L 9 KR 121/97

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 76 Kr 801/94
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 9 KR 121/97
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 10. April 1997 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger verpflichtet ist, für den Beigeladenen zu 3) Beiträge zur Kranken-, Rentenversicherung und zur Bundesanstalt für Arbeit für die Zeit vom 1. Januar bis zum 31. März 1988 und für Mai 1988 zu entrichten.

Der Kläger betrieb ab 1. Mai 1987 als Einzelkaufmann den Groß- und Einzelhandel für Sekte, Weine, Spirituosen sowie Speditions- und Lagereigüter sowie die Vermittlung von selbständigen Gewerbetreibenden (Subunternehmern). Im Rahmen dieser gewerblichen Tätigkeit vermittelte er u.a. den Beigeladenen zu 3) in der Zeit vom 1. Januar bis zum 31. März 1988 und im Mai 1988 an andere Speditionen, für die dieser als Aushilfskraftfahrer arbeitete. Hierfür zahlte er dem Kläger insgesamt 5.792,-- DM (für Januar 1988: 1.072 DM, für Februar 1988: 2.520,-- DM; für März 1988: 1.967,-- DM; im Mai 1988 124,-- DM). Da der Kläger den Bei-geladenen zu 3) als selbständigen Subunternehmer ansah, entrichtete er für ihn keine Sozialversicherungsbeiträge.

Der Beigeladene zu 3) arbeitete seit 1980 als Lkw-Fahrer im Speditionsgewerbe. Er meldete zum 1. Oktober 1984 ein eigenes Gewerbe für „Dienstleistungen im Fuhrgewerbe sowie Lebensmittelgroßhandel" beim Bezirksamt Wedding von Berlin an und war bis 1988 entweder als selbständiger oder als abhängig beschäftigter Kraftfahrer für verschiedene Unternehmen des Speditionsgewerbes tätig.

Der Beigeladene zu 3) wandte sich mit Schreiben vom 12. Februar und 22. April 1992 an die beklagte Einzugsstelle und erklärte, seit 1988 für verschiedene Speditionen als abhängig Beschäftigter gearbeitet zu haben. Vom 1. Januar bis zum 20. Mai 1988 sei er als Arbeitnehmer vom Kläger beschäftigt worden. Zu den von ihm seit 1988 behaupteten Beschäftigungsverhältnissen gab er an: Er habe weder einen eigenen Lkw besessen noch habe er bei seiner Beschäftigung im Speditionsgewerbe ein Unternehmerrisiko getragen oder eigenes Kapital eingesetzt. Über Firmen- bzw. Geschäftsräume verfüge er nicht. Er habe demzufolge auch keine eigenen Arbeitnehmer beschäftigt. Er habe seine Arbeitskraft ausschließlich den ihn beschäftigenden Firmen zur Verfügung und daher auch nur die geleisteten Arbeitsstunden in Rechnung gestellt. Bei allen Beschäftigungsunternehmen habe für ihn jeweils die Arbeitszeit der dort Beschäftigten gegolten. Eine freie Einteilung der Arbeitszeit sei ihm nicht möglich gewesen. Weisungen habe er durch die jeweiligen Disponenten der Speditionsfirmen erhalten. Eine Ablehnung von Aufträgen sei nicht möglich gewesen. Arbeitsmittel (Lkw) seien ihm ausschließlich von den jeweiligen Speditionen gestellt worden. Die Arbeitsleistung habe er in eigener Person erbringen müssen und wöchentlich anhand der Fahrtenschreiber und Stundenzettel mit den Beschäftigungsfirmen abgerechnet. Die erhaltenen Lohnzahlungen habe er beim zuständigen Finanzamt Wedding als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit versteuert. Für den Kläger sei er erst aufgrund eines mündlichen Vertrages von Januar bis März und im Mai 1988 gefahren. Er sei als Kraftfahrer 50 bis 60 Stunden monatlich je nach Auftragslage von ihm eingesetzt worden. Über seine Arbeitskraft habe er nicht frei verfügen können, sondern sei den Weisungen des Klägers hinsichtlich der Ausführung der Arbeit ausgesetzt gewesen. Seine Arbeitsleistung sei durch die Einsichtnahme in die Fahrtenschreiber auch kontrolliert worden. Darüber hinaus habe er über seine Tätigkeit mündliche Berichte abzugeben gehabt. Er habe vom Kläger wöchentlich Bargeldleistungen erhalten. Anspruch auf bezahlten Urlaub und auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall habe er nicht gehabt. Auch in diesem Beschäftigungsverhältnis sei er verpflichtet gewesen, die Arbeiten selbst auszuführen und habe keine eigenen Hilfskräfte dafür einsetzen dürfen. Ihm sei das Arbeitsgerät von seinem Arbeitgeber kostenlos zur Verfügung gestellt worden. Eigenes Kapital habe er nicht eingesetzt und damit auch kein eigenes Unternehmerrisiko getragen. Zwischen Januar und März und im Mai 1988 sei er nicht bei anderen Arbeitgebern beschäftigt gewesen oder für diese tätig geworden.

