L 4 R 2221/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 12 R 1885/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 2221/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 25. März 2013 wird zurückgewiesen. Die Klage wegen des Bescheids vom 23. August 2013 wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt Rente wegen Erwerbsminderung ab 1. Oktober 2008.

Die am 1963 in Italien geborene Klägerin, die sich seit 1968 in der Bundesrepublik Deutschland aufhält, erlernte keinen Beruf. Vom 1. August 1978 bis 13. November 2007 war sie mit Unterbrechungen durch den Bezug von Arbeitslosen- und Krankengeld sowie Zeiten der Schwangerschaft/Mutterschutz und für Kindererziehung und kurze Zeiträume, die nicht mit Versicherungszeiten belegt sind, als Arbeiterin, Verkaufshilfe und zuletzt als Arbeiterin in einer Gürtelfabrik versicherungspflichtig beschäftigt. Seit dem 14. November 2007 ist sie arbeitsunfähig krank und bezog nach Beendigung der Lohnfortzahlung mit Ausnahme der Zeit vom 1. bis 18. August 2008, über die der Arbeitgeber einen Nachweis erteilt hat, bis 18. Mai 2009 Kranken- bzw. Übergangsgeld und vom 19. Mai bis 28. September 2009 Arbeitslosengeld.

Im November 2007 wurde die Klägerin, die zwei Kaiserschnittentbindungen hatte, wegen eines Bauchwandbruchs in der Oberbauchmitte operiert. Es wurde ein Polyprophylennetz eingelegt. Im April 2008 erfolgte eine Bauchspiegelung mit Feststellung eines Narbenbruchs im voroperierten Bereich. Der Bruch wurde durch Einlage eines Marlex-Netzes operiert. In der Zeit vom 19. August bis 30. September 2008 absolvierte die Klägerin eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme in der S.-klinik in B- B-. Dr. M. diagnostizierte in seinem Entlassungsbericht vom 22. Oktober 2008 eine Anpassungsstörung (schwer ausgeprägt) und einen Zustand nach zweimaliger Nabelhernienoperation. Die Klägerin wurde arbeitsunfähig entlassen. Für zwölf Monate sei sie auch für leichte Tätigkeiten im Bewegungswechsel und ohne Schichtarbeit, schweres Heben und Tragen, Anforderungen an die Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit und das Erfordernis der Steuerung komplexer Arbeitsvorgänge nur unter drei Stunden täglich einsetzbar. Eine ambulante Psychotherapie sei dringend notwendig.

Am 21. Oktober 2008 beantragte die Klägerin Rente wegen Erwerbsminderung. Sie gab an, sich seit Oktober 2007 wegen zwei Operationen im Bauchbereich für erwerbsgemindert zu halten. Die Beklagte veranlasste eine Begutachtung der Klägerin durch die Internistin Dr. Me ... Diese nannte in ihrem Gutachten vom 5. Dezember 2008, das sie nach Untersuchung der Klägerin am 17. November 2008 und Beiziehung von Arztbriefen u.a. über die durchgeführten Hernienoperationen und die nachfolgenden Behandlungen der Klägerin in den Krankenhäusern Hechingen, Balingen und Albstadt, im C.-Krankenhaus Bad Mergentheim und im Universitätsklinikum Tübingen erstattete, als Diagnosen eine weitgehend unbehandelte depressive Reaktion mit Angst und deutlicher Somatisierungsneigung, postoperative Restbeschwerden nach Operation eines Bauchwandbruchs mit Einlage eines Polypropylennetzes November 2007 und Operation eines Narbenbruchs mit Einlage eines Marlex-Netzes April 2008, eine Hohlkreuzfehlhaltung und degenerative Veränderungen der Wirbelsäule mit Bandscheibenschäden ohne Bewegungseinschränkung und ohne neurologisches Funktionsdefizit sowie Übergewicht und minimales Einwärtsschielen links. In Zusammensicht der Befunde sei das Fehlen der notwendigen psychiatrischen Behandlungsmaßnahmen zu konstatieren. Durch solche Behandlungsmaßnahmen könnte das Befinden der Klägerin bereits kurz- bis mittelfristig gebessert werden. Ihre bisherige Tätigkeit als Produktionsarbeiterin und im Übrigen leichte bis mittelschwere Tätigkeiten überwiegend im Stehen und Gehen, ständig im Sitzen, in Tages-, Früh-/Spätschicht ohne häufiges Bücken, häufiges Heben und Tragen von Lasten über zehn kg, längerdauernde Zwangshaltungen der Wirbelsäule und vermehrten Zeitdruck könne die Klägerin mindestens sechs Stunden täglich und mehr verrichten. Der Leistungsbeurteilung des Dr. M. könne bei unzureichenden bisherigen Behandlungsmaßnahmen nicht gefolgt werden. Mit Bescheid vom 15. Dezember 2008 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab.

