Rentenzeiten aufgrund einer versicherungspflichtigen Beschäftigung zurück: 6. bis 9. September 1976, 11. Oktober bis 22. Dezember 1976, 6. Juni bis 8. Juli 1977 und 16. Oktober 1990 bis 2. Oktober 1991. Außerdem übte sie nach den dortigen Angaben in der Zeit vom 1. April 1999 bis 29. Februar 2004 (abgesehen von einer Unterbrechung in der Zeit vom 1. Februar bis 30. April 2003) eine geringfügige nicht versicherungspflichtige Beschäftigung (nach ihrem Angaben im Rentenantrag und im Rahmen der Klagebegründung als Küchenhilfe, nach ihrem Berufungsvorbingen als Fabrikarbeiterin) aus. Seit dem 1. Januar 2005 bezieht sie Arbeitslosengeld II.
Am 20. September 2011 beantragte die Klägerin Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte veranlasste eine Untersuchung und Begutachtung der Klägerin durch Orthopäden Dr. B ... Im Gutachten vom 19. Oktober 2011, das er nach einer Untersuchung der Klägerin an diesem Tag erstellte, diagnostizierte dieser ein chronisches Schmerzsyndrom, einen Verdacht auf eine somatoforme Schmerzstörung, ein chronisches Lendenwirbelsäulen-Syndrom mit pseudoradikulärer Ausstrahlung ins rechte Bein bei relativer Stenose L4/L5 und Bandscheibenprotrusion sowie ein Halswirbelsäulen-Syndrom bei statisch myalgischer Insuffizienz. Unter Berücksichtigung von qualitativen Leistungseinschränkungen (keine schweren bis mittelschweren Tätigkeiten, keine Tätigkeiten mit schwerem Heben und Tragen von Lasten über 15 bis 20 kg, keine Arbeiten in Wirbelsäulenzwangshaltungen und in gebückter Haltung, keine Exposition von Kälte, Nässe oder Zugluft) sei sie zu leichten bis mittelschweren Tätigkeiten im Umfang von täglich sechs Stunden und mehr in der Lage. Mit Bescheid vom 16. Dezember 2011 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin ab. Die Klägerin sei noch in der Lage, mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig zu sein. Sie habe auch keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, da sie aufgrund ihres beruflichen Werdegangs auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen werden könne.
Die Klägerin erhob Widerspruch. Ihr gesundheitlicher Zustand habe sich verschlechtert. Es sei sehr zweifelhaft, ob sie in absehbarer Zeit einer Erwerbstätigkeit regelmäßig nachgehen könne. Sie legte einen Arztbrief des Facharztes für Innere Medizin Dr. K. vom 26. Januar 2012 vor, in dem dieser ausführte, die Beklagte habe zutreffend ausgeführt, dass bei der Klägerin ein chronisches Schmerzsyndrom (Stadium I nach Gerbershagen) und eine relative Spinalkanalstenose im Bereich L4/L5 und L5/S1 bestehe, wobei aktuell eine bedarfsorientierte medikamentöse Therapie mit einem nicht steoridalen Antirheumatikum erfolge. Die bisherigen schmerztherapeutischen Maßnahmen seien nicht geeignet, die Symptomatik der Klägerin spürbar zu verbessern. Die Klägerin sehe sich nicht in der Lage, sechs Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig zu sein. Außerdem legte die Klägerin einen Bericht des Physiotherapeuten D. vom 1. Februar 2012 vor, in dem dieser angab, die volle Beweglichkeit in der Lendenwirbelsäule habe bei der physiotherapeutischen Behandlung in der Zeit vom 31. Oktober 2011 bis 5. Dezember 2011 nicht erreicht werden können, so dass eine langfristige Therapie über mehrere Monate geboten sei.
