S 11 SF 63/01

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Frankfurt (HES)
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 11 SF 63/01
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die dem Kläger in dem Rechtsstreit vor dem Sozialgericht Frankfurt am Main (Az.: S-11/SB-1359/00) vom beklagten Land zu erstattenden Kosten werden auf
813,73 EURO (achthundertdreizehn 73/100 = DM 1.591,52) festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten über die Höhe der von dem beklagten Land zu erstattenden Kosten. Die am 13. April 2000 erhobene Klage richtete sich gegen den Bescheid vom 03. Dezember 1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. März 2000, durch den das beklagte Land den Grad der Behinderung (GdB) des Klägers nach dem Schwerbehindertengesetz (SchwbG) mit 30 festgestellt hatte.

Mit seiner Klage begehrte der Kläger die Feststellung eines GdB von mindestens 50.

Nach Einholung diverser Befundberichte und Beiziehung medizinischer Unterlagen kündigte das beklagte Land am 27. Juni 2001 an, dem Kläger einen neuen Bescheid zu erteilen und den GdB durch diesen ab Monat September 2000 mit 50 festzustellen. Daraufhin erklärte der Prozessbevollmächtigte durch den zugleich vom Kläger unterzeichneten Schriftsatz vom 11. Juli 2001 den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt.

Während das beklagte Land die Übernahme der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers bei Zugrundelegung der Mittelgebühr dem Grunde nach ankündigte, erklärte es sich hingegen nicht bereit, die geltend gemachte Erhöhungsgebühr nach § 116 Abs. 3 der Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung (BRAGO) zu erstatten. Die genannte Vorschrift finde bei voller Abhilfe keine Anwendung. Insoweit sei die Kostenforderung des Prozessbevollmächtigten unbillig. Durch Kostenfestsetzungsbeschluss vom 21. November 201 setzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle die vom beklagten Land zu erstattenden Kosten auf DM 895,52 fest. Unter Berücksichtigung der insoweit anzulegenden Maßstäbe sei der Ansatz der Mittelgebühr ausreichend und angemessen. Die geltend gemachte Erhöhung gemäß § 116 Abs. 3 BRAGO könne nur dann festgesetzt werden, wenn ein Prozessbevollmächtigter an der Erledigung des Rechtsstreits ursächlich mitgewirkt habe, wenn also besondere über das Normalmaß hinausgehende Bemühungen zur unstreitigen Erledigung des Verfahrens gegeben seien. Dies sei hier nicht der Fall, da dem Klagebegehren voll entsprochen worden sei.

Gegen den den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 26. November 2001 zugestellten Kostenfestsetzungsbeschluss haben diese am 30. November 2001 Erinnerung eingelegt. Bei der Feststellung des GdB von 50 habe es sich lediglich um ein Teilanerkenntnis des beklagten Landes gehandelt, da der genannte Behinderungsgrad nicht ab Antagstellung des Klägers festgestellt worden sei. Zudem sei ein GdB von mindestens 50 begehrt worden. Schließlich sei die Gebühr nicht überhöht, da in Anbetracht der Absätze 1 und 3 des § 116 BRAGO lediglich ein leicht über der Mittelgebühr liegender Betrag geltend gemacht werde. Das beklagte Land hat hierzu Stellung genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten, der Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen ist.

II.

Der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 21. November 2001 war abzuändern, denn im vorliegenden Fall ist die erhöhte Gebühr gemäß § 116 Abs. 3 Satz 2 BRAGO entstanden.

Nach § 197 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) setzt die Urkundsbeamtin / der Urkundsbeamte des Gerichts des ersten Rechtszuges auf Antrag der Beteiligten oder ihrer Bevollmächtigten den Betrag der zu erstattenden Kosten fest (Absatz 1 Satz 1). Gegen diese Entscheidung kann gemäß § 197 Abs. 2 SGG binnen eines Monats nach Bekanntgabe und - bei Zustellung oder Bekanntgabe des Kostenfestsetzungsbeschlusses außerhalb des Geltungsbereiches der SGG binnen 3 Monaten - im Wege der Erinnerung das Gericht angerufen werden, das sodann endgültig entscheidet (§ 197 Abs. 2 in Verbindung mit § 87 Abs. 1 Satz 2 SGG analog).

Zwar trifft es zu, dass die Erhöhungsgebühr ohne ein gesondertes Bemühen des Rechtsanwaltes um die Erledigung des Verfahrens nicht entsteht und eine bloße formelle Tätigkeit insoweit nicht ausreicht.