Die Beklagte unterrichtete den Kläger von den vorstehenden Angaben des Beigeladenen zu 3) und bat ihn um Stellungnahme. Der Kläger erklärte hierzu mit Schreiben vom 28. Februar 1992, dass die Firma S für ihn im Jahre 1988 sporadisch tätig gewesen sei.

Mit Bescheid vom 22. Dezember 1992 stellte die Beklagte fest, dass der Beigeladene zu 3) in der Zeit von Januar bis März und im Mai 1988 als Kraftfahrer für den Kläger gegen Entgelt beschäftigt worden sei und nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch/Fünftes Buch -SGB V-, § 1227 Abs. 1 Nr. 1 Reichsversicherungsordnung -RVO- sowie § 168 Abs. 1 Arbeitsförderungsgesetz -AFG- der Versicherungspflicht in der Kranken- und Rentenversicherung sowie der Beitragspflicht zur Bundesanstalt für Arbeit unterlegen habe. Zugleich forderte sie für die Beschäftigung des Beigeladenen zu 3) bezüglich des genannten Zeitraums Beiträge zur Kran-ken-, Rentenversicherung der Arbeiter und zur Bundesanstalt für Arbeit in Höhe von insgesamt 2.316,80 DM (Beiträge zur Krankenversicherung: 984,64 DM; Beiträge zur Rentenversicherung der Arbeiter: 1.083,10 DM; Beiträge zur Bundesanstalt für Arbeit: 249,06 DM) nach. Den hiergegen erhobenen Widerspruch des Klägers wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 18. Oktober 1994 zurück. Zur Begründung führte sie aus: Nach den Unterlagen der Beklagten sei der Beigeladene zu 3) bis August 1986 von anderen Arbeitgebern als versicherungspflichtig beschäftigter Arbeitnehmer gemeldet und anschließend bis Juli 1987 Bezieher von Leistungen des Arbeitsamtes gewesen. Offenbar um bessere Chancen am Arbeitsmarkt zu erhalten, habe der Beigeladene zu 3) sich zwar als selbständiger Kraftfahrer angeboten, jedoch lediglich seine Arbeitskraft als Fahrer von Lastkraftwagen zur Verfügung gestellt. Der Beigeladene zu 3) sei vom Arbeitsanfall abhängig gewesen. Dies treffe für alle Arbeitnehmer zu. Auf Dauer seien diese darauf angewiesen, dass ihr Arbeitgeber genügend Aufträge habe. Sie seien insofern lediglich vom Unternehmerrisiko des die beschäftigenden Unternehmens abhängig. Dieser Sachverhalt stelle kein eigenes Unternehmerrisiko dar. Das eigene Risiko des Arbeitnehmers liege vielmehr darin, ob er in der Lage sei, seine Arbeitskraft einzusetzen. Dieses Risiko mache niemandem zum selbständig Gewerbetreibenden. Darüber hinaus sei das berufliche Erscheinungsbild der Nachunternehmer vor und nach den streitigen Beschäftigungen als Indiz für die Abgrenzung von selbständigen und abhängigen Tätigkeiten geeignet. Merkmale für eine selbständige Tätigkeit als Fuhrunternehmer hätten eindeutig nicht vorgelegen. Allein eine Gewerbeanzeige mache ihrer tatsächlichen Gestaltung nach eine abhängige Beschäftigung nicht zu einer selbständigen Tätigkeit.

Hiergegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Berlin erhoben und bestritten, dass der Beigeladene zu 3) in den Monaten Januar bis März und im Mai 1988 als Arbeitnehmer bei ihm beschäftigt gewesen sei. Vielmehr sei der Beigeladene zu 3) als selbständiger Unternehmer tätig gewesen und habe in dieser Zeit in seiner Funktion als selbständiger Subunternehmer für den Kläger Aufträge ausgeführt. Er habe mit dem Beigeladenen zu 3) die Durchführung von Gütertransporten vereinbart und ihm hierfür Vergütungen auf der Basis eines Stundensatzes von 16,-- DM zuzüglich der jeweils geltenden Mehrwertsteuer gezahlt. Der Einsatz des Beigeladenen zu 3) sei unter der Bedingung erfolgt, dass dieser jeweils gegenüber dem Kläger nachweise, dass er vorsteuerabzugsberechtigt sei. Dem Kläger sei bekannt, dass der Beigeladene zu 3) in seiner Eigenschaft als selbständiger Fuhrunternehmer nicht nur für seine Firma, sondern darüber hinaus auch für andere Firmen gearbeitet habe. Ihm vom Kläger angebotene Aufträge habe der Beigeladene zu 3) teilweise nicht angenommen, und zwar mit der Begründung, dass er in den vorgesehenen Zeiten für andere Unternehmer tätig sei. So habe der Beigeladene zu 3) z.B. im Mai 1988 Aufträge für die Firma Rin Berlin-Spandau ausgeführt. Für eine selbständige Tätigkeit des Beigeladenen zu 3) spreche im Übrigen insbesondere, dass dieser nur in unregelmäßigen Abständen und nur nach jeweiliger telefonischer Rückfrage für ihn tätig gewesen sei. Im Übrigen habe sich die Tätigkeit des Beigeladenen zu 3) im Januar auf lediglich ca. zwei Wochen, im Februar auf ca. drei Wochen, im März auf ca. vier Wochen und im Mai auf einen Tag beschränkt. Im April 1988 sei der Beigeladene zu 3) für den Kläger überhaupt nicht tätig geworden.

Der Beigeladene zu 3) hat erklärt: Im streitigen Zeitraum habe er nur Lkw-Fahrertätigkeiten ausgeübt, die ihm vom Kläger vermittelt worden seien. Die vermittelten Speditionen hätten ihm dann den Lkw gestellt. Die Lastkraftwagen hätten ein zulässiges Gesamtgewicht von 38 t - es seien Sattelschlepper oder auch Lkw mit Anhänger gewesen - gehabt. Er sei vom Kläger für diese Tätigkeiten bezahlt worden, wie sich auch aus den vorgelegten Quittungen ergebe. Er habe Speditionsgüter transportiert. Überwiegend habe es sich in dem streitigen Zeitraum um Lastkraftwagen der Spedition S gehandelt. Er habe vom Kläger einen Stundenlohn von 16,-- DM netto erhalten. Als Nachweis für seine Beschäftigungsdauer habe er Bescheinigungen der Spedition bzw. der Speditionen dem Kläger vorlegen müssen. Eine feste Arbeitszeit sei zwi-schen ihm und dem Kläger nicht vereinbart worden. Er sei als Aushilfskraftfahrer je nach Bedarf beschäftigt gewesen. Grundsätzlich habe er die Aufträge, die er vom Kläger erhalten habe, angenommen; eine Einsatzbereitschaft sei ihm vom Kläger nicht vorgeschrieben worden. Seinen Vortrag, im streitigen Zeitraum auch für vier bis fünf andere Speditionen tätig geworden zu sein, hat der Beigeladene zu 3) mit der Erklärung korrigiert, dass er insoweit missverstanden worden sei oder sich geirrt habe. Seinen Einnahmeaufzeichnungen lasse sich entnehmen, dass er in der streitigen Zeit nur für den Kläger gearbeitet habe.