Die Beklagte holte eine sozialmedizinische Stellungnahme des Arztes Dr. L. vom 9. März 2012 ein, in der dieser ausführte, eine verminderte Entfaltbarkeit der Brust- und Lendenwirbelsäule bei Inklination sowie eine komplette Druck- und Berührungsempfindlichkeit der gesamten Lendenwirbelsäule und des Glutealbereichs seien bereits im Gutachten des Dr. B. vom 19. Oktober 2011 beschrieben worden. Neurologische Störungen seien jedoch nicht nachweisbar gewesen. Der physiotherapeutische Bericht vom 1. Februar 2012 enthalte daher keinen neuen medizinischen Sachverhalt. Auch Dr. K. habe die gutachterlicherseits diagnostizierten Erkrankungen bestätigt. Es sei davon auszugehen, dass die Klägerin von einer Verlängerung der physiotherapeutischen Maßnahmen und einer Ausweitung der bisherigen medikamentösen Therapie profitieren könne, wobei entsprechende Bemühungen bislang nicht erkennbar seien. Mit Widerspruchsbescheid vom 25. April 2012 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch zurück. Die Klägerin sei unter Berücksichtigung von qualitativen Leistungseinschränkungen (Wechseltätigkeiten ohne längere Wirbelsäulen-Zwangshaltungen, ohne häufiges Bücken, ohne häufiges Heben oder Tragen von Lasten von mehr als zwölf kg, ohne besondere Belastung durch Kälte, Zugluft oder Nässe) zu leichten Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt im Umfang von sechs Stunden täglich und mehr in der Lage. Sie habe auch keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, da sie als zuletzt ungelernte Küchenhilfe auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen werden könne.
Am 24. Mai 2012 erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG). Ihre behandelnden Ärzte Dr. K. und Dr. M. bezweifelten, ob sie einer Tätigkeit im Umfang von sechs Stunden täglich nachgehen könne. Ihre Schmerzen könne sie nur in aufrechter Haltung ertragen. Sobald sie sich setze, könne sie nicht mehr selbstständig aufstehen. Nach längerem Stehen habe sie stechende Schmerzen im Lendenwirbelbereich bis zum rechten Fuß. Sie müsse eine erhebliche Anzahl an Schmerztabletten einnehmen und es sei ihr kaum möglich, sich zu bücken. Außerdem würden sich ihre Schmerzen bis zu den Armen ausweiten, so dass ihre Hände taub würden. Darüber hinaus habe sie Schwindel verursachende Schmerzen im Nackenbereich bis zum Kopf. Aufgrund ihrer Kopfschmerzen und Schwindelgefühle könne sie das Haus nicht verlassen, weil sie Angst habe umzufallen. Sie könne weder einkaufen noch ihre Enkelkinder hüten. Die krankengymnastische Behandlung habe keinen Erfolg gebracht und habe aufgrund von zunehmenden Schmerzen abgebrochen werden müssen. Ihre letzte Tätigkeit als Küchenhilfe sei eine körperlich sehr anspruchsvolle Tätigkeit, bei der man öfters eine gebückte Stellung einnehmen und schwere Gegenstände tragen müsse, wozu sie nicht mehr in der Lage sei.
Die Beklagte trat der Klage entgegen.
