Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 14 P 2001/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 P 5119/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Verhinderungspflege nach § 39 SGB XI ist keine Geld-, sondern eine Sachleistung mit der Folge, dass der Anspruch auf Leistungen bei Verhinderungspflege, die im Ausland (hier Schweiz) erbracht wird, gemäß § 34 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 SGB XI ruht.
Revision anhängig B 3 P 4/14 R
Revision anhängig B 3 P 4/14 R
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 25. Oktober 2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Erstattung von Kosten einer im Ausland (hier: Schweiz) durchgeführten Verhinderungspflege.
Der 1995 geborene Kläger ist bei der Beklagten pflegeversichert. Er bezieht Pflegegeld im Rahmen der Pflegestufe II. Pflegeperson ist die Mutter des Klägers.
In der Zeit vom 3. bis 8. Januar 2009 verbrachte der Kläger mit seinen Eltern einen Kurzurlaub in der Schweiz. Während die Mutter des Klägers gemeinsam mit anderen Familienangehörigen beim Skifahren war, übernahm der mitreisende, in Deutschland wohnhafte Großvater des Klägers in diesem Zeitraum stundenweise die Pflege des Klägers.
Unter dem 3. Dezember 2009 beantragte die Mutter des Klägers u. a. für diese Zeit die Übernahme der entstandenen Kosten in Höhe von EUR 279,00 und legte hierfür entsprechende Nachweise vor.
Mit Bescheid vom 21. Januar 2010, der keine Rechtsbehelfsbelehrung enthielt, lehnte die Beklagte die Erstattung der geltend gemachten Kosten ab, da Ersatzpflege grundsätzlich nur im Rahmen des über- bzw. zwischenstaatlichen Rechts in Betracht komme, sofern eine solche Leistung nach den Rechtsvorschriften des aushelfenden Trägers vorgesehen sei. Dies sei in der Schweiz nicht der Fall. Die Mutter des Klägers wendete daraufhin mit E-Mail vom 26. Januar 2010 ein, aus § 34 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) gehe klar hervor, dass bei einem vorübergehenden Auslandsaufenthalt von bis zu sechs Wochen Pflegegeld und damit auch Leistungen wegen Verhinderungspflege i.S.d. § 39 SGB XI zu gewähren seien. Ergänzend führte die Beklagte mit weiterem Bescheid vom 2. Februar 2010 aus, ein Anspruch auf Leistungen der Verhinderungspflege im Ausland komme nur bei bereits in Deutschland organisierter professioneller Ersatzpflege in Betracht. Vorliegend sei die Ersatzpflege durch eine Privatperson und nicht durch eine professionelle Pflegekraft übernommen worden, weshalb eine Kostenübernahme ausgeschlossen sei.
Mit Schreiben vom 4. März 2010 legte die Mutter des Klägers Widerspruch ein. Zur Begründung legte sie dar, nur Pflegebedürftige, die wie der Kläger anstelle der Pflegesachleistung Pflegegeld bezögen, benötigten Leistungen der Verhinderungspflege. Während eines Auslandsaufenthaltes werde die Pflege nicht als Sachleitung erbracht. Vielmehr stelle der Pflegebedürftige mit dem Pflegegeld die erforderliche Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung selbst in eigener Weise sicher. Ein Versicherter habe Anspruch auf Verhinderungspflege, solange sein Anspruch auf Pflegegeld bestehe und nicht ruhe. Der Anspruch auf Verhinderungspflege teile insoweit das rechtliche Schicksal des Anspruchs auf Pflegegeld. Ihre Auffassung werde durch das Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Baden-Württemberg vom 11. Mai 2007 - L 4 P 2963/06 - (in juris) gestützt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 26. Mai 2010 wies der bei der Beklagten gebildete Widerspruchsausschuss den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung führte dieser aus, ein Anspruch auf Ersatzpflege bestehe bei Pflege durch Angehörige im Ausland nicht, da diese nicht als Geld- sondern vielmehr als Sachleistung zu werten sei. Lediglich dann, wenn die Pflege bereits aus Deutschland heraus organisiert werde und professionelle Pflegekräfte einer deutschen Einrichtung den Pflegebedürftigen ins Ausland begleiten würden, ergebe sich ein Anspruch auf Ersatzpflege von bis zu sechs Wochen. Im Fall des Klägers bestehe selbst unter Anwendung europarechtlicher Normen kein Anspruch auf die beantragte Pflegesachleistung.
Der Kläger erhob am 17. Juni 2010 Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG). Zur Begründung führte er unter Ergänzung seines bisherigen Vortrags aus, während eines Auslandsaufenthalts das Recht zu haben, eine stundenweise Verhinderungspflege selbst zu organisieren.
Die Beklagte trat der Klage mit dem Vortrag entgegen, ein Pflegebedürftiger, der Pflegegeld beziehe und sich ins Ausland begebe, habe einen Anspruch auf Weitergewährung des Pflegegeldes, sofern bei Verhinderung der Pflegeperson die Pflege durch Verwandte sichergestellt werde. Da die Ersatzpflege gemäß § 39 SGB XI als Sachleistung zu werten sei, ruhe der Leistungsanspruch nach § 34 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 SGB XI. Nur bei Inanspruchnahme von - vom Kläger nicht in Anspruch genommenen - Sachleistungen habe sie die Möglichkeit, auch im Rahmen eines vorübergehenden Auslandsaufenthaltes von bis zu sechs Wochen Leistungen der Verhinderungspflege zu gewähren.
Mit Urteil vom 25. Oktober 2011 wies das SG die Klage ab. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Erstattung von Kosten für die im Ausland erfolgte Verhinderungspflege. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) handele es sich bei Pflegegeld um Geldleistungen der Krankenversicherung im Sinne der EWG-Verordnung Nr. 1408/71, die auch ins Europäische Union (EU)-Ausland zu exportieren seien und bei einem Aufenthalt im EU-Ausland bzw. einem diesem gleichgestellten Land generell nicht ruhten (EuGH, Urteile vom 5. März 1998 - C-160/96 - sowie 8. Juli 2004 - C-502/01 und C-31/02 -; alle in juris). Zu den Geldleistungen gehörten solche Leistungen nicht, die häusliche oder stationäre Pflege des Versicherten, den Kauf von Pflegehilfsmitteln und bestimmte Maßnahmen decken sollen. Sie fielen unter den Begriff der Sachleistungen, die in das EU-Ausland nicht exportiert werden könnten. Innerhalb der nach dem SGB XI zu gewährenden Leistungen sei das Verhältnis der Verhinderungspflege zu den Leistungen des § 36 SGB XI und der §§ 37, 38 SGB XI nicht abschließend geklärt. Nach Nr. 1.2 Abs. 6 Buchst. b des Gemeinsamen Rundschreibens der Spitzenverbände der Pflegekassen und der Deutschen Verbindungsstelle Krankenversicherung zu Leistungen der Pflegeversicherung bei Auslandsaufenthalt vom 13. September 2006 würden die Leistungen der Verhinderungspflege den Sachleistungen zugerechnet. Dieser Ansicht schließe sich das Gericht an. Hierfür spreche, dass sich § 34 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 SGB XI ausschließlich auf die in §§ 37 und 38 SGB XI genannten Geldleistungen wegen Pflege beziehe. Wenn der Gesetzgeber die Verhinderungspflege als Geldleistung habe verstehen wollen, habe es nahegelegen, dies durch entsprechende Anfügung des § 39 SGB XI in § 34 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 SGB XI zu normieren. Nach der Gesetzbegründung handele es sich bei der Ersatzpflege durch nichterwerbsmäßige Pflegepersonen um einen "Fall selbst hergestellter Pflege" (BT-Drucks. 13/3696, S. 13). Bei einem vorübergehenden Ausfall der Pflegeperson komme den zusätzlichen Leistungen des § 39 SGB XI nach der Vorstellung des Gesetzgebers eine Überbrückungsfunktion zu (BT-Drucks. 11/2237, S. 184 zu § 55 SGB V i. d. F. des Regierungsentwurfs). Die Verhinderungspflege verfolge das Ziel, die durch die Einschaltung einer Ersatzpflegeperson, eines ambulanten Pflegedienstes oder durch einen vorübergehenden Aufenthalt in einem Pflegeheim entstehenden zusätzlichen Aufwendungen abzudecken (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 8. Juni 1993 - 1 RK 17/92 -; in juris). Nach dem Zweck der Ersatzpflege, den Ausfall einer selbstbeschafften nichterwerbsmäßigen Pflegeperson zu kompensieren, komme ein gleichzeitiger Bezug von Pflegegeld grundsätzlich nicht in Betracht. Bei Inanspruchnahme von Leistungen der Ersatzpflege liege die Voraussetzung des § 37 Abs. 1 Satz 2 SGB XI, die Pflege mit Hilfe des Pflegegeldes sicherzustellen, nicht mehr vor (BSG, Urteil vom 8. Juni 1993 - 1 RK 17/92 -; a.a.O.). Ein Anspruch auf Fortzahlung des Pflegegeldes nach § 37 SGB XI während der Zeit, in der die Kosten der Verhinderungspflege nach § 39 SGB XI von der Pflegeklasse übernommen werde, bestehe nicht (BSG, Urteil vom 22. März 2001 - B 12 P 3/00 R -; in juris). Leistungen nach § 37 SGB XI und die Verhinderungspflege stünden insoweit in einem Exklusivitätsverhältnis. Wenn - wie vorliegend der Fall - während des Auslandsaufenthalts Pflegegeld gemäß § 34 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 SGB XI in voller Höhe weiter gewährt werde, könne die Verhinderungspflege gerade nicht als Surrogat für das Pflegegeld angesehen werden. Zwar sei die Verhinderungspflege - anderes als die häusliche Pflegehilfe - nicht notwendig als Sachleistung zu gewähren. In einer Vielzahl von Fällen habe die Verhinderungspflege eher den Charakter einer Kostenerstattung (BT-Drucks. 