L 7 VE 7/09

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
7
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 14 V 15/06
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 7 VE 7/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Anerkennung weiterer Schädigungsfolgen sowie die Gewährung einer Beschädigtenrente nach einem Grad der Schädigung (GdS) von 60.

Der am ... 1920 geborene Kläger beantragte beim Beklagten am 20. Januar 1991 Beschädigtenversorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) und gab dabei folgende Körperschäden an: coronare Herzkrankheit, Herzmuskelentzündung, rheumatoide Arthritis und Hämorrhoiden. Nach einem Bescheid des Rates des Stadtbezirkes Südost zur Anerkennung Schwerbeschädigter aus dem Jahre 1958 sei der Kläger 1943 und 1944 wegen Gelenkrheuma und Verwundung in verschiedenen Lazaretten behandelt worden. Seit dieser Zeit bestünden Herzbeschwerden und Schmerzen in den Knie- und Handgelenken. Seit 1946 erfolgten ständige fachärztliche Behandlungen. Der Kläger sei schlapp und müde, die Hände schliefen ein, es bestehe Druck in der Herzgegend und ein ständig niedriger Blutdruck. Diagnostisch sei von einem Myocardschaden, einer Coronarinsuffizienz und Hypotonie auszugehen. Nach dem Arztbrief der Fachärztin für Innere Krankheiten Dr. B. vom 8. Februar 1963 habe sich der Kläger dort wegen einer Herzmuskelschädigung und Koronarinsuffizienz in Behandlung befunden. Neu festgestellt worden sei eine Spondylose der Halswirbelsäule (HWS). In Verwaltungsverfahren lag weiterhin ein Arztbrief des Prof. Dr. F., Gemeinschaftspraxis Radiologie und Neuroradiologie vom 21. Oktober 1993 über eine cerebrale Computertomografie (CT) des Kopfes vor, wonach bei der Bildbetrachtung im Weichteilfenster und bei der Knochenfenstereinstellung keine metallischer Fremdkörper nachweisbar seien. Zu erkennen sei eine Weichteilnarbe im Okzipitalbereich. Der Hirnstamm, das Kleinhirn und der vierte Ventrikel stellten sich unauffällig dar. Die basalen Zisternen, die Inselzisternen und der oberflächliche Subarachnoidalraum seien mäßig erweitert. Das mittelständige Ventrikelsystem weise nur eine geringfügige Aufweitung der Seitenventrikel auf. Der dritte Ventrikel sei leicht verbreitert. Ein intracranieller Fremdkörper sei nicht nachweisbar, auch Zeichen einer alten Blutung ließen sich nicht erkennen. Nach intravenöser Kontrastmittelgabe bestehe keine Demarkierung herdförmiger Befunde. Insgesamt lägen eine deutlich kortikale, auch beginnende subkortikale Hirnatrophie, aber keine posttraumatischen Veränderungen und kein Nachweis eines Fremdkörpers vor. Schließlich ließ der Beklagte ein versorgungsärztliches Gutachten vom 7. Dezember 1993 durch die Fachärztin für Innere Medizin Dr. H. erstatten. Danach habe der Kläger folgende Beschwerden ursächlich auf das Kriegsgeschehen zurückgeführt: Herzerkrankung, Darmbeschwerden, HWS-Beschwerden, Zustand nach Kopfverwundung mit Schwindelerscheinungen, häufige Kopfschmerzen und Ohnmachtsanfälle. Belegt sei nach Auffassung der Versorgungsärztin ein akuter Gelenksrheumatismus im August 1943. Nach den vorliegenden Befunden müsse auch davon ausgegangen werden, dass die Angaben des Klägers über den Schädelbruch im Jahr 1944 stimmten. Ein größerer Gewebedefekt am hinteren Gehirn, eine Hinterkopfnarbe und eine Dehiszens (pathologisches Auseinanderweichen der Schädelknochen im Bereich der Schädelnaht) seien im CT (Weichteilnarbe) und im Röntgenbild eindeutig nachweisbar. Daher werde die Beschädigung mit Wahrscheinlichkeit als Schädigungsfolge gesehen. Obwohl keine wesentlichen Folgen nachweisbar seien, handele es sich doch um eine größere Beschädigung des Gehirns mit Knochendefektheilung, die mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 30 vom Hundert (vH) beurteilt werde. Die jetzige chronische Herzerkrankung sei eine chronisch-ischämische Herzerkrankung, deren Ursache in einer Sklerose der Herzkranzgefäße mit Durchblutungsstörungen des Herzmuskels liege. Die angegebenen Symptome (Kopfschmerzen, Schwindel, kalter Schweiß, Rhythmusstörungen – Extrasystolen, Sinusarrhythmie-, Migräne, Übelkeit, Druck in der linken Brust, Müdigkeit) sowie die durchgeführte medikamentöse Behandlung sprächen mehr für funktionelle Herz – Kreislauf – Störungen mit hypotoner Kreislaufdysregulation. Ein entzündlich bedingter Herzschaden sei weder an der Herzinnenhaut, den Herzklappen, am Herzmuskel noch am Herzbeutel nachweisbar. Nach der jetzigen Lehrmeinung sei eine abgelaufene Herzmuskelentzündung, die im Falle des Klägers nicht sicher belegt sei, nicht als Ursache für eine chronisch-ischämische Herzerkrankung anzusehen. Somit sei die jetzt bestehende chronische Herzerkrankung keine Schädigungsfolge. Die zur Kriegszeit eventuell abgelaufene Herzmuskelentzündung müsse als ausgeheilt betrachtet werden. Auch die jetzt vorhandenen Gelenks- und Wirbelsäulenveränderungen seien nicht als Schädigungsfolge anzuerkennen. Es handele sich um rein degenerative Veränderungen. Ein chronisch-entzündlicher Gelenksrheumatismus, wie vom Kläger geltend gemacht, bestehe nicht. Der nachgewiesene Gelenksrheumatismus sei ausgeheilt. Belegt seien degenerative Wirbelsäulenveränderungen erst weit nach der Entlassung aus dem Kriegsdienst und überschritten jetzt nicht das Altersmaß. Dem folgend stellte der Beklagte mit Bescheid vom 25. Januar 1994 eine MdE um 30 vH aufgrund folgender Schädigungsfolgen fest: Hirnbeschädigung, Knochendefektheilung und Hautnarbe im Bereich des Hinterkopfes nach Kopfverwundung, reizlose Narben linker hinterer Brustkorb ohne Funktionsstörung, reizlose Narben und tastbarer Granatsplitter rechter seitlicher Oberschenkel ohne Funktionsstörungen.