Das SG hörte die die Klägerin behandelnden Ärzte Dr. M., Klinik für Anästhesie, Intensivmedizin und Schmerztherapie, Sigmaringen sowie Dr. K. als sachverständige Zeugen. Dr. M. gab unter dem 7. August 2012 an, die Klägerin am 14. Juni und 5. Juli 2012 behandelt und folgende Diagnosen gestellt zu haben: Schmerzen im Iliosakralgelenk rechts größer als links mit Ausstrahlung in die Oberschenkelrück- und -außenseite, Halswirbelsäulen-Syndrom, Schmerzchronifizierung III nach Gerbershagen sowie chronischer Schmerz mit somatischen und psychischen Ursachen (Angst und Depression). Schmerzen im Iliosakralgelenk seien geeignet, eine Tätigkeit als Küchenhilfe zeitweise unmöglich zu machen. Leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seien der Klägerin vollschichtig möglich. Dr. K. führte unter dem 21. August 2012 aus, die Klägerin gebe durchgehend Schmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule und im Bereich des Iliosakralgelenks rechts mit Ausstrahlung in den Oberschenkel an, gelegentlich auch Schmerzen im Bereich der Halswirbelsäule mit Ausstrahlung in beide Arme. Trotz umfangreicher Diagnostik und therapeutischer Ansätze habe die Symptomatik weder ätiologisch geklärt noch ein therapeutischer Erfolg erzielt werden können. Wegen der sehr stark wahrgenommenen Schmerzen sei die Klägerin subjektiv nicht in der Lage, ihrer Tätigkeit als Küchenhilfe nachzugehen. Sie schaffe lediglich notdürftig ihren Haushalt und kümmere sich gelegentlich um ihr Enkelkind. Aufgrund von erheblichen Diskrepanzen zwischen den von ihr geschilderten Symptomen und den objektivierbar erhobenen Befunden falle ihm die Einschätzung schwer, ob die Klägerin leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verrichten könne.
Das SG beauftragte Orthopäden Dr. H. mit der Begutachtung der Klägerin. In seinem Sachverständigengutachten vom 12. Oktober 2012, welches er nach einer Untersuchung der Klägerin vom 26. September 2012 erstellte, diagnostizierte dieser ein chronisches therapieresistentes Ganzkörperschmerzsyndrom bei funktionellen Störungen im Bereich der Wirbelsäule mit sekundären, teils willkürlich nicht mehr zu lösenden Muskelverspannungen im Rumpfbereich und variablen Empfindungsstörungen in den oberen und unteren Gliedmaßen ohne Nachweis einer bedeutsamen Nerven- bzw. Nervenwurzelschädigung. Unter Berücksichtigung von qualitativen Leistungseinschränkungen (kein Heben und Tragen von Lasten von mehr als 15 kg in stabilisierter aufrechter Rumpfhaltung bzw. fünf kg in Rumpfvor- oder -seitneigung, regelmäßiger Wechsel der Körperhaltung, kein langes Verharren in Zwangshaltungen der Wirbelsäule, kein häufiges Bücken, keine Arbeiten unter Akkord- oder Fließbandbedingungen, kein Schichtdienst) könne die Klägerin aus orthopädischer Sicht leichte Tätigkeiten vollschichtig verrichten. Im Übrigen empfahl er eine psychiatrische Zusatzbegutachtung.
Im Anschluss holte das SG ein Sachverständigengutachten der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. A. vom 23. Januar 2013 ein, welches sie nach einer Untersuchung der Klägerin vom 16. Januar 2013 erstellte. Sie diagnostizierte eine somatoforme Schmerzstörung. Die Klägerin sei noch in der Lage, sowohl leichte bis mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt als auch eine Tätigkeit als Küchenhilfe vollschichtig auszuüben.
Mit Gerichtsbescheid vom 11. März 2013 wies das SG die Klage ab. Die Klägerin sei nicht voll oder teilweise erwerbsgemindert. Sie könne jedenfalls leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in unterschiedlichen Körperhaltungen überwiegend im Sitzen mit gelegentlichem Heben und Tragen von Lasten bis 15 kg in stabilisierter aufrechter Rumpfhaltung bzw. bis fünf kg in Rumpfvor- oder- seitneigung, ohne Arbeiten in Wirbelsäulenzwangshaltungen, ohne Arbeiten in gebückter Haltung, ohne Arbeiten unter Akkord- und Fließbandbedingungen, ohne Schichtdienst, ohne grob- und feinmechanisch besonders belastende Handarbeiten sowie ohne Exposition gegenüber Kälte, Nässe oder Zugluft mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Das SG stützte sich dabei auf das Gutachten des Dr. B. sowie die Sachverständigengutachten des Dr. H. und der Dr. A ... Die eingeschränkten Sprachkenntnisse der Klägerin seien nicht zu berücksichtigen. Sie habe auch keinen Anspruch auf Rente wegen teilweise Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, da sie zuletzt als Fabrikarbeiterin versicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei und als ungelernte Arbeiterin bzw. angelernte Arbeiterin des unteren Bereichs auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts verwiesen werden könne.