Die Klägerin erhob Widerspruch. Sie trug vor, sie sei seit November 2007 krank geschrieben, weil sie unter ständigen Schmerzen im Oberbauchbereich, verbunden mit Brennen, Ziehen, Druck- und Schweregefühl sowie häufiger Übelkeit leide. Ursprung ihrer Beschwerden sei ein Narbenbruch, der zweimal operiert worden sei. Durch die Operationen hätten sich ihre Beschwerden eher verstärkt und begleiteten sie seither ununterbrochen. Durch die ständigen Schmerzen und dadurch entstandene Schlafstörungen sei sie mittlerweile auch psychisch zunehmend beeinträchtigt und am Rande ihrer Belastbarkeit angekommen. Mehrere Konsultationen verschiedener Krankenhausärzte sowie die durchgeführte medizinische Rehabilitation hätten keine Besserung ihrer Beeinträchtigungen gebracht. Die Ärzte der Rehabilitationsklinik hätten ihr Leistungsvermögen für zumindest die nächsten zwölf Monate auf weniger als drei Stunden täglich eingestuft. Die Beklagte veranlasste hierauf eine Begutachtung der Klägerin durch den Arzt für Innere Medizin, Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. S ... Dieser diagnostizierte in seinem Gutachten vom 10. März 2009 somatoforme Störungen mit Schwerpunkt eines abdominellen Schmerzes und Dysthymia. Die abdominellen Beschwerden hätten kein ausreichendes organisches Korrelat. Aus neurologisch-psychiatrischer Sicht seien die therapeutischen Optionen nicht erschöpft. Eine ambulante nervenärztliche Betreuung sei bisher nicht wahrgenommen worden. Die Klägerin könne leichte bis mittelschwere Tätigkeiten in verschiedenen Arbeitshaltungen in Tages- oder Früh-/Spätschicht ohne vermehrt geistig-psychische Belastungen, vermehrten Zeitdruck oder Akkordbedingungen, vermehrte emotionale Belastungen, Zwangshaltungen, vermehrtes Bücken, Heben und Tragen von Lasten über zehn kg und permanente widrige klimatische Bedingungen über sechs Stunden täglich verrichten. Die Beklagte hörte hierzu Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. G., der den Gutachten zustimmte. Sodann wies der bei der Beklagten gebildete Widerspruchsausschuss den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 3. Juni 2009 zurück. Der Sozialmedizinische Dienst habe sämtliche Unterlagen überprüft und komme nach Würdigung aller Umstände zu dem Ergebnis, dass der Klägerin, auch unter Berücksichtigung der festgestellten Erkrankungen oder Behinderungen, leichte bis mittelschwere Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ohne häufiges Bücken, Exposition von Kälte oder Nässe, besonderen Zeitdruck, häufiges Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten, Zwangshaltung, Tätigkeit bei Hitze und bei Zugluft und ohne vermehrte geistig-psychische Belastungen mindestens sechs Stunden täglich zumutbar seien. Die Beurteilung dieses Leistungsvermögens durch den Sozialmedizinischen Dienst sei für ihn, den Widerspruchsausschuss, schlüssig und nachvollziehbar, weshalb er sich dieser anschließe. Volle bzw. teilweise Erwerbsminderung nach § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) liege daher nicht vor. Eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI komme bei der Klägerin nicht in Betracht, da sie nach dem 1. Januar 1961 geboren sei.

Am 15. Juni 2009 erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht Reutlingen (SG). Durch die von Dr. Me. und Dr. S. festgestellten Gesundheitsstörungen würden erhebliche Beeinträchtigungen ihres beruflichen Leistungsvermögens verursacht. Sie leide unter ständigen starken Schmerzen im Ober- und Unterbauch. Zeitweilig trete auch Übelkeit und Erbrechen auf, die Haut im Bereich der Bauchdecke sei pelzig und gefühllos. Bereits nach leichter bis mittelschwerer Tätigkeit von einer Stunde sei sie völlig erschöpft. Selbst wenn man unterstelle, dass die Beurteilung der Gutachter, dass ihr Leistungsvermögen nicht durch eine organische Ursache gemindert sei, zutreffe, bestehe eine erhebliche Leistungsminderung durch die Gesundheitsstörungen auf psychiatrischem Gebiet. Es dürfte sich um ein Zusammenspiel operationsbedingter Schmerzerscheinungen aufgrund der vorhandenen Verwachsungen und Narbenbildungen einerseits und einer somatoformen Schmerzbildung andererseits handeln. Dass sich ihr Leistungsvermögen bei einer Therapie von zwei bis drei Monaten wieder herstellen ließe, sei angesichts der Tatsache, dass sie bereits seit 18 Monaten unter einem inzwischen chronifizierten Schmerzsyndrom leide, völlig unrealistisch. Nach dem Entlassungsbericht des Dr. M. vom 22. Oktober 2008 sei bei ihr ein unter dreistündiges Leistungsvermögen festgestellt und nachvollziehbar ausgeführt worden, dass auch bei einer ausreichenden Therapie frühestens nach zwölf Monaten wieder ein Leistungsvermögen von wenigstens sechs Stunden täglich erreicht werden könne. Die Behauptung im Gutachten des Dr. I., Chefarzt der Inneren und Geriatrischen Abteilung der Fachkliniken H. vom 19. Februar 2010, wonach die somatoforme Schmerzstörung durch kurzzeitige psychotherapeutische oder psychiatrische Behandlung zu beheben wäre, sei spekulativ. Das Gutachten der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie Prof. Dr. W. vom 14. September 2012 überzeuge nicht (hierzu jeweils im Folgenden).

Die Beklagte trat der Klage entgegen. Sie legte eine sozialmedizinische Stellungnahme der Ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. L. vom 27. März 2012 vor, die weiterhin von einer erhaltenen vollen Leistungsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausging.