In der Folgezeit hat der Kläger einen Rechtsstreit mit dem Ziel der Anerkennung weiterer Schädigungsfolgen und einer höheren MdE geführt. Mit Ausführungsbescheid vom 31. August 2004 hat der Beklagte aufgrund eines vor dem Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt geschlossenen Vergleiches als weitere Schädigungsfolge eine "wesentlich mitverursachte Rheumaerkrankung mit schubweisem schmerzhaften Anschwellen der Hand- und Fußgelenke" sowie eine Gesamt-MdE von 40 ab 1. Januar 1991 anerkannt.

Mit Schreiben vom 19. April 2005 wandte sich die ... an den Beklagten und übersandte eine Kopie des Unfallfragebogens des Klägers zu einem am 27. Januar 2005 erlittenen Unfall. Danach habe der Kläger bei einem privaten Einkauf mit seiner Ehefrau einen Unfall erlitten und sehe als Ursache dafür die Kriegsbeschädigung an. Er habe einen Schwindelanfall mit Kollaps sowie rheumatische Stiche gehabt und sei auf einen Einkaufswagen gestürzt.

Mit Neufeststellungsantrag vom 27. Mai 2005 machte der Kläger gegenüber dem Beklagten geltend, er habe seit Anfang 2003 und akut seit dem 27. Januar 2005 plötzliche und heftige Schwindelanfälle mit Koordinations- und Gleichgewichtsstörungen sowie starke rheumatische Schmerzen im Oberschenkel rechts, die zum Anschwellen der Fußgelenke führten. Auch die Splitterverletzung der rechten Hüfte verursache starke Schmerzen. Dies habe zu einem Oberschenkelhalsbruch und nachfolgend zu einem künstlichen Hüftgelenk geführt. Er sei ständig auf zwei Gehstützen angewiesen. Daher mache er als weitere Schädigungsfolgen Gelenkrheuma- und Weichteilanfälle sowie schmerzhafte Folgen der Splitterverletzung des rechten Hüftgelenks geltend. Auch der Sturz am 27. Januar 2005 sei infolge der Hirnbeschädigung und Rheumaerkrankung erfolgt. In Anlage übersandte er eine Bescheinigung der Fachärztin für Neurologie/Psychiatrie Prof. Dr. K., wonach sich der Kläger seit dem 10. April 2001 in ihrer ambulanten Behandlung befinde. Er leide an einer mittelschweren Hirnverletzung mit erheblicher Einschränkung der kognitiven Leistungsfähigkeit (Merk- und Konzentrationsfähigkeit) sowie an einer Belastung durch ständig bestehende Kopfschmerzen und Drehschwindel.

Der Beklagte zog den Arztbrief der ...-Universität M. vom 27. Mai 2005 bei, mit dem über einen Zustand nach medialer Schenkelhalsfraktur rechts mit Pseudoarthrosenbildung berichtet worden war. Außerdem lag die ärztliche Bescheinigung der Prof. Dr. K. vom 20. Juni 2005 vor, wonach sich der Kläger bei einem Unfall, der durch plötzlich auftretenden Schwindel ausgelöst worden sei, eine Oberschenkelfraktur zugezogen habe. Die Ärztin bestätigte, dass der Unfall möglicherweise durch ein erlittenes schweres Schädel-Hirn-Trauma ausgelöst worden sei. Denn Schwindelzustände kämen im Rahmen des durchgemachten Schädel-Hirn-Traumas häufiger vor. Des Weiteren zog der Beklagte die Patientenkartei von Dr. B., Fachärztin für Orthopädie, über den Zeitraum vom 1. Februar bis 5. Juli 2005 bei. Danach habe der Kläger am 1. Februar 2005 Kopfschmerzen und Schwindel beklagt. Außerdem habe er berichtet, er habe sich am 27. Januar 2005 bei " ..." beeilt, um noch schnell an die Kassen zu kommen. Dabei sei er mit dem Kopf auf dem Einkaufswagen bestürzt und habe sich die Stirn und die rechte Hüfte verletzt.

In seiner Stellungnahme vom 14. November 2005 führte der Versorgungsarzt des Beklagten Dr. W. aus: Eine Verschlechterung der anerkannten Schädigungsfolgen sei anhand der aktuellen Befunde nicht nachweisbar. Der Feststellung von Prof. Dr. K. könne nach den klinischen, röntgenologischen und computertomografischen Befunden nicht gefolgt werden. Wahrscheinlich habe eine Kopfverletzung, jedoch keine Hirnverletzung vorgelegen. Die Schwindelzustände seien nicht auf die Schädigungsfolgen zurückzuführen. Bei dem inzwischen 85-jährigen Kläger seien nicht die Schädigungsfolgen für die Schwindelzustände verantwortlich zu machen.

