L 7 AS 833/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 14 AS 456/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 AS 833/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 22. September 2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen die teilweise Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld II (Alg II) für die Zeit vom 1. September 2008 bis 31. März 2009 wegen Anrechnung einer Gehaltsnachzahlung.

Der am 12. März 1948 geborene, alleinstehende und erwerbsfähige Kläger bezog seit 1. Januar 2005 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Seine am 24. November 1984 geborene Tochter lebte nicht in seinem Haushalt, sondern absolvierte vom 1. September 2005 bis 30. September 2008 ein Studium an der Fachhochschule mit Anwärterbezügen nach dem Bundesbesoldungsgesetz. Das Vermögen des Klägers bestand allein in einem Kfz (VW Golf II, Baujahr 1991).

Der Kläger bewohnte seit dem 1. Februar 2003 eine Zwei-Zimmerwohnung in R. Die im Mietvertrag als "brutto kalt" bezeichnete Miete betrug EUR 420.- monatlich bei monatlichen Nebenkosten i.H.v. EUR 90.-. Ausweislich der jeweils vorgelegten Nebenkostenabrechnungen wurden als Nebenkosten gesondert geschuldet: Grundsteuer, Versicherungen, Gebühren (Müll und Kabelanschluss, nicht Kabelgebühren), Hauswart (Hausreinigung, Gartenpflege, Gehwegreinigung) sowie "Betriebskosten" (Heizung, Warmwasserbereitung, Wasserversorgung, Allgemeinstrom). Die vom Kläger zu zahlenden Nebenkosten wurden aufgrund der Nebenkostenabrechnung 2004 vom 22. März 2005 ab Mai 2005 auf EUR 135.- monatlich erhöht. Auf die mittels Gas erfolgende Heizung und Warmwasserbereitung entfielen Anteile an den monatlichen Nebenkosten i.H.v. EUR 67.- und EUR 12.- (Mietbescheinigung vom 18. September 2006). Ab dem 1. Mai 2007 berücksichtigte der Beklagte bei der durchgehenden Leistungsbewilligung bei den Kosten der Unterkunft und Heizung nur noch eine für angemessen erachtete Nettokaltmiete i.H.v. EUR 300.- monatlich zzgl. der tatsächlichen kalten und warmen Nebenkosten abzüglich einer Warmwasserpauschale.

Nachdem er am 19. Juli 2007 zunächst die Aufnahme einer Beschäftigung ab dem 1. November 2007 mitgeteilt hatte, gab er unter dem 23. November 2007 an, zu einer Arbeitsaufnahme sei es nicht gekommen; er habe weder gearbeitet noch Geld erhalten; er habe auch keine Ansprüche erworben. Tatsächlich hatte er einen auf den 23. November 2007 datierten Arbeitsvertrag (im Folgenden AV) über eine am 1. November 2007 beginnende Beschäftigung als Vertriebsberater bei der Firma in D. (im Folgenden LN), mit einer regelmäßigen Wochenarbeitszeit von 40 Stunden geschlossen. Vereinbart wurde ein Bruttoentgelt i.H.v. EUR 1.350.- monatlich (§ 3 AV). Abreden über Auslagen-, Fahrkosten-, Spesenersatz o.ä. sind im Vertragstext nicht enthalten. Nach § 10 AV bedurften Nebenabreden und Änderungen des Vertrages der Schriftform. Wegen des genauen Inhalts wird auf Bl. 15/18 der Senatsakten im Verfahren L 7 AS 5201/09 Bezug genommen.

Im Weiterbewilligungsantrag vom 20. Februar 2008 gab er eine seit dem 1. Januar 2008 ausgeübte Beschäftigung an. Entgelt habe er hieraus noch nicht erhalten; LN antworte nicht. Auf weitere Nachfrage teilte er mit, ein Arbeitsvertrag liege nicht vor, Lohnabrechnungen habe er nicht erhalten.

Mit nicht angefochtenem Bewilligungsbescheid vom 20. März 2008 gewährte der Beklagte dem Kläger Alg II für den Zeitraum vom 1. April bis 30. September 2008 i.H.v. EUR 755,47 monatlich (Regelleistung EUR 347; Leistungen für Unterkunft und Heizung EUR 408,47). Die Anpassung an die neue Regelleistungshöhe erfolgte zum 1. Juli 2008 durch nicht angefochtenen Änderungsbescheid vom 17. Mai 2008 (Bewilligungszeitraum vom 1. Juli bis 30. September 2008).

Im Weiterbewilligungsantrag vom 15. August 2008 gab der Kläger unter Verweis auf ein arbeitsgerichtliches Verfahren an, dass LN Gehaltszahlungen verweigere.

Mit Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts Reutlingen ((ArbG); 2 Ca. 198/08) vom 12. Juni 2008 wurde LN, vertreten durch den Geschäftsführer M., verurteilt, "an den Kläger Arbeitsentgelt für die Zeit von Januar bis Mai 2008 in Höhe von insgesamt EUR 6.750,00 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 05.06.2008 zu zahlen". Der Einspruch der Arbeitgeberin hiergegen wurde durch Urteil des ArbG vom 21. Juli 2008 (2 Ca 235/08), dieser zugestellt am 29. Juli 2008, als unzulässig verworfen. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 19/23 der Senatsakten im Verfahren L 7 AS 5201/09 verwiesen. In einem weiteren Verfahren vor dem ArbG (2 Ca 287/08) schloss der Kläger mit der Arbeitgeberin einen gerichtlichen Vergleich vom 26. August 2008, wonach das Arbeitsverhältnis durch Fristablauf am 31. Mai 2008 beendet sei (Ziffer 1), der Kläger eine Abfindung für Verlust des Arbeitsplatzes i.H.v. EUR 2.700.- erhalte (Ziffer 2) und damit mit Ausnahme der Abfindung und der im Rechtsstreit 2 Ca 235/08 titulierten Ansprüche alle finanziellen Ansprüche der Parteien, gleich aus welchem Rechtsgrund, erledigt seien (Ziffer 3).

