L 9 R 3986/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 12 R 4473/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 3986/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 31. Juli 2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Dem Kläger werden Verschuldenskosten in Höhe von 225,- EUR auferlegt.

Gründe:

I.

Der 1945 geborene Kläger, der seit 01.05.2005 (Vollendung 60. Lebensjahr) Altersrente für Schwerbehinderte gem. § 236a Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) bezieht, führt diverse sozialgerichtliche Verfahren gegen die Beklagte als Trägerin der gesetzlichen Rentenversicherung. Im vorliegenden Verfahren (L 9 R 3986/13) streitig ist der Wechsel von der Altersrente für Schwerbehinderte in die reguläre Altersrente vor dem Hintergrund der vom Kläger begehrten Klärung seines "Sozialstatus".

Mit Schreiben an die Beklagte vom 30.03.2010, 01.04.2010, 07.04.2010 führte der Kläger aus, er wolle "vor Beginn der Regelaltersrente (mit Erreichen des 65. Lebensjahres am Donnerstag, den 8. April 2010)" seine Ansprüche aus seinen diversen Rentenanträgen nochmals deutlich machen und seine Ansprüche (auch auf rückwirkende Nachzahlungen, Ausgleichsforderungen etc.) geltend machen.

Mit Schreiben vom 20.06.2010 wies die Beklagte, die die Schreiben als Antrag auf Neufeststellung der Rente wertete, den Kläger darauf hin, dass ab 01.05.2010 kein Anspruch auf Altersrente bestehe, da der Kläger bereits seit 01.05.2005 eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen beziehe. § 34 Abs. 4 SGB VI schließe seit dem 01.01.2008 nach bindender Bewilligung einer Rente wegen Alters den Wechsel in eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, Erziehungsrente oder andere Renten wegen Alters aus. Der Antrag auf Regelaltersrente müsste daher abgelehnt werden. Dieses Schreiben sandte der Kläger an die Beklagte zurück mit dem handschriftlichen Vermerk "nein, stimmt nicht !".

Die Beklagte lehnte den Antrag, verstanden als Antrag auf Gewährung von Regelaltersrente mit Bescheid vom 09.09.2010 unter Hinweis auf § 34 Abs. 4 SGB VI ab und führte dazu aus, der Kläger habe bezüglich seiner Anträge auf Gewährung von Erwerbsunfähigkeitsrente vom 29.12.1999 und 29.12.2000 gesondert Bescheid erhalten. Den Anträgen habe wegen fehlender versicherungsrechtlicher Voraussetzungen nicht entsprochen werden können. Dagegen legte der Kläger Widerspruch ein und bat um eine Entscheidung des Widerspruchsausschusses, an dessen Sitzung er persönlich teilnehmen wolle. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 25.11.2010 zurück mit der Begründung, die Regelung des § 34 Abs. 4 SGB VI solle sicherstellen, dass Versicherte, die sich bereits für eine Altersrente entschieden hätten, nicht mehr in eine andere Rente wechseln könnten. Dies gelte immer dann, wenn sich für die weitere Rente ein Rentenbeginn am 01.01.2008 oder später ergeben würde. Nur bei Einlegung eines Rechtsbehelfs gegen den Bewilligungsbescheid für die erste Altersrente sei es möglich, dass der Antrag auf diese erste Altersrente zurückgenommen werden könne und nach Rückzahlung gegebenenfalls bereits gezahlter Rentenbeiträge eine andere Rente auch mit einem späteren Rentenbeginn als dem der ursprünglich bewilligten Altersrente gezahlt werde, da die erste Altersrente dann weder bindend bewilligt noch bezogen worden sei. Der Kläger beziehe allerdings bereits seit 01.05.2005 Altersrente für schwerbehinderte Menschen. Die Bestimmung des § 34 Abs. 4 SGB VI schließe einen Wechsel in die Regelaltersrente zum 01.05.2010 aus.

Am 16.12.2010 hat der Kläger Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben und ausgeführt, es gehe ihm nicht um einen Antrag auf Altersrente mit Vollendung des 65. Lebensjahres - einen solchen Antrag habe er zu keinem Zeitpunkt gestellt -, sondern um die grundsätzliche Überprüfung seiner derzeitigen Rentenansprüche auf ihre Richtigkeit und Höhe, dies unter Berücksichtigung seiner Anträge auf Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit aus den Jahren zwischen 1993 und 2003 sowie der sogenannten 58er-Regelung.

Das SG hat die Klage durch Urteil vom 31.07.2013 (S 12 R 4473/10) abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, soweit der Kläger die Überprüfung seines sozialversicherungsrechtlichen Status im Zeitraum 1993 bis 1999 begehre, sei dies bereits Gegenstand anderer Rechtsstreitigkeiten, u. a. der Sache S 12 R 2622/10, so dass die erneute Klage insoweit bereits wegen anderweitiger Rechtshängigkeit unzulässig sei. Soweit der Kläger die Überprüfung seiner Rentenansprüche nach Grund und Höhe begehre, handele es sich um eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage, die gegen die jeweiligen Rentenablehnungsbescheide bzw. Rentenbewilligungsbescheide nach Durchlaufen des obligatorischen Vorverfahrens (Widerspruchsverfahrens) zu richten wäre. Eine isolierte unmittelbare Leistungsklage bei Gericht sei hinsichtlich dieser durch Verwaltungsakt festzustellenden Leistungen ebenso unzulässig (vergl. auch § 54 Abs. 5 SGG) wie eine Feststellungsklage gemäß § 55 SGG, die gegenüber der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage insoweit subsidiär (nachrangig) sei. Der Kläger müsse also, soweit er dies nicht bereits getan habe und entsprechende Rechtsstreite bereits anhängig seien, gegebenenfalls die Überprüfung der seine Rentenansprüche ablehnenden bzw. feststellenden Bescheide (Verwaltungsakte) zunächst bei der Beklagten beantragen und das Vorverfahren durchlaufen, bevor insoweit das Gericht angerufen werden könne.

