Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
9
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 20 AS 3325/14 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 AS 3185/14 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 25. Juli 2014 aufgehoben.
Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Antragstellerin vom 18. Juli 2014 bis zum 31. August 2014 vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Der Antragsgegner trägt die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin in beiden Rechtszügen.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist im Rahmen des Eilrechtsschutzverfahrens streitig, ob die Antragstellerin Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) hat.
Die 1982 geborene Antragstellerin hat die togolesische Staatsangehörigkeit. Bis 31.08.2012 studierte sie in Deutschland. Nach Abschluss des Studiums wurde ihr eine Aufenthaltserlaubnis nach § 16 Abs. 4 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) bis 26.02.2014 erteilt. Dieser Aufenthaltstitel dient der Arbeitsplatzsuche nach dem Studium. Nach den Nebenbestimmungen des Aufenthaltstitels war in dieser Zeit die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit gestattet. Seit Ablauf der Aufenthaltserlaubnis verfügt die Antragstellerin über eine Fiktionsbescheinigung, d.h. eine Bescheinigung nach § 81 Abs. 5 (AufenthG), mit der die ausstellende Behörde der Antragstellerin bescheinigt, dass sie die Erteilung/Verlängerung eines Aufenthaltstitels beantragt hat und nach § 81 Abs. 4 AufenthG der bisherige Aufenthaltstitel vom Zeitpunkt seines Ablaufs bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als fortbestehend gilt. Die aktuelle Fiktionsbescheinigung ist gültig bis 30.09.2014.
Am 25.03.2014 stellte die Antragstellerin einen Antrag bei dem Antragsgegner auf Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Zur Begründung legte sie eine Kündigung des letzten Arbeitsverhältnisses zum 26.02.2014 vor. Bis zur Antragstellung habe sie von ihrer Arbeit sowie Ersparnissen und der Hilfe von Freunden und Bekannten gelebt. Laut dem ebenfalls vorgelegten Mutterpass ist die Antragstellerin schwanger. Der berechnete Entbindungstermin ist der 12.10.2014.
Der Vater des ungeborenen Kindes ist deutscher Staatsangehöriger und hat die Vaterschaft am 28.05.2014 anerkannt. Eine Erklärung zur gemeinschaftlichen Ausübung des Sorgerechts wurde ebenfalls abgegeben.
Die Antragstellerin bewohnt ein Zimmer zur Untermiete und entrichtet hierfür 180,- EUR monatlich. Sie verfügte bei Antragstellung über ein Vermögen von 4.406,16 EUR.
Mit Bescheid vom 30.06.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.07.2014 lehnte der Antragsgegner die Leistungsgewährung für den Zeitraum 01.02. bis 31.07.2014 mit der Begründung ab, die Antragstellerin besitze ein Aufenthaltsrecht in der Bundesrepublik Deutschland allein zum Zwecke der Arbeitssuche. Damit sei sie nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II vom Leistungsbezug ausgeschlossen. Die vorangegangenen Beschäftigungen und die Schwangerschaft mit Vaterschaftsanerkennung ändere am derzeitigen - über die Fiktionsbescheinigung nachwirkenden - Aufenthaltstitel des § 16 Abs. 4 AufenthG nichts. Erst nach Geburt des Kindes könne sich der Aufenthaltstitel ändern.