Mit Bescheid vom 30. November 2005 lehnte der Beklagte den Neufeststellungsantrag ab und führte zur Begründung im Wesentlichen aus: Da die Schwindelzustände nicht schädigungsbedingt seien, könne der Sturz am 27. Januar 2005 nicht als Folge der Schädigung und die Oberschenkelfraktur bzw. die Implantation der Hüftgelenkstotalendoprothese (TEP) nicht als mittelbare Schädigung anerkannt werden.

Am 9. Dezember 2005 legte der Kläger Widerspruch ein und verwies auf den Befundbericht von Prof. Dr. K. Mit Widerspruchsbescheid vom 28. Februar 2006 wies der Beklagte den Widerspruch zurück und verwies auf die Feststellungen von Prof. Dr. F. Im Übrigen sprächen die früheren Schwerbeschädigtenunterlagen gegen einen schädigungsbedingten Schwindel, weil sie keinen Nachweis wegen möglicher Folgen der Kopfverletzung enthielten.

Dagegen hat der Kläger am 24. März 2006 Klage beim Sozialgericht (SG) Magdeburg erhoben und beantragt, die Versorgung mit einem Hüftgelenksimplantat nach erlittener Oberschenkelfraktur rechts als mittelbare Schädigungsfolge anzuerkennen und eine MdE um 60 festzustellen. Dazu hat er zur Begründung ausgeführt: Im versorgungsärztlichen Gutachten vom Dezember 1993 sei ein größerer Gewebedefekt am hinteren Gehirn und ein Dehiszenz am Schädelknochen festgestellt worden. Im Jahr 2003 seien auch Schwindelanfälle ärztlich dokumentiert. Zudem seien das rechte Bein vorgeschädigt und zum Unfallzeitpunkt die unteren Extremitäten außergewöhnlich belastet gewesen. Schließlich sei die rheumatische Schädigung zu beachten. Der Beklagte hat dem entgegnet, der Darstellung von Prof. Dr. K., wonach die Schwindelzustände auf die schädigungsbedingte Kopfverletzung zurückzuführen seien, könne nicht gefolgt werden. Soweit der Kläger meine, die am rechten Oberschenkel verbliebene reizlose Narbe und der tastbare Granatsplitter hätten den Sturz am 27. Januar 2005 verursacht, sei dies nicht nachvollziehbar, weil die Schädigungsfolgen ohne Funktionsstörungen verblieben seien. Auch stehe das Sturzereignis nicht im Zusammenhang mit der schädigungsbedingten Rheumaerkrankung. Denn über verstärkte rheumatische Beschwerden zum Zeitpunkt des Sturzes lägen keine Hinweise vor. Dem hat der Kläger wiederum entgegnet, er habe Dr. B. und Dr. N. gleich nach dem Sturz wegen Schwindel, Ohnmacht und Rheumaschmerzen als Folge des Schenkelhalsbruchs aufgesucht und stehe noch in laufender Behandlung.

Das SG hat Befundberichte der behandelnden Ärzte des Klägers eingeholt. Der Facharzt für Dermatologie und Venerologie Dr. N. hat darüber berichtet, er habe den Kläger kurz nach dem Sturz (4. Februar 2005) behandelt und ein stumpfes Trauma mit Hämatom im Hüftbereich rechts diagnostiziert. Die Fachärztin für Orthopädie Dr. B. hat am 11. Januar 2007 über den Behandlungsverlauf berichtet: Seit Dezember 1996 habe der Kläger verstärkte Ohrgeräusche und Schwindel und im September 2003 eine Zunahme des Schwindels beim Liegen und Kopfdrehen angegeben. Wiederum im Februar 2005 habe er Kopfschmerzen und Schwindel geschildert und dies auf seine Kriegsverletzung (Hirnschaden) zurückgeführt. Zum Sturz am 27. Januar 2005 habe er mitgeteilt, dass er sich beim Einkaufen habe beeilen müssen. Auf dem Weg zur Kasse habe er einen erneuten Schwindelanfall gehabt und sei mit dem Kopf und der Hüfte auf den Einkaufswagen gestürzt. Die Ärztin hat schwere muskuläre Dysbalancen, eine TEP des rechten Hüftgelenkes nach Fraktur mit mäßiger Funktionsbeeinträchtigung, eine retropatellare Arthrose, Hohlfüße sowie rezidivierende Schwindelzustände und Cephalgien mit gelegentlichem Taumeln (Kriegsverletzung) diagnostiziert. Als neues Leiden sei eine Funktionseinschränkung der rechten Hüfte hinzugekommen. In Anlage hat Dr. B. den Bericht der Rehabilitationsklinik Bad S. vom 13. Mai 2005 übersandt. Danach sei der Kläger im Januar 2005 bei einem Spaziergang auf dem Brocken gestürzt und habe sich damals vermutlich eine Oberschenkelhalsfraktur zugezogen. Als Diagnose wurden ein Zustand nach Implantation einer Hüft-TEP am 7. April 2005 bei einem Zustand nach vermutlich alte Oberschenkelhalsfraktur vom Januar 2005 rechts sowie rezidivierende pektangenöse Beschwerden, in letzter Zeit nachlassend, bei Verdacht auf Zustand nach akutem Myokardinfarkt gestellt.

Außerdem hat das SG einen Befundbericht von Dipl.-Med. A. vom 15. Juli 2007 eingeholt, die über eine allmähliche Verschlechterung im Zusammenhang mit dem zunehmenden Alter und der Oberschenkelhalsfraktur im Januar 2005 mit verspäteter Implantation berichtet hat. In Bezug auf die rheumatische Erkrankung hat sie am 17. April 2007 über multiple Druckschmerzpunkte besonders im Bereich beider Ellenbogen und Schwellungen in den Finger- und Zehengelenken berichtet. In Anlage hat sich der Arztbrief der Fachärztin für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde Dipl.-Med. F. vom 1. Oktober 2003 befunden, wonach der Kläger seit drei Wochen Schwindel bei Lagewechsel angegeben habe. Da sich kein Anhalt für eine peripher-vestibuläre Störung ergeben habe, sei am ehesten von einer vertebragenen Genese der Schwindelbeschwerden auszugehen. Nach dem ebenfalls beigelegten Arztbrief des Dr. B., Facharzt für Chirurgie, Bereich Phlebologie, vom 8. Februar 2007 ließe sich das Beschwerdebild des Klägers mit den festgestellten Veränderungen in den hirnversorgenden Gefäßen erklären (starke Schlingenbildung). Andererseits habe der Kläger eine Hirnverletzung im Weltkrieg, eine Hypotonie sowie schon sehr lange vorbestehende Schwindelattacken angegeben.