Mit nicht angefochtenem Bewilligungsbescheid vom 26. August 2008 gewährte der Beklagte Alg II für den Bewilligungszeitraum vom 1. Oktober 2008 bis 31. März 2009 i.H.v. EUR 759,37 monatlich.

Am 4. September 2008 wurde dem Konto des Klägers eine Überweisung der LN (mit dem Vermerk "Arbeitsprozess) i.H.v. EUR 6.750.- gutgeschrieben.

Am 5. September 2008 überwies der Kläger an E.(im Folgenden EMJ) EUR 2.000.- und an seine Tochter EUR 800.-. Außerdem hob er EUR 800.- in bar ab; eine weitere Barabhebung über EUR 500.- erfolgte am 23. September 2008.

Am 5. September 2008 teilte der Kläger dem Beklagten den Ausgang des arbeitsgerichtlichen Verfahrens mit und gab im weiteren Verlauf zur Verwendung des überwiesenen Betrages an, mit diesem ein Darlehen bei EMJ zurückgezahlt zu haben. Im Rahmen der Tätigkeit für die Arbeitgeberin von Januar bis Mai 2008 seien Kosten für Akquisitionen entstanden, die aus diesem Darlehen bezahlt worden seien. Zur Zahlung ausstehender Unterhaltszahlungen an seine Tochter seien EUR 800.- und EUR 500.- verwendet worden. Nach Abschluss ihrer Ausbildung sei diese ohne Arbeit und Bezüge. Die vereinbarte Abfindung habe die Arbeitgeberin noch nicht gezahlt.

Mit Änderungsbescheid vom 4. November 2008 setzte der Beklagte die Höhe des Alg II für September 2008 neu auf EUR 226,97 fest. Mit weiterem Änderungsbescheid vom selben Tag regelte er für die Zeit vom 1. Oktober 2008 bis 31. März 2009 eine neue Leistungshöhe von EUR 226,87 monatlich. Die Zahlung der LN i.H.v. EUR 6.750.- werde vom 1. September 2008 bis zum 31. August 2009 gezwölftelt als Einkommen in der Berechnung berücksichtigt. In den beigefügten Berechnungsbögen wurde entsprechend ein monatliches Einkommen i.H.v. EUR 562,50 ausgewiesen, von dem jeweils noch EUR 30.- als Versicherungspauschale abgezogen wurde. Beide Bescheide enthielten den Zusatz, dass der Bescheid über die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes deshalb teilweise aufgehoben werde.