12/5262, S. 113). Dieser Umstand führe hingegen nicht zwingend dazu, die Verhinderungspflege rechtlich als Geldleistung zu qualifizieren. Ein wesentlicher Unterschied der Verhinderungspflege zum Pflegegeld bestehe darin, dass der Pflegebedürftige die Geldleistung nur auf Nachweis der durch die Beschaffung der Ersatzpflege tatsächlich entstandenen Kosten und nicht zur "freien Verfügung" erhalte. Das Pflegegeld sei nicht als Entgelt der Pflegeperson konzipiert, das - etwa zur Aufrechterhaltung der Pflegebereitschaft - auch während eines Erholungsurlaubs der Pflegeperson weiterbezahlt werden solle. Empfänger des Pflegegeldes sei allein der Pflegebedürftige, nicht die Pflegeperson. Über die Verwendung des Pflegegeldes durch den Pflegebedürftigen treffe das Gesetz keine Bestimmung. Der Pflegebedürftige brauche über die Verwendung des Pflegegeldes keinen Nachweis zu führen (BSG, Urteil vom 22. März 2001 B 12 P 3/00 R -; a.a.O.). Er könne den Geldbetrag vielmehr nach seinem Gutdünken zur Erleichterung der Pflege einsetzen. An dieser grundsätzlich freien Verfügbarkeit fehle es in der Zeit, in der Pflegebedürftige Leistungen der Verhinderungspflege in Anspruch nähmen. Eine Kostentragung komme demnach nur über § 34 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 SGB XI in Betracht. Aus dieser Vorschrift folge, dass der Anspruch auf Pflegesachleistung für einen Auslandsaufenthalt bis zu sechs Wochen im Kalenderjahr bestehe, soweit die Pflegekraft, die ansonsten die Pflegesachleistung erbringe, den Pflegebedürften während des Auslandsaufenthalts begleite. Nur für die bisher durch professionelle Pflegekräfte erbrachte Pflegesachleistung ruhe der Leistungsansprach nicht. Zwar komme Verhinderungspflege nach § 39 SGB XI nur in Betracht, sofern der Pflegebedürftige Pflegegeld nach § 37 SGB XI in Anspruch nehme. In Fällen, in denen statt des Pflegegelds die Pflegesachleistung nach § 36 SGB XI beansprucht werde, sei ein Fall der Verhinderung der Pflegeperson nicht denkbar (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 11. Mai 2007 - L 4 P 2963/06 -; a.a.O.). Vor diesem Hintergrund sei es sachgerecht, § 34 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 SGB XI auf solche Fälle von Beziehern von Pflegegeld zu erstrecken, in denen die Verhinderungspflege bereits aus Deutschland heraus organsiert werde und professionelle Pflegekräfte den Pflegebedürftigen ins Ausland begleiteten. Voraussetzung für die (analoge) Anwendung des § 34 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 SGB XI auf die Gewährung von Leistungen der Verhinderungspflege im Ausland sei demnach, dass eine Begleitung bzw. Betreuung durch professionelles Pflegepersonal gewährleistet sei. Pflegekräfte im Sinne von § 34 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 SGB XI seien in Übereinstimmung mit § 36 Abs. 1 Satz 3 SGB XI Personen, die entweder von der Pflegekasse oder bei ambulanten Pflegeeinrichtungen, mit denen die Pflegekasse einen Versorgungsvertrag abgeschlossen hat, angestellt seien oder mit denen die Pflegekasse nach § 77 Abs. 1 SGB XI einen Vertrag geschlossen habe. Nur in solchen Fällen liege ein hinlänglicher Bezug zu den Tatbestandvoraussetzungen des § 34 SGB XI vor. Eine erweiternde Auslegung auf nicht professionelle Pflegepersonen finde im Wortlaut des § 34 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 SGB XI, der ausdrücklich auf Pflegekräfte und nicht auf Pflegepersonen im Sinne des § 39 S. 1 SGB XI abstelle, keine Stütze. Da der Frage, ob die Verhinderungspflege als Sach- bzw. Geldleistung zu qualifizieren sei, grundsätzliche Bedeutung zukomme (§ 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG), sei die Berufung zuzulassen.
Gegen das dem Bevollmächtigten des Klägers am 7. November 2011 zugestellte Urteil hat dieser am 23. November 2011 Berufung beim LSG Baden-Württemberg eingelegt mit der Begründung, § 34 SGB XI treffe keine Unterscheidung zwischen Geld- und Sachleistungen. Auch der erkennende Senat gehe in seinem Urteil vom 11. Mai 2007 (L 4 P 2963/06; a.a.O.) davon aus, dass Ansprüche auf Verhinderungspflege in Fällen der vorliegenden Art nicht ruhten. Das seitens des SG angenommene Exklusivitätsverhältnis bei gleichzeitigem Bezug von Pflegegeld und Verhinderungspflege bestehe nicht.
Der Kläger beantragt (sachgerecht gefasst),
das Urteil des Sozialgericht Reutlingen vom 25.Oktober 2011 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 21. Januar 2010 und 2. Februar 2010 in der Gestalt des Widerspruchbescheids vom 26. Mai 2010 zu verurteilen, ihm Aufwendungen der häuslichen Pflege bei Verhinderung der Pflegeperson in Höhe von EUR 279,00 zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akte des SG sowie die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die vom SG zugelassene Berufung, die form- und fristgerecht eingelegt wurde und über die der Senat nach § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Bescheide der Beklagten vom 21. Januar 2010 und 2. Februar 2010 in der Gestalt des Widerspruchbescheids vom 26. Mai 2010 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erstattung von Aufwendungen der Pflege bei Verhinderung der Pflegeperson für die Zeit vom 3. bis 8. Januar 2009 in Höhe von EUR 279,00.
Nach § 39 SGB XI - in der seit 1. Juli 2008 geltenden Fassung des Art. 1 Nr. 19 Gesetz zur strukturellen Weiterentwicklung der Pflegeversicherung (Pflege-WEG) vom 28. Mai 2008 (BGBl. I, S. 874) - übernimmt die Pflegekasse die Kosten einer notwendigen Ersatzpflege für längstens vier Wochen je Kalenderjahr, wenn eine Pflegeperson wegen Erholungsurlaubs, Krankheit oder aus anderen Gründen an der Pflege gehindert ist; § 34 Abs. 2 Satz 1 SGB XI gilt nicht (Satz 1). Voraussetzung ist, dass die Pflegeperson den Pflegebedürftigen vor der erstmaligen Verhinderung mindestens zwölf Monate in seiner häuslichen Umgebung gepflegt hat (Satz 2). Die Aufwendungen der Pflegekasse dürfen im Einzelfall EUR 1.470,00 im Kalenderjahr ab dem 1. Juli 2008 (bis 31. Dezember 2009) nicht überschreiten, wenn die Ersatzpflege durch Pflegepersonen sichergestellt wird, die mit dem Pflegebedürftigen nicht bis zum zweiten Grade verwandt oder verschwägert sind und nicht mit ihm in häuslicher Gemeinschaft leben (Satz 3). Bei einer Ersatzpflege durch Pflegepersonen, die mit dem Pflegebedürftigen bis zum zweiten Grade verwandt oder verschwägert sind oder mit ihm in häuslicher Gemeinschaft leben, dürfen die Aufwendungen der Pflegekasse regelmäßig den Betrag des Pflegegeldes nach § 37 Abs. 1 SGB XI nicht überschreiten, es sei denn, die Ersatzpflege wird erwerbsmäßig ausgeübt; in diesen Fällen findet der Leistungsbetrag nach Satz 3 Anwendung (Satz 4). Bei Bezug der Leistung in Höhe des Pflegegeldes für eine Ersatzpflege durch Pflegepersonen, die mit dem Pflegebedürftigen bis zum zweiten Grade verwandt oder verschwägert sind oder mit ihm in häuslicher Gemeinschaft leben, können von der Pflegekasse auf Nachweis notwendige Aufwendungen, die der Pflegeperson im Zusammenhang mit der Ersatzpflege entstanden sind, übernommen werden (Satz 5). Die Aufwendungen der Pflegekasse nach den Sätzen 4 und 5 dürfen zusammen den in Satz 3 genannten Betrag nicht übersteigen (Satz 6).
1. Die Voraussetzungen des § 39 SGB XI sind grundsätzlich erfüllt. Angesichts des Umstands, dass der Kläger bereits seit 1995 Leistungen wegen Pflegebedürftigkeit bezieht, ist davon auszugehen, dass die Mutter des Klägers diesen als nicht erwerbsmäßige Pflegeperson (§ 19 Satz 1 SGB XI) vor der erstmaligen Verhinderung mindestens zwölf Monate in seiner häuslichen Umgebung gepflegt hat. Dies hat auch die Beklagte durch die Bewilligung verschiedener Kostenerstattungen wegen Verhinderung der Pflegepersonen anerkannt. Der Kläger ist pflegebedürftig. Er ist entsprechend § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB XI in Pflegestufe II eingestuft. Im Zeitraum vom 3. bis 8. Januar 2009 war die ihn unter normalen Umständen pflegende Mutter stundenweise an der Pflege gehindert. Die Mutter fuhr mit einem weiteren Sohn und dem Vater des Klägers im streitigen Zeitraum Ski, wozu der Kläger aufgrund seiner Behinderung nicht mitgenommen werden konnte. Die Pflege war deshalb jedenfalls im Zeitraum ab 3. Januar 2009 nicht sichergestellt. Die Mutter des Klägers war aus nach § 39 Satz 1 SGB XI beachtlichen Gründen gehindert, die Pflege des Klägers durchzuführen. Insoweit haben nach § 39 SGB XI die Pflegebedürftigen grundsätzlich die freie Wahl zwischen geeigneten Pflegepersonen und Pflegeeinrichtungen einerseits und den in Betracht kommenden Orten der Verhinderungspflege andererseits (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 17. Mai 2000 - B 3 P 9/99 R -; in juris). Der Großvater des Klägers war geeignete Ersatzpflegeperson i.S.d. § 39 SGB XI, denn die Verhinderungspflege muss - anders als bei der Pflegesachleistung nach § 36 SGB XI ("geeignete Pflegepersonen" als Leistungserbringer) - nicht durch zugelassene professionelle Pflegekräfte erfolgen. Insofern gelten die engeren Voraussetzungen des § 36 SGB XI nicht (vgl. Behrend in: jurisPK-SGB XI, 1. Aufl. 2014, § 39 SGB XI, RdNr. 23). Als Pflegeperson, die mit dem Pflegebedürftigen bis zum zweiten Grade verwandt ist, überstiegen die für den Großvater geltend gemachten Kosten für nachgewiesene Aufwendungen in Höhe von EUR 279,00 unter Berücksichtigung der von der Beklagten im Jahr 2009 erstatteten Aufwendungen in Höhe von EUR 983,60 den maßgeblichen Betrag des § 39 Satz 6 SGB XI von EUR 1.470,00 im Kalenderjahr nicht.
