L 13 AS 2740/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
13
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 7 AS 3573/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AS 2740/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 23. Mai 2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Übernahme von gegebenenfalls in der Zukunft anfallenden Kosten für die diagnostische Abklärung eines chronischen Fatigue-Syndroms (CFS Syndrom).

Der Kläger steht seit längerem im Leistungsbezug beim Beklagten. Mit Bescheid vom 14. August 2013 bewilligte der Beklagte dem Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in Höhe von 810,79 EUR monatlich für die Zeit vom 1. Oktober 2013 bis 31. März 2014 (Bl. 254 ff der Verwaltungsakte).

Am 18. Oktober 2013 teilte der Kläger dem Beklagten mit, er sei der Einzige, der sich um seine Gesundheit bemühe. Daher habe er die Adresse eines Arztes in Stuttgart (Dr. St.) erhalten, welcher Untersuchungen zum CFS Syndrom, an welchem der Kläger zu leiden glaubt, durchführe. Die Untersuchung sei aufwändig und Laborkosten würden nicht übernommen. Daher frage er an, ob diese Kosten von ca. 700 bis 800 EUR vom Beklagten übernommen werden könnten. Ein Termin könne erst ab Februar 2014 ausgemacht werden. Es werde dann wahrscheinlich Sommer werden (Bl. 263 der Verwaltungsakte).

Mit Bescheid vorn 24. Oktober 2013 lehnte der Beklagte den Antrag ab. Die beantragte Leistung sei keine nach dem SGB II, eine Zahlung daher nicht möglich. Der Kläger solle bei seiner Krankenkasse erfragen, ob die Kosten eventuell von dort übernommen werden könnten (Bl. 264 der Verwaltungsakte).

Hiergegen erhob der Kläger am 29. Oktober 2013 Widerspruch. Zur Begründung führte er aus, er habe hohes Fieber (was er in der Vergangenheit auf eine Borreliose zurückgeführt hatte; vgl. beim Senat anhängiges Verfahren AZ.: L 13 AS 2607) und es stelle sich so langsam heraus, dass es sich um ein CFS-Syndrom handle. Daher solle die entsprechende Untersuchung durch Fachleute stattfinden. Der Beklagte "blockiere grundsätzlich" und solle sich doch selbst bei der Krankenkasse informieren. Der Kläger nahm Bezug auf die Vielzahl anderer Klage- und Widerspruchsverfahren, die von ihm geführt werden und verwies auf die dadurch entstehenden "unnötigen Kosten" (Bl. 265 der Verwaltungsakte).

Mit Widerspruchsbescheid vom 30. Oktober 2013 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung wurde auf den angegriffenen Ausgangsbescheid Bezug genommen (Bl. 266 der Verwaltungsakte).

Dagegen hat der Kläger am 8. November 2013 Klage zum Sozialgericht Ulm (SG) erhoben. Seit 20 Jahren sei er falsch diagnostiziert und im Grunde genommen nicht behandelt worden, da sich kein Arzt damit auskenne. Sein Gesundheitszustand sei eine Stufe über der Bettlägerigkeit. Fieber sei an der Tagesordnung. Den Termin in Stuttgart müsse er im Februar 2014 ausmachen. Zurzeit bestehe ein Aufnahmestopp bei dem betreffenden Arzt. Mit einem CFS Syndrom sei "nicht zu spaßen" und er könne sich die Untersuchung nicht leisten.

Mit Urteil vom 23. Mai 2014 hat das SG Ulm die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das SG dargelegt, der Kläger habe keinen Anspruch auf die Übernahme der Untersuchungskosten. Primär sei hier die Krankenkasse des Klägers für seine Krankenbehandlung zuständig, § 27 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Nach der genannten Vorschrift hätten Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn diese notwendig sei, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Falls der Kläger eine medizinisch notwendige Behandlung begehre und die Laborkosten in deren Rahmen anfielen, sei demnach seine Krankenkasse für die Übernahme zuständig, nicht aber der Beklagte. Falls der Kläger eine Behandlung begehre, welche über die von der gesetzlichen Krankenversicherung erbrachten Leistungen hinausgehe, bestehe ebenfalls kein Anspruch gegen den Beklagten. Ein solcher käme gemäß den §§ 21 Abs. 6, 24 Abs. 1 SGB II nur dann in Betracht, wenn beim Kläger ein unabweisbarer Bedarf vorläge. Da die medizinisch notwendige Versorgung vorliegend bereits von der gesetzlichen Krankenkasse geleistet werde, könne dies nicht der Fall sein.

Gegen das ihm am 6. Juni 2014 zugestellte Urteil hat der Kläger am 17. Juni 2014 Berufung eingelegt. Diese hat der Kläger damit begründet, es sei ihm sehr wohl bekannt, dass man vom SG am liebsten zu Gutachtern geschickt werde, welche sich mit bestimmten Krankheiten von vornherein nicht auskennen würden, unqualifiziert seien und damit gar nicht berechtigt seien Gutachten auszustellen. Bei CFS rede jeder mit, aber keine habe eine Ahnung. Die Krankenkasse winde sich ebenso heraus. Anderen würden Urlaub, Auto und sonst was finanziert. Zu einem Gerichtstermin könne er wegen seines Fiebers nicht anreisen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 23. Mai 2014 sowie den Bescheid vom 24.Oktober 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Oktober 2013 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, Laborkosten sowie weitere Kosten für eine Untersuchung bei Dr. St. in Stuttgart zu übernehmen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte hält die Entscheidung des SG für zutreffend.