Die Beklagte hat vorgetragen, dass die Prüfung der Versicherungsverhältnisse des Beigeladenen zu 3) in allen Fällen ergeben habe, dass nach der tatsächlichen Ausgestaltung seiner Tätigkeit von einer abhängigen Beschäftigung auszugehen sei, da die Merkmale einer selbständigen Tätigkeit nahezu vollständig fehlten. Die Anzeige eines eigenen Gewerbes sei ohne rechtliche Bedeutung. Der Kläger habe bestätigt, während seiner Tätigkeit bei dem Kläger nicht gleichzeitig für andere Auftraggeber tätig geworden zu sein. Selbst wenn aber im vorliegenden Fall eine Überschneidung mehrerer Beschäftigungsverhältnisse stattgefunden haben sollte, sei dieses Argument nicht geeignet, den Nachweis einer selbständigen Tätigkeit zu führen. Denn alle übrigen Merkmale sprächen im vorliegenden Fall für eine Arbeitnehmertätigkeit des Beigeladenen zu 3). Nach den Unterlagen der Beklagten habe dieser für die Spedition R GmbH auch erst in der Zeit vom 20. Mai 1988 bis zum 18. Mai 1989 Dienstleistungen quittiert. Die Beklagte habe für diesen Zeitraum auch gegenüber der Spedition R GmbH Beitragsforderungen geltend gemacht. Soweit der Kläger den Beigeladenen zu 3) an andere Unternehmen ausgeliehen habe, sei er als Verleiher neben dem Entleiher als Arbeitgeber als Gesamtschuldner der Sozialversicherungsbeiträge anzusehen.

Das Sozialgericht Berlin hat über die Behauptung des Klägers, der Beigeladene zu 3) sei für ihn als Subunternehmer tätig geworden, Beweis erhoben durch die Vernehmung des Zeugen Z. Wegen der Einzelheiten seiner Aussage wird auf die Sitzungsniederschrift des Sozialgerichts vom 10. April 1997 Bezug genommen. Mit Urteil vom 10. April 1997 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung auf den Inhalt des Widerspruchsbescheides Bezug genommen. Ergänzend hat es ausgeführt: Das Bestehen einer Versicherungspflicht werde durch die Angaben des Beigeladenen zu 3) bestätigt. Auch wenn dieser bei seiner Befragung zunächst andere Angaben gemacht habe, so habe er doch für die Kammer letztlich glaubwürdig bekundet, dass er in dem streitigen Zeitraum nur aufgrund von Vermittlungen des Klägers als Lastkraftwagenfahrer gearbeitet habe. Er habe Arbeiten ausgeführt wie jeder andere abhängig beschäftigte Lastkraftwagenfahrer auch. Ob der Kläger in der streitigen Zeit für andere Unternehmen gearbeitet bzw. Aufträge des Klägers abgelehnt habe, bleibe offen. Zu Recht habe die Beklagte insoweit aber darauf hingewiesen, dass auch mehrfach Beschäftigte versicherungspflichtig seien.

Gegen das ihm am 4. September 1997 zugestellte Urteil hat der Kläger am 30.September 1997 Berufung eingelegt und sein Vorbringen aus dem Verfahren vor dem Sozialgericht wiederholt und vertieft. Die Angaben des Beigeladenen zu 3) zur Beschäftigung bei anderen Unternehmen in der strittigen Zeit seien widersprüchlich und deshalb unglaubhaft. Denn der Beigeladene zu 3) habe gegenüber dem Sozialgericht zunächst ausdrücklich erklärt, im streitigen Zeitraum auch für andere Speditionen tätig gewesen zu sein. Diese Erklärung habe er später zurückgenommen, ohne hierfür eine plausible Erklärung angeben zu können. Der inhaltlich falsche Sachvortrag des Beigeladenen zu 3) finde sein Motiv allein darin, dass er seine selbständige Tätigkeit im Zeitraum von 1988 bis 1991 nachträglich als abhängige Beschäftigung darstellen wolle, um sein Altersruhegeld aufzubessern. Es sei deshalb davon auszugehen, dass dieser auch während des streitigen Zeitraums für andere Speditionen gearbeitet habe und für seine Tätigkeit die Anmeldung eines eigenen Gewerbes einen überzeugenden Beleg darstelle.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 10. April 1997 sowie den Bescheid des Beklagten vom 22. Dezember 1992 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Oktober 1994 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie tritt dem Vorbringen des Klägers entgegen und beruft sich zur Begründung auf die Entscheidungsgründe des Sozialgerichts Berlin, die sie für zutreffend und ausreichend hält. Es überwögen die Abgrenzungskriterien, die für eine Arbeitnehmertätigkeit sprächen. Die Motive des Beigeladenen zu 3) zu seinen Erklärungen seien unerheblich. Im Übrigen sei die Prüfung der versicherungsrechtlichen Verhältnisse insoweit erheblich erschwert worden, dass der Kläger mit dem Beigeladenen zu 3) lediglich in mündlich vereinbarter Vertragsbeziehung gestanden habe. Da der Beigeladene zu 3) bereits zuvor in ähnlicher Weise bei anderen Arbeitgebern beschäftigt gewesen sei und die Beklagte auch für diese Zeiträume Versicherungs- und Beitragspflicht rechtskräftig festgestellt habe, seien seine Angaben glaubhaft, zumal inzwischen fast zehn Jahre vergangen seien.