Gegen den ihren Prozessbevollmächtigten am 14. März 2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 15. April 2013 (Montag) Berufung eingelegt. Sie könne aus gesundheitlichen Gründen weder ihren bisherigen Facharbeiterberuf, noch eine zumutbare Verweisungstätigkeit verrichten. Zu Unrecht habe das SG sie nicht als Facharbeiterin angesehen. Zwar treffe zu, dass sie keinen Ausbildungsabschluss als Facharbeiterin habe, jedoch habe sie in der Zeit von 1999 bis 2004 für die Dauer von fünf Jahren den Beruf der Fabrikarbeiterin voll wettbewerbsfähig ausgeübt und bereits in den Jahren 1990 und 1991 als Fabrikarbeiterin gearbeitet. Sie gehöre daher zur Gruppe der Facharbeiter mit der Folge, dass ihr nur solche Tätigkeiten sozial zumutbar seien, die angelernten Tätigkeiten zumindest gleichstünden. Solche Tätigkeiten gebe es für sie im Hinblick auf ihre gesundheitlichen Einschränkungen nicht.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 11. März 2013 und den Bescheid der Beklagten vom 16. Dezember 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. April 2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab 1. September 2011 Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, auch bei Berufsunfähigkeit, zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hat einen Versicherungsverlauf der Klägerin vom 27. Juni 2013 vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akte des SG und die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und zulässige Berufung der Klägerin, über die der Senat mit Einverständnis beider Beteiligter durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG) ist unbegründet. Das SG hat die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage zu Recht abgewiesen, denn der Bescheid der Beklagten vom 16. Dezember 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. April 2012 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung (1.), auch nicht wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (2.).
1. Versicherte haben nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 1. Januar 2008 geändert durch Artikel 1 Nr. 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007 [BGBl. I, S. 554]), wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Nach diesen Maßstäben ist die Klägerin seit Rentenantragstellung weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Nach dem Ergebnis der Ermittlungen der Beklagten im Verwaltungsverfahren sowie der vom SG durchgeführten Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Klägerin noch in der Lage ist, zumindest leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mehr als sechs Stunden täglich zu verrichten. Der Senat entnimmt dies dem bereits im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten des Dr. B. vom 19. Oktober 2011 und den vom SG eingeholten Sachverständigengutachten des Dr. H. vom 12. Oktober 2012 sowie der Dr. A. vom 23. Januar 2013.
a) Auf orthopädischem Fachgebiet leidet die Klägerin an einem chronischen therapieresistenten Ganzkörperschmerzsyndrom bei funktionellen Störungen im Bereich der Wirbelsäule mit sekundären, teils willkürlich nicht mehr zu lösenden Muskelverspannungen im Rumpfbereich und variablen Empfindungsstörungen in den oberen und unteren Gliedmaßen ohne Nachweis einer bedeutsamen Nerven- bzw. Nervenwurzelschädigung. Dies entnimmt der Senat dem Sachverständigengutachten des Dr. H. vom 12. Oktober 2012 und dem Gutachten des Dr. B. vom 19. Oktober 2011, der die im Wesentlichen selben Diagnosen lediglich zum Teil anders bezeichnet hat.
Auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet liegt bei der Klägerin eine somatoforme Schmerzstörung vor. Dies entnimmt der Senat dem Sachverständigengutachten der Dr. A. vom 23. Januar 2013.
b) Aus den bei der Klägerin als rentenrelevant zu berücksichtigenden Gesundheitsstörungen ergeben sich nach Überzeugung des Senats qualitative Leistungseinschränkungen. Die Klägerin sollte auf Grund ihrer körperlichen Beeinträchtigungen keine schweren bis mittelschweren Arbeiten mehr durchführen, die mit dem Heben und Tragen von Lasten von mehr als 15 kg (in stabilisierter aufrechter Rumpfhaltung) bzw. von fünf kg (bei Rumpfneigung) verbunden sind, Wirbelsäulenzwangshaltungen bzw. gebückte Haltungen, Akkord- und Fließbandbedingungen, Schichtdienst, Expositionen gegenüber Kälte, Nässe und Zugluft sowie grob- und feinmechanisch besonders belastende Handarbeiten meiden. Dies entnimmt der Senat dem Gutachten des Dr. B. vom 19. Oktober 2011 und dem Sachverständigengutachten des Dr. H. vom 12. Oktober 2012. Weitere Leistungseinschränkungen bestehen bei der Klägerin nicht. Insbesondere ergeben sich aus der somatoformen Schmerzstörung keine weiter gehenden qualitativen Leistungseinschränkungen, wie der Senat dem Sachverständigengutachten der Dr. A. vom 23. Januar 2013 entnimmt. Damit liegt auch der Ausnahmefall einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung (vgl. hierzu etwa Bundessozialgericht [BSG], Urteile vom 1. März 1984 4 RJ 43/83 - und 9. Mai 2012 - B 5 R 68/11 R - m.w.N; auch Großer Senat, Beschluss vom 19. Dezember 1996 - GS 2/95 - alle in juris) nicht vor. Die Leistungseinschränkungen der Klägerin können zwar das Spektrum der für sie in Betracht kommenden Tätigkeiten einschränken, sie begründen aber keine Zweifel an der normalen betrieblichen Einsatzfähigkeit für leichtere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes.
c) Unter Berücksichtigung der genannten qualitativen Leistungseinschränkungen ist die Klägerin seit ihrem Rentenantrag noch in der Lage, zumindest leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Der Senat schließt sich auch insoweit den übereinstimmenden sowie schlüssigen und überzeugenden Einschätzungen des Dr. B. in seinem Gutachten vom 19. Oktober 2011, des Dr. H. in seinem Sachverständigengutachten vom 12. Oktober 2012 sowie der Dr. A. in ihrem Sachverständigengutachten vom 23. Januar 2013 an. Diese Leistungsbeurteilung entspricht auch derjenigen des die Klägerin behandelnden Dr. M. in seiner sachverständigen Zeugenauskunft gegenüber dem SG vom 7. August 2012, während der Hausarzt der Klägerin Dr. K. sich aufgrund der Diskrepanzen zwischen den von der Klägerin geschilderten Symptomen und den objektiv erhobenen Befunden zu keiner quantitativen Leistungseinschätzung in der Lage sah (sachverständige Zeugenauskunft gegenüber dem SG vom 21. August 2012). Demnach geht keiner der im vorliegenden Verfahren involvierten Ärzte auf der Grundlage der erhobenen Befunde davon aus, dass die Klägerin zu leichten Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht mehr in der Lage ist.
d) Ob der Klägerin ein Arbeitsplatz vermittelt werden kann oder nicht, ist für den geltend gemachten Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung nicht erheblich. Die jeweilige Arbeitsmarktlage ist nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI). Maßgebend ist, ob die Klägerin mit dem ihr verbleibendem Restleistungsvermögen - wenn auch mit qualitativen Einschränkungen - in der Lage ist, zumindest körperlich leichte Tätigkeiten arbeitstäglich für mindestens sechs Stunden zu verrichten, sie also in diesem zeitlichen Umfang unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts erwerbstätig sein kann, wovon im Regelfall ausgegangen werden kann (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 - B 13 R 78/09 R - in juris). Dies bejaht der Senat wie zuvor dargelegt.
2. Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit haben nach § 240 Abs. 1 SGB VI bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Erreichung der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 1. Januar 2008 geändert durch Art. 1 Nr. 61 RV-Altergrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554) auch Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind nach § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach dem die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihm unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs unter besonderen Anforderung ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Die Klägerin war im streitgegenständlichen Zeitraum nicht berufsunfähig.