Hiergegen hat die Klägerin am 17.07.2014 Klage (S 20 AS 3308/14) zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben und am 18.07.2014 einen Antrag auf Eilrechtsschutz gestellt. Der Antragstellerin seien ab sofort bis zum 31.08.2014, längstens bis zur Bestandskraft des Ablehnungsbescheides vom 30.06.2014, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in gesetzlicher Höhe zu gewähren. Die Antragstellerin sei schwanger und erwarte im Oktober 2014 ihr Kind. Der Vater des Kindes habe die deutsche Staatsangehörigkeit. Er lebe derzeit nicht mit der Antragstellerin zusammen, sondern bei seinen Eltern. Er habe jedoch die Vaterschaft anerkannt, und sie suchten eine gemeinsame Wohnung. Zum Nachweis hierfür hat die Antragstellerin einen Wohnberechtigungsschein des Amts für Wohnraumversorgung vom 17.07.2014 vorgelegt und ausgeführt, sie sei nicht von den Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen, da sich ihr Aufenthaltsrecht nicht allein aus der Arbeitssuche ergebe. Aus der bevorstehenden Geburt des Kindes ergäben sich aufenthaltsrechtliche Vorwirkungen. Die Antragstellerin hat insoweit insbesondere auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 30.01.2013 (B 4 AS 54/12 R) verwiesen. Sie hat an Eides statt versichert, dass sie mit ihrem Partner D. L. ein gemeinsames Kind erwarte, sie eine gemeinsame Wohnung suchten, um das Kind zusammen groß zu ziehen und sie nicht über Einkommen und Vermögen verfüge. Überlebt habe sie bisher durch Darlehen von Bekannten. Die letzten Mieten habe sie nicht mehr bezahlen können. Sie habe noch ein Sparkonto bei der Sparkasse mit einem Guthaben von ca. 1.300,- EUR, für das eine Kündigungsfrist von drei Monaten bestehe. Gekündigt habe sie es Ende Juni oder Anfang Juli 2014.
Mit Beschluss vom 25.07.2014 hat das SG den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtschutzes mit der Begründung abgelehnt, dem Leistungsanspruch der Antragstellerin stehe der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II entgegen. Danach seien vom Leistungsbezug ausgenommen Ausländerinnen und Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergebe. Da die Antragstellerin über einen Aufenthaltstitel nach § 16 Abs. 4 i.V.m. § 81 Abs. 4 AufenthG verfüge, sei dies der Fall. Erst wenn sie einen Aufenthaltstitel aus anderen Gründen, wie etwa der Geburt des Kindes erhalte, entfalle der Leistungsausschluss.
Gegen den ihr am 29.07.2014 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin am 30.07.2014 Beschwerde eingelegt mit der Begründung, das SG habe die aufenthaltsrechtliche Vorwirkung der bevorstehenden Geburt des Kindes, insbesondere im Hinblick auf die Schutzpflicht aus Art. 6 Grundgesetz (GG) nicht gewürdigt. Die Antragstellerin habe neben dem fingierten Aufenthaltsrecht aus § 16 Abs. 4 AufenthG ein weiteres Aufenthaltsrecht, so dass der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II nicht einschlägig sei. Das Aufenthaltsrecht aus § 16 Abs. 4 AufenthG sei zum 28.02.2014 abgelaufen. Eine Verlängerung des Titels sei nicht möglich. Soweit der Aufenthalt dennoch mit der Fiktionsbescheinigung verlängert worden sei, sei dies im Hinblick auf die bevorstehende Geburt geschehen, denn der Aufenthalt nach § 16 Abs. 4 AufenthG sei auf eine Höchstfrist von 18 Monaten, die abgelaufen sei, beschränkt. Aufgrund der massiven Grundrechtsverletzung sei es auch nicht möglich, die Antragstellerin auf eine abschließende Klärung ihres Aufenthaltsrechts mit der Ausländerbehörde zu verweisen. Die Antragstellerin habe schon seit längerem ihre Krankenversicherung und ihre Miete nicht mehr bezahlen können.
Die Antragstellerin beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 25. Juli 2014 aufzuheben und den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig zu verpflichten, ihr ab 18. Juli 2014 bis zum 31. August 2014 - längstens bis zur Bestandskraft des Ablehnungsbescheides vom 30. Juni 2014 - Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Zur Begründung verweist er auf den Widerspruchsbescheid sowie den Beschluss des SG.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akten des SG, die Senatsakten sowie die Verwaltungsakte des Antragsgegners verwiesen.
II.
