L 9 AS 2809/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
9
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 17 AS 516/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 AS 2809/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 17. Juni 2013 sowie der Bescheid des Beklagten vom 29. November 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Januar 2013 aufgehoben.

Der Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen die Aufforderung zur vorzeitigen Beantragung von Altersrente.

Der 1950 geborene Kläger bezieht von dem Beklagten laufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Mit Bescheid vom 18.10.2012 in der Fassung des Bescheides vom 24.11.2012 bewilligte der Beklagte dem Kläger für den Zeitraum vom 01.12.2012 bis 31.05.2013 Leistungen in Höhe von 705,79 EUR monatlich.

Am 18.10.2012 schlossen die Beteiligten eine Eingliederungsvereinbarung für die Zeit bis 17.04.2013 mit dem Ziel der Integration des Klägers in Arbeit. Hierin verpflichtete sich der Beklagte, den Kläger bei dessen beruflicher Integration in den ersten Arbeitsmarkt u.a. durch das Projekt Perspektive 50 plus zu unterstützen. Der Kläger verpflichtete sich, sich weiterhin im Tagespendelbereich um Arbeitsstellen und sonstige Helfertätigkeiten zu bemühen und diese Bemühungen nachzuweisen. Die Bewerbungsbemühungen seien spätestens am 17.04.2013 unaufgefordert vorzulegen. Weiterhin verpflichtete sich der Kläger, Termine in der Jobbörse regelmäßig und pünktlich wahrzunehmen sowie zur aktiven Teilnahme an dem Projekt Perspektive 50 plus und zur Wahrnehmung von angebotenen Unterstützungsmaßnahmen.

Mit Bescheid vom 29.11.2012 forderte der Beklagte den Kläger auf, bei der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg die Gewährung von Altersrente zu beantragen. Nach Vollendung des 63. Lebensjahres sei er verpflichtet, einen Rentenantrag zu stellen, wenn der Bezug einer um Abschläge geminderten Altersrente möglich sei. Der Kläger wurde aufgefordert, bis 16.12.2012 die Antragstellung mitzuteilen.

Hiergegen legte der Kläger am 30.11.2012 Widerspruch mit der Begründung ein, dass er am 01.06.2013 eine versicherungspflichtige Arbeit aufnehmen werde. Den Vertrag habe er bereits am 28.11.2012 in der Jobbörse M. abgegeben. Mit Schreiben vom 26.11.2012 bestätigte das Universitätsklinikum M. dem Kläger, dass er zum 01.06.2013 einen Bundesfreiwilligendienst für die Dauer von zwölf Monaten ableisten könne. Nach der vom Kläger am 18.09.2012 abgeschlossenen Vereinbarung absolviert dieser vom 01.06.2013 bis 31.05.2014 einen Bundesfreiwilligendienst mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 Stunden. Hierfür erhält er ein Taschengeld von 178,95 EUR (geändert durch Vereinbarung vom 03.05.2013 ab 01.06.: 250,00 EUR) sowie einen Verpflegungskostenzuschuss in Höhe von 219,00 EUR (geändert durch Vereinbarung vom 03.05.2013: 224,00 EUR ab 01.06.). Nach dem Vertrag werden Sozialversicherungsbeiträge (einschließlich Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung) in Höhe von monatlich 160,57 EUR entrichtet. Zur weiteren Begründung seines Widerspruchs führte der Kläger an, dass dem Bescheid die für das Ermessen maßgebliche Begründung fehle. Es sei nicht erkennbar, inwieweit sein konkreter Einzelfall geprüft worden sei. Der erzwungene Wechsel in die Altersrente stelle einen schwerwiegenden Eingriff und eine erhebliche Beeinträchtigung seiner Lebensführung dar.

Auf den Antrag des Klägers beim Sozialgericht Mannheim (SG), die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 29.11.2012 festzustellen, sicherte der Beklagte zu, dass eine Antragstellung beim zuständigen Rentenversicherungsträger so lange nicht erfolgen werde, bis über den anhängigen Widerspruch entschieden worden sei. Daraufhin lehnte das SG den Antrag mangels Rechtsschutzbedürfnis ab (Beschluss vom 15.01.2013, S 1 AS 4092/12 ER).

