L 10 R 2909/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 15 R 2096/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 2909/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 28.06.2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Streitig ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.

Die am 1955 geborene Klägerin absolvierte in ihrem Herkunftsgebiet K. eine rund einjährige Ausbildung zur Bibliothekarin, war danach als Sekretärin, Putzfrau und Laborantin beschäftigt und siedelte im September 1992 nach Deutschland aus. Hier war sie als Arbeiterin in einem Holzwerk versicherungspflichtig beschäftigt. Seit August 2009 besteht Arbeitsunfähigkeit, das Arbeitsverhältnis wurde zwischenzeitlich durch Kündigung beendet.

Im Vordergrund der Beschwerdesituation der Klägerin stehen Auswirkungen einer rheumatoiden Arthritis sowie orthopädische Leiden, insbesondere der Lendenwirbelsäule und der Gelenke. Ihren Rentenantrag vom September 2010 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 18.11.2010 und Widerspruchsbescheid vom 05.05.2011 ab. Grundlage hierfür war zum einen das Gutachten der Internistin und Sozialmedizinerin G. , die eine seronegative rheumatoide Arthritis mit multiplen Gelenkbeschwerden, zur Zeit mäßiger Funktionseinschränkung bei anhaltender Krankheitsaktivität trotz Therapie, eine rezidivierende depressive Störung leichtgradiger Ausprägung, eine medikamentös behandelte arterielle Hypertonie und Adipositas diagnostizierte und leichte Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung ohne häufiges Bücken, ohne Wirbelsäulenzwangshaltungen, ohne volle Gebrauchsfähigkeit der Hände (insbesondere Feinarbeiten und kräftiges Zugreifend betreffend), ohne häufiges Ersteigen von Treppen, ohne ungünstige Einflüsse wie Nässe, Kälte, Zugluft, Erschütterungen und ohne Nachtschicht sechs Stunden und mehr für möglich hielt. Zur Konsolidierung des Gesundheitszustandes empfahl sie eine stationäre medizinische Rehabilitation. Zum anderen beruhte die Rentenablehnung auf dem Ergebnis der von der Klägerin dann im Januar/Februar 2011 in der F. Moorheilbad B. durchgeführten Reha-Maßnahme. Dort zeigte sich die rheumatoide Arthritis in den Laborwerten inaktiv. Diagnostiziert wurde neben der Adipositas die bekannte Arthritis, eine Schultergelenksarthrose beidseits und die bekannte arterielle Hypertonie. Leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes seien unter Beachtung von qualitativen Einschränkungen, wie sie bereits die Gutachterin G. aufgelistet hatte, vollschichtig zumutbar.

Gegen die Rentenablehnung hat die Klägerin am 07.06.2011 beim Sozialgericht Heilbronn Klage erhoben. Das Sozialgericht hat zunächst die behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen. Von jenen Ärzten, die die Klägerin aktuell behandelt haben, hat Dr. V. , Fachärztin für Innere Medizin am Universitätsklinikum U. , über eine im April 2011 festgestellte hohe Krankheitsaktivität der Arthritis berichtet, weshalb leichte Arbeiten nicht möglich seien. Sie hat allerdings auch ausgeführt, dass die Klägerin zu einem weiteren Vorstellungstermin nicht erschienen sei. Der behandelnde Internist und Rheumatologe Dr. K. hat die Leistungsfähigkeit der Klägerin für leichte Tätigkeiten auf nicht mehr als zwei Stunden eingeschätzt. Demgegenüber hat der Orthopäde R. , bei dem sich die Klägerin wegen Wirbelsäulenveränderungen und Fußbeschwerden in Behandlung befunden hat, leichte Tätigkeiten unter Beachtung einiger qualitativer Einschränkungen, wie sie die Gutachterin G. bereits benannt hatte, für zumutbar erachtet. Der Kardiologe Dr. F. hat durch den festgestellten Aortenklappenfehler und die Hypertonie keine Einschränkungen der Leistungsfähigkeit für leichte Tätigkeiten angenommen.