Zur Begründung des gegen die Bescheide vom 4. November 2008 eingelegten Widerspruches trug der Kläger vor, durch seine Tätigkeit für LN seien ihm erhebliche Kosten entstanden, die er durch private Kredite bei EMJ, seiner Tochter und seinem Bruder W. gedeckt habe; pauschale errechne er 5x EUR 500.- (Reisekosten, Bewirtung, Arbeitsmittel). Eine insoweit von LN versprochene pauschale Kostenerstattung sei gerichtlich nicht durchsetzbar gewesen. Da das Urteil des ArbG einen Bruttobetrag tenoriert habe, müsse er nach der Überweisung des vollen Betrages mit einer Rückforderung durch LN rechnen. Das Nettoeinkommen für die fünf Monate liege bei ca. EUR 4.650.-. Auf weitere Nachfrage teilte er mit, die vereinbarte Abfindung sei nicht gezahlt worden. Rechtliche Schritte habe er mangels finanzieller Mittel nicht eingeleitet. Die Rückforderung des Unterschiedsbetrages brutto/netto sei von LN telefonisch angekündigt worden. Seine Aufgabe bei LN habe darin bestanden, in Süddeutschland geeignete Dächer für Solaranlagen zu finden, die Hauseigentümer zu ermitteln und zum Abschluss eines Vertrages mit LN zu bewegen; aufgesuchte Unternehmen listete er auf. Ein ihm hierfür zugesagtes Kfz habe er nicht erhalten und sich deswegen mehrfach wochenweise die Autos seines Bruders, seiner Tochter und von EMJ geliehen, für deren laufende Kosten (Benzin, Öl, Pflege) er habe aufkommen müssen. Quittungen habe er nicht gesammelt, da er von einer pauschalen Abgeltung durch den Arbeitgeber ausgegangen sei. Schriftliche Darlehensverträge seien nicht geschlossen worden. Bei seiner Tochter habe er Unterhaltsschulden gehabt. In einer schriftlichen Erklärung vom 30. Januar 2009 bestätigte EMJ die leihweise Überlassung ihres Kfz und gab an, dem Kläger von Januar bis April 2008 bar ausgezahlte Beträge von EUR 1000.- und zweimal über EUR 500.- geliehen zu haben. Der Bruder des Klägers bestätigte unter dem 1. Februar 2009, diesem im Frühjahr 2008 EUR 1.000.- in bar als Darlehen gegeben zu haben; die Rückzahlung sollte erfolgen, wenn sein Arbeitgeber das ausstehende Gehalt zahle. Wegen der Einzelheiten hierzu wird auf Bl. 290/292, 298 und 304 der Verwaltungsakten Bezug genommen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 12. Februar 2009 bewilligte der Beklagte dem Kläger unter Abänderung der Bescheide vom 4. November 2009 Alg II für die Zeit vom 1. September 2008 bis 31. März 2009 "unter Anrechnung eines monatlich anzurechnenden Einkommens in Höhe von EUR 445,83" und wies den Widerspruch im Übrigen zurück. Bei der zugrunde liegenden Berechnung teilte er den zugeflossenen Betrag von EUR 6.750.- in fünf Monatsgehälter á EUR 1.350.- auf. Ausgehend von diesen Beträgen wurde der Erwerbstätigenfreibetrag nach §§ 30, 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch /SGB II) errechnet (EUR 180.-) und dieser zusammen mit dem Grundfreibetrag nach § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II (EUR 100.-) vom monatlichen Teilbetrag (EUR 1.350.-) abgezogen. Das so ermittelte monatliche Einkommen i.H.v. EUR 1.070.- wurde zu einem Gesamtbetrag i.H.v. EUR 5.350.- zurückgerechnet (x 5 Monate) und dieses wiederum auf einen Verteilzeitraum von zwölf Monaten verteilt, so dass sich das monatlich anzurechnende Einkommen i.H.v. EUR 445,83 ergab. Höhere Abzüge könnten nicht erfolgen, da die behaupteten Fahrt- und Reisekosten bereits nicht nachgewiesen seien. Darüber hinaus wären diese nach eigenem Vortrag des Klägers von seiner Arbeitgeberin zu erstatten gewesen. Im Rahmen des arbeitsgerichtlichen Vergleiches vom 26. August 2008 seien aber alle finanziellen Ansprüche der Parteien, gleich aus welchem Rechtsgrund, für erledigt erklärt worden, was auch eventuelle Ansprüche auf Fahrtkosten und Spesen umfasse. Die Tilgung von Darlehen könne bei der Berechnung anzurechnenden Einkommens nicht berücksichtigt werden. Vielmehr sei eine Anrechnung dieser Darlehen als Einkommen in Betracht zu ziehen, insbesondere soweit eine Rückzahlung nicht nachgewiesen sei. Einem sog. Fremdvergleich hielten die behaupteten Vereinbarungen nicht stand. Bei der Bestimmung des Verteilzeitraums sei zu berücksichtigt worden, dass ein längerer für den Kläger günstiger sei. Denn eine Orientierung bspw. an der Dauer des laufenden Bewilligungsabschnittes hätte zum Wegfall des Leistungsanspruches und damit zum Verlust des Krankenversicherungsschutzes geführt. Abweichend von dem in den Änderungsbescheiden vom 4. November 2008 angesetzten Einkommensbeträgen von EUR 562,50 sei daher nur ein Teilbetrag i.H.v. EUR 445,83 anzurechnen.

Hiergegen hat der Kläger am 16. Februar 2009 Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben und ergänzend vorgetragen, bei den angeführten Darlehen handle es sich um echte Rückzahlungsverpflichtungen, nicht um Scheingeschäfte. Ein Fremdvergleich sei nach der Rechtsprechung nicht zu fordern.

Mit Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 11. März 2009 hat der Beklagte, gestützt auf § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X), "die Entscheidungen vom 20.03.2008 und 26.08.2008 über die Bewilligung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) vom 01.09.2008 bis 30.11.2008 für Sie teilweise in Höhe von 1247,49 Euro aufgehoben". Wegen des anzurechnenden Einkommens ist auf den Widerspruchsbescheid vom 12. Februar 2009 verwiesen worden. Der genannte Betrag sei gem. § 50 SGB X zu erstatten.

Mit Urteil vom 22. September 2009 hat das SG, das als streitgegenständlich lediglich die Bescheide vom 4. November 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Februar 2009 angesehen hat, die Klage abgewiesen. Die am 4. September 2008 eingegangene Zahlung sei als in den Bedarfszeitraum fallende Einnahme Einkommen. Zwar weise der Kläger zutreffend darauf hin, dass ihm ein Bruttobetrag ausgezahlt worden sei. Maßgeblich sei jedoch der tatsächliche Zufluss, zumal nicht ersichtlich sei, dass LN eine Rückforderung betreibe. Die Tilgung von Darlehen sei für die Einkommensanrechnung unerheblich. Die Bestimmung des Verteilzeitraums sei ermessensfehlerfrei erfolgt. Die vorgenommene Berechnung des anzurechnenden Einkommens sei nicht zu beanstanden.