Die Klage wäre allerdings zulässig, soweit der Kläger tatsächlich den Regelungsgehalt der angefochtenen Bescheide angreife. Nach den Erklärungen des Klägers sei dies äußerst zweifelhaft. Selbst wenn den Ausführungen des Klägers ein derartiges Begehren zu entnehmen wäre, bleibe festzustellen, dass die angefochtenen Bescheide rechtmäßig seien und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzten. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Wechsel von der Altersrente für schwerbehinderte Menschen in die Regelaltersrente, was sich aus § 34 Abs. 4 SGB VI ergebe. Insoweit schließe sich das Gericht nach eigener Überprüfung der zutreffenden Begründung des Widerspruchsbescheids der Beklagten vom 25.11.2010 an (§ 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).

Gegen das ihm am 09.08.2013 zugestellte Urteil hat der Kläger am 02.09.2013 Berufung zum Landessozialgericht (LSG) eingelegt "zur Wahrung seiner schützenswerten Interessen". Eine weitergehende Begründung der Berufung ist nicht erfolgt.

Durch Beschluss vom 27.06.2014 hat der Senat den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das vorliegende Berufungsverfahren abgelehnt.

Der Kläger hat keinen konkreten Antrag gestellt.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.

Mit Verfügung vom 05.05.2014 hat der Vorsitzende des Senats auf die Möglichkeit einer Entscheidung gemäß § 153 Abs. 4 SGG hingewiesen und den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats Bezug genommen.

II.

Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.

Die Berufung des Klägers ist jedoch unbegründet. Das angefochtene Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden.

Gemäß § 153 Abs. 4 SGG kann das LSG - nach vorheriger Anhörung der Beteiligten - die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Im vorliegenden Fall sind die Berufsrichter des Senats einstimmig zum Ergebnis gekommen, dass die Berufung unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist. Mit Schreiben vom 05.05.2014 hat der Senat die Beteiligten auf die Möglichkeit einer Entscheidung nach §153 Abs. 4 SGG hingewiesen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Eine Zustimmung der Beteiligten ist nicht erforderlich.

Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen der Entscheidung dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass die angegriffenen Bescheide rechtlich nicht zu beanstanden sind. Der Senat schließt sich dem nach eigener Prüfung und unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren uneingeschränkt an, sieht gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitgehend ab und weist die Berufung aus den Gründen des angefochtenen Urteils zurück. Ergänzend ist lediglich auszuführen, dass die Beklagte aufgrund des Inhalts der Schreiben des Klägers vom 30.03.2010 und 20.06.2010 von einem Antrag auf Wechsel in die reguläre Altersrente ausgehen durfte. Wie bereits mit Verfügung des Gerichts vom 05.05.2014 ausgeführt, wurde dieser Antrag zu Recht abgelehnt, da gemäß § 34 Abs. 4 Nr. 3 SGB VI nach bindender Bewilligung einer Altersrente (hier: Bewilligung der Altersrente wegen Schwerbehinderung zum 01.05.2005) der Wechsel in eine andere Altersrente nicht möglich ist. Diese Vorschrift ist im Rahmen diverser gerichtlicher Entscheidungen als recht- und verfassungsmäßig bestätigt worden (s. etwa Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 17.08.2011 - L 20 R 548/10 - (juris)). Soweit es dem Kläger daneben oder aber ausschließlich - Genaues ist seinen Schreiben nicht zu entnehmen - um die Zuerkennung neuer Rentenrechte und -zeiten (Pflichtbeitragszeiten etc.) oder um den - etwa gar rückwirkenden - Wechsel in eine Erwerbsminderungsrente gehen sollte, ist hierfür mit Blick auf den Regelungsgehalt der angefochtenen Bescheide im vorliegenden Verfahren kein Raum.

Die Berufung war daher zurückzuweisen. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.

Der Senat hat darüber hinaus im Rahmen seines Ermessens von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, gemäß § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG Verschuldenskosten aufzuerlegen. Das Festhalten an der Berufung erfüllt angesichts der gemachten Hinweise den Tatbestand der Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung. Ein Missbrauch ist dann anzunehmen, wenn die Rechtsverfolgung offensichtlich unbegründet ist und sie von jedem Einsichtigen als völlig aussichtslos angesehen werden muss. Maßstab ist nicht die konkrete subjektive Sicht des Klägers, sondern die eines verständigen Beteiligten. Diese Auslegung entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Missbrauchsgebühr in § 34 Abs. 2 Bundesverfassungsgerichtsgesetz (vgl. BVerfG, 29.05.1996, 2 BvR 725/96 in Juris), die wegen des übereinstimmenden Wortlautes und Zweckes beider Vorschriften auch hier heranzuziehen ist. Die offensichtliche Aussichtslosigkeit ergibt sich aus der - oben dargelegten - Eindeutigkeit der Sach- und Rechtslage, auf die der Vorsitzende in den Verfügungen vom 05.05.2014 und 28.05.2014 hingewiesen hat. Dem Kläger sind daher Kosten nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGG in Höhe des Mindestbetrags von 225,- EUR (§ 192 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 184 Abs. 2 SGG) aufzuerlegen.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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