2. Entgegen der Ansicht des Klägers steht dem Zahlungsanspruch jedoch entgegen, dass die Verhinderungspflege hier im Rahmen eines Urlaubs des Klägers mit seinen Eltern und dem Großvater in der Schweiz, d.h. in einem Gebiet, das durch das Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit (Freizügigkeitsabkommen, BGBl. 2001 II, S. 810) dem Bereich der EU seit 1. Juni 2002 gleichgestellt ist, durchgeführt wurde. Während dieses Aufenthalts im Ausland ruhte der Anspruch auf Leistungen der Verhinderungspflege, die Sachleistungen sind.
Nach § 34 Abs. 1 Nr. 1 SGB XI - in der seit 25. Juni 1996 geltenden Fassung des Art. 1 Nr. 12 Buchst. a) Erstes Gesetz zur Änderung des SGB XI (1. SGB XI-ÄndG) vom 14. Juni 1996 (BGBl. I, S. 830) - ruht der Anspruch auf Leistungen solange sich der Versicherte im Ausland aufhält (Satz 1). Bei vorübergehendem Auslandaufenthalt von bis zu sechs Wochen im Kalenderjahr ist nach § 34 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 SGB XI das Pflegegeld nach § 37 SGB XI oder anteiliges Pflegegeld nach § 38 SGB XI weiter zu gewähren (Satz 2). Für die Pflegesachleistung gilt § 34 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 SGB XI nur, soweit die Pflegefachkraft, die ansonsten die Pflegesachleistung erbringt, den Pflegebedürftigen während des Auslandsaufenthalts begleitet (Satz 3). § 34 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 SGB XI bezieht sich also grundsätzlich auf die in § 37 und § 38 SGB XI genannten Geldleistungen wegen Pflege. Im Übrigen hat auch der EuGH entschieden, dass es sich bei den Geldleistungen wegen Pflege, wie dem Pflegegeld, aber auch den Rentenversicherungsbeiträgen für Personen, von denen sich ein Pflegebedürftiger Leistungen der häuslichen Pflege erbringen lässt, um Geldleistungen der Krankenversicherung im Sinne der EWG-Verordnung Nr. 1408/71 (nunmehr EG-Verordnung 883/2004) handelt, die auch ins EU-Ausland zu exportieren sind, also beim Aufenthalt im EU-Ausland bzw. in einem diesem gleichgestellten Land (wie die Schweiz) generell nicht ruhen (vgl. EuGH, Urteile vom 5. März 1998 - C-160/96 -; sowie 8. Juli 2004 - C-502/01 und C-31/01 -, a.a.O.). Danach gehören zu den Geldleistungen nicht Leistungen, die die häusliche oder stationäre Pflege des Versicherten, den Kauf von Pflegehilfsmitteln und bestimmte Maßnahmen decken sollen; sie fallen unter den Begriff der "Sachleistungen", die in das EU-Ausland nicht exportierbar sind (vgl. auch EuGH, Urteile vom 16. Juli 2009 - C-208/07 - und 12. Juli 2012 - C-562/10 -; beide in juris)
a) Der Kläger hatte im streitigen Zeitraum nach § 37 SGB XI Anspruch auf Pflegegeld, das die Beklagte auch zahlte. Pflegegeld nach § 37 SGB XI setzt voraus, dass der Pflegebedürftige mit dem Pflegegeld die erforderliche Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung in geeigneter Weise selbst sicherstellt. Zusätzlich begehrte er die Gewährung von Leistungen bei Verhinderungspflege nach § 39 SGB XI.
b) Innerhalb der nach dem SGB XI zu gewährenden Leistungen ist eine abschließende Klärung des Verhältnisses der Verhinderungspflege zu den Geldleistungen nach §§ 37, 38 SGB XI oder zu den Sachleistungen nach § 36 SGB XI bislang nicht erfolgt (Leitherer in: Kasseler Kommentar, SGB XI, § 39 RdNr.4). Nach Nr. 1.2 Abs. 6 Buchst. b des Gemeinsamen Rundschreibens der Spitzenverbände der Pflegekassen und der Deutschen Verbindungsstelle Krankenversicherung zu Leistungen der Pflegeversicherung bei Auslandsaufenthalt vom 13. September 2006 werden die Leistungen der Verhinderungspflege den Sachleistungen zugerechnet. Der erkennende Senat hatte in seinen Urteilen vom 11. Mai 2007 (L 4 P 2828/06 und L 4 P 2963/06; a.a.O.) - bei allerdings abweichendem Sachverhalt - eine abschließende Klärung der Frage, ob es sich bei der Verhinderungspflege um eine Geld- oder Sachleistung handelt, ausdrücklich offen gelassen und hierzu wie folgt ausgeführt: "Hatte der (dortige) Kläger demnach grundsätzlich auch während seines Auslandsaufenthalts Anspruch auf Pflegegeld nach §§ 37, 43a Satz 3 SGB XI, so ergäbe sich daraus, dass auch ein Anspruch auf Kostenübernahme bei Verhinderung der häuslichen Pflegeperson nach § 39 SGB XI bestünde. Die Leistungen bei Verhinderungspflege nach § 39 SGB XI setzen nämlich gerade voraus, dass in der streitigen Zeit nicht etwa häusliche Pflegehilfe als Sachleistung erbracht wird, sondern dass der Pflegebedürftige mit dem Pflegegeld die erforderliche Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung selbst in eigener Weise sicherstellt. Die Verhinderungspflege stellte sich deshalb als Surrogat für Pflegegeld nach §§ 37, 43a Satz 3 SGB XI dar. Wenn danach im Rahmen des § 34 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 SGB XI Ansprüche auf Pflegegeld während eines Auslandsaufenthalts nicht ruhen würden, so könnten deshalb auch Ansprüche auf Verhinderungspflege bei einem Auslandsaufenthalt nicht ruhen. Der Anspruch auf Verhinderungspflege würde insoweit das rechtliche Schicksal des Anspruchs auf Pflegegeld teilen. Allerdings werden nach Nr. 1.2 Abs. 6 Buchst. b des Gemeinsamen Rundschreibens der Spitzenverbände der Pflegekassen und der Deutschen Verbindungsstelle Krankenversicherung - Ausland zu Leistungen der Pflegeversicherung bei Auslandsaufenthalt vom 06. September 2005 die Leistungen der Verhinderungspflege nach § 39 SGB XI den Sachleistungen zugerechnet. Gegen diese Zuordnung als Sachleistung könnten jedoch Bedenken bestehen, zumal sie den systematischen Zusammenhang der Verhinderungspflege mit anderen Leistungen der Pflegeversicherung vernachlässigen könnte. Verhinderungspflege nach § 39 SGB XI kommt nur in Betracht, wenn der Pflegebedürftige Pflegegeld nach § 37 SGB XI in Anspruch nimmt. In Fällen, in denen statt des Pflegegelds die Pflegesachleistung nach § 36 SGB XI beansprucht wird, ist ein Fall der Verhinderung der Pflegeperson nicht denkbar. In dieser Fallkonstellation beauftragt der Pflegebedürftige nämlich einen zugelassenen Leistungserbringer mit der Durchführung der Grundpflege und der häuslichen Versorgung. Dieser Leistungserbringer hat dann jeweils dafür Sorge zu tragen, dass bei Urlaub, Krankheit oder anderen Umständen die von ihm vertragliche übernommene Verpflichtung zur Durchführung der Pflege nicht gefährdet wird (Leitherer in Kasseler Kommentar, § 39 SGB XI Rdnr. 9; Schiffer in SGB V - Ergänzungsband XI Soziale Pflegeversicherung, Kommentar, § 39 SGB XI Rdnr. 9; Udsching, SGB XI, 2. Aufl., § 39 Rdnr. 3; Vogel in LPK-SGB XI, § 39 Rdnr. 6). Der Anwendungsfall der Verhinderungspflege betrifft deshalb nur solche Pflegebedürftige, die anstelle der Pflegesachleistung Pflegegeld beziehen, sei es auch nach § 43a Satz 3 SGB XI. Nur diese Gruppe der Pflegebedürftigen kann in die Lage kommen, dass die Durchführung der Pflege nicht mehr sichergestellt ist, weil die Pflegeperson verhindert ist. Der Senat braucht jedoch nicht abschließend zu entscheiden, ob es sich bei der Verhinderungspflege nach § 39 SGB XI um eine Geldleistung handelt, denn auch bei Bejahung der Verhinderungspflege als Sachleistung ist ein Ruhen des Anspruchs auf Leistungen bei Verhinderung der häuslichen Pflegeperson nach § 39 Satz 1 SGB XI wegen des vorübergehenden, urlaubsbedingten Aufenthalts des (dortigen) Klägers im Ausland und der Durchführung der Behindertenfreizeit im Sinne eines Feriencamps oder Familienheims in der Schweiz, einem dem EU-Ausland insoweit gleichgestellten Gebiet, nicht gerechtfertigt."