Die übrigen Beteiligten haben sich im Berufungsverfahren nicht geäußert und keine Anträge gestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie die die Feststellung der Versicherungspflicht betreffenden Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Die Beklagte und das Sozialgericht haben zutreffend entschieden, dass der Beigeladene zu 3) während seiner Tätigkeit für den Kläger in dem streitbefangenen Zeitraum von Januar bis März und im Mai 1988 der Versicherungspflicht in der Kranken- und Rentenversicherung sowie der Beitragspflicht zur Bundesanstalt für Arbeit unterlegen hat und dass der Kläger deshalb als sein Arbeitgeber oder jedenfalls als Verleiher ohne die erforderliche Erlaubnis nach § 1 des Gesetzes zur Regelung der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung (Arbeitnehmerüberlassungsgesetz -AÜG-) gemäß § 10 Abs. 3 AÜG verpflichtet ist, an die Beklagte Beiträge in der von dieser festgestellten Höhe zu zahlen.

Gemäß § 393, 1396 der Reichsversicherungsordnung in den hier anwendbaren Fassungen (RVO), §§ 172, 176 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) hatte der Arbeitgeber an die zuständige Einzugsstelle - hier die Beklagte - Beiträge zur Kranken-, Renten- und Arbeitslosen-versicherung für die gemäß §§ 165 Abs. 1 Nr. 1, 1227 Abs. 1 Nr. 1 RVO, 168 Abs. 1 AFG der Versicherungs- bzw. Beitragspflicht unterliegenden entgeltlich beschäftigten Arbeiter abzuführen. Zu diesem Personenkreis gehörte der Beigeladene zu 3). Er kann entgegen der Auffassung des Klägers nicht als selbständiger und damit nicht versicherungspflichtiger „Subunternehmer" angesehen werden. Unter einer Beschäftigung im Sinne der genannten Vorschrift ist nach § 7 Abs. 1 Sozialgesetzbuch/Viertes Buch -SGB IV- die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis, zu verstehen.

Das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses ist typologisch unter Berücksichtigung aller Merkmale des Einzelfalls zu bestimmen. Maßgebliche Bedeutung kommt dabei der Frage zu, ob der Dienstleistende im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann oder ob er hinsichtlich Zeit, Ort und Art der Arbeitsleistung dem Weisungsrecht des Auftraggebers unterliegt. Letzteres spricht für eine unselbständige Tätigkeit (vgl. BSG SozR 3-4100 § 4 AFG Nr. 1 mit weiteren Nachweisen). Der Arbeitnehmer übernimmt eine fremdgeplante, fremdnützige und von fremder Risikobereitschaft getragene Arbeit und ist in eine übergeordnete Arbeitsorganisation eingegliedert; er ist zur Erbringung seiner Dienste auf die Organisation und betrieblichen Mittel des Dienstberechtigten angewiesen. Die selbständige Tätigkeit andererseits wird durch das eigene Unternehmerrisiko, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitszeit und die im Wesentlichen freigestellte Tätigkeit und Arbeitsweise gekennzeichnet. Im Gegensatz zum Arbeitnehmer kommt dem Unternehmer das Ergebnis der Arbeit unmittelbar zugute. Für den Dienstleistenden ist die Tätigkeit demgegenüber fremdnützig und damit abhängig; dies begründet seine Schutzbedürftigkeit als Arbeitnehmer (Urteil des LSG Berlin, 15. Senat, vom 1. November 1995 - L 15 Kr 63/94 -). Maßgebend für die Bewertung ist insoweit eine Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles unter Beachtung der Verkehrsanschauung; danach ist festzustellen, ob der Betreffende dem Typus des Arbeitnehmers zuzuordnen ist, wobei nicht alle Kriterien vorliegen müssen und die vorhandenen unterschiedlich ausgeprägt sein können (BSG a.a.O.; SozR 2200 § 165 RVO Nr. 51). Bei der Abgrenzung ist zwar auch die vertragliche Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses zu berücksichtigen; weicht diese jedoch von den tatsächlichen Gegebenheiten ab, kommt letzteren ausschlaggebende Bedeutung zu (BSG a.a.O.; SozR 2200 § 165 RVO Nr. 32, 45, 61).

