Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 5 KR 2162/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 3468/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Empfänger von Leistungen des Vierten Kapitels des SGB XII haben lediglich bei Beginn des Leistungsbezugs das Recht, eine Krankenkasse zu wählen, nicht aber das Recht zu einer Kündigung oder zu einem späteren Wechsel der Krankenkasse.
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 8. Juli 2013 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Feststellung, dass die Beklagte seit dem 1. Januar 2013 verpflichtet ist, seine Krankenbehandlung nach § 264 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) sicherzustellen.
Der 1942 geborene Kläger bezieht seit mehreren Jahren von der Beigeladenen zu 2) Leistungen nach dem Vierten Kapitel Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII). Seine Krankenbehandlung wurde seit Beginn des Leistungsbezugs entsprechend der Wahl des Klägers im Auftrag der Beigeladenen zu 2) durch die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen zu 1), der damaligen Gmünder Ersatzkasse (GEK), und ab deren Fusion mit der damaligen Barmer Ersatzkasse (BEK) zur Beigeladenen zu 1) zum 1. Januar 2010 durch diese sichergestellt.
Mit Schreiben vom 23. Oktober 2012 meldete die Beigeladene zu 2) den Kläger nach § 264 Abs. 2 SGB V bei der Beklagten an. Der Kläger stellte parallel hierzu am 23. Oktober 2012 einen Antrag auf eine freiwillige Mitgliedschaft ab dem 1. Januar 2013. Mit Bescheid vom 5. November 2012 lehnte die Beklagte den Krankenkassenwechsel zu ihr ab. Betreute Sozialhilfeempfänger nach § 264 SGB V würden bei ihrem Sozialhilfeträger eine Krankenkasse für die auftragsweise Leistungserbringung wählen. Während des Leistungsbezugs sei er an die Wahl der Krankenkasse gebunden und könne die gewählte Krankenkasse nicht wechseln.
Der Kläger erhob Widerspruch. Dadurch, dass ihm als Sozialhilfeempfänger die Möglichkeit genommen werde, die Krankenkasse zu wechseln, werde er diskriminiert. Es gebe keinen Grund, einen Kassenwechsel zu verbieten. Mit Widerspruchsbescheid vom 10. April 2013 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch zurück. Ein Krankenkassenwechsel sei nicht möglich. Der Gesetzgeber habe die Möglichkeit des Kassenwahlrechts nur für den Personenkreis der Versicherungspflichtigen und der Versicherungsberechtigten vorgesehen. Der Kläger gehöre als Hilfeempfänger nach § 264 SGB V nicht zu diesem Personenkreis. Er habe nur bei Beginn des Leistungsbezugs nach dem SGB XII eine Krankenkasse wählen können, welche für die gesamte Dauer des Leistungsbezugs für die Übernahme der Krankenbehandlung zuständig sei.
Am 7. Mai 2013 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG). Zur Begründung führte er aus, er habe im Jahr 2004 die GEK als Krankenkasse gewählt, die am 1. Oktober 2010 (gemeint: 1. Januar 2010) von der BEK "geschluckt" worden sei, was er nicht habe vorhersehen können. Für Sozialhilfeempfänger sei eine Sonderabteilung eingerichtet worden, die kritikwürdig agiere. Die Beigeladene zu 1) habe er nie gewollt, da bekannt sei, dass diese gegen die Aufnahme benachteiligter Bevölkerungsgruppen gerichtlich vorgehe und dadurch die Diskriminierung auf die Spitze treibe. Hierzu passe die Einrichtung einer Sonderstelle für alle Benachteiligten in Zwickau. Auch wenn man § 264 SGB V unterworfen sei, müsse ein Wechsel der Krankenkasse möglich sein, was von der Beigeladenen zu 2) bestätigt worden sei. Der Kläger legte ein Schreiben der Beigeladenen zu 2) vom 20. Dezember 2012 vor, in dem diese dem Kläger mitteilte, nach einer telefonischen Rücksprache sei ein Wechsel zur Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK) möglich.
Die Beklagte trat der Klage unter Verweis auf den Widerspruchsbescheid entgegen.