In diesem Zusammenhang mag zwar auch in Betracht zu ziehen sein, dass ein solches Bemühen in Fällen überflüssig ist, in denen ein Klaglosstellen in vollem Umfang erfolgte.

Im vorliegenden Fall hat jedoch weder das beklagte Land dem Klagebegehren in vollem Umfang entsprochen noch hat der Rechtsstreit auf eine bloße formelle Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten des Klägers seine Erledigung gefunden. Denn zum einen hatten die Prozessbevollmächtigten des Klägers beantragt, das beklagte Land zur Feststellung eines GdB von "mindestens" 50 zu verurteilen, wobei das Gericht einen solchen Antrag gerade in Rechtsstreiten für sachgerecht hält, in denen es um die Höhe des GdB geht, da für den Kläger und seinen Prozessbevollmächtigten in aller Regel nicht im Einzelnen zu überblicken ist, welcher genaue Gesamt-GdB für die bestehenden Funktionseinschränkungen letztlich festzustellen ist. Zudem aber betreffen die angefochtenen Bescheide die "Erstfeststellung" von Behinderungen, so dass mit dem angekündigten Klageantrag mangels anderweitigem ausdrücklichem Vortrag auch die Feststellung eines Mindest-GdB von 50 ab Antragstellung beim Versorgungsamt Frankfurt am Main im August 1999 begehrt worden war. Das beklagte Land hat den GdB von 50 durch Bescheid vom 07. August 2001 indes erst ab September 2000 mit 50 festgestellt. Die mit jener Feststellung verbundenen Rechtsvorteile kommen dem Kläger ausgehend von seiner Antragstellung also erst ein Jahr später zugute. Der Kläger ist demnach durch den genannten Bescheid nicht in vollem Umfang klaglos gestellt worden.

Auch ging die anwaltliche Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten des Klägers im vorliegenden Fall ersichtlich über die bloße Abgabe einer Erledigungserklärung hinaus. Denn dieser hat durch eine zusätzliche Tätigkeit dazu beigetragen, dass der Rechtsstreit nach Erreichen des Mindestklageziels wenngleich erst mit Wirkung ab September 2000 statt August 1999 - beendet wurde. Eine solche zusätzliche Tätigkeit ist schon deshalb offenkundig, weil der Prozessbevollmächtigte des Klägers letzteren aufgefordert hatte, die Beendigung des Verfahrens auf der Grundlage des erreichten Mindestziels (vgl. oben) zugleich unterschriftlich zu bestätigen wie sich aus dem Schriftsatz vom 11. Juli 2001 ergibt. Eine derartige Verfahrensweise erfordert aber zumindest eine zusätzliche - mündliche, fernmündliche oder schriftliche - Erläuterung. Diese ist als ein gesondertes Bemühen um die Erledigung des Klageverfahrens zu werten zumal der Kläger nicht in vollem Umfang klaglos gestellt war. Die anwaltliche Tätigkeit rechtfertigte somit die Gebühr nach § 116 Abs. 3 Satz 2 BRAGO. Als Mittelgebühr waren daher DM 1.025,00 in Ansatz zu bringen. Zwar hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers insoweit DM 1.300,00 angesetzt. Im Hinblick auf die ihm zuzugestehenden Toleranzgrenzen, wonach u.a. Abweichungen bis zu 20 % noch als verbindlich angesehen zu werden pflegen und Abstriche von weniger als DM 60,00 in der Regel ohnehin nicht vorgenommen werden sollen (vgl. Gerold/Schmidt/v. Eichen/Madert, Komm. zur BRAGO, 12. Aufl. 1995, § 12 RdNr. 9 u. § 116 RdNr. 9) darf die Kostenrechnung des Prozessbevollmächtigten des Klägers nicht als unbillig hoch i. S. d. § 12 Abs. 1 Satz 2 BRAGO eingestuft werden.

Es ergibt sich demnach folgende Kostenrechnung:

1. Gebühr gem. § 116 Abs. 3 Satz 2 i. V. m. § 116 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO 1.300,00 DM

2. Gebühr nach § 26 BRAGO 40,00 DM

3. Gebühr nach § 27 BRAGO (32 Kopien) 32,00 DM

1.372,00 DM

16 % MWSt zuzügl. 219,52 DM

gesamt 1.591,52 DM (= 813,73 EURO)

Die dem Kläger vom beklagten Land zu erstattenden Kosten sind nunmehr auf 813,73 EURO festzusetzen.

Dieser Beschluss ist gemäß § 197 Abs. 2 SGG unanfechtbar.
Rechtskraft
Aus
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