Nach dem Gesamtbild der von dem beigeladenen Lkw-Fahrer verrichteten Tätigkeiten sprechen mehr Tatsachen für das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses als für eine selbständige Tätigkeit.

Der Beigeladene zu 3) war in das vom Kläger beherrschte „System" der Beschäftigung von „Subunternehmern" in den klägerischen Betrieb eingegliedert, das der Kläger nach den Angaben des Zeugen Z von der Firma Intra GmbH übernahm, die er vor Beginn seiner selbständigen Tätigkeit als Geschäftsführer geleitet hatte. Dieses „System", das dem Senat in seinen Kernelementen aus anderen Verfahren aus der Speditionsbranche bekannt ist (vgl. insbesondere LSG Berlin, Urteil vom 27. Oktober 1993 - L 9 Kr 35/92 - in: DB 1994, 1829 = NZS 1994, 409; Urteil vom 23. September 1993 - L 9 Kr 101/93 -, Urteil vom 23. Februar 1994 - L 9 Kr 57/93 -, bestätigt durch BSG, Beschluss vom 30. August 1994 - 12 BK 50/94 -), war darauf ausgerichtet, bei der Beschäftigung von Kraftfahrern - in der Regel formale - Elemente selbständiger Tätigkeit mit denen abhängiger Beschäftigung so zu verknüpfen, dass arbeits-, steuer- und sozialversicherungsrechtliche Pflichten für den „Hauptunternehmer" weitgehend entfielen, ohne dass er dadurch die Möglichkeit verlor, aus dem Einsatz der sogenannten „Subunternehmer" dieselben wirtschaftlichen Vorteile zu ziehen wie aus der Beschäftigung abhängiger Arbeitnehmer. Der Senat hat diese Fälle überwiegend als solche abhängiger Beschäftigung angesehen und ist in dieser Einschätzung durch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts und des Bundesverfassungsgerichts bestätigt worden (vgl. hierzu die oben angegebene Rechtsprechung des 9. Senats des LSG Berlin, den bereits zitierten Beschluss des BSG vom 30. August 1994 - 12 BK 50/94 - sowie den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 20. Mai 1996 - 1 BvR 21/96 - in NJW 1996, 2644). Ebenso wie in den entschiedenen Fällen liegen auch im vorliegenden Rechtsstreit bei der Beurteilung der Arbeitsleistung des Beigeladenen zu 3) für den Kläger überwiegend Merkmale vor, die typisch für abhängige Arbeitnehmer sind. So konnte der Beigeladene zu 3) auf das vom Kläger geschaffene „System" und damit seinen Arbeitseinsatz und das hierfür gezahlte Entgelt keinen gestaltenden Einfluss nehmen, sondern musste sich ihm unterwerfen oder die vermittelten Aufträge ablehnen. Dementsprechend konnte er über seine Arbeitskraft nicht frei verfügen, sondern war bei den vom Kläger vermittelten Beschäftigungen bei anderen Speditionsunternehmen dessen Weisungen oder denen der Disponenten der Entleiher ausgesetzt; während der Beschäftigung war er den Arbeitszeitregelungen der entleihenden Unternehmen unterworfen und konnte seine Arbeitszeit nicht frei gestalten. Über seine Arbeitsleistungen musste der Beigeladene zu 3) dem Kläger mündlich berichten und diese unter Vorlage der jeweiligen Fahrtenschreiber der Fahrzeuge nachweisen; die Entlohnung erfolgte auf der Basis eines zwischen ihm und dem Kläger fest vereinbarten Stundensatzes von 16,-- DM. Das danach ermittelte Arbeitsentgelt zahlte der Kläger dem Beigeladenen zu 3) wöchentlich aus. Den sich aus der Arbeitsleistung des Beigela-denen zu 3) ergebenden Gewinn erhielt deshalb allein der Kläger; der Beigeladene war dagegen noch nicht einmal berechtigt, der ihn einsetzenden Spedition seine Dienstleistungen in Rechnung zu stellen, geschweige denn eigene Ansprüche auf Vergütung ihr gegenüber geltend zu machen.