Das Sozialgericht hat daraufhin ein Gutachten beim Internisten und Sozialmediziner Dr. S. eingeholt. Er hat die bereits bekannte rheumatoide Arthritis, derzeit ohne Zeichen von Aktivität, Verschleißerscheinungen der Wirbelsäule, eine leichtgradige depressive Störung mit psychosomatischer Beschwerdeüberlagerung, differenzialdiagnostisch anhaltende somatoforme Schmerzstörung, eine medikamentös behandelte arterielle Hypertonie, eine Adipositas und einen Aortenklappenfehler ohne hämodynamische Bedeutung diagnostiziert und ausgeführt, das Hauptleiden bei der Klägerin sei eine rheumatoide Arthritis, für die nunmehr ein von der Klägerin vertragenes, wirksames Präparat gefunden worden sei. Die Aktivität sei deutlich gebremst. Weder hätten sich klinische Zeichen einer Arthritis (Rötungen und Schwellungen) gefunden, noch ließen die Laboruntersuchungen eine entzündliche Aktivität erkennen. Überlagert werde das Beschwerdebild durch eine psychosomatisch determinierte Ausgestaltung der Schmerzen, das gesamte Bewegungs- und Aktivitätsmuster der Probandin zeige jedoch keine Leistungsrelevanz dieser Schmerzproblematik. Diese Beschwerden schlössen mittelschwere und schwere Tätigkeiten aus, für leichte Tätigkeiten, insbesondere ohne besondere Ansprüche an die Handkraft beidseits, sei jedoch Belastbarkeit gegeben. Die Verschleißerscheinungen des Bewegungsapparates hielten sich im Wesentlichen im altersentsprechenden Rahmen und bedingten keine zusätzlichen Funktionseinschränkungen. Die leichte depressive Verstimmung sei medikamentös behandelt und beeinträchtige das Leistungsvermögen in zeitlicher Hinsicht nicht. Auch die Hypertonie und der Aortenklappenfehler wirkten sich nicht leistungsmindernd aus. Im Ergebnis hat Dr. S. ein Leistungsvermögen für leichte körperliche Tätigkeiten von mindestens sechs Stunden täglich bejaht und zusätzlich zu den von der Gutachterin G. aufgelisteten qualitativen Einschränkungen auch Überkopfarbeiten und Zeitdruck ausgeschlossen.

Nach erfolgter Bandscheibenoperation L4/5 hat sich die Klägerin im Juli/August in der Reha-Klinik H. in stationärer medizinischer Rehabilitation befunden. Neben einem Zustand nach Bandscheibenoperation und der Arthritis ist eine sekundäre Fibromyalgie sowie eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode, und eine arterielle Hypertonie diagnostiziert sowie von einer Besserung des Beschwerdezustandes berichtet worden. Die Klägerin könne leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes sechs Stunden und mehr ausüben.

Auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das Sozialgericht ein Gutachten bei Dr. R. , Rheumatologische Schwerpunktpraxis, eingeholt. Sie hat eine seronegative rheumatoide Arthritis, eine Gonarthrose beidseits, ein LWS-Syndrom mit pseudoradikulärer Ausstrahlung, ein chronisches Schmerzsyndrom vom Fibromyalgie-Typ, ein depressives Syndrom, den Aortenklappenfehler und Adipositas diagnostiziert und die Klägerin nur noch in der Lage gesehen, drei Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig zu sein.

Mit Urteil vom 28.06.2013 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Unter Darstellung der Rechtsgrundlagen für die begehrte Rente (§ 43 Abs. 1 und Abs. 2, § 240 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI -) hat es ausgeführt, dass die Klägerin noch leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden täglich verrichten kann. Es ist dabei dem Gutachten von Dr. S. gefolgt, nicht aber der Beurteilung von Dr. R ... Einen besonderen Berufsschutz genieße die Klägerin nicht, weil sie in Deutschland als ungelernte Arbeiterin tätig gewesen sei.