Mit Widerspruchsbescheid vom 28.01.2013 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Aufgrund der Regelung des § 12a SGB II sei der Widerspruchsführer mit Vollendung des 63. Lebensjahres am 15.01.2013 verpflichtet, eine Altersrente in Anspruch zu nehmen. Die Übergangsvorschrift des § 65 Abs. 4 SGB II gelte für ihn nicht, da er nicht vor dem 01.01.2008 das 58. Lebensjahr vollendet habe. Auch nach Vollendung des 63. Lebensjahres entfalle allerdings die Verpflichtung zur vorzeitigen Rentenantragstellung, wenn diese unbillig wäre, was im Einzelnen in der Unbilligkeitsverordnung (Unbilligkeits-V) geregelt sei, die vier Fälle aufführe: Verlust des Anspruchs auf Arbeitslosengeld, bevorstehende abschlagsfreie Altersrente, Erwerbstätigkeit und bevorstehende Erwerbstätigkeit. Solche Fälle der Unbilligkeit lägen im Falle des Widerspruchsführers nicht vor. In Frage komme allenfalls § 5 Unbilligkeits-V. Danach sei die Inanspruchnahme der Rente unbillig, wenn Leistungsberechtigte durch die Vorlage eines Arbeitsvertrages glaubhaft machen, dass sie in nächster Zukunft eine Erwerbstätigkeit im Sinne von § 4 der Verordnung aufnehmen und nicht nur vorübergehend ausüben werden. Nach § 4 sei die Inanspruchnahme unbillig, solange Leistungsberechtigte sozialversicherungspflichtig beschäftigt seien oder aus sonstiger Erwerbstätigkeit ein entsprechend hohes Einkommen erzielen. Vorliegend habe der Kläger zwar eine Zusage zur Aufnahme des Bundesfreiwilligendienstes ab 01.06.2013 vorgelegt. Dennoch sei die Inanspruchnahme der vorzeitigen Altersrente nicht unbillig, da die Aufnahme des Bundesfreiwilligendienstes nicht in nächster Zukunft (binnen drei Monaten) stattfinden werde, dieser nur vorübergehend ausgeübt werde und der Bundesfreiwilligendienst, obgleich er sozialversicherungspflichtig sei, nicht von der Unbilligkeits-V gedeckt sei. Denn durch die Aufnahme der Erwerbstätigkeit müsse eine dauerhafte Eingliederung in Arbeit erfolgen. Demnach sei die Inanspruchnahme der Altersrente nicht unbillig.

Mit Bescheid vom 30.01.2013 forderte der Beklagte den Kläger erneut auf, einen Antrag auf Altersrente beim zuständigen Rentenversicherungsträger zu stellen. Gleichzeitig teilte der Beklagte mit, dass er berechtigt sei, den Antrag ersatzweise für den Kläger zu stellen und dass daher die Antragstellung durch heutiges Schreiben an die Deutsche Rentenversicherung erfolgt sei.

Mit Bescheid vom 19.02.2013 hob der Beklagte die Entscheidung über die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II ab 01.03.2013 mit der Begründung auf, dass der Kläger der gesetzlichen Verpflichtung, vorrangig Altersrente in Anspruch zu nehmen, nicht nachgekommen sei. Nach Widerspruchseinlegung durch den Kläger nahm der Beklagte mit Abhilfebescheid vom 04.03.2013 den Bescheid vom 19.02.2013 zurück. Mit Bescheid vom 17.04.2013 in der Fassung des Bescheides vom 18.06.2013 bewilligte der Beklagte dem Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Zeitraum vom 01.06.2013 bis 30.11.2013.

Am 11.04.2013 schlossen die Beteiligten erneut eine Eingliederungsvereinbarung, die bis zum 11.10.2013 gültig war, mit dem Ziel der Aufnahme einer Beschäftigung des Klägers am ersten Arbeitsmarkt.

Am 11.02.2013 hat der Kläger gegen den Bescheid vom 29.11.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.01.2013 Klage zum SG erhoben. Die Aufforderung zur Rentenantragstellung sei rechtswidrig, da noch bis zum 17.04.2013 eine Eingliederungsvereinbarung gegolten habe, in der sich der Beklagte verpflichtet habe, den Kläger in Arbeit zu integrieren. Des Weiteren habe der Beklagte nicht berücksichtigt, dass die Altersrente zu gering sei, als dass die Bedürftigkeit entfalle. Der Kläger habe zudem den Bundesfreiwilligendienst ab Juni 2013 aufgenommen, durch den sich seine Rentenanwartschaft erhöhe. Nach Beendigung des Bundesfreiwilligendienstes habe er Anspruch auf Arbeitslosengeld nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch. Es sei ihm daher nicht zumutbar, der Aufforderung zur Rentenantragstellung Folge zu leisten.

Nach der vom Kläger vorgelegten Renteninformation erreicht er die Regelaltersgrenze zum 14.05.2015, sodass er ab 01.06.2015 Regelaltersrente beziehen kann. Die bislang erreichte Rentenanwartschaft entspräche nach heutigem Stand 430,95 EUR. Sollten bis zur Regelaltersgrenze Beiträge wie im Durchschnitt der letzten fünf Kalenderjahre gezahlt werden, sei eine monatliche Rente von 492,29 EUR möglich. Ob der Kläger vorgezogene Altersrente in Anspruch nehmen kann und ab wann dies in welcher Höhe möglich wäre, geht aus der Renteninformation nicht hervor.