Gegen das ihm am 15. Oktober 2009 zugestellte Urteil hat der Kläger am 9. November 2009 Berufung beim Landessozialgericht eingelegt und zur Begründung ausgeführt, die Anrechnung ab dem Zuflusszeitpunkt führe zu erheblichen Vermögensschäden, die bei rechtzeitiger Gehaltszahlung durch die Arbeitgeberin nicht entstanden wären.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 22. September 2009 und die Bescheide des Beklagten vom 4. November 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Februar 2009 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten des Beklagten, der Verfahrensakten des SG und des Senats sowie auf die Niederschriften über den Erörterungstermin vom 31. Mai 2012 und die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die nach § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, insbesondere statthaft (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG), hat aber in der Sache keinen Erfolg. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Gegenstand des Verfahrens ist allein die Entscheidung des Beklagten, die Leistungsbewilligungen für den Zeitraum vom 1. September 2008 bis 31. März 2009 teilweise aufzuheben. Dies ergibt sich aus der Regelung der angefochtenen Bescheide vom 4. November 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Februar 2009 (§ 95 SGG). Eine Erstattung überzahlter Beträge war in diesen Bescheiden nicht geregelt. Vielmehr wurde eine solche erst im Bescheid vom 11. März 2009 vorgenommen. Da es sich bei Aufhebungs- und Erstattungsverfügungen um eigenständige Regelungen handelt, ändert oder ersetzt der Bescheid vom 11. März 2009 insoweit nicht die mit der Klage angefochtenen Verwaltungsakte, so dass er nicht gem. § 96 Abs. 1 SGG kraft Gesetzes Gegenstand des Verfahrens geworden ist. Soweit in diesem Bescheid auch von einer Aufhebung der Leistungsbewilligungen gesprochen wird, handelt es sich lediglich um eine sog. wiederholende Verfügung ohne eigenständigen Regelungscharakter. Denn bereits in den vorliegend angefochtenen Bescheiden war eine nach Zeitraum und Höhe bestimmte Aufhebungsregelung getroffen worden (dazu unten). Für eine Abänderung oder eine ersetzende Neuregelung bestehen keine Anhaltspunkte. Dies zeigt die Bezugnahme auf den Widerspruchsbescheid vom 12. Februar 2009 hinsichtlich des monatlich anzurechnenden Betrages.

Die angefochtenen Bescheide sind nicht bereits aus formellen Gründen wegen fehlender Anhörung gem. § 24 Abs. 1 SGB X rechtswidrig. Der Senat kann offenlassen, ob die vorliegende Konstellation der Ausnahmevorschrift des § 24 Abs. 2 Nr. 5 SGB X zuzurechnen ist. Wenn auch vor Erlass der Änderungsbescheide vom 4. November 2008 eine förmliche Anhörung unterblieben ist, war der Kläger jedenfalls im Rahmen des durchgeführten Widerspruchsverfahrens ausreichend in der Lage, zu den vom Beklagten zugrundegelegten Umständen Stellung zu nehmen. Bereits die Ausgangsbescheide enthielten die aus Sicht des Beklagten für die getroffene Regelung maßgeblichen Umstände: die Anrechnung der Zahlung der LN i.H.v. EUR 6.750.- als Einkommen, deren Aufteilung auf einen zwölfmonatigen Verteilzeitraum vom 1. September 2008 bis zum 31. August 2009 und damit auch die Höhe des anzurechnenden monatlichen Einkommens. Ein Verschuldensvorwurf ist dem Kläger auch später nicht gemacht worden. Tatsächlich hat der Kläger im Widerspruchsverfahren ausführlich Stellung genommen und Einwendungen erhoben, mit denen sich der Beklagte im Widerspruchsbescheid auch auseinandergesetzt hat. Die unterbliebene vorherigen Anhörung ist daher unbeachtlich und rechtfertigt nicht die Aufhebung der angefochtenen Bescheide.

Die angefochtenen Bescheide sind inhaltlich hinreichend bestimmt (§ 33 Abs. 1 SGB X). Das Bestimmtheitserfordernis verlangt, dass der Verfügungssatz eines Verwaltungsaktes nach seinem Regelungsgehalt in sich widerspruchsfrei ist und den Betroffenen bei Zugrundelegung der Erkenntnismöglichkeiten eines verständigen Empfängers in die Lage versetzen muss, sein Verhalten daran auszurichten. Mithin muss aus dem Verfügungssatz für die Beteiligten vollständig, klar und unzweideutig erkennbar sein, was die Behörde will. Insoweit kommt dem Verfügungssatz des Verwaltungsakts Klarstellungsfunktion zu. Unbestimmt ist ein Verwaltungsakt nur dann, wenn sein Verfügungssatz nach seinem Regelungsgehalt in sich nicht widerspruchsfrei ist und der davon Betroffene bei Zugrundelegung der Verständnismöglichkeiten eines verständigen Empfängers nicht in der Lage ist, sein Verhalten daran auszurichten. Unschädlich ist, wenn zur Auslegung des Verfügungssatzes auf die Begründung des Verwaltungsaktes, auf früher zwischen den Beteiligten ergangene Verwaltungsakte oder auf allgemein zugängliche Unterlagen zurückgegriffen werden muss (Bundessozialgericht (BSG) SozR 4-4200 § 31 Nr. 3, § 33 Nr. 2 und § 45 Nr. 12 jeweils m.w.N.).