Gegen das ihr am 15.07.2013 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 19.07.2013 Berufung eingelegt. Sie trägt vor, es sei der Leistungsbeurteilung von Dr. R. und Dr. K. zu folgen, nicht aber Dr. S. , dessen Gutachten an wesentlichen Mängeln leide. So fehle im Gutachten von Dr. S. ein erhebliches Beschwerdesymptom der Klägerin, nämlich die Steifigkeit am Morgen. Außerdem sei Dr. S. kein Rheumatologe und daher zur Beurteilung der Leistungsfähigkeit der Klägerin, deren Schwerpunkt der Beschwerden gerade im Bereich Rheumatologie liege, nicht qualifiziert. Außerdem sei es zu einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes gekommen, insbesondere im Bereich der Kniegelenke (Meniskusschaden) und der Beine sowie der Wirbelsäule.

Nachdem sich aus den schriftlich eingeholten Zeugenaussagen der behandelnden Ärzte Hinweise auf einen verschlechterten Gesundheitszustand im Bereich der Kniegelenke und der Wirbelsäule, also vorwiegend im Bereich des orthopädischen Fachgebietes, ergeben hat, hat Dr. P. ein orthopädisches Sachverständigengutachten erstattet. Ihm gegenüber hat die Klägerin von Beschwerden in der rechten Schulter, der rechten Hüfte und des rechten Beines und im linken Kniegelenk (mit Schwellneigung) berichtet. Dr. P. hat ein degeneratives pseudoradikuläres Lumbalsyndrom rechts, eine Gonarthrose links, eine beginnende Omarthrose rechts sowie die bekannte rheumatoide Arthritis, derzeit unter Medikation ohne Zeichen einer erhöhten Entzündungsaktivität, diagnostiziert und ausgeführt, dass die Beschwerden im Bereich der rechten Schulter Überkopfarbeiten oder überwiegende Arbeiten auf Schulterhöhe, die Beschwerden seitens der Wirbelsäule Zwangshaltungen und Arbeiten unter ungünstigen Einflüssen wie Nässe, Kälte und Zugluft, die Beschwerden des linken Knies Arbeiten auf Leitern und Gerüsten sowie in ständiger Hocke oder auf den Kniegelenken und die rheumatoide Arthritis Nachtarbeit und Arbeit mit Zeitdruck ausschlössen. Bei Beachtung dieser Einschränkungen sei eine Arbeitszeit von mindestens sechs Stunden täglich möglich. In Bezug auf die Arthritis hat er keine wesentlichen Schwellungen und Funktionseinschränkungen im Bereich der Extremitäten gefunden (Bl. 116 LSG-Akte).

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 28.06.2013 und den Bescheid vom 18.11.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.05.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab dem 01.10.2010 Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren, hilfsweise ein weiteres Gutachten bei Dr. R. nach § 109 SGG einzuholen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.

II.

Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.

Das Sozialgericht hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die Rechtsgrundlagen für die hier begehrte Rente wegen Erwerbsminderung (§ 43 Abs. 1 und Abs. 2, § 240 SGB VI) dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass die Klägerin keinen Berufsschutz genießt, vielmehr auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar ist, sodass ein Anspruch nach § 240 SGB VI schon aus diesem Grunde ausscheidet.

Das SG ist auch zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin nicht rentenrelevant erwerbsgemindert ist. Denn sie ist noch in der Lage, unter Beachtung der von Dr. G. , Dr. S. und Dr. P. aufgeführten qualitativen Einschränkungen jedenfalls leichte Tätigkeiten noch sechs Stunden und mehr täglich zu verrichten.