Mit Gerichtsbescheid vom 17.06.2013 hat das SG die Klage abgewiesen, da der Kläger nach § 12a Satz 1 SGB II zur Inanspruchnahme der Altersrente verpflichtet sei. Die Ausnahmetatbestände der gemäß § 13 Abs. 2 SGB II ergangenen Unbilligkeits-V seien nicht erfüllt. Weder beziehe der Kläger derzeit Arbeitslosengeld I, noch sei er bei Aufforderung zur Rentenantragstellung sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Der Ausnahmetatbestand nach § 5 Abs. 1 Unbilligkeits-V (Aufnahme einer Erwerbstätigkeit gemäß § 4 Unbilligkeits-V in nächster Zukunft) komme schon deshalb nicht in Betracht, weil der Bundesfreiwilligendienst nur vorübergehend ausgeübt werde. Die Ableistung des freiwilligen Dienstes sei für die Zeit vom 01.06.2013 bis 31.05.2014 vorgesehen. Dies führe nicht zu einer dauerhaften Eingliederung des Klägers in das Erwerbsleben. Zwischen dem Ende des Bundesfreiwilligendienstes und dem Beginn der Regelaltersrente verbliebe somit noch eine Lücke von einem Jahr. Der Beklagte setze sich mit der Aufforderung auch nicht in Widerspruch zu der bis 17.04.2013 gültigen Eingliederungsvereinbarung, da der Beklagte sich nicht dazu verpflichtet habe, den Kläger in Arbeit zu integrieren, sondern ihm nur Unterstützung von Bewerbungsbemühungen zugesagt habe. Auch wenn der Bescheid vom 29.11.2012 vorliegend keine Ermessenserwägungen erkennen lasse, sei dieser Fehler durch die im Widerspruchsbescheid nachgeholten Ermessenserwägungen geheilt.

Gegen den dem Kläger am 25.06.2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger, vertreten durch seine Bevollmächtigte, am 10.07.2013 Berufung eingelegt und vorgetragen, dass der Bundesfreiwilligendienst als Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt gelte. Der Kläger sei in allen Zweigen der Sozialversicherung versichert. Der Kläger könne von der zu erwartenden Rente nicht leben und müsse ergänzend Grundsicherungsleistungen beziehen. Durch Aufstockung der Rentenanwartschaften erhöhe sich dessen Anspruch auf Rente. Es entspreche der Intention des Gesetzgebers, die ehrenamtlichen Tätigkeiten aufzuwerten. Daher sei der Bundesfreiwilligendienst einer versicherten Erwerbstätigkeit gleichzustellen. Das Rentenverfahren ruhe derzeit im Hinblick auf das vorliegende Verfahren.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 17. Juni 2013 und den Bescheid des Beklagten vom 29. November 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Januar 2013 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung verweist er auf den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim. Eine besondere Einzelfallentscheidung sei nicht erforderlich gewesen. Bei einer Entscheidung nach § 12a SGB II reiche eine kurze Anmerkung im Bescheid aus, um eine Ermessensausübung annehmen zu können. Umfangreiche Erwägungen seien nicht erforderlich. Insbesondere sei eine Prüfung der späteren Hilfebedürftigkeit nicht geboten. Dass eine Eingliederungsvereinbarung trotz Aufforderung des Klägers abgeschlossen worden sei, sei unschädlich. Die Antragstellung und Entscheidung des Rententrägers nehme üblicherweise eine gewisse Zeit in Anspruch. Bis dahin müsse der Beklagte den Kläger bei der Integration unterstützen.

Die Beteiligten haben sich in dem am 26.11.2013 durchgeführten Termin zur Erörterung des Sachverhalts mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Der Senat hat zur Aufklärung des Sachverhalts eine Rentenauskunft des für den Kläger zuständigen Rentenversicherungsträgers beigezogen. Hiernach ist die Wartezeit für eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeit erfüllt. Diese könnte, bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen, ohne Rentenabschlag ab 01.02.2015, mit Rentenabschlägen ab 01.02.2010 in Anspruch genommen werden.

Mit Bescheid vom 13.08.2014 bewilligte die Bundesagentur für Arbeit dem Kläger ab 01.09.2014 bis 28.02.2015 Arbeitslosengeld I in Höhe von 8,41 EUR täglich.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die Akten des Beklagten, des SG und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entschieden hat, ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.