Der Beklagte hat das Schreiben des Klägers vom 23. Februar 2005 an die Firma S. in M. und die Haftpflichtschadensanzeige vom 13. Mai 2005 im Gerichtsverfahren vorgelegt. Mit Schreiben vom 23. Februar 2005 hatte sich der Kläger an die Firma S. gewendet und mitgeteilt, er sei am 27. Januar 2005 am Eingang des Hauses aufgrund der Glätte des Fußbodens schwer gestürzt (vorn über auf einen eisernen Einkaufswagen). Eine weitere Ursache des Sturzes sei das Ablehnen der Abbuchung von der Chipkarte gewesen, so dass er erst den weiten Weg zur Sparkasse Hopfenplatz habe machen müssen, um Bargeld zu holen. Dafür fordere er die Zahlung von Schadensersatz und Schmerzensgeld. Nach der Haftpflicht-Schadenanzeige sei der Kläger auf einem Stuhl sitzend mit einer Wunde am Kopf angetroffen worden. Die Ehefrau habe sich um ihren Mann gekümmert, der nach eigenen Angaben durch zu schnelles Gehen gestürzt sei. Der Kläger sei normal ansprechbar gewesen und habe es abgelehnt, einen Krankenwagen zu rufen. Der Sturz habe sich im Bereich der Kaffeetheke am Kundenausgang zugetragen. Der Kläger habe nicht angegeben, dass er im Eingangsbereich gestürzt sei.

Mit Schreiben vom 26. Juni 2009 hat der Kläger nochmals darauf hingewiesen, Hauptursache des Sturzes sei die Ablehnung der Abbuchung durch die Firma S. gewesen. Durch das schnelle Gehen sei ihm schwindlig und schwarz vor Augen gewesen. Die Fußknöchel seien geschwollen gewesen und hätten geschmerzt. Er habe deshalb mehrmals stehen bleiben und sich ausruhen müssen. Der relativ glatte Boden habe zusätzlich zum Sturz beigetragen. Aber hauptsächlich seien die Benommenheit, der Schwindel und die geschwollenen Fußknöchel gewesen. Völlig unverständlich sei die Behauptung, er sei auf dem Brocken gestürzt.

Mit Urteil vom 30. Juli 2009 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Beim Kläger seien weder neue Verletzungsfolgen eingetreten noch hätten sich die anerkannten Schädigungsfolgen verschlimmert. Soweit dem Kläger gefolgt werde, wonach der Schwindelanfall Ursache für seinen Sturz gewesen sei, fehle es an der erforderlichen Wahrscheinlichkeit eines Zusammenhangs zwischen der Hirnschädigung des Klägers und der behaupteten Schwindelanfälle. Bei der cerebralen Computertomographie vom Oktober 1993 sei kein Fremdkörper im Kopf des Klägers nachgewiesen und kein Zeichen einer alten Blutung erkennbar gewesen. Hieraus habe die versorgungsmedizinische Sachverständige im Dezember 1993 nachvollziehbar geschlussfolgert, dass die Hirnbeschädigung beim Kläger ohne wesentliche Folgeerscheinungen sei. Auch in der versorgungsmedizinischen Stellungnahme vom 14. November 2005 werde nachvollziehbar dargestellt, dass eine Hirnverletzung beim Kläger nie vorgelegen habe. Es handele sich lediglich um eine Hirnatrophie. Daher könnten die Schwindelanfälle nicht auf tatsächlich vorliegende Schädigungsfolgen zurückgeführt werden. Soweit Prof. Dr. K. auf einen möglichen ursächlichen Ursachenzusammenhang hinweist, genüge dies nicht. Eine wesentliche Verursachung durch die Rheumaerkrankung könne schon nach den Ausführungen des Klägers nicht angenommen werden. Dieser habe den Schwindelanfall als Hauptursache angesehen. Eine darüber hinausgehende Verschlimmerung der anerkannten Schädigungsfolgen sei nach der versorgungsmedizinischen Stellungnahme vom November 2005 nicht nachweisbar.

Gegen das ihm am 17. August 2009 zugestellte Urteil hat der Kläger am 8. September 2009 Berufung beim LSG eingelegt und ergänzend vorgetragen: Der Sturz habe sich im Zusammenhang mit einem plötzlich aufgetretenen Schwindel ereignet. Er sei infolge des Schwindels nicht in der Lage gewesen, die Bodenverhältnisse richtig einzuschätzen oder zu kompensieren. Die behandelnde Neurologin habe eine mittelschwere Hirnverletzung mit erheblichen Einschränkungen und Drehschwindel bestätigt. Der Kläger hat einen Arztbrief der Augenfachärztin Dr. B. vom 1. Oktober 2012 übersandt. Danach sei er in der Straßenbahn gestürzt und habe sich am rechten Ohr eine Platzwunde mit Einschnitt an der äußeren Ohrmuschel zugezogen. Handschriftlich hatte der Kläger ergänzt, Ursache des Sturzes seien rheumatische Schmerzen, die hohen Sitze und der Stock gewesen. Ferner hat der Kläger ein Attest des Dr. B. vom 17. Februar 2012 vorgelegt, wonach bei ihm eine mittelschwere Kriegsverletzung bestehe. Diagnostisch bestehe über die Kriegsfolgenverletzung hinaus eine depressive Verstimmung bei Partnerverlust sowie eine Hirnleistungsstörung im Sinne einer beginnenden Altersdemenz. Ein Zusammenhang der jetzigen Symptomatik mit der Kriegsbeschädigung könne als wahrscheinlich gelten.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 30. Juli 2009 sowie den Bescheid des Beklagten vom 30. November 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Februar 2006 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, als weitere Schädigungsfolgen Schwindel und ein Hüftgelenksimplantat nach erlittener Oberschenkelfraktur rechts als mittelbare Schädigungsfolge anzuerkennen und einen Grad der Schädigung von 60 festzustellen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte hat zunächst eingewendet, ungeklärt sei bisher geblieben, ob sich der Kläger die Oberschenkelfraktur durch einen Sturz bei einem Spaziergang auf dem Brocken oder im Eingangsbereich des ... wegen Glätte oder durch zu schnelles Gehen zur Sparkasse oder tatsächlich im Zusammenhang mit einer Schwindelanfall zugezogen habe. Sofern sich ein Schwindelanfall als Ursache des Sturzes herausstellen sollte, so sei nach der erfolgten medizinischen Sachaufklärung davon auszugehen, dass der Schwindelanfall auf die schädigungsunabhängig bestehende Hirnatrophie und nicht auf die anerkannte Schädigungsfolge zurückzuführen sei.

Die Fachärztin für Innere Medizin Dr. D. hat den Befund des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. B. vom 3. Januar 2012 übersandt. Danach sei diagnostisch eine reaktive depressive Verstimmung bei Partnerverlust (Tod der Ehefrau) anzunehmen. Außerdem bestünden Hinweise auf eine beginnende dementielle Entwicklung. Eine anfängliche medikamentöse Behandlung sei zwischenzeitlich beendet worden.

Schließlich hat auf Veranlassung des Senates Prof. Dr. H., Direktor der Klinik für Neurologie II der ...-Universität M., das neurologische Gutachten vom 31. Januar 2013 erstattet. Diesem habe der Kläger berichtet, er sei am 27. Januar 2005 im Rahmen eines Schwindelanfalls gestürzt und habe sich dabei eine Oberschenkelhalsfraktur rechts zugezogen. Seitdem bestünden Schmerzen in der rechten Hüfte und im rechten Knie. Am 9. November 2005 sei es erneut zu einem Sturz in der Straßenbahn gekommen. Dabei habe er sich das rechte Knie verdreht und sich eine Kopfplatzwunde und eine Prellung der rechten Hüfte zugezogen. Die bei ihm vorliegenden Schwindelanfälle bestünden seit dem Krieg. Zusammenfassend hat der Sachverständige ausgeführt, die Schwindelanfälle könnten nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf die anerkannte Hirnschädigung zurückgeführt werden. Die Symptomatik sei mehrdeutig. Aufgrund der Krankengeschichte und der erhobenen aktuellen Befunde seien verschiedene Auslöser oder eine Summe verschiedener Auslöser denkbar. Zum einen seien wiederholt Herz-Kreislaufprobleme mit hypotonen Blutdruckwerten berichtet worden. Diese seien möglicherweise Folge einer bestehenden Herzerkrankung bei sich in den Unterlagen findenden Hinweisen auf eine Herzentzündung während des Krieges. Hierfür spreche auch die für den Sturz am 27. Januar 2005 anamnestisch angegebene kurze Bewusstseinsstörung. Des Weiteren sei ein benigner paroxysmaler Lagerungsschwindel (BPL) denkbar. Wenn diesbezüglich eine klinische Untersuchung zu spät stattfinde, könne der Untersuchungsbefund unauffällig sein, unbehandelt sei auch eine Chronifizierung denkbar. Bei gutachtlicher Untersuchung hätten sich auch Hinweise auf eine Polyneuropathie mit Gangunsicherheit objektivieren lassen, die insbesondere beim Gehen auf unsicherem Grund als Schwindel durch den Kläger wahrgenommen werden könnten. All diese Ursachen seien keine Folgen der anerkannten Hirnschädigung. Zwar sei auch eine Folge des Schädel-Hirn-Traumas von 1944 nicht auszuschließen. Diese Schwindelsymptomatik habe 1990 im Rahmen eines ersten Antrags auf Anerkennung von Kriegsbeschädigungen aber noch keine relevante Rolle gespielt, ebenso wenig in einem Untersuchungsbefund von 1958. Letztendlich sei ein Kausalzusammenhang mit der Hirnschädigung nicht sicher herzustellen, erscheine vielmehr eher unwahrscheinlich. Die vom Beklagten als ursächlich angesehene Hirnatrophie habe indes keine Bedeutung. Da die Schwindelanfälle nicht als schädigungsbedingt angesehen werden könnten, sei auch die erlittene Oberschenkelfraktur nicht auf diese zurückzuführen.

Der Kläger hat gegen das Gutachten eingewandt, Prof. Dr. K. habe bereits im Juni 2003 Kopfschmerzen und Schwindel festgestellt und einen Zusammenhang zur Granatsplitterverletzung mit Hirnsubstanzschädigung hergestellt. Soweit der Sachverständige auf eine im Krieg erlittene Herzerkrankung hingewiesen habe, sehe er hier weiteren Aufklärungsbedarf. Im Übrigen bleibe offen, ob ein möglicher Lagerungsschwindel oder die angenommene Polyneuropathie bereits zum Zeitpunkt des Sturzes bestanden hätten. Insgesamt diskutiere der Sachverständige nur die Möglichkeit konkurrierender Ursachen. Dabei könne er nicht ausschließen, dass die Schwindelanfälle als Folge der anerkannten Hirnschädigung aufgetreten seien. Dabei sei fraglich, ob ein BPL und eine Polyneuropathie mit Gangunsicherheit überhaupt vorliegen. Daher erscheine die nachgewiesene Hirnschädigung als geeignete und überragende Ursache für die Schwindelanfälle und letztendlich auch den folgenden Sturz.

Mit ergänzender Stellungnahme vom 26. November 2013 hat der Sachverständige zu den Einwänden des Klägers Stellung genommen: Es solle nicht in Zweifel gezogen werden, dass eine Schwindelsymptomatik vor 1990 vorgelegen habe. Sie sei aber offenbar vom Kläger selbst als nicht relevant genug eingeschätzt worden, um sie im ersten Antrag auf Anerkennung von kriegsbedingten Gesundheitsstörungen 1990 anzugeben. Zweifel bestünden darüber hinaus auch hinsichtlich der hinreichenden Wahrscheinlichkeit, die gegeben sein müsse, um die Schwindelanfälle auf die anerkannte Hirnschädigung zurückzuführen. Für den Schwindel bestünden konkurrierende Ursachen. Im Jahre 2003 sei HNO-ärztlich ein neu aufgetretener Schwindel dokumentiert worden, der an einen benignen paroxysmalen Lagerungsschwindel (BPL) erinnere. Eine Einschätzung als vertebragener Schwindel sei hierbei nicht selten, eine richtige Diagnose werde nur in 45 % der Fälle richtig gestellt. Da dieser bereits 2003 diagnostiziert worden sei, sei ein Vorhandensein 2005 sehr stark anzunehmen. Die Charakteristik des Schwindels, wie sie aktuell durch den Kläger angegeben werde, bestärke den Verdacht eines BPL bei Drehschwindel, der durch Positionswechsel ausgelöst werden könne, der adaptiere und mit vegetativen Begleiterscheinungen einhergehe. Darüber hinaus habe sich bei der Untersuchung des Klägers eine Gangunsicherheit objektivieren lassen, die mit vermindertem Vibrationsempfinden und Missempfindungen an den Beinen sowie einem einseitigen linksseitigen Verlust des Achillessehnenreflexes einhergehe. Eine Polyneuropathie erscheine möglich, eine Elektrophysiologie sei bisher allerdings nicht erfolgt, so dass diese Diagnose nicht gesichert sei. Ein negativer Befund könne allerdings am klinischen Bild nichts ändern, auch seien "small-fibre" Neuropathien bekannt, die elektrophysiologisch einen unauffälligen Befund zeigten. Richtig sei sicherlich, dass nicht beurteilt werden könne, inwiefern diese Probleme schon 2005 vorgelegen hätten. Nach erneuter Prüfung halte er eine Verursachung des Sturzes durch ein Herz-Kreislaufversagen für sehr unwahrscheinlich. Denn anamnestisch seien keine weiteren Ereignisse angegeben, bei denen der Kläger das Bewusstsein verloren habe. Wenngleich letztlich keine sichere Einordnung der Schwindelsymptomatik vorgenommen werden könne, ergäben sich dennoch zahlreiche Hinweise auf mögliche konkurrierende Ursachen eines Schwindels, die nicht als Kriegsverletzungsfolgen anzusehen seien. im Übrigen sei nach den vorliegenden Aktenauszügen davon auszugehen, dass keine Hirnschädigung im Rahmen der Kriegsverletzung stattgefunden habe. Ein Zusammenhang des Schwindels mit einer Kopfverletzung sei somit sehr in Zweifel zu ziehen. Diese Aussage stehe zwar entgegen der Einschätzung von Prof. Dr. K., die eine mittelschwere Hirnverletzung konstatiere. Allerdings werde im radiologischen Befundbericht des CCT vom Oktober 1993 eindeutig Stellung bezogen, dass keine posttraumatischen Veränderungen nachweisbar seien. Eine dort angegebene Weichteilnarbe im Okzipitalbereich sei hier etwas irreführend, beziehe sich offenbar aber auf Verletzungen außerhalb des Hirngewebes. Die Originalbilder seien nach ausführlichen Recherchen nicht mehr vorhanden. Im Übrigen sei der 2005 aufgetretene Sturz aufgrund der vorliegenden Angaben eher auf einen glatten Untergrund als auf einen attackenförmigen Schwindel zurückzuführen und damit in jedem Fall unabhängig von möglichen Kriegsverletzungen zu sehen.

Der Kläger hat erneut Einwendungen gegen die ergänzende Stellungnahme geltend gemacht: Der Hinweis des Sachverständigen auf das Fehlen einer Hirnschädigung beziehe sich auf einen verwaltungsinternen Bearbeitungsvermerk. Hieraus seien keine ärztlichen Feststellungen oder Beurteilungen abzuleiten. Der Sachverständige gehe selbst davon aus, dass keine maßgeblichen Abweichungen von den Vorbefunden bestünden. In den Vorbefunden würden kriegsbedingte Schädigungen beschrieben und insbesondere Dr. B. habe in seinem Attest vom 17. Februar 2012 festgestellt, dass ein Zusammenhang der jetzigen Symptomatik mit der Kriegsbeschädigung als wahrscheinlich gelte.

Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die nach den § 143 SGG statthafte und auch in der von § 151 Abs. 1 SGG vorgeschriebenen Form und Frist eingelegte Berufung des Klägers ist unbegründet. Die bereits anerkannten Schädigungsfolgen rechtfertigen keine höhere Bewertung. Darüber hinaus besteht kein Anspruch auf die Anerkennung weiterer Schädigungsfolgen. Insbesondere können der Schwindel und die Hüftgelenksimplantation nicht als Schädigungsfolge anerkannt werden. Die Bescheide des Beklagten sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Für die vorliegende Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage ist der maßgebliche Zeitpunkt der Beurteilung der Sach- und Rechtslage die mündliche Verhandlung des Senats.