Wie das Sozialgericht geht auch der Senat davon aus, dass die Beschwerden der Klägerin im Bereich des Halte- und Bewegungsapparates - und damit die rheumatoide Arthritis, die Dr. S. als das Hauptleiden bezeichnet hat, und orthopädische Leiden, insbesondere der Lendenwirbelsäule und der Gelenke - ganz im Vordergrund der für die Beurteilung der verbliebenen beruflichen Leistungsfähigkeit maßgebenden Einschränkungen stehen. Zwar leidet die Klägerin auch noch an Gesundheitsstörungen auf anderen medizinischen Fachgebieten; so sind insbesondere ein Aortenklappenfehler und eine Hypertonie diagnostiziert. Hieraus resultieren allerdings keine Einschränkungen in Bezug auf leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes wie der behandelnde Kardiologe Dr. F. und der gerichtliche Sachverständige Dr. S. übereinstimmend angegeben haben. Aus der vielfach diagnostizierten Adipositas hat keiner der behandelnden oder begutachtenden Ärzte Einschränkungen in Bezug auf die Verrichtung leichter Tätigkeiten abgeleitet. Gleiches gilt für die depressive Störung, die nach der von Dr. S. vorgenommenen Laboranalyse mit dem verordneten Medikament therapeutisch wirksam behandelt ist. Keiner der behandelnden oder von Amts wegen begutachtenden Ärzte hat aus dieser Störung relevante Einschränkungen abgeleitet. Dass Dr. R. die depressive Störung mitbegründend für ihre Leistungsbeurteilung ansieht, zeigt, dass diese Erkrankung für sich genommen auch aus Sicht von Dr. R. gerade nicht zu erheblichen funktionellen Auswirkungen führt; im Übrigen kann - wie nachfolgend noch auszuführen ist - der Beurteilung von Dr. R. angesichts der Mängel ihres Gutachtens ohnehin nicht gefolgt werden. Schließlich ergibt sich auch aus dem Vorbringen der Klägerin, dass die Beschwerden im Zusammenhang mit der rheumatoiden Arthritis bzw. orthopädischer Leiden im Vordergrund ihrer Einschränkungen stehen. So hat sie zuletzt zur Begründung ihres prozessualen Anspruchs gegenüber dem Sozialgericht und auch im Berufungsverfahren entscheidend auf diese Beschwerden und deren Verschlimmerung abgestellt.

Zu Recht ist das Sozialgericht hinsichtlich der Leistungsbeurteilung dem Gutachten von Dr. S. gefolgt. Der Sachverständige hat im Rahmen der Darstellung der körperlichen Befunde auch beschrieben, dass die Bewegungsmuster der Klägerin unauffällig gewesen sind. Gerade hierauf - auf das gesamte Bewegungs- und Aktivitätsmuster - hat er bei seiner Leistungsbeurteilung auch abgestellt. Dies überzeugt. Denn maßgebend für die Beurteilung der verbliebenen körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit sind nicht die im Einzelfall gestellten Diagnosen, sondern die konkreten funktionellen Auswirkungen der bestehenden Leiden. Insoweit hat Dr. S. in seinem Gutachten u.a. ein weitgehend flüssiges Bewegungsbild beschrieben. Wesentliche Einschränkungen der Bewegungsmaße hat er nicht gefunden, ebenso wenig Auffälligkeiten im Bereich der Muskulatur. Bei der Beobachtung der Spontanbewegungen, insbesondere der Hände, sind keine Beeinträchtigungen zu erkennen gewesen. Vor diesem Hintergrund erachtet auch der Senat die Klägerin trotz der bei ihr bestehenden Einschränkungen des Bewegungsapparates durch die rheumatoide Arthritis und die orthopädischen Leiden noch für in der Lage, jedenfalls leichte Tätigkeiten unter Beachtung der genannten qualitativen Einschränkungen auszuüben. Auch der Senat folgt der Leistungsbeurteilung von Dr. S. , die mit der Beurteilung der Gutachterin G. und der Beurteilung der F. Moorheilbad, wo die Klägerin gerade wegen der rheumatoiden Arthritis eine stationäre medizinische Rehabilitation durchlief, sowie der Beurteilung der Reha-Klinik H., wo ebenfalls eine mehrwöchige stationäre Rehabilitation wegen der Beschwerden seitens des Bewegungsapparates und nach erfolgter Bandscheibenoperation stattgefunden hat, übereinstimmt.

