Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
11
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 5 AS 520/14 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 AS 455/14 B PKH
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Die Beschwerde gegen Ziffer III. des Beschlusses des Sozialgerichts Nürnberg vom 12.05.2014 wird zurückgewiesen.
II. Der Antrag der Antragstellerin, ihr Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren zu bewilligen, wird abgelehnt.
Gründe:
I.
Streitig sind Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II -Alg II-) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Die schwangere Antragstellerin (ASt) bezog bis einschließlich 31.01.2014 Alg II vom Jobcenter B-Stadt. Seit 25.01.2014 lebte sie zusammen mit ihrer Tochter L. J. (geb. 07.01.2010) und ihrem Lebensgefährten S. S. (S) in A-Stadt. Die Miete inkl. Heizkosten (zentrale Warmwasserzubereitung) betrug monatlich 657 EUR (505 EUR Gesamtmiete zzgl. 77 EUR Heizkostenabschlag). Die ASt erhält für ihre Tochter Kindergeld iHv monatlich 184 EUR sowie UVG-Leistungen iHv 133 EUR. S bezieht seit dem 22.04.2014 Arbeitslosengeld iHv 927,60 EUR monatlich. Zuvor war er vom 09.12.2013 bis 09.03.2014 bei der Firma A. und vom 10.03.2014 bis 21.04.2014 bei der Firma W., Elektrotechnik, beschäftigt.
Am 24.03.2014 beantragte die ASt beim Ag Alg II. Sie sprach am 31.03.2014 und am 17.04.2014 persönlich vor und gab - ausweislich des Eingangsstempels - am 22.04.2014 die ausgefüllten Antragsformulare ab. Nach der Verwaltungsakte des Ag wurde die ASt mit Schreiben vom 22.04.2014 aufgefordert, eine Vermieterbescheinigung, Lohnabrechnungen des Lebensgefährten für März und April 2014, den Bescheid über das Arbeitslosengeld nach Erhalt sowie die Kontoauszüge des Lebensgefährten (Kto.Nr ...) für die letzten drei Monate bis 09.05.2014 vorzulegen. S wurde vom Ag ebenfalls unter dem 22.04.2014 aufgefordert, eine Vermieterbescheinigung, die Lohnabrechnung für April und den Bescheid über das Arbeitslosengeld vorzulegen.
Die ASt erkundigte sich am 29.04.2014 nach dem Bearbeitungsstand ihres Antrages und fragte wegen eines Vorschusses an. Sie befinde sich in einer finanziellen Notlage und benötige dringend Geld. Nach einem Aktenvermerk des Ag sei sie am 30.04.2014 zurückgerufen worden und auf die noch fehlenden Unterlagen hingewiesen worden. Mit Schreiben vom 05.05.2014 forderte der Ag S nochmals auf, eine Vermieterbescheinigung, Lohnabrechnungen für März und April 2014, den Bescheid über das Arbeitslosengeld (nach Erhalt) sowie Kontoauszüge über sein Konto und das der ASt bis 22.05.2014 vorzulegen. Nach Vorlage der angeforderten Unterlagen und einer persönlichen Vorsprache am 20.05.2014 bewilligte der Ag mit Bescheid vom 20.05.2014 für die Zeit vom 01.03.2014 bis 31.08.2014 mit Ausnahme des Monats Mai 2014 vorläufig Alg II. Dabei wurden neben den jeweiligen Regelbedarfen die tatsächlichen Unterkunftskosten und bis zum voraussichtlichen Entbindungstermin (13.08.2014) ein Mehrbedarf für werdende Mütter als Bedarf angesetzt, sowie das jeweilige Einkommen der Bedarfsgemeinschaft berücksichtigt. Nach Aktenlage und telefonischer Auskunft des Ag wurde dagegen kein Widerspruch eingelegt.