c) Mit dem LSG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 12. März 2014 - L 10 P 7/14 -; in juris) und der Beklagten geht der Senat nunmehr davon aus, dass es sich bei der Verhinderungspflege nach § 39 SGB XI um keine Geld-, sondern vielmehr um eine Sachleistung handelt, mit der Folge, dass der Anspruch auf Leistungen bei Verhinderungspflege nach § 39 SGB XI gemäß § 34 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 SGB XI ruht. Hierzu hat das LSG Nordrhein-Westfalen unter Berücksichtigung der in seinem Fall maßgeblichen Rechtsprechung des EuGH zutreffend folgendes ausgeführt: "Nach der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 05.03.1998, aa0, Juris Rn 31 ff) schließt der Begriff der Sachleistungen auch solche Leistungen ein, die durch Zahlung des verpflichtenden Trägers, insbesondere in der Form der Kostenübernahme oder -erstattung, erbracht werden. Der Begriff der "Geldleistungen" deckt im Wesentlichen die Leistungen, die dazu bestimmt sind, den Verdienstausfall des kranken Arbeitnehmers auszugleichen. Die Leistungen der Pflegeversicherung bestehen zum Teil in der Übernahme oder Erstattung der durch Pflegebedürftigkeit des Betroffenen entstandenen Kosten, insbesondere der durch diesen Zustand verursachten Kosten für ärztliche Behandlungen. Solche Leistungen, die die häusliche oder stationäre Pflege des Versicherten, den Kauf von Pflegehilfsmitteln und bestimmte Maßnahmen decken sollen, fallen danach unbestreitbar unter den Begriff der Sachleistungen in den Art 19 Abs. 1a 25 Abs 1a und 28 Abs 1a der EWGV 1408/71. Demgegenüber soll zwar auch das Pflegegeld bestimmte Kosten decken, die durch die Pflegebedürftigkeit verursacht sind, insbesondere Aufwendungen für eine Pflegeperson, und nicht einen Verdienstausfall des Begünstigten ausgleichen. Gleichwohl weist es aber Merkmale auf, die es von den Sachleistungen der Krankenversicherung unterscheidet. Danach ist eine Geldleistung gegenüber einer Sachleistung dadurch charakterisiert, dass die Zahlung periodisch erfolgt und weder davon abhängt, dass zuvor bestimmte Auslagen, etwa für Pflege, entstanden sind, noch davon, dass Nachweise über entstandene Auslagen vorgelegt werden. Auch handelt es sich um einen festen Betrag, der von den Ausgaben unabhängig ist, die der Begünstige tatsächlich benötigt hat, um seinen täglichen Lebensunterhalt zu bestreiten. Bei der Verwendung des Pflegegeldes verfügt der Begünstigte über weitgehende Freiheit. Das Pflegegeld stellt damit eine finanzielle Unterstützung dar, die es ermöglicht, den Lebensstandard der Pflegebedürftigen durch Ausgleich der durch ihren Zustand verursachten Mehrkosten zu verbessern (vgl EuGH, aa0, Juris Rn 34 f). Die Kostenerstattung nach § 39 SGB XI lässt sich demgegenüber nicht unter die durch den EuGH für die Definition einer Geldleistung angeführten Kriterien subsumieren. Es handelt sich vielmehr um eine Sachleistung im Sinne der Art 19 Abs 1a, 25 Abs 1a und 28 Abs 1a der EWGV 1408/71. Leistungen gemäß § 39 SGB XI werden anlassbezogen aufgrund der Verhinderung der Pflegeperson gezahlt. Es handelt sich nicht um eine periodische Leistung. Eine Kostenerstattung im Sinne des § 39 SGB XI kann vielmehr lediglich im begrenzten Zeitraum von vier Wochen je Kalenderjahr in Anspruch genommen werden. Eine regelmäßig in gleicher Höhe wiederkehrende Leistung ist nicht vorgesehen. Dauer und Zeitpunkt der Verhinderungspflege kann von Jahr zu Jahr variieren. Auch ist der Betrag der Erstattung gemäß § 39 SGB XI nicht von vornherein bestimmt, sondern kann im Einzelfall völlig unterschiedlich ausfallen. Das Gesetz bestimmt insofern lediglich eine Höchstgrenze pro Kalenderjahr, welche nicht überschritten werden darf. Darüber hinaus erfordert die Kostenübernahme für die Ersatzpflegekraft den Nachweis entsprechender Kosten. Damit ist die in § 39 SGB XI vorgesehene Kostenerstattung entsprechend der durch den EuGH entwickelten Kriterien zur Überzeugung des Senats eindeutig dem Begriff der Sachleistungen zuzuordnen."
d) Unter Berücksichtigung der genannten Rechtsprechung des EuGH ist die Zuordnung der Verhinderungspflege zu den Geldleistungen nicht zu begründen. Entgegen seiner bisherigen Auffassung geht der Senat nicht mehr davon aus, dass die Verhinderungspflege ein "Surrogat" für das Pflegegeld nach § 37 SGB XI darstellt (so noch in den Urteilen des erkennenden Senats vom 11. Mai 2007 - L 4 P 2828/06 und L 4 P 2963/06 -; a.a.O.). Die Verhinderungspflege hat den Zweck, dem aus familiärer oder ähnlicher Verbundenheit Pflegenden die Möglichkeit zum "Urlaub von der Pflege" oder zur Unterbrechung der Pflege im Fall eigener Erkrankung zu eröffnen, ohne die Bedürfnisse des Pflegebedürftigen dadurch zu beeinträchtigen. Zu diesen Bedürfnissen gehören jedoch nicht nur Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung, sondern auch sonstige Pflege- und Betreuungsmaßnahmen, die nicht in § 14 Abs. 4 SGB XI genannt sind. Im Verhinderungsfall tritt der Anspruch nach § 39 SGB XI daher nicht an die Stelle der ansonsten zu erbringenden häuslichen Pflegeleistung, sondern enthält demgegenüber eine Zusatzleistung, mit der die weitgehende Aufrechterhaltung des bisherigen Betreuungsniveaus angestrebt wird (vgl. hierzu LSG Nordrhein-Westfalen im Urteil von 12. März 2014 - L 10 P 7/14 -; a.a.O.). Dies wird insbesondere an der vorliegenden Fallkonstellation erkennbar, in der lediglich stundenweise eine Ersatzpflege erforderlich wird, die eigentlichen Pflegeleistungen nach § 37 SGB XI zur Sicherstellung der erforderlichen Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung weiterhin gewährt werden müssen. Auch wird eine aus gesundheitlichen, Erholungs- oder ähnlichen Gründen notwendige Unterbrechung der Pflege erleichtert und dient im Ergebnis der längerfristigen Absicherung der häuslichen Pflegebereitschaft. Dieser umfassendere Bezug der Verhinderungspflege wird insbesondere dadurch deutlich, dass § 39 SGB XI angesichts der Beschränkungen der der Pflegeversicherung zur Verfügung stehenden Beitragseinnahmen in zeitlicher und betragsmäßiger Hinsicht Höchstgrenzen vorsieht, die nicht nach den sich am Grundpflegebedarf orientierenden Pflegestufen differenziert werden. Als Gegengewicht zum erweiterten Leistungsumfang sieht die Vorschrift auf der Tatbestandsseite außerdem - gegenüber den Ansprüchen auf Sachleistung bzw. auf Pflegegeld einschränkend - eine Wartezeit vor, in der die Pflegeperson den Pflegebedürftigen in seiner häuslichen Umgebung gepflegt haben muss (vgl. LSG Niedersachen-Bremen, Urteil vom 13. August 2003 - L 3 P 18/02-; in juris). Es handelt sich bei der Verhinderungspflege gemäß § 39 SGB XI damit um eine qualitativ weitergehende Leistung als das Pflegegeld, welche darüber hinaus an zusätzliche Anspruchsvoraussetzungen geknüpft ist. Sie stellt kein bloßes "Surrogat" des Pflegegeldes, sondern eine eigenständige, hiervon zu unterscheidende Leistung dar, welche "das rechtliche Schicksal" des Pflegegeldes zwar teilen kann, nicht jedoch teilen muss.
Dies wird auch durch die bereits vom SG zitierte Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 22. März 2001 - B 12 P 3/00 R -; a.a.O.) bestätigt, wonach ein Anspruch auf Fortzahlung des Pflegegeldes nach § 37 SGB XI während der Zeit, in der die Kosten der Verhinderungspflege nach § 39 SGB XI übernommen werden, nicht besteht. Somit standen zumindest bis zur Neuregelung in § 37 Abs. 2 Satz 2 SGB XI im Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz (PNG) vom 23. Oktober 2012 (BGBl. I S. 2246) beide Leistungen in einem Exklusivitätsverhältnis. Seither besteht eine Verpflichtung des Leistungsträgers, während der Dauer der Verhinderungspflege zumindest das halbe Pflegegeld weiterleisten zu müssen. Insoweit wird in den Materialien zum PNG betont, dass den Besonderheiten einer nur stundenweisen Verhinderungspflege weiterhin Rechnung zu tragen sei, und die Neuregelung die Praxis der Pflegekassen, in diesen Fällen das Pflegegeld in vollem Umfang weiter zu gewähren, nicht ändern solle (Behrend in: jurisPK-SGB XI, 1. Aufl. 2014, § 37 SGB XI, RdNr. 28).
Im Übrigen spricht auch der Wortlaut des § 34 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 SGB XI gegen die Annahme, Leistungen der Verhinderungspflege seien den Geldleistungen zuzuordnen. § 34 Abs.1 Nr. 1 Satz 2 SGB XI nimmt nämlich lediglich auf die in §§ 37, 38 SGB XI genannten Geldleistungen Bezug; hätte der Gesetzgeber § 39 SGB XI diesen zurechnen wollen, so hätte er § 39 SGB XI auch in Satz 2 der Regelung aufnehmen können. Ebenso enthält § 39 SGB XI lediglich insoweit eine Ausnahme hinsichtlich des Ruhens der Leistungsansprüche, als er in Satz 1, 2. Halbsatz SGB XI nur § 34 Abs. 2 Satz 1 SGB XI, der das Ruhen des Anspruchs auf Leistungen bei häuslicher Pflege wegen Anspruchs auf Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung im Rahmen des Anspruchs auf häusliche Krankenpflege nach § 37 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) sowie für die Dauer des stationären Aufenthalts in einer Einrichtung im Sinne des § 71 Abs. 4 SGB XI anordnet, für nicht anwendbar erklärt.
Letztlich sprechen auch praktische Gründe gegen die Annahme, Leistungen bei Verhinderungspflege seien als Geldleistung anzusehen. Zwar setzt Verhinderungspflege nach § 39 SGB XI die grundsätzliche Inanspruchnahme von Pflegegeld (und nicht Pflegesachleistungen) voraus. Dennoch ist auch Verhinderungspflege als Sachleistung im Sinne des § 34 Abs. 1 Nr. 1 SGB XI einzuordnen, denn es werden Sachleistungen Dritter in Anspruch genommen, die innerhalb Deutschlands der Kontrolle durch die Pflegekassen und den MDK unterliegen. Diese Kontrolle ist im Ausland nicht in gleicher Form gewährleistet. Anderes gilt lediglich dann, wenn ein Pflegebedürftiger z.B. im Rahmen einer Behindertenfreizeit einen in Deutschland ansässigen Pflegedienst im Ausland in Anspruch nimmt. Dann können die Voraussetzungen von § 34 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 SGB XI erfüllt sein (Padé in: jurisPK-SGB XI, 1. Aufl. 2014, § 34 SGB XI, RdNr. 25; vgl. auch Urteile des erkennenden Senats vom 11. Mai 2007 - L 4 P 2828/06 und L 4 P 2963/06 ; a.a.O.).
Eine Kostenregelung für die beanspruchte Verhinderungspflege als Sachleistung käme damit lediglich unter den Voraussetzungen des § 34 Abs.1 Nr.1 Satz 3 SGB XI in Betracht. Danach besteht ein Anspruch auf Pflegesachleistung für einen Auslandsaufenthalt bis zu sechs Wochen im Kalenderjahr, soweit die Pflegekraft, die ansonsten die Pflegesachleistung erbringt, den Pflegebedürften während des Auslandsaufenthalts begleitet. Nur für die bisher durch professionelle Pflegekräfte erbrachte Pflegesachleistung ruht der Leistungsanspruch nicht. Ein solcher Fall ist vorliegend jedoch nicht gegeben, da es sich bei dem Großvater des Klägers nicht um eine Pflegekraft in diesem Sinn handelt.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
4. Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Erstattung von Kosten einer im Ausland (hier: Schweiz) durchgeführten Verhinderungspflege.