Zutreffend ist das Sozialgericht weder der Beurteilung des behandelnden Rheumatologen Dr. K. noch der Sachverständigen Dr. R. gefolgt. In Bezug auf die Leistungsbeurteilung von Dr. K. in seiner sachverständigen Zeugenauskunft gegenüber dem Sozialgericht hat Dr. L. , Internist und Rheumatologe, in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme für die Beklagte bereits darauf hingewiesen, dass Dr. K. seine Leistungsbeurteilung u.a. auf Entzündungen im Bereich der Fingergelenke und der Schultergelenke sowie zusätzlicher Muskelschmerzen, also auf Beschwerden im Zusammenhang mit der rheumatoiden Arthritis stützt. Insoweit aber ergibt sich aus dem Entlassungsbericht der F. Moorheilbad, dass die rheumatoide Arthritis zwischenzeitlich, im Februar 2011 (nach im Zeitpunkt der Begutachtung durch die Internistin G. noch festzustellender Aktivität), inaktiv wurde. Hierauf hat auch Dr. S. hingewiesen und zusätzlich ausgeführt, dass auch bei dem von ihm im April 2012 erhobenen Befund keine klinischen Zeichen einer Arthritis (Schwellungen oder Rötungen im Bereich der Hand- und Fußgelenke) und im Laborbefund keine entzündliche Aktivität zu finden gewesen sind. Ein im Bezug auf die rheumatoide Arthritis auffälliger Befund ist auch im Entlassungsbericht der Reha-Klinik H. nicht beschrieben. Dort ist ausdrücklich vermerkt, dass keine Gelenkschwellungen im Bereich der oberen und unteren Extremitäten vorgelegen haben (Bl. 170 SG-Akte). Zuletzt hat auch Dr. P. in seinem Gutachten keine derartigen Symptome gefunden und ebenfalls auf eine fehlende Entzündungsaktivität hingewiesen. Vor diesem Hintergrund relativiert sich die Aussage von Dr. V. , wonach im April 2011 eine hohe Krankheitsaktivität der Arthritis bestanden habe auf eine vorübergehende Verschlechterung dieser Erkrankung. Entsprechend hat die Klägerin auch einen nachfolgenden Vorstellungstermin bei Dr. V. nicht mehr wahrgenommen.

Zu Recht ist das Sozialgericht auch der Leistungsbeurteilung von Dr. R. nicht gefolgt, weil die Sachverständige - so zutreffend das Sozialgericht - im Wesentlichen die Beschwerdeangaben der Klägerin ihrer Beurteilung zu Grunde gelegt hat. Darüber hinaus weist das Gutachten von Dr. R. noch weitere Defizite auf. So hat Dr. L. in einer weiteren Stellungnahme für die Beklagte darauf hingewiesen, dass der mitgeteilte Befund der Wirbelsäule knapp und unpräzise ist, insbesondere Bewegungsmaße der Halswirbelsäule vollständig fehlen. Im Bereich der betroffenen Hände ist der Befund ebenfalls knapp, es ist nicht zu erkennen, inwieweit Schwellungen im Bereich der Fingergelenke und ob Einschränkungen bei der Handfunktion bestanden. Weiter hat er darauf hingewiesen, dass die von Dr. R. erhobenen Laborparameter gerade keine Entzündungsaktivität erkennen lassen und der wenig umfassende Untersuchungsbefund einer leichtgradigen entzündlichen Aktivität entspräche. Aus welchen Gründen bei gering ausgeprägtem Befund und fehlendem Nachweis einer Entzündungsaktivität die Sachverständige auf eine zeitliche Leistungseinschränkung für leichte Tätigkeiten auf drei Stunden gelangt ist, ist ihrem Gutachten nicht zu entnehmen.