Bereits am 30.04.2013 hat die ASt beim Sozialgericht Nürnberg (SG) beantragt, den Ag im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes zu verpflichten, ihr Alg II in gesetzlicher Höhe zu gewähren. Der Ag habe bislang in ungesetzlicher Weise nicht über ihren Leistungsantrag entschieden. Eine Verdienstabrechnung für April 2014 liege S noch nicht vor, ebenso noch kein Bescheid des Arbeitsamtes. Den Mietvertrag und Kontoauszüge, aus denen sich die monatlichen Überweisungen an den Vermieter und die I. A-Stadt ergäben, seien vorgelegt worden. Es lägen dringende Hilfebedürftigkeit und Mietrückstände vor. Mit Ziffern I. und II. des Beschlusses vom 12.05.2014 hat das SG den Antrag abgelehnt. Es fehle bereits ein Rechtsschutzbedürfnis. Eine genaue Bedarfs- bzw. Leistungsberechnung durch den Ag erfolge unmittelbar nach dem Einreichen der noch ausstehenden Unterlagen. Es bedürfe insofern keiner gerichtlichen Hilfe. Insbesondere im Hinblick auf die noch fehlenden Kontoauszüge von S könne nicht geprüft werden, ob ein Anspruch auf Alg II bestehe, weshalb ein Anordnungsanspruch fehle. Die dagegen erhobene Beschwerde der ASt hat der Senat mit Beschluss vom 07.07.2014 (L 11 AS 431/14 B ER) zurückgewiesen.
Mit Ziffer III. des Beschlusses vom 12.05.2014 hat das SG auch den Antrag der ASt auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) mangels hinreichender Erfolgsaussicht des Antrages auf einstweiligen Rechtsschutzes abgelehnt.
Dagegen hat die ASt Beschwerde beim Bayerischen Landessozialgericht eingelegt. Die Kontoauszüge seien von S nicht angefordert worden. Auch ein Schreiben vom 22.04.2014 sei ihr nicht bekannt und sie habe ein solches nicht erhalten. Im Zeitpunkt der Beantragung von einstweiligem Rechtsschutz hätte der Ag über den Leistungsantrag entscheiden können, zumal bereits festgestanden habe, dass der ASt ein Anspruch auf Alg II zugestanden habe. Fehlende Unterlagen habe der Ag offensichtlich nicht angefordert bzw. hätten von der ASt noch gar nicht vorgelegt werden können.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten des Ag sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegt Beschwerde ist zulässig (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz - SGG -), aber nicht begründet. Zu Recht hat das SG den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren abgelehnt.
Nach § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Aus verfassungsrechtlichen Gründen dürfen die Anforderungen an die Erfolgsaussicht nicht überspannt werden. Es reicht für die Prüfung der Erfolgsaussicht aus, dass der Erfolg eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich hat (vgl. BSG, Urteil vom 17.02.1998 - B 13 RJ 83/97 R (Rn.26) - SozR 3-1500 § 62 Nr.19). Diese gewisse Wahrscheinlichkeit ist in aller Regel dann anzunehmen, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Beteiligten aufgrund der Sachverhaltsschilderung und der vorgelegten Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht die Möglichkeit des Obsiegens des PKH- Beantragenden ebenso wahrscheinlich ist wie sein Unterliegen (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. § 73a Rn.7). Schwierige, bislang ungeklärte Rechts- und Tatfragen sind nicht im PKH-Verfahren zu entscheiden, sondern müssen auch von Unbemittelten einer prozessualen Klärung zugeführt werden können (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.07.1993 - 1 BvR 1523/92 - NJW 1994, 241f). PKH muss jedoch nicht schon dann gewährt werden, wenn die entscheidungserhebliche Rechtsfrage zwar noch nicht höchstrichterlich geklärt ist, ihre Beantwortung aber im Hinblick auf die einschlägige gesetzliche Regelung oder die durch die bereits vorliegende Rechtsprechung gewährten Auslegungshilfen nicht in dem genannten Sinne als "schwierig" erscheint (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13.03.1990 - 2 BvR 94/88 (Rn. 29) - BVerfGE 81, 347ff). Ist dies dagegen nicht der Fall und steht eine höchstrichterliche Klärung noch aus, so ist es mit dem Gebot der Rechtsschutzgleichheit nicht zu vereinbaren, der unbemittelten Partei wegen der fehlenden Erfolgsaussichten ihres Begehrens Prozesskostenhilfe vorzuenthalten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19.02.2008 - 1 BvR 1807/07 - NJW 2008, 1060ff).