Darüber hinaus konnte und durfte der Beigeladene zu 3) im Rahmen der ihm vom Kläger vermittelten Beschäftigungen die von ihm verlangten Arbeitsleistungen bei anderen Spediteuren nicht an eigene Beschäftigte oder Subunternehmer weitergeben, weil er nicht im Besitz der dafür erforderlichen Transportfahrzeuge war. Denn der Kläger hat in der streitigen Zeit Lastkraftwagen mit einem zulässigen Gesamtgewicht von 38 t - Sattelschlepper oder Lastkraftwagen mit Anhängern - gefahren, die den entleihenden Unternehmen gehörten und die nur ihm als Aushilfskraftfahrer zur Verfügung gestellt wurden. Im Fehlen des eigenen zur Arbeitsleistung erforderlichen Arbeitsmittels zeigt sich besonders deutlich, dass der Beigeladene zu 3) vom Kläger bzw. dem von ihm vermittelten Spediteur als abhängig Beschäftigten und nicht als Subunternehmer eingesetzt worden ist. Echte Subunternehmerverhältnisse sind nämlich dadurch gekennzeichnet, dass sich ein Unternehmer zur Herstellung eines Werkes eines oder mehrerer Subunternehmer bedient, die in Form von Werk- oder Dienstverträgen verpflichtet sind, entsprechend der Ausrichtung oder Qualifikation des Betriebes mit eigenen Arbeitskräften sowie Material und Maschinen einen bestimmten Abschnitt des Gesamtwerkes zu erstellen. Im Bereich der Bauwirtschaft, für den diese Vertragsgestaltung besonders typisch ist, werden Bauleistungsverträge mit Subunternehmern insbesondere deshalb geschlossen, weil diese aufgrund der handwerklichen Ausrichtung ihres Betriebes (z.B. im Bereich des Bauhauptgewerbes, der Installation, der Elektrik und dergleichen) über eine besondere Qualifikation zur Errichtung des Teil-Werkes verfügen. Dass die Begründung von Subunternehmerverhältnissen in derartigen und vergleichbaren Bereichen sachgerecht ist, bedarf keiner näheren Erörterung (LSG Berlin, Urteil vom 23. November 1993 - L 9 Kr 101/93 -). Vergleichbare Anhaltspunkte für den Sinn und Zweck des Einsatzes eines selbständigen Unternehmers fehlen im vorliegenden Fall völlig; es ist - von der Umgehung der Schutzrechte für Arbeitnehmer abgesehen - kein einleuchtender Grund dafür ersichtlich, dass der Transport von Personen und Gütern durch selbständige Unternehmer erfolgt, die nicht einmal das zur Erledigung der ihnen übertragenen Aufgaben benötigte Fahrzeug besitzen und finanzieren können. Ein Lkw-Fahrer ohne eigenen Lastkraftwagen ist deshalb in aller Regel ein abhängig Beschäftigter seines Auftraggebers und entspricht nicht einmal seinem äußeren Erscheinungsbild nach den Merkmalen, die für einen selbständigen Unternehmer typisch sind.

Demgegenüber sind Gesichtspunkte, die für eine Selbständigkeit des Beigeladenen zu 3) sprechen - wie die Meldung eines eigenständigen Gewerbes bei den Gewerbeaufsichtsbehörden und der Nachweis der Vorsteuerabzugsberechtigung -, nur von untergeordneter Bedeutung. Auch wenn der Beigeladene zu 3) Aufträge des Klägers ablehnen durfte oder an einzelnen Tagen nach entsprechender Vereinbarung überhaupt keine Arbeitsleistung erbringen musste, lässt sich damit seine Selbständigkeit nicht belegen, weil eine solche Gestaltung des Arbeitsablaufes auch bei (Teilzeit)Arbeitnehmern üblich ist. Denn er blieb durch die allein im Belieben des Klägers stehende Auftragsvergabe gebunden; Ort und Zeit der Arbeitsleistung war ihm auf diese Weise vorgegeben. Die Beschäftigung von Fall zu Fall in den Monaten Januar bis März 1988 und im Mai 1988 sowie das Fehlen jeglicher Beschäftigung im April 1988 stellt deshalb kein Indiz für eine selbständige Tätigkeit des Beigeladenen zu 3) für den Kläger dar, sondern spricht eher für eine unständige, aber abhängige Beschäftigung im Sinne des § 232 Sozialgesetz-buch/Fünftes Buch -SGB V-.

Für eine Selbständigkeit des Beigeladenen zu 3) spricht vor allem auch nicht die Möglichkeit, ohne Einschaltung des Klägers selbst Aufträge entgegenzunehmen und zu erledigen, worauf der Kläger im Wesentlichen seine Berufung gestützt hat. Rechtlich ist nämlich weder die Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit neben einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis noch das Bestehen mehrerer Arbeitsverhältnisse nebeneinander ausgeschlossen; für den zuletzt genannten Fall enthält das Gesetz vielmehr eine ausdrückliche Regelung über die Begrenzung der anteiligen Beitragsbemessungsgrenze (vgl. § 22 Abs. 2 SGB IV); für die Kassenzuständigkeit bei Mehrfachbeschäftigten bestehen ebenfalls besondere Regelungen (vgl. § 309 RVO so-wie hierzu LSG Berlin, Urteil vom 23. November 1993 - L 9 Kr 101/93 -).

Vor allem ist ein Unternehmerrisiko des Beigeladenen zu 3) nicht erkennbar. Soweit dieser vertraglich keinen Anspruch auf Lohn, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und auf bezahlten Urlaub hatte, so ist darauf hinzuweisen, dass der vertragliche Ausschluss von Arbeitnehmerrechten allein noch kein Unternehmerrisiko begründet. Die Zuweisung von Risiken an den Arbeitenden spricht nur dann für eine Selbständigkeit, wenn damit größere Freiheiten und größere Verdienstmöglichkeiten verbunden sind (LSG Berlin, Urteil vom 23. Februar 1994 - L 9 Kr 71/93 -). Eine solche Selbständigkeit besaß der Beigeladene zu 3) aber weder hinsichtlich der von ihm zu erbringenden Arbeitsleistungen noch der Möglichkeit daraus ein höheres Entgelt zu erzielen, wie bereits oben dargelegt wurde. Anders als in den vom Senat bereits entschiedenen Fällen verfügte der Beigeladene zu 3) weder über ein eigenes Fahrzeug noch über sonstige Betriebsmittel. Er unterhielt keine eigene betriebliche Organisation und ist in der streitigen Zeit nicht werbend für den eigenen Betrieb am Markt aufgetreten. Seine Arbeitskraft hat er vielmehr ganz überwiegend für die betrieblichen Zwecke des Klägers zur Verfügung gestellt. Als unständig beschäftigter Aushilfskraftfahrer ist er deswegen nicht als selbständiger Unternehmer, sondern als „Tagelöhner" klassischer Prägung anzusehen.

Bei dieser Sachlage kommt es schließlich nicht darauf an, dass die Gewerbe- und Finanzämter für ihren Zuständigkeitsbereich überwiegend von einer selbständigen Tätigkeit des Beigeladenen zu 3) für den Kläger ausgegangen sind, zumal die Beklagte an entsprechenden Entscheidungen nicht gebunden wäre (vgl. u.a. BSG SozR 3-4100 § 4 AFG Nr. 1).

Als Arbeitgeber des Klägers oder gemäß § 10 Abs. 3 AÜG als Verleiher ist der Kläger deshalb zur Entrichtung der von der Beklagten geforderten Beiträge verpflichtet, weil er den Beigeladenen zu 3) dritten Speditionsunternehmen gewerblich zur Arbeitsleistung überlassen hat, ohne hierfür im Besitz einer Erlaubnis gemäß § 1 AÜG zu sein.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision ist nicht zugelassen worden, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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