L 15 SF 200/14

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
15
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 15 SF 200/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
wegen Entschädigung gem. § 4 JVEG
Ein Vorschuss gemäß § 3 JVEG kommt dann nicht in Betracht, wenn das persönliche Erscheinen des Klägers für die mündliche Verhandlung im Hauptsacheverfahren nicht angeordnet und sein Erscheinen auch nicht aus derzeitiger Sicht als geboten zu betrachten ist.
Die Gewährung eines Fahrtkostenvorschusses gemäß § 3 JVEG wird abgelehnt.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt einen Fahrtkostenvorschuss bzw. die Übersendung von Fahrkarten zwecks Teilnahme an einer für den 29.07.2014 angesetzten mündlichen Verhandlung.

Zugrunde liegt ein Streit aus dem Versorgungsrecht. Der Kläger macht im Berufungsverfahren mit dem Aktenzeichen L 15 VK 16/13 die Verschlimmerung von Folgen einer im Krieg erlittenen Schädigung geltend.

Dem Kläger ist Prozesskostenhilfe (PKH) bewilligt und Rechtsanwalt G. beigeordnet worden. Für den 29.07.2014 ist zur mündlichen Verhandlung geladen worden. Das persönliche Erscheinen des Klägers ist nicht angeordnet.

Mit Schreiben vom 11.07.2014 hat der Bevollmächtige des Klägers um einen Fahrtkostenvorschuss gebeten, da der Kläger Leistungen nach dem SGB XII beziehe und daher auf Hilfeleistung bezüglich der Fahrtkosten angewiesen sei.

Der Berichterstatter des Senats hat dem Bevollmächtigten mit Schreiben vom selben Tag erläutert, warum die Anordnung des persönlichen Erscheinens und ein Fahrtkostenvorschuss nicht in Betracht kämen.

Dazu hat der Bevollmächtigte mit Schreiben vom 14.07.2014 seine Ansicht kundgetan, dass er eine Inaugenscheinnahme des Klägers durch den Senat für geboten halte und sich ein Anspruch auf Fahrtkostenzuschuss auch aus einer (analogen) Anwendung der Regelungen zur PKH ergebe.

Der Berichterstatter hat daraufhin mit Schreiben vom 17.07.2014 mitgeteilt, dass er sich weiterhin außerstande sehe, das persönliche Erscheinen anzuordnen, und für einen Fahrtkostenvorschuss keinen Raum sehe.

Mit Schreiben vom 23.07.2014 hat der Bevollmächtigte des Klägers "Gegenvorstellung" erhoben und seinen bisherigen Vortrag sinngemäß nochmals wiederholt.

II.

Gegenstand dieses Beschlusses ist die Entscheidung über einen Fahrtkostenvorschuss nach den Regelungen des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes (JVEG). Über die Frage, ob im Zusammenhang mit den Regelungen zur PKH ein Fahrtkostenvorschuss zu gewähren ist, entscheidet der Senat der Hauptsache in einem gesonderten Beschluss.

Die Festsetzung der Entschädigung bzw. eines Vorschusses erfolgt gemäß § 4 Abs. 1 JVEG durch gerichtlichen Beschluss, wenn dies der Berechtigte oder die Staatskasse beantragt oder dies das Gericht für angemessen hält. Letzteres ist hier aufgrund der besonderen Dringlichkeit (mündliche Verhandlung bereits nächste Woche) der Fall.

Zuständig für die Entscheidung ist der 15. Senat des Bayer. Landessozialgerichts in seiner Eigenschaft als geschäftsplanmäßiger Kostensenat des Bayer. Landessozialgerichts.

Die Gewährung eines Reisekostenvorschusses gemäß § 3 JVEG kann nicht erfolgen, da die Voraussetzungen hierfür nicht erfüllt sind.