Ausgangspunkt der Beurteilung der Berufsunfähigkeit ist der bisherige Beruf. Bisheriger Beruf im Sinne des § 240 SGB VI ist nach ständiger Rechtsprechung des BSG in der Regel die letzte, nicht nur vorübergehend vollwertig ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit (z.B. BSG, Urteil vom 29. März 1994 - 13 RJ 35/93 -; Urteil vom 18. Februar 1998 - B 5 RJ 34/97 R -; Urteil vom 20. Juli 2005 - B 13 RJ 19/04 R -; jeweils in juris). Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zur Erleichterung dieser Beurteilung hat die Rechtsprechung des BSG (vgl. z.B. Urteil vom 29. März 1994 - 13 RJ 35/93 -; Urteil vom 25. Juli 2001 - B 8 KN 14/00 R -; jeweils in juris) die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufs haben, gebildet worden. Entsprechend diesem so genannten Mehrstufenschema werden die Arbeiterberufe durch Gruppen mit den Leitberufen des Facharbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert. Innerhalb der Gruppe der angelernten Arbeiter differenziert das BSG nochmals hinsichtlich der Versicherten, die der oberen und unteren Gruppe der Angelernten angehören. Dem unteren Bereich sind alle Tätigkeiten mit einer regelmäßigen, auch betrieblichen Ausbildungs- und Anlernzeit von drei bis zwölf Monaten und dem oberen Bereich dementsprechend die Tätigkeiten mit einer Ausbildungs- oder Anlernzeit von über zwölf bis zu 24 Monaten zuzuordnen (BSG, Urteil vom 29. März 1994 - 13 RJ 35/93 -; in juris). Die Einordnung eines bestimmten Berufs in dieses Mehrstufenschema erfolgt aber nicht ausschließlich nach der Dauer der absolvierten förmlichen Berufsausbildung. Ausschlaggebend hierfür ist vielmehr allein die Qualität der verrichteten Arbeit, d.h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Es kommt auf das Gesamtbild an. Eine Verweisung kann nur auf einen Beruf derselben qualitativen Stufe oder der nächst niedrigeren erfolgen (BSG, Urteil vom 29. Juli 2004 - B 4 RA 5/04 R -; in juris).
Nach diesen Grundsätzen hat die Klägerin zuletzt zumindest keine Tätigkeit ausgeübt, die eine Anlern- oder Ausbildungszeit von mehr als zwölf Monaten voraussetzt. Der Senat lässt dabei dahinstehen, ob die Klägerin, die keinen Beruf erlernt hat, zuletzt (entsprechend ihren Angaben im Rentenantrag und in der Klagebegründung) als Küchenhilfe oder (entsprechend ihrem Berufungsvorbringen) als Fabrikarbeiterin versicherungspflichtig beschäftigt war. Denn abgesehen davon, dass die Klägerin in der Zeit vom 1. April 1999 bis 29. Februar 2004 lediglich in geringfügigen Umfang und zuvor mit Unterbrechungen lediglich für eine Dauer von insgesamt etwas mehr als einem Jahr versicherungspflichtig beschäftigt war, liegen keinerlei Anhaltspunkte dafür vor, dass sie zu irgendeinem Zeitpunkt - sei es als Küchenhilfe oder als Fabrikarbeiterin - eine Tätigkeit ausgeübt hat, die über eine Anlerntätigkeit im unteren Bereich hinausging. Die Klägerin ist damit allenfalls dem unteren Bereich der angelernten Arbeiter zuzuordnen und kann damit grundsätzlich auf alle auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vorkommenden Tätigkeiten verwiesen werden. Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist in diesen Fällen regelmäßig nicht erforderlich, weil auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine so große Anzahl von Tätigkeitsarten zur Verfügung steht, dass das Vorhandensein einer geeigneten Verweisungstätigkeit offensichtlich ist (z.B. BSG, Urteil vom 14. September 1995 - 5 RJ 50/94 ; in juris).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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