Nach § 1 BVG erhält derjenige, der durch eine militärische oder militärähnliche Verrichtung oder durch einen Unfall während der Ausübung des militärischen oder militärähnlichen Dienstes oder diesem Dienst eigentümlichen Verhältnisse eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Schädigung auf Antrag Versorgung. Die Erfüllung dieser Tatbestandsvoraussetzungen gehört zu den anspruchsbegründenden Tatsachen, die nachgewiesen, d.h. ohne vernünftige Zweifel oder mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bewiesen sein müssen, soweit nichts anderes bestimmt ist (vgl. BSG, Urt. v. 15. 12. 1999 – B 9 VS 2/98 RSozR 3-3200 § 81 Nr. 16, S. 73, m.w.N.). Nach § 1 Abs. 3 Satz 1 BVG genügt zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs. Dies gilt auch für den Ursachenzusammenhang zwischen dem schädigenden Ereignis und der durch dieses als Primärschaden hervorgerufenen gesundheitlichen Schädigung (vgl. BSG, ebd., S. 74 ff.). Die erforderliche Wahrscheinlichkeit ist gegeben, wenn nach der geltenden medizinischen Lehrmeinung mehr für als gegen den ursächlichen Zusammenhang spricht (vgl. BSG, Urt. v. 8. 8. 2001 – B 9 V 23/01 BSozR 3-3900 § 15 Nr. 4, S. 14, m.w.N.).

Wie auch zwischen den Beteiligten nicht umstritten ist, hat der Kläger als kriegsbedingte Schädigungen eine Hirnbeschädigung, eine Knochendefektheilung und Hautnarbe im Bereich des Hinterkopfes nach Kopfverwundung, reizlose Narben im Bereich des linken hinteren Brustkorbs ohne Funktionsstörung, reizlose Narben und einen tastbaren Granatsplitter im Bereich des rechten seitlichen Oberschenkels ohne Funktionsstörungen sowie eine wesentlich mitverursachte Rheumaerkrankung mit schubweisem schmerzhaften Anschwellen der Hand- und Fußgelenke erlitten.

Zu Recht hat der Beklagte den Neufeststellungsantrag des Klägers vom 27. Mai 2005 nach § 48 SGB Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) abgelehnt. Nach dieser Norm ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Wesentlich sind alle Änderungen, die dazu führen, dass die Behörde unter den nunmehr objektiv vorliegenden Verhältnissen den Verwaltungsakt nicht hätte erlassen dürfen. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Der Beklagte hat mit Ausführungsbescheid vom 31. August 2004 die anerkannten Schädigungsfolgen mit einer MdE von 40 vH bewertet. Hinweise für eine wesentliche Verschlechterung dieser Schädigungsfolgen, die eine höhere Bewertung als mit 40 rechtfertigen würden, lassen sich aus den eingeholten medizinischen Befunden nicht feststellen. Hinsichtlich der darüber hinaus begehrten Anerkennung weiterer Schädigungsfolgen kann der Senat nicht feststellen, dass die geltend gemachten Schwindelanfälle sowie der Oberschenkelhalsbruch und die nachfolgende Implantation der Hüft-TEP mit der nach § 1 Abs. 3 Satz 1 BVG erforderlichen Wahrscheinlichkeit in einem Ursachenzusammenhang zu den im Krieg erlittenen Schäden stehen.