Der 1995 geborene Kläger ist bei der Beklagten pflegeversichert. Er bezieht Pflegegeld im Rahmen der Pflegestufe II. Pflegeperson ist die Mutter des Klägers.
In der Zeit vom 3. bis 8. Januar 2009 verbrachte der Kläger mit seinen Eltern einen Kurzurlaub in der Schweiz. Während die Mutter des Klägers gemeinsam mit anderen Familienangehörigen beim Skifahren war, übernahm der mitreisende, in Deutschland wohnhafte Großvater des Klägers in diesem Zeitraum stundenweise die Pflege des Klägers.
Unter dem 3. Dezember 2009 beantragte die Mutter des Klägers u. a. für diese Zeit die Übernahme der entstandenen Kosten in Höhe von EUR 279,00 und legte hierfür entsprechende Nachweise vor.
Mit Bescheid vom 21. Januar 2010, der keine Rechtsbehelfsbelehrung enthielt, lehnte die Beklagte die Erstattung der geltend gemachten Kosten ab, da Ersatzpflege grundsätzlich nur im Rahmen des über- bzw. zwischenstaatlichen Rechts in Betracht komme, sofern eine solche Leistung nach den Rechtsvorschriften des aushelfenden Trägers vorgesehen sei. Dies sei in der Schweiz nicht der Fall. Die Mutter des Klägers wendete daraufhin mit E-Mail vom 26. Januar 2010 ein, aus § 34 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) gehe klar hervor, dass bei einem vorübergehenden Auslandsaufenthalt von bis zu sechs Wochen Pflegegeld und damit auch Leistungen wegen Verhinderungspflege i.S.d. § 39 SGB XI zu gewähren seien. Ergänzend führte die Beklagte mit weiterem Bescheid vom 2. Februar 2010 aus, ein Anspruch auf Leistungen der Verhinderungspflege im Ausland komme nur bei bereits in Deutschland organisierter professioneller Ersatzpflege in Betracht. Vorliegend sei die Ersatzpflege durch eine Privatperson und nicht durch eine professionelle Pflegekraft übernommen worden, weshalb eine Kostenübernahme ausgeschlossen sei.
Mit Schreiben vom 4. März 2010 legte die Mutter des Klägers Widerspruch ein. Zur Begründung legte sie dar, nur Pflegebedürftige, die wie der Kläger anstelle der Pflegesachleistung Pflegegeld bezögen, benötigten Leistungen der Verhinderungspflege. Während eines Auslandsaufenthaltes werde die Pflege nicht als Sachleitung erbracht. Vielmehr stelle der Pflegebedürftige mit dem Pflegegeld die erforderliche Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung selbst in eigener Weise sicher. Ein Versicherter habe Anspruch auf Verhinderungspflege, solange sein Anspruch auf Pflegegeld bestehe und nicht ruhe. Der Anspruch auf Verhinderungspflege teile insoweit das rechtliche Schicksal des Anspruchs auf Pflegegeld. Ihre Auffassung werde durch das Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Baden-Württemberg vom 11. Mai 2007 - L 4 P 2963/06 - (in juris) gestützt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 26. Mai 2010 wies der bei der Beklagten gebildete Widerspruchsausschuss den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung führte dieser aus, ein Anspruch auf Ersatzpflege bestehe bei Pflege durch Angehörige im Ausland nicht, da diese nicht als Geld- sondern vielmehr als Sachleistung zu werten sei. Lediglich dann, wenn die Pflege bereits aus Deutschland heraus organisiert werde und professionelle Pflegekräfte einer deutschen Einrichtung den Pflegebedürftigen ins Ausland begleiten würden, ergebe sich ein Anspruch auf Ersatzpflege von bis zu sechs Wochen. Im Fall des Klägers bestehe selbst unter Anwendung europarechtlicher Normen kein Anspruch auf die beantragte Pflegesachleistung.
Der Kläger erhob am 17. Juni 2010 Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG). Zur Begründung führte er unter Ergänzung seines bisherigen Vortrags aus, während eines Auslandsaufenthalts das Recht zu haben, eine stundenweise Verhinderungspflege selbst zu organisieren.
Die Beklagte trat der Klage mit dem Vortrag entgegen, ein Pflegebedürftiger, der Pflegegeld beziehe und sich ins Ausland begebe, habe einen Anspruch auf Weitergewährung des Pflegegeldes, sofern bei Verhinderung der Pflegeperson die Pflege durch Verwandte sichergestellt werde. Da die Ersatzpflege gemäß § 39 SGB XI als Sachleistung zu werten sei, ruhe der Leistungsanspruch nach § 34 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 SGB XI. Nur bei Inanspruchnahme von - vom Kläger nicht in Anspruch genommenen - Sachleistungen habe sie die Möglichkeit, auch im Rahmen eines vorübergehenden Auslandsaufenthaltes von bis zu sechs Wochen Leistungen der Verhinderungspflege zu gewähren.
Mit Urteil vom 25. Oktober 2011 wies das SG die Klage ab. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Erstattung von Kosten für die im Ausland erfolgte Verhinderungspflege. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) handele es sich bei Pflegegeld um Geldleistungen der Krankenversicherung im Sinne der EWG-Verordnung Nr. 1408/71, die auch ins Europäische Union (EU)-Ausland zu exportieren seien und bei einem Aufenthalt im EU-Ausland bzw. einem diesem gleichgestellten Land generell nicht ruhten (EuGH, Urteile vom 5. März 1998 - C-160/96 - sowie 8. Juli 2004 - C-502/01 und C-31/02 -; alle in juris). Zu den Geldleistungen gehörten solche Leistungen nicht, die häusliche oder stationäre Pflege des Versicherten, den Kauf von Pflegehilfsmitteln und bestimmte Maßnahmen decken sollen. Sie fielen unter den Begriff der Sachleistungen, die in das EU-Ausland nicht exportiert werden könnten. Innerhalb der nach dem SGB XI zu gewährenden Leistungen sei das Verhältnis der Verhinderungspflege zu den Leistungen des § 36 SGB XI und der §§ 37, 38 SGB XI nicht abschließend geklärt. Nach Nr. 1.2 Abs. 6 Buchst. b des Gemeinsamen Rundschreibens der Spitzenverbände der Pflegekassen und der Deutschen Verbindungsstelle Krankenversicherung zu Leistungen der Pflegeversicherung bei Auslandsaufenthalt vom 13. September 2006 würden die Leistungen der Verhinderungspflege den Sachleistungen zugerechnet. Dieser Ansicht schließe sich das Gericht an. Hierfür spreche, dass sich § 34 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 SGB XI ausschließlich auf die in §§ 37 und 38 SGB XI genannten Geldleistungen wegen Pflege beziehe. Wenn der Gesetzgeber die Verhinderungspflege als Geldleistung habe verstehen wollen, habe es nahegelegen, dies durch entsprechende Anfügung des § 39 SGB XI in § 34 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 SGB XI zu normieren. Nach der Gesetzbegründung handele es sich bei der Ersatzpflege durch nichterwerbsmäßige Pflegepersonen um einen "Fall selbst hergestellter Pflege" (BT-Drucks. 13/3696, S. 13). Bei einem vorübergehenden Ausfall der Pflegeperson komme den zusätzlichen Leistungen des § 39 SGB XI nach der Vorstellung des Gesetzgebers eine Überbrückungsfunktion zu (BT-Drucks. 11/2237, S. 184 zu § 55 SGB V i. d. F. des Regierungsentwurfs). Die Verhinderungspflege verfolge das Ziel, die durch die Einschaltung einer Ersatzpflegeperson, eines ambulanten Pflegedienstes oder durch einen vorübergehenden Aufenthalt in einem Pflegeheim entstehenden zusätzlichen Aufwendungen abzudecken (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 8. Juni 1993 - 1 RK 17/92 -; in juris). Nach dem Zweck der Ersatzpflege, den Ausfall einer selbstbeschafften nichterwerbsmäßigen Pflegeperson zu kompensieren, komme ein gleichzeitiger Bezug von Pflegegeld grundsätzlich nicht in Betracht. Bei Inanspruchnahme von Leistungen der Ersatzpflege liege die Voraussetzung des § 37 Abs. 1 Satz 2 SGB XI, die Pflege mit Hilfe des Pflegegeldes sicherzustellen, nicht mehr vor (BSG, Urteil vom 8. Juni 1993 - 1 RK 17/92 -; a.a.O.). Ein Anspruch auf Fortzahlung des Pflegegeldes nach § 37 SGB XI während der Zeit, in der die Kosten der Verhinderungspflege nach § 39 SGB XI von der Pflegeklasse übernommen werde, bestehe nicht (BSG, Urteil vom 22. März 2001 - B 12 P 3/00 R -; in juris). Leistungen nach § 37 SGB XI und die Verhinderungspflege stünden insoweit in einem Exklusivitätsverhältnis. Wenn - wie vorliegend der Fall - während des Auslandsaufenthalts Pflegegeld gemäß § 34 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 SGB XI in voller Höhe weiter gewährt werde, könne die Verhinderungspflege gerade nicht als Surrogat für das Pflegegeld angesehen werden. Zwar sei die Verhinderungspflege - anderes als die häusliche Pflegehilfe - nicht notwendig als Sachleistung zu gewähren. In einer Vielzahl von Fällen habe die Verhinderungspflege eher den Charakter einer Kostenerstattung (BT-Drucks. 