Entgegen der Auffassung der Klägerin ist das Gutachten von Dr. S. eine geeignete Grundlage für die Entscheidung des Senats. Zwar ist der Sachverständige kein ausgewiesener Rheumatologe, wohl aber Internist und Sozialmediziner und erfahrener Sachverständiger. Er hat sein Augenmerk auf die in der Begutachtungssituation feststellbaren Defizite der Klägerin in Form funktioneller Einschränkungen sowie die verbliebenen funktionellen Fähigkeiten gerichtet, wie dies zur Prüfung der Leistungsfähigkeit erforderlich ist. Dabei ist er - wie die gestellten Diagnosen und die entsprechende Darstellung der hierdurch verursachten Auswirkungen einschließlich Begründung zeigt - auch von einer rheumatoiden Arthritis ausgegangen, hat dieser angesichts der von der Klägerin dargestellten Bewegungsmuster und Aktivitäten aber keine rentenrelevante Auswirkung beigemessen. Soweit die Klägerin rügt, dass der gerichtliche Sachverständige Dr. S. ein "erhebliches Beschwerdesymptom der Klägerin", nämlich die Morgensteifigkeit, nicht dargestellt habe, trifft dies so nicht zu. Tatsächlich findet sich die Beschwerdedarstellung auf mehr als zwei Seiten, allerdings hat die Klägerin über eine Morgensteifigkeit nicht berichtet. Zum Tagesablauf hat sie angegeben, sie stehe morgens um 07.00 oder 07.30 Uhr auf, mache sich erst fertig, dann frühstücke sie. Auch hier ist zwar von einer Morgensteifigkeit nicht die Rede, indessen lässt die Ausführlichkeit dieser Anamneseerhebung den Rückschluss zu, dass die Klägerin hierzu keine Angaben gemacht hat. Gleiches gilt für die Beschwerdeangaben gegenüber Dr. P ... Auch dort wird von der Klägerin eine Morgensteifigkeit nicht als Beschwerde angegeben, wobei Dr. P. zusätzlich in seinem Gutachten dokumentiert, dass die Klägerin keine weiteren Beschwerden vorgetragen habe und nach Abschluss der Anamneseerhebung die Richtigkeit und Vollständigkeit ihrer anamnestischen Angaben bestätigt habe. Im Ergebnis ist hieraus der Schluss zu ziehen, dass der Klägerin jedenfalls bei der Begutachtung durch Dr. S. und Dr. P. eine Morgensteifigkeit als relevante Beschwerdesymptomatik nicht bewusst gewesen ist. Dies korrespondiert mit den Angaben der Klägerin auf konkrete Nachfragen in der F. , wo die Klägerin von einer ca. fünfminütigen Morgensteifigkeit berichtete. Auch in der Rehaklinik H. hat die Klägerin lediglich eine zwei- bis dreiminütige Morgensteifigkeit angegeben (Bl. 177 SG-Akte). Vor diesem Hintergrund relativiert sich auch die Dokumentation einer Angabe der Klägerin über eine zweistündige Morgensteifigkeit im Gutachten von Dr. R ... Unabhängig von der Frage einer richtig dokumentierten Anamnese durch Dr. R. ist angesichts der Beurteilungen von Dr. S. - vor der Untersuchung durch Dr. R. - und Dr. P. - nach der Untersuchung durch Dr. R. - jedenfalls eine dauerhafte Verschlechterung der Aktivität der rheumatoiden Arthritis in Form einer längeren Morgensteifigkeit auszuschließen.

Soweit die Klägerin ihre Berufung mit einer Verschlechterung ihrer Beschwerdesituation begründet hat, hat sich auch in diesem Zusammenhang keine rentenrelevante Leistungseinschränkung ergeben. Zwar haben die behandelnden Ärzte in ihrer während des Berufungsverfahrens eingeholten sachverständigen Zeugenauskünften eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes mitgeteilt, indessen hat die weitere Sachaufklärung im Berufungsverfahren durch das Gutachten von Dr. P. insoweit keine zusätzlichen relevanten Einschränkungen ergeben.

Entgegen der Auffassung der Klägerin ist auch das Gutachten von Dr. P. eine geeignete Grundlage für die Beurteilung. Zwar hat Dr. P. - seinem Fachgebiet entsprechend - ein orthopädisches Gutachten erstattet und damit kein speziell rheumatologisches Gutachten. Indessen ist es Ziel dieser weiteren Sachaufklärung durch ein Sachverständigengutachten gewesen, die von den behandelnden Ärzten mitgeteilten Verschlechterungen einer sozialmedizinischen Beurteilung zuzuführen. Die mitgeteilten Verschlechterungen des Gesundheitszustandes haben sich aber vorwiegend auf das orthopädische Fachgebiet bezogen. So hat der Orthopäde R. von einer Verschlechterung insbesondere im Bereich der Lendenwirbelsäule berichtet (Bl. 44 LSG-Akte), ebenso hat Dr. K. konkret nur eine Zunahme der Kniegelenksbeschwerden und der Lumboischialgie angegeben (Bl. 78 LSG-Akte). In Auswertung der eingeholten sachverständigen Zeugenaussagen hat Dr. L. in einer nochmaligen Stellungnahme für die Beklagte ausgeführt, es sei zu Änderungen des Gesundheitszustandes der Klägerin vorwiegend auf orthopädischem Gebiet gekommen. Damit ist eine Sachaufklärung auf orthopädischem Fachgebiet veranlasst gewesen, die mit dem Gutachten von Dr. P. abgeschlossen ist. Dabei hat Dr. P. die Beschwerden der Klägerin im Bereich der rechten Schulter, der Wirbelsäule/Hüfte und des linken Knies diagnostisch (degeneratives pseudoradikuläres Lumbalsyndrom rechts, Gonarthrose links, beginnende Omarthrose rechts) und funktionell (u.a. auch mittels Angaben der Klägerin, sie nähe Knöpfe an, stopfe Löcher, koche, gehe Spazieren und beaufsichtige ihre Enkel) erfasst, hieraus aber keine zeitliche Leistungseinschränkung, sondern lediglich qualitative Einschränkungen abgeleitet. Entsprechend lässt sich hieraus auch kein Rentenanspruch ableiten.

