Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 14 SB 2129/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 734/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 23. Januar 2013 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung des Grades der Behinderung (GdB) nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) streitig.
Der 1966 geborene Kläger beantragte am 16.01.2008 beim Landratsamt G. (LRA) erstmals die Feststellung des GdB. Bei den Funktionsstörungen gab er u.a. Folgen eines Arbeitsunfalles vom 21.06.2007 durch Sturz von einer Gerüstplanke an. Das LRA zog verschiedene Arztunterlagen, u.a. den Bericht der K. a. E. vom 03.07.2007 (Diagnose: Commotio cerebri, Kopfplatzwunde, V.a. HWS-Distorsion) und den neuropsychologischen Bericht der Fachklinik E. vom 06.11.2007 bei. Die BG Bau übersandte dem LRA den Bescheid vom 05.08.2008, mit dem die Gewährung von Rente wegen der Folgen des Arbeitsunfalles vom 21.06.2007 abgelehnt worden war, da die Erwerbsfähigkeit über die 26. Woche nach Eintritt des Arbeitsunfalles nicht um wenigstens 20 v.H. gemindert sei. Als Folgen des Arbeitsunfalles wurden festgestellt: Verheilte Gehirnerschütterung mit Kopfplatzwunde. Anschließend wurde der Ärztliche Entlassungsbericht der Klinik A., I.-N. vom 03.09.2008 beigezogen.
Sämtliche Arztunterlagen wurden mit der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 19.01.2009 ausgewertet. Es wurde ein Gesamt-GdB von 30 vorgeschlagen.
Mit Bescheid vom 20.01.2009 stellte das LRA den GdB mit 30 seit 16.01.2008. Die Prüfung der ärztlichen Unterlagen habe ergeben, dass folgende Funktionsbeeinträchtigungen vorlägen: Verlust der linken Niere (Teil-GdB 25), degenerative Veränderungen der Wirbelsäule (Teil-GdB 10), Verlust der Milz (Teil-GdB 10). Die vom Kläger geltend gemachten Gesundheitsstörungen "Hyperlipidämie, Zustand nach Zystenentfernung am rechten Oberschenkel im November 2008, Zustand nach Hüft- und Schulterprellung, posttraumatische Belastungsstörung nach Arbeitsunfall, Bluthochdruck" bedingten keine Funktionsbeeinträchtigung bzw. keinen Einzel-GdB von wenigstens 10 und stellten deshalb keine Behinderung im Sinne des SGB IX dar. Die vom Kläger geltend gemachten Gesundheitsstörungen "GdB-wirksame Arbeitsunfallfolgen, Weichteilrheuma, eigenständiges Kopfschmerzleiden" hätten nicht nachgewiesen werden können.
Dagegen legte der Kläger durch seinen Bevollmächtigten am 03.02.2009 Widerspruch ein und trug zur Begründung vor, die Zystenentfernung am rechten Unterschenkel im November 2008 bedinge eine erhebliche Funktionsbeeinträchtigung mit einem GdB von erheblich mehr als 10. Im linken Oberschenkel befinde sich ein längeres Metallteil, welches mit zwei Schrauben befestigt sei. Er habe ständige Schmerzen im Oberschenkelgelenk. Zu Unrecht seien die nach wie vor vorhandenen Beschwerden der HWS-Verletzung nicht berücksichtigt worden. Auch der Rheumatismus in beiden Handgelenken und in den Fingern sei ungenügend berücksichtigt worden. Bluthochdruck und Hypercholesterinämie seien unbeachtet geblieben. Insgesamt ergebe sich ein GdB von mindestens 50. Nach Beiziehung der Berichte des C. G. über die stationäre Behandlung des Klägers vom 03.09. bis 17.09.2008 und vom 25.03. bis 30.03.2009 sowie der Unterlagen des HNO-Arztes Dr. M., G. und versorgungsärztlicher Auswertung gemäß Stellungnahme vom 07.05.2009 (Gesamt-GdB unverändert 30) wurde der Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 14.05.2009 zurückgewiesen.
Dagegen erhob der Kläger durch seine Bevollmächtigte am 18.06.2009 Klage zum Sozialgericht Ulm (SG) mit dem Begehren, einen GdB von mindestens 50 festzustellen. Zur Begründung machte er geltend, psychische Beeinträchtigungen seien nicht richtig ermittelt worden. Zwischenzeitlich läge eine Depression vor, verbunden mit gelegentlichen Suizidgedanken. Nach dem Arbeitsunfall seien posttraumatische Belastungsstörungen eingetreten. Hinzu kämen Schlaflosigkeit, Schwindel, Alpträume, Ohrgeräusche, Tinnitus und Harninkontinenz. Die Beschwerden, die durch die HWS-Verletzung entstanden seien, seien zu niedrig bewertet worden. Fehlerhaft sei des Weiteren der Rheumatismus in beiden Handgelenken und in den Fingern unberücksichtigt geblieben. Auch Bluthochdruck und Hypercholesterinämie seien nicht beachtet worden. Die Bewegungseinschränkungen, hervorgerufen durch die Operation bei Entfernung einer Zyste am linken Oberschenkel, seien mit einem Teil-GdB von etwa 30 zu berücksichtigen. Insgesamt ergebe sich ein Gesamt-GdB von 50.
Das SG hörte Dr. I. A., Arzt für Allgemeinmedizin (Auskunft vom 24.09.2009), Privatdozent Dr. H. vom C. G. (Auskunft vom 22.09.2009) und Dr. E., Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie A. E. G. (Auskunft vom 15.10.2009) schriftlich als sachverständige Zeugen. Diese Auskünfte sowie die beigefügten Arztunterlagen wurden vom Beklagten mit der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 20.05.2010 ausgewertet. Danach wurde folgende Beurteilung empfohlen:
Verlust der linken Niere GdB 25 Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Schwindel GdB 20 Verlust der Milz GdB 10 Seelische Störung GdB 20 Gesamt-GdB 40 ab 16.01.2008.
Der Beklagte gab ein Anerkenntnis ab, den GdB mit 40 ab 16.01.2008 bei einer dauernden Einbuße der körperlichen Beweglichkeit festzustellen und bei Erledigungserklärung des Klägers die außergerichtlichen Kosten dem Grunde nach zu erstatten.
Der Kläger erklärte den Rechtsstreit nicht für erledigt und trug ergänzend vor, am 03.06.2009 habe er einen Rollerunfall gehabt mit Beschwerden in der rechten Schulter und Beschwerden im linken Handgelenk. Mit der linken Hand könne er nichts mehr machen und nichts mehr heben. Des Weiteren habe eine Operation in der rechten Schulter stattgefunden und er habe dauernde Schmerzen. Wegen der Schulter sei er in Behandlung beim Orthopäden T. D.
Das SG hörte PD Dr. M. M. - Leiter der Sektion Hand-, Plastische und Mikrochirurgie - von der Universitätsklinik U. als sachverständigen Zeugen. Dieser teilte in seiner Auskunft vom 05.07.2010 mit, beim Kläger bestehe eine Handgelenksarthrose links und bei einem Motorradsturz vom 03.06.2009 sei es darüber hinaus zu einem Bruch des Hakenbeines an der linken Handwurzel gekommen. Der Schweregrad der Handgelenks-/Handwurzelarthrose links werde mit leicht bewertet. Der GdB werde mit 10% eingeschätzt.
Das SG holte vom Facharzt für Orthopädie T. D., G. die sachverständige Zeugenauskunft vom 19.11.2010 ein. Darin führte dieser aus, beim Kläger liege eine einseitige Bewegungseinschränkung der Hüftgelenke geringen Grades, mittelgradige Belastungsinsuffizienz des rechten Schultergelenkes mit entsprechender Einschränkung der Beweglichkeit und eine hochgradige Belastungsinsuffizienz des linken Handgelenkes mit entsprechender Einschränkung der Beweglichkeit vor. Der Gesundheitszustand des Klägers habe sich durch einen Bruch eines Handwurzelknochens (Rollerunfall vom 03.06.2009) erheblich verschlechtert. Der GdB auf orthopädischem Gebiet betrage 40. Beigefügt waren Arztberichte des Universitätsklinikums U ... Hierzu legte der Beklagte die versorgungsärztliche Stellungnahme vom 20.04.2011 vor, wonach der Gesamt-GdB weiterhin mit 40 beurteilt wurde.
Anschließend holte das SG das orthopädische gerichtliche Sachverständigengutachten des Dr. E., G. vom 04.08.2011 ein, das auf einer klinischen Untersuchung des Klägers einschließlich erforderlicher zusätzlicher fachgebundener technischer Zusatzuntersuchungen (Röntgen, Sonographie) beruhte. Zusammenfassend gelangte Dr. E. zu dem Ergebnis, die an der Hals- und der Lendenwirbelsäule vorliegenden Gesundheitsstörungen seien als leichtgradig zu bewerten. Bezüglich des rechten Schultergelenkes sei die eingeschränkte Beweglichkeit ebenfalls als leichtgradig zu beurteilen. Die primär dargebotene eingeschränkte Abduktion auf 90 ° habe sich durch leichtes passives Nachhelfen durchaus auf 120 ° verbessern lassen. Der dargestellt eingeschränkte Schürzengriff sei nicht als konstant bestehend festzustellen. Bezüglich des linken Handgelenkes sei eine leichtgradige Einschränkung der Beweglichkeit festzustellen. Ein chronischer Kapselreizzustand sei auszuschließen, die Muskelbemantelung schließe eine konstante schmerzbedingte Schonung des linken Armes aus. Auch diese Gesundheitsstörung mit eingeschränkter Beweglichkeit des linken Handgelenkes sei als leichtgradig einzuschätzen. Die angegebenen Beschwerden des linken Oberschenkels hätten sich in der berichteten Intensität nicht objektivieren lassen. Der Zustand nach erfolgter operativer Entfernung einer Knochenzyste am körpernahen Oberschenkel sei ebenfalls als leichtgradig festzustellen. Für die Hals- und die Lendenwirbelsäule insgesamt, die rechte Schulter, das linke Handgelenk und den Folgezustand nach operativer Ausräumung einer Knochenzyste im hüftgelenksnahen Oberschenkel der linken Seite seien für jede der genannten Gesundheitsstörungen ein Teil-GdB von 10 festzulegen. Unter Berücksichtigung des Teil-GdB-Wertes von 25 für den Verlust der linken Niere und dem Teilgrad von 10 für den Verlust der Milz sei der Gesamt-GdB mit 30 festzustellen. Hierbei gehe er davon aus, dass die beim Kläger vorliegenden seelischen Störungen bisher nicht mit einem eigenen Grad der Behinderung bewertet worden seien. Die vom Kläger als körperlich erlebte Schmerzsymptomatik habe sich von Seiten der orthopädischen Gesundheitsstörungen in der berichteten Intensität nicht erklären lassen; insofern sei von einer erheblichen seelischen Fehlverarbeitung dieser Probleme auszugehen.
In der mündlichen Verhandlung vom 16.02.2012 gab der Kläger an, er befinde sich in psychiatrischer Behandlung im C. G ... Hierzu legte er die ärztliche Bescheinigung des C. G. vom 05.08.2011 vor, aus der ersichtlich ist, dass sich der Kläger bereits seit April 2008 wegen einer psychischen Erkrankung in regelmäßiger Behandlung in der Psychiatrischen Institutsambulanz des C. G. steht.
Anschließend holte das SG die sachverständigen Zeugenaussagen des Urologen Dr. B. vom Urologischen Zentrum G. vom 04.04.2012 (Enuresis nocturna - nächtliches Einnässen - wurde erfolgreich mit Spasmex therapiert) und des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. K. vom C. G. vom 08.05.2012 ein. Letzterer teilte mit, der Kläger befinde sich seit dem 08.04.2008 in psychiatrischer ambulanter Behandlung. Es handele sich um eine posttraumatische Belastungsstörung sowie um eine Anpassungsstörung. Der Schweregrad der posttraumatischen Belastungsstörungen sei als leicht bis mittelschwer einzuordnen, der Schweregrad der Anpassungsstörung sei geringfügig bis leicht.
Hierzu legte der Beklagte die versorgungsärztliche Stellungnahme vom 30.07.2012 vor. Danach sei am bisherigen Teil-GdB von 20 auf psychischem Gebiet auch bei Mitberücksichtigung der jetzt vorgelegten Auskunft des Dr. K. vom 08.05.2012 sowie der vorgelegten Befundberichte festzuhalten. Eine anhaltende stärker behindernde seelische Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit, welche nach den versorgungsmedizinischen Grundsätzen (VG) einen höheren Teil-GdB als 20 wie bisher bedingen könnte, sei nicht feststellbar.
Das SG zog vom Landgericht Ulm die Akten des Rechtsstreits des Klägers gegen das D. B. G. K. e.V. hinsichtlich Entschädigung wegen des Rollerunfalles vom 03.06.2009 bei. Zu den SG-Akten wurde das unfallchirurgisch-orthopädische Sachverständigengutachten des Prof. Dr. M. vom Krankenhaus S. E. R. vom 30.01.2012 genommen. Darin sind folgende krankhafte Veränderungen aufgeführt: 1. Bewegungseinschränkung im linken Handgelenk, 2. Lokale Druckempfindlichkeit streckseitig wie ulnarseitig und über dem Hamulus, 3. Die beschriebenen reizfreien Narben, 4. Gefühlsstörung, streckseitig bedingt, durch die Neurotomie des Nervus interosseus, 5. Pseudarthrose des Hamulus. Die Schulter-Prellung rechts könne die jetzt noch festgestellte massive Bewegungseinschränkung des rechten Schultergelenks nicht erklären. Die diffuse Schmerzhaftigkeit und auch die Funktionseinschränkung des rechten Schultergelenks ließen sich nicht einmal auf degenerative Veränderungen zurückführen, da solche weder durch Bildgebung noch durch den durchgeführten arthroskopischen Eingriff hätten objektiviert werden können. Hier liege vermutlich eine unbewusste Verarbeitungsstörung des Unfallereignisses vor.
Hierzu nahm der Beklagte durch Vorlage der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 16.10.2012 Stellung und führte aus, er sehe keine Möglichkeit, ein über "das Vergleichsangebot vom 28.04.2011" hinausgehendes Angebot zu unterbreiten.
Mit Urteil vom 23.01.2013 änderte das SG den angefochtenen Bescheid vom 20.01.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.05.2009 ab und verurteilte den Beklagten, einen Grad der Behinderung von 40 seit dem 16.01.2008 festzustellen; im Übrigen wies es die Klage ab. In den Entscheidungsgründen ist ausgeführt, dem Kläger stehe ein Anspruch auf Feststellung eines GdB von 40 zu, nicht jedoch in Höhe des begehrten GdB von mindestens 50. Der Teil-GdB bei Verlust einer Niere sei bei gleichzeitiger Funktionsfähigkeit der anderen Niere zutreffend auf 25 festgesetzt worden. Für den Verlust der Milz sei ein Teil-GdB von 10 zu berücksichtigen. Hinsichtlich der geltend gemachten degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule sei unter Berücksichtigung des gelegentlich auftretenden Schwindels ein Teil-GdB von 20 festzustellen. Für die von dem Kläger geltend gemachte seelische Störung sei ein Teil-GdB von 20 zugrunde zu legen. Der behandelnde Arzt Dr. K. sei in seiner Zeugenaussage vom 11.05.2012 davon ausgegangen, dass der Schweregrad der posttraumatischen Belastungsstörung als leicht bis mittelschwer und der der Anpassungsstörung als geringfügig bis leicht einzuordnen sei. Nachvollziehbare Werte zur Beweglichkeit des Handgelenks des Klägers fänden sich in dem Sachverständigengutachten von Dr. E. sowie in dem beigezogenen Gutachten von Prof. Dr. M ... Nach den Gutachtern ergebe sich allenfalls eine leichte Beeinträchtigung der Beweglichkeit des Handgelenks, die mit einem Teil-GdB von maximal 10 zu bewerten sei. Ausweislich der Aussage von Dr. E. sei die Armhebung bei dem Kläger mit gut 120 ° möglich, während Prof. Dr. M. zu dem Ergebnis gelangt sei, dass eine Armhebung nur noch bis 80 ° möglich sei. Da die Befunderhebung durch Prof. Dr. M. aktueller sei als die durch Dr. E., gehe das SG von einer Armhebung lediglich bis zu 80 ° aus, die ausweislich der VG mit einem Teil-GdB von 20 zu bewerten sei. Soweit der Kläger eine Funktionsbehinderung des linken Oberschenkels geltend mache, ergebe sich daraus kein Teil-GdB-Wert von mindestens 10. Die von dem Kläger geklagten Beschwerden am linken Oberschenkel hätten sich ausweislich des Sachverständigen Dr. E. nicht objektivieren lassen. Keine GdB-relevanten Beeinträchtigungen seien für das SG abzuleiten aus der diagnostizierten arteriellen Hypertonie, der Hyperlipidämie sowie dem Rheuma. Aus den erhobenen Befunden ergäben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger durch diese Erkrankungen eingeschränkt sei. In der Gesamtbewertung sei der GdB mit 40 festzustellen.
Gegen das - dem Bevollmächtigten des Klägers am 30.01.2013 zugestellte - Urteil hat der Kläger am 20.02.2013 Berufung eingelegt. Er verfolgt sein Begehren weiter und stützt sich zur Begründung auf die sachverständigen Zeugenaussagen des Orthopäden T. D., der allein schon im Hinblick auf die Belastungsinsuffizienz des linken Handgelenkes von einem Teil-GdB von 30 hierfür ausgegangen sei. Das von Amts wegen eingeholte orthopädische Gutachten des Dr. E. vom 04.08.2011 sei demgegenüber unrichtig und unzulänglich.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 23. Januar 2013 sowie den Bescheid des Beklagten vom 20. Januar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Mai 2009 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, einen Grad der Behinderung von mindestens 50 seit 16.01.2008 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Senat das orthopädische Sachverständigengutachten des Dr. B., M., vom 30.09.2013 eingeholt. Darin gelangt dieser zu dem Ergebnis, beim Kläger lägen auf orthopädischem Fachgebiet folgende Funktionsbeeinträchtigungen vor: Chronisch rezidivierendes degeneratives Wirbelsäulensyndrom mit Funktionseinschränkung, Schweregrad mittel, Teil-GdB 20. Chronisch rezidivierende Periarthritis humeroscapularis beidseits mit Impingementsyndrom und Funktionseinschränkung, Zustand nach endoskopischer Schulter-OP rechts mit subacromialer Dekompression und Rotatorenmanschettendebridement, Schweregrad mittel, Teil-GdB 20. Es seien beide Schultergelenke betroffen, der rechte Arm sei nur bis 100 ° zu erheben und der linke Arm bis 110 °. Die durchgeführte Schulteroperation rechts habe keinen durchschlagenden Erfolg gebracht. Handgelenksprellung links mit Abrissfraktur des Hamulus ossis hamati, Pseudarthrosenbildung, Funktionseinschränkung des linken Handgelenkes, Schweregrad mittel, Teil-GdB 20. Coxarthrose beidseits, Funktionseinschränkung beider Hüftgelenke, Zustand nach Knochenzystenausräumung linker proximaler Femur und Stabilisierung mittels PFN-A-Nagels, Schweregrad mittel, Teil-GdB 20. Die chronischen Nacken- und Kopfschmerzen nach HWS-Distorsionstrauma und Commotio cerebri im Rahmen eines Arbeitsunfalles vom 09.08.2007, rezidivierender Schwindel seien der posttraumatischen Belastungsstörung zuzuordnen. Die posttraumatische Belastungsstörung, eine Anpassungsstörung und rezidivierende depressive Episoden, Somatisierungsstörung bewerte er mit einem Teil-GdB von 30. Der Verlust der Milz und der linken Niere sei mit einem Teil-GdB von 25 zu bewerten. Der Gesamt-GdB betrage in Zusammenschau aller Gesundheitsstörungen 50. Er weiche insbesondere von der Beurteilung des Gutachters Dr. E. vom 04.08.2011 ab. Der Empfehlung eines psychiatrischen Zusatzgutachtens schließe er sich allerdings an, seines Erachtens seien aber die Teil-GdB-Werte ein wenig zu niedrig angesetzt.
Der Beklagte legte hierzu die versorgungsärztliche Stellungnahme vom 17.03.2014 vor. Dr. B. komme in seinem orthopädischen Gutachten zu einem Gesamt-GdB von 50 unter Ableitung eines Teil-GdB-Wertes von 30 für eine posttraumatische Belastungsstörung, Anpassungsstörung, rezidivierende depressive Episoden und einer Somatisierungsstörung, d.h. fachfremd. Auch könne der Einschätzung mit einem Teil-GdB-Wert von 20 für die Schultergelenke nicht gefolgt werden. Hier sei die Vorwärtshebung beidseits mit bis 130 ° möglich, die Seitwärtshebung rechts mit 100 und links mit 110 °, auch sei der Schürzengriff links frei, rechts nicht vollständig ausführbar bei beidseits durchführbarem Nackengriff. Hierfür sei ein höherer Teil-GdB als 10 nicht ableitbar. Auch die Handgelenke zeigten kein GdB-relevantes Bewegungsdefizit. Hier werde eine Erweiterung des Tenors bzw. eine Modifizierung nicht vorgeschlagen, da hier bereits ein Teil-GdB von 10 für die Funktionsbehinderung des rechten Schultergelenks sowie die Funktionsbehinderung des linken Handgelenks abgeleitet sei. Die Funktionsbehinderung des linken Hüftgelenks könne unter Erweiterung des Tenors mit einem Teil-GdB von 10 abgeleitet werden. Ein Teil-GdB von 20, wie im Gutachten vorgeschlagen, sei hierbei zu weitreichend, weil dies bereits einer beidseitigen Hüfttotalendoprothesenimplantation entspreche. Zudem werde zwar die Beugung mit 70 ° angegeben, jedoch kein Streckdefizit. Der Zehen- und Fersengang sei beidseits vorführbar. Auch habe der Kläger in die Hocke gehen und aus der Hocke aufstehen können, sodass hier ein höherer Teil-GdB als 10 nicht abgeleitet werden könne, zumal auf der rechten Seite kein GdB-relevantes Defizit vorliege. Insgesamt ergebe sich damit folgender Beurteilungsvorschlag:
Verlust der linken Niere Teil-GdB 25 Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Schwindel Teil-GdB 20 Verlust der Milz Teil-GdB 10 Seelische Störung Teil-GdB 20 Funktionsbehinderung des linken Handgelenks, Funktionsbehinderung des rechten Schultergelenks Teil-GdB 10 Funktionsbehinderung des linken Hüftgelenks Teil-GdB 10 Der Gesamt-GdB betrage 40 wie bisher.
Auf Anfrage des Senats hat der Kläger mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 09.05.2014 die vom Kläger ausgefüllte Befreiungserklärung über die ärztliche Schweigepflicht sowie die Angaben über ärztliche Behandlungen und Untersuchungen ab 01.07.2013 eingereicht. Danach befindet sich der Kläger wegen der geltend gemachten Beschwerden "posttraumatische Belastungsstörung, Anpassungsstörung, rezidivierende depressive Episoden, Somatisierungsstörung" nicht in nervenärztlicher Behandlung. Mit gerichtlichem Schreiben vom 04.08.2014 ist darauf hingewiesen worden, dass deswegen ein höherer Teil-GdB-Wert als 20 für Funktionsstörungen auf psychischem Gebiet nicht in Betracht komme und dass mangels eines Teil-GdB-Wertes von 30, der nach der Senatsrechtsprechung für die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft erforderlich sei, im vorliegenden Fall die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft wenig aussichtsreich erscheine.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten des Beklagten, der Akten des SG Ulm und der Senatsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.
Zu Recht hat das Sozialgericht Ulm mit dem angefochtenen Urteil vom 23.01.2013 festgestellt, dass dem Kläger ein Anspruch auf Feststellung eines GdB von 40 seit 16.01.2008 zusteht, nicht aber ein Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB als 40 und damit insbesondere auch nicht die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft. Das angefochtene Urteil des SG Ulm ist nicht zu beanstanden.
Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die GdB-Bewertung sind die Vorschriften des SGB IX. Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach 10er Graden abgestuft festgestellt. Hierfür gelten gemäß § 69 Abs. 1 Satz 4 und 5 SGB IX die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) und der aufgrund des § 30 Abs. 16 des BVG erlassenen Rechtsverordnung entsprechend. In diesem Zusammenhang waren bis zum 31.12.2008 die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (Teil 2 SGB IX), Ausgabe 2008 (AHP) heranzuziehen (BSG, Urteil vom 23.06.1993 - 9/9a RVs 1/91 - BSGE 72, 285; BSG, Urteil vom 09.04.1997 - 9 RVs 4/95 - SozR 3-3870 § 4 Nr. 19; BSG, Urteil vom 18.09.2003 B 9 SB 3/02 R - BSGE 190, 205; BSG, Urteil vom 29.08.1990 - 9a/9 RVs 7/89 - BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 1).
Seit 01.01.2009 ist an die Stelle der AHP, die im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung als antizipierte Sachverständigengutachten angewendet wurden, die Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV) getreten. Damit hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales von der Ermächtigung nach § 30 Abs. 16 BVG zum Erlass einer Rechtsverordnung Gebrauch gemacht und die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG aufgestellt. Nach § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX gelten diese Maßstäbe auch für die Feststellung des GdB. Anders als die AHP, die aus Gründen der Gleichbehandlung in allen Verfahren hinsichtlich der Feststellung des GdB anzuwenden waren und dadurch rechtsnormähnliche Wirkungen entfalteten, ist die VersMedV als Rechtsverordnung verbindlich für Verwaltung und Gerichte. Sie ist indes, wie jede untergesetzliche Rechtsnorm, auf inhaltliche Verstöße gegen höherrangige Rechtsnormen - insbesondere § 69 SGB IX - zu überprüfen (BSG, Urteil vom 23.4.2009 - B 9 SB 3/08 R - RdNr 27, 30 m.w.N.). Sowohl die AHP als auch die VersMedV (nebst Anlage) sind im Lichte der rechtlichen Vorgaben des § 69 SGB IX auszulegen und - bei Verstößen dagegen - nicht anzuwenden (BSG, Urteil vom 30.09.2009 SozR 4-3250 § 69 Nr. 10 RdNr. 19 und vom 23.4.2009, a.a.O., RdNr 30).
Zu Recht hat das SG mit dem angefochtenen Urteil festgestellt, dass der GdB beim Kläger seit Antragstellung vom 16.01.2008 40 beträgt und dass dem Kläger ein Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB als 40 nicht zusteht. Dies hat das SG in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils mit Ausnahme der GdB-Bewertung der rechten Schulter auch zutreffend begründet. Der Senat gelangt nach eigener Überprüfung zu demselben Ergebnis und nimmt zur Begründung seiner Entscheidung zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen des SG in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils insoweit Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Die Funktionseinschränkungen des Klägers hinsichtlich der rechten Schulter bedingen nach Überzeugung des Senats keinen Teil-GdB von 20, sondern lediglich von 10. Dies ergibt sich aus den sowohl von Dr. E. als auch von Prof. Dr. M. erhobenen Befunden. Dr. E. hat in seinem Gutachten vom 04.08.2011 ausgeführt, dass das rechte Schultergelenk leichtgradig eingeschränkt gewesen ist. Die primär dargebotene Abduktion auf 90° habe sich durch leichtes passives Nachhelfen durchaus auf 120° verbessern lassen. Professor Dr. M. hat bei seiner Untersuchung am 23.01.2012 ebenfalls eine Armanhebung bis 90° festgestellt (vgl. Seite 10 des Gutachtens vom 30.01.2012). Da der Kläger somit bei Dr. E. leicht assistiert den Arm aktiv bis 120° heben konnte und ein knappes halbes Jahr später allein bei Prof. Dr. M. nur in der Lage gewesen ist, den rechten Arm bis 90° anzuheben, geht der Senat von einer allenfalls kurzfristigen Verschlechterung der Armbeweglichkeit aus, der keinen eine Behinderung begründenden Dauerzustand darstellte. Daher kann hierfür lediglich ein Teil-GdB von 10 zu Grunde gelegt werden. Soweit das SG davon ausgegangen ist, bei Prof. Dr. M. sei eine Armbehebung nur bis 80° - auf Dauer - möglich gewesen, was folgerichtig dann zu einem Teil-GdB von 20 geführt hätte, vermag der Senat dies dem Gutachten von Prof. Dr. M. vom 30.01.2012 nicht zu entnehmen.
Ergänzend und im Hinblick auf das Berufungsvorbringen bleibt hierüber hinaus auszuführen:
Den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen Dr. B. in seinem orthopädischen Gutachten vom 30.09.2013 vermag der Senat nicht zu folgen, soweit dieser hinsichtlich der Schulterbeschwerden, der Handgelenksbeschwerden und der Hüftbeschwerden jeweils einen Teil-GdB-Wert von 20 zugrunde gelegt hat. Nach den von Dr. B. erhobenen Befunden war eine Vorwärtshebung beidseits bis 130 ° möglich, die Seitwärtshebung rechts mit 100 ° und links mit 110 ° durchführbar, weshalb hierfür nach den versorgungsmedizinischen Grundsätzen ein höherer Teil-GdB als 10 nicht abgeleitet werden kann. Nach B 18.13 der VG ist eine Armhebung nur bis 120 ° mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit mit einem GdB von 10 und einer Armhebung nur bis 90 ° mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit mit 20 zu beurteilen. Bei der hier vorliegenden Armhebung vorwärts beidseits bis 130 ° und seitwärts mit 100 bzw. 110 ° kommt somit ein Teil-GdB von mehr als 10 nicht in Betracht. Der von Dr. B. beschriebene Zustand nach Handgelenksprellung links kann nach Auffassung des Senats nicht mit einem Teil-GdB von 20 bewertet werden, da die Handgelenke kein GdB-relevantes Bewegungsdefizit aufwiesen. Bewegungseinschränkungen stärkeren Grades sind nicht nachgewiesen. Nach B 18.13 sind Bewegungseinschränkungen des Handgelenks geringen Grades (z.B. Streckung/Beugung bis 30-0-40) mit 0 bis 10 und stärkeren Grades mit 20 bis 30 zu bewerten. Dr. E. hat bei seiner Untersuchung des Klägers festgestellt, dass Heben/Senken des rechten Handgelenks mit 80/0/50 ° und links mit 50/0/40 ° sowie Radial-/Ulnarabduktion rechtes Handgelenk 30/0/40 ° und links 20/0/30 ° möglich gewesen ist. Dies hat Dr. E. in seinem Gutachten als eine leichte Bewegungseinschränkung des linken Handgelenkes bewertet, die nach den versorgungsmedizinischen Grundsätzen mit einem Teil-GdB von 10 einzuschätzen ist. Vom Befund her ist Dr. B. zu ähnlichen Bewegungseinschränkungen gelangt, weshalb kein höherer Teil-GdB-Wert von 10 hierfür zugrunde gelegt werden kann. Hinsichtlich der Beschwerden des Klägers im Bereich des linken Hüftgelenks ergibt sich aus den von Dr. B. erhobenen Befunden kein Teil-GdB von 20. Eine Beugung war mit 70 ° möglich und ein Streckdefizit liegt nicht vor. Der Zehen- und Fersengang war beidseits vorführbar und der Kläger konnte in die Hocke gehen und aus der Hocke aufstehen. Aufgrund dessen ist hier ein höherer Teil-GdB als 10 nicht ableitbar, zumal auf der rechten Seite ein GdB-relevantes Defizit nicht vorliegt. Soweit Dr. B. für die Depression fachfremd einen Teil-GdB von 30 zugrunde gelegt hat, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Die vom Kläger beschriebenen psychischen Beschwerden bedingen vielmehr unter Berücksichtigung der von Dr. K. in seiner sachverständigen Zeugenaussage vom 08.05.2012 beschriebenen nachgewiesenen Befunde einen Teil-GdB von 20. Danach ist von ihm der Schweregrad der posttraumatischen Belastungsstörungen als leicht bis mittelschwer und der Schweregrad der Anpassungsstörung als geringfügig bis leicht eingeordnet worden. Eine anhaltende stärker behindernde seelische Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit, welche gemäß der Nr. 3.7 der VG einen höheren Teil-GdB als 20 bedingen könnte, ist damit vom behandelnden Arzt Dr. K. nicht beschrieben worden. Auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Kläger derzeit nicht mehr in nervenärztlicher Behandlung steht, erscheint ein Teil-GdB von 20 für Beschwerden auf psychischem Gebiet eher großzügig bemessen und auch ausreichend.
Unter Berücksichtigung der Funktionsbeeinträchtigungen "Verlust der linken Niere" (Teil-GdB 25), "degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Schwindel" (Teil-GdB 20), "Verlust der Milz" (Teil-GdB 10), "seelische Störung" (Teil-GdB 20), "Funktionsbehinderung des linken Handgelenks, Funktionsbehinderung des rechten Schultergelenks" (Teil-GdB 10) und "Funktionsbehinderung des linken Hüftgelenks" (Teil-GdB 10) ist der Gesamt-GdB mit 40 festzustellen.
Nach § 69 Abs. 3 SGB IX ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Die AHP und die VG führen zur Umsetzung dieser Vorschriften aus, dass eine Addition von Einzel GdB Werten grundsätzlich unzulässig ist und auch andere Rechenmethoden für die Gesamt GdB Bildung ungeeignet sind. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird; ein Einzel GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. AHP Nr. 19 Abs. 3). Der Gesamt GdB ist unter Beachtung der VG in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG, SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3 3879 § 4 Nr. 5).
Nach diesen Kriterien ist beim Kläger ein höherer Gesamt-GdB als 40 nicht gerechtfertigt. Es liegen Einzel-GdB-Werte von 25, 20, 20 und zweimal 10 vor. Der Teil-GdB-Wert von 20 für die degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule einschließlich des Schwindels wirkt sich erhöhend aus. Denn die Beschwerden von Seiten der Wirbelsäule haben den Kläger zu regelmäßigen orthopädischen Behandlungen gezwungen. Der Teil-GdB-Wert von 20 für "seelische Störung" führt hingegen nicht zu einer Erhöhung bei der Feststellung des Gesamt-GdB. Denn zu berücksichtigen ist, dass der Kläger seit 2012 nicht mehr in fachärztlicher Behandlung wegen seelischer Störungen steht, woraus abgeleitet werden kann, dass der Kläger nicht unter einem allzu großen Leidensdruck von Seiten der seelischen Störungen steht. Hinzu kommt, dass die Behandlungen ab 2008 in erster Linie der Abklärung einer posttraumatischen Belastungsstörung galten im Rahmen des erlittenen Arbeitsunfalles und dass auch den behandelnden Ärzten sich ebenfalls der Eindruck aufgedrängt hat, dass beim Kläger kein wirklicher Leidensdruck besteht (vgl. Arztbrief des C. G. vom 30.03.2009). Ein Teil-GdB von 20 für das Schulterleiden liegt nach Einschätzung des Senats nicht vor. Die Beschwerden - zur Zeit der Entscheidung des SG nur kurzfristig und vorübergehend im Umfang eines GdB von 20 - haben sich im Abklingen befunden, was sich aus dem Umstand ableiten lässt, dass die von Dr. B. am 24.09.2013 erhobenen Befunde - wie oben ausgeführt - keinen GdB von 20 mehr gerechtfertigt haben. Aufgrund dessen wirkt sich dieser Teil-GdB-Wert von 10 für das Schulterleiden des Klägers nicht erhöhend auf den Einzel-GdB für die obere Extremität aus, ebenso wie die Einzel-GdB-Werte von 10 sich nicht erhöhend auf den Gesamt-GdB auswirken.
Nach alledem konnte die Berufung des Klägers keinen Erfolg haben und sie war mit der Kostenentscheidung aus § 193 SGG zurückzuweisen.
Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung des Grades der Behinderung (GdB) nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) streitig.
Der 1966 geborene Kläger beantragte am 16.01.2008 beim Landratsamt G. (LRA) erstmals die Feststellung des GdB. Bei den Funktionsstörungen gab er u.a. Folgen eines Arbeitsunfalles vom 21.06.2007 durch Sturz von einer Gerüstplanke an. Das LRA zog verschiedene Arztunterlagen, u.a. den Bericht der K. a. E. vom 03.07.2007 (Diagnose: Commotio cerebri, Kopfplatzwunde, V.a. HWS-Distorsion) und den neuropsychologischen Bericht der Fachklinik E. vom 06.11.2007 bei. Die BG Bau übersandte dem LRA den Bescheid vom 05.08.2008, mit dem die Gewährung von Rente wegen der Folgen des Arbeitsunfalles vom 21.06.2007 abgelehnt worden war, da die Erwerbsfähigkeit über die 26. Woche nach Eintritt des Arbeitsunfalles nicht um wenigstens 20 v.H. gemindert sei. Als Folgen des Arbeitsunfalles wurden festgestellt: Verheilte Gehirnerschütterung mit Kopfplatzwunde. Anschließend wurde der Ärztliche Entlassungsbericht der Klinik A., I.-N. vom 03.09.2008 beigezogen.
Sämtliche Arztunterlagen wurden mit der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 19.01.2009 ausgewertet. Es wurde ein Gesamt-GdB von 30 vorgeschlagen.
Mit Bescheid vom 20.01.2009 stellte das LRA den GdB mit 30 seit 16.01.2008. Die Prüfung der ärztlichen Unterlagen habe ergeben, dass folgende Funktionsbeeinträchtigungen vorlägen: Verlust der linken Niere (Teil-GdB 25), degenerative Veränderungen der Wirbelsäule (Teil-GdB 10), Verlust der Milz (Teil-GdB 10). Die vom Kläger geltend gemachten Gesundheitsstörungen "Hyperlipidämie, Zustand nach Zystenentfernung am rechten Oberschenkel im November 2008, Zustand nach Hüft- und Schulterprellung, posttraumatische Belastungsstörung nach Arbeitsunfall, Bluthochdruck" bedingten keine Funktionsbeeinträchtigung bzw. keinen Einzel-GdB von wenigstens 10 und stellten deshalb keine Behinderung im Sinne des SGB IX dar. Die vom Kläger geltend gemachten Gesundheitsstörungen "GdB-wirksame Arbeitsunfallfolgen, Weichteilrheuma, eigenständiges Kopfschmerzleiden" hätten nicht nachgewiesen werden können.
Dagegen legte der Kläger durch seinen Bevollmächtigten am 03.02.2009 Widerspruch ein und trug zur Begründung vor, die Zystenentfernung am rechten Unterschenkel im November 2008 bedinge eine erhebliche Funktionsbeeinträchtigung mit einem GdB von erheblich mehr als 10. Im linken Oberschenkel befinde sich ein längeres Metallteil, welches mit zwei Schrauben befestigt sei. Er habe ständige Schmerzen im Oberschenkelgelenk. Zu Unrecht seien die nach wie vor vorhandenen Beschwerden der HWS-Verletzung nicht berücksichtigt worden. Auch der Rheumatismus in beiden Handgelenken und in den Fingern sei ungenügend berücksichtigt worden. Bluthochdruck und Hypercholesterinämie seien unbeachtet geblieben. Insgesamt ergebe sich ein GdB von mindestens 50. Nach Beiziehung der Berichte des C. G. über die stationäre Behandlung des Klägers vom 03.09. bis 17.09.2008 und vom 25.03. bis 30.03.2009 sowie der Unterlagen des HNO-Arztes Dr. M., G. und versorgungsärztlicher Auswertung gemäß Stellungnahme vom 07.05.2009 (Gesamt-GdB unverändert 30) wurde der Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 14.05.2009 zurückgewiesen.
Dagegen erhob der Kläger durch seine Bevollmächtigte am 18.06.2009 Klage zum Sozialgericht Ulm (SG) mit dem Begehren, einen GdB von mindestens 50 festzustellen. Zur Begründung machte er geltend, psychische Beeinträchtigungen seien nicht richtig ermittelt worden. Zwischenzeitlich läge eine Depression vor, verbunden mit gelegentlichen Suizidgedanken. Nach dem Arbeitsunfall seien posttraumatische Belastungsstörungen eingetreten. Hinzu kämen Schlaflosigkeit, Schwindel, Alpträume, Ohrgeräusche, Tinnitus und Harninkontinenz. Die Beschwerden, die durch die HWS-Verletzung entstanden seien, seien zu niedrig bewertet worden. Fehlerhaft sei des Weiteren der Rheumatismus in beiden Handgelenken und in den Fingern unberücksichtigt geblieben. Auch Bluthochdruck und Hypercholesterinämie seien nicht beachtet worden. Die Bewegungseinschränkungen, hervorgerufen durch die Operation bei Entfernung einer Zyste am linken Oberschenkel, seien mit einem Teil-GdB von etwa 30 zu berücksichtigen. Insgesamt ergebe sich ein Gesamt-GdB von 50.
Das SG hörte Dr. I. A., Arzt für Allgemeinmedizin (Auskunft vom 24.09.2009), Privatdozent Dr. H. vom C. G. (Auskunft vom 22.09.2009) und Dr. E., Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie A. E. G. (Auskunft vom 15.10.2009) schriftlich als sachverständige Zeugen. Diese Auskünfte sowie die beigefügten Arztunterlagen wurden vom Beklagten mit der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 20.05.2010 ausgewertet. Danach wurde folgende Beurteilung empfohlen:
Verlust der linken Niere GdB 25 Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Schwindel GdB 20 Verlust der Milz GdB 10 Seelische Störung GdB 20 Gesamt-GdB 40 ab 16.01.2008.
Der Beklagte gab ein Anerkenntnis ab, den GdB mit 40 ab 16.01.2008 bei einer dauernden Einbuße der körperlichen Beweglichkeit festzustellen und bei Erledigungserklärung des Klägers die außergerichtlichen Kosten dem Grunde nach zu erstatten.
Der Kläger erklärte den Rechtsstreit nicht für erledigt und trug ergänzend vor, am 03.06.2009 habe er einen Rollerunfall gehabt mit Beschwerden in der rechten Schulter und Beschwerden im linken Handgelenk. Mit der linken Hand könne er nichts mehr machen und nichts mehr heben. Des Weiteren habe eine Operation in der rechten Schulter stattgefunden und er habe dauernde Schmerzen. Wegen der Schulter sei er in Behandlung beim Orthopäden T. D.
Das SG hörte PD Dr. M. M. - Leiter der Sektion Hand-, Plastische und Mikrochirurgie - von der Universitätsklinik U. als sachverständigen Zeugen. Dieser teilte in seiner Auskunft vom 05.07.2010 mit, beim Kläger bestehe eine Handgelenksarthrose links und bei einem Motorradsturz vom 03.06.2009 sei es darüber hinaus zu einem Bruch des Hakenbeines an der linken Handwurzel gekommen. Der Schweregrad der Handgelenks-/Handwurzelarthrose links werde mit leicht bewertet. Der GdB werde mit 10% eingeschätzt.
Das SG holte vom Facharzt für Orthopädie T. D., G. die sachverständige Zeugenauskunft vom 19.11.2010 ein. Darin führte dieser aus, beim Kläger liege eine einseitige Bewegungseinschränkung der Hüftgelenke geringen Grades, mittelgradige Belastungsinsuffizienz des rechten Schultergelenkes mit entsprechender Einschränkung der Beweglichkeit und eine hochgradige Belastungsinsuffizienz des linken Handgelenkes mit entsprechender Einschränkung der Beweglichkeit vor. Der Gesundheitszustand des Klägers habe sich durch einen Bruch eines Handwurzelknochens (Rollerunfall vom 03.06.2009) erheblich verschlechtert. Der GdB auf orthopädischem Gebiet betrage 40. Beigefügt waren Arztberichte des Universitätsklinikums U ... Hierzu legte der Beklagte die versorgungsärztliche Stellungnahme vom 20.04.2011 vor, wonach der Gesamt-GdB weiterhin mit 40 beurteilt wurde.
Anschließend holte das SG das orthopädische gerichtliche Sachverständigengutachten des Dr. E., G. vom 04.08.2011 ein, das auf einer klinischen Untersuchung des Klägers einschließlich erforderlicher zusätzlicher fachgebundener technischer Zusatzuntersuchungen (Röntgen, Sonographie) beruhte. Zusammenfassend gelangte Dr. E. zu dem Ergebnis, die an der Hals- und der Lendenwirbelsäule vorliegenden Gesundheitsstörungen seien als leichtgradig zu bewerten. Bezüglich des rechten Schultergelenkes sei die eingeschränkte Beweglichkeit ebenfalls als leichtgradig zu beurteilen. Die primär dargebotene eingeschränkte Abduktion auf 90 ° habe sich durch leichtes passives Nachhelfen durchaus auf 120 ° verbessern lassen. Der dargestellt eingeschränkte Schürzengriff sei nicht als konstant bestehend festzustellen. Bezüglich des linken Handgelenkes sei eine leichtgradige Einschränkung der Beweglichkeit festzustellen. Ein chronischer Kapselreizzustand sei auszuschließen, die Muskelbemantelung schließe eine konstante schmerzbedingte Schonung des linken Armes aus. Auch diese Gesundheitsstörung mit eingeschränkter Beweglichkeit des linken Handgelenkes sei als leichtgradig einzuschätzen. Die angegebenen Beschwerden des linken Oberschenkels hätten sich in der berichteten Intensität nicht objektivieren lassen. Der Zustand nach erfolgter operativer Entfernung einer Knochenzyste am körpernahen Oberschenkel sei ebenfalls als leichtgradig festzustellen. Für die Hals- und die Lendenwirbelsäule insgesamt, die rechte Schulter, das linke Handgelenk und den Folgezustand nach operativer Ausräumung einer Knochenzyste im hüftgelenksnahen Oberschenkel der linken Seite seien für jede der genannten Gesundheitsstörungen ein Teil-GdB von 10 festzulegen. Unter Berücksichtigung des Teil-GdB-Wertes von 25 für den Verlust der linken Niere und dem Teilgrad von 10 für den Verlust der Milz sei der Gesamt-GdB mit 30 festzustellen. Hierbei gehe er davon aus, dass die beim Kläger vorliegenden seelischen Störungen bisher nicht mit einem eigenen Grad der Behinderung bewertet worden seien. Die vom Kläger als körperlich erlebte Schmerzsymptomatik habe sich von Seiten der orthopädischen Gesundheitsstörungen in der berichteten Intensität nicht erklären lassen; insofern sei von einer erheblichen seelischen Fehlverarbeitung dieser Probleme auszugehen.
In der mündlichen Verhandlung vom 16.02.2012 gab der Kläger an, er befinde sich in psychiatrischer Behandlung im C. G ... Hierzu legte er die ärztliche Bescheinigung des C. G. vom 05.08.2011 vor, aus der ersichtlich ist, dass sich der Kläger bereits seit April 2008 wegen einer psychischen Erkrankung in regelmäßiger Behandlung in der Psychiatrischen Institutsambulanz des C. G. steht.
Anschließend holte das SG die sachverständigen Zeugenaussagen des Urologen Dr. B. vom Urologischen Zentrum G. vom 04.04.2012 (Enuresis nocturna - nächtliches Einnässen - wurde erfolgreich mit Spasmex therapiert) und des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. K. vom C. G. vom 08.05.2012 ein. Letzterer teilte mit, der Kläger befinde sich seit dem 08.04.2008 in psychiatrischer ambulanter Behandlung. Es handele sich um eine posttraumatische Belastungsstörung sowie um eine Anpassungsstörung. Der Schweregrad der posttraumatischen Belastungsstörungen sei als leicht bis mittelschwer einzuordnen, der Schweregrad der Anpassungsstörung sei geringfügig bis leicht.
Hierzu legte der Beklagte die versorgungsärztliche Stellungnahme vom 30.07.2012 vor. Danach sei am bisherigen Teil-GdB von 20 auf psychischem Gebiet auch bei Mitberücksichtigung der jetzt vorgelegten Auskunft des Dr. K. vom 08.05.2012 sowie der vorgelegten Befundberichte festzuhalten. Eine anhaltende stärker behindernde seelische Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit, welche nach den versorgungsmedizinischen Grundsätzen (VG) einen höheren Teil-GdB als 20 wie bisher bedingen könnte, sei nicht feststellbar.
Das SG zog vom Landgericht Ulm die Akten des Rechtsstreits des Klägers gegen das D. B. G. K. e.V. hinsichtlich Entschädigung wegen des Rollerunfalles vom 03.06.2009 bei. Zu den SG-Akten wurde das unfallchirurgisch-orthopädische Sachverständigengutachten des Prof. Dr. M. vom Krankenhaus S. E. R. vom 30.01.2012 genommen. Darin sind folgende krankhafte Veränderungen aufgeführt: 1. Bewegungseinschränkung im linken Handgelenk, 2. Lokale Druckempfindlichkeit streckseitig wie ulnarseitig und über dem Hamulus, 3. Die beschriebenen reizfreien Narben, 4. Gefühlsstörung, streckseitig bedingt, durch die Neurotomie des Nervus interosseus, 5. Pseudarthrose des Hamulus. Die Schulter-Prellung rechts könne die jetzt noch festgestellte massive Bewegungseinschränkung des rechten Schultergelenks nicht erklären. Die diffuse Schmerzhaftigkeit und auch die Funktionseinschränkung des rechten Schultergelenks ließen sich nicht einmal auf degenerative Veränderungen zurückführen, da solche weder durch Bildgebung noch durch den durchgeführten arthroskopischen Eingriff hätten objektiviert werden können. Hier liege vermutlich eine unbewusste Verarbeitungsstörung des Unfallereignisses vor.
Hierzu nahm der Beklagte durch Vorlage der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 16.10.2012 Stellung und führte aus, er sehe keine Möglichkeit, ein über "das Vergleichsangebot vom 28.04.2011" hinausgehendes Angebot zu unterbreiten.
Mit Urteil vom 23.01.2013 änderte das SG den angefochtenen Bescheid vom 20.01.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.05.2009 ab und verurteilte den Beklagten, einen Grad der Behinderung von 40 seit dem 16.01.2008 festzustellen; im Übrigen wies es die Klage ab. In den Entscheidungsgründen ist ausgeführt, dem Kläger stehe ein Anspruch auf Feststellung eines GdB von 40 zu, nicht jedoch in Höhe des begehrten GdB von mindestens 50. Der Teil-GdB bei Verlust einer Niere sei bei gleichzeitiger Funktionsfähigkeit der anderen Niere zutreffend auf 25 festgesetzt worden. Für den Verlust der Milz sei ein Teil-GdB von 10 zu berücksichtigen. Hinsichtlich der geltend gemachten degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule sei unter Berücksichtigung des gelegentlich auftretenden Schwindels ein Teil-GdB von 20 festzustellen. Für die von dem Kläger geltend gemachte seelische Störung sei ein Teil-GdB von 20 zugrunde zu legen. Der behandelnde Arzt Dr. K. sei in seiner Zeugenaussage vom 11.05.2012 davon ausgegangen, dass der Schweregrad der posttraumatischen Belastungsstörung als leicht bis mittelschwer und der der Anpassungsstörung als geringfügig bis leicht einzuordnen sei. Nachvollziehbare Werte zur Beweglichkeit des Handgelenks des Klägers fänden sich in dem Sachverständigengutachten von Dr. E. sowie in dem beigezogenen Gutachten von Prof. Dr. M ... Nach den Gutachtern ergebe sich allenfalls eine leichte Beeinträchtigung der Beweglichkeit des Handgelenks, die mit einem Teil-GdB von maximal 10 zu bewerten sei. Ausweislich der Aussage von Dr. E. sei die Armhebung bei dem Kläger mit gut 120 ° möglich, während Prof. Dr. M. zu dem Ergebnis gelangt sei, dass eine Armhebung nur noch bis 80 ° möglich sei. Da die Befunderhebung durch Prof. Dr. M. aktueller sei als die durch Dr. E., gehe das SG von einer Armhebung lediglich bis zu 80 ° aus, die ausweislich der VG mit einem Teil-GdB von 20 zu bewerten sei. Soweit der Kläger eine Funktionsbehinderung des linken Oberschenkels geltend mache, ergebe sich daraus kein Teil-GdB-Wert von mindestens 10. Die von dem Kläger geklagten Beschwerden am linken Oberschenkel hätten sich ausweislich des Sachverständigen Dr. E. nicht objektivieren lassen. Keine GdB-relevanten Beeinträchtigungen seien für das SG abzuleiten aus der diagnostizierten arteriellen Hypertonie, der Hyperlipidämie sowie dem Rheuma. Aus den erhobenen Befunden ergäben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger durch diese Erkrankungen eingeschränkt sei. In der Gesamtbewertung sei der GdB mit 40 festzustellen.
Gegen das - dem Bevollmächtigten des Klägers am 30.01.2013 zugestellte - Urteil hat der Kläger am 20.02.2013 Berufung eingelegt. Er verfolgt sein Begehren weiter und stützt sich zur Begründung auf die sachverständigen Zeugenaussagen des Orthopäden T. D., der allein schon im Hinblick auf die Belastungsinsuffizienz des linken Handgelenkes von einem Teil-GdB von 30 hierfür ausgegangen sei. Das von Amts wegen eingeholte orthopädische Gutachten des Dr. E. vom 04.08.2011 sei demgegenüber unrichtig und unzulänglich.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 23. Januar 2013 sowie den Bescheid des Beklagten vom 20. Januar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Mai 2009 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, einen Grad der Behinderung von mindestens 50 seit 16.01.2008 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Senat das orthopädische Sachverständigengutachten des Dr. B., M., vom 30.09.2013 eingeholt. Darin gelangt dieser zu dem Ergebnis, beim Kläger lägen auf orthopädischem Fachgebiet folgende Funktionsbeeinträchtigungen vor: Chronisch rezidivierendes degeneratives Wirbelsäulensyndrom mit Funktionseinschränkung, Schweregrad mittel, Teil-GdB 20. Chronisch rezidivierende Periarthritis humeroscapularis beidseits mit Impingementsyndrom und Funktionseinschränkung, Zustand nach endoskopischer Schulter-OP rechts mit subacromialer Dekompression und Rotatorenmanschettendebridement, Schweregrad mittel, Teil-GdB 20. Es seien beide Schultergelenke betroffen, der rechte Arm sei nur bis 100 ° zu erheben und der linke Arm bis 110 °. Die durchgeführte Schulteroperation rechts habe keinen durchschlagenden Erfolg gebracht. Handgelenksprellung links mit Abrissfraktur des Hamulus ossis hamati, Pseudarthrosenbildung, Funktionseinschränkung des linken Handgelenkes, Schweregrad mittel, Teil-GdB 20. Coxarthrose beidseits, Funktionseinschränkung beider Hüftgelenke, Zustand nach Knochenzystenausräumung linker proximaler Femur und Stabilisierung mittels PFN-A-Nagels, Schweregrad mittel, Teil-GdB 20. Die chronischen Nacken- und Kopfschmerzen nach HWS-Distorsionstrauma und Commotio cerebri im Rahmen eines Arbeitsunfalles vom 09.08.2007, rezidivierender Schwindel seien der posttraumatischen Belastungsstörung zuzuordnen. Die posttraumatische Belastungsstörung, eine Anpassungsstörung und rezidivierende depressive Episoden, Somatisierungsstörung bewerte er mit einem Teil-GdB von 30. Der Verlust der Milz und der linken Niere sei mit einem Teil-GdB von 25 zu bewerten. Der Gesamt-GdB betrage in Zusammenschau aller Gesundheitsstörungen 50. Er weiche insbesondere von der Beurteilung des Gutachters Dr. E. vom 04.08.2011 ab. Der Empfehlung eines psychiatrischen Zusatzgutachtens schließe er sich allerdings an, seines Erachtens seien aber die Teil-GdB-Werte ein wenig zu niedrig angesetzt.
Der Beklagte legte hierzu die versorgungsärztliche Stellungnahme vom 17.03.2014 vor. Dr. B. komme in seinem orthopädischen Gutachten zu einem Gesamt-GdB von 50 unter Ableitung eines Teil-GdB-Wertes von 30 für eine posttraumatische Belastungsstörung, Anpassungsstörung, rezidivierende depressive Episoden und einer Somatisierungsstörung, d.h. fachfremd. Auch könne der Einschätzung mit einem Teil-GdB-Wert von 20 für die Schultergelenke nicht gefolgt werden. Hier sei die Vorwärtshebung beidseits mit bis 130 ° möglich, die Seitwärtshebung rechts mit 100 und links mit 110 °, auch sei der Schürzengriff links frei, rechts nicht vollständig ausführbar bei beidseits durchführbarem Nackengriff. Hierfür sei ein höherer Teil-GdB als 10 nicht ableitbar. Auch die Handgelenke zeigten kein GdB-relevantes Bewegungsdefizit. Hier werde eine Erweiterung des Tenors bzw. eine Modifizierung nicht vorgeschlagen, da hier bereits ein Teil-GdB von 10 für die Funktionsbehinderung des rechten Schultergelenks sowie die Funktionsbehinderung des linken Handgelenks abgeleitet sei. Die Funktionsbehinderung des linken Hüftgelenks könne unter Erweiterung des Tenors mit einem Teil-GdB von 10 abgeleitet werden. Ein Teil-GdB von 20, wie im Gutachten vorgeschlagen, sei hierbei zu weitreichend, weil dies bereits einer beidseitigen Hüfttotalendoprothesenimplantation entspreche. Zudem werde zwar die Beugung mit 70 ° angegeben, jedoch kein Streckdefizit. Der Zehen- und Fersengang sei beidseits vorführbar. Auch habe der Kläger in die Hocke gehen und aus der Hocke aufstehen können, sodass hier ein höherer Teil-GdB als 10 nicht abgeleitet werden könne, zumal auf der rechten Seite kein GdB-relevantes Defizit vorliege. Insgesamt ergebe sich damit folgender Beurteilungsvorschlag:
Verlust der linken Niere Teil-GdB 25 Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Schwindel Teil-GdB 20 Verlust der Milz Teil-GdB 10 Seelische Störung Teil-GdB 20 Funktionsbehinderung des linken Handgelenks, Funktionsbehinderung des rechten Schultergelenks Teil-GdB 10 Funktionsbehinderung des linken Hüftgelenks Teil-GdB 10 Der Gesamt-GdB betrage 40 wie bisher.
Auf Anfrage des Senats hat der Kläger mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 09.05.2014 die vom Kläger ausgefüllte Befreiungserklärung über die ärztliche Schweigepflicht sowie die Angaben über ärztliche Behandlungen und Untersuchungen ab 01.07.2013 eingereicht. Danach befindet sich der Kläger wegen der geltend gemachten Beschwerden "posttraumatische Belastungsstörung, Anpassungsstörung, rezidivierende depressive Episoden, Somatisierungsstörung" nicht in nervenärztlicher Behandlung. Mit gerichtlichem Schreiben vom 04.08.2014 ist darauf hingewiesen worden, dass deswegen ein höherer Teil-GdB-Wert als 20 für Funktionsstörungen auf psychischem Gebiet nicht in Betracht komme und dass mangels eines Teil-GdB-Wertes von 30, der nach der Senatsrechtsprechung für die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft erforderlich sei, im vorliegenden Fall die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft wenig aussichtsreich erscheine.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten des Beklagten, der Akten des SG Ulm und der Senatsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.
Zu Recht hat das Sozialgericht Ulm mit dem angefochtenen Urteil vom 23.01.2013 festgestellt, dass dem Kläger ein Anspruch auf Feststellung eines GdB von 40 seit 16.01.2008 zusteht, nicht aber ein Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB als 40 und damit insbesondere auch nicht die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft. Das angefochtene Urteil des SG Ulm ist nicht zu beanstanden.
Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die GdB-Bewertung sind die Vorschriften des SGB IX. Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach 10er Graden abgestuft festgestellt. Hierfür gelten gemäß § 69 Abs. 1 Satz 4 und 5 SGB IX die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) und der aufgrund des § 30 Abs. 16 des BVG erlassenen Rechtsverordnung entsprechend. In diesem Zusammenhang waren bis zum 31.12.2008 die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (Teil 2 SGB IX), Ausgabe 2008 (AHP) heranzuziehen (BSG, Urteil vom 23.06.1993 - 9/9a RVs 1/91 - BSGE 72, 285; BSG, Urteil vom 09.04.1997 - 9 RVs 4/95 - SozR 3-3870 § 4 Nr. 19; BSG, Urteil vom 18.09.2003 B 9 SB 3/02 R - BSGE 190, 205; BSG, Urteil vom 29.08.1990 - 9a/9 RVs 7/89 - BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 1).
Seit 01.01.2009 ist an die Stelle der AHP, die im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung als antizipierte Sachverständigengutachten angewendet wurden, die Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV) getreten. Damit hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales von der Ermächtigung nach § 30 Abs. 16 BVG zum Erlass einer Rechtsverordnung Gebrauch gemacht und die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG aufgestellt. Nach § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX gelten diese Maßstäbe auch für die Feststellung des GdB. Anders als die AHP, die aus Gründen der Gleichbehandlung in allen Verfahren hinsichtlich der Feststellung des GdB anzuwenden waren und dadurch rechtsnormähnliche Wirkungen entfalteten, ist die VersMedV als Rechtsverordnung verbindlich für Verwaltung und Gerichte. Sie ist indes, wie jede untergesetzliche Rechtsnorm, auf inhaltliche Verstöße gegen höherrangige Rechtsnormen - insbesondere § 69 SGB IX - zu überprüfen (BSG, Urteil vom 23.4.2009 - B 9 SB 3/08 R - RdNr 27, 30 m.w.N.). Sowohl die AHP als auch die VersMedV (nebst Anlage) sind im Lichte der rechtlichen Vorgaben des § 69 SGB IX auszulegen und - bei Verstößen dagegen - nicht anzuwenden (BSG, Urteil vom 30.09.2009 SozR 4-3250 § 69 Nr. 10 RdNr. 19 und vom 23.4.2009, a.a.O., RdNr 30).
Zu Recht hat das SG mit dem angefochtenen Urteil festgestellt, dass der GdB beim Kläger seit Antragstellung vom 16.01.2008 40 beträgt und dass dem Kläger ein Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB als 40 nicht zusteht. Dies hat das SG in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils mit Ausnahme der GdB-Bewertung der rechten Schulter auch zutreffend begründet. Der Senat gelangt nach eigener Überprüfung zu demselben Ergebnis und nimmt zur Begründung seiner Entscheidung zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen des SG in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils insoweit Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Die Funktionseinschränkungen des Klägers hinsichtlich der rechten Schulter bedingen nach Überzeugung des Senats keinen Teil-GdB von 20, sondern lediglich von 10. Dies ergibt sich aus den sowohl von Dr. E. als auch von Prof. Dr. M. erhobenen Befunden. Dr. E. hat in seinem Gutachten vom 04.08.2011 ausgeführt, dass das rechte Schultergelenk leichtgradig eingeschränkt gewesen ist. Die primär dargebotene Abduktion auf 90° habe sich durch leichtes passives Nachhelfen durchaus auf 120° verbessern lassen. Professor Dr. M. hat bei seiner Untersuchung am 23.01.2012 ebenfalls eine Armanhebung bis 90° festgestellt (vgl. Seite 10 des Gutachtens vom 30.01.2012). Da der Kläger somit bei Dr. E. leicht assistiert den Arm aktiv bis 120° heben konnte und ein knappes halbes Jahr später allein bei Prof. Dr. M. nur in der Lage gewesen ist, den rechten Arm bis 90° anzuheben, geht der Senat von einer allenfalls kurzfristigen Verschlechterung der Armbeweglichkeit aus, der keinen eine Behinderung begründenden Dauerzustand darstellte. Daher kann hierfür lediglich ein Teil-GdB von 10 zu Grunde gelegt werden. Soweit das SG davon ausgegangen ist, bei Prof. Dr. M. sei eine Armbehebung nur bis 80° - auf Dauer - möglich gewesen, was folgerichtig dann zu einem Teil-GdB von 20 geführt hätte, vermag der Senat dies dem Gutachten von Prof. Dr. M. vom 30.01.2012 nicht zu entnehmen.
Ergänzend und im Hinblick auf das Berufungsvorbringen bleibt hierüber hinaus auszuführen:
Den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen Dr. B. in seinem orthopädischen Gutachten vom 30.09.2013 vermag der Senat nicht zu folgen, soweit dieser hinsichtlich der Schulterbeschwerden, der Handgelenksbeschwerden und der Hüftbeschwerden jeweils einen Teil-GdB-Wert von 20 zugrunde gelegt hat. Nach den von Dr. B. erhobenen Befunden war eine Vorwärtshebung beidseits bis 130 ° möglich, die Seitwärtshebung rechts mit 100 ° und links mit 110 ° durchführbar, weshalb hierfür nach den versorgungsmedizinischen Grundsätzen ein höherer Teil-GdB als 10 nicht abgeleitet werden kann. Nach B 18.13 der VG ist eine Armhebung nur bis 120 ° mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit mit einem GdB von 10 und einer Armhebung nur bis 90 ° mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit mit 20 zu beurteilen. Bei der hier vorliegenden Armhebung vorwärts beidseits bis 130 ° und seitwärts mit 100 bzw. 110 ° kommt somit ein Teil-GdB von mehr als 10 nicht in Betracht. Der von Dr. B. beschriebene Zustand nach Handgelenksprellung links kann nach Auffassung des Senats nicht mit einem Teil-GdB von 20 bewertet werden, da die Handgelenke kein GdB-relevantes Bewegungsdefizit aufwiesen. Bewegungseinschränkungen stärkeren Grades sind nicht nachgewiesen. Nach B 18.13 sind Bewegungseinschränkungen des Handgelenks geringen Grades (z.B. Streckung/Beugung bis 30-0-40) mit 0 bis 10 und stärkeren Grades mit 20 bis 30 zu bewerten. Dr. E. hat bei seiner Untersuchung des Klägers festgestellt, dass Heben/Senken des rechten Handgelenks mit 80/0/50 ° und links mit 50/0/40 ° sowie Radial-/Ulnarabduktion rechtes Handgelenk 30/0/40 ° und links 20/0/30 ° möglich gewesen ist. Dies hat Dr. E. in seinem Gutachten als eine leichte Bewegungseinschränkung des linken Handgelenkes bewertet, die nach den versorgungsmedizinischen Grundsätzen mit einem Teil-GdB von 10 einzuschätzen ist. Vom Befund her ist Dr. B. zu ähnlichen Bewegungseinschränkungen gelangt, weshalb kein höherer Teil-GdB-Wert von 10 hierfür zugrunde gelegt werden kann. Hinsichtlich der Beschwerden des Klägers im Bereich des linken Hüftgelenks ergibt sich aus den von Dr. B. erhobenen Befunden kein Teil-GdB von 20. Eine Beugung war mit 70 ° möglich und ein Streckdefizit liegt nicht vor. Der Zehen- und Fersengang war beidseits vorführbar und der Kläger konnte in die Hocke gehen und aus der Hocke aufstehen. Aufgrund dessen ist hier ein höherer Teil-GdB als 10 nicht ableitbar, zumal auf der rechten Seite ein GdB-relevantes Defizit nicht vorliegt. Soweit Dr. B. für die Depression fachfremd einen Teil-GdB von 30 zugrunde gelegt hat, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Die vom Kläger beschriebenen psychischen Beschwerden bedingen vielmehr unter Berücksichtigung der von Dr. K. in seiner sachverständigen Zeugenaussage vom 08.05.2012 beschriebenen nachgewiesenen Befunde einen Teil-GdB von 20. Danach ist von ihm der Schweregrad der posttraumatischen Belastungsstörungen als leicht bis mittelschwer und der Schweregrad der Anpassungsstörung als geringfügig bis leicht eingeordnet worden. Eine anhaltende stärker behindernde seelische Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit, welche gemäß der Nr. 3.7 der VG einen höheren Teil-GdB als 20 bedingen könnte, ist damit vom behandelnden Arzt Dr. K. nicht beschrieben worden. Auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Kläger derzeit nicht mehr in nervenärztlicher Behandlung steht, erscheint ein Teil-GdB von 20 für Beschwerden auf psychischem Gebiet eher großzügig bemessen und auch ausreichend.
Unter Berücksichtigung der Funktionsbeeinträchtigungen "Verlust der linken Niere" (Teil-GdB 25), "degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Schwindel" (Teil-GdB 20), "Verlust der Milz" (Teil-GdB 10), "seelische Störung" (Teil-GdB 20), "Funktionsbehinderung des linken Handgelenks, Funktionsbehinderung des rechten Schultergelenks" (Teil-GdB 10) und "Funktionsbehinderung des linken Hüftgelenks" (Teil-GdB 10) ist der Gesamt-GdB mit 40 festzustellen.
Nach § 69 Abs. 3 SGB IX ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Die AHP und die VG führen zur Umsetzung dieser Vorschriften aus, dass eine Addition von Einzel GdB Werten grundsätzlich unzulässig ist und auch andere Rechenmethoden für die Gesamt GdB Bildung ungeeignet sind. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird; ein Einzel GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. AHP Nr. 19 Abs. 3). Der Gesamt GdB ist unter Beachtung der VG in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG, SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3 3879 § 4 Nr. 5).
Nach diesen Kriterien ist beim Kläger ein höherer Gesamt-GdB als 40 nicht gerechtfertigt. Es liegen Einzel-GdB-Werte von 25, 20, 20 und zweimal 10 vor. Der Teil-GdB-Wert von 20 für die degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule einschließlich des Schwindels wirkt sich erhöhend aus. Denn die Beschwerden von Seiten der Wirbelsäule haben den Kläger zu regelmäßigen orthopädischen Behandlungen gezwungen. Der Teil-GdB-Wert von 20 für "seelische Störung" führt hingegen nicht zu einer Erhöhung bei der Feststellung des Gesamt-GdB. Denn zu berücksichtigen ist, dass der Kläger seit 2012 nicht mehr in fachärztlicher Behandlung wegen seelischer Störungen steht, woraus abgeleitet werden kann, dass der Kläger nicht unter einem allzu großen Leidensdruck von Seiten der seelischen Störungen steht. Hinzu kommt, dass die Behandlungen ab 2008 in erster Linie der Abklärung einer posttraumatischen Belastungsstörung galten im Rahmen des erlittenen Arbeitsunfalles und dass auch den behandelnden Ärzten sich ebenfalls der Eindruck aufgedrängt hat, dass beim Kläger kein wirklicher Leidensdruck besteht (vgl. Arztbrief des C. G. vom 30.03.2009). Ein Teil-GdB von 20 für das Schulterleiden liegt nach Einschätzung des Senats nicht vor. Die Beschwerden - zur Zeit der Entscheidung des SG nur kurzfristig und vorübergehend im Umfang eines GdB von 20 - haben sich im Abklingen befunden, was sich aus dem Umstand ableiten lässt, dass die von Dr. B. am 24.09.2013 erhobenen Befunde - wie oben ausgeführt - keinen GdB von 20 mehr gerechtfertigt haben. Aufgrund dessen wirkt sich dieser Teil-GdB-Wert von 10 für das Schulterleiden des Klägers nicht erhöhend auf den Einzel-GdB für die obere Extremität aus, ebenso wie die Einzel-GdB-Werte von 10 sich nicht erhöhend auf den Gesamt-GdB auswirken.
Nach alledem konnte die Berufung des Klägers keinen Erfolg haben und sie war mit der Kostenentscheidung aus § 193 SGG zurückzuweisen.
Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht.
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