Die Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Das angefochtene Urteil des SG und die angefochtenen Bescheide des Beklagten sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten, weshalb sie aufzuheben waren. Dahinstehen kann, ob der Beklagte nach § 131 Abs. 1 S. 1 SGG zur Rücknahme des Rentenantrages im Rahmen der Folgenbeseitigung verpflichtet werden könnte oder ob es sich bei der Rentenantragstellung durch den Beklagten um ein Aliud zur Antragstellung des Klägers und nicht um den Vollzug der an den Kläger ergangen Aufforderung zur Antragstellung handelt, welcher der Folgenbeseitigung zugänglich wäre (vgl. SG Cottbus, Urteil vom 15.05.2014, S 14 AS 4304/13, in Juris). Denn für eine Entscheidung des Senats nach § 131 Abs. 1 S. 1 SGG wäre ein entsprechender Antrag des Klägers erforderlich gewesen, der vorliegend nicht gestellt wurde (Keller in Meyer-Ladewig u.a., Kommentar zum SGG, 10. Aufl. 2012, § 131 Rn. 4).

Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 29.11.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.01.2013, durch den der Kläger aufgefordert wurde, beim zuständigen Rentenversicherungsträger einen Antrag auf Altersrente zu stellen. Der formelle Bescheid vom 30.01.2013 hat inhaltlich keinen eigenständigen Regelungscharakter, da er nochmals auf die Verpflichtung des Klägers hinweist, beim Rentenversicherungsträger einen Antrag auf Altersrente zu stellen und insoweit auf den Widerspruchsbescheid vom 28.01.2013 verweist, sodass durch diesen Bescheid keine neue Regelung getroffen wurde. Diese somit rein wiederholende Verfügung wird nicht Gegenstand des Verfahrens (vgl. Bayerisches Landessozialgericht (LSG), Urteil vom 09.04.2013, L 13 R 392/10, in Juris; Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 17.04.1991, 1 RR 2/89, BSGE 68, 228-236). Soweit der Kläger darauf hingewiesen wird, dass der Beklagte nunmehr für ihn den Antrag auf Altersrente gestellt hat, handelt es sich nicht um einen Verwaltungsakt, sondern um einen reinen Hinweis auf eine bereits erfolgte Antragstellung des Beklagten, der nicht nach § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens wird. Der streitgegenständliche Bescheid hat sich auch nicht durch die mittlerweile durch den Beklagten vorgenommene Antragstellung beim Rentenversicherungsträger erledigt, da die erfolglose Aufforderung zur Antragstellung nach § 5 Abs. 3 S. 3 SGB II Voraussetzung für eine Antragstellung durch den Beklagten ist. Zumindest solange der Rentenversicherungsträger noch keine Rente bewilligt hat, entfaltet die Aufforderung zur Rentenantragstellung Rechtswirkungen, da der Antrag des Beklagten auf Rentengewährung an den Kläger noch zurückgenommen werden könnte (vgl. BSG, Beschluss vom 12.06.2013, B 14 AS 225/12, in Juris) und der Zweck der Aufforderung zur Rentenantragstellung, der Bezug vorrangiger Sozialleistungen, noch nicht erreicht ist (SG Cottbus, Urteil vom 15.05.2014, a.a.O.).

Die Aufforderung, einen Rentenantrag zu stellen, ist ein Verwaltungsakt im Sinne des § 31 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X), da durch die Aufforderung zur Rentenantragstellung eine Entscheidung zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts getroffen wird und diese auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist (vgl. BSG, Beschluss vom 16.12.2011, B 14 AS 138/11 B, m.w.N., in Juris). Ermächtigungsgrundlage ist § 12a SGB II. Nach § 12a Abs. 1 Satz 1 SGB II sind Leistungsberechtigte verpflichtet, Sozialleistungen anderer Träger in Anspruch zu nehmen und die dafür erforderlichen Anträge zu stellen, sofern dies zur Vermeidung, Beseitigung, Verkürzung oder Verminderung der Hilfebedürftigkeit erforderlich ist. Davon abweichend sind gemäß § 12a Satz 2 Nr. 1 SGB II Leistungsberechtigte nicht verpflichtet, bis zur Vollendung des 63. Lebensjahrs eine Rente wegen Alters vorzeitig in Anspruch zu nehmen. § 12a Satz 2 Nr. 1 SGB II schränkt die grundsätzlich bestehende Verpflichtung Sozialleistungen anderer Träger in Anspruch zu nehmen, hinsichtlich der Altersrente ein. Denn nach Satz 1 wäre die Altersrente grundsätzlich ab dem frühestmöglichen Zeitpunkt in Anspruch zu nehmen, also bereits dann, wenn sie vor dem für den Versicherten maßgeblichen Rentenalter mit Abschlägen bezogen werden muss. Die Inkaufnahme von Abschlägen beim Altersrentenbezug erachtet der Gesetzgeber für Leistungsberechtigte nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch erst ab dem 63. Lebensjahr als zumutbar (vgl. BT-Drs. 16/7460, S. 12). Nach den Vorgaben des § 12a SGB II ist der Kläger grundsätzlich verpflichtet, eine Rente wegen Alters auch vorzeitig in Anspruch zu nehmen. Er hat zum 15.01.2013 das 63. Lebensjahr erfüllt und er fällt nicht unter die Vertrauensschutzregelung des § 65 Abs. 4 SGB II. Diese gilt nur für Leistungsberechtigte, die vor dem 01.01.2008 das 58. Lebensjahr vollendet haben. Dies ist beim Kläger nicht der Fall, da er zum 15.01.2008 das 58. Lebensjahr vollendet hat.