Unter Beachtung dieser Grundsätze war der Klägerin PKH für ihr Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes beim SG nicht zu bewilligen. Eine hinreichende Aussicht auf Erfolg des Antrages bestand im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidungsreife des PKH-Antrages nicht (zum maßgeblichen Zeitpunkt vgl: Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leit-herer, SGG, 10. Aufl, § 73a Rn 7d). Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz einschließlich des Antrages auf Bewilligung von PKH nebst der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ist beim SG per Fax am 30.04.2014 um 17:16 Uhr eingegangen. Unter Berücksichtigung, dass dem Ag auch zum Antrag auf PKH jedenfalls eine kurzfristige Möglichkeit zur Stellungnahme einzuräumen war, konnte eine Entscheidung nicht mehr am 30.04.2014 ergehen. Im Zeitpunkt der Entscheidung des SG am 12.05.2014, aber auch in der Zeit ab 01.05.2014 fehlte es an einem Anordnungsanspruch bzw. -grund für den Erlass einer einstweiligen Anordnung. Auf den Empfang des Schreibens des Ag vom 22.04.2014 durch die ASt kommt es dabei nicht an.
§ 86b Abs 2 Satz 2 SGG stellt die maßgebliche Rechtsgrundlage für die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes darstellt. Hierbei ist eine vorläufige Regelung zulässig, wenn sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das ist etwa dann der Fall, wenn der ASt ohne eine solche Anordnung schwere und unzumutbare, nicht anders abwendbare Nachteile entstehen, zu deren Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (so BVerfG vom 25.10.1998 - BVerfGE 79, 69; vom 19.10.1997 - BVerfGE 46, 166 und vom 22.11.2002 - NJW 2003, 1236; Niesel/Herold-Tews, Der Sozialgerichtsprozess, 5. Aufl., Rn.652).
Die Regelungsanordnung setzt das Vorliegen eines Anordnungsgrundes - das ist in der Regel die Eilbedürftigkeit - und das Vorliegen eines Anordnungsanspruches - das ist der materiell-rechtliche Anspruch, auf den der ASt sein Begehren stützt - voraus. Die Angaben hierzu hat der ASt glaubhaft zu machen (§ 86b Abs 2 Satz 2 und 4 SGG iVm § 920 Abs 2, § 294 Zivilprozessordnung - ZPO -; Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG 10. Aufl., § 86b Rn 41). Zwischen Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch besteht dabei eine Wechselbeziehung. An das Vorliegen des Anordnungsgrundes sind dann weniger strenge Anforderungen zu stellen, wenn bei der Prüfung der Sach- und Rechtslage im vom BVerfG vorgegebenen Umfang (BVerfG vom 12.05.2005 - NVwZ 2005, 927) das Obsiegen in der Hauptsache sehr wahrscheinlich ist. Ist bzw. wäre eine in der Hauptsache erhobene Klage offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist wegen des fehlenden Anordnungsanspruches der Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.