Die fristgemäße eingelegte und auch sonst zulässige Beschwerde ist begründet. Das SG hat den Antrag der Antragstellerin auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu Unrecht abgelehnt.
Der Erlass einer Regelungsanordnung nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) verlangt grundsätzlich die summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache (Anordnungsanspruch) sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung zur Abwendung wesentlicher Nachteile (Anordnungsgrund). Die dem Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund zugrundeliegenden Tatsachen sind von der Antragstellerin glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung). Glaubhaft gemacht sind Tatsachen, wenn sie überwiegend wahrscheinlich sind. Zwischen Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch besteht dabei eine Wechselbeziehung. So ist beispielsweise an das Vorliegen des Anordnungsgrundes ein weniger strenger Maßstab zu stellen, wenn bei der Prüfung der Sach- und Rechtslage das Obsiegen in der Hauptsache sehr wahrscheinlich ist. Sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache offen, kommt dem Anordnungsgrund entscheidende Bedeutung zu. Soweit existenzsichernde Leistungen in Frage stehen, sind besondere Anforderungen an die Ausgestaltung des Eilverfahrens zu stellen. Diese ergeben sich aus Art. 19 Abs. 4 GG, wenn ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, nicht anders abwendbare Beeinträchtigungen entstehen können, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären. Ein solcher Fall ist anzunehmen, wenn es im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes um die Sicherung des verfassungsrechtlich garantierten Existenzminimums geht (Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 12.05.2005, 1 BvR 569/05, (juris)). In diesem Zusammenhang ist eine Orientierung an den Erfolgsaussichten nur möglich, wenn die Sach- und Rechtslage abschließend geklärt werden kann. Ist dem Gericht dagegen eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden. Hierbei sind die grundrechtlichen Belange der Antragstellerin in die Abwägung einzustellen (BVerfG a.a.O).
In Anwendung dieser Maßstäbe hat die Antragstellerin einen Anordnungsanspruch und einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Bei summarischer Prüfung steht ihr ein Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach §§ 7 ff. SGB II zu.
Gemäß § 7 Abs. 1 SGB II erhalten Leistungen nach diesem Buch Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben, erwerbsfähig und hilfedürftig sind sowie ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte). Die Antragstellerin ist hilfebedürftig, da sie weder über Einkommen noch über den maßgeblichen Freibetrag von 5.400,- EUR (§ 12 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 4 SGB II) übersteigendes Vermögen verfügt. Sie ist auch erwerbsfähig im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II i.V.m. § 8 SGB II. Nach § 8 Abs. 1 SGB II ist erwerbsfähig, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbarer Zeit ausstanden ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 8 Abs. 2 SGB II sind Ausländerinnen und Ausländer nur dann erwerbsfähig in diesem Sinne, wenn ihnen die Aufnahme einer Beschäftigung erlaubt ist oder erlaubt werden kann. Die rechtliche Möglichkeit, eine Beschäftigung vorbehaltlich einer Zustimmung nach § 39 AufenthG aufzunehmen, ist ausreichend. Gesundheitliche Gründe, die einer Erwerbsfähigkeit der Antragstellerin entgegenstehen könnten, sind nicht ersichtlich. Nach der noch bis 30.09.2014 gültigen Fiktionsbescheinigung ist ihr die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit gestattet. Sie hat auch ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Nach § 30 Abs. 3 Satz 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) hat jemand seinen gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Der Begriff des gewöhnlichen Aufenthaltes ist in erster Linie nach den objektiv gegebenen tatsächlichen Verhältnissen im streitigen Zeitraum zu beurteilen. Entscheidend ist, ob der örtliche Schwerpunkt der Lebensverhältnisse faktisch dauerhaft im Inland ist. Dauerhaft ist ein solcher Aufenthalt, wenn er nicht auf Beendigung angelegt, also zukunftsoffen ist (BSG, Urteil vom 30.01.2013, a.a.O.(juris)). Da die Antragstellerin sich bereits seit 2006 überwiegend in Deutschland aufhält und sie an Eides statt versichert hat, dass sie gemeinsam mit dem Vater des ungeborenen Kindes eine Wohnung sucht, um das Kind in Deutschland aufzuziehen, liegt ein zukunftsoffener Aufenthalt und damit ein gewöhnlicher Aufenthalt im Inland vor. Ausländerrechtliche Bedenken bestehen hinsichtlich der Zukunftsoffenheit des Aufenthalts nicht, da die Antragstellerin voraussichtlich ab der Geburt des Kindes, das nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Staatangehörigkeitsgesetz die deutsche Staatsangehörigkeit erwirbt, nach § 28 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis erhält.