Im sozialgerichtlichen Verfahren kann sich aus § 3 JVEG ein Anspruch auf einen Fahrtkostenvorschuss ergeben, wenn es sich um ein gerichtskostenfreies Verfahren im Sinn des § 183 Sozialgerichtsgesetz (SGG) handelt. Denn Beteiligte eines gerichtskostenfreien sozialgerichtlichen Verfahrens im Sinn des § 183 SGG sind gemäß § 191 SGG wie Zeugen, d.h. nach den Vorschriften des JVEG, zu entschädigen, wenn ihr persönliches Erscheinen angeordnet worden ist. Ist das persönliche Erscheinen nicht angeordnet und erscheint der Beteiligte gleichwohl, steht eine Entschädigung im Ermessen des Gerichts, wenn das Gericht der Hauptsache das Erscheinen für geboten hält. Bejaht das Gericht der Hauptsache die Gebotenheit des Erscheinens nicht, kommt eine Entschädigung nicht in Betracht.

Ein Vorschuss gemäß § 3 JVEG scheitert vorliegend daran, dass das persönliche Erscheinen des Klägers für die mündliche Verhandlung im Hauptsacheverfahren nicht angeordnet und sein Erscheinen auch nicht aus derzeitiger Sicht als geboten zu betrachten ist.

Im vorliegenden Fall hat der Senat der Hauptsache das persönliche Erscheinen nicht angeordnet. Er hat wiederholt (vgl. Schreiben vom 11. und 17.07.2014) zum Ausdruck gebracht, dass die Voraussetzungen für die Anordnung des persönlichen Erscheinens nicht erfüllt sind. Ein Gebotensein des Erscheinens ist damit aus derzeitiger Sicht ausgeschlossen. Diese Einschätzung des Hauptsachesenats bindet auch den Kostensenat.

Lediglich vorsorglich und um potentiellen Einwänden des Klägers den Wind aus den Segeln zu nehmen, weist der Senat darauf hin, dass auch das Gebot des rechtlichen Gehörs und die Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes nicht die Anordnung seines persönlichen Erscheinens erfordern (vgl. Beschluss des Senats vom 20.05.2014, Az.: L 15 SF 87/14). Die Regelung des § 191 SGG eröffnet für einen Beteiligten nicht die Möglichkeit, eine Erstattung außergerichtlicher Kosten zu verlangen, die nach dem allgemeinen, rechtswegübergreifenden Grundsatz der Beteiligte dann selbst zu tragen hat, wenn ihm nicht der Prozessgegner als Unterliegender außergerichtliche Kosten zu erstatten hat (vgl. Beschluss des Senats vom 06.02.2014, Az.: L 15 SF 13/14). Zwar ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) eine weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes geboten, was sich aus Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip, das in Art. 19 Abs. 4 GG seinen besonderen Ausdruck findet, ergibt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13.06.1979, Az.: 1 BvL 97/78). Der Weg zur Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes kann aber nicht über eine Entschädigung nach dem JVEG gehen, sondern könnte nur über das Institut der Prozesskostenhilfe realisiert werden. Die aufgezeigte gesetzgeberische Entscheidung zur Kostentragung kann nicht durch eine Entschädigung entgegen dem Wortlaut des § 191 SGG konterkariert werden. Das Gebot des rechtlichen Gehörs geht auch nicht so weit, dass es einem Beteiligten ermöglicht werden müsste, seine Meinung in der mündlichen Verhandlung ohne irgendwelche eigene Kosten und damit zu Lasten der Allgemeinheit kund tun zu können.

Das Bayer. LSG hat über den Antrag auf gerichtliche Kostenfestsetzung gemäß § 4 Abs. 7 Satz 1 JVEG als Einzelrichter zu entscheiden gehabt.

Die Entscheidung ist unanfechtbar (§ 4 Abs. 4 Satz 3 JVEG). Sie ergeht kosten- und gebührenfrei (§ 4 Abs. 8 JVEG).
Rechtskraft
Aus
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