Nach diesen Maßstäben lässt sich den angefochtenen Bescheiden zunächst hinreichend deutlich entnehmen, dass die früheren für den angegebenen Verteilzeitraum bereits ergangenen Leistungsbewilligungen teilweise aufgehoben werden sollen. Bereits die Ausgangsbescheide vom 4. November 2008 sprechen die teilweise Aufhebung ausdrücklich aus. Dass dabei die aufzuhebenden Bescheide nicht ausdrücklich mit Datum bezeichnet werden, ist zumindest vorliegend unerheblich. Denn eine schwer überschaubare Vielzahl von Bewilligungsbescheiden war vor Erlass der Bescheide vom 4. November 2008 für die betroffenen Zeiträume nicht ergangen. Für den Bewilligungszeitraum vom 1. Oktober 2008 bis 31. März 2009 lag lediglich der Bewilligungsbescheid vom 26. August 2008 vor, für September 2008 nur der Bewilligungsbescheid vom 30. März 2008 in der Form des Änderungsbescheides vom 17. Mai 2008. Für den Kläger war daher ohne Weiteres erkennbar, welche Bescheide der Aufhebung unterliegen sollten. Die Höhe des monatlichen Aufhebungsbetrages war zwar nicht ausdrücklich genannt worden, sie war den angefochtenen Bescheiden aber unschwer zu entnehmen. Bereits die Begründung der Bescheide vom 4. November 2008 machte deutlich, dass ein Zwölftel des genannten Einmalzahlungsbetrages als Einkommen berücksichtigt werden sollte. In den jeweils beiliegenden Berechnungsbögen war dementsprechend deutlich ausgewiesen, dass bei einem monatlichen Einkommen i.H.v. EUR 562,50 (1/12) unter Abzug einer Versicherungspauschale von EUR 30.- ein Einkommen i.H.v. EUR 532,50 angerechnet wurde, das gleichzeitig den Aufhebungsbetrag darstellte. Darüber hinaus konnte der Kläger dem in den Bescheiden vom 4. November 2008 ausgewiesenen neuen Leistungsbetrag unter Hinzuziehung des Bewilligungsbescheides durch einfache Rechenoperationen auch ohne Weiteres den für ihn maßgebenden konkreten Aufhebungsbetrag entnehmen (vgl. BSG SozR 4-4200 § 31 Nr. 3). Aus Tenor und Begründung des Widerspruchsbescheides ließ sich weiter der Umfang der Korrektur des anzurechnenden Einkommens - und damit auch des Aufhebungsbetrages - erkennen. Dass der Kläger die angefochtenen Bescheide auch in diesem Sinne verstanden hat, zeigt sein gesamtes Vorbringen seit Einlegung des Widerspruches. Soweit der Tenor des Widerspruchsbescheides noch zweifelhaft erscheinen lassen könnte, ob der dort genannte Betrag des "anzurechnenden Einkommens" auch den Aufhebungsbetrag darstellt, wird unter Heranziehung der Gründe deutlich, dass von den genannten EUR 445,83 noch die Versicherungspauschale i.H.v. EUR 30.- pro Monat des Verteilzeitraums abgezogen werden soll. So wird der neue Betrag von EUR 445,83 in den Gründen dem ursprünglichen i.H.v. EUR 562,50 gegenübergestellt, von dem die Versicherungspauschale noch abgezogen worden sei. Dass der Beklagte selbst von einem Abzugsbetrag i.H.v. EUR 415,83 monatlich ausging, zeigt sich im Übrigen auch an den Regelungen späterer Bewilligungsbescheide und dem Erstattungsbetrag im Bescheid vom 11. März 2009 (Erstattungssumme für drei Monate EUR 1.247,49 = 3x EUR 415,83).

Die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides misst sich an § 40 Abs. 1 Satz 2 SGB II (in der bis zum 31. Dezember 2010 geltenden Fassung) i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 3 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung der Verhältnisse eintritt (§ 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Der Verwaltungsakt ist mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X i.V.m. § 40 Abs. 1 Satz 2 SGB II und § 330 Abs. 3 Satz 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch). Wesentlich i.S.d. § 48 Abs. 1 SGB X sind Änderungen, die dazu führen, dass die Behörde unter den nunmehr objektiv vorliegenden Verhältnissen den Verwaltungsakt - hier die o.g. Leistungsbewilligungen - nicht hätte erlassen dürfen.

Im vorliegenden Fall ist durch die Auszahlung der ausstehenden Gehaltsansprüche i.H.v. EUR 6.750.- am 4. September 2008 eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen, die der Erteilung der früheren Leistungsbewilligungen zu Grunde lagen, eingetreten. Da die Bewilligung für den Zeitraum vom 1. Oktober 2008 bis 31. März 2009 bereits mit Bescheid vom 26. August 2008 und damit vor Zufluss der Zahlung ergangen war, handelt es sich auch insoweit um eine nachträgliche Änderung, nicht um eine anfängliche Rechtswidrigkeit i.S.d. § 45 SGB X. Die Auszahlung ist auch leistungsrechtlich relevant. Durch sie ist der Hilfebedarf des Klägers und damit der Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die ursprünglichen Bewilligungszeiträume vom 1. bis 30. September 2008 sowie vom 1. Oktober 2008 bis 31. März 2009 teilweise entfallen. Der erwerbsfähige Kläger erfüllte bis zum Eingang der Nachzahlung die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Insbesondere war er hilfebedürftig i.S.d. § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. § 9 SGB II. Der Kläger verfügte über kein Einkommen. Zuwendungen Dritter sind im streitigen Zeitraum nicht erfolgt. Sein Vermögen bestand allein in einem Kfz (VW Golf II, Baujahr 1991), das nach § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB II nicht zu berücksichtigen ist. An der Angemessenheit des Kfz i.S.d. genannten Vorschrift besteht für den Senat angesichts des Baujahres keine Zweifel. Der Hilfebedarf des Klägers betrug im September 2008 EUR 759,47 und vom 1. Oktober 2008 bis zum 31. März 2009 EUR 759,37. Inwieweit dessen Höhe zutreffend errechnet worden ist, hatte der Senat im vorliegenden Verfahren nicht zu entscheiden. Der Kläger hat die ursprünglichen Bewilligungsbescheide nicht angefochten; diese sind bindend geworden und bleiben es auch, soweit sie nicht durch die hier angefochtenen Bescheide aufgehoben worden sind (BSG SozR 4-4200 § 11 Nr. 15). Ohnehin bestehen keine Anhaltspunkte für deren Unrichtigkeit.

Zu Recht sind SG und Beklagter davon ausgegangen, dass es sich bei der Zahlung ausstehender Gehälter am 4. September 2008 nicht um Vermögen i.S.d. § 12 SGB II, sondern um Einkommen i.S.d. § 11 SGB II gehandelt hat. Einkommen in diesem Sinne ist grundsätzlich alles das, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält, und Vermögen das, was er vor Antragstellung bereits hatte. Dabei ist vom tatsächlichen Zufluss auszugehen, es sei denn rechtlich wird ein anderer Zufluss als maßgeblich bestimmt. Nicht entscheidend ist das Schicksal der Forderung. Dies gilt auch für Nachzahlungen von Arbeitsentgelt (BSG SozR 4-4200 § 11 Nr. 15 und § 33 Nr. 1 m.w.N.; BSG Urteil vom 18. Februar 2010 - B 14 AS 86/08 R - (juris)). Zu Recht hat der Beklagte die Zahlung nicht als laufende, sondern als einmalige Einnahme i.S.d. § 2 Abs. 4 der Arbeitslosengeld II-Verordnung ((Alg II-V), in der hier noch anzuwendenden Fassung vom 17. Dezember 2007) behandelt. Laufende Zahlungen sind solche, die auf demselben Rechtsgrund beruhen und regelmäßig erbracht werden; bei einmaligen Leistungen erschöpft sich das Geschehen in einer einzelnen Leistung (vgl. BSG, Urteile vom 18. Februar 2010 - B 14 AS 86/08 R - und vom 16. Mai 2012 - B 4 AS 154/11 R - (beide juris) m.w.N.). Insoweit kommt es auf das tatsächliche Geschehen und nicht auf die rechtliche Verpflichtung an (Schmidt in Eicher, SGB II, 3. Aufl., § 11 Rdnr. 30; vgl. a. BSG vom 18. Februar 2010, a.a.O., zur ratenweise Zahlung einer einmaligen Leistung). Auch eine Nachzahlung von Arbeitslohn kann daher eine einmalige Leistung darstellen (Schmidt, a.a.O., Rdnr. 34). Vorliegend kommt es daher nicht darauf, dass monatliche Gehaltsansprüche einen gemeinsamen Rechtsgrund im Arbeitsvertrag haben. Maßgeblich ist vielmehr, dass weder vor noch während des streitigen Zeitraums keine Gehaltszahlung, erst recht keine regelmäßige, erfolgt ist. Die tatsächliche Zahlung am 4. September 2008 hatte außerdem ihren Rechtsgrund - insbesondere hinsichtlich der konkreten Höhe (Bruttobetrag) - im arbeitsgerichtlichen Urteil; eine wiederkehrende Einnahme hieraus war nicht zu erwarten. Die vom Beklagten gem. § 2 Abs. 4 Satz 3 Alg II-V vorgenommene Aufteilung auf einen Verteilzeitraum von zwölf Monaten ist rechtlich nicht zu beanstanden. Insbesondere hat er die Vorgabe der Rechtsprechung beachtet, dass die Aufteilung so zu erfolgen habe, dass der Krankenversicherungsschutz des Leistungsempfängers nicht entfällt, was vorliegend bei einem kürzeren Verteilzeitraum von fünf oder sechs Monaten aber der Fall gewesen wäre.

Zu Recht ist der Beklagte zunächst von einem Wert des Einkommenszuflusses i.H.v. EUR 6.750.- ausgegangen. In dieser Höhe ist der Betrag seinem Konto tatsächlich gutgeschrieben worden.

Einer bedarfsmindernden Berücksichtigung der Nachzahlung steht nicht entgegen, dass der Kläger vorträgt, den Betrag i.H.v. EUR 3.000.- zur Schuldentilgung verwendet zu haben. Dabei kann der Senat offenlassen, ob die behaupteten Darlehensverbindlichkeiten tatsächlich bestanden haben. Denn im Zeitpunkt der Auszahlung des Einkommens offene Schulden sind nicht vom Einkommen abzusetzen. Abgesehen davon, dass § 2 Abs. 3 Satz 2 Alg II-V i.V.m. § 11 Abs. 2 SGB II abschließend regelt, welche Positionen vom Einkommen in Abzug zu bringen sind, bevor es der Aufteilung unterfällt, ist Einkommen zu förderst zur Sicherung des Lebensunterhalts des Hilfebedürftigen einzusetzen. Für einen Hilfebedürftigen gilt dieses selbst dann, wenn er sich dadurch außerstande setzt, bestehende vertragliche Verpflichtungen zu erfüllen. Aus der Subsidiarität der staatlichen Fürsorge folgt, dass diese erst dann eingreifen soll, wenn die Hilfebedürftigen ihnen zur Verfügung stehende Mittel verbraucht haben (BSG SozR 4-4200 § 11 Nr. 15). Vorliegend lässt sich außerdem den Verwaltungsakten entnehmen, dass der Kläger noch Anfang März 2009 über ein seinen Hilfebedarf deckendes Guthaben verfügte. Die Anrechnung im streitigen Zeitraum widerspricht daher nicht dem Prinzip der Berücksichtigung von Einkommen als "bereiten Mitteln" (vgl. dazu BSG SozR 4-4200 § 11 Nr. 57).

Der Zufluss i.H.v. EUR 6.750.- war auch nicht durch eine unmittelbar damit verbundene Rückzahlungspflicht gemindert. Zwar weist der Kläger zutreffend darauf hin, dass ihm nach dem Inhalt des Arbeitsvertrages kein Anspruch auf Auszahlung des Bruttogehalts zustand. Vertraglich war lediglich geschuldet, dass LN ihm den Nettobetrag auszahlt und die Sozialversicherungsbeiträge abführt. Rechtsgrund für die Zahlung durch LN und damit auch für das Behaltendürfen auf Seiten des Klägers ist jedoch nicht der Arbeitsvertrag, sondern das Urteil des ArbG. Dieses hat ausdrücklich tenoriert, dass der gesamte Bruttobetrag an den Kläger zu zahlen ist. Eine einschränkende Formulierung (bspw. "den sich aus dem Bruttobetrag ergebenden Nettobetrag" o.ä.) ist gerade nicht aufgenommen worden. Auch aus den Entscheidungsgründen ergibt sich keinerlei Einschränkung. Das den Einspruch der LN verwerfende Urteil des ArbG wurde am 29. Juli 2008 an diese zugestellt. Somit war das Urteil bei Zahlungseingang am 4. September 2008 bereits rechtskräftig. Damit war der Kläger bereits zum Zeitpunkt des Zuflusses keinen Rückforderungsansprüchen der Arbeitgeberin mehr ausgesetzt. Darüber hinaus waren solche Ansprüche auch durch den gerichtlichen Vergleich vom 26. August 2008 ausgeschlossen worden. Eine Rückzahlung ist tatsächlich auch nicht erfolgt.

Absetzungen vom Einkommen kommen daher nur nach Maßgabe des § 11 Abs. 2 SGB II (in der vom 1. Januar 2007 bis 31. Dezember 2010 geltenden Fassung vom 5. Dezember 2006) in Betracht.

Nach dessen Satz 1 sind vom Einkommen abzusetzen: 1. auf das Einkommen entrichtete Steuern, 2. Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Beiträge zur Arbeitsförderung, 3. Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen, soweit diese Beiträge gesetzlich vorgeschrieben oder nach Grund und Höhe angemessen sind; hierzu gehören Beiträge a. zur Vorsorge für den Fall der Krankheit und der Pflegebedürftigkeit für Personen, die in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht versicherungspflichtig sind, b. zur Altersvorsorge von Personen, die von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit sind, soweit die Beiträge nicht nach § 26 bezuschusst werden, 4. 5. die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben, 6. für Erwerbstätige ferner ein Betrag nach § 30, 7. Aufwendungen zur Erfüllung gesetzlicher Unterhaltsverpflichtungen bis zu dem in einem Unterhaltstitel oder in einer notariell beurkundeten Unterhaltsvereinbarung festgelegten Betrag, Bei erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, die erwerbstätig sind, ist an Stelle der Beträge nach Satz 1 Nr. 3 bis 5 ein Betrag von insgesamt EUR 100 monatlich abzusetzen. Beträgt das monatliche Einkommen mehr als EUR 400, gilt Satz 2 nicht, wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige nachweist, dass die Summe der Beträge nach Satz 1 Nr. 3 bis 5 den Betrag von EUR 100 übersteigt (Sätze 2 und 3).

Die in § 11 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 und 2 SGB II genannten Abgaben sind nur zu berücksichtigen, soweit sie tatsächlich entrichtet worden sind (Schmidt, a.a.O., § 11b Rdnr. 12 f; Geiger in LPK-SGB II, 4. Aufl., § 11b Rdnr. 2 f; vgl. a. Wortlaut der Nr. 1 "entrichtete"). Dies entspricht letztlich dem im SGB II geltenden Zuflussprinzip, da das zugeflossene Einkommen tatsächlich zur Lebensunterhaltssicherung zur Verfügung stand, jedenfalls wenn eine Entrichtung der Abgaben auch im Verteilzeitraum nicht erfolgt. Vorliegend hat der Kläger auch nach eigenem Bekunden weder im Monat des Zuflusses noch im Verteilzeitraum und auch nicht bis zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat Abgaben i.S.d. § 11 Abs. 2 Satz1 Nrn. 1 und 2 SGB II tatsächlich entrichtet. Auszugehen ist daher vom zugeflossenen Bruttobetrag i.H.v. EUR 6.750.-.

Unterhaltszahlungen sind nach § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 SGB II nur bei Vorliegen eines Unterhaltstitels abzusetzen (BSG SozR 4-4200 § 11 Nr. 16). Einen solchen Titel hat der Kläger weder vorgelegt noch nach Art, erstellendem Gericht oder Behörde, Aktenzeichen, Datum o.ä. näher bezeichnet. Weitere Ermittlungen von Amts wegen waren daher nicht anzustellen, zumal die Tochter des Klägers vom 1. September 2005 bis 30. September 2008 während ihrer Ausbildung an der Fachhochschule Anwärterbezüge erhalten hatte.

Der Beklagte hat den Freibetrag für Erwerbstätige nach § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 i.V.m. § 30 SGB II berücksichtigt. Nach § 30 Satz 1 SGB II in der hier anzuwendenden Fassung vom 14. August 2005 ist bei erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, die erwerbstätig sind, von dem monatlichen Einkommen aus Erwerbstätigkeit ein weiterer Betrag abzusetzen. Dieser beläuft sich (1.) für den Teil des monatlichen Einkommens, das EUR 100 übersteigt und nicht mehr als EUR 800 beträgt, auf 20 vom Hundert und (2.) für den Teil des monatlichen Einkommens, das EUR 800 übersteigt und nicht mehr als EUR 1.200 beträgt, auf 10 vom Hundert. Satz 2 ist im Falle des Klägers nicht erfüllt. Der maximale Freibetrag lag nach der gesetzlichen Regelung bei EUR 180.- (EUR 700* 0,2 + EUR 400.-*0,1). Diesen Freibetrag hat der Beklagte vom zufließenden Betrag nicht nur einmal, sondern wegen der Aufteilung in fünf Monatsgehälter fünfmal angerechnet und damit eine dem Kläger günstige Berechnung vorgenommen. Der Kläger wird hierdurch zumindest insoweit so gestellt, als habe die Arbeitgeberin monatliche Zahlungen erbracht. Zu Recht hat der Beklagte den Freibetrag allerdings nicht für jeden Monat des Verteilzeitraums berücksichtigt, sondern vor Verteilung von der zufließenden Einnahme abgezogen (BSG SozR 4-4200 § 11 Nrn. 16 und 40).

Abzugsfähig sind auch die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben (§ 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 SGB II). Allerdings ist bei erwerbstätigen Hilfebedürftigen an Stelle der Beträge nach Satz 1 Nr. 3 bis 5 ein Betrag von insgesamt EUR 100 monatlich abzusetzen. Beträgt das monatliche Einkommen mehr als EUR 400, gilt dies nicht, wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige nachweist, dass die Summe der Beträge nach Satz 1 Nr. 3 bis 5 den Betrag von EUR 100 übersteigt (Sätze 2 und 3). Den Freibetrag i.H.v. EUR 100.- hat der Beklagte bereits - wiederum fünfmal - berücksichtigt, zu Recht auch hier vor Verteilung der zugeflossenen Einnahme (BSG a.a.O.). Ein höherer Betrag könnte nur berücksichtigt werden, wenn der Kläger nachweist, welche konkreten Aufwendungen er tatsächlich hatte und dass diese höher waren als der Grundfreibetrag.

Dies ist ihm aber nicht gelungen. Die vom ihm im Schreiben vom 20. Februar 2009 (Bl. 290/292 der Verwaltungsakte) genannten Firmen liegen ganz überwiegend in einem Umkreis von 30 km oder weniger von seinem damaligen Wohnort aus. Weiter als 50 km entfernt sind nur drei Orte (150 km und 280 km). Auch wenn man den Vortrag des Klägers zugrundelegt, dass er die genannten Firmen mehrmals und daneben weitere aufgesucht hat, lassen sich dadurch mangels Substantiierung höhere Aufwendungen nicht ausreichend konkret nachweisen. Der Beklagte hat für jeden Monat des Beschäftigungsverhältnisses den Grundfreibetrag i.H.v. EUR 100.- abgesetzt. Zieht man hiervon die Pauschale nach § 6 Abs. 1 Nr. 2a Alg II-V (EUR 15,33) ab, hat der Beklagte bereits EUR 84,67 für jeden Monat der Erwerbstätigkeit für Fahrten berücksichtigt. Denn die weiteren im Freibetrag nach § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II enthaltene Positionen fielen nicht an; insbesondere wurde die Versicherungspauschale für jeden Monat des Verteilzeitraums gesondert abgezogen. Rechnet man in Anlehnung an § 6 Abs. 1 Nr. 2b Alg II-V EUR 0,2 für jeden Entfernungskilometer der kürzesten Straßenverbindung, wären somit 423,35 km für jeden Monat des Beschäftigungsverhältnisses bereits erfasst. Höhere Aufwendungen lassen sich daher nicht mit ausreichender Sicherheit feststellen. Belege hat der Kläger nach eigenem Bekunden nicht gesammelt. Auch einen konkreten Betrag vermochte er selbst nicht zu benennen. Vielmehr trägt er vor, er gehe "pauschal" von einem Betrag i.H.v. EUR 500.- aus. Dies genügt einem konkreten Nachweis höherer Aufwendungen nicht. Konkretere Werte haben sich auch nicht durch die Vernehmung des vom Kläger benannten Zeugen ergeben. Dieser hat zwar durchaus das Vorbringen des Klägers bestätigt, insbesondere dass in der Tätigkeit wohl täglich Fahrten - überwiegend im Bereich Reutlingen und den umliegenden Kreisen - angefallen, hierfür verschiedene private Pkw verwendet und die Benzinkosten vom Kläger getragen worden waren. Eine genauere Beschreibung des tatsächlichen Umfanges oder der Aufwendungen des Klägers war ihm jedoch nicht möglich. Selbst eine Schätzung scheidet auf dieser Grundlage aus. Die Beweislast liegt trotz der Aufhebungssituation nach der ausdrücklichen Regelung des § 11 Abs. 2 Satz 3 SGB II insoweit beim Kläger.

Die Versicherungspauschale hat der Beklagte zu Recht für jeden Monat des Verteilzeitraums i.H.v. EUR 30.- berücksichtigt. Diesen Pauschalbetrag übersteigende Aufwendungen bestanden nicht. Der Kläger hat solche weder behauptet noch dargelegt. Auch den Verwaltungsakten sind keine Anhaltspunkte hierfür zu entnehmen.

Da auch im Übrigen keine Fehler bei der Berechnung ersichtlich sind, verletzen die angefochtenen Bescheide den Kläger nicht in seinen Rechten. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG), liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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