Die Antragstellerin ist bei summarischer Prüfung auch nicht nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II vom Leistungsbezug ausgeschlossen. Nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II sind vom Leistungsbezug ausgenommen Ausländerinnen und Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt, und ihre Familienangehörigen. Zwar handelte es sich bei dem letzten Aufenthaltstitel der Antragstellerin nach § 16 Abs. 4 AufenthG um eine Aufenthaltserlaubnis, die zur Arbeitssuche erteilt wurde und die vom Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II erfasst wird (vgl. BT/Drs. 16/688, S 13). Jedoch ergibt sich das derzeitige Aufenthaltsrecht der Antragstellerin nicht allein aus dem Zweck der Arbeitssuche. Zwar war die bis 26.02.2014 befristete Aufenthaltserlaubnis nach § 16 Abs. 4 AufenthG zum Zwecke der Arbeitssuche erteilt worden, und der gestellte Verlängerungsantrag bewirkte nach § 81 Abs. 4 AufenthG die Fiktion der Fortgeltung des bisherigen Aufenthaltstitels mit der Folge, dass auch die fingierte Aufenthaltserlaubnis keinen weitergehenden Aufenthaltszweck zu legitimieren vermag und (lediglich) zur Arbeitssuche gilt. Die Antragstellerin hat jedoch voraussichtlich auf Grund der Vorwirkung der Familiengründung einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 7 Abs. 1 Satz 3 AufenthG i.V.m. Art. 6 GG (BSG, Urteil vom 30.01.2013, a.a.O.). Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis in verfassungskonformer Auslegung des § 7 Abs. 1 S. 3 AufenthG kommt in Betracht, wenn die Lebensumstände eine gemeinsame Übernahme der elterlichen Verantwortung sicher erwarten lassen und eine vorübergehende Ausreise vor der Geburt des Kindes nicht mehr zumutbar ist. Vorliegend liegt eine Vaterschaftsanerkennung sowie eine gemeinsame Sorgerechtserklärung vor, und die Antragstellerin und ihr Partner suchen eine gemeinsame Wohnung, in der sie das Kind gemeinsam großziehen wollen. Im Hinblick darauf, dass vorliegend Leistungen für einen Zeitraum ab drei Monate vor dem errechneten Geburtstermin begehrt werden, wäre der Antragstellerin auch eine Ausreise nicht mehr zumutbar (BSG a.a.O). Somit besteht ein Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts der Antragstellerin für den ausdrücklich mit dem Antrag geltend gemachten Zeitraum vom 18.07.2014 bis 31.08.2014. Die Leistungsgewährung war auf Grund der insoweit beschränkten Antragstellung bis zum 31.08.2014 zu befristen. Der Senat geht jedoch davon aus, dass die Anspruchsvoraussetzungen, zumindest nach Stellung eines möglicherweise erforderlichen Weitergewährungsantrages, bis einschließlich Oktober 2014 vorliegen.