12/5262, S. 113). Dieser Umstand führe hingegen nicht zwingend dazu, die Verhinderungspflege rechtlich als Geldleistung zu qualifizieren. Ein wesentlicher Unterschied der Verhinderungspflege zum Pflegegeld bestehe darin, dass der Pflegebedürftige die Geldleistung nur auf Nachweis der durch die Beschaffung der Ersatzpflege tatsächlich entstandenen Kosten und nicht zur "freien Verfügung" erhalte. Das Pflegegeld sei nicht als Entgelt der Pflegeperson konzipiert, das - etwa zur Aufrechterhaltung der Pflegebereitschaft - auch während eines Erholungsurlaubs der Pflegeperson weiterbezahlt werden solle. Empfänger des Pflegegeldes sei allein der Pflegebedürftige, nicht die Pflegeperson. Über die Verwendung des Pflegegeldes durch den Pflegebedürftigen treffe das Gesetz keine Bestimmung. Der Pflegebedürftige brauche über die Verwendung des Pflegegeldes keinen Nachweis zu führen (BSG, Urteil vom 22. März 2001 B 12 P 3/00 R -; a.a.O.). Er könne den Geldbetrag vielmehr nach seinem Gutdünken zur Erleichterung der Pflege einsetzen. An dieser grundsätzlich freien Verfügbarkeit fehle es in der Zeit, in der Pflegebedürftige Leistungen der Verhinderungspflege in Anspruch nähmen. Eine Kostentragung komme demnach nur über § 34 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 SGB XI in Betracht. Aus dieser Vorschrift folge, dass der Anspruch auf Pflegesachleistung für einen Auslandsaufenthalt bis zu sechs Wochen im Kalenderjahr bestehe, soweit die Pflegekraft, die ansonsten die Pflegesachleistung erbringe, den Pflegebedürften während des Auslandsaufenthalts begleite. Nur für die bisher durch professionelle Pflegekräfte erbrachte Pflegesachleistung ruhe der Leistungsansprach nicht. Zwar komme Verhinderungspflege nach § 39 SGB XI nur in Betracht, sofern der Pflegebedürftige Pflegegeld nach § 37 SGB XI in Anspruch nehme. In Fällen, in denen statt des Pflegegelds die Pflegesachleistung nach § 36 SGB XI beansprucht werde, sei ein Fall der Verhinderung der Pflegeperson nicht denkbar (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 11. Mai 2007 - L 4 P 2963/06 -; a.a.O.). Vor diesem Hintergrund sei es sachgerecht, § 34 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 SGB XI auf solche Fälle von Beziehern von Pflegegeld zu erstrecken, in denen die Verhinderungspflege bereits aus Deutschland heraus organsiert werde und professionelle Pflegekräfte den Pflegebedürftigen ins Ausland begleiteten. Voraussetzung für die (analoge) Anwendung des § 34 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 SGB XI auf die Gewährung von Leistungen der Verhinderungspflege im Ausland sei demnach, dass eine Begleitung bzw. Betreuung durch professionelles Pflegepersonal gewährleistet sei. Pflegekräfte im Sinne von § 34 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 SGB XI seien in Übereinstimmung mit § 36 Abs. 1 Satz 3 SGB XI Personen, die entweder von der Pflegekasse oder bei ambulanten Pflegeeinrichtungen, mit denen die Pflegekasse einen Versorgungsvertrag abgeschlossen hat, angestellt seien oder mit denen die Pflegekasse nach § 77 Abs. 1 SGB XI einen Vertrag geschlossen habe. Nur in solchen Fällen liege ein hinlänglicher Bezug zu den Tatbestandvoraussetzungen des § 34 SGB XI vor. Eine erweiternde Auslegung auf nicht professionelle Pflegepersonen finde im Wortlaut des § 34 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 SGB XI, der ausdrücklich auf Pflegekräfte und nicht auf Pflegepersonen im Sinne des § 39 S. 1 SGB XI abstelle, keine Stütze. Da der Frage, ob die Verhinderungspflege als Sach- bzw. Geldleistung zu qualifizieren sei, grundsätzliche Bedeutung zukomme (§ 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG), sei die Berufung zuzulassen.
Gegen das dem Bevollmächtigten des Klägers am 7. November 2011 zugestellte Urteil hat dieser am 23. November 2011 Berufung beim LSG Baden-Württemberg eingelegt mit der Begründung, § 34 SGB XI treffe keine Unterscheidung zwischen Geld- und Sachleistungen. Auch der erkennende Senat gehe in seinem Urteil vom 11. Mai 2007 (L 4 P 2963/06; a.a.O.) davon aus, dass Ansprüche auf Verhinderungspflege in Fällen der vorliegenden Art nicht ruhten. Das seitens des SG angenommene Exklusivitätsverhältnis bei gleichzeitigem Bezug von Pflegegeld und Verhinderungspflege bestehe nicht.
Der Kläger beantragt (sachgerecht gefasst),
das Urteil des Sozialgericht Reutlingen vom 25.Oktober 2011 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 21. Januar 2010 und 2. Februar 2010 in der Gestalt des Widerspruchbescheids vom 26. Mai 2010 zu verurteilen, ihm Aufwendungen der häuslichen Pflege bei Verhinderung der Pflegeperson in Höhe von EUR 279,00 zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akte des SG sowie die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die vom SG zugelassene Berufung, die form- und fristgerecht eingelegt wurde und über die der Senat nach § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Bescheide der Beklagten vom 21. Januar 2010 und 2. Februar 2010 in der Gestalt des Widerspruchbescheids vom 26. Mai 2010 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erstattung von Aufwendungen der Pflege bei Verhinderung der Pflegeperson für die Zeit vom 3. bis 8. Januar 2009 in Höhe von EUR 279,00.
Nach § 39 SGB XI - in der seit 1. Juli 2008 geltenden Fassung des Art. 1 Nr. 19 Gesetz zur strukturellen Weiterentwicklung der Pflegeversicherung (Pflege-WEG) vom 28. Mai 2008 (BGBl. I, S. 874) - übernimmt die Pflegekasse die Kosten einer notwendigen Ersatzpflege für längstens vier Wochen je Kalenderjahr, wenn eine Pflegeperson wegen Erholungsurlaubs, Krankheit oder aus anderen Gründen an der Pflege gehindert ist; § 34 Abs. 2 Satz 1 SGB XI gilt nicht (Satz 1). Voraussetzung ist, dass die Pflegeperson den Pflegebedürftigen vor der erstmaligen Verhinderung mindestens zwölf Monate in seiner häuslichen Umgebung gepflegt hat (Satz 2). Die Aufwendungen der Pflegekasse dürfen im Einzelfall EUR 1.470,00 im Kalenderjahr ab dem 1. Juli 2008 (bis 31. Dezember 2009) nicht überschreiten, wenn die Ersatzpflege durch Pflegepersonen sichergestellt wird, die mit dem Pflegebedürftigen nicht bis zum zweiten Grade verwandt oder verschwägert sind und nicht mit ihm in häuslicher Gemeinschaft leben (Satz 3). Bei einer Ersatzpflege durch Pflegepersonen, die mit dem Pflegebedürftigen bis zum zweiten Grade verwandt oder verschwägert sind oder mit ihm in häuslicher Gemeinschaft leben, dürfen die Aufwendungen der Pflegekasse regelmäßig den Betrag des Pflegegeldes nach § 37 Abs. 1 SGB XI nicht überschreiten, es sei denn, die Ersatzpflege wird erwerbsmäßig ausgeübt; in diesen Fällen findet der Leistungsbetrag nach Satz 3 Anwendung (Satz 4). Bei Bezug der Leistung in Höhe des Pflegegeldes für eine Ersatzpflege durch Pflegepersonen, die mit dem Pflegebedürftigen bis zum zweiten Grade verwandt oder verschwägert sind oder mit ihm in häuslicher Gemeinschaft leben, können von der Pflegekasse auf Nachweis notwendige Aufwendungen, die der Pflegeperson im Zusammenhang mit der Ersatzpflege entstanden sind, übernommen werden (Satz 5). Die Aufwendungen der Pflegekasse nach den Sätzen 4 und 5 dürfen zusammen den in Satz 3 genannten Betrag nicht übersteigen (Satz 6).
1. Die Voraussetzungen des § 39 SGB XI sind grundsätzlich erfüllt. Angesichts des Umstands, dass der Kläger bereits seit 1995 Leistungen wegen Pflegebedürftigkeit bezieht, ist davon auszugehen, dass die Mutter des Klägers diesen als nicht erwerbsmäßige Pflegeperson (§ 19 Satz 1 SGB XI) vor der erstmaligen Verhinderung mindestens zwölf Monate in seiner häuslichen Umgebung gepflegt hat. Dies hat auch die Beklagte durch die Bewilligung verschiedener Kostenerstattungen wegen Verhinderung der Pflegepersonen anerkannt. Der Kläger ist pflegebedürftig. Er ist entsprechend § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB XI in Pflegestufe II eingestuft. Im Zeitraum vom 3. bis 8. Januar 2009 war die ihn unter normalen Umständen pflegende Mutter stundenweise an der Pflege gehindert. Die Mutter fuhr mit einem weiteren Sohn und dem Vater des Klägers im streitigen Zeitraum Ski, wozu der Kläger aufgrund seiner Behinderung nicht mitgenommen werden konnte. Die Pflege war deshalb jedenfalls im Zeitraum ab 3. Januar 2009 nicht sichergestellt. Die Mutter des Klägers war aus nach § 39 Satz 1 SGB XI beachtlichen Gründen gehindert, die Pflege des Klägers durchzuführen. Insoweit haben nach § 39 SGB XI die Pflegebedürftigen grundsätzlich die freie Wahl zwischen geeigneten Pflegepersonen und Pflegeeinrichtungen einerseits und den in Betracht kommenden Orten der Verhinderungspflege andererseits (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 17. Mai 2000 - B 3 P 9/99 R -; in juris). Der Großvater des Klägers war geeignete Ersatzpflegeperson i.S.d. § 39 SGB XI, denn die Verhinderungspflege muss - anders als bei der Pflegesachleistung nach § 36 SGB XI ("geeignete Pflegepersonen" als Leistungserbringer) - nicht durch zugelassene professionelle Pflegekräfte erfolgen. Insofern gelten die engeren Voraussetzungen des § 36 SGB XI nicht (vgl. Behrend in: jurisPK-SGB XI, 1. Aufl. 2014, § 39 SGB XI, RdNr. 23). Als Pflegeperson, die mit dem Pflegebedürftigen bis zum zweiten Grade verwandt ist, überstiegen die für den Großvater geltend gemachten Kosten für nachgewiesene Aufwendungen in Höhe von EUR 279,00 unter Berücksichtigung der von der Beklagten im Jahr 2009 erstatteten Aufwendungen in Höhe von EUR 983,60 den maßgeblichen Betrag des § 39 Satz 6 SGB XI von EUR 1.470,00 im Kalenderjahr nicht.
2. Entgegen der Ansicht des Klägers steht dem Zahlungsanspruch jedoch entgegen, dass die Verhinderungspflege hier im Rahmen eines Urlaubs des Klägers mit seinen Eltern und dem Großvater in der Schweiz, d.h. in einem Gebiet, das durch das Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit (Freizügigkeitsabkommen, BGBl. 2001 II, S. 810) dem Bereich der EU seit 1. Juni 2002 gleichgestellt ist, durchgeführt wurde. Während dieses Aufenthalts im Ausland ruhte der Anspruch auf Leistungen der Verhinderungspflege, die Sachleistungen sind.