Das SG hörte den Hausarzt der Klägerin Dr. J. als sachverständigen Zeugen. Dieser teilte unter dem 23. September 2009 unter Beifügung eines Teils der bereits von der Beklagten beigezogenen Arztbriefe mit, das maßgebliche Leiden der Klägerin liege im internistischen Bereich. Ihr Zustand habe sich eher verschlechtert. Aus hausärztlicher Sicht sei sie nicht einmal in der Lage, unter drei Stunden zu arbeiten.

Anschließend beauftragte das SG von Amts wegen Dr. I. mit der Erstattung eines Gutachtens. Der Sachverständige, der sich der Mitarbeit von Assistenzärztin Dr. Bo. bediente, diagnostizierte in seinem Gutachten vom 19. Februar 2010 auf internistischem Fachgebiet eine postoperative Restbeschwerdesymptomatik nach Operation einer epigastrischen Hernie und Nabelhernie mit Einlage eines Polypropylennetzes am 19. November 2007 und Revision einer Narbenhernie mit Entfernung des Polypropylennetzes und Einlage eines Marlexnetzes am 10. April 2008 und eine leichte Hypercholesterinämie sowie auf neuropsychiatrischem Fachgebiet eine reaktive Depression mit Schlafstörungen und eine somatoforme Schmerzstörung mit abdominellen Schmerzen. Für die abdominellen Beschwerden gebe es kein ausreichendes organisches Korrelat. Die zahlreichen Untersuchungen in verschiedenen Krankenhäusern führten lediglich zu einer Verstärkung der psychosomatischen Störungen. Paradox sei die fehlende regelmäßige Schmerzmitteleinnahme. Eine konsequente psychotherapeutische und psychiatrische Behandlung, einschließlich der Einnahme von Antidepressiva, könne mit Sicherheit das psychische Befinden der Klägerin verbessern. Nach einer konsequenten Behandlung könne eine Besserung nach drei bis vier Monaten erwartet werden, soweit es der Klägerin gelinge, die psychosomatische Ursache ihrer Beschwerden zu akzeptieren. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne die Klägerin mittelfristig nach psychotherapeutischer und psychiatrischer Behandlung ihrer Depression sowie der somatoformen Schmerzstörung eine leichte Tätigkeit im Wechselrhythmus unter Vermeidung von Heben und Bewegen von Gewichten über zehn kg, erhebliche negative klimatische Einflussfaktoren, Zeitdruck sowie anderweitigem Stress über sechs Stunden täglich verrichten.

Auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erstattete Dr. Wi., Chirurgische Universitätsklinik F., Abteilung Allgemein- und Viszeralchirurgie, das chirurgische Gutachten vom 8. Oktober 2010. Dr. Wi. diagnostizierte eine zeitgerecht verheilte, operativ versorgte epigastrische Hernie mit geringen residuellen lokalen Narbenschmerzen und geringe residuelle Rückenschmerzen nach stattgehabter Bandscheibenprotrusion linksseitig im Segment Lendenwirbelkörper 4/5. Die aktuell von der Klägerin beschriebenen Beschwerden seien für lokale Probleme einer vor Jahren erfolgten Hernienversorgung nicht typisch. Die ständig wechselnde oder nur gelegentliche und nicht auslösbare Schmerzsymptomatik sei ein Hinweis auf eine andersgeartete Genese der Schmerzen. Es ergebe sich kein Hinweis auf einen Zusammenhang der von der Klägerin geäußerten Schmerzen und Beschwerden mit der operativ versorgten Hernie. Die Klägerin sei noch in der Lage, leichte Tätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten.

Sodann erstattete ebenfalls auf Antrag der Klägerin nach § 109 SGG Facharzt für Neurologie und Pädiatrie Prof. Dr. Sa. sein Gutachten vom 20. Januar 2012. Prof. Dr. Sa., der sich von der Klägerin nicht den Tagesablauf schildern ließ, diagnostizierte nach Untersuchung der Klägerin am 29. März 2011 eine chronische Schmerzerkrankung vom Charakter einer somatoformen Störung und eine depressive Reaktion mit Angst gemischt. Simulation und Aggravation könnten bei der Klägerin ausgeschlossen werden. Nicht ausgeschlossen werden könne eine inzwischen durch die zahlreichen Arztkontakte und Begutachtungen erworbene Verdeutlichungstendenz. Die körperliche Leistungsfähigkeit der Klägerin werde durch das Schmerzvermeidungsverhalten behindert, Aufmerksamkeit, Konzentration und Motivation würden durch Angst und Depression eingeengt. Leichte Tätigkeiten unter Vermeidung von Heben, Tragen und Bewegen von Lasten über zehn kg, Körperarbeiten, die einen längeren Haltetonus voraussetzten, häufiges Bücken sowie Arbeiten, die Anforderungen an Umstellung und Anpassung stellten und eine Steuerung komplexer Vorgänge beinhalteten, könne die Klägerin drei bis sechs Stunden täglich ausüben. Etwa alle drei Stunden sei eine Pause erforderlich. Die Einschränkung sollte zeitlich befristet sein. Spätestens ab März 2011 sei von der festgestellten Einschränkung auszugehen.