Auch soweit Dr. P. die rheumatoide Arthritis in seine Leistungsbeurteilung einbezogen hat, ist dies nicht zu beanstanden. Denn maßgebend ist insoweit nicht - wie bereits dargelegt - die exakte fachspezifische Zuordnung eines Krankheitsbildes, sondern dessen funktionelle Auswirkungen. Da sich das Krankheitsbild einer rheumatoiden Arthritis bei der Klägerin in Beschwerden am Halte- und Bewegungsapparat äußert (so bereits die Gutachterin G. auf S. 13 ihres Gutachtens), ist es auch nicht zu beanstanden, wenn ein mit der Beurteilung des Halte- und Bewegungsapparates vertrauter orthopädischer Sachverständiger die funktionellen Auswirkungen in seine Beurteilung einbezieht.

Aus diesen Gründen hält der Senat auch ein weiteres Gutachten speziell auf rheumatologischem Fachgebiet nicht für erforderlich. Angesichts der - mit Ausnahme der von Dr. V. für April 2011 mitgeteilten hohen Entzündungsaktivität (s. hierzu schon oben) - seit der stationären medizinischen Rehabilitation in der F. dokumentierten fehlenden Entzündungsaktivität (Entlassungsbericht der F. , Gutachten Dr. S. , Gutachten Dr. R. und Gutachten Dr. P. ) und den allenfalls mäßigen klinischen Auswirkungen im Bereich der Aktivitäts- und Bewegungssituation der Klägerin (so Dr. S. ) bzw. den Alltagsverrichtungen der Klägerin (Angaben gegenüber Dr. P.: u.a. Knöpfe annähen und Löcher stopfen, Kochen, Spazieren gehen, Enkel beaufsichtigen) ist von einem im Wesentlichen gleichbleibenden, jedenfalls nicht dauerhaft verschlechterten Krankheitsbild der rheumatoiden Arthritis seit dem Aufenthalt in der F. auszugehen, sodass die bisherigen Beurteilungen der F. , von Dr. S. , der Reha-Klinik H. und von Dr. P. weiterhin Gültigkeit haben.

Zusammengefasst kann die Klägerin somit zumindest noch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung der von der Gutachterin G. , von Dr. S. und Dr. P. genannten qualitativen Einschränkungen - kein häufiges Bücken, keine Wirbelsäulenzwangshaltungen, keine Überkopfarbeiten oder überwiegende Arbeiten auf Schulterhöhe, keine Arbeiten, die eine volle Gebrauchsfähigkeit der Hände (insbesondere Feinarbeiten und kräftiges Zugreifend betreffend) erfordern, kein häufiges Ersteigen von Treppen, keine Arbeiten auf Leitern und Gerüsten sowie in ständiger Hocke oder auf den Kniegelenken, keine Arbeiten unter ungünstigen Witterungseinflüssen wie Nässe, Kälte, Zugluft oder mit Erschütterungen, keine Nachtschicht und kein Zeitdruck - sechs Stunden täglich ausüben. Dabei bleibt offen, inwieweit nach dem Gutachten von Dr. P. und den dort dokumentierten feinmotorischen Tätigkeiten der Klägerin Feinarbeiten auch jetzt noch - über drei Jahre nach der diese Einschränkung annehmenden Gutachterin G. - ausgeschlossen sind. Denn selbst wenn all diese Einschränkungen zu beachten sind, ist die Klägerin nicht erwerbsgemindert. Insbesondere ist es unerheblich, ob ein dem Leistungsvermögen entsprechender Arbeitsplatz vermittelt werden kann, weil nach § 43 Abs. 3 zweiter Halbsatz SGB VI die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.

Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist im Falle einer mindestens sechsstündigen Leistungsfähigkeit bei Beachtung qualitativer Einschränkungen regelmäßig nicht erforderlich (BSG, Urteil vom 14.09.1995, 5 RJ 50/94 in SozR 3-2200 § 1246 Nr. 50, auch zum Nachfolgenden). Denn nach der Rechtsprechung des BSG steht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine so große Anzahl von Tätigkeitsarten zur Verfügung, dass das Vorhandensein einer geeigneten Verweisungstätigkeit offensichtlich ist. Nur ausnahmsweise ist für einen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbaren Versicherten wie die Klägerin mit zumindest sechsstündigem Leistungsvermögen für leichte Arbeiten die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit erforderlich, wenn die Erwerbsfähigkeit durch mehrere schwerwiegende gesundheitliche Einschränkungen oder eine besonders einschneidende Behinderung gemindert ist. In der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes sind bestimmte Fälle anerkannt (z.B. Einarmigkeit, vgl. BSG, a.a.O., m.w.N.), zu denen der vorliegende Fall aber nicht gehört. Vielmehr braucht eine Verweisungstätigkeit erst benannt zu werden, wenn die gesundheitliche Fähigkeit zur Verrichtung selbst leichter Tätigkeiten in vielfältiger, außergewöhnlicher Weise eingeschränkt ist. Dies ist jedenfalls dann nicht der Fall, wenn ein Versicherter noch vollschichtig körperlich leichte Arbeiten ohne Heben und Tragen von Gegenständen über 5 kg, ohne überwiegendes Stehen und Gehen oder ständiges Sitzen, nicht in Nässe, Kälte oder Zugluft, ohne häufiges Bücken, ohne Zwangshaltungen, ohne besondere Anforderungen an die Fingerfertigkeit und nicht unter besonderen Unfallgefahren zu verrichten vermag (BSG, a.a.O.; Urteil vom 27.04.1982, 1 RJ 132/80 in SozR 2200 § 1246 Nr. 90). Denn ein Teil dieser Einschränkungen stimmt bereits mit den Tätigkeitsmerkmalen einer körperlich leichten Arbeit überein; dies gilt insbesondere für die geminderte Fähigkeiten, Lasten zu bewältigen und die geringe Belastbarkeit der Wirbelsäule (BSG, SozR 3 a.a.O.) mit den hierauf beruhenden Einschränkungen. Nicht anders liegt der Fall der Klägerin. Auch bei ihr wird den qualitativen Einschränkungen im Wesentlichen bereits dadurch Rechnung getragen, dass ihr nur noch leichte Arbeiten zugemutet werden.

Den Antrag der Klägerin auf Einholung eines weiteren Gutachtens von Dr. R. nach § 109 SGG lehnt der Senat ab. Denn das Antragsrecht nach § 109 SGG ist verbraucht, weil bereits das Sozialgericht ein solches Gutachten bei Dr. R. eingeholt hat. Gründe für eine nochmalige Begutachtung liegen nicht vor. Soweit die Klägerin zur Begründung eines weiteren Antragsrechts auf die geschilderte Verschlechterung verweist, bezieht sich die Verschlechterung in erster Linie auf das orthopädische Fachgebiet. In Bezug auf das rheumatologische Fachgebiet ist eine dauerhafte Verschlechterung dagegen - wie dargelegt - gerade nicht zu erkennen. Auch Dr. K. hat in seiner sachverständigen Zeugenauskunft im Berufungsverfahren eine konkrete Verschlechterung der rheumatoiden Arthritis gerade nicht mitgeteilt, sondern - wie bereits ausgeführt - eine Zunahme der orthopädischen Beschwerden dargestellt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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