Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
3
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 24 SB 2660/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 SB 3600/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 24. Juli 2013 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des Grades der Behinderung (GdB) streitig.
Der Beklagte hatte bei der am 09.06.1951 geborenen Klägerin unter Auswertung eines Arztbriefs des Dr. K., Chefarzt an der Städtischen F. S., wonach wegen eines ductal-invasiven Mammacarcinoms rechts pT1c, N1a, R0, G3, M0, am 09.02.2005 eine Axilladissektion rechts durchgeführt worden war, und der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. R. vom 20.12.2005, in der als Behinderungen eine Erkrankung der rechten Brust in Heilungsbewährung mit einem Einzel-GdB von 60, eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, muskuläre Verspannungen, eine Kalksalzminderung des Knochens und degenerative Veränderungen der Wirbelsäule mit einem Einzel-GdB von 20, eine Depression und funktionelle Organbeschwerden mit einem Einzel-GdB von 20 sowie eine chronische Bronchitis und ein hyperreagibles Bronchialsystem mit einem Einzel-GdB von 10 berücksichtigt und der Gesamt-GdB mit 70 eingeschätzt worden waren, mit Bescheid vom 10.01.2006 den GdB mit 70 seit 25.04.2005 festgestellt.
In dem vom Beklagten im Februar 2010 angestrengten Nachprüfungsverfahren legte die Klägerin diverse Arztbriefe vor. Der Beklagte holte Befundberichte der Augenärztin F. sowie des Allgemeinmediziners M. ein und zog mehrere Arztbriefe bei. Daraufhin berücksichtigte Dr. S. in ihrer versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 29.04.2010 die Erkrankung der rechten Brust in Heilungsbewährung nur noch mit einem Einzel-GdB von 20 sowie zusätzlich einen teilweisen Gesichtsfeldausfall beidseits und einen Grünen Star mit einem Einzel-GdB von 10 und bewertete unter Aufrechterhaltung der bisherigen versorgungsärztlichen Beurteilung im Übrigen den Gesamt-GdB nur noch mit 30. Im Rahmen des Anhörungsverfahrens legte die Klägerin den Arztbrief der Dr. B., Oberärztin an der Klinik für Gynäkologie des M. S., vom 21.06.2010 vor, in dem über kein Rezidiv berichtet wurde. Ferner holte der Beklagte erneut einen Befundbericht des Allgemeinmediziners M. ein. Sodann berücksichtigte Dr. L. in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 29.07.2010 einen Teilverlust der rechten Brust und eine Lymphstauung sowie Gebrauchseinschränkung des linken (gemeint: rechten) Armes mit einem Einzel-GdB von 20, die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, die muskulären Verspannungen, die Kalksalzminderung des Knochens und die degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule mit einem Einzel-GdB von 20, die Depression, funktionelle Organbeschwerden, eine Migräne und einen Schwindel mit einem Einzel-GdB von 20, die chronische Bronchitis und das hyperreagible Bronchialsystem mit einem Einzel-GdB von 10, den teilweisen Gesichtsfeldausfall beidseits und den Grünen Star mit einem Einzel-GdB von 10 sowie ein chronisches Ekzem und eine Allergie mit einem Einzel-GdB von 10 und bewertete den Gesamt-GdB mit 40. Mit Bescheid vom 06.08.2010 hob der Beklagte den Bescheid vom 10.01.2006 auf und stellte den GdB mit 40 ab 12.08.2010 fest.
Im Widerspruchsverfahren holte der Beklagte einen Befundbericht der Psychiaterin S. ein. Dr. R. hielt in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 09.12.2010 die bisherige GdB-Beurteilung aufrecht. Nachdem die Klägerin weitere Arztbriefe vorgelegt hatte, blieb Dr. S. in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 13.02.2011 bei der bisherigen Einschätzung. Mit Widerspruchsbescheid vom 04.04.2011 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, in den Verhältnissen, die dem Bescheid vom 10.01.2006 zugrunde gelegen hätten, sei eine wesentliche Änderung insoweit eingetreten, als die Heilungsbewährung von fünf Jahren abgelaufen sei.