Nach § 34 Abs. 1 Nr. 1 SGB XI - in der seit 25. Juni 1996 geltenden Fassung des Art. 1 Nr. 12 Buchst. a) Erstes Gesetz zur Änderung des SGB XI (1. SGB XI-ÄndG) vom 14. Juni 1996 (BGBl. I, S. 830) - ruht der Anspruch auf Leistungen solange sich der Versicherte im Ausland aufhält (Satz 1). Bei vorübergehendem Auslandaufenthalt von bis zu sechs Wochen im Kalenderjahr ist nach § 34 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 SGB XI das Pflegegeld nach § 37 SGB XI oder anteiliges Pflegegeld nach § 38 SGB XI weiter zu gewähren (Satz 2). Für die Pflegesachleistung gilt § 34 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 SGB XI nur, soweit die Pflegefachkraft, die ansonsten die Pflegesachleistung erbringt, den Pflegebedürftigen während des Auslandsaufenthalts begleitet (Satz 3). § 34 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 SGB XI bezieht sich also grundsätzlich auf die in § 37 und § 38 SGB XI genannten Geldleistungen wegen Pflege. Im Übrigen hat auch der EuGH entschieden, dass es sich bei den Geldleistungen wegen Pflege, wie dem Pflegegeld, aber auch den Rentenversicherungsbeiträgen für Personen, von denen sich ein Pflegebedürftiger Leistungen der häuslichen Pflege erbringen lässt, um Geldleistungen der Krankenversicherung im Sinne der EWG-Verordnung Nr. 1408/71 (nunmehr EG-Verordnung 883/2004) handelt, die auch ins EU-Ausland zu exportieren sind, also beim Aufenthalt im EU-Ausland bzw. in einem diesem gleichgestellten Land (wie die Schweiz) generell nicht ruhen (vgl. EuGH, Urteile vom 5. März 1998 - C-160/96 -; sowie 8. Juli 2004 - C-502/01 und C-31/01 -, a.a.O.). Danach gehören zu den Geldleistungen nicht Leistungen, die die häusliche oder stationäre Pflege des Versicherten, den Kauf von Pflegehilfsmitteln und bestimmte Maßnahmen decken sollen; sie fallen unter den Begriff der "Sachleistungen", die in das EU-Ausland nicht exportierbar sind (vgl. auch EuGH, Urteile vom 16. Juli 2009 - C-208/07 - und 12. Juli 2012 - C-562/10 -; beide in juris)
a) Der Kläger hatte im streitigen Zeitraum nach § 37 SGB XI Anspruch auf Pflegegeld, das die Beklagte auch zahlte. Pflegegeld nach § 37 SGB XI setzt voraus, dass der Pflegebedürftige mit dem Pflegegeld die erforderliche Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung in geeigneter Weise selbst sicherstellt. Zusätzlich begehrte er die Gewährung von Leistungen bei Verhinderungspflege nach § 39 SGB XI.
b) Innerhalb der nach dem SGB XI zu gewährenden Leistungen ist eine abschließende Klärung des Verhältnisses der Verhinderungspflege zu den Geldleistungen nach §§ 37, 38 SGB XI oder zu den Sachleistungen nach § 36 SGB XI bislang nicht erfolgt (Leitherer in: Kasseler Kommentar, SGB XI, § 39 RdNr.4). Nach Nr. 1.2 Abs. 6 Buchst. b des Gemeinsamen Rundschreibens der Spitzenverbände der Pflegekassen und der Deutschen Verbindungsstelle Krankenversicherung zu Leistungen der Pflegeversicherung bei Auslandsaufenthalt vom 13. September 2006 werden die Leistungen der Verhinderungspflege den Sachleistungen zugerechnet. Der erkennende Senat hatte in seinen Urteilen vom 11. Mai 2007 (L 4 P 2828/06 und L 4 P 2963/06; a.a.O.) - bei allerdings abweichendem Sachverhalt - eine abschließende Klärung der Frage, ob es sich bei der Verhinderungspflege um eine Geld- oder Sachleistung handelt, ausdrücklich offen gelassen und hierzu wie folgt ausgeführt: "Hatte der (dortige) Kläger demnach grundsätzlich auch während seines Auslandsaufenthalts Anspruch auf Pflegegeld nach §§ 37, 43a Satz 3 SGB XI, so ergäbe sich daraus, dass auch ein Anspruch auf Kostenübernahme bei Verhinderung der häuslichen Pflegeperson nach § 39 SGB XI bestünde. Die Leistungen bei Verhinderungspflege nach § 39 SGB XI setzen nämlich gerade voraus, dass in der streitigen Zeit nicht etwa häusliche Pflegehilfe als Sachleistung erbracht wird, sondern dass der Pflegebedürftige mit dem Pflegegeld die erforderliche Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung selbst in eigener Weise sicherstellt. Die Verhinderungspflege stellte sich deshalb als Surrogat für Pflegegeld nach §§ 37, 43a Satz 3 SGB XI dar. Wenn danach im Rahmen des § 34 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 SGB XI Ansprüche auf Pflegegeld während eines Auslandsaufenthalts nicht ruhen würden, so könnten deshalb auch Ansprüche auf Verhinderungspflege bei einem Auslandsaufenthalt nicht ruhen. Der Anspruch auf Verhinderungspflege würde insoweit das rechtliche Schicksal des Anspruchs auf Pflegegeld teilen. Allerdings werden nach Nr. 1.2 Abs. 6 Buchst. b des Gemeinsamen Rundschreibens der Spitzenverbände der Pflegekassen und der Deutschen Verbindungsstelle Krankenversicherung - Ausland zu Leistungen der Pflegeversicherung bei Auslandsaufenthalt vom 06. September 2005 die Leistungen der Verhinderungspflege nach § 39 SGB XI den Sachleistungen zugerechnet. Gegen diese Zuordnung als Sachleistung könnten jedoch Bedenken bestehen, zumal sie den systematischen Zusammenhang der Verhinderungspflege mit anderen Leistungen der Pflegeversicherung vernachlässigen könnte. Verhinderungspflege nach § 39 SGB XI kommt nur in Betracht, wenn der Pflegebedürftige Pflegegeld nach § 37 SGB XI in Anspruch nimmt. In Fällen, in denen statt des Pflegegelds die Pflegesachleistung nach § 36 SGB XI beansprucht wird, ist ein Fall der Verhinderung der Pflegeperson nicht denkbar. In dieser Fallkonstellation beauftragt der Pflegebedürftige nämlich einen zugelassenen Leistungserbringer mit der Durchführung der Grundpflege und der häuslichen Versorgung. Dieser Leistungserbringer hat dann jeweils dafür Sorge zu tragen, dass bei Urlaub, Krankheit oder anderen Umständen die von ihm vertragliche übernommene Verpflichtung zur Durchführung der Pflege nicht gefährdet wird (Leitherer in Kasseler Kommentar, § 39 SGB XI Rdnr. 9; Schiffer in SGB V - Ergänzungsband XI Soziale Pflegeversicherung, Kommentar, § 39 SGB XI Rdnr. 9; Udsching, SGB XI, 2. Aufl., § 39 Rdnr. 3; Vogel in LPK-SGB XI, § 39 Rdnr. 6). Der Anwendungsfall der Verhinderungspflege betrifft deshalb nur solche Pflegebedürftige, die anstelle der Pflegesachleistung Pflegegeld beziehen, sei es auch nach § 43a Satz 3 SGB XI. Nur diese Gruppe der Pflegebedürftigen kann in die Lage kommen, dass die Durchführung der Pflege nicht mehr sichergestellt ist, weil die Pflegeperson verhindert ist. Der Senat braucht jedoch nicht abschließend zu entscheiden, ob es sich bei der Verhinderungspflege nach § 39 SGB XI um eine Geldleistung handelt, denn auch bei Bejahung der Verhinderungspflege als Sachleistung ist ein Ruhen des Anspruchs auf Leistungen bei Verhinderung der häuslichen Pflegeperson nach § 39 Satz 1 SGB XI wegen des vorübergehenden, urlaubsbedingten Aufenthalts des (dortigen) Klägers im Ausland und der Durchführung der Behindertenfreizeit im Sinne eines Feriencamps oder Familienheims in der Schweiz, einem dem EU-Ausland insoweit gleichgestellten Gebiet, nicht gerechtfertigt."