Ein Anordnungsgrund ist ebenfalls glaubhaft gemacht, da die Antragstellerin derzeit keinerlei Leistungen erhält und sie daher insbesondere ihre Krankenversicherung und ihre Miete nicht mehr bezahlen kann. Ein Abwarten des Hauptsacheverfahrens ist unzumutbar.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer analogen Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Antragstellerin vom 18. Juli 2014 bis zum 31. August 2014 vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Der Antragsgegner trägt die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin in beiden Rechtszügen.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist im Rahmen des Eilrechtsschutzverfahrens streitig, ob die Antragstellerin Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) hat.
Die 1982 geborene Antragstellerin hat die togolesische Staatsangehörigkeit. Bis 31.08.2012 studierte sie in Deutschland. Nach Abschluss des Studiums wurde ihr eine Aufenthaltserlaubnis nach § 16 Abs. 4 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) bis 26.02.2014 erteilt. Dieser Aufenthaltstitel dient der Arbeitsplatzsuche nach dem Studium. Nach den Nebenbestimmungen des Aufenthaltstitels war in dieser Zeit die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit gestattet. Seit Ablauf der Aufenthaltserlaubnis verfügt die Antragstellerin über eine Fiktionsbescheinigung, d.h. eine Bescheinigung nach § 81 Abs. 5 (AufenthG), mit der die ausstellende Behörde der Antragstellerin bescheinigt, dass sie die Erteilung/Verlängerung eines Aufenthaltstitels beantragt hat und nach § 81 Abs. 4 AufenthG der bisherige Aufenthaltstitel vom Zeitpunkt seines Ablaufs bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als fortbestehend gilt. Die aktuelle Fiktionsbescheinigung ist gültig bis 30.09.2014.
Am 25.03.2014 stellte die Antragstellerin einen Antrag bei dem Antragsgegner auf Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Zur Begründung legte sie eine Kündigung des letzten Arbeitsverhältnisses zum 26.02.2014 vor. Bis zur Antragstellung habe sie von ihrer Arbeit sowie Ersparnissen und der Hilfe von Freunden und Bekannten gelebt. Laut dem ebenfalls vorgelegten Mutterpass ist die Antragstellerin schwanger. Der berechnete Entbindungstermin ist der 12.10.2014.
Der Vater des ungeborenen Kindes ist deutscher Staatsangehöriger und hat die Vaterschaft am 28.05.2014 anerkannt. Eine Erklärung zur gemeinschaftlichen Ausübung des Sorgerechts wurde ebenfalls abgegeben.
Die Antragstellerin bewohnt ein Zimmer zur Untermiete und entrichtet hierfür 180,- EUR monatlich. Sie verfügte bei Antragstellung über ein Vermögen von 4.406,16 EUR.
Mit Bescheid vom 30.06.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.07.2014 lehnte der Antragsgegner die Leistungsgewährung für den Zeitraum 01.02. bis 31.07.2014 mit der Begründung ab, die Antragstellerin besitze ein Aufenthaltsrecht in der Bundesrepublik Deutschland allein zum Zwecke der Arbeitssuche. Damit sei sie nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II vom Leistungsbezug ausgeschlossen. Die vorangegangenen Beschäftigungen und die Schwangerschaft mit Vaterschaftsanerkennung ändere am derzeitigen - über die Fiktionsbescheinigung nachwirkenden - Aufenthaltstitel des § 16 Abs. 4 AufenthG nichts. Erst nach Geburt des Kindes könne sich der Aufenthaltstitel ändern.