Hiergegen hat die Klägerin am 03.05.2011 Klage beim Sozialgericht Stuttgart erhoben.
Das Sozialgericht hat zunächst die die Klägerin behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen gehört und über sie diverse Arztbriefe beigezogen. Der Orthopäde und Unfallchirurg B. hat ausgeführt, die orthopädischen Erkrankungen seien in ihrer Schwere als leicht zu bezeichnen. Die Internistin, Lungen- und Bronchialheilkundlerin und Allergologin E. hat über ein leichtgradiges, unter Therapie kontrolliertes Asthma bronchiale, welches mit einem Einzel-GdB von 10 einzuschätzen sei, berichtet. Der Hals-Nasen-Ohren-Arzt Dr. B. hat dargelegt, die chronische Rhinopharyngitis, der Gehörgangsspruritus und die Pharyngitis granulosa chronica seien nicht mit einem Einzel-GdB zu versehen. Die Frauenärztin Dr. W. hat ausgeführt, bei der Klägerin bestehe ein typischer Zustand nach Mammacarcinom rechts. Die Belastbarkeit und Beweglichkeit des rechten Armes seien über das übliche Maß hinausgehend gemindert. Der übrige gynäkologische Befund sei unauffällig. Sie halte die Bewegungseinschränkung des rechten Armes für mittelgradig und die Depression für mittelstark ausgeprägt. Der Einzel-GdB auf ihrem Fachgebiet sei einschließlich der Auswirkungen des Östrogenentzuges sowie der Osteoporose mit 40 einzuschätzen. Allerdings gehöre es nicht zu ihren täglichen Aufgaben, den GdB zu schätzen. Die Neurologin, Psychiaterin, Psychotherapeutin und Naturheilkundlerin S. hat dargelegt, sie habe die Klägerin in dem Zeitraum von Januar 2010 bis April 2011 insgesamt sechsmal behandelt. Es handele sich um eine chronische depressive Verstimmung mittleren Grades mit verschiedenen somatischen Beschwerden, die versorgungsärztlich auf ihrem Fachgebiet korrekt eingeschätzt worden sei. Wegen einer Migräne sei die Klägerin nie bei ihr vorstellig gewesen. Durch die Erkrankung auf ihrem Fachgebiet sei keine Einschränkung der Partizipationsfähigkeit bedingt. Durch die psychische Gesundheitsstörung sei jedoch eine wesentliche Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit bedingt. Dr. B. hat in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 28.06.2012 die bisherige GdB-Beurteilung weiterhin für korrekt erachtet.
Sodann hat das Sozialgericht von Amts wegen das orthopädische Gutachten des Dr. D., Oberarzt am M. S., vom 21.01.2013 eingeholt. Der Sachverständige hat eine Gesamt-Beweglichkeitseinschränkung der Halswirbelsäule zwischen 5 und 10%, der Brustwirbelsäule von etwa 5% und der Lendenwirbelsäule von etwa 10% beschrieben. Sensible und motorische Nervenwurzelreizerscheinungen lägen nicht vor. Alle relevanten Gelenke der oberen und unteren Extremitäten zeigten bei regelrecht entwickelter Muskelbemantelung eine freie Beweglichkeit. In der Gesamtschau könnten die Bewegungseinschränkungen der drei Wirbelsäulenabschnitte mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen eines Wirbelsäulenabschnitts gleichgesetzt werden, die einen Einzel-GdB von 20 bedingten. Unter Berücksichtigung der übrigen Einzel-GdB-Werte der anderen Fachgebiete sei der Gesamt-GdB seit Januar 2010 unverändert auf 40 einzuschätzen. Er hat ergänzend ausgeführt, er habe weder eine GdB-pflichtige Lymphstauung des rechten Armes noch eine Gebrauchseinschränkung des rechten Armes feststellen können. Allerdings habe die Klägerin berichtet, sie setze prophylaktisch den rechten Arm nicht adäquat ein, um ein Lymphödem mit daraus resultierender Gebrauchseinschränkung zu vermeiden.
Mit Gerichtsbescheid vom 24.07.2013 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, auf Grundlage der von Dr. D. durchgeführten Untersuchungen und mitgeteilten Messergebnisse seien die Behinderungen der Wirbelsäule mit einem Einzel-GdB von 20 ausreichend bemessen. Es hat ferner dargelegt, bei der Untersuchung durch Dr. D. hätten alle relevanten Gelenke der oberen und unteren Extremitäten bei regelrecht entwickelter Muskelbemantelung eine freie Beweglichkeit gezeigt. Ausdrücklich habe der Sachverständige insoweit auch auf die freie Beweglichkeit im rechten Schultergelenk bei Zustand nach Teilresektion der rechten Brustdrüse wegen des bösartigen Geschwürs hingewiesen. Die von Dr. W. berichtete Bewegungseinschränkung des rechten Armes habe sich insofern in keiner Weise objektivieren lassen. Es hätten sich daher keine Anhaltspunkte dafür finden lassen, dass der nunmehr anerkannte Einzel-GdB von 20 für den Teilverlust der rechten Brust und die hiermit einhergehende Lymphstauung mit Gebrauchseinschränkung des rechten Armes unzutreffend bemessen wäre. Dabei sei zu berücksichtigen, dass der zunächst für die Entfernung des Mammacarcinoms zuerkannte Einzel-GdB von 60 nach Ablauf der Heilungsbewährung und unter Berücksichtigung der dargestellten aktuellen Befunde nicht mehr habe zuerkannt werden können. Das Sozialgericht hat ferner ausgeführt, die depressive Störung stelle sich insgesamt als mittelgradig dar, sodass der Auffassung des versorgungsärztlichen Dienstes des Beklagten mit einem Einzel-GdB von 20 zugestimmt werden könne. Auch die weiteren von der Klägerin geltend gemachten Beschwerden auf internistischem und hals-nasen-ohren-ärztlichem Fachgebiet führten insgesamt nicht zu einer Erhöhung des Gesamt-GdB. Unter Zugrundelegung all dessen sei der Gesamt-GdB nach Ablauf der Heilungsbewährung mit 40 ausreichend bemessen. Eine wesentliche Änderung des Gesundheitszustandes der Klägerin nach Ablauf der Heilungsbewährung sei mithin nachgewiesen.
Gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts hat die Klägerin am 21.08.2013 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Sie hat zur Begründung ausgeführt, bei ihrer Depression mit funktionellen Organbeschwerden, ihrer Migräne und ihrem Schwindel sei von stärker behindernden Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit, die mit einem Einzel-GdB von 30 bis 40 einzuschätzen seien, auszugehen. Ferner seien die chronische Bronchitis und das hyperreagible Bronchialsystem mit einem Einzel-GdB von 20 anzusetzen. Im Übrigen führten bereits die Einzel-GdB-Werte von 10 zu einer Heraufsetzung des Gesamt-GdB auf 50.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 24. Juli 2013 aufzuheben und den Bescheid des Beklagten vom 6. August 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. April 2011 insoweit aufzuheben, als der GdB ab 12. August 2010 von 70 auf weniger als 50 herabgesetzt worden ist.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Entgegen der Ansicht der Klägerin sei ein höherer Einzel-GdB als 20 für die psychische Erkrankung nicht zu objektivieren, zumal die Rechtsprechung davon ausgehe, dass bei stärker behindernden Störungen eine engmaschige psychiatrische Facharztbehandlung erfolge, was bei vorliegend quartalsweisen Konsultationen nicht der Fall sei. Außerdem werde eine höhere Bewertung des Bronchialsystems auch von der behandelnden Lungenärztin nicht unterstellt. Im Übrigen wirkten sich Einzel-GdB-Werte von 10 nicht auf die Höhe der Gesamtbeeinträchtigung aus.
Der ehemalige Berichterstatter hat den Sach- und Streitstand mit den Beteiligten erörtert.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143 und 144 Sozialgericht (SGG) statthafte, nach § 151 Abs. 2 SGG form- und fristgerechte sowie auch im Übrigen zulässige Berufung der Klägerin, über die der Senat aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist unbegründet.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist die Aufhebung des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts Stuttgart vom 24.07.2013, mit dem die Klage der Klägerin gegen den Bescheid des Beklagten vom 06.08.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.04.2011 abgewiesen worden ist. Die Klägerin erstrebt nach richtiger Auslegung ihres Klagebegehrens die Aufhebung dieses Bescheides, soweit der Beklagte bei ihr ab dem 12.08.2010 den GdB von 70 auf weniger als 50 herabgesetzt hat. Dieses prozessuale Ziel verfolgt die Klägerin zulässigerweise gemäß § 54 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 SGG mit der isolierten Anfechtungsklage.
Ermächtigungsgrundlage für den angegriffenen Herabsetzungsbescheid des Beklagten für die Zeit ab dem 12.08.2010 ist § 48 Abs. 1 S. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) in Verbindung mit § 69 Abs. 1 und 3 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX).
Nach § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, wenn in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Von einer solchen ist bei einer Änderung im Gesundheitszustand auszugehen, wenn aus dieser die Erhöhung oder Herabsetzung des Gesamt-GdB um wenigstens 10 folgt, während das Hinzutreten weiterer Funktionsstörungen mit einem Einzel-GdB von 10 regelmäßig ohne Auswirkung auf den Gesamt-GdB bleibt.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) gelten für die Bemessung des GdB folgende Grundsätze (BSG, Urteil vom 17.04.2013 - B 9 SB 3/12 R - juris, mit weiteren Nachweisen):
Nach § 69 Abs. 1 S. 1 SGB IX stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden auf Antrag eines behinderten Menschen in einem besonderen Verfahren das Vorliegen einer Behinderung und den GdB fest. Als GdB werden dabei nach § 69 Abs. 1 S. 4 SGB IX die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach Zehnergraden abgestuft festgestellt. Gemäß § 69 Abs. 1 S. 5 SGB IX in der Fassung des Gesetzes vom 23.04.2004 (BGBl. I 606) gelten die im Rahmen des § 30 Abs. 1 BVG festgelegten Maßstäbe entsprechend. Durch diesen Verweis wird auf die im Rahmen des § 30 Abs. 1 BVG festgelegten Maßstäbe für das versorgungsrechtliche Bewertungssystem abgestellt, dessen Ausgangspunkt die "Mindestvomhundertsätze" für eine größere Zahl erheblicher äußerer Körperschäden im Sinne der Nr. 5 Allgemeine Verwaltungsvorschriften zu § 30 BVG sind. Von diesem leiten sich die aus den Erfahrungen der Versorgungsverwaltung und den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft gewonnenen Tabellenwerte der Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (AHP) ab. Gemäß § 69 Abs. 1 S. 5 SGB IX in der Fassung vom 13.12.2007 (BGBl. I 2904) wird zusätzlich auf die aufgrund des § 30 Abs. 17 BVG (bis zum 30.06.2011) beziehungsweise des § 30 Abs. 16 BVG (ab dem 01.07.2011) erlassene Rechtsverordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, des § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (VersMedV) Bezug genommen, so dass ab 01.01.2009 die VersMedV vom 10.12.2008 (BGBl. I 2412), die durch die Verordnungen vom 01.03.2010 (BGBl. I 2904), 14.07.2010 (BGBl. I 928), 17.12.2010 (BGBl. I 2124), 28.10.2011 (BGBl. I 2153) und 11.10.2012 (BGBl. I 2122) geändert worden ist, anstelle der AHP Grundlage für die Feststellung des GdB ist. Als Anlage zu § 2 VersMedV sind "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) veröffentlicht worden, in denen unter anderem die Grundsätze für die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen (GdS) im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG festgelegt worden sind. Diese sind nach Teil A Nr. 2 VG auch für die Feststellung des GdB maßgebend.
Die AHP und die VG stellen ihrem Inhalt nach antizipierte Sachverständigengutachten dar. Dabei beruht das für die Auswirkungen von Gesundheitsstörungen auf die Teilhabe an der Gesellschaft relevante Maß nicht allein auf der Anwendung medizinischen Wissens. Vielmehr ist die GdB-Bewertung auch unter Beachtung der rechtlichen Vorgaben sowie unter Heranziehung des Sachverstandes anderer Wissenszweige zu entwickeln.
Liegen mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird der GdB gemäß § 69 Abs. 3 S. 1 SGB IX nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt. Zur Feststellung des GdB werden in einem ersten Schritt die einzelnen nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen im Sinne von regelwidrigen (von der Norm abweichenden) Zuständen nach § 2 Abs. 1 SGB IX und die sich daraus ableitenden, für eine Teilhabebeeinträchtigung bedeutsamen Umstände festgestellt. In einem zweiten Schritt sind diese dann den in den AHP und der VG genannten Funktionssystemen zuzuordnen und mit einem Einzel-GdB zu bewerten. In einem dritten Schritt ist dann - nach Teil A Nr. 19 Abs. 1 AHP und Teil A Nr. 3 Buchst. a VG in der Regel ausgehend von der Beeinträchtigung mit dem höchsten Einzel-GdB - in einer Gesamtschau unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen der einzelnen Beeinträchtigungen der Gesamt-GdB zu bilden. Dabei können die Auswirkungen der einzelnen Beeinträchtigungen ineinander aufgehen (sich decken), sich überschneiden, sich verstärken oder beziehungslos nebeneinander stehen. Außerdem sind nach Teil A Nr. 19 Abs. 2 AHP und Teil A Nr. 3 Buchst. b VG bei der Gesamtwürdigung die Auswirkungen mit denjenigen zu vergleichen, für die in der GdB-Tabelle der AHP und der VG feste Grade angegeben sind.
Die Bemessung des GdB ist grundsätzlich tatrichterliche Aufgabe. Dabei hat insbesondere die Feststellung der nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen unter Heranziehung ärztlichen Fachwissens zu erfolgen. Darüber hinaus sind vom Tatsachengericht die rechtlichen Vorgaben zu beachten. Rechtlicher Ausgangspunkt sind stets § 2 Abs. 1, § 69 Abs. 1 und 3 SGB IX; danach sind insbesondere die Auswirkungen nicht nur vorübergehender Gesundheitsstörungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft maßgebend.
Im vorliegenden Fall ist bei der Prüfung einer wesentlichen Änderung im Sinne des § 48 Abs. 1 SGB X der Zeitraum ab der letztmaligen Feststellung des Gesamt-GdB mit Bescheid vom 10.01.2006 zu beurteilen. Formal betrachtet sind bis zum 31.12.2008 die AHP und ab dem 01.01.2009 die VG heranzuziehen.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat das Sozialgericht zutreffend dargelegt, dass bei der Klägerin jedenfalls ab 12.08.2010 eine wesentliche Änderung der Gesundheitsverhältnisse insoweit eingetreten ist, als der Gesamt-GdB von 70 auf 40 herabzusetzen gewesen ist.
Im Bereich des Funktionssystems "Geschlechtsapparat" ist der Einzel-GdB statt mit 60 nur noch mit allenfalls 20 zu bewerten. Bei der Klägerin ist ausweislich des Arztbriefs des Dr. K. wegen eines ductal-invasiven Mammacarcinoms rechts pT1c, N1a, R0, G3, M0, am 09.02.2005 eine Axilladissektion rechts durchgeführt worden. Daher hat der Beklagte nach Teil A Nr. 26.14 AHP (gleichlautend mit Teil B Nr. 14.1 VG), wonach nach Entfernung eines malignen Brustdrüsentumors in den ersten fünf Jahren eine Heilungsbewährung abzuwarten und der GdB während dieser Zeit bei Entfernung im Stadium (T1 bis T2) pN1 M0 mit 60 einzuschätzen ist, den Einzel-GdB hierfür mit 60 bewertet. Dr. B. hat in ihrem Arztbrief vom 21.06.2010 über kein Rezidiv berichtet. Mithin war die fünfjährige Heilungsbewährung abgelaufen. Zutreffend hat daher der Beklagte nach Teil B Nr. 14.1 VG (fast gleichlautend mit Teil A Nr. 26.14 AHP), wonach eine Segment- oder Quadrantenresektion der Brust mit einem GdB von 0 bis 20 einzuschätzen ist und Funktionseinschränkungen im Schultergürtel, des Armes oder der Wirbelsäule als Operations- oder Bestrahlungsfolgen (zum Beispiel Lymphödem, Muskeldefekte, Nervenläsionen, Fehlhaltung) gegebenenfalls zusätzlich zu berücksichtigen sind, den Einzel-GdB hierfür nur noch mit 20 bewertet. Der Ansicht der Dr. W.-Speichermann, unter anderem wegen der Belastbarkeitsminderung und Bewegungseinschränkung des rechten Armes sei der Einzel-GdB mit 40 einzuschätzen, verfängt nicht. Insoweit hat Dr. D. in seinem Gutachten ausführlich dargelegt, dass im Bereich des rechten Armes keine Bewegungseinschränkung vorliegt.
Zutreffend hat das Sozialgericht in Auswertung des schlüssigen und gut nachvollziehbaren Gutachtens des Dr. D. dargelegt, dass im Bereich des Funktionssystems "Rumpf" nach Teil B Nr. 18.9 VG der Einzel-GdB mit 20 einzuschätzen ist. Der Senat schließt sich diesen Ausführungen nach eigener Prüfung gemäß § 153 Abs. 2 SGG unter Verweis auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Gerichtsbescheides zur Vermeidung von Wiederholungen an und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab, zumal von der Klägerin im Berufungsverfahren hiergegen keine Einwände erhoben worden sind.
Der Senat folgt dem Sozialgericht auch insoweit, als es im Bereich des Funktionssystems "Gehirn einschließlich Psyche" ebenfalls von einem Einzel-GdB von 20 ausgegangen ist, und verweist auch in diesem Zusammenhang gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Gerichtsbescheides. Auch unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren ist gegenüber der angefochtenen Entscheidung des Sozialgerichts eine andere Beurteilung nicht gerechtfertigt. Entgegen der Ansicht der Klägerin leidet sie nicht an einer mit einem Einzel-GdB von 30 bis 40 zu bewertenden Depression mit funktionellen Organbeschwerden, Migräne und Schwindel. Nach Teil B Nr. 3.7 VG sind leichtere psychovegetative oder psychische Störungen mit einem GdB von 0 bis 20 und stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (zum Beispiel ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) mit einem GdB von 30 bis 40 zu bewerten. Dass die Klägerin lediglich an leichteren psychovegetativen oder psychischen Störungen leidet, ergibt sich, worauf auch der Beklagte zutreffend hingewiesen hat, aus der von der Neurologin, Psychiaterin, Psychotherapeutin und Naturheilkundlerin S. für den Zeitraum von Januar 2010 bis April 2011 beschriebenen nur sechsmaligen und daher lediglich niedrigfrequenten fachärztlichen Behandlung, woraus sich auf einen recht geringen Leidensdruck der Klägerin schließen lässt, zumal die behandelnde Ärztin die insoweit erfolgte versorgungsärztliche Einschätzung für korrekt gehalten hat und von einer etwaigen Migräne nicht hat berichten können.
Ferner hat der Senat keine Anhaltspunkte dafür, im Funktionssystem "Atmung" einen höheren Einzel-GdB als 10 anzunehmen. Das von der Internistin, Lungen- und Bronchialheilkundlerin und Allergologin E. beschriebene Asthma bronchiale rechtfertigt nach Teil B Nr. 8.2 VG, wonach eine chronische Bronchitis ohne dauernde Einschränkung der Lungenfunktion in leichter Form (symptomfreie Intervalle über mehrere Monate, wenig Husten, geringer Auswurf) mit einem GdB von 0 bis 10 und in schwerer Form (fast kontinuierlich ausgiebiger Husten und Auswurf, häufige akute Schübe) mit einem GdB von 20 bis 30 einzuschätzen ist, nur einen Einzel-GdB von 10, da die behandelnde Ärztin diese Erkrankung als leichtgradig sowie unter Therapie kontrolliert beschrieben und sich deshalb zutreffend der versorgungsärztlichen Beurteilung angeschlossen hat.
Zusätzlich sind - vom Sozialgericht zutreffend dargelegt und von der Klägerin auch nicht angegriffen - wegen des festgestellten teilweisen Gesichtsfeldausfalls und Grünen Stars für das Funktionssystem "Augen" sowie wegen des chronischen Ekzems und der Allergie für das Funktionssystem "Haut" jeweils