Vor Aufforderung zum Rentenantrag muss der Beklagte Ermessen ausüben (Geiger in LPK-SGB II, 5. Aufl. 2013, § 12a Rn. 7, Luthe in Hauck-Noftz, Kommentar zum SGB II, § 5 Rn 158; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27.09.2013, L 28 AS 2330/13 B ER, in Juris; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19.05.2014, L 7 AS 545/14 B ER, L 7 AS 546/14 B, in Juris, m.w.N.; SG Dresden, Beschluss vom 21.02.2014, S 28 AS 567/14 ER in Juris, m.w.N.). Denn nach § 5 Abs. 3 Satz 1 SGB II können die Leistungsträger nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch den Antrag für den Leistungsberechtigten stellen, wenn dieser trotz Aufforderung zur Rentenantragstellung nicht bereit ist. Die Rentenantragstellung durch die Behörde steht im Ermessen des Beklagten. Damit bedarf jedoch bereits die Aufforderung zur Rentenantragstellung einer Ermessensentscheidung. Andernfalls wäre der Leistungsempfänger, der den Antrag aufforderungsgemäß stellt benachteiligt, weil in seinem Fall die Ermessensentscheidung vor Vollziehung des Antrags nicht mehr stattfände. Daher muss diese Entscheidung vorverlegt werden und schon im Rahmen der Aufforderungsprüfung erfolgen (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27.09.2013, a.a.O.). Hierbei sind zunächst die Vorgaben der Verordnung zur Vermeidung unbilliger Härten durch Inanspruchnahme einer vorgezogenen Altersrente (Unbilligkeits-V) vom 14. April 2008 (BGBl. I S. 734) zu berücksichtigen. Nach § 13 Abs. 2 SGB II ist das Bundesministerium für Arbeit und Soziales ermächtigt, ohne Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung zu bestimmen, unter welchen Voraussetzungen und für welche Dauer Hilfebedürftige nach Vollendung des 63. Lebensjahres ausnahmsweise zur Vermeidung von Unbilligkeiten nicht verpflichtet sind, eine Rente wegen Alters vorzeitig in Anspruch zu nehmen. Von dieser Ermächtigung wurde durch die Unbilligkeits-V Gebrauch gemacht. Die Verordnung legt in §§ 2 bis 5 Fälle fest, in denen die Inanspruchnahme einer vorzeitigen Rente wegen Alters unbillig wäre. Der Unbilligkeits-V kommt insoweit ermessensleitende Funktion zu (Knickrehm/Hahn in Eicher, Kommentar zum SGB II, 3. Aufl. 2013 § 12a Rn. 4, 10). Denn weder § 5 Abs. 3 S. 1 SGB II noch § 12a SGB II normieren auf Tatbestandebene eine Voraussetzung für die Pflicht zur Inanspruchnahme einer Altersrente, die durch die Unbilligkeitsverordnung ausgefüllt werden könnte, so dass diese nur der Rechtsfolgenseite und damit dem Ermessen zugeordnet werden kann.

Vorliegend ist keiner der in §§ 2 bis 5 Unbilligkeits-V festgelegten Fälle der Unbilligkeit der Inanspruchnahme einer vorzeitigen Altersrente einschlägig. Nach § 2 wäre die Inanspruchnahme der Altersrente unbillig, wenn und solange sie zum Verlust eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld führen würde, nach § 3 wenn in nächster Zukunft die Altersrente abschlagsfrei in Anspruch genommen werden kann. Da der Kläger bei Vollendung des 63. Lebensjahres am 15.01.2013 keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld I hatte und er eine Regelaltersrente erst ab 01.06.2015 bzw. eventuell eine abschlagsfreie Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeit erst ab 01.02.2015 in Anspruch nehmen kann, liegen die Voraussetzungen der §§ 2 und 3 Unbilligkeits-V nicht vor. Nach § 4 liegt Unbilligkeit vor, solange der Hilfebedürftige sozialversicherungspflichtig beschäftigt ist oder aus sonstiger Erwerbstätigkeit ein entsprechend hohes Einkommen erzielt. Dies gilt nur, wenn die Beschäftigung oder sonstige Erwerbstätigkeit den vorwiegenden Teil der Arbeitskraft in Anspruch nimmt. Nach § 5 Abs. 1 der Verordnung liegt Unbilligkeit auch vor, wenn der Hilfebedürftige durch Vorlage eines Arbeitsvertrages oder einer anderen ebenso verbindlichen schriftlichen Zusage glaubhaft macht, dass er in nächster Zukunft eine Erwerbstätigkeit gemäß § 4 aufnehmen und nicht nur vorübergehend ausüben wird. Der Kläger hat vorliegend durch eine Bestätigung des Universitätsklinikums M. vom 26.11.2012 sowie durch Vorlage einer entsprechenden Vereinbarung zwar nachgewiesen, dass er ab dem 01.06.2013 für die Dauer von zwölf Monaten dort den Bundesfreiwilligendienst ableisten kann. Allerdings fällt der Bundesfreiwilligendienst nicht unter den Begriff der Erwerbstätigkeit im Sinne von §§ 4 und 5 Unbilligkeits-V. Denn nach dem Referentenentwurf zur Unbilligkeits-V tragen diese Unbilligkeitsgründe dem Umstand Rechnung, dass das Leistungsrecht der Grundsicherung für Arbeitsuchende vorrangig das Ziel hat, erwerbsfähige Hilfebedürftige in Arbeit einzugliedern. Eine solche Eingliederung in Arbeit erfolgt durch den Bundesfreiwilligendienst nicht. Denn dieser ist nicht primär auf eine Erwerbstätigkeit der Freiwilligen ausgerichtet. Es handelt sich hierbei um einen öffentlichen Dienst des Bundes eigener Art (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 27.08.2012, L 13 AS 2352/12 ER-B, in Juris), der gemäß § 1 Bundesfreiwilligendienstgesetz (BFDG) insbesondere der Förderung des Allgemeinwohles dient.

Allerdings sind die Unbilligkeitsgründe gemäß § 2 bis 5 Unbilligkeits-V nicht abschließend, so dass bei Nichtvorliegen der geregelten Unbilligkeitsgründe eine vollumfängliche Ermessensausübung des Beklagten erforderlich ist (Geiger in LPK-SGB II, § 12a Rn. 6; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19.05.2014, a.a.O.; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27.09.2013, a.a.O; SG Dresden, Beschluss vom 21.02.2014 a.a.O; a.A. SG Leipzig, Gerichtsbescheid vom 13.05.2014, S 17 AS 4284/ 13, in Juris; im Ergebnis offen gelassen: LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 22.05.2013, L 19 AS 291/13 B ER, in Juris). Dem schließt sich der Senat an. Denn § 1 der Unbilligkeits-V enthält einen eigenständigen Grundsatz, wonach Hilfebedürftige nach Vollendung des 63. Lebensjahres nicht verpflichtet sind, eine Rente wegen Alters vorzeitig in Anspruch zu nehmen, wenn die Inanspruchnahme unbillig ist. Die nachfolgenden §§ 2 bis 5 enthalten exemplarisch solche Unbilligkeitsgründe, ohne diese abschließend zu regeln. Diese Systematik zeigt, dass auch weitere als die aufgeführten Unbilligkeitsgründe denkbar sind. Auch verwendet die Unbilligkeits-V in § 3 und § 5 den unbestimmten Rechtsbegriff "in nächster Zukunft". Der Begründung des Referentenentwurfes zur Unbilligkeits-V ist zu entnehmen, dass dies einen Zeitraum von bis zu drei Monaten erfassen soll. Diese konkrete Zeitvorgabe hat jedoch keinen Eingang in die Unbilligkeits-V gefunden, woraus sich schließen lässt, dass dieser lediglich ermessenslenkende Funktion zukommt, und im Rahmen des Ermessens, je nach den konkret vorliegenden Umständen des Einzelfalles, auch ein längerer Zeitraum bis zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit oder der Inanspruchnahme einer abschlagsfreien Altersrente zulässig sein kann. Die Unbilligkeits-V kann zur Überzeugung des Senats auch deshalb nicht abschließend sein, da in diesem Fall die Ermessensausübung des SGB II-Trägers verkürzt wäre auf vier durch Rechtsverordnung vorgeschriebene Fälle der Ermessensreduzierung auf Null. Dies würde jedoch der Funktion des eingeräumten Ermessens, die Möglichkeit der Abwägung aller Belange des konkreten Einzelfalles unter Berücksichtigung der Intention des Gesetzgebers, nicht gerecht. Der Beklagte hätte daher in den streitgegenständlichen Bescheiden dahingehend Ermessen ausüben müssen, ob besondere Umstände des Einzelfalles vorliegen, die ausnahmsweise zu einer Unbilligkeit der Inanspruchnahme einer Altersrente führen und ob diese daher erst zu einem späteren Zeitpunkt als dem 63. Lebensjahr in Anspruch zu nehmen ist. Da der Beklagte nur die Unbilligkeits-V geprüft, aber sonst kein Ermessen ausgeübt hat, ist eine Ermessensunterschreitung gegeben, die zur Rechtswidrigkeit der streitgegenständlichen Bescheide führt. Zwar sind Ermessensentscheidungen vom Gericht nach § 54 Abs. 2 S. 2 SGG nicht uneingeschränkt überprüfbar. Rechtswidrig sind Ermessensentscheidungen jedoch bei einem Ermessensnichtgebrauch, d.h. wenn die Behörde ihr Ermessen nicht ausgeübt oder im Bescheid nicht zum Ausdruck gebracht hat, bei einer Ermessensunterschreitung, d.h. wenn die Verwaltung ihr Ermessen zu eng eingeschätzt hat, einer Ermessensüberschreitung, d.h. wenn eine Rechtsfolge gesetzt wird, die in der Regelung nicht vorgesehen ist und beim Ermessensfehlgebrauch (Keller in Meyer-Ladewig, Kommentar zum SGG, 10. Aufl. 2012, § 54 Rn 27). Vorliegend liegt eine Ermessensunterschreitung vor, da der Beklagte im Bescheid vom 29.11.2012 kein Ermessen ausgeübt und im Widerspruchsbescheid vom 28.01.2013 nur die Voraussetzungen der Unbilligkeits-V geprüft hat. Der Beklagte ist unzweifelhaft davon ausgegangen, dass bei Nichtvorliegen der vier in der Unbilligkeits-V geregelten Fälle kein Ermessen mehr auszuüben ist. Diese Ermessensunterschreitung ist auch nicht durch eine Ermessensreduzierung auf Null zu Lasten des Klägers zu rechtfertigen. Denn es liegen besondere Umstände des Einzelfalles vor, aufgrund derer eine Ermessensausübung zu Gunsten des Klägers zumindest nicht ausgeschlossen ist. Wie aus §§ 2, 4 und 5 Unbilligkeits-V zu ersehen ist, kann die Unbilligkeit daraus resultieren, dass der Leistungsempfänger durch die vorzeitige Inanspruchnahme der Altersrente nicht nur Abschläge in Kauf nehmen muss, sondern ihm zusätzlich weitere zu erwerbende Rentenversicherungsbeiträge (die nicht durch den SGB II-Träger gezahlt werden) verlustig gehen. Denn sowohl im Rahmen des Bezugs von Arbeitslosengeld I als auch im Rahmen einer sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit gemäß §§ 4, 5 Unbilligkeits-V werden zusätzliche Rentenversicherungsbeiträge erworben. Nach der vom Kläger geschlossenen Vereinbarung mit der Bundesrepublik Deutschland wurden während des Bundesfreiwilligendienstes monatliche Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 160,57 EUR entrichtet. Mit Bescheid vom 13.08.2014 bewilligte die Bundesagentur für Arbeit dem Kläger ab 01.09.2014 bis 28.02.2015 Arbeitslosengeld I von dem wiederum Rentenbeiträge abgeführt werden. Den Anspruch auf Arbeitslosengeld I hat der Kläger durch den Bundesfreiwilligendienst erworben, was aufgrund der von Anfang an feststehenden Mindestlänge des Bundesfreiwilligendienstes von zwölf Monaten bei Erlass der streitgegenständlichen Bescheide bereits absehbar war. Sowohl während des Bundesfreiwilligendienstes als auch während des Bezuges von Arbeitslosengeld I, trägt der Kläger zu seinem Lebensunterhalt bei, der nicht vollumfänglich durch den Beklagten gesichert werden muss. Der Kläger erhielt während des Bundesfreiwilligendienstes ein Taschengeld von 250,00 EUR sowie einen Verpflegungskostenzuschuss von 224,00 EUR, sodass insgesamt Zahlungen über der Geringfügigkeitsgrenze des § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV geleistet wurden. Ab dem 01.09.2014 erhält er 252,30 EUR Arbeitslosengeld I monatlich. Auch ist zu beachten, dass die Einführung des Bundesfreiwilligendienstes nach dem gesetzgeberischen Willen mit dem Ziel einer Förderung des bürgerschaftlichen Engagements sowie der Stärkung der bestehenden zivilgesellschaftlichen Strukturen für alle Generationen eingeführt wurde (BT-Drs. 17/4803 S. 12). Weiterhin sollte durch eine Freibetragsregelung die Motivation von Personen, die Arbeitslosengeld II beziehen, gestärkt werden, an einem Bundesfreiwilligendienst teilzunehmen (BT-Drs. 17/4803 S. 21). Insoweit war zunächst aufgrund der Fassung der Arbeitslosengeld II-Sozialgeldverordnung (Alg II-V) vom 28.04.2011 vom Taschengeld ein Betrag von 60,00 EUR abzusetzen. Aufgrund der Änderung der Alg II-V vom 19.12.2011 (BGBl. I S. 2833) mit Wirkung vom 01.01.2012 ist nunmehr von dem Gesamtbetrag der gewährten Leistungen im Bundesfreiwilligendienst ein Betrag von 175,00 EUR bzw. seit 01.01.2013 (Änderung vom 21.03.2013, BGBl. I, 556) ein Betrag von 200,00 EUR anstelle der Beträge nach § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 bis 5 SGB II abzusetzen (§ 1 Abs. 7 Alg II-V). Insoweit besteht eine gesetzgeberische Grundentscheidung, dass die Absolvierung des Bundesfreiwilligendienstes für Leistungsempfänger nach dem Zweiten Buch und auch für ältere Generationen ausdrücklich gewünscht ist. Auch hat der Beklagte nicht berücksichtigt, dass der genannte Freibetrag für den Bundesfreiwilligendienst nur im Rahmen des SGB II Anwendung findet. Eine entsprechende Regelung findet sich im Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) nicht. Insoweit hätte der Beklagte ermitteln müssen, ob eine ergänzende Leistungsgewährung nach dem SGB XII erforderlich wird, da eine daraus folgende Reduzierung des Freibetrages im Hinblick auf die Vergütung aus dem Bundesfreiwilligendienst in das Ermessen einzustellen gewesen wäre (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19.05.2014, a.a.O). Hinzu kommt, dass der Beklagte am 18.10.2012 mit dem Kläger eine bis 17.04.2013 gültige Eingliederungsvereinbarung abgeschlossen hat, aufgrund derer der Kläger umfangreiche Bewerbungsbemühungen bis zum 17.04.2013 unaufgefordert vorlegen musste. Dieser Zeitpunkt lag über drei Monate nach Erreichen des 63. Lebensjahres und damit auch nach dem geforderten Beginn der Altersrente. Insoweit liegt zumindest ein widersprüchliches Verhalten des Beklagten vor, das eine Ermessensabwägung im Hinblick auf die Frage erfordert hätte, ob aufgrund der geschlossenen Eingliederungsvereinbarung ein Rentenantragstellung erst für die Zeit nach dem 17.04.2013 zumutbar ist (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27.09.2013, a.a.O.). Denn mit der Aufforderung zur Rentenantragstellung bringt der Beklagte zum Ausdruck, dass er die Vermittlung des Klägers in den Arbeitsmarkt als gescheitert ansieht und eine längerfristige berufliche Integration ab dem 63. Lebensjahr nicht mehr zu erwarten ist. Dies steht im Widerspruch zu dem vorangegangenen Verhalten des Beklagten, der kurz vor Aufforderung zur Rentenantragstellung mit dem Kläger eine Eingliederungsvereinbarung und damit einen öffentlich-rechtlichen Vertrag abgeschlossen hat, der beide Beteiligte bindet (Berlit in LPK- SGB II, § 15 Rn. 8 ff) und in dem der Kläger, ohne dass die Verpflichtung zur Rentenantragstellung thematisiert wird, verpflichtet wurde, sich über das 63. Lebensjahr zu bewerben und aktiv an dem Projekt Perspektive 50 plus teilzunehmen, wofür der Beklagte ihm Unterstützung für die Integration in den ersten Arbeitsmarkt zugesagt hat. Da der Kläger bei Abschluss der Eingliederungsvereinbarung noch keine Kenntnis von der beabsichtigten Rentenantragstellung hatte, konnte er dies nicht in die Verhandlungen zur Eingliederungsvereinbarung einbringen. Insoweit hätte der Beklagte zumindest abwägen müssen, ob dies ein hinreichender Grund für eine Verschiebung des geforderten Altersrentenbeginns ist.

Ob die genannten Besonderheiten des vorliegenden Einzelfalles dazu führen, dass der Kläger eine vorzeitige Altersrente nicht oder erst zu einem späteren Zeitpunkt als dem 63. Lebensjahres in Anspruch nehmen muss, ist vom Senat nicht zu entscheiden. Das Gericht darf bei der Ermessensüberprüfung nicht sein eigenes Ermessen an die Stelle des Verwaltungsermessens setzen (Keller a.a.O., Rn. 28). Die Rechtswidrigkeit des streitgegenständlichen Bescheides ergibt sich allein aus der fehlerhaften Ermessensentscheidung des Beklagten. Die vorliegende Ermessensunterschreitung wurde auch nicht im Gerichtsverfahren durch ein Nachschieben von Ermessenserwägungen geheilt. Unabhängig davon, dass ein Ermessensakt nicht aus Gründen aufrecht erhalten werden darf, die der Ermessensentscheidung der Verwaltung nicht zugrunde lagen (Keller a.a.O. Rn 36), so dass eine Heilung im Gerichtsverfahren im vorliegenden Fall nicht mehr möglich gewesen wäre, hat der Beklagte auch keine entsprechende Erwägungen im Gerichtsverfahren angestellt. Ein Nachschieben von Gründen während des Verfahrens erfolgte nicht.

Nach alldem ist der Bescheid vom 29.11.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.01.2013 rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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