c) Mit dem LSG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 12. März 2014 - L 10 P 7/14 -; in juris) und der Beklagten geht der Senat nunmehr davon aus, dass es sich bei der Verhinderungspflege nach § 39 SGB XI um keine Geld-, sondern vielmehr um eine Sachleistung handelt, mit der Folge, dass der Anspruch auf Leistungen bei Verhinderungspflege nach § 39 SGB XI gemäß § 34 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 SGB XI ruht. Hierzu hat das LSG Nordrhein-Westfalen unter Berücksichtigung der in seinem Fall maßgeblichen Rechtsprechung des EuGH zutreffend folgendes ausgeführt: "Nach der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 05.03.1998, aa0, Juris Rn 31 ff) schließt der Begriff der Sachleistungen auch solche Leistungen ein, die durch Zahlung des verpflichtenden Trägers, insbesondere in der Form der Kostenübernahme oder -erstattung, erbracht werden. Der Begriff der "Geldleistungen" deckt im Wesentlichen die Leistungen, die dazu bestimmt sind, den Verdienstausfall des kranken Arbeitnehmers auszugleichen. Die Leistungen der Pflegeversicherung bestehen zum Teil in der Übernahme oder Erstattung der durch Pflegebedürftigkeit des Betroffenen entstandenen Kosten, insbesondere der durch diesen Zustand verursachten Kosten für ärztliche Behandlungen. Solche Leistungen, die die häusliche oder stationäre Pflege des Versicherten, den Kauf von Pflegehilfsmitteln und bestimmte Maßnahmen decken sollen, fallen danach unbestreitbar unter den Begriff der Sachleistungen in den Art 19 Abs. 1a 25 Abs 1a und 28 Abs 1a der EWGV 1408/71. Demgegenüber soll zwar auch das Pflegegeld bestimmte Kosten decken, die durch die Pflegebedürftigkeit verursacht sind, insbesondere Aufwendungen für eine Pflegeperson, und nicht einen Verdienstausfall des Begünstigten ausgleichen. Gleichwohl weist es aber Merkmale auf, die es von den Sachleistungen der Krankenversicherung unterscheidet. Danach ist eine Geldleistung gegenüber einer Sachleistung dadurch charakterisiert, dass die Zahlung periodisch erfolgt und weder davon abhängt, dass zuvor bestimmte Auslagen, etwa für Pflege, entstanden sind, noch davon, dass Nachweise über entstandene Auslagen vorgelegt werden. Auch handelt es sich um einen festen Betrag, der von den Ausgaben unabhängig ist, die der Begünstige tatsächlich benötigt hat, um seinen täglichen Lebensunterhalt zu bestreiten. Bei der Verwendung des Pflegegeldes verfügt der Begünstigte über weitgehende Freiheit. Das Pflegegeld stellt damit eine finanzielle Unterstützung dar, die es ermöglicht, den Lebensstandard der Pflegebedürftigen durch Ausgleich der durch ihren Zustand verursachten Mehrkosten zu verbessern (vgl EuGH, aa0, Juris Rn 34 f). Die Kostenerstattung nach § 39 SGB XI lässt sich demgegenüber nicht unter die durch den EuGH für die Definition einer Geldleistung angeführten Kriterien subsumieren. Es handelt sich vielmehr um eine Sachleistung im Sinne der Art 19 Abs 1a, 25 Abs 1a und 28 Abs 1a der EWGV 1408/71. Leistungen gemäß § 39 SGB XI werden anlassbezogen aufgrund der Verhinderung der Pflegeperson gezahlt. Es handelt sich nicht um eine periodische Leistung. Eine Kostenerstattung im Sinne des § 39 SGB XI kann vielmehr lediglich im begrenzten Zeitraum von vier Wochen je Kalenderjahr in Anspruch genommen werden. Eine regelmäßig in gleicher Höhe wiederkehrende Leistung ist nicht vorgesehen. Dauer und Zeitpunkt der Verhinderungspflege kann von Jahr zu Jahr variieren. Auch ist der Betrag der Erstattung gemäß § 39 SGB XI nicht von vornherein bestimmt, sondern kann im Einzelfall völlig unterschiedlich ausfallen. Das Gesetz bestimmt insofern lediglich eine Höchstgrenze pro Kalenderjahr, welche nicht überschritten werden darf. Darüber hinaus erfordert die Kostenübernahme für die Ersatzpflegekraft den Nachweis entsprechender Kosten. Damit ist die in § 39 SGB XI vorgesehene Kostenerstattung entsprechend der durch den EuGH entwickelten Kriterien zur Überzeugung des Senats eindeutig dem Begriff der Sachleistungen zuzuordnen."
d) Unter Berücksichtigung der genannten Rechtsprechung des EuGH ist die Zuordnung der Verhinderungspflege zu den Geldleistungen nicht zu begründen. Entgegen seiner bisherigen Auffassung geht der Senat nicht mehr davon aus, dass die Verhinderungspflege ein "Surrogat" für das Pflegegeld nach § 37 SGB XI darstellt (so noch in den Urteilen des erkennenden Senats vom 11. Mai 2007 - L 4 P 2828/06 und L 4 P 2963/06 -; a.a.O.). Die Verhinderungspflege hat den Zweck, dem aus familiärer oder ähnlicher Verbundenheit Pflegenden die Möglichkeit zum "Urlaub von der Pflege" oder zur Unterbrechung der Pflege im Fall eigener Erkrankung zu eröffnen, ohne die Bedürfnisse des Pflegebedürftigen dadurch zu beeinträchtigen. Zu diesen Bedürfnissen gehören jedoch nicht nur Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung, sondern auch sonstige Pflege- und Betreuungsmaßnahmen, die nicht in § 14 Abs. 4 SGB XI genannt sind. Im Verhinderungsfall tritt der Anspruch nach § 39 SGB XI daher nicht an die Stelle der ansonsten zu erbringenden häuslichen Pflegeleistung, sondern enthält demgegenüber eine Zusatzleistung, mit der die weitgehende Aufrechterhaltung des bisherigen Betreuungsniveaus angestrebt wird (vgl. hierzu LSG Nordrhein-Westfalen im Urteil von 12. März 2014 - L 10 P 7/14 -; a.a.O.). Dies wird insbesondere an der vorliegenden Fallkonstellation erkennbar, in der lediglich stundenweise eine Ersatzpflege erforderlich wird, die eigentlichen Pflegeleistungen nach § 37 SGB XI zur Sicherstellung der erforderlichen Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung weiterhin gewährt werden müssen. Auch wird eine aus gesundheitlichen, Erholungs- oder ähnlichen Gründen notwendige Unterbrechung der Pflege erleichtert und dient im Ergebnis der längerfristigen Absicherung der häuslichen Pflegebereitschaft. Dieser umfassendere Bezug der Verhinderungspflege wird insbesondere dadurch deutlich, dass § 39 SGB XI angesichts der Beschränkungen der der Pflegeversicherung zur Verfügung stehenden Beitragseinnahmen in zeitlicher und betragsmäßiger Hinsicht Höchstgrenzen vorsieht, die nicht nach den sich am Grundpflegebedarf orientierenden Pflegestufen differenziert werden. Als Gegengewicht zum erweiterten Leistungsumfang sieht die Vorschrift auf der Tatbestandsseite außerdem - gegenüber den Ansprüchen auf Sachleistung bzw. auf Pflegegeld einschränkend - eine Wartezeit vor, in der die Pflegeperson den Pflegebedürftigen in seiner häuslichen Umgebung gepflegt haben muss (vgl. LSG Niedersachen-Bremen, Urteil vom 13. August 2003 - L 3 P 18/02-; in juris). Es handelt sich bei der Verhinderungspflege gemäß § 39 SGB XI damit um eine qualitativ weitergehende Leistung als das Pflegegeld, welche darüber hinaus an zusätzliche Anspruchsvoraussetzungen geknüpft ist. Sie stellt kein bloßes "Surrogat" des Pflegegeldes, sondern eine eigenständige, hiervon zu unterscheidende Leistung dar, welche "das rechtliche Schicksal" des Pflegegeldes zwar teilen kann, nicht jedoch teilen muss.
Dies wird auch durch die bereits vom SG zitierte Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 22. März 2001 - B 12 P 3/00 R -; a.a.O.) bestätigt, wonach ein Anspruch auf Fortzahlung des Pflegegeldes nach § 37 SGB XI während der Zeit, in der die Kosten der Verhinderungspflege nach § 39 SGB XI übernommen werden, nicht besteht. Somit standen zumindest bis zur Neuregelung in § 37 Abs. 2 Satz 2 SGB XI im Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz (PNG) vom 23. Oktober 2012 (BGBl. I S. 2246) beide Leistungen in einem Exklusivitätsverhältnis. Seither besteht eine Verpflichtung des Leistungsträgers, während der Dauer der Verhinderungspflege zumindest das halbe Pflegegeld weiterleisten zu müssen. Insoweit wird in den Materialien zum PNG betont, dass den Besonderheiten einer nur stundenweisen Verhinderungspflege weiterhin Rechnung zu tragen sei, und die Neuregelung die Praxis der Pflegekassen, in diesen Fällen das Pflegegeld in vollem Umfang weiter zu gewähren, nicht ändern solle (Behrend in: jurisPK-SGB XI, 1. Aufl. 2014, § 37 SGB XI, RdNr. 28).
Im Übrigen spricht auch der Wortlaut des § 34 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 SGB XI gegen die Annahme, Leistungen der Verhinderungspflege seien den Geldleistungen zuzuordnen. § 34 Abs.1 Nr. 1 Satz 2 SGB XI nimmt nämlich lediglich auf die in §§ 37, 38 SGB XI genannten Geldleistungen Bezug; hätte der Gesetzgeber § 39 SGB XI diesen zurechnen wollen, so hätte er § 39 SGB XI auch in Satz 2 der Regelung aufnehmen können. Ebenso enthält § 39 SGB XI lediglich insoweit eine Ausnahme hinsichtlich des Ruhens der Leistungsansprüche, als er in Satz 1, 2. Halbsatz SGB XI nur § 34 Abs. 2 Satz 1 SGB XI, der das Ruhen des Anspruchs auf Leistungen bei häuslicher Pflege wegen Anspruchs auf Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung im Rahmen des Anspruchs auf häusliche Krankenpflege nach § 37 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) sowie für die Dauer des stationären Aufenthalts in einer Einrichtung im Sinne des § 71 Abs. 4 SGB XI anordnet, für nicht anwendbar erklärt.
Letztlich sprechen auch praktische Gründe gegen die Annahme, Leistungen bei Verhinderungspflege seien als Geldleistung anzusehen. Zwar setzt Verhinderungspflege nach § 39 SGB XI die grundsätzliche Inanspruchnahme von Pflegegeld (und nicht Pflegesachleistungen) voraus. Dennoch ist auch Verhinderungspflege als Sachleistung im Sinne des § 34 Abs. 1 Nr. 1 SGB XI einzuordnen, denn es werden Sachleistungen Dritter in Anspruch genommen, die innerhalb Deutschlands der Kontrolle durch die Pflegekassen und den MDK unterliegen. Diese Kontrolle ist im Ausland nicht in gleicher Form gewährleistet. Anderes gilt lediglich dann, wenn ein Pflegebedürftiger z.B. im Rahmen einer Behindertenfreizeit einen in Deutschland ansässigen Pflegedienst im Ausland in Anspruch nimmt. Dann können die Voraussetzungen von § 34 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 SGB XI erfüllt sein (Padé in: jurisPK-SGB XI, 1. Aufl. 2014, § 34 SGB XI, RdNr. 25; vgl. auch Urteile des erkennenden Senats vom 11. Mai 2007 - L 4 P 2828/06 und L 4 P 2963/06 ; a.a.O.).
Eine Kostenregelung für die beanspruchte Verhinderungspflege als Sachleistung käme damit lediglich unter den Voraussetzungen des § 34 Abs.1 Nr.1 Satz 3 SGB XI in Betracht. Danach besteht ein Anspruch auf Pflegesachleistung für einen Auslandsaufenthalt bis zu sechs Wochen im Kalenderjahr, soweit die Pflegekraft, die ansonsten die Pflegesachleistung erbringt, den Pflegebedürften während des Auslandsaufenthalts begleitet. Nur für die bisher durch professionelle Pflegekräfte erbrachte Pflegesachleistung ruht der Leistungsanspruch nicht. Ein solcher Fall ist vorliegend jedoch nicht gegeben, da es sich bei dem Großvater des Klägers nicht um eine Pflegekraft in diesem Sinn handelt.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
4. Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
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