Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
27
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 16 P 61/10
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 27 P 1/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 20. November 2012 geändert. Die Beklagte wird unter Änderung des Bescheides vom 12. Juni 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Oktober 2010 in der Fassung des Bescheides vom 12. März 2013 verurteilt, der Klägerin auch für die Zeit vom 1. August 2012 bis zum 31. Januar 2013 Pflegegeld nach der Pflegestufe I zu gewähren. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen. Die Beklagte hat der Klägerin deren notwendige außergerichtliche Kosten des gesamten Verfahrens zu 1/4 zu erstatten. Im Übrigen findet keine Kostenerstattung statt. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Gewährung von Pflegegeld nach der Pflegestufe I für die Zeit von Juli 2012 bis Januar 2013; zunächst war ein Anspruch ab März 2009 streitig.
Die im Jahr 1940 geborene Klägerin leidet an Funktionsbeeinträchtigungen vor allem auf internistischem und orthopädischem Gebiet. Am 24. März 2009 beantragte sie bei dem Beklagten die Gewährung von Pflegegeld. Der Beklagte lehnte diesen Antrag nach Durchführung medizinischer Ermittlungen mit der Begründung ab, der Grundpflegebedarf erreiche nicht das gesetzlich erforderliche Maß. Den Widerspruch wies er mit Widerspruchsbescheid vom 6. Oktober 2010 mit ähnlicher Begründung zurück.
Im anschließenden Rechtsstreit vor dem Sozialgericht Cottbus hat am 5. Juli 2012 der Pflegesachverständige F ein Sachverständigengutachten aufgrund richterlicher Beweisanordnung erstattet. Darin hat er den Grundpflegebedarf im Falle der Klägerin auf 28 Minuten im Tagesdurchschnitt eingeschätzt. Das Sozialgericht hat die Klage durch Urteil vom 20. November 2012 mit der Begründung abgewiesen, der zeitliche Mindestpflegebedarf in der Grundpflege werde nicht erreicht.
Nachdem die Klägerin sich im November 2012 eine Humerusfraktur zugezogen hatte und bis zum 8. Dezember 2012 stationär im Krankenhaus deswegen behandelt worden war, hat die Beklagte im anschließenden Berufungsverfahren mit Bescheid vom 12. März 2013 mit Wirkung vom 1. Februar 2013 der Klägerin Pflegegeld nach der Pflegestufe I gewährt.
Aufgrund richterlicher Beweisanordnung hat am 13. Juni 2013 die Pflegesachverständige L ein Sachverständigengutachten erstattet. Darin ist sie, bezogen auf den Begutachtungszeitpunkt, zu einem Grundpflegebedarf der Klägerin im Bereich der Körperpflege von 60 Minuten, im Bereich der Ernährung von 8 Minuten und im Bereich der Mobilität von 45 Minuten im Tagesdurchschnitt gelangt. Gleichzeitig äußerte sie die Annahme, bei der Klägerin dürfte etwa im Frühjahr oder zur Jahresmitte 2012 der Pflegebedarf von mehr als 45 Minuten täglich für die Grundpflege erreicht worden sein; das Gutachten des Sachverständigen F berücksichtige die bestehenden Einschränkungen nicht genügend.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 9. Juli 2014 hat die Klägerin ihr Begehren auf die Zeit ab dem 1. Juli 2012 beschränkt.
Sie beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 20. November 2012 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 12. Juni 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Oktober 2010 in der Fassung des Bescheides vom 12. März 2013 zu verurteilen, ihr auch für die Zeit vom 1. Juli 2012 bis zum 31. Januar 2013 Pflegegeld nach der Pflegestufe I zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend; allenfalls ab dem 8. Dezember 2012, nach der Krankenhaus-Entlassung, komme ein Anspruch in Betracht.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird Bezug genommen auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze mit Anlagen sowie auf die Verwaltungsakten der Beklagten, die im Termin zur mündlichen Verhandlung vorgelegen haben und Gegenstand der Entscheidung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, insbesondere statthaft gemäß §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG), sie hat auch für die Zeit vom 1. August 2012 bis zum 31. Januar 2013 Erfolg.
Der Anspruch auf Pflegegeld gründet sich auf § 37 Absatz 1 Satz 3 Sozialgesetzbuch/Elftes Buch (SGB XI), denn ab dem 1. August 2012 lagen zur Überzeugung des Senats nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens, § 128 Absatz 1 SGG, die Voraussetzungen der Pflegestufe I gemäß § 15 Absatz 1 Nr. 1, Absatz 3 Satz 1 Nr. 1 SGB XI vor.
Es besteht für den Senat kein Zweifel, dass sich der Gesundheitszustand der Klägerin, soweit er Auswirkungen auf die Pflegebedürftigkeit besitzt, im Verlauf des Jahres 2012 allmählich verschlechtert hat, wie es auch die Sachverständige Lim Einzelnen und überzeugend herausgearbeitet hat. Vieles spricht dafür, dass der Pflegebedarf nach der Pflegestufe I bereits im Verlauf des Frühjahrs 2012 oder bis zur Jahresmitte eingetreten ist. Indes liegt erst mit Wirkung vom 1. August 2012 hierdurch eine solche Verdichtung des Beweisergebnisses vor, dass mit dem erforderlichen Beweismaß des Vollbeweises, d. h. der an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit, davon ausgegangen werden muss, dass die Leistungsvoraussetzungen gegeben sind. Für die Zeit davor war entsprechend die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe nach § 160 Absatz 2 SGG nicht vorliegen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Gewährung von Pflegegeld nach der Pflegestufe I für die Zeit von Juli 2012 bis Januar 2013; zunächst war ein Anspruch ab März 2009 streitig.
Die im Jahr 1940 geborene Klägerin leidet an Funktionsbeeinträchtigungen vor allem auf internistischem und orthopädischem Gebiet. Am 24. März 2009 beantragte sie bei dem Beklagten die Gewährung von Pflegegeld. Der Beklagte lehnte diesen Antrag nach Durchführung medizinischer Ermittlungen mit der Begründung ab, der Grundpflegebedarf erreiche nicht das gesetzlich erforderliche Maß. Den Widerspruch wies er mit Widerspruchsbescheid vom 6. Oktober 2010 mit ähnlicher Begründung zurück.
Im anschließenden Rechtsstreit vor dem Sozialgericht Cottbus hat am 5. Juli 2012 der Pflegesachverständige F ein Sachverständigengutachten aufgrund richterlicher Beweisanordnung erstattet. Darin hat er den Grundpflegebedarf im Falle der Klägerin auf 28 Minuten im Tagesdurchschnitt eingeschätzt. Das Sozialgericht hat die Klage durch Urteil vom 20. November 2012 mit der Begründung abgewiesen, der zeitliche Mindestpflegebedarf in der Grundpflege werde nicht erreicht.
Nachdem die Klägerin sich im November 2012 eine Humerusfraktur zugezogen hatte und bis zum 8. Dezember 2012 stationär im Krankenhaus deswegen behandelt worden war, hat die Beklagte im anschließenden Berufungsverfahren mit Bescheid vom 12. März 2013 mit Wirkung vom 1. Februar 2013 der Klägerin Pflegegeld nach der Pflegestufe I gewährt.
Aufgrund richterlicher Beweisanordnung hat am 13. Juni 2013 die Pflegesachverständige L ein Sachverständigengutachten erstattet. Darin ist sie, bezogen auf den Begutachtungszeitpunkt, zu einem Grundpflegebedarf der Klägerin im Bereich der Körperpflege von 60 Minuten, im Bereich der Ernährung von 8 Minuten und im Bereich der Mobilität von 45 Minuten im Tagesdurchschnitt gelangt. Gleichzeitig äußerte sie die Annahme, bei der Klägerin dürfte etwa im Frühjahr oder zur Jahresmitte 2012 der Pflegebedarf von mehr als 45 Minuten täglich für die Grundpflege erreicht worden sein; das Gutachten des Sachverständigen F berücksichtige die bestehenden Einschränkungen nicht genügend.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 9. Juli 2014 hat die Klägerin ihr Begehren auf die Zeit ab dem 1. Juli 2012 beschränkt.
Sie beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 20. November 2012 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 12. Juni 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Oktober 2010 in der Fassung des Bescheides vom 12. März 2013 zu verurteilen, ihr auch für die Zeit vom 1. Juli 2012 bis zum 31. Januar 2013 Pflegegeld nach der Pflegestufe I zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend; allenfalls ab dem 8. Dezember 2012, nach der Krankenhaus-Entlassung, komme ein Anspruch in Betracht.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird Bezug genommen auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze mit Anlagen sowie auf die Verwaltungsakten der Beklagten, die im Termin zur mündlichen Verhandlung vorgelegen haben und Gegenstand der Entscheidung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, insbesondere statthaft gemäß §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG), sie hat auch für die Zeit vom 1. August 2012 bis zum 31. Januar 2013 Erfolg.
Der Anspruch auf Pflegegeld gründet sich auf § 37 Absatz 1 Satz 3 Sozialgesetzbuch/Elftes Buch (SGB XI), denn ab dem 1. August 2012 lagen zur Überzeugung des Senats nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens, § 128 Absatz 1 SGG, die Voraussetzungen der Pflegestufe I gemäß § 15 Absatz 1 Nr. 1, Absatz 3 Satz 1 Nr. 1 SGB XI vor.
Es besteht für den Senat kein Zweifel, dass sich der Gesundheitszustand der Klägerin, soweit er Auswirkungen auf die Pflegebedürftigkeit besitzt, im Verlauf des Jahres 2012 allmählich verschlechtert hat, wie es auch die Sachverständige Lim Einzelnen und überzeugend herausgearbeitet hat. Vieles spricht dafür, dass der Pflegebedarf nach der Pflegestufe I bereits im Verlauf des Frühjahrs 2012 oder bis zur Jahresmitte eingetreten ist. Indes liegt erst mit Wirkung vom 1. August 2012 hierdurch eine solche Verdichtung des Beweisergebnisses vor, dass mit dem erforderlichen Beweismaß des Vollbeweises, d. h. der an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit, davon ausgegangen werden muss, dass die Leistungsvoraussetzungen gegeben sind. Für die Zeit davor war entsprechend die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe nach § 160 Absatz 2 SGG nicht vorliegen.
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