Anschließend beauftragte das SG Prof. Dr. W. mit einer Untersuchung und Begutachtung der Klägerin. Ihr Gutachten vom 14. September 2012 erstattete sie nach einer Untersuchung am 29. August 2012. Ergänzend wurde ihr der Arztbrief des Prof. Dr. Kö., Ärztlicher Direktor des Zentrums für Chirurgie, K.-hospital S., vom 10. Januar 2012 (Procedere: keine chirurgische Therapieoption, weiter/erneut schmerztherapeutische Behandlung) vorgelegt. Die Klägerin gab ihr gegenüber an, dass sie derzeit keine Medikamente einnehme, immer früh aufstehe und am Vortag der Begutachtung nach dem Aufstehen um 5 Uhr mit Pausen Haushaltsarbeiten wie Aufräumen, Wäsche abhängen, Bettmachen, Essen zubereiten, verrichtet habe und im Gegensatz zu normalen Tagen, an denen sie sich nachmittags eine bis zwei Stunden hinlege, zwischen 13.00 Uhr/13:30 Uhr bis 18.00 Uhr ihren Ehemann in der Klinik besucht habe. Prof. Dr. W. führte aus, die Klägerin leide auf nervenärztlichem Gebiet unter einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung und einer Lumboischialgie mit sensiblem L5-Syndrom links bei Bandscheibenvorfall L4/L5 links. Ein schweres depressives Syndrom bestehe bei der Klägerin nicht. Die von ihr angegebene Stimmungsminderung und die Zukunftsängste wirkten durchaus begründet (derzeitiger Krankenhausaufenthalt des Ehemanns) und nicht eindeutig depressiv. Die früher gestellte Diagnose einer Anpassungsstörung sei nicht nachvollziehbar. Dabei handele es sich um eine Reaktion mit emotionaler Bedrängnis, Angst und Depressivität infolge eines belastenden Lebensereignisses. Normalerweise sollte eine Anpassungsstörung nach maximal zwei Jahren beendet sein. Es sei auch nicht typisch, dass eine Anpassungsstörung mit dem bei der Klägerin zu beobachtenden starken Beharren auf dem Vorliegen einer organischen Störung einhergehe. Wegen des L5-Syndroms sollte die Klägerin keine Tätigkeiten in Wirbelsäulenzwangshaltungen, mit häufigem Vorbeugen, Hocken oder Knien, mit Bewegen von Lasten über zehn kg und mit häufigen Erschütterungen ausführen, weil sonst die Gefahr der Verschlechterung bestehe. Die Leistungsbeeinträchtigung durch die somatoforme Schmerzstörung sei schwieriger zu beurteilen. Insgesamt sei der Eindruck entstanden, dass die Klägerin leistungsfähiger sei, als sie selbst angebe (und vielleicht auch glaube). Bei vielen Menschen mit somatoformer Schmerzstörung sei zudem zu beobachten, dass diese von einer regelmäßigen Beschäftigung eher profitierten, als dass sich dadurch die Schmerzen noch verschlimmerten. Die bisherige Behandlung der Klägerin sei abgesehen von den chirurgischen Konsultationen erstaunlich rudimentär gewesen. Dies möge Folge der Einschätzung mancher Behandler sein, eine Rolle möge aber auch die geringe Motivation der Klägerin zu einer psychiatrisch/psychotherapeutischen Therapie spielen. Letztendlich wecke dies Zweifel am Leidensdruck. Wegen der somatoformen Schmerzstörung sollte die Klägerin keine Tätigkeiten mit besonders hohen Anforderungen an das Konzentrationsvermögen oder die Verantwortung ausführen. Bei Beachtung der genannten Einschränkungen sei die Klägerin in der Lage, sechs Stunden täglich an fünf Tagen in der Woche zu arbeiten. In der ergänzenden Stellungnahme vom 18. Januar 2013 führte Prof. Dr. W. aus, dass sie auch in Kenntnis der Einwendungen der Klägerin gegen ihr Gutachten und der sachverständigen Zeugenauskunft des Arztes für Allgemeinmedizin/Spezielle Schmerztherapie Dr. Ma. vom 9. Januar 2013 keine Veranlassung sehe, ihre im Gutachten getroffenen Feststellungen zu revidieren.

Das SG hörte sodann noch Dr. Ma ... Dieser gab unter dem 9. Januar 2013 an, dass er die Klägerin vom 21. April 2010 bis 17. Januar 2011 in unregelmäßigen Abständen behandelt habe. Trotz Schmerztherapie sei es zu keiner Besserung gekommen. Es liege nahe, dass eine Schmerzverarbeitungsstörung vorliege. Aus diesem Grund liege die Beurteilung der Leistungsfähigkeit sicherlich auf dem Gebiet der Psychosomatik oder der Psychiatrie.