Hiergegen hat die Klägerin am 17.07.2014 Klage (S 20 AS 3308/14) zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben und am 18.07.2014 einen Antrag auf Eilrechtsschutz gestellt. Der Antragstellerin seien ab sofort bis zum 31.08.2014, längstens bis zur Bestandskraft des Ablehnungsbescheides vom 30.06.2014, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in gesetzlicher Höhe zu gewähren. Die Antragstellerin sei schwanger und erwarte im Oktober 2014 ihr Kind. Der Vater des Kindes habe die deutsche Staatsangehörigkeit. Er lebe derzeit nicht mit der Antragstellerin zusammen, sondern bei seinen Eltern. Er habe jedoch die Vaterschaft anerkannt, und sie suchten eine gemeinsame Wohnung. Zum Nachweis hierfür hat die Antragstellerin einen Wohnberechtigungsschein des Amts für Wohnraumversorgung vom 17.07.2014 vorgelegt und ausgeführt, sie sei nicht von den Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen, da sich ihr Aufenthaltsrecht nicht allein aus der Arbeitssuche ergebe. Aus der bevorstehenden Geburt des Kindes ergäben sich aufenthaltsrechtliche Vorwirkungen. Die Antragstellerin hat insoweit insbesondere auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 30.01.2013 (B 4 AS 54/12 R) verwiesen. Sie hat an Eides statt versichert, dass sie mit ihrem Partner D. L. ein gemeinsames Kind erwarte, sie eine gemeinsame Wohnung suchten, um das Kind zusammen groß zu ziehen und sie nicht über Einkommen und Vermögen verfüge. Überlebt habe sie bisher durch Darlehen von Bekannten. Die letzten Mieten habe sie nicht mehr bezahlen können. Sie habe noch ein Sparkonto bei der Sparkasse mit einem Guthaben von ca. 1.300,- EUR, für das eine Kündigungsfrist von drei Monaten bestehe. Gekündigt habe sie es Ende Juni oder Anfang Juli 2014.
Mit Beschluss vom 25.07.2014 hat das SG den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtschutzes mit der Begründung abgelehnt, dem Leistungsanspruch der Antragstellerin stehe der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II entgegen. Danach seien vom Leistungsbezug ausgenommen Ausländerinnen und Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergebe. Da die Antragstellerin über einen Aufenthaltstitel nach § 16 Abs. 4 i.V.m. § 81 Abs. 4 AufenthG verfüge, sei dies der Fall. Erst wenn sie einen Aufenthaltstitel aus anderen Gründen, wie etwa der Geburt des Kindes erhalte, entfalle der Leistungsausschluss.
Gegen den ihr am 29.07.2014 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin am 30.07.2014 Beschwerde eingelegt mit der Begründung, das SG habe die aufenthaltsrechtliche Vorwirkung der bevorstehenden Geburt des Kindes, insbesondere im Hinblick auf die Schutzpflicht aus Art. 6 Grundgesetz (GG) nicht gewürdigt. Die Antragstellerin habe neben dem fingierten Aufenthaltsrecht aus § 16 Abs. 4 AufenthG ein weiteres Aufenthaltsrecht, so dass der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II nicht einschlägig sei. Das Aufenthaltsrecht aus § 16 Abs. 4 AufenthG sei zum 28.02.2014 abgelaufen. Eine Verlängerung des Titels sei nicht möglich. Soweit der Aufenthalt dennoch mit der Fiktionsbescheinigung verlängert worden sei, sei dies im Hinblick auf die bevorstehende Geburt geschehen, denn der Aufenthalt nach § 16 Abs. 4 AufenthG sei auf eine Höchstfrist von 18 Monaten, die abgelaufen sei, beschränkt. Aufgrund der massiven Grundrechtsverletzung sei es auch nicht möglich, die Antragstellerin auf eine abschließende Klärung ihres Aufenthaltsrechts mit der Ausländerbehörde zu verweisen. Die Antragstellerin habe schon seit längerem ihre Krankenversicherung und ihre Miete nicht mehr bezahlen können.
Die Antragstellerin beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 25. Juli 2014 aufzuheben und den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig zu verpflichten, ihr ab 18. Juli 2014 bis zum 31. August 2014 - längstens bis zur Bestandskraft des Ablehnungsbescheides vom 30. Juni 2014 - Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Zur Begründung verweist er auf den Widerspruchsbescheid sowie den Beschluss des SG.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akten des SG, die Senatsakten sowie die Verwaltungsakte des Antragsgegners verwiesen.
II.