Sind hierbei die Erfolgsaussichten in der Hauptsache offen, kommt dem Anordnungsgrund entscheidende Bedeutung zu. Soweit existenzsichernde Leistungen in Frage stehen, sind die Anforderungen an den Anordnungsgrund und den Anordnungsanspruch weniger streng zu beurteilen. In diesem Fall ist ggf. auch anhand einer Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange der Ast zu entscheiden (vgl BVerfG vom 12.05.2005 - aaO - und vom 22.11.2002 - NJW 2003, 1236; zuletzt BVerfG vom 15.01.2007 - 1 BvR 2971/06). In diesem Zusammenhang ist eine Orientierung an den Erfolgsaussichten nur möglich, wenn die Sach- und Rechtslage abschließend geklärt ist, denn soweit schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen können, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, darf die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern sie muss abschließend geprüft werden (vgl BVerfG vom 12.05.2005 aaO).
Für den Monat Mai 2014 fehlte es an einem Anordnungsanspruch. Wie sich aus dem Bescheid des Ag vom 20.05.2014, der nicht mit Widerspruch angegriffen und nicht erkennbar rechtswidrig ist (vgl dazu den Beschluss des Senats vom 07.07.2014 (L 11 AS 431/14 B ER), ergibt, hatte die ASt im Monat Mai 2014 keinen Anspruch auf Alg II.
Für eine vorläufige Verpflichtung des Ag zur Zahlung von Alg II für die Zeit vor Mai 2014 fehlte es an einem Anordnungsgrund. Eine vorläufige Regelung ist hinsichtlich dieser Leistungen nicht geboten, denn dieser Leistungszeitraum ist bereits abgelaufen, so dass lediglich Leistungen für die Vergangenheit im Streit stehen und die Dringlichkeit der Angelegenheit nicht zu belegen ist. Im Rahmen einer Regelungsanordnung ist der Anordnungsgrund die Notwendigkeit, wesentliche Nachteile abzuwenden, um zu vermeiden, dass die ASt vor vollendete Tatsachen gestellt wird, ehe sie wirksamen Rechtsschutz erlangen kann (vgl Keller aaO § 86b Rn. 27a). Charakteristisch ist daher für den Anordnungsgrund die Dringlichkeit der Angelegenheit, die in aller Regel nur in die Zukunft wirkt. Es ist rechtlich zwar nicht auszuschließen, dass auch für vergangene Zeiträume diese Dringlichkeit angenommen werden kann; diese überholt sich jedoch regelmäßig durch Zeitablauf. Ein Anordnungsgrund für Zeiträume vor einer gerichtlichen Entscheidung ist daher nur ausnahmsweise anzunehmen, wenn ein noch gegenwärtig schwerer, irreparabler und unzumutbarer Nachteil glaubhaft gemacht wird, und ein besonderer Nachholbedarf durch die Verweigerung der Leistungen in der Vergangenheit auch in der Zukunft noch fortwirkt oder ein Anspruch eindeutig besteht (vgl. Beschluss des Senates vom 12.04.2010 - L 11 AS 18/10 B ER - juris). Beides ist vorliegend nicht der Fall. Hierzu hat die ASt weder etwas vorgetragen, noch sind Anhaltspunkte hierfür erkennbar. Insbesondere war im Zeitpunkt der Entscheidung des SG am 12.05.2014 anhand der Aktenlage noch nicht erkennbar, ob ein Anspruch auf Alg II für die Zeit vor Mai 2014 tatsächlich bestanden hat. Hierfür waren weitere Angaben der ASt erforderlich, ohne die ein Anspruch nicht zu begründen war.
Im Hinblick auf die fehlende Erfolgsaussicht des Antrages auf einstweiligen Rechtsschutz hat das SG die Bewilligung von PKH damit zu Recht abgelehnt. Die Beschwerde war zurückzuweisen.
Der Antrag auf PKH für das vorliegende Beschwerdeverfahren war abzulehnen. Nach
§ 73a SGG iVm § 114 ZPO kann PKH für die "Prozessführung" gewährt werden. Hierunter ist das eigentliche Streitverfahren zu verstehen, nicht aber das PKH-Prüfungsver-fahren, in welchem lediglich über die Gewährung staatlicher Hilfe für die ASt zu befinden ist (vgl Beschluss des Senats vom 28.11.2011 - L 11 AS 606/11 B PKH mwN).
