L 13 AS 2899/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
13
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 5 AS 2746/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AS 2899/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 30. Mai 2014 abgeändert. Der Beklagte wird unter Abänderung des Widerspruchsbescheids vom 3. August 2011 verurteilt, unter Ausübung pflichtgemäßen Ermessens und unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut darüber zu entscheiden, ob dem Kläger Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch für die Zeit vom 1. September 2010 bis 30. Juni 2011 zu gewähren sind.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Der Beklagte hat dem Kläger 1/4 seiner notwendigen außergerichtlichen Kosten für beide Rechtszüge zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen eine Entscheidung des Beklagten, mit welcher dieser die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) - Arbeitslosengeld II (Alg II)/Sozialgeld - auf seinen Antrag vom 30. September 2010 bis 30. Juni 2011 versagt hat, da der Kläger erforderliche Angaben nicht gemacht und notwendige Nachweise nicht vorgelegt habe.

Der 1984 geborene Kläger studierte nach seinen Angaben vom Wintersemester (WS) 2003/2004 bis zum Sommersemester (SS) 2004 an der Fachhochschule Al., vom SS 2005 bis zum WS 2006/2007 an der Universität Ko. und vom SS 2007 bis zum WS 2007/2008 an der J.-W.-G.-Universität Fr. (ohne Abschluss). Zu seinem Antrag vom 8. April 2009 gab er an, er wolle im WS 2009 als "ordentlicher Student statt Gasthörer (derzeit)" studieren. Nachdem er zunächst im Rahmen der Ermittlungen zur Sachaufklärung nicht mitwirkte (indem er auf Einladungen zu Beratungsgesprächen [19. Mai, 2. Juni, 10. Juni, 25. Juni und 14. Juli 2009] Termine absagte bzw. nicht erschien oder sie trotz Aufforderung nicht vereinbarte, beim Hausbesuch [28. Mai 2009] nicht anzutreffen war und einen Termin beim Gesundheitsamt nicht wahrnahm, erhielt er mit Bewilligungsbescheiden vom 27. Juli 2009 für die Zeit vom 8. April bis 30. September 2009 vom Beklagten Leistungen nach dem SGB II. Am 28. Juli 2009 legte er eine Liste von Hochschulen vor, an denen er sich beworben habe. Auf ein Schreiben des Beklagten vom 8. September 2009 mit dem Hinweis, dass für die Weitergewährung der Leistungen ein Antrag zu stellen sei und - näher dargelegte - Unterlagen vorzulegen seien, wurde ein solcher zunächst nicht gestellt.

Am 30. September 2010 beantragte der Kläger wieder die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II und gab zur Krankenversicherung u.a. "ab Oktober Studentenversich." an.