Die fristgemäße eingelegte und auch sonst zulässige Beschwerde ist begründet. Das SG hat den Antrag der Antragstellerin auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu Unrecht abgelehnt.
Der Erlass einer Regelungsanordnung nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) verlangt grundsätzlich die summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache (Anordnungsanspruch) sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung zur Abwendung wesentlicher Nachteile (Anordnungsgrund). Die dem Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund zugrundeliegenden Tatsachen sind von der Antragstellerin glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung). Glaubhaft gemacht sind Tatsachen, wenn sie überwiegend wahrscheinlich sind. Zwischen Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch besteht dabei eine Wechselbeziehung. So ist beispielsweise an das Vorliegen des Anordnungsgrundes ein weniger strenger Maßstab zu stellen, wenn bei der Prüfung der Sach- und Rechtslage das Obsiegen in der Hauptsache sehr wahrscheinlich ist. Sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache offen, kommt dem Anordnungsgrund entscheidende Bedeutung zu. Soweit existenzsichernde Leistungen in Frage stehen, sind besondere Anforderungen an die Ausgestaltung des Eilverfahrens zu stellen. Diese ergeben sich aus Art. 19 Abs. 4 GG, wenn ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, nicht anders abwendbare Beeinträchtigungen entstehen können, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären. Ein solcher Fall ist anzunehmen, wenn es im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes um die Sicherung des verfassungsrechtlich garantierten Existenzminimums geht (Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 12.05.2005, 1 BvR 569/05, (juris)). In diesem Zusammenhang ist eine Orientierung an den Erfolgsaussichten nur möglich, wenn die Sach- und Rechtslage abschließend geklärt werden kann. Ist dem Gericht dagegen eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden. Hierbei sind die grundrechtlichen Belange der Antragstellerin in die Abwägung einzustellen (BVerfG a.a.O).
In Anwendung dieser Maßstäbe hat die Antragstellerin einen Anordnungsanspruch und einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Bei summarischer Prüfung steht ihr ein Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach §§ 7 ff. SGB II zu.
Gemäß § 7 Abs. 1 SGB II erhalten Leistungen nach diesem Buch Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben, erwerbsfähig und hilfedürftig sind sowie ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte). Die Antragstellerin ist hilfebedürftig, da sie weder über Einkommen noch über den maßgeblichen Freibetrag von 5.400,- EUR (§ 12 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 4 SGB II) übersteigendes Vermögen verfügt. Sie ist auch erwerbsfähig im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II i.V.m. § 8 SGB II. Nach § 8 Abs. 1 SGB II ist erwerbsfähig, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbarer Zeit ausstanden ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 8 Abs. 2 SGB II sind Ausländerinnen und Ausländer nur dann erwerbsfähig in diesem Sinne, wenn ihnen die Aufnahme einer Beschäftigung erlaubt ist oder erlaubt werden kann. Die rechtliche Möglichkeit, eine Beschäftigung vorbehaltlich einer Zustimmung nach § 39 AufenthG aufzunehmen, ist ausreichend. Gesundheitliche Gründe, die einer Erwerbsfähigkeit der Antragstellerin entgegenstehen könnten, sind nicht ersichtlich. Nach der noch bis 30.09.2014 gültigen Fiktionsbescheinigung ist ihr die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit gestattet. Sie hat auch ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Nach § 30 Abs. 3 Satz 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) hat jemand seinen gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Der Begriff des gewöhnlichen Aufenthaltes ist in erster Linie nach den objektiv gegebenen tatsächlichen Verhältnissen im streitigen Zeitraum zu beurteilen. Entscheidend ist, ob der örtliche Schwerpunkt der Lebensverhältnisse faktisch dauerhaft im Inland ist. Dauerhaft ist ein solcher Aufenthalt, wenn er nicht auf Beendigung angelegt, also zukunftsoffen ist (BSG, Urteil vom 30.01.2013, a.a.O.(juris)). Da die Antragstellerin sich bereits seit 2006 überwiegend in Deutschland aufhält und sie an Eides statt versichert hat, dass sie gemeinsam mit dem Vater des ungeborenen Kindes eine Wohnung sucht, um das Kind in Deutschland aufzuziehen, liegt ein zukunftsoffener Aufenthalt und damit ein gewöhnlicher Aufenthalt im Inland vor. Ausländerrechtliche Bedenken bestehen hinsichtlich der Zukunftsoffenheit des Aufenthalts nicht, da die Antragstellerin voraussichtlich ab der Geburt des Kindes, das nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Staatangehörigkeitsgesetz die deutsche Staatsangehörigkeit erwirbt, nach § 28 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis erhält.