Dieser Beschluss ergeht kostenfrei und ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
II. Der Antrag der Antragstellerin, ihr Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren zu bewilligen, wird abgelehnt.
Gründe:
I.
Streitig sind Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II -Alg II-) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Die schwangere Antragstellerin (ASt) bezog bis einschließlich 31.01.2014 Alg II vom Jobcenter B-Stadt. Seit 25.01.2014 lebte sie zusammen mit ihrer Tochter L. J. (geb. 07.01.2010) und ihrem Lebensgefährten S. S. (S) in A-Stadt. Die Miete inkl. Heizkosten (zentrale Warmwasserzubereitung) betrug monatlich 657 EUR (505 EUR Gesamtmiete zzgl. 77 EUR Heizkostenabschlag). Die ASt erhält für ihre Tochter Kindergeld iHv monatlich 184 EUR sowie UVG-Leistungen iHv 133 EUR. S bezieht seit dem 22.04.2014 Arbeitslosengeld iHv 927,60 EUR monatlich. Zuvor war er vom 09.12.2013 bis 09.03.2014 bei der Firma A. und vom 10.03.2014 bis 21.04.2014 bei der Firma W., Elektrotechnik, beschäftigt.
Am 24.03.2014 beantragte die ASt beim Ag Alg II. Sie sprach am 31.03.2014 und am 17.04.2014 persönlich vor und gab - ausweislich des Eingangsstempels - am 22.04.2014 die ausgefüllten Antragsformulare ab. Nach der Verwaltungsakte des Ag wurde die ASt mit Schreiben vom 22.04.2014 aufgefordert, eine Vermieterbescheinigung, Lohnabrechnungen des Lebensgefährten für März und April 2014, den Bescheid über das Arbeitslosengeld nach Erhalt sowie die Kontoauszüge des Lebensgefährten (Kto.Nr ...) für die letzten drei Monate bis 09.05.2014 vorzulegen. S wurde vom Ag ebenfalls unter dem 22.04.2014 aufgefordert, eine Vermieterbescheinigung, die Lohnabrechnung für April und den Bescheid über das Arbeitslosengeld vorzulegen.
Die ASt erkundigte sich am 29.04.2014 nach dem Bearbeitungsstand ihres Antrages und fragte wegen eines Vorschusses an. Sie befinde sich in einer finanziellen Notlage und benötige dringend Geld. Nach einem Aktenvermerk des Ag sei sie am 30.04.2014 zurückgerufen worden und auf die noch fehlenden Unterlagen hingewiesen worden. Mit Schreiben vom 05.05.2014 forderte der Ag S nochmals auf, eine Vermieterbescheinigung, Lohnabrechnungen für März und April 2014, den Bescheid über das Arbeitslosengeld (nach Erhalt) sowie Kontoauszüge über sein Konto und das der ASt bis 22.05.2014 vorzulegen. Nach Vorlage der angeforderten Unterlagen und einer persönlichen Vorsprache am 20.05.2014 bewilligte der Ag mit Bescheid vom 20.05.2014 für die Zeit vom 01.03.2014 bis 31.08.2014 mit Ausnahme des Monats Mai 2014 vorläufig Alg II. Dabei wurden neben den jeweiligen Regelbedarfen die tatsächlichen Unterkunftskosten und bis zum voraussichtlichen Entbindungstermin (13.08.2014) ein Mehrbedarf für werdende Mütter als Bedarf angesetzt, sowie das jeweilige Einkommen der Bedarfsgemeinschaft berücksichtigt. Nach Aktenlage und telefonischer Auskunft des Ag wurde dagegen kein Widerspruch eingelegt.
Bereits am 30.04.2013 hat die ASt beim Sozialgericht Nürnberg (SG) beantragt, den Ag im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes zu verpflichten, ihr Alg II in gesetzlicher Höhe zu gewähren. Der Ag habe bislang in ungesetzlicher Weise nicht über ihren Leistungsantrag entschieden. Eine Verdienstabrechnung für April 2014 liege S noch nicht vor, ebenso noch kein Bescheid des Arbeitsamtes. Den Mietvertrag und Kontoauszüge, aus denen sich die monatlichen Überweisungen an den Vermieter und die I. A-Stadt ergäben, seien vorgelegt worden. Es lägen dringende Hilfebedürftigkeit und Mietrückstände vor. Mit Ziffern I. und II. des Beschlusses vom 12.05.2014 hat das SG den Antrag abgelehnt. Es fehle bereits ein Rechtsschutzbedürfnis. Eine genaue Bedarfs- bzw. Leistungsberechnung durch den Ag erfolge unmittelbar nach dem Einreichen der noch ausstehenden Unterlagen. Es bedürfe insofern keiner gerichtlichen Hilfe. Insbesondere im Hinblick auf die noch fehlenden Kontoauszüge von S könne nicht geprüft werden, ob ein Anspruch auf Alg II bestehe, weshalb ein Anordnungsanspruch fehle. Die dagegen erhobene Beschwerde der ASt hat der Senat mit Beschluss vom 07.07.2014 (L 11 AS 431/14 B ER) zurückgewiesen.
Mit Ziffer III. des Beschlusses vom 12.05.2014 hat das SG auch den Antrag der ASt auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) mangels hinreichender Erfolgsaussicht des Antrages auf einstweiligen Rechtsschutzes abgelehnt.
Dagegen hat die ASt Beschwerde beim Bayerischen Landessozialgericht eingelegt. Die Kontoauszüge seien von S nicht angefordert worden. Auch ein Schreiben vom 22.04.2014 sei ihr nicht bekannt und sie habe ein solches nicht erhalten. Im Zeitpunkt der Beantragung von einstweiligem Rechtsschutz hätte der Ag über den Leistungsantrag entscheiden können, zumal bereits festgestanden habe, dass der ASt ein Anspruch auf Alg II zugestanden habe. Fehlende Unterlagen habe der Ag offensichtlich nicht angefordert bzw. hätten von der ASt noch gar nicht vorgelegt werden können.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten des Ag sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegt Beschwerde ist zulässig (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz - SGG -), aber nicht begründet. Zu Recht hat das SG den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren abgelehnt.
Nach § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Aus verfassungsrechtlichen Gründen dürfen die Anforderungen an die Erfolgsaussicht nicht überspannt werden. Es reicht für die Prüfung der Erfolgsaussicht aus, dass der Erfolg eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich hat (vgl. BSG, Urteil vom 17.02.1998 - B 13 RJ 83/97 R (Rn.26) - SozR 3-1500 § 62 Nr.19). Diese gewisse Wahrscheinlichkeit ist in aller Regel dann anzunehmen, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Beteiligten aufgrund der Sachverhaltsschilderung und der vorgelegten Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht die Möglichkeit des Obsiegens des PKH- Beantragenden ebenso wahrscheinlich ist wie sein Unterliegen (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. § 73a Rn.7). Schwierige, bislang ungeklärte Rechts- und Tatfragen sind nicht im PKH-Verfahren zu entscheiden, sondern müssen auch von Unbemittelten einer prozessualen Klärung zugeführt werden können (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.07.1993 - 1 BvR 1523/92 - NJW 1994, 241f). PKH muss jedoch nicht schon dann gewährt werden, wenn die entscheidungserhebliche Rechtsfrage zwar noch nicht höchstrichterlich geklärt ist, ihre Beantwortung aber im Hinblick auf die einschlägige gesetzliche Regelung oder die durch die bereits vorliegende Rechtsprechung gewährten Auslegungshilfen nicht in dem genannten Sinne als "schwierig" erscheint (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13.03.1990 - 2 BvR 94/88 (Rn. 29) - BVerfGE 81, 347ff). Ist dies dagegen nicht der Fall und steht eine höchstrichterliche Klärung noch aus, so ist es mit dem Gebot der Rechtsschutzgleichheit nicht zu vereinbaren, der unbemittelten Partei wegen der fehlenden Erfolgsaussichten ihres Begehrens Prozesskostenhilfe vorzuenthalten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19.02.2008 - 1 BvR 1807/07 - NJW 2008, 1060ff).
Unter Beachtung dieser Grundsätze war der Klägerin PKH für ihr Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes beim SG nicht zu bewilligen. Eine hinreichende Aussicht auf Erfolg des Antrages bestand im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidungsreife des PKH-Antrages nicht (zum maßgeblichen Zeitpunkt vgl: Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leit-herer, SGG, 10. Aufl, § 73a Rn 7d). Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz einschließlich des Antrages auf Bewilligung von PKH nebst der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ist beim SG per Fax am 30.04.2014 um 17:16 Uhr eingegangen. Unter Berücksichtigung, dass dem Ag auch zum Antrag auf PKH jedenfalls eine kurzfristige Möglichkeit zur Stellungnahme einzuräumen war, konnte eine Entscheidung nicht mehr am 30.04.2014 ergehen. Im Zeitpunkt der Entscheidung des SG am 12.05.2014, aber auch in der Zeit ab 01.05.2014 fehlte es an einem Anordnungsanspruch bzw. -grund für den Erlass einer einstweiligen Anordnung. Auf den Empfang des Schreibens des Ag vom 22.04.2014 durch die ASt kommt es dabei nicht an.
§ 86b Abs 2 Satz 2 SGG stellt die maßgebliche Rechtsgrundlage für die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes darstellt. Hierbei ist eine vorläufige Regelung zulässig, wenn sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das ist etwa dann der Fall, wenn der ASt ohne eine solche Anordnung schwere und unzumutbare, nicht anders abwendbare Nachteile entstehen, zu deren Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (so BVerfG vom 25.10.1998 - BVerfGE 79, 69; vom 19.10.1997 - BVerfGE 46, 166 und vom 22.11.2002 - NJW 2003, 1236; Niesel/Herold-Tews, Der Sozialgerichtsprozess, 5. Aufl., Rn.652).
Die Regelungsanordnung setzt das Vorliegen eines Anordnungsgrundes - das ist in der Regel die Eilbedürftigkeit - und das Vorliegen eines Anordnungsanspruches - das ist der materiell-rechtliche Anspruch, auf den der ASt sein Begehren stützt - voraus. Die Angaben hierzu hat der ASt glaubhaft zu machen (§ 86b Abs 2 Satz 2 und 4 SGG iVm § 920 Abs 2, § 294 Zivilprozessordnung - ZPO -; Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG 10. Aufl., § 86b Rn 41). Zwischen Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch besteht dabei eine Wechselbeziehung. An das Vorliegen des Anordnungsgrundes sind dann weniger strenge Anforderungen zu stellen, wenn bei der Prüfung der Sach- und Rechtslage im vom BVerfG vorgegebenen Umfang (BVerfG vom 12.05.2005 - NVwZ 2005, 927) das Obsiegen in der Hauptsache sehr wahrscheinlich ist. Ist bzw. wäre eine in der Hauptsache erhobene Klage offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist wegen des fehlenden Anordnungsanspruches der Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.
Sind hierbei die Erfolgsaussichten in der Hauptsache offen, kommt dem Anordnungsgrund entscheidende Bedeutung zu. Soweit existenzsichernde Leistungen in Frage stehen, sind die Anforderungen an den Anordnungsgrund und den Anordnungsanspruch weniger streng zu beurteilen. In diesem Fall ist ggf. auch anhand einer Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange der Ast zu entscheiden (vgl BVerfG vom 12.05.2005 - aaO - und vom 22.11.2002 - NJW 2003, 1236; zuletzt BVerfG vom 15.01.2007 - 1 BvR 2971/06). In diesem Zusammenhang ist eine Orientierung an den Erfolgsaussichten nur möglich, wenn die Sach- und Rechtslage abschließend geklärt ist, denn soweit schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen können, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, darf die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern sie muss abschließend geprüft werden (vgl BVerfG vom 12.05.2005 aaO).
Für den Monat Mai 2014 fehlte es an einem Anordnungsanspruch. Wie sich aus dem Bescheid des Ag vom 20.05.2014, der nicht mit Widerspruch angegriffen und nicht erkennbar rechtswidrig ist (vgl dazu den Beschluss des Senats vom 07.07.2014 (L 11 AS 431/14 B ER), ergibt, hatte die ASt im Monat Mai 2014 keinen Anspruch auf Alg II.
Für eine vorläufige Verpflichtung des Ag zur Zahlung von Alg II für die Zeit vor Mai 2014 fehlte es an einem Anordnungsgrund. Eine vorläufige Regelung ist hinsichtlich dieser Leistungen nicht geboten, denn dieser Leistungszeitraum ist bereits abgelaufen, so dass lediglich Leistungen für die Vergangenheit im Streit stehen und die Dringlichkeit der Angelegenheit nicht zu belegen ist. Im Rahmen einer Regelungsanordnung ist der Anordnungsgrund die Notwendigkeit, wesentliche Nachteile abzuwenden, um zu vermeiden, dass die ASt vor vollendete Tatsachen gestellt wird, ehe sie wirksamen Rechtsschutz erlangen kann (vgl Keller aaO § 86b Rn. 27a). Charakteristisch ist daher für den Anordnungsgrund die Dringlichkeit der Angelegenheit, die in aller Regel nur in die Zukunft wirkt. Es ist rechtlich zwar nicht auszuschließen, dass auch für vergangene Zeiträume diese Dringlichkeit angenommen werden kann; diese überholt sich jedoch regelmäßig durch Zeitablauf. Ein Anordnungsgrund für Zeiträume vor einer gerichtlichen Entscheidung ist daher nur ausnahmsweise anzunehmen, wenn ein noch gegenwärtig schwerer, irreparabler und unzumutbarer Nachteil glaubhaft gemacht wird, und ein besonderer Nachholbedarf durch die Verweigerung der Leistungen in der Vergangenheit auch in der Zukunft noch fortwirkt oder ein Anspruch eindeutig besteht (vgl. Beschluss des Senates vom 12.04.2010 - L 11 AS 18/10 B ER - juris). Beides ist vorliegend nicht der Fall. Hierzu hat die ASt weder etwas vorgetragen, noch sind Anhaltspunkte hierfür erkennbar. Insbesondere war im Zeitpunkt der Entscheidung des SG am 12.05.2014 anhand der Aktenlage noch nicht erkennbar, ob ein Anspruch auf Alg II für die Zeit vor Mai 2014 tatsächlich bestanden hat. Hierfür waren weitere Angaben der ASt erforderlich, ohne die ein Anspruch nicht zu begründen war.
Im Hinblick auf die fehlende Erfolgsaussicht des Antrages auf einstweiligen Rechtsschutz hat das SG die Bewilligung von PKH damit zu Recht abgelehnt. Die Beschwerde war zurückzuweisen.
Der Antrag auf PKH für das vorliegende Beschwerdeverfahren war abzulehnen. Nach
§ 73a SGG iVm § 114 ZPO kann PKH für die "Prozessführung" gewährt werden. Hierunter ist das eigentliche Streitverfahren zu verstehen, nicht aber das PKH-Prüfungsver-fahren, in welchem lediglich über die Gewährung staatlicher Hilfe für die ASt zu befinden ist (vgl Beschluss des Senats vom 28.11.2011 - L 11 AS 606/11 B PKH mwN).
Dieser Beschluss ergeht kostenfrei und ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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