Mit Schreiben vom 7. Oktober 2010 teilte der Beklagte dem Kläger mit, nach den letzten Informationen studiere dieser seit dem WS 2009/2010. Es werde um Mitteilung gebeten, ob dies nach wie vor korrekt sei. Falls er - wie sein Zwillingsbruder - Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) beantragt habe und diese abgelehnt worden seien, möge er den kompletten Ablehnungsbescheid vorlegen. Dieser werde zur Überprüfung, ob ein Anspruch nach dem SGB II bestehe, benötigt. Die notwendigen Unterlagen sollten bis spätestens 15. Oktober 2010 vorgelegt werden. Ferner wies der Beklagte auf die Bestimmungen der §§ 60 Abs. 1 und 66 Abs. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) hin. Falls der Kläger noch Fragen habe, solle er nicht zögern, die Sachbearbeiterin anzurufen. Da dieser nicht antwortete, fragte der Beklagte mit Schreiben vom 19. Oktober 2010 nochmals nach, ob der Kläger - entsprechend der letzten vorliegenden Information - seit dem WS 2009/2010 studiere, und bat um Vorlage der entsprechenden Studienbescheinigung. Falls ein Antrag auf Leistungen nach dem BAföG abgelehnt worden sei, möge er den kompletten Ablehnungsbescheid einreichen. Um Vorlage der notwendigen Unterlagen bis spätestens 27. Oktober 2010 wurde mit Hinweis auf die Bestimmungen der §§ 60 Abs. 1 und 66 Abs. 1 SGB I gebeten. Falls der Kläger noch Fragen habe, solle er nicht zögern, die Sachbearbeiterin anzurufen. Mit Schreiben vom 23. Oktober 2010 teilte der Kläger dann mit, er sei "zur Zeit nicht als ordentlicher Student an einer Hochschule eingeschrieben". Der Beklagte bat dann mit Schreiben vom 28. Oktober 2010 um Erläuterung dieser Angaben sowie Einreichung entsprechender Nachweise bis spätestens 5. November 2010 und wies wiederum auf die Bestimmungen der §§ 60 Abs. 1, 66 Abs. 1 SGB I hin. Falls der Kläger noch Fragen habe, solle er nicht zögern, die Sachbearbeiterin anzurufen. Mit Schreiben vom 3. November 2010 erklärte der Kläger, dass "im Moment die Möglichkeit einer BAföG-Förderung nicht" bestehe. Hierauf wies der Beklagte am 8. November 2010 darauf hin, dass die Frage aus dem Schreiben vom 28. Oktober 2010 sei noch nicht beantwortet sei. Der Kläger möge mitteilen, warum er zur Zeit nicht als ordentlicher Student an einer Hochschule eingeschrieben und als was er dann eingeschrieben sei, und einen entsprechenden Nachweis dazu einreichen. Er solle mitteilen, ob er einen Ablehnungsbescheid der zuständigen BAföG-Stelle erhalten habe und gegebenenfalls eine Kopie einreichen. Der Antrag auf Grundsicherungsleistungen könne erst weiter bearbeitet werden, wenn die Fragen abschließend geklärt seien. Der Kläger möge daher die notwendigen Unterlagen bis spätestens 16. November 2010 vorlegen. Ferner wurde auf die §§ 60 Abs. 1, 66 Abs. 1 SGB I hingewiesen. Falls der Kläger noch Fragen habe, solle er nicht zögern, die Sachbearbeiterin anzurufen. Hierauf teilte der Kläger mit Schreiben vom 12. November 2010 mit, da "im Moment die Möglichkeit einer BAföG-Förderung nicht" bestehe, habe er auch keinen BAföG-(Ablehnungs-)Bescheid erhalten und werde auch vorläufig keinen solchen bekommen. Einen derartigen Nachweis könne er daher nicht vorlegen. Mit Schreiben vom 16. November 2010 fragte der Beklagte nochmals nach, warum der Kläger zur Zeit nicht als ordentlicher Student an einer Hochschule eingeschrieben sei. Dieser habe auch nicht mitgeteilt, als was er dann eingeschrieben sei und auch keine entsprechenden Nachweise eingereicht. Er werde deshalb nochmals aufgefordert, zu dem Sachverhalt Stellung zu nehmen. Falls er kein Student mehr sei, möge er die entsprechende Exmatrikulationsbescheinigung einreichen. Hierzu setzte der Beklagte eine Frist bis 25. November 2010 und wies darauf hin, dass der Antrag auf Grund von fehlender Mitwirkung abgelehnt werden müsse, wenn der Kläger die Unterlagen nicht fristgerecht vollständig eingereicht habe. Es würden genaue Angaben und auch entsprechende Nachweise zu dem momentanen "Studentenstatus" benötigt, um prüfen zu können, ob ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II bestehe. Ferner wies der Beklagte wiederum auf die Bestimmungen der §§ 60 Abs. 1, 66 Abs. 1 SGB I hin. Falls noch Fragen bestünden, solle der Kläger nicht zögern, die Sachbearbeiterin anzurufen. Mit Schreiben vom 22. November 2010 teilte der Kläger dann mit, er sei, wie bereits mitgeteilt, nicht als ordentliche Student eingeschrieben. Eine BAföG-Förderung sei derzeit ausgeschlossen, da aktuell sein Studium unterbrochen sei. Er werde es jedoch nicht aufgeben, sondern zukünftig wieder aufnehmen. Er sei nicht als ordentlicher Student eingeschrieben, da eine "Studienunterbrechung (zwecks Hochschulwechsel)" vorliege. Zur Zeit sei er allerdings "nicht eingeschrieben (und werde es im aktuellen Semester auch nicht mehr sein, lediglich als Gasthörer)". Er befinde sich auch nicht in einem Urlaubssemester. Deshalb könne er momentan leider auch keinerlei geeignete Nachweise oder einen Bescheid zukommen lassen. Er gehe aber davon aus, dass nun der aktuelle "Studentenstatus" detailliert aufgeklärt sei. Mit Schreiben vom 2. Dezember 2010 teilte der Beklagte dem Kläger erneut mit, dass ein Nachweis zu dessen Studentenstatus benötigt werde. Er möge eine Exmatrikulationsbescheinigung vorlegen. Da er nach seinen Angaben im Moment nicht an einer Hochschule eingeschrieben sei, sei davon auszugehen, dass er eine Exmatrikulationsbescheinigung erhalten habe bzw. noch erhalten könne. Falls er nicht exmatrikuliert sei, werde ein Nachweis der Hochschule benötigt, dass er momentan ein Urlaubssemester mache. Der Kläger möge die notwendigen Unterlagen bis spätestens 13. Dezember 2010 vorlegen. Ferner wies der Beklagte darauf hin, dass der Antrag wegen fehlender Mitwirkung abgelehnt werden müsse, wenn die Unterlagen nicht fristgerecht vollständig eingereicht würden. Es würden genaue Angaben benötigt und auch entsprechende Nachweise zum momentanen "Studentenstatus", damit geprüft werden könne, ob ein Anspruch auf Alg II bestehe. Falls der Kläger den aktuellen Studentenstatus nicht nachweisen könne, müsste der Antrag wegen fehlender Mitwirkung abgelehnt werden. Wiederum wies der Beklagte auf die §§ 60 Abs. 1, 66 Abs. 1 SGB I hin, sowie auf die Möglichkeit, bei Fragen die Sachbearbeiterin anzurufen. Der Kläger legte dann mit Schreiben vom 9. Dezember 2010 eine Mitgliedsbescheinigung der AOK Baden-Württemberg, Bezirksdirektion Schwarzwald-Baar-Heuberg (AOK), vom 8. Dezember 2010 vor, wonach er vom 1. Oktober 2009 bis 31. März 2010 als Student nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) Mitglied der AOK gewesen sei und seit 1. April 2010 - weil keine neue Einschreibung an einer Hochschule oder Uni vorliege, so dass die Studentenversicherung nicht mehr durchgeführt werden könne - nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V Mitglied der AOK sei. Der Beklagte wies dann den Kläger mit Schreiben vom 16. Dezember 2010 darauf hin, dass die Mitgliedsbescheinigung der AOK keinen ausreichenden Nachweis des aktuellen Studentenstatus darstelle. Benötigt werde nach wie vor eine Exmatrikulationsbescheinigung. Da der Kläger im Moment nicht an einer Hochschule eingeschrieben sei, gehe man davon aus, dass er eine Exmatrikulationsbescheinigung erhalten habe bzw. noch erhalten könne. Wenn er nicht exmatrikuliert sei, werde ein Nachweis der Hochschule, dass er momentan ein Urlaubssemester mache, benötigt. Es werde gebeten, die notwendigen Unterlagen bis spätestens 27. Dezember 2010 vorzulegen. Ferner wies der Beklagte erneut darauf hin, dass der Antrag auf Grund fehlender Mitwirkung abgelehnt werden müsse, wenn die Unterlagen nicht fristgerecht vollständig eingereicht würden. Es würden genaue Angaben und auch entsprechende Nachweise zum momentanen "Studentenstatus" benötigt, damit geprüft werden könne, ob ein Anspruch auf Alg II bestehe. Falls der Kläger seinen aktuellen Studentenstatus nicht nachweisen könne, müsse man den Antrag wegen fehlender Mitwirkung ablehnen. Erneut verwies der Beklagte auf die Bestimmungen der §§ 60 Abs.1, 66 Abs. 1 SGB I und die Möglichkeit, bei Fragen die Sachbearbeiterin anzurufen. Mit Schreiben vom 21. Dezember 2010 erklärte der Kläger, er wolle klarstellen, dass er überhaupt nicht als Student eingeschrieben sei. Dies gelte nun genauso wie schon am 30. September 2010. Von einem "Studentenstatus" zu sprechen, sei nicht zutreffend. Ansonsten würde er dies per Immatrikulations- bzw. Exmatrikulationsbescheinigung und BAföG-Bescheid nachweisen. Seinen "Studentenstatus" habe er durch die vorgelegte AOK-Mitgliedsbescheinigung nachgewiesen, die ausschließlich zu diesem Zweck erstellt worden sei.

Mit Bescheid vom 29. Dezember 2010 entschied der Beklagte, der "Antrag" vom 30. September 2010 auf Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) werde "versagt". Der Kläger sei unter Hinweis auf seine Mitwirkungspflichten mit - den näher bezeichneten - Schreiben aufgefordert worden, seinen "Studentenstatus" nachzuweisen bzw. eine Immatrikulationsbescheinigung vorzulegen. Ohne diese Nachweise sei die Feststellung eines Grundsicherungsanspruches nicht möglich. Gründe für eine Begrenzung der Mitwirkungspflicht seien nicht ersichtlich. Auf schriftliche Aufforderung, fehlende Unterlagen beizubringen, habe der Kläger nicht ausreichend reagiert. Die notwendigen Unterlagen lägen nach wie vor nicht vor. Es sei auch nicht möglich gewesen die fehlenden Nachweise selbst zu beschaffen. Umstände, die den Kläger an einer Mitwirkung hindern würden, seien nicht erkennbar. Der "Antrag" auf Grundsicherung für Arbeitsuchende werde deshalb gemäß § 66 SGB I wegen fehlender Mitwirkung "versagt". Die Versagung sei auch erforderlich, da der Kläger offensichtlich kein Interesse mehr an Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende habe. Ebenso sei die Versagung des Antrages auf Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende geeignet und auch angemessen, da der Kläger darauf hingewiesen worden sei, dass die fehlenden Unterlagen zu erbringen seien, da diese erforderlich seien, um über den Antrag entscheiden zu können.

Dagegen erhob der Kläger am 27. Januar 2011 Widerspruch. Eine fehlende Mitwirkung liege nicht vor. Die benötigten Informationen seien mit den Schreiben vom 22. November, 9. Dezember sowie 21. Dezember 2010 erteilt worden. Auf Hinweis des Beklagten, dass der Kläger nach Aktenlage im WS 2009/2010 ein Studium begonnen habe und Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des BAföG förderungsfähig sei, keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II hätten, weswegen ein Nachweis, ob der Kläger momentan bei einer Hochschule immatrikuliert sei, unerlässlich sei, legte der Kläger eine weitere Bescheinigung der AOK vom 8. Februar 2011 vor, wonach er nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V als freiwilliges Mitglied der AOK versichert sei. Da er nicht an einer Hochschule eingeschrieben sei und die Voraussetzungen für eine kostenfreie Familienversicherung nicht mehr vorlägen, sei dies der einzig mögliche Versicherungsschutz für ihn. Auf den Hinweis des Beklagten, die Vorlage eines Nachweises, in Form einer Exmatrikulationsbescheinigung sei erforderlich und das Schreiben der AOK vom 8. Februar 2011 genüge nicht, weswegen nochmals um Vorlage einer Exmatrikulationsbescheinigung gebeten werde, die der Kläger trotz mittlerweile achtmaliger Aufforderung nicht vorgelegt habe, teilte dessen Bevollmächtigter mit, der Kläger sei "im WS 2009/2010 noch nicht an der Hochschule eingeschrieben" gewesen und könne deshalb auch keine Exmatrikulationsbescheinigung vorlegen. Nach Hinweis des Beklagten auf die vom Kläger vorgelegte Mitgliedsbescheinigung der AOK vom 8. Dezember 2010, wonach der Kläger bis 31. März 2010 als Student eingeschrieben gewesen sei, legte der Bevollmächtigte des Klägers schließlich am 18. Juli 2011 eine Exmatrikulationsbescheinigung der Universität des Saarlandes vom 29. Juni 2011 vor, wonach der Kläger mit Wirkung vom 16. Oktober 2009 exmatrikuliert worden war.

Mit Widerspruchsbescheid vom 3. August 2011 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Nachdem die Mitwirkung am 18. Juli 2011 mit dem Einreichen der Exmatrikulationsbescheinigung nachgeholt sei, könnten Leistungen nun ab dem 1. Juli 2011 bewilligt werden. Für die Zeit davor seien die Leistungen bis zur Nachholung der Mitwirkung mit dem angefochtenen Bescheid zu Recht versagt worden. Aus der Aktenlage habe sich ergeben, dass der Kläger im Wintersemester 2009/2010 ein Studium begonnen habe. Auf Anforderung zu seinem Antrag auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II habe der Kläger eine Exmatrikulationsbescheinigung nicht vorgelegt und nur mitgeteilt, er habe sein Studium unterbrochen, aber nicht aufgegeben. Da Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des BAföG oder der §§ 60 bis 62 des Dritten Buches zum Sozialgesetzbuch (SGB III) förderungsfähig seien, keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II hätten, sei es für die Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen unerlässlich gewesen, einen Nachweis darüber zu haben, ob der Kläger momentan in einer Hochschule immatrikuliert gewesen sei oder nicht. Entsprechende Nachweise seien erst im Widerspruchsverfahren vorgelegt worden, nachdem der Kläger zuvor insgesamt neunmal aufgefordert worden sei, die für die Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen essenziell notwendigen Unterlagen einzureichen. Eine weitere Aufklärung sei ohne die Mitwirkung des Klägers nicht möglich gewesen. Schwerwiegende Gründe, weshalb er seiner Mitwirkungspflicht nicht habe nachkommen können, seien nicht ersichtlich. Bei der Entscheidung gemäß § 66 SGB I habe der Grundsicherungsträger auch sein Ermessen ausgeübt, nachdem der Kläger mehrmals belehrt worden sei und die ihm gesetzten ausreichenden Fristen nicht eingehalten habe. Leistungen könnten nach dem Versagungsbescheid erst ab der erfolgten Mitwirkung erbracht werden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Widerspruchsbescheid verwiesen.

Nach Prüfung der weiteren Anspruchsvoraussetzungen bewilligte der Beklagte dem Kläger dann mit Bescheid vom 31. August 2011 dann Leistungen nach dem SGB II für die Zeit ab 1. Juli 2011 bis 31. Dezember 2011.

Auf den seinem Bevollmächtigten am 10. August 2011 zugestellten Widerspruchsbescheid hat der Kläger am Montag, dem 12. September 2011, Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben mit dem Begehren, ihm Leistungen bereits ab Antragstellung und nicht erst ab 1. Juli 2011 zu gewähren. Er habe seine Mitwirkungspflicht nicht verletzt und auf jedes Schreiben des Beklagten fristgerecht geantwortet sowie einen geeigneten Nachweis über den "Studentenstatus" vorgelegt. Er habe angegeben, dass er nicht als ordentlicher Student eingeschrieben, sondern lediglich Gasthörer sei, und auch tatsächlich kein Studium aufgenommen. Die letzte Exmatrikulationsbescheinigung aus dem WS 2009 habe er nicht als geeigneten Nachweis für den "momentanen Studentenstatus" in Betracht gezogen. Das Studium sei weder aufgenommen noch aufgegeben worden, der Antrag auf Immatrikulation sei zwecks Sicherung des Studienplatzes erfolgt, die Rücknahme dieser Einschreibung sei schon vor Vorlesungsbeginn erfolgt. Deshalb habe er einen eindeutigen und aktuellen Nachweis umgehend erbracht und die Bescheinigung der AOK über die konkreten Immatrikulationszeiten vorgelegt. Wie allgemein bekannt sei, sei ohne Krankenversicherungsnachweis eine Immatrikulation nicht möglich. Dem Beklagten hätten jedenfalls spätestens mit Vorlage des Nachweises der Immatrikulationszeiten alle erforderlichen Informationen und Nachweise für eine zügige Antragsbearbeitung vorgelegen. Die später vorgelegte Exmatrikulationsbescheinigung aus dem Wintersemester 2009 sei als Nachweis für den "momentanen Studentenstatus" untauglich. Von einer fehlenden Mitwirkung könne daher keine Rede sein. Seine Angaben seien entgegen der Behauptung des Beklagten auch nicht verwirrend gewesen. Der Beklagte habe die Bescheinigung der AOK vom 9. Dezember 2010 nicht hinreichend berücksichtigt.

Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, die Leistung sei wegen fehlender Mitwirkung zu Recht versagt worden. Der Kläger sei mehrfach zur Erläuterung und Vorlage von Nachweisen aufgefordert worden. Auf das zweite Anforderungsschreiben habe er mitgeteilt, er sei nicht als ordentlicher Student eingeschrieben und könne deshalb auch keine Leistungen nach dem BAföG beziehen. Auf weitere Aufforderung habe er erklärt, sein Studium sei aktuell unterbrochen, er habe es aber nicht aufgegeben und wolle es zukünftig wieder aufnehmen, momentan liege schlicht eine Studienunterbrechung vor. Dies sei sehr verwirrend gewesen, weshalb weiter nachzufragen gewesen sei. Er sei ferner aufgefordert worden, einen Nachweis in Form einer Exmatrikulationsbescheinigung vorzulegen. Da die entsprechenden Unterlagen nicht fristgerecht vorgelegt worden seien, sei die Leistung wegen fehlender Mitwirkung zu Recht versagt worden. Aus der Aktenlage sei hervorgegangen, dass der Kläger im WS 2009/2010 ein Studium begonnen habe. Daraufhin habe dieser am 30. September 2010 wieder einen Antrag auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II gestellt. Auf mehrfache Nachfrage und Anforderung habe er eine Immatrikulationsbescheinigung nicht vorgelegt und lediglich mitgeteilt, er habe sein Studium unterbrochen, aber nicht aufgegeben. Erst am 18. Juli 2011 habe der Kläger eine Exmatrikulationsbescheinigung der Universität des Saarlandes zum 16. Oktober 2009 vorgelegt. Auf den Leistungsantrag vom 30. September 2010 sei der Kläger insgesamt neunmal aufgefordert worden, für die Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen essenziell notwendige Unterlagen einzureichen, da ohne diese nicht festgestellt werden könne, ob ein Leistungsausschluss bestehe. Insgesamt habe der Kläger zur Vorlage der Exmatrikulationsbescheinigung zehn Monate benötigt. Dies sei nicht nachvollziehbar. Diese Bescheinigung werde bei der Exmatrikulation ausgehändigt und der Kläger müsste sie in seinem Besitz gehabt haben. Wenn er sie verloren haben sollte, wäre es kein Problem gewesen, sich bei der Universität kurzfristig einen Ersatz ausstellen zu lassen.

Mit Gerichtsbescheid vom 30. Mai 2014 hat das SG die Klage abgewiesen. Gegen die Versagung einer Sozialleistung wegen fehlender Mitwirkung sei grundsätzlich nur die reine Anfechtungsklage möglich. Soweit die Aufhebung der Versagungsentscheidung begehrt werde, sei die Klage unbegründet. Die - näher dargelegten - Voraussetzungen für die Versagung von Sozialleistungen seien erfüllt. Nach § 7 Abs. 5 SGB II hätten Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des BAföG dem Grunde nach förderungsfähig sei, über den Leistungsanspruch des § 27 SGB II hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Insofern sei die Frage, ob der Kläger einem Studium nachgegangen sei, von erheblicher Bedeutung gewesen. Der Beklagte habe auch Grund zur entsprechenden Erforschung gehabt, nachdem der Kläger zuletzt auf Grund der Aufnahme eines Studiums im Wintersemester 2009/2010 aus dem Leistungsbezug ausgeschieden sei. Der Beklagte sei mithin zur Prüfung des Leistungsanspruchs gehalten gewesen zu erforschen, ob der Kläger weiterhin immatrikuliert gewesen sei. Insofern sei der Kläger gleichermaßen im Rahmen von § 60 Abs. 1 Nr. 3 SGB I verpflichtet gewesen, entsprechende Beweisurkunden vorzulegen. Bei einer nicht mehr bestehenden Studenteneigenschaft sei dies eine Exmatrikulationsbescheinigung der Universität. Insofern sei der vom Kläger monierte zeitliche Zusammenhang unzweifelhaft gegeben, nachdem der Nachweis erforderlich gewesen sei, dass er sein ursprünglich aufgenommenes Studium nicht mehr ausgeübt habe. Diesen Nachweis habe der Kläger nur in geeigneter Weise durch Vorlage der entsprechenden Exmatrikulationsbescheinigung führen können. Die vorgelegte Mitgliederbescheinigung der AOK könne insoweit lediglich eine Indizwirkung entfalten, nachdem die Studenteneigenschaft ordnungsgemäß über eine Immatrikulations- bzw. Exmatrikulationsbescheinigung nachgewiesen werde. Der insoweit zu Recht geforderte Nachweis sei nicht ansatzweise fristgerecht eingereicht worden, wobei auch nicht ersichtlich sei, dass sich irgendwelche Schwierigkeiten bei der Beschaffung des Nachweises ergeben hätten, auf die der Kläger keinen Einfluss hätte haben können. Da die Voraussetzungen des § 66 SGB I vorgelegen hätten, sei die Entscheidung des Beklagten nicht zu beanstanden.

Gegen den am 3. Juni 2014 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 2. Juli 2014 Berufung eingelegt. Er wiederholt im Wesentlichen sein Vorbringen im Klageverfahren. Er habe im Jahr 2009 oder später kein Studium aufgenommen, sondern sich nur um einen Studienplatz beworben. Im Laufe des Bewerbungsprozesses sei auf Grund von teilweise sehr kurzfristigen Annahmefristen eben dieser Studienplatz vorsorglich "gesichert" worden. Die spätere fristgerechte Entscheidung, diesen Studienplatz doch nicht anzunehmen, habe logischerweise dazu geführt, dass ein Studium nicht aufgenommen worden sei. Die danach erfolgte Beantragung von Leistungen beim Beklagten stehe damit nicht in Verbindung. Eine Immatrikulation sei nur mit Krankenkassennachweis möglich. Insofern sei die Bescheinigung der AOK, nach der keine Immatrikulation vorgelegen habe, nicht nur ein Indiz. Die Leistungen seien ihm zu Unrecht und willkürlich abgelehnt worden.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 30. Mai 2014 aufzuheben sowie den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 29. Dezember 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3. August 2011 zu verurteilen, ihm auf den Antrag vom 30. September 2010 bis 30. Juni 2011 Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch zu bewilligen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verweist auf seine Ausführungen in den angefochtenen Entscheidungen und im Klageverfahren sowie auf den Gerichtsbescheid.

Wegen des weiteren Vorbringens und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten des Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung des Klägers ist teilweise begründet.

Soweit der Kläger mit der Anfechtungsklage zulässigerweise die Aufhebung der strittigen Entscheidung für die Zeit ab Antragstellung bis 30. Juni 2011 begehrt, ist die Klage - wie vom SG zutreffend entschieden - unbegründet, denn der Beklagte hat zu Recht die Gewährung von Sozialleistungen mangels Mitwirkung des Klägers, der auf die Rechtsfolgen hingewiesen worden ist und dem Gelegenheit zur Nachholung mit ausreichender Fristsetzung eingeräumt worden ist, unter Ausübung seines Ermessens versagt.

Gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 SGB I hat derjenige, der Sozialleistungen beantragt, 1. alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen, 2. Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich mitzuteilen, 3. Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen.

Kommt derjenige, der eine Sozialleistung beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62 und 65 SGB I nicht nach und wird hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert, kann der Leistungsträger gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I ohne weitere Ermittlungen die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der Leistung nicht nachgewiesen sind. Sozialleistungen dürfen insoweit wegen fehlender Mitwirkung nur versagt oder entzogen werden, nachdem der Leistungsberechtigte auf diese Folge schriftlich hingewiesen worden und seiner Mitwirkungspflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten angemessenen Frist nachgekommen ist (§ 66 Abs. 3 SGB I).

Wird die Mitwirkung nachgeholt und liegen die Leistungsvoraussetzungen vor, kann der Leistungsträger gemäß § 67 SGB I Sozialleistungen, die er nach § 66 SGB I versagt oder entzogen hat, nachträglich ganz oder teilweise erbringen. Insofern ist kein neuer Leistungsantrag für die Entscheidung nach § 67 SGB I nötig (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 28. Februar 1990, 10 RKg 17/89, in SozR 3-5870 § 11 Nr. 1 und in Juris).

Gemessen daran hat der Beklagte die Gewährung der beantragten Sozialleistungen zunächst zu Recht versagt. Allerdings ist der Widerspruchsbescheid insofern rechtswidrig, als der Beklagte Leistungen für die Zeit vor dem 1. Juli 2011 abgelehnt und solche erst ab 1. Juli 2011 bewilligt hat, ohne sein Ermessen, ob Leistungen nach der inzwischen am 18. Juli 2011 erfolgten Mitwirkung auch für die Zeit ab Antragstellung schon gewährt werden können, auszuüben.

Die Versagung der Leistung durch den Bescheid vom 29. Dezember 2010 war nach den oben genannten gesetzlichen Vorgaben rechtmäßig. Der Senat stellt hierzu fest, dass der Beklagte verpflichtet und gehalten war zu prüfen, ob der Kläger im strittigen Zeitraum als Student an einer Hochschule eingeschrieben war und studierte, weil Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des BAföG dem Grunde nach förderungsfähig ist, nach § 7 Abs. 5 SGB II über den Leistungsanspruch des § 27 SGB II hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes haben. Insoweit hatte der Beklagte die Anspruchsvoraussetzungen bzw. den Leistungsausschlusstatbestand zu prüfen. Hierzu stellt der Senat zunächst fest, dass der Kläger, wie von ihm selbst zu einem früheren Leistungsantrag am 8. April 2009 angegeben hat, in der Zeit vom WS 2003/2004 bis zum WS 2007/2008 an verschiedenen Universitäten ohne Abschluss studiert zu haben, und ferner angegeben hat, im WS 2009/2010 die (Wieder-)Aufnahme eines Studiums anzustreben ("statt Gasthörer"). Ferner gab der Kläger, der vom Beklagten vom 8. April bis 30. September 2009 Leistungen bezog (Bewilligungsbescheide vom 27. Juli 2009) erst am 30. September 2010 einen neuen Antrag auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II stellte, zu diesem Antrag an, ab Oktober 2009 als Student krankenversichert zu sein (Angaben zur Krankenversicherung: "ab Oktober Studentenversich."). Damit oblag es dem Beklagten vor einer Entscheidung, zu prüfen, ob der noch oder wieder studierte und ggf. vom Leistungsbezug ausgeschlossen war

Trotz Aufforderungen des Beklagten vom 7. Oktober 2010, 19. Oktober 2010, 28. Oktober 2010, 8. November 2010, 16. November 2010, 2. Dezember 2010 und 16. Dezember 2010, sich zur Frage des "Studentenstatus" zu erklären und insbesondere Nachweise über eine etwaige Beendigung des Studiums durch Vorlage einer Exmatrikulationsbescheinigung vorzulegen, hat der Kläger die Exmatrikulationsbescheinigung der Universität des Saarlandes, nach der er zum 16. Oktober 2009 exmatrikuliert worden ist, erst im Widerspruchsverfahren am 18. Juli 2011 dem Beklagten vorgelegt. Soweit der Kläger geltend macht, er habe bereits durch Vorlage der Bescheinigung der AOK vom 8. Oktober 2012 nachgewiesen, dass er nicht Student sei, ist diese Mitgliedsbescheinigung nicht geeignet, den erforderlichen Nachweis zu erbringen. Sie beruht zum einen im Wesentlichen auf Angaben des Klägers gegenüber der AOK und nicht auf einer Bestätigung der Hochschule und ist im Übrigen auch ausgehend von der vorgelegten Bescheinigung der Exmatrikulation falsch. Denn nach der Bescheinigung der AOK vom 8. Oktober 2012 wäre der Kläger vom 1. Oktober 2009 bis 31. März 2010 Student gewesen, wohingegen die Exmatrikulation bereits am 16. Oktober 2009 erfolgt war.

Der Beklagte war deshalb berechtigt und gehalten, auf einer Bescheinigung zu bestehen, die die Beendigung des Studiums belegte. Auf das Erfordernis eines Nachweises, dass der Kläger nicht mehr Student war, ist er in den Schreiben vom Beklagten auch hingewiesen worden. Er ist ferner wiederholt und zuletzt auch mit Schreiben vom 2. und 16. Dezember 2010 darauf hingewiesen worden, dass eine Exmatrikulationsbescheinigung vorzulegen ist und bei Nichtvorlage eine Versagung der Leistung erfolgt. Der Kläger ist auch auf die Bestimmungen der §§ 60 und 66 SGB I, nach denen Leistungen bei fehlender Mitwirkung versagt werden können, hingewiesen worden, insbesondere auch darauf, dass die Leistungen ganz oder teilweise versagt werden können, wenn der Kläger seiner Mitwirkungspflicht nicht nachkommen sollte. Die Sachbearbeiterin hat ferner jeweils ausdrücklich vermerkt "Sollten Sie noch Fragen haben, zögern Sie bitte nicht, mich anzurufen."

Zur Vorlage des Nachweises wurde dem Kläger am 16. Dezember 2010 schließlich nochmals eine Frist bis 27. Dezember 2010 gesetzt. Diese Frist war - auch im Hinblick auf die vorangegangenen Fristsetzungen und Hinweise - angemessen.

Nachdem dieser eine Exmatrikulationsbescheinigung auch innerhalb dieser Frist und schließlich im Widerspruchsverfahren auch bis Juli 2011 nicht vorgelegt hat, hat der Beklagte die Leistungsgewährung mit Bescheid vom 29. Dezember 2010 in Ausübung ihres Ermessens zu Recht versagt, da nicht ersichtlich ist, weshalb der Kläger gehindert gewesen sein sollte, die Exmatrikulationsbescheinigung, die er schließlich im Juli 2011 vorlegte, vorher zu beschaffen und beim Beklagten einzureichen. Insofern hat der Beklagte dann auch die Versagung der Leistung vor dem 1. Juli 2013 bestätigt bzw. den Widerspruch zurückgewiesen.

Allerdings wäre der Beklagte, nachdem der Kläger die Exmatrikulationsbescheinigung im Juli 2011 vorgelegt hatte, auch verpflichtet gewesen, unter Ausübung von Ermessen darüber zu entscheiden, ob die beantragte Leistung vor dem 1. Juli 2011 nach § 67 SGB I nachträglich ganz oder teilweise erbracht werden kann. Der Beklagte hat insoweit kein Ermessen ausgeübt. Da diese Ermessensentscheidung von Amts wegen zu ergehen hat, ist der Widerspruchsbescheid, mit welchem Leistungen lediglich ab 1. Juli 2011 zugesagt und damit für die Zeit davor versagt wurden, rechtswidrig und wird der Beklagte diese Ermessensentscheidung nachzuholen haben und darüber zu befinden haben, ob die Leistung vom Beginn des Antragsmonats oder zu einem späteren Zeitpunkt Sozialgerichtsgesetz (SGG) bis zum 30. Juni 2011 gewährt werden kann. Insoweit wird er auch zu prüfen haben, ob die weiteren Voraussetzungen für eine Leistungsgewährung in diesem Zeitraum vorgelegen haben.

Bei der Ermessensentscheidung wird auch zu berücksichtigen sein, dass der Kläger zum Teil widersprechende und unzutreffende Unterlagen vorgelegt hat, so die im Widerspruch zur Exmatrikulationsbescheinigung stehende Bescheinigung der AOK vom 8. Dezember 2010 zum Status als Student und auch seiner unterschiedlichen Angaben, wenn er z.B. im Widerspruchsverfahren vorgetragen hat, er sei im Jahr 2009 nicht immatrikuliert gewesen, denn aus der Exmatrikulation zum 16. Oktober 2009 "im ersten Fachsemester" ergibt sich zwangsläufig, dass er sich im Jahr 2009 immatrikuliert haben muss. Insgesamt hat der Kläger bis zur Vorlage der Exmatrikulationsbescheinigung im Juli 2011 unpräzise und insofern auch für den Beklagten nicht nachvollziehbare Angaben gemacht sowie den Nachweis der Exmatrikulation nicht erbracht. Im Übrigen hätte es dem Kläger auch jederzeit offen gestanden, von dem Angebot, einer Beratung die Sachbearbeiterin anzurufen, Gebrauch zu machen ... Aus den vorstehenden Gründen war das Urteil des SG teilweise abzuändern und der Berufung teilweise stattzugeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Voraussetzungen für eine Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved