L 5 AS 399/14 B

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 22 AS 1593/14 ER
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 5 AS 399/14 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 16. Juli 2014 betreffend die Ablehnung des Antrags auf Prozesskostenhilfe wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Ablehnung der beantragten Prozesskostenhilfe für ein rechtskräftig erledigtes Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vor dem Sozialgericht Magdeburg.

Die Antragstellerin bezieht vom Antragsgegner laufende Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II). Die Kosten der Mietwohnung werden vom Antragsgegner nicht vollständig übernommen.

Die Antragstellerin beantragte am 13. Mai 2014 die Zustimmung zu einem Umzug in eine andere Wohnung und verwies auf eine Kündigung des Vermieters zum 15. Dezember 2013, hilfsweise zum 31. Mai 2014 wegen eines zerrütteten Mietverhältnisses. Mit Bescheiden vom 21. und 26. Mai 2014 lehnte der Antragsgegner die Zustimmung zum Umzug in die in Aussicht genommene Wohnung sowie die Übernahme von Umzugskosten und der Kaution ab. Ein Umzug sei zwar erforderlich, die Unterkunftskosten für die neue Wohnung seien jedoch nach seiner Richtlinie unangemessen. Er nannte mehrere preislich angemessene Wohnungen. Über die Widersprüche der Antragstellerin ist noch keine Entscheidung getroffen worden.

Die Antragstellerin hat am 28. Mai 2014 beim Sozialgericht Magdeburg einstweiligen Rechtsschutz sowie die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt. Die Unterkunftskosten für die in Aussicht genommene Wohnung seien angemessen. Eine Räumungsklage der bisherigen Wohnung sei zu befürchten. Die von dem Antragsgegner angebotenen Wohnungen seien ihr nicht zumutbar.

Das Sozialgericht hat den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit Beschluss vom 16. Juli 2014 ablehnt. Es fehle schon ein Anordnungsgrund für die begehrte einstweilige Anordnung. Eine hinreichende Aussicht auf Erfolg des Verfahrens hätte nicht vorgelegen.

Dagegen hat die Antragstellerin am 15. August 2014 Beschwerde erhoben. Sie wendet sich nur gegen die Ablehnung der beantragten Prozesskostenhilfe. Die Anforderungen an die Erfolgsaussichten seien überspannt worden. Es wäre auch eine Entscheidung zu ihren Gunsten in Betracht gekommen. Die drohende Räumungsklage bedeute eine existenzielle Notlage. Eine schwere Konfliktsituation der Mietparteien bestehe schon seit Jahren. Auch in der bisherigen Wohnung sei im März 2013 die Miete erhöht worden. Die Handlungsanweisung des Antragsgegners könne nicht für die Angemessenheit der Kosten der Unterkunft und Heizung herangezogen werden.

Der Antragsgegner hat keine Ausführungen gemacht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Akten und Beiakten Bezug genommen. Die Gerichtsakte S 22 AS 1593/14 ER hat vorgelegen und ist Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.

II.

1. Die Beschwerde ist form- und fristgerecht erhoben gemäß § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Sie ist auch statthaft gemäß § 172 Abs. 1, 3 Nr. 1 SGG. Denn in der Hauptsache wäre eine Berufung zulässig. Alleine die Umzugskosten, die von der Antragstellerin mit ca. 1.000 EUR beziffert werden, übersteigen den Wert des Beschwerdegegenstands von 750 EUR gemäß § 144 Abs. 1 SGG.

2. Die Beschwerde hinsichtlich der Ablehnung von Prozesskostenhilfe ist aber unbegründet.

Nach § 73a Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 114 ff. Zivilprozessordnung (ZPO) ist auf Antrag Prozesskostenhilfe zu bewilligen, soweit der Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder -verteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Als hinreichend sind die Erfolgsaussichten eines Rechtsmittels einzuschätzen, wenn der Erfolg in der Hauptsache zwar nicht gewiss, eine Erfolgschance jedoch nicht unwahrscheinlich ist (vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 13. März 1990, 1 BvR 94/88). Prozesskostenhilfe kommt hingegen nicht in Betracht, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht gänzlich ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 17. Februar 1998, B 13 RJ 83/97 R).

Unter Anwendung dieses Maßstabs hatte das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vor dem Sozialgericht keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Das Sozialgericht hat zu Recht die beantragte Prozesskostenhilfe abgelehnt.

Bei der Prüfung der Erfolgsaussichten des Begehrens der Antragstellerin ist der Senat an den in der Sache rechtskräftigen Beschluss des Sozialgerichts vom 16. Juli 2014 gebunden. Danach habe die Antragstellerin keinen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht hat.

Bei der Beurteilung der Erfolgsaussichten einer Rechtsverfolgung ist das Gericht grundsätzlich an eine zwischenzeitlich eingetretene Rechtskraft der Hauptsacheentscheidung gebunden. Die Bindungswirkung in der Hauptsache verhindert, dass ein Rechtsmittelgericht in einem Nebenverfahren zu einem der Hauptsache widersprechenden Ergebnis gelangt. Etwas anderes gilt jedoch, wenn durch eine Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse die Erfolgsaussichten zwischenzeitlich entfallen sind und die Entscheidung des Gerichts pflichtwidrig verzögert wurde (vgl. Bundesgerichtshof (BGH), Beschluss vom 7. März 2012, XII ZB 391/10; Bayerisches Landessozialgericht (LSG), Beschluss vom 7. Juli 2009, L 10 AS 33/09 B PKH; LSG Sachsen Anhalt, Beschluss vom 16. Januar 2012, L 7 SB 18/10 B; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 21. Februar 2014, L 11 R 4217/13 B; Oberlandesgericht (OLG) Naumburg, Beschluss vom 31. Oktober 2003, 3 W 3340/03).

Die Rechtsnatur der einstweiligen Anordnung steht der Bindungswirkung der materiellen Rechtskraft nicht entgegen. Der Beschluss über die Ablehnung einer einstweiligen Anordnung beinhaltet nämlich nicht die vorläufige Regelung eines endgültigen Zustandes, sondern trifft eine abschließende, endgültige Regelung über einen vorläufigen Zustand (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 18. Dezember 1991, II B 112/91, BFHE 166, 114). Diese materielle Rechtskraftwirkung steht grundsätzlich einer erneuten Prüfung der Sache - und damit der Erfolgsaussicht des erledigten einstweiligen Anordnungsverfahrens - entgegen (ständige Rechtsprechung des Senats, zuletzt: Beschluss vom 2. September 2013, L 5 AS 671/13 B, ebenso: LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 21. Mai 2008, L 23 B 103/08 SO).

Hier hat die Antragstellerin ausdrücklich nur Beschwerde hinsichtlich der abgelehnten Prozesskostenhilfe eingelegt. Der Beschluss ist somit in der Hauptsache rechtskräftig geworden.

Es ist auch nicht erkennbar, dass das Sozialgericht die Entscheidung pflichtwidrig verzögert hätte oder durch eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse das Rechtsschutzinteresse an einer Fortsetzung des einstweiligen Anordnungsverfahrens entfallen wäre. Über den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz hat das Sozialgericht - nach den zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätzen - in einer angemessenen Zeit entschieden. Eine pflichtwidrige Verzögerung der Erledigung liegt nicht vor. Auch eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse der Antragstellerin, die zu einem Wegfall des Rechtsschutzinteresses für ein Beschwerdeverfahren geführt haben könnte, besteht nicht. Insbesondere bewohnt die Antragstellerin nach ihrem Beschwerdeschriftsatz noch die bisherige Wohnung. Die behauptete Eilbedürftigkeit für eine einstweilige Anordnung kann somit nicht durch Umzug entfallen sein.

Somit kommt wegen fehlender hinreichender Aussicht auf Erfolg des Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz vor dem Sozialgericht die nachträgliche Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht in Betracht.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 127 Abs. 4 ZPO.

Der Beschluss ist nach § 177 SGG nicht anfechtbar.
Rechtskraft
Aus
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