Die Antragstellerin ist bei summarischer Prüfung auch nicht nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II vom Leistungsbezug ausgeschlossen. Nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II sind vom Leistungsbezug ausgenommen Ausländerinnen und Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt, und ihre Familienangehörigen. Zwar handelte es sich bei dem letzten Aufenthaltstitel der Antragstellerin nach § 16 Abs. 4 AufenthG um eine Aufenthaltserlaubnis, die zur Arbeitssuche erteilt wurde und die vom Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II erfasst wird (vgl. BT/Drs. 16/688, S 13). Jedoch ergibt sich das derzeitige Aufenthaltsrecht der Antragstellerin nicht allein aus dem Zweck der Arbeitssuche. Zwar war die bis 26.02.2014 befristete Aufenthaltserlaubnis nach § 16 Abs. 4 AufenthG zum Zwecke der Arbeitssuche erteilt worden, und der gestellte Verlängerungsantrag bewirkte nach § 81 Abs. 4 AufenthG die Fiktion der Fortgeltung des bisherigen Aufenthaltstitels mit der Folge, dass auch die fingierte Aufenthaltserlaubnis keinen weitergehenden Aufenthaltszweck zu legitimieren vermag und (lediglich) zur Arbeitssuche gilt. Die Antragstellerin hat jedoch voraussichtlich auf Grund der Vorwirkung der Familiengründung einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 7 Abs. 1 Satz 3 AufenthG i.V.m. Art. 6 GG (BSG, Urteil vom 30.01.2013, a.a.O.). Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis in verfassungskonformer Auslegung des § 7 Abs. 1 S. 3 AufenthG kommt in Betracht, wenn die Lebensumstände eine gemeinsame Übernahme der elterlichen Verantwortung sicher erwarten lassen und eine vorübergehende Ausreise vor der Geburt des Kindes nicht mehr zumutbar ist. Vorliegend liegt eine Vaterschaftsanerkennung sowie eine gemeinsame Sorgerechtserklärung vor, und die Antragstellerin und ihr Partner suchen eine gemeinsame Wohnung, in der sie das Kind gemeinsam großziehen wollen. Im Hinblick darauf, dass vorliegend Leistungen für einen Zeitraum ab drei Monate vor dem errechneten Geburtstermin begehrt werden, wäre der Antragstellerin auch eine Ausreise nicht mehr zumutbar (BSG a.a.O). Somit besteht ein Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts der Antragstellerin für den ausdrücklich mit dem Antrag geltend gemachten Zeitraum vom 18.07.2014 bis 31.08.2014. Die Leistungsgewährung war auf Grund der insoweit beschränkten Antragstellung bis zum 31.08.2014 zu befristen. Der Senat geht jedoch davon aus, dass die Anspruchsvoraussetzungen, zumindest nach Stellung eines möglicherweise erforderlichen Weitergewährungsantrages, bis einschließlich Oktober 2014 vorliegen.
Ein Anordnungsgrund ist ebenfalls glaubhaft gemacht, da die Antragstellerin derzeit keinerlei Leistungen erhält und sie daher insbesondere ihre Krankenversicherung und ihre Miete nicht mehr bezahlen kann. Ein Abwarten des Hauptsacheverfahrens ist unzumutbar.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer analogen Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
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