Der Senat hat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass er beabsichtige, die Berufung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung gem. § 153 Abs. 4 SGG zurückzuweisen. Die Beteiligten erhielten Gelegenheit zur Stellungnahme.

Der Kläger hat mit Schreiben vom 13. August 2014 nochmals Stellung genommen und vorgetragen, sein Hausarzt habe (nach 20 Jahren, in denen er erkrankt sei) die vorläufige Diagnose eines CFS Syndroms gestellt. Für die endgültige Diagnose sei eine Untersuchung bei Dr. St. in Stuttgart erforderlich, was Kosten zwischen 600 bis 800 EUR verursache. Die Techniker Krankenkasse blockiere ebenfalls. Ob die Behandlung etwas bringe sei nicht sicher.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten sowie der Akten der ersten und zweiten Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Da der Senat die Berufung des Klägers einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung für nicht erforderlich hält, entscheidet er gemäß § 153 Abs. 4 SGGG durch Beschluss. Der Rechtsstreit weist nach Einschätzung des Senats keine besonderen Schwierigkeiten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht auf, die mit den Beteiligten in einer mündlichen Verhandlung erörtert werden müssten. Zu der beabsichtigten Verfahrensweise hat der Senat die Beteiligten angehört.

Die schriftsätzlichen Äußerung des Klägers in seinem Schreiben vom 13. August 2014 hat den Senat nicht dazu bewogen, von der angekündigten Verfahrensweise Abstand zu nehmen, zumal der Kläger hierin im Wesentlichen nur seine bisherigen Ausführungen wiederholt hat.

Die Berufung ist zulässig (§§ 143, 144 SGG), der Kläger hat die geltend gemachten Arztkosten nicht betragsmäßig beschränkt und Kosten bis 800 EUR behauptet, so dass von einem Beschwerdegegenstand von mehr als 750 EUR auszugehen ist. Dass die behaupteten Kosten für eine eventuelle Untersuchung durch nichts belegt sind, berührt die Frage der Zulässigkeit der Berufung nicht.

Das SG hat die Klage jedoch im Ergebnis zu Recht abgewiesen, so dass die Berufung unbegründet ist. Die Klage auf Kostenübernahme für eine ärztliche Behandlung bei Dr. St. in Stuttgart ist zwar zulässig, aber nicht begründet. Der Senat sieht insoweit weitgehend von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und verweist auf die zutreffenden Ausführungen des SG im angefochtenen Urteil, denen er sich vollumfänglich anschließt (§ 153 Abs. 2 SGG, der nach allgemeiner Meinung auch für Beschlüsse nach Abs.4 anwendbar ist, siehe Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 10. Aufl., § 153 SGG Rdnr. 5, m.w.N.).

Das SG hat zutreffend darauf hingewiesen, dass der Kläger als Leistungsbezieher nach dem SGB II pflichtversichert nach dem SGB V ist und die Kosten für eine ärztliche Behandlung und diagnostische von der Krankenkasse im gesetzlichen Umfang zu übernehmen sind (§§ 27, 28 SGB V). Die Kosten einer Krankenbehandlung sind bei den gesetzlich krankenversicherten Leistungsempfängern – wie hier dem Kläger – entweder durch das System des SGB V oder (ergänzend) durch die Regelleistung abgedeckt (BSG, Urteil vom 26. Mai 2011 – B 14 AS 146/10 R –, SozR 4-4200 § 20 Nr 13, BSGE 108, 235-241, SozR 4-3500 § 73 Nr 4).

Der Kläger hat insbesondere keinen Anspruch auf einen Mehrbedarf im Sinne des § 21 SGB II. Nach dem einzig in Betracht kommenden § 21 Abs. 6 Satz 1 SGB II wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, laufender, nicht nur einmaliger besonderer Bedarf besteht. Der Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Hilfebedürftigen gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht (§ 21 Abs. 6 Satz 2 SGB II). Keine der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 21 Abs. 6 SGB II ist vorliegend erfüllt. Weder ist in Anbetracht des bestehenden Krankversicherungsschutzes von einer "Unabweisbarkeit" der Untersuchung auszugehen, noch hat der Kläger auch nur plausibel dargelegt, dass ihm hierdurch überhaupt Kosten entstehen, die nicht von der Krankenkasse getragen werden. Zudem handelt es sich bei einer diagnostischen Abklärung einer bestimmten Krankheit nicht um einen "laufenden" Bedarf.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Dabei hat der Senat im Rahmen seines Ermessens insbesondere berücksichtigt, dass die Klage im Ergebnis erfolglos geblieben ist und der Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Aufl., § 197a SGG Rdnr. 3; erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 10. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4).

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Nr. 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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