Die Schwindelanfälle lassen sich nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf die Kriegsverletzung zurückführen. Der Senat folgt insoweit der Einschätzung des Sachverständigen Prof. Dr. H. und der Versorgungsärzte des Beklagten. Sofern der Kläger die Schwindelanfälle als Folge der Kopfverletzung ansieht, lassen sich für eine solche Kausalitätsbehauptung keine objektiven Anhaltspunkte feststellen. Nach dem CT-Befund des Kopfes aus dem Jahre 1993 waren keine posttraumatischen Veränderungen und kein Fremdkörper nachweisbar. Anhaltspunkte für eine substantielle Hirnschädigung konnte Prof. Dr. H. nicht finden. Soweit Prof. Dr. K. über eine mittelschwere Hirnverletzung berichtet hat, lässt sich diese Diagnose nicht durch Untersuchungsbefunde objektivieren, sodass auch die aus ihrer Sicht damit verbundenen Schwindelanfälle keinen tatsächlichen Anknüpfungspunkt finden. Gleiche gilt für die Einschätzungen von Dr. B. Auch dieser behauptet nur einen möglichen Zusammenhang zwischen den bestehenden Leiden und der Kriegsverletzung, ohne weitere nachvollziehbare Ausführungen dazu zu machen. Einen plausiblen Zusammenhang zwischen den Schwindelanfällen und der Kriegsbeschädigung hat er somit nicht hergestellt. Zweifel an dieser Einschätzung hat der Senat auch deshalb, weil Dr. B. ohne weitere Erläuterung selbst die depressive Verstimmung bei Partnerverlust sowie die Hirnleistungsstörung im Sinne einer beginnenden Altersdemenz im wahrscheinlichen Zusammenhang zur Kriegsbeschädigung sieht. Darüber hinaus spricht gegen einen ursächlichen Zusammenhang zwischen den Schwindelerscheinungen und der Kriegsverletzung, dass der Kläger bei der Untersuchung zur Feststellung einer Schwerbeschädigung im Jahre 1958, also 13 Jahre nach Kriegsende, noch nicht über Schwindel geklagt hat und auch bei der Untersuchung durch Dr. B. im Jahre 1963, also 18 Jahre nach Kriegsende, noch keine relevante Schwindelerscheinungen mitgeteilt hat. Die somit fehlende Brückensymptomatik wird auch verdeutlicht durch die Angaben des Klägers bei der Antragstellung im Jahr 1990. Denn in diesem Antrag, den der Kläger auf einem gesonderten Blatt ausführlich ergänzt hat, hat er die Schwindelproblematik gar nicht erwähnt. Zwar hat der Kläger im Dezember 1993 bei der versorgungsärztlichen Untersuchung durch die Fachärztin für Innere Medizin Dr. H. u.a. Schwindelerscheinungen angegeben. Aktenkundig medizinisch belegt sind diese aber erstmals durch den Bericht der Fachärztin für Orthopädie Dr. B. vom 11. Januar 2007, wonach der Kläger seit Dezember 1996 (also 50 Jahre nach Kriegsende) über verstärkte Ohrgeräusche und Schwindel und im September 2003 über eine Zunahme des Schwindels berichtet hat. Auch Dipl.-Med. F. hat am 1. Oktober 2003 erstmals über seit drei Wochen bestehenden Schwindel bei Lagewechsel berichtet. Auch die Behandlung bei Prof. Dr. K. wurde erst im April 2001 begonnen. Für den Senat nachvollziehbar hat Prof. Dr. H. darauf hingewiesen, dass vorher der Schwindel jedenfalls noch keine relevante Rolle gespielt habe und auch dies gegen einen ursächlichen Zusammenhang spreche. Darüber hinaus sprechen eine Vielzahl konkurrierender Ursachen gegen einen hinreichend wahrscheinlichen Zusammenhang zwischen der Kriegsverletzung und den Schwindelerscheinungen. So hat Prof. Dr. H. sehr ausführlich und für den Senat nachvollziehbar auf einen BPL und eine von ihm klinisch festgestellte Polyneuropathie mit Gangunsicherheit als mögliche konkurrierende Ursachen für den Schwindel hingewiesen. Darüber hinaus hat Dipl.-Med. F. eine vertebragene Genese der Schwindelbeschwerden für denkbar gehalten. Auch diese Ursache erscheint plausibel, weil der Kläger nach dem Arztbrief von Dr. B. bereits seit 1963 an einer Spondylose der HWS leidet. Schließlich hat Dr. B. am 8. Februar 2007 über eine starke Schlingenbildung im Bereich der hirnversorgenden Gefäße berichtet, die nach seiner Ansicht unabhängig von einer Kriegsverletzung das Beschwerdebild des Klägers erklären könnten. Nach alledem lässt sich nicht feststellen, dass mehr für einen Zusammenhang zwischen den Schwindelerscheinungen und der Kriegsverletzung spricht als dagegen.

Auch die Hüft-TEP kann nicht als mittelbare Schädigungsfolge angesehen werden. Insoweit hat der Senat schon Bedenken, ob tatsächlich eine körperliche Schädigung des Klägers für den Sturz wesentlich ursächlich geworden ist. So hat der Kläger zum Sturzgeschehen verschiedene äußere und von seinen Erkrankungen unabhängige Umstände geltend gemacht. So hat er angegeben, der Boden sei glatt gewesen und deshalb sei er gestürzt. Außerdem hat er mitgeteilt, er habe sich beeilen müssen, um noch rechtzeitig an die Kasse zu gelangen und sei schon durch den weiten Weg bis zur Sparkasse erschöpft gewesen. Diese Umstände haben aber nichts mit möglichen Kriegsverletzungsfolgen zu tun. Sofern der Kläger davon unabhängig die Hauptursache des Sturzes in den Schwindelerscheinungen sieht, lässt sich - wie soeben ausführlich dargelegt - nicht hinreichend wahrscheinlich machen, dass diese eine Schädigungsfolge sind. Damit können davon ausgehend auch keine mittelbaren Schädigungsfolgen anerkannt werden. Auch die rheumatische Erkrankung kann nicht als Ursache des Sturzes mit hinreichender Wahrscheinlichkeit angenommen werden. Wie in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 14. November 2005 ausgeführt, sind keine Anhaltspunkte für eine Verschlechterung der rheumatischen Erkrankung und damit ein Zusammenhang mit dem erlittenen Sturz ersichtlich. Auch der Befundbericht von Dipl.-Med. A. vom 15. Juli 2007 lässt keinen Rückschluss auf einen ursächlichen Zusammenhang zwischen der Rheumaerkrankung und dem Sturz zu. Die Ärztin hat lediglich rheumabedingte Schwellungen im Bereich der Zehen und der Hände bzw. Finger festgestellt. Eine dadurch bedingte Einschränkung des Gehvermögens, die ursächlich für einen Sturz hätte sein können, lässt sich ihrem Bericht nicht entnehmen. Schließlich kann der Sturz auch nicht auf eine kriegsbedingte Herzerkrankung zurückgeführt werden. Wie bereits im versorgungsärztlichen Gutachten vom 7. Dezember 1993 von Dr. H. ausgeführt, besteht insoweit kein ursächlicher Zusammenhang zwischen einer Kriegsverletzung und einer Herzerkrankung des Klägers. Ein solcher wird auch aktuell von keinem der behandelnden Ärzte behauptet. Schließlich hat auch Prof. Dr. H. darauf hingewiesen, dass eine (unabhängig von deren Ursache) bestehende Herzerkrankung nicht als Ursache des Sturzes angesehen werden könnte, da anamnestisch keine weiteren Ereignisse angegeben seien, bei denen der Kläger das Bewusstsein verloren habe.

Da nach alledem keine weiteren Schädigungsfolgen anerkannt werden können und die bereits durch den Beklagten anerkannten nicht höher bewertet werden können, bleibt es schließlich bei dem GdS von 40.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Ein Grund für die Zulassung der Revision nach § 160 SGG liegt nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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