Mit Urteil vom 25. März 2013 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, die Klägerin sei den ausführlichen und nachvollziehbaren Gutachten der Dr. Me., des Dr. S., des Dr. I., des Dr. Wi. und der Prof. Dr. W. folgend nicht teilweise und damit erst recht nicht voll erwerbsgemindert. Die postoperativen Restbeschwerden nach der Operation des Bauchwand- und später des Narbenbruches führten nicht zu einer relevanten Erwerbsminderung. Auch die depressive Symptomatik und die somatoforme Störung bedingten keine Rente wegen Erwerbsminderung. Die Klägerin sei in der Lage, ihren Alltag zu strukturieren und zu organisieren. Hinzu komme, dass die Gutachter und Sachverständigen übereinstimmend dargestellt hätten, dass keine ausreichende Behandlung stattfinde. Solange zumutbare Behandlungsoptionen auf neurologisch/psychiatrischem Fachgebiet, sei es ärztlicher, therapeutischer oder auch medikamentöser Art, bestünden, scheide die Annahme einer quantitativen Leistungsminderung aus (Bayerisches Landessozialgericht [LSG], Urteil vom 21. März 2012 - L 19 R 35/08 -, in juris). Dr. I. habe sogar eine fehlende Schmerzmitteleinnahme geschildert. Dies spreche gegen einen erheblichen Leidensdruck. Prof. Dr. Sa. habe es, das SG, nicht von einem zeitlich limitierten Leistungsvermögen zu überzeugen vermocht. Er benenne kein Funktionsdefizit und spreche lediglich von einem Vermeidungsverhalten. Auch Dr. J. gebe keine nähere Begründung, warum er von einem eingeschränkten Leistungsvermögen ausgehe. Sonstige schwerwiegende spezifische Leistungseinschränkungen seien nicht ersichtlich und auch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen könne nicht festgestellt werden. Ein Anspruch gemäß § 240 SGB VI auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit stehe der Klägerin nicht zu, weil sie nach dem maßgeblichen Stichtag geboren sei.

Gegen das am 3. Mai 2013 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 24. Mai 2013 Berufung eingelegt. Bei Beachtung der einzelnen bei ihr auftretenden Beschwerden könne nicht von einer vollen Erwerbsfähigkeit ausgegangen werden. Ihre Beeinträchtigungen seien nicht nur qualitativer, sondern quantitativer Art. Auch die Einschätzung, dass sie eine ärztliche Therapie und eine Medikamenteneinnahme verweigert habe, treffe nicht zu und gehe nicht zu ihren Lasten. Die Arztkontakte dokumentierten vielmehr eine Symptomatik, welche die psychische Erkrankung manifestiere. Sie sei nicht in der Lage, Hilfe anzunehmen, was als Ausdruck ihrer psychischen Beeinträchtigung zu sehen sei. Im Übrigen sei sie sowohl bei Dr. J. als auch bei der Psychotherapeutin P. vorstellig geworden. Bestätigt werde die Einschätzung, dass ihr eine Erwerbstätigkeit nicht möglich sei, durch das Gutachten von Prof. Dr. Sa ... Die Einschätzung im Rehabilitationsentlassungsbericht des Dr. M. vom 5. März 2014, wonach sie noch sechs Stunden täglich körperlich leichte Tätigkeiten verrichten könne, entspreche nicht den Tatsachen (hierzu im Folgenden). Sie hat den Arztbrief des Radiologen Dr. Sch. vom 3. September 2013 über eine am Vortag durchgeführte Kernspintomographie der Lendenwirbelsäule (Beurteilung: Dorsale Bandscheibenprotrusion L1/2 bis L4/5 mit jeweils geringem Kompressionseffekt, im Segment L4/5 zusätzlich linksseitige relative degenerative Neuroforamenstenose bei Bandscheibenprotrusion und linksseitiger Spondylarthrose, geringe Reizergüsse im linken Facettengelenk L3/4 und rechts L4/5 als Überlastungszeichen, geringe Spondylarthrosen L5/S1) vorgelegt.

Die Klägerin beantragt - sachgerecht gefasst -,

das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 25. März 2013 und den Bescheid der Beklagten vom 15. Dezember 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3. Juni 2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 23. August 2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab 1. Oktober 2008 Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung auf Zeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt - sachgerecht gefasst -,

die Berufung zurückzuweisen und die Klage wegen des Bescheids vom 23. August 2013 abzuweisen.

Sie hält das angegriffene Urteil für zutreffend und bezieht sich auf ihr bisheriges Vorbringen. Ergänzend hat sie den Versicherungsverlauf vom 22. Juli 2013 vorgelegt.

Mit Bescheid vom 23. August 2013 hat die Beklagte den von der Klägerin am 2. Juli 2013 gestellten Antrag auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit wegen fehlender medizinischer und versicherungsrechtlicher Voraussetzungen abgelehnt.

Der Senat hat Psychologin P. als sachverständige Zeugin gehört. Diese hat unter dem 18. November 2013 mitgeteilt, dass sie die Klägerin im Jahr 2009 über ca. vier Monate und im Jahr 2013 seit Juli alle drei Wochen behandelt habe. Sie habe bei ihr eine schwere Belastungsreaktion, eine psychovegetative Erschöpfung und eine depressive Störung mittlerer Ausprägung mit somatischem Syndrom diagnostiziert. Ein psychotherapeutischer Handlungsbedarf im Sinne der Behandlung einer psychischen Störung habe nicht bestanden, da die Beeinträchtigungen nicht psychisch begründet gewesen seien. Die psychische Verfassung der Klägerin habe sich im Laufe der Behandlung verschlechtert. Eine Depressivität sei jetzt ausgeprägt vorhanden. Durch die starken körperlichen Druckschmerzen sei die Klägerin in ihrer Leistungsfähigkeit sehr stark eingeschränkt. Eine zeitliche bzw. täglich regelbare Leistungsfähigkeit sei nicht einmal für zwei Stunden dauerhaft zu prognostizieren.

Prof. Dr. Sa. hat auf Nachfrage des Senats unter dem 27. November 2013 ausgeführt, dass die Klägerin nur noch drei bis unter sechs Stunden täglich erwerbstätig sein könne. Die Beurteilung dieser Leistungsfähigkeit berücksichtige die Tatsache, dass psychosomatische Störungen, wie sie im Falle der Klägerin vorlägen, in einem übergeordneten Sinn die Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit sowie die soziale Partizipation beeinflussten. Die Einschränkung sei als zeitlich befristet beurteilt worden, bis durch eine adäquate Therapie das psychosomatische Krankheitsbild wesentlich gebessert und die Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit sowie die soziale Partizipation wiederhergestellt werden könnten.

In der Zeit vom 5. Februar bis 5. März 2014 hat die Klägerin die von der Beklagten bewilligte stationäre Rehabilitationsmaßnahme in der Federseeklinik in Bad Buchau absolviert. Dr. M. hat in seinem Entlassungsbericht vom 5. März 2014 ein chronisch rezidivierendes pseudoradikuläres Lendenwirbelsäulensyndrom ohne Dermatombezug und ohne Bewegungseinschränkung, anamnestisch Nukleusprolaps; eine Neigung zu Panalgesie; eine depressive Entwicklung bei psychosozialer Belastungssituation; eine Rezidivfreiheit nach zweimaliger Melanomexzision rechte Schulter, zuletzt 2012 ohne Metastasen, rezidivierende Entfernung, und eine periumbilicale Adhäsiolyse nach umbilicaler Herniotomie 2007 diagnostiziert. Die Klägerin könne ihre bisherige Tätigkeit als Arbeiterin nur noch drei bis unter sechs Stunden täglich verrichten. Leichte Tätigkeiten im Bewegungswechsel ohne Zwangshaltungen und fixierte Körperhaltungen, Tätigkeiten in Akkord- und Nachtschicht und Tätigkeiten, die ein erhöhtes Maß an Umstellungsfähigkeit und Flexibilität erforderten, seien ihr noch sechs Stunden und mehr täglich möglich.

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akte des SG sowie die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

1. Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten gemäß §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig. Sie bedurfte nicht der Zulassung. Denn die Klägerin begehrt Leistungen für einen Zeitraum von mehr als einem Jahr (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).

2. Gegenstand des Rechtsstreits ist zum einen der Bescheid der Beklagten vom 15. Dezember 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3. Juni 2009, mit dem diese den Antrag der Klägerin vom 21. Oktober 2008 auf Rente wegen Erwerbsminderung ablehnte. Darüber hinaus ist nach § 96 Abs. 1 SGG der Bescheid der Beklagten vom 23. August 2013, mit dem diese den Antrag der Klägerin vom 2. Juli 2013 auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung abgelehnt hat, zum Gegenstand des Rechtsstreits geworden. Dieser Bescheid ersetzt ab dem Zeitpunkt der neuen Antragstellung den vorangegangenen Ablehnungsbescheid. Über diesen Bescheid hat der Senat auf Klage zu entscheiden.

3. Die zulässige Berufung der Klägerin und die Klage wegen des Bescheids der Beklagten vom 23. August 2013 sind nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 15. Dezember 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3. Juni 2009 und der Bescheid der Beklagten vom 23. August 2013 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat ab 1. Oktober 2008 keinen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung (hierzu a)). Bei Eintritt eines Leistungsfalls am 1. November 2011 oder später liegen auch die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht mehr vor (hierzu b)).

a) Zu entscheiden ist allein, ob die (rechtskundig vertretene) Klägerin Anspruch auf befristete Rente wegen Erwerbsminderung nach § 43 SGB VI hat, nicht aber, ob sie Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI hat. Denn sie hat beim SG mit Schriftsatz ihres (früheren) Prozessbevollmächtigten vom 22. Juli 2009 lediglich Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung nach dem SGB VI, in der mündlichen Verhandlung am 25. März 2013 nur Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung nach dem SGB VI, zumindest als Zeitrente, und im Berufungsverfahren mit Schriftsatz vom 27. Juni 2013 eine Zeitrente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung nach dem SGB VI begehrt.

Versicherte haben nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 1. Januar 2008 geändert durch Artikel 1 Nr. 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554), wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).

Nach diesen Maßstäben ist die Klägerin, wie das SG zutreffend entschieden hat, weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Nach dem Ergebnis der Ermittlungen der Beklagten im Verwaltungsverfahren sowie der vom SG und vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme und auch auf der Grundlage der von der Klägerin in der Zeit vom 5. Februar bis 5. März 2014 durchgeführten Rehabilitationsmaßnahme steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Klägerin noch in der Lage ist, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mehr als sechs Stunden täglich zu verrichten. Der Senat entnimmt dies wie das SG den Gutachten der Dr. Me. vom 5. Dezember 2008, des Dr. S. vom 10. März 2009, des Dr. I. vom 19. Februar 2010, des Dr. Wi. vom 8. Oktober 2010 und der Prof. Dr. W. vom 14. September 2012 sowie dem Entlassungsbericht des Dr. M. vom 5. März 2014.

Bei der Klägerin steht im Vordergrund eine somatoforme Schmerzstörung mit abdominellen Schmerzen. Ferner besteht eine reaktive Depression mit Schlafstörungen und Angst. Dies stützt der Senat auf die Gutachten der Dr. Me., des Dr. I. und des Prof. Dr. Sa., den Entlassungsbericht des Dr. M. vom 5. März 2014 und die sachverständige Zeugenauskunft der Psychologin P. vom 18. November 2013. Der Senat folgt der Gutachterin und den Sachverständigen sowie Dr. M. und der Psychologin P. insbesondere darin, dass bei der Klägerin nicht nur eine Dysthymia, von der Dr. S. ausging, vorliegt. Die Gutachterin, die Sachverständigen, Dr. M. und Psychologin P. haben insoweit insbesondere auf Misstrauen, eine gedrückte Stimmungslage, Anspannung und Ängste sowie Hoffnungslosigkeit verwiesen. Auch Prof. Dr. W. sah eine Stimmungsminderung und Zukunftsängste, die sie im Gegensatz zu Dr. Me., Dr. I. und Prof. Dr. Sa. aber als begründet und nicht eindeutig depressiv einordnet. Dies mag zum Zeitpunkt der Untersuchung durch Prof. Dr. W. mit Blick auf den Krankenhausaufenthalt des Ehemanns der Klägerin zumindest teilweise richtig gewesen sein. Außerhalb der akuten Erkrankung des Ehemanns der Klägerin sind diese Symptome jedoch nicht begründet und deshalb als Beleg für das Vorliegen einer Depression zu werten. Eine Anpassungsstörung, die Dr. M. in seinem Entlassungsbericht vom 22. Oktober 2008 diagnostizierte, hält der Senat jedoch zumindest derzeit für nicht mehr erwiesen, nachdem eine Anpassungsstörung den insoweit überzeugenden Ausführungen von Prof. Dr. W. folgend nach maximal zwei Jahren beendet ist und typischerweise nicht mit dem Beharren auf dem Vorliegen einer organischen Störung einhergeht. Diese Diagnose hat außer Dr. M. auch kein weiterer Arzt gestellt.

Weiter leidet die Klägerin an einer Lumboischialgie mit Bandscheibenschäden, die weder mit Bewegungseinschränkungen noch mit einem neurologischen Funktionsdefizit verbunden sind. Dies ergibt sich aus dem Gutachten der Dr. Me., des Dr. Wi., der Prof. Dr. W. und dem Entlassungsbericht des Dr. M. vom 5. März 2014.

Außerdem besteht bei der Klägerin ein Zustand nach operativ versorgter epigastrischer Hernie mit geringen residuellen lokalen Narbenschmerzen. Dies entnimmt der Senat den Entlassungsberichten des Dr. M. vom 22. Oktober 2008 und 5. März 2014 und den Gutachten der Dr. Me., des Dr. I. und des Dr. Wi ...

Zudem leidet die Klägerin unter einem minimalen Einwärtsschielen links, einer Rezidivfreiheit nach zweimaliger Melanomexzision im Bereich der rechten Schulter zuletzt im Jahr 2012 ohne Metastasen und rezidivierender Entfernung und einer leichte Hypercholesterinämie. Dies stützt der Senat auf die Gutachten der Dr. Me., des Dr. I. und den Entlassungsbericht des Dr. M. vom 5. März 2014.

Aus den bei der Klägerin als rentenrelevant zu berücksichtigenden Gesundheitsstörungen ergeben sich nach Überzeugung des Senats qualitative Leistungseinschränkungen. Die Klägerin kann nur noch leichte Tätigkeiten im Bewegungswechsel, in Tages-, Früh-/Spätschicht ohne Wirbelsäulenzwangshaltungen, häufiges Bücken, Heben und Tragen von Lasten über zehn kg, Hocken oder Knien, verbunden mit häufigen Erschütterungen, vermehrtem Zeitdruck oder Akkordbedingungen, vermehrten emotionalen und geistig-psychischen Belastungen, besonders hohen Anforderungen an das Konzentrationsvermögen und die Verantwortung sowie permanente widrige klimatische Bedingungen verrichten. Dies ergibt sich aus den für den Senat schlüssigen und überzeugenden Gutachten der Dr. Me., des Dr. S., des Dr. I. und der Prof. Dr. W. sowie dem Entlassungsbericht des Dr. M. vom 5. März 2014. Auch Dr. Wi. hat in seinem auf Antrag der Klägerin nach § 109 SGG erstatteten Gutachten diese Leistungseinschätzung bestätigt.

Die bei der Klägerin als rentenrelevant zu berücksichtigenden Gesundheitsstörungen führen nach Überzeugung des Senats zu keiner Einschränkung des Leistungsvermögens in quantitativer Hinsicht. Die Klägerin ist noch in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten mit den genannten qualitativen Leistungseinschränkungen in einem Umfang von mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Der Senat stützt sich auch insoweit auf die im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten der Dr. Me. und des Dr. S. sowie die im erstinstanzlichen Verfahren eingeholten Gutachten des Dr. I., der Prof. Dr. W. und des Dr. Wi. und außerdem auf den Entlassungsbericht des Dr. M. über die zwischen dem 5. Februar und 5. März 2014 durchgeführte stationäre Rehabilitationsmaßnahme in der Federseeklinik in Bad Buchau. Die Beurteilung des quantitativen Leistungsvermögens der Klägerin durch diese Gutachten und den Entlassungsbericht des Dr. M. ist aufgrund der von den Ärzten erhobenen Befunde schlüssig und nachvollziehbar. Die Auswirkungen der Schmerzen der Klägerin im Alltag aufgrund der somatoformen Schmerzstörung sind nicht so gravierend, dass sie einer mindestens sechsstündigen Tätigkeit entgegenstünden. Belegt wird dies dadurch, dass die Klägerin keine medikamentöse Schmerztherapie durchführt und sich nur zwischen dem 21. April 2010 und 17. Januar 2011 in unregelmäßigen Abständen von Dr. Ma. behandeln ließ. Dies weckt Zweifel am Leidensdruck. Der Alltag der Klägerin ist auch strukturiert. Sie steht früh auf und kümmert sich um das Essen und die Haushaltsarbeiten. Zumindest zu ihren Verwandten und telefonisch zu einer Freundin hat sie auch Kontakt. Im Jahr 2011 vermochte sie anlässlich ihrer Silberhochzeit auch eine Reise in die Karibik zu unternehmen und während des Krankenhausaufenthalts ihres Ehemannes im August 2012 war sie auch in der Lage, ihn nahezu fünf Stunden zu besuchen. Die bei der Klägerin vorliegende Lumboischialgie ist weder mit Funktionseinschränkungen noch mit einem neurologischen Funktionsdefizit verbunden. Auch insoweit befindet sie sich nicht in laufender fachärztlicher Behandlung. Mit Blick auf die Depression nimmt die Klägerin ebenfalls keine Medikamente ein. In psychologischer, jedoch nicht in psychiatrischer Behandlung befindet sie sich insoweit, nachdem sie im Jahr 2009 über ca. vier Monate probatorische Sitzungen bei der Psychologin P. wahrgenommen hat, erst wieder seit Juli 2013. Wegen der operativ versorgten Hernien treten lediglich geringe residuelle lokale Narbenschmerzen auf. Folgen der zweimaligen Melanomexzision im Bereich der rechten Schulter bestehen nicht. Über eine Sehminderung wegen des Einwärtsschielens wird nicht berichtet.

Widerlegt wird diese Einschätzung nicht durch die anderslautende Einschätzung des Prof. Dr. Sa. sowie der Psychologin P. und des Dr. J ... Prof. Dr. Sa. geht zwar davon aus, dass die Klägerin nur noch drei bis unter sechs Stunden täglich erwerbstätig sein könne. Wie Prof. Dr. W., Dr. I. und Dr. S. diagnostiziert er jedoch im Wesentlichen eine somatoforme Schmerzerkrankung. Er begründet seine abweichende Einschätzung weder mit - auch von ihm bei der Klägerin nicht festgestellten - Funktionsdefiziten noch einem beeinträchtigten Tagesablauf. Letzteren erhob er nicht. Seine Einschätzung vermag nach Überzeugung des Senats die miteinander im Einklang stehenden Einschätzungen der Dr. Me., des Dr. S., des Dr. I. und der Prof. Dr. W. deshalb nicht zu widerlegen. Auf die Arztauskunft des Dr. J. lässt sich ebenfalls keine abweichende Beurteilung stützen. Er hat in seiner äußerst knapp gehaltenen sachverständigen Zeugenauskunft vom 23. September 2009 keine von ihm erhobenen Befunde beschrieben. Im Übrigen sieht er das für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit der Klägerin maßgebliche Leiden auf internistischem Fachgebiet. Mit Blick auf die Auskunft der Psychologin P. fehlen ebenfalls von der Psychologin erhobene Befunde, die ihre Einschätzung stützen könnten. Im Übrigen steht die Tatsache, dass sie die Klägerin nicht einem Psychiater vorstellt, obwohl sie von einer ausgeprägten Depressivität ausgeht, dem Vorliegen einer so gravierenden Diagnose auf diesem Fachgebiet, dass deshalb eine quantitative Erwerbsminderung vorliegen würde, entgegen.

Auch der Entlassungsbericht des Dr. M. vom 22. Oktober 2008 vermag die Überzeugung des Senats nicht zu erschüttern. Auch diese Einschätzung ist für den Senat nicht nachvollziehbar. Sie stützt sich auf einen unbehandelten Zustand der Klägerin. Die Klägerin wurde auch während der Rehabilitationsmaßnahme nicht medikamentös behandelt. Es wurde lediglich eine ambulante Psychotherapie und nach zwölf Monaten eine psychosomatische Rehabilitation mit Belastungserprobung und Leistungseinschätzung als dringend nötig erachtet. Weshalb eine medikamentöse Behandlung nicht einmal versucht wurde, wurde nicht begründet und ist nicht nachvollziehbar.

Mit Blick auf das nach allem noch verbliebene Restleistungsvermögen der Klägerin für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes über sechs Stunden täglich kam auch die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung nicht in Betracht.

b) Abgesehen davon sind die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen bei der Klägerin auch letztmals bei Annahme des Eintritts der Erwerbsminderung am 31. Oktober 2011 erfüllt. Die nach nach §§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI erforderlichen 36 Monate mit Pflichtbeitragszeiten in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung waren bei der Klägerin letztmals im Zeitraum vom 31. Oktober 2006 bis 30. Oktober 2011 gegeben, nämlich in der Zeit von Oktober 2006 bis 28. September 2009 (siehe Versicherungsverlauf vom 23. Juli 2013).

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

5. Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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