Die mit Beschluss vom 11. Juni 2013 Beigeladenen ließen sich zur Sache nicht ein.
Mit Gerichtsbescheid vom 8. Juli 2013 wies das SG die Klage ab. Die Beklagte habe zu Recht ihre Leistungszuständigkeit für den Kläger ab dem 1. Januar 2013 verneint, da ein Krankenkassenwechsel nicht möglich sei. Wie sich aus § 175 Abs. 4 SGB V ergebe, stünde ein Krankenkassenwahlrecht während laufender Kassenzugehörigkeit nur versicherungspflichtigen bzw. berechtigten Krankenkassenmitgliedern zu. Empfänger von Leistungen nach dem Dritten bis Neunten Kapital des SGB XII seien nach § 264 Abs. 3 SGB V jedoch nicht versicherte Mitglieder, sondern lediglich Empfänger von Krankenbehandlungsleistungen. Diese hätten lediglich zu Beginn der Krankenbehandlungsleistungen das Recht zur Wahl einer Krankenkasse. Dieses Wahlrecht habe der Kläger im Jahr 2004 ausgeübt. Der Ausschluss der Möglichkeit eines Krankenkassenwechsels für Sozialhilfeempfänger verstoße auch nicht gegen Art. 3 Grundgesetz (GG), da der Gesetzgeber berechtigt sei, unterschiedliche Regelungen für Mitglieder der Krankenkassen und nur leistungsberechtigte Empfänger von Krankenbehandlungsleistungen zu treffen.
Gegen den ihm am 11. Juli 2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 6. August 2013 Berufung eingelegt. Zur Begründung führt er - zum Teil unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vortrags - aus, er habe nicht die Beigeladene zu 1), sondern die GEK gewählt. Eine freie Wahl habe nicht bestanden. Die im Gerichtsbescheid genannten Vorschriften des SGB V stünden in einem krassen Widerspruch zu Art. 3 GG. Schon der Zwang zur Kassenwahl, ohne deren unterschiedliche Leistungen zu kennen, sei mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz nicht vereinbar. Eine Krankenbehandlung durch die Krankenkasse finde nicht statt, da die Behandlungen vom Sozialamt gezahlt würden.
Der Kläger beantragt (sachgerecht gefasst),
den Gerichtsbescheid des Sozialgericht Freiburg vom 8. Juli 2013 und den Bescheid der Beklagten vom 5. November 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. April 2013 aufzuheben und festzustellen, dass die Beklagte ab dem 1. Januar 2013 verpflichtet ist, seine Krankenbehandlung nach § 264 SGB V sicherzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist ebenso wie die Beigeladene zu 1) auf die Ausführungen im Gerichtsbescheid des SG.
Die Beigeladene zu 2), die - wie die Beigeladene zu 1) - keinen Antrag gestellt hat, hat sich zur Sache nicht geäußert.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten gemäß §§ 151, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingereicht und statthaft.
Klageart ist neben der Anfechtungsklage die Feststellungsklage gemäß § 55 SGG, gerichtet auf die Feststellung, dass die Beklagte zur Sicherstellung der Krankenbehandlung des Klägers nach § 264 SGB V verpflichtet ist. Bei Feststellung der Zuständigkeit der Beklagten zur Sicherstellung der Krankenbehandlung nach § 264 SGB V treten die Rechtsfolgen des Auftragsverhältnisses kraft Gesetzes ein, insbesondere mit der Folge eines grundsätzlich unmittelbaren Leistungsanspruchs gegenüber der gewählten Krankenkasse (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 17. Juni 2008 - B 1 KR 30/07 R - in juris), so dass die Feststellungsklage zulässig ist (vgl. zur Statthaftigkeit der Feststellungsklage bei einer streitigen Krankenkassenmitgliedschaft: BSG, Urteil vom 21. Dezember 2011 - B 12 KR 21/10 R - in juris).
Die Berufung ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht und mit zutreffenden Gründen abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 5. November 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. April 2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat in Bezug auf die Krankenkasse, die im Auftrag der Beigeladenen zu 2) seine Krankenbehandlung sicherstellt, keinen Anspruch auf einen Krankenkassenwechsel.
Nach § 173 Abs. 1, 1. Hs. SGB V sind Versicherungspflichtige (§ 5 SGB V) und Versicherungsberechtigte (§ 6 SGB V) Mitglied der von ihnen gewählten Krankenkasse. Sie können zwischen den in § 173 Abs. 2 SGB V im Einzelnen aufgeführten Krankenkassen wählen. An die Wahl der Krankenkasse sind sie nach § 175 Abs. 4 Satz 1 SGB V mindestens 18 Monate gebunden, wenn sie das Wahlrecht ab dem 1. Januar 2002 ausüben. Eine Kündigung der Mitgliedschaft ist zum Ablauf des übernächsten Kalendermonats möglich, gerechnet von dem Monat, in dem das Mitglied die Kündigung erklärt (§ 175 Abs. 4 Satz 2 SGB V). Die Krankenkasse hat dem Mitglied unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von zwei Wochen nach Eingang der Kündigung eine Kündigungsbestätigung auszustellen (§ 175 Abs. 4 Satz 3 SGB V). Die Kündigung wird erst wirksam, wenn das Mitglied innerhalb der Kündigungsfrist eine Mitgliedschaft bei einer anderen Krankenkasse durch eine Mitgliedsbescheinigung oder das Bestehen einer anderweitigen Absicherung im Krankheitsfall nachweist (§ 175 Abs. 4 Satz 4 SGB V).
Der Kläger erfüllt diese Voraussetzungen eines Krankenkassenwechsels nicht. Denn er gehört nicht zum berechtigten Personenkreis, da er als Empfänger von Krankenbehandlungsleistungen nach § 264 SGB V weder Versicherungspflichtiger noch Versicherungsberechtigter und damit kein Mitglied der Beklagten ist.
Nach § 264 Abs. 3 Satz 1 SGB V haben die in Abs. 2 Satz 1 der Vorschrift genannten Empfänger (u.a. von Leistungen nach dem Dritten bis Neunten Kapitel des SGB XII) unverzüglich eine Krankenkasse im Bereich des für die Hilfe zuständigen Trägers der Sozialhilfe oder der öffentlichen Jugendhilfe zu wählen, die ihre Krankenbehandlung übernimmt.
Der Kläger gehört als Empfänger von Leistungen des Vierten Kapitels des SGB XII zum nicht versicherten Personenkreis, deren Krankenbehandlung nach § 264 Abs. 2 Satz 1 SGB V von der Krankenkasse übernommen wird. Für diese Personen fehlt eine § 175 Abs. 4 SGB V entsprechende Regelung, mit der Folge, dass diese Personen nach § 264 Abs. 3 Satz 1 SGB V lediglich bei Beginn des Leistungsbezugs das Recht haben, eine Krankenkasse zu wählen, während ihnen das Recht einer Kündigung bzw. eines späteren Wechsels zu einer anderen Krankenkasse nicht zusteht. Sozialhilfeempfänger sind damit leistungsrechtlich, nicht aber mitgliedschaftsrechtlich den in der gesetzlichen Krankenversicherung Versicherten gleichgestellt (BSG, Urteil vom 21. Dezember 2011 - B 12 KR 21/10 R - m.w.N., a.a.O.).
Dies ist verfassungskonform. Insbesondere liegt kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG vor. Nach Art. 3 Abs. 1 GG sind alle Menschen vor dem Gesetz gleich. Dieser allgemeine Gleichheitssatz gebietet dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Art. 3 Abs. 1 GG verwehrt dem Gesetzgeber nicht alle Differenzierungen. Diese bedürfen jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind (ständige Rechtsprechung, zuletzt: Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss vom 25. Juni 2014 - 1 BvR 668/10, 1 BvR 2104/19 - m.w.N., in juris). Demnach darf der Gesetzgeber in Bezug auf das Recht zum Wechsel der Krankenkasse zwischen Mitgliedern und Empfängern von Krankenbehandlung nach § 264 SGB V differenzieren. Diese Differenzierung ist insbesondere deshalb gerechtfertigt, weil bei Mitgliedern - anders als bei Leistungsempfängern nach § 264 SGB V - die Mitgliedschaft mit einer Beitragspflicht einhergeht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Feststellung, dass die Beklagte seit dem 1. Januar 2013 verpflichtet ist, seine Krankenbehandlung nach § 264 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) sicherzustellen.
Der 1942 geborene Kläger bezieht seit mehreren Jahren von der Beigeladenen zu 2) Leistungen nach dem Vierten Kapitel Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII). Seine Krankenbehandlung wurde seit Beginn des Leistungsbezugs entsprechend der Wahl des Klägers im Auftrag der Beigeladenen zu 2) durch die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen zu 1), der damaligen Gmünder Ersatzkasse (GEK), und ab deren Fusion mit der damaligen Barmer Ersatzkasse (BEK) zur Beigeladenen zu 1) zum 1. Januar 2010 durch diese sichergestellt.
Mit Schreiben vom 23. Oktober 2012 meldete die Beigeladene zu 2) den Kläger nach § 264 Abs. 2 SGB V bei der Beklagten an. Der Kläger stellte parallel hierzu am 23. Oktober 2012 einen Antrag auf eine freiwillige Mitgliedschaft ab dem 1. Januar 2013. Mit Bescheid vom 5. November 2012 lehnte die Beklagte den Krankenkassenwechsel zu ihr ab. Betreute Sozialhilfeempfänger nach § 264 SGB V würden bei ihrem Sozialhilfeträger eine Krankenkasse für die auftragsweise Leistungserbringung wählen. Während des Leistungsbezugs sei er an die Wahl der Krankenkasse gebunden und könne die gewählte Krankenkasse nicht wechseln.
Der Kläger erhob Widerspruch. Dadurch, dass ihm als Sozialhilfeempfänger die Möglichkeit genommen werde, die Krankenkasse zu wechseln, werde er diskriminiert. Es gebe keinen Grund, einen Kassenwechsel zu verbieten. Mit Widerspruchsbescheid vom 10. April 2013 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch zurück. Ein Krankenkassenwechsel sei nicht möglich. Der Gesetzgeber habe die Möglichkeit des Kassenwahlrechts nur für den Personenkreis der Versicherungspflichtigen und der Versicherungsberechtigten vorgesehen. Der Kläger gehöre als Hilfeempfänger nach § 264 SGB V nicht zu diesem Personenkreis. Er habe nur bei Beginn des Leistungsbezugs nach dem SGB XII eine Krankenkasse wählen können, welche für die gesamte Dauer des Leistungsbezugs für die Übernahme der Krankenbehandlung zuständig sei.
Am 7. Mai 2013 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG). Zur Begründung führte er aus, er habe im Jahr 2004 die GEK als Krankenkasse gewählt, die am 1. Oktober 2010 (gemeint: 1. Januar 2010) von der BEK "geschluckt" worden sei, was er nicht habe vorhersehen können. Für Sozialhilfeempfänger sei eine Sonderabteilung eingerichtet worden, die kritikwürdig agiere. Die Beigeladene zu 1) habe er nie gewollt, da bekannt sei, dass diese gegen die Aufnahme benachteiligter Bevölkerungsgruppen gerichtlich vorgehe und dadurch die Diskriminierung auf die Spitze treibe. Hierzu passe die Einrichtung einer Sonderstelle für alle Benachteiligten in Zwickau. Auch wenn man § 264 SGB V unterworfen sei, müsse ein Wechsel der Krankenkasse möglich sein, was von der Beigeladenen zu 2) bestätigt worden sei. Der Kläger legte ein Schreiben der Beigeladenen zu 2) vom 20. Dezember 2012 vor, in dem diese dem Kläger mitteilte, nach einer telefonischen Rücksprache sei ein Wechsel zur Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK) möglich.
Die Beklagte trat der Klage unter Verweis auf den Widerspruchsbescheid entgegen.
Die mit Beschluss vom 11. Juni 2013 Beigeladenen ließen sich zur Sache nicht ein.
Mit Gerichtsbescheid vom 8. Juli 2013 wies das SG die Klage ab. Die Beklagte habe zu Recht ihre Leistungszuständigkeit für den Kläger ab dem 1. Januar 2013 verneint, da ein Krankenkassenwechsel nicht möglich sei. Wie sich aus § 175 Abs. 4 SGB V ergebe, stünde ein Krankenkassenwahlrecht während laufender Kassenzugehörigkeit nur versicherungspflichtigen bzw. berechtigten Krankenkassenmitgliedern zu. Empfänger von Leistungen nach dem Dritten bis Neunten Kapital des SGB XII seien nach § 264 Abs. 3 SGB V jedoch nicht versicherte Mitglieder, sondern lediglich Empfänger von Krankenbehandlungsleistungen. Diese hätten lediglich zu Beginn der Krankenbehandlungsleistungen das Recht zur Wahl einer Krankenkasse. Dieses Wahlrecht habe der Kläger im Jahr 2004 ausgeübt. Der Ausschluss der Möglichkeit eines Krankenkassenwechsels für Sozialhilfeempfänger verstoße auch nicht gegen Art. 3 Grundgesetz (GG), da der Gesetzgeber berechtigt sei, unterschiedliche Regelungen für Mitglieder der Krankenkassen und nur leistungsberechtigte Empfänger von Krankenbehandlungsleistungen zu treffen.
Gegen den ihm am 11. Juli 2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 6. August 2013 Berufung eingelegt. Zur Begründung führt er - zum Teil unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vortrags - aus, er habe nicht die Beigeladene zu 1), sondern die GEK gewählt. Eine freie Wahl habe nicht bestanden. Die im Gerichtsbescheid genannten Vorschriften des SGB V stünden in einem krassen Widerspruch zu Art. 3 GG. Schon der Zwang zur Kassenwahl, ohne deren unterschiedliche Leistungen zu kennen, sei mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz nicht vereinbar. Eine Krankenbehandlung durch die Krankenkasse finde nicht statt, da die Behandlungen vom Sozialamt gezahlt würden.
Der Kläger beantragt (sachgerecht gefasst),
den Gerichtsbescheid des Sozialgericht Freiburg vom 8. Juli 2013 und den Bescheid der Beklagten vom 5. November 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. April 2013 aufzuheben und festzustellen, dass die Beklagte ab dem 1. Januar 2013 verpflichtet ist, seine Krankenbehandlung nach § 264 SGB V sicherzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist ebenso wie die Beigeladene zu 1) auf die Ausführungen im Gerichtsbescheid des SG.
Die Beigeladene zu 2), die - wie die Beigeladene zu 1) - keinen Antrag gestellt hat, hat sich zur Sache nicht geäußert.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten gemäß §§ 151, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingereicht und statthaft.
Klageart ist neben der Anfechtungsklage die Feststellungsklage gemäß § 55 SGG, gerichtet auf die Feststellung, dass die Beklagte zur Sicherstellung der Krankenbehandlung des Klägers nach § 264 SGB V verpflichtet ist. Bei Feststellung der Zuständigkeit der Beklagten zur Sicherstellung der Krankenbehandlung nach § 264 SGB V treten die Rechtsfolgen des Auftragsverhältnisses kraft Gesetzes ein, insbesondere mit der Folge eines grundsätzlich unmittelbaren Leistungsanspruchs gegenüber der gewählten Krankenkasse (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 17. Juni 2008 - B 1 KR 30/07 R - in juris), so dass die Feststellungsklage zulässig ist (vgl. zur Statthaftigkeit der Feststellungsklage bei einer streitigen Krankenkassenmitgliedschaft: BSG, Urteil vom 21. Dezember 2011 - B 12 KR 21/10 R - in juris).
Die Berufung ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht und mit zutreffenden Gründen abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 5. November 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. April 2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat in Bezug auf die Krankenkasse, die im Auftrag der Beigeladenen zu 2) seine Krankenbehandlung sicherstellt, keinen Anspruch auf einen Krankenkassenwechsel.
Nach § 173 Abs. 1, 1. Hs. SGB V sind Versicherungspflichtige (§ 5 SGB V) und Versicherungsberechtigte (§ 6 SGB V) Mitglied der von ihnen gewählten Krankenkasse. Sie können zwischen den in § 173 Abs. 2 SGB V im Einzelnen aufgeführten Krankenkassen wählen. An die Wahl der Krankenkasse sind sie nach § 175 Abs. 4 Satz 1 SGB V mindestens 18 Monate gebunden, wenn sie das Wahlrecht ab dem 1. Januar 2002 ausüben. Eine Kündigung der Mitgliedschaft ist zum Ablauf des übernächsten Kalendermonats möglich, gerechnet von dem Monat, in dem das Mitglied die Kündigung erklärt (§ 175 Abs. 4 Satz 2 SGB V). Die Krankenkasse hat dem Mitglied unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von zwei Wochen nach Eingang der Kündigung eine Kündigungsbestätigung auszustellen (§ 175 Abs. 4 Satz 3 SGB V). Die Kündigung wird erst wirksam, wenn das Mitglied innerhalb der Kündigungsfrist eine Mitgliedschaft bei einer anderen Krankenkasse durch eine Mitgliedsbescheinigung oder das Bestehen einer anderweitigen Absicherung im Krankheitsfall nachweist (§ 175 Abs. 4 Satz 4 SGB V).
Der Kläger erfüllt diese Voraussetzungen eines Krankenkassenwechsels nicht. Denn er gehört nicht zum berechtigten Personenkreis, da er als Empfänger von Krankenbehandlungsleistungen nach § 264 SGB V weder Versicherungspflichtiger noch Versicherungsberechtigter und damit kein Mitglied der Beklagten ist.
Nach § 264 Abs. 3 Satz 1 SGB V haben die in Abs. 2 Satz 1 der Vorschrift genannten Empfänger (u.a. von Leistungen nach dem Dritten bis Neunten Kapitel des SGB XII) unverzüglich eine Krankenkasse im Bereich des für die Hilfe zuständigen Trägers der Sozialhilfe oder der öffentlichen Jugendhilfe zu wählen, die ihre Krankenbehandlung übernimmt.
Der Kläger gehört als Empfänger von Leistungen des Vierten Kapitels des SGB XII zum nicht versicherten Personenkreis, deren Krankenbehandlung nach § 264 Abs. 2 Satz 1 SGB V von der Krankenkasse übernommen wird. Für diese Personen fehlt eine § 175 Abs. 4 SGB V entsprechende Regelung, mit der Folge, dass diese Personen nach § 264 Abs. 3 Satz 1 SGB V lediglich bei Beginn des Leistungsbezugs das Recht haben, eine Krankenkasse zu wählen, während ihnen das Recht einer Kündigung bzw. eines späteren Wechsels zu einer anderen Krankenkasse nicht zusteht. Sozialhilfeempfänger sind damit leistungsrechtlich, nicht aber mitgliedschaftsrechtlich den in der gesetzlichen Krankenversicherung Versicherten gleichgestellt (BSG, Urteil vom 21. Dezember 2011 - B 12 KR 21/10 R - m.w.N., a.a.O.).
Dies ist verfassungskonform. Insbesondere liegt kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG vor. Nach Art. 3 Abs. 1 GG sind alle Menschen vor dem Gesetz gleich. Dieser allgemeine Gleichheitssatz gebietet dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Art. 3 Abs. 1 GG verwehrt dem Gesetzgeber nicht alle Differenzierungen. Diese bedürfen jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind (ständige Rechtsprechung, zuletzt: Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss vom 25. Juni 2014 - 1 BvR 668/10, 1 BvR 2104/19 - m.w.N., in juris). Demnach darf der Gesetzgeber in Bezug auf das Recht zum Wechsel der Krankenkasse zwischen Mitgliedern und Empfängern von Krankenbehandlung nach § 264 SGB V differenzieren. Diese Differenzierung ist insbesondere deshalb gerechtfertigt, weil bei Mitgliedern - anders als bei Leistungsempfängern nach § 264 SGB V - die Mitgliedschaft mit einer Beitragspflicht einhergeht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
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