L 1 R 419/12

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 46 R 390/11
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 1 R 419/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 13. September 2012 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten im Berufungsverfahren zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Anrechnung eines ausgezahlten Wertguthabens aus einer Altersteilzeitvereinbarung als Hinzuverdienst auf eine Erwerbsminderungsrente im Streit.

Die am ... 1952 geborene Klägerin ist ausgebildete Diplom-Lehrerin und war zuletzt als Lehrerin am Gymnasium in G. tätig. Sie schloss mit ihrem Arbeitgeber, dem Land Sachsen-Anhalt, eine Altersteilzeitvereinbarung in Form des modifizierten Blockmodells für den Zeitraum 01. Juni 2007 bis 31. Mai 2017 ab. Es war eine Arbeitsphase vom 01. Juni 2007 bis 31. Juli 2013 mit einer Wochenarbeitszeit von 18,64 Stunden und einer sich anschließenden Freistellungsphase bis zum 31. Mai 2017 vorgesehen.

Die Klägerin stellte am 02. Januar 2008 einen Antrag auf Rehabilitationsleistungen, worauf die Beklagte ihr vom 10. Januar 2008 bis 20. März 2008 eine medizinische Reha-Maßnahme in der MEDIAN Klinik NRZ M. bewilligte. Der Arbeitgeber leistete aufgrund einer Arbeitsunfähigkeit der Klägerin Entgeltfortzahlung bis 17. Februar 2008 und anschließend bis zum 05. Oktober 2008 einen Zuschuss zum Krankengeld. Nach Einholung eines Gutachtens der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. F. vom 29. Februar 2009 wertete die Beklagte den Rehabilitationsantrag der Klägerin nach § 116 Abs. 2 Nr. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung – (SGB VI) als Antrag auf Rente. Die Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 19. Mai 2009 Rente wegen voller Erwerbsminderung vom 01. Januar 2008 bis zum 31. Mai 2017 (Erreichen der Regelaltersgrenze). Für den Zeitraum ab 01. Juli 2009 belief sich der monatliche Zahlbetrag der Erwerbsminderungsrente auf 998,21 Euro.

Die Oberfinanzdirektion M. teilte auf Anfrage der Beklagten mit Schreiben vom 20. Januar 2010 mit, das Beschäftigungsverhältnis der Klägerin sei zum 31. Mai 2009 beendet worden. Es sei ein nicht vereinbarungsgemäß verwendetes Brutto-Wertguthaben nach dem Altersteilzeitvertrag in Höhe von 7.225,80 Euro entstanden. Die Auszahlung an die Klägerin sei zum 30. September 2009 erfolgt. Die Beklagte hörte die Klägerin mit Schreiben vom 22. Februar 2010 zur vorgesehenen teilweisen Aufhebung des Bescheides vom 19. Mai 2009 und der Rückforderung der Rente für den Monat September 2009 in Höhe von 748,66 Euro an. Es liege durch das ausgezahlte Wertguthaben ein Hinzuverdienst vor, der die Hinzuverdienstgrenzen nach § 96a SGB VI überschreite.

Mit Bescheid vom 24. Februar 2010 stellte die Beklagte die Rente rückwirkend ab 01. Januar 2008 neu fest. Der monatliche Zahlbetrag ab 01. April 2010 betrage 1.008,52 Euro, für die Vergangenheit ergebe sich eine Nachzahlung von 250,28 Euro. Dabei berücksichtigte die Beklagte für den Monat September 2009 bereits den Hinzuverdienst und wies nur einen verbleibenden Rentenzahlbetrag von 252,14 Euro aus.

Mit Bescheid vom 05. Mai 2010 berechnete die Beklagte die Rente wegen voller Erwerbsminderung zum 01. September 2009 neu und stellte wegen Überschreitens des zulässigen Hinzuverdienstes eine zu erstattende Überzahlung für den Monat September 2009 in Höhe von 748,66 Euro fest. In Anlage 10 wird der Rentenbescheid vom 19. Mai 2009 hinsichtlich der Rentenhöhe für September 2009 nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 bis 4 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) aufgehoben. Die Klägerin könne sich nicht auf Vertrauensschutz berufen, da sie auf Grund der gegebenen Informationen hätte wissen müssen, dass der Bezug von Arbeitseinkommen Auswirkungen auf die Rentenhöhe haben könne. Das Wertguthaben sei nach § 96a SGB VI als Hinzuverdienst zu berücksichtigen. Eine Erstattung sei nur in Höhe von 630,58 Euro erforderlich, da sich durch die Neufeststellung der Rente noch ein Nachzahlbetrag von 118,08 Euro ergeben habe, der noch nicht ausgezahlt worden sei.

Am 04. Juni 2010 legte die Klägerin gegen den Bescheid vom 05. Mai 2010 Widerspruch ein. Sie bat um nähere Erläuterung, auf welcher Grundlage und wie die angegebene Überzahlung ermittelt worden sei. Die Beklagte verwies auf das Anhörungsschreiben vom 22. Februar 2010, in dem die maßgeblichen Angaben aufgeführt seien. Mit Schreiben vom 01. September 2010 gab die Klägerin an, es liege kein Hinzuverdienst vor. Das Wertguthaben sei bereits vor der Erkrankung und Berentung erarbeitet worden. Eine solche Nachzahlung stelle keinen Hinzuverdienst dar, der in der Rentenzeit erarbeitet worden wäre. Sie habe daher auch keine Meldepflichten verletzt. Mit dem Widerspruchsbescheid vom 31. März 2011 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Sie führte aus, durch die Zuerkennung einer Rente wegen Erwerbsminderung trete für das vorliegende Beschäftigungsverhältnis mit flexibler Arbeitszeitregelung ein Störfall ein, da das vereinbarte Beschäftigungsmodell vorzeitig geendet habe. Das angesparte Wertguthaben könne daher nicht mehr vertragsgemäß für die Freistellungsphase verwendet werden. Das Wertguthaben stelle Arbeitsentgelt im Sinne von § 14 Viertes Buch Sozialgesetzbuch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung – (SGB IV) dar und werde regelmäßig in einem Betrag ausgezahlt, ohne einmalig gezahltes Arbeitsentgelt nach § 23a SGB IV zu sein. Sofern das Beschäftigungsverhältnis nach Beginn der Rente noch bestanden habe, sei es dem Monat der Auszahlung zuzuordnen. Maßgeblich sei das Brutto-Wertguthaben vermindert um vom Arbeitnehmer zurückgeforderte Aufstockungsleistungen. Hätte das Beschäftigungsverhältnis vor dem Rentenbeginn geendet, dann wäre das Wertguthaben nicht als Hinzuverdienst nach § 96a SGB VI zu berücksichtigen gewesen. Eine atypische Fallgestaltung sei hier nicht erkennbar; von der Rückforderung des ermittelten überzahlten Betrages in Höhe von 748,66 Euro nach § 48 SGB X könne daher auch nicht teilweise abgesehen werden.

Am 15. April 2011 hat die Klägerin beim Sozialgericht Magdeburg (SG) Klage erhoben und vorgetragen, das gezahlte Wertguthaben sei kein Hinzuverdienst im Sinne von § 96a SGB VI, da es sich um die Vergütung ihrer Leistungen im Zeitraum 01. Juni 2007 bis 31. Mai 2009 handele. Es liege daher kein grob fahrlässiges Verhalten durch sie vor. Das Wertguthaben sei auch nicht im September 2009, sondern im November 2009 zugeflossen. Mit Urteil vom 13. September 2012 hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 05. Mai 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. März 2011 aufgehoben, soweit eine Überzahlung für den Monat September 2009 in Höhe von 748,66 Euro festgestellt wurde. Der angefochtene Bescheid sei rechtswidrig und beschwere die Klägerin. Die Hinzuverdienstgrenze nach § 96a SGB VI finde vorliegend keine Anwendung. Im Auszahlungsmonat sei die Klägerin nicht mehr beim Land Sachsen-Anhalt beschäftigt gewesen; das Beschäftigungsverhältnis sei bereits zuvor beendet worden. Das SG hat die Berufung zugelassen.

Gegen das am 05. Oktober 2012 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 26. Oktober 2012 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt eingelegt. Die Auszahlung des Wertguthabens nach Rentenbeginn sei als Hinzuverdienst zu berücksichtigen. Wertguthaben seien Arbeitsentgelte nach § 14 SGB IV, die dann nach § 96a SGB VI als Hinzuverdienst zu qualifizieren seien, wenn sie aus einem Beschäftigungsverhältnis stammten, das nach Rentenbeginn noch bestanden habe. Für das Andauern eines Beschäftigungsverhältnisses komme es auf die Erbringung einer Arbeitsleistung nicht an und es spiele auch keine Rolle, ob das Arbeitsentgelt während oder nach dem Beschäftigungsende ausgezahlt werde. Dies ergebe sich auch aus dem Vergleich mit dem anzurechnenden Gewinn aus einer Selbständigkeit trotz fehlender tatsächlicher Tätigkeit oder aber der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder Urlaub. Vorliegend sei das Beschäftigungsverhältnis erst nach dem Rentenbeginn am 01. Januar 2008 beendet worden, so dass ein Hinzuverdienst aus dieser Beschäftigung anzurechnen sei. Die Hinzuverdienstgrenzen bei Erwerbsminderungsrenten sollten gerade ein unbegrenztes Hinzuverdienen durch eine unzumutbare Tätigkeit auf Kosten der Gesundheit einschränken. Hierdurch werde auch verhindert, dass das Gesamteinkommen durch Rente und Hinzuverdienst das Einkommen vor dem Erwerbsminderungseintritt bei weitem übersteige, zumal die Erwerbsminderungsrente den ausfallenden Lohn ersetzen solle. Werde aber Lohn gezahlt, bestehe nach § 96a SGB VI kein Bedarf für eine zusätzliche Rente.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 13. September 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 13. September 2012 zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil des SG für zutreffend und verweist auf die zwischenzeitlich ergangenen Entscheidungen des Bundessozialgerichts (BSG). Vorliegend sei das Arbeitsverhältnis zum 31. Mai 2009 beendet worden. Die Klägerin habe daher kein Arbeitsentgelt aus einer tatsächlichen Arbeitsleistung, wie in § 96a SGB VI gefordert, bezogen. Zum Auszahlungszeitpunkt habe keine Beschäftigung mehr vorgelegen.

Auf Nachfrage des Senats hat die Klägerin ein Schreiben der Oberfinanzdirektion M., Bezügestelle D. vom 21. Mai 2010 vorgelegt. Hierin wird ein Zeitguthaben von 7.225,80 Euro bestätigt, welches im September 2009 zur Auszahlung gekommen sei. Aus der nachgereichten Entgeltmitteilung für November 2009 ergibt sich dagegen ein Auszahlungsbetrag von 4.536,22 Euro, der der Klägerin nach dem Kontoauszug vom 30. November 2009 am 27. November 2009 zugeflossen ist.

Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Beklagten ist nicht begründet. Das SG hat den rechtswidrigen Bescheid vom 05. Mai 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. März 2011 zu Recht aufgehoben, da dieser die Klägerin im Sinne der §§ 153 Abs. 1, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert.

1.

a)

Rechtsgrundlage für die Änderung des die Rente wegen voller Erwerbsminderung bewilligenden Bescheides vom 19. Mai 2009 hinsichtlich der Rentenhöhe im Monat September 2009 kann nur § 48 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 3 SGB X sein. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruches geführt haben würde. Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt hierbei in den Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum aufgrund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, nach § 48 Abs. 1 Satz 3 SGB X der Beginn des Anrechnungszeitraums.

Entgegen der Auffassung der Klägerin ist vorliegend § 45 SGB X nicht einschlägig. Die dem Bescheid vom 05. Mai 2010 zugrunde liegende Änderung ist in dem Bezug des Wertguthabens durch die Klägerin zu sehen. Dieses lag, unabhängig von dem tatsächlichen Zufluss im September 2009, wovon die Beklagte ausgeht, oder November 2009, wie die Klägerin vorträgt, jedenfalls nach Erlass des Bescheides vom 19. Mai 2009. Dieser war damit bei Erlass im Hinblick auf einen noch nicht bekannten (zukünftigen) Hinzuverdienst rechtmäßig. Etwas anderes ergibt sich auch nicht durch die spätere Neufeststellung der Rente mit dem Bescheid vom 24. Februar 2010 rückwirkend ab 01. Januar 2008. Dieser erging zwar nach dem Bezug des Wertguthabens, berücksichtigte allerdings für den hier streitigen Monat September 2009 bereits den Hinzuverdienst und wies nur einen verbleibenden Rentenzahlbetrag von 252,14 Euro aus.

b)

Es ist bereits zweifelhaft, ob mit dem angefochtenen Bescheid die Aufhebung der Rentenbewilligung für den Monat September 2009 – die der geltend gemachten Rückforderung zwingend vorausgehen muss – wirksam im Sinne des § 31 Satz 1 SGB X geregelt ist. Denn ein entsprechender Verfügungssatz findet sich im Tenor des Bescheides nicht. Vielmehr wird dies erst in Anlage 10 des Bescheides zum Ausdruck gebracht. Ob damit dem Bestimmtheitsgebot des § 33 Abs. 1 SGB X hinreichend Genüge getan ist, kann der Senat aber offen lassen, weil sich das Vorgehen der Beklagten aus anderen Gründen als rechtswidrig darstellt. Festzuhalten bleibt jedoch, dass trotz der offenen Formulierung in Anlage 10 des Bescheides ("ab dem 01. September 2009 aufgehoben") klar erkennbar ist, dass durch die Beklagte allein der Monat September 2009 aufgehoben wurde. So hat die Beklagte zum einen die Überzahlung nur für diesen Monat ausgewiesen und in ihrer Berechnung das Wertguthaben vollständig berücksichtigt. Zum anderen ist hinsichtlich der Rentenneuberechnung ab 01. Oktober 2009 nach der Anlage 1 auf einen weiteren Bescheid (vom 24. Februar 2010) verwiesen worden, so dass diese Monate gerade nicht Gegenstand der Aufhebungsentscheidung waren. Vielmehr trafen hier die Rentenneuberechnung rückwirkend ab 01. Januar 2008 und die Rentenaufhebung für September 2009 zeitlich nur zufällig aufeinander. Angefochten wurde durch die Klägerin jedoch allein die Aufhebungsentscheidung.

c)

Der angefochtene Bescheid ist hinsichtlich der Änderung der Rentenhöhe für den Monat September 2009 rechtswidrig, weil die von § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X vorausgesetzte wesentliche Änderung in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen in diesem Monat durch die Zahlung des Wertguthabens nicht eingetreten ist. Nach § 96a Abs. 1 SGB VI wird eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nur geleistet, wenn die Hinzuverdienstgrenze nicht überschritten wird. Sie wird nicht überschritten, wenn das Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen aus einer Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit oder vergleichbares Einkommen im Monat die in Absatz 2 genannten Beträge nicht übersteigt, wobei ein zweimaliges Überschreiten um jeweils einen Betrag bis zur Höhe der Hinzuverdienstgrenze nach Absatz 2 im Laufe eines jeden Kalenderjahres außer Betracht bleibt.

Nach den vorliegenden Unterlagen floss der Nettobetrag des Wertguthabens der Klägerin erst am 27. November 2009 zu. Dies ergibt sich aus dem vorgelegten Kontoauszug des Girokontos der Klägerin, der einen Betrag von 4.536,22 Euro ausweist. Dieser Betrag entspricht dem in der Entgeltmitteilung für November 2009 aufgeführten Auszahlungsbetrag. Für den Senat bestehen keine Zweifel, dass es sich insoweit um den Nettobetrag des Altersteilzeitguthabens von 7.225,80 Euro brutto handelte. Dies ergibt sich auch aus der rechten Spalte der Entgeltmitteilung, die für das Gesamtjahr 2009 kumuliert den Bruttobetrag von 7.225,80 Euro aufführt. Weitere Entgelte sind daher für die Klägerin durch die Oberfinanzdirektion, Bezügestelle D. für das Jahr 2009 nicht bescheinigt worden. Aus den Kontoauszügen, die die Klägerin in der mündlichen Verhandlung am 22. Mai 2014 vorgelegt hat, ergibt sich zudem für den Monat September 2009 kein Geldeingang. Für die Frage der Zuordnung der Auszahlung des Wertguthabens zu einem bestimmten Monat kommt es im Ergebnis nicht darauf an, ob auf das Altersteilzeitguthaben die beitragsrechtliche Regelung des § 23a oder § 23b SGB IV anzuwenden sind. Nach § 23a Abs. 1 Satz 2 SGB IV wäre einmalig gezahltes Arbeitsentgelt dem Entgeltabrechnungszeitraum zuzuordnen, in dem es gezahlt wird, soweit die Absätze 2 und 4 nichts Abweichendes bestimmen. Nach § 23a Abs. 2 SGB IV ist einmaliges Arbeitsentgelt, das nach Ende eines Beschäftigungsverhältnisses gezahlt wird, dem letzten Entgeltabrechnungszeitraum des laufenden Kalenderjahres zuzuordnen, auch wenn dieser nicht mit Entgelt belegt ist. Das Beschäftigungsverhältnis der Klägerin endete hier zum 31. Mai 2009. Daraus ergibt sich, dass bei Anwendung der Regelung des § 23a SGB IV das Wertguthaben als Hinzuverdienst entweder im November 2009 oder Dezember 2009 anzurechnen wäre. Wenn dagegen die Regelung des § 23b Abs. 2 Satz 7 und 8 SGB IV angewendet wird, wären die Beiträge mit den Beiträgen der auf das Ende des Beschäftigungsverhältnisses folgenden Entgeltabrechnung fällig. Dies wäre hier bei einer Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses zum Ende Mai 2009 damit die Entgeltabrechnung Juni 2009.

Wenn die genannten beitragsrechtlichen Regelungen nicht berücksichtigt werden würden, könnte zum einen eine Anrechnung als Hinzuverdienst im Monat der Auszahlung erfolgen. Hiervon geht die Beklagte nach den Ausführungen auf Seite 3 des Widerspruchsbescheides vom 31. März 2011 selbst aus. Der Auszahlungsmonat war hier aber der November 2009. Zum anderen kommt eine Anrechnung nach dem Rechtsanspruchs- bzw. Fälligkeitsprinzip in Betracht (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 26. März 2003 – L 8 RJ 139/02 – juris, Rdnr. 35). Fällig war der Anspruch auf Zahlung des Wertguthabens gemäß § 9 Abs. 3 des Tarifvertrages zur Regelung der Altersteilzeitarbeit im Bereich der Landesverwaltung Sachsen-Anhalts mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Dieses endete zum 31. Mai 2009, so dass die Fälligkeit am 01. Juni 2009 vorlag.

Im Ergebnis scheidet jedenfalls eine Anrechnung als Hinzuverdienst im September 2009 nach allen Varianten aus. Die Beklagte hat sich offenbar auf die Bescheinigung der Oberfinanzdirektion M. vom 20. Januar 2010 verlassen, die eine Auszahlung zum September 2009 aufführte, die jedoch gerade nicht erfolgt ist.

d)

Darüber hinaus geht der Senat davon aus, dass es sich bei dem ausgezahlten Wertguthaben, das die Klägerin in der Aktivphase des Blockmodells der flexiblen Alterszeitregelung angespart hat, zwar um Arbeitsentgelt im Sinne von § 96a SGB VI handelt. Maßgeblich für die Beurteilung, ob Arbeitsentgelt erzielt wurde, ist § 14 SGB IV. Arbeitsentgelt sind danach alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Diese Voraussetzungen erfüllt das ausgezahlte Wertguthaben. Allerdings resultiert das Arbeitsentgelt nicht aus einer Beschäftigung im Sinne von § 96a SGB VI, so dass kein Hinzuverdienst vorliegt.

Der Begriff der Beschäftigung im Sinne des § 96a SGB VI entspricht der im § 7 SGB IV definierten Beschäftigung. Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Auch die Rechtsprechung des BSG hat ein Beschäftigungsverhältnis bei Fehlen der tatsächlichen Arbeit regelmäßig nur angenommen, wenn die charakteristischen Merkmale der Beschäftigung (weiterhin) gegeben waren, insbesondere die persönliche Abhängigkeit, die sich in der Verfügungsbefugnis des Arbeitgebers und der Dienstbereitschaft des Arbeitnehmers ausdrückt (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 18. April 1991 – 7 RAr 106/90 – juris). Dies war bei Auszahlung des Wertguthabens im November 2009 (auch bei der Annahme der Auszahlung im September 2009) nicht mehr der Fall, weil das Arbeitsverhältnis der Klägerin zum Land Sachsen-Anhalt mit Ablauf des 31. Mai 2009 beendet war. Dies wurde durch den Arbeitgeber mit dem Schreiben vom 20. Januar 2010 bestätigt. Nach § 33 Abs. 2 Satz 1 des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) endete das Beschäftigungsverhältnis mit Ablauf des Monats, in dem der Rentenbescheid zugestellt wird, wonach die Beschäftigte voll erwerbsgemindert ist. Der Rentenbescheid vom 19. Mai 2009 ist der Klägerin am 22. Mai 2009 zugegangen.

§ 96a SGB VI wurde in seiner ursprünglichen Fassung mit Wirkung zum 01. Januar 1996 durch Gesetz vom 15. Dezember 1995 (BGBl I 1995, 1824) geschaffen. Die Einführung der Hinzuverdienstgrenze bewirkt, dass eine Arbeit auf Kosten der Gesundheit für die Ermittlung der Höhe des Hinzuverdienstes berücksichtigt werden muss (Bundestags-Drucksache 13/2590, S. 19, 20, 23). Dort wurde ausgeführt:

"Das geltende Recht der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit kennt bisher keine Hinzuverdienstgrenzen und ermöglicht dadurch dem Versicherten, neben einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit rentenunschädlich auf Kosten seiner Gesundheit hinzuzuverdienen. Diese Rechtslage führt in etlichen Fällen zu dem unbefriedigenden Ergebnis, dass der Versicherte durch Rente und Hinzuverdienst ein Gesamteinkommen erzielen kann, das das vor Eintritt der Erwerbsminderung erzielte Einkommen bei weitem übersteigt. In diesen Fällen hat die Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit keinerlei Lohnersatzfunktion mehr, weil ein durch die Erwerbsminderung eingetretener Einkommensverlust, den es zu ersetzen gilt, nicht besteht.

Die Rente wegen Berufsunfähigkeit ersetzt in diesen Fällen nur noch den durch die Ausübung einer unzumutbaren Tätigkeit eingetretenen Prestigeverlust, die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit stellt lediglich eine Art Entschädigung dafür dar, dass der Versicherte auf Kosten seiner Gesundheit arbeitet. Eine derartige Prestige- und Entschädigungsfunktion der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit ist aber von der ursprünglichen Zielsetzung der gesetzlichen Regelungen nicht gedeckt.

Diese Ergebnisse stehen vielmehr im Widerspruch zur Lohnersatzfunktion, die wesentliche Aufgabe der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit ist. Zielsetzung der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit ist es, dem in seiner Erwerbsfähigkeit geminderten Versicherten den Lohn, der aufgrund der Minderung der Erwerbsfähigkeit nicht mehr erzielt werden kann, in einem Umfang zu ersetzen, der der lebensstandardsichernden Funktion der Rente entspricht. Diese grundsätzliche Funktion der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit ist in der Vergangenheit sowohl durch die Rechtsprechung zur so genannten Arbeit auf Kosten der Gesundheit als auch durch die tatsächlichen Möglichkeiten, neben einer Rente wegen Berufsunfähigkeit unbegrenzt hinzuverdienen zu können, ausgehöhlt worden. Deshalb soll die Lohnersatzfunktion durch die Einführung von Hinzuverdienstgrenzen für die Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit auf ihre wesentliche Aufgabe zurückgeführt werden.

Um den Forderungen des Bundesrechnungshofes wenigstens teilweise gerecht zu werden, wird die Möglichkeit, durch die so genannte Arbeit auf Kosten der Gesundheit neben einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit hinzuzuverdienen, eingeschränkt und eine Hinzuverdienstgrenze für diese Rente eingeführt. Denn ausgehend von der Zielsetzung der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, den durch die Minderung der Erwerbsfähigkeit eingetretenen Einkommensverlust auszugleichen, gibt es keine Rechtfertigung dafür, ein Einkommen, das durch eine Arbeit auf Kosten der Gesundheit erzielt wird, unberücksichtigt zu lassen."

§ 96a SGB VI setzt damit ein Arbeitsentgelt aus einer tatsächlichen Arbeitsleistung während des Bezuges der Rente voraus. Es soll das Arbeitsentgelt aus einer neben dem Rentenbezug auf Kosten der Gesundheit geleisteten Arbeit angerechnet werden. Die Voraussetzungen einer Beschäftigung lagen im Zeitpunkt der Auszahlung des Wertguthabens im Monat im November 2009 (auch bei der Annahme der Auszahlung im September 2009) aber nicht vor. Diese Auslegung des § 96a SGB VI wird auch durch die Entscheidungen des BSG vom 10. Juli 2012 (B 13 R 81/11 R und B 13 R 85/11 R – juris) bestätigt. Das BSG geht davon aus, dass einmalig gezahltes Arbeitsentgelt, das dem Versicherten nach Rentenbeginn aufgrund arbeits- bzw. tarifvertraglicher Regelung bei ruhendem Arbeitsverhältnis, zu diesem Zeitpunkt aber bereits unterbrochener oder beendeter Beschäftigung (nachträglich) noch zufließt, im Rahmen des § 96a Abs. 1 SGB VI unberücksichtigt bleibt. Auch das BSG verweist darauf, dass nach den Vorstellungen des Gesetzgebers "rentenschädlich" grundsätzlich nur ein Hinzuverdienst aus einer "Arbeit" des Versicherten (gleichzeitig) "neben" der Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit sein soll, also Arbeitsentgelt, das der Versicherte durch Arbeitsleistung aus einer nach Rentenbeginn noch bestehenden Beschäftigung erzielt habe (vgl. Urteil vom 10. Juli 2012 – B 13 R 81/11 R – juris, Rdnr. 48). Umgekehrt bedeute dies aber auch, dass Arbeitsentgelte, die dem Rentenempfänger nach Aufgabe der Beschäftigung (Unterbrechung oder Beendigung) für Zeiten vor Rentenbeginn noch zufließen, nicht als Hinzuverdienst im Sinne des § 96a Abs. 1 SGB VI zu berücksichtigen sind.

In den vom BSG entschiedenen Fällen lag der Rentenbeginn in der Zukunft, es trat zugleich ein Ruhen des Arbeitsverhältnisses und auch des Beschäftigungsverhältnisses ein. Eine Arbeitsleistung neben der Rente erfolgte nicht. Im vorliegenden Verfahren konnte durch die rückwirkende Bewilligung der Rente mit dem Bescheid vom 19. Mai 2009 zum 01. Januar 2008 ein Ruhen nicht eintreten, vielmehr endete das Arbeitsverhältnis unmittelbar zum 31. Mai 2009. Allein der Umstand einer rückwirkenden Rentenbewilligung kann jedoch nach Auffassung des Senats nicht dazu führen, dass von völlig unterschiedlichen Sachverhaltskonstellationen auszugehen wäre. Maßgeblich ist vielmehr, ob das Einkommen einem Monat zuzuordnen ist, während dem noch ein Beschäftigungsverhältnis bestand. Demzufolge war z.B. ohne weiteres die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall im Januar 2008, wie von der Beklagten auch umgesetzt, als Hinzuverdienst im Januar 2008 bei der (rückwirkenden) Rentenberechnung zu berücksichtigen. Für den vorliegenden Fall des Zuflusses des Wertguthabens nach einem Störfall des Altersteilzeitverhältnisses folgt daraus aber, dass die Auszahlung des Wertguthabens nach Ende des Beschäftigungsverhältnisses einer Einordnung als "Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen aus einer Beschäftigung" im Sinne des § 96a Abs. 1 Satz 2 SGB VI widerspricht.

Somit erweist sich der Bescheid vom 05. Mai 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. März 2011 hinsichtlich der Anrechnung des Wertguthabens als Hinzuverdienst als rechtswidrig. Dasselbe gilt hinsichtlich der zugleich verfügten Rückforderung. Denn bereits erbrachte Leistungen sind nach § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X nur zu erstatten, soweit ein Verwaltungsakt, der sie begründet hat, wirksam aufgehoben worden ist. Dies ist hier nicht der Fall.

2.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 183 Satz 1 SGG und folgt der Entscheidung in der Sache.

3.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1, 2 SGG bestehen nicht. Die Rückforderung der Beklagten für den Monat September 2009 war bereits aufgrund des tatsächlich für diesen Monat nicht vorliegenden Hinzuverdienstes aufzuheben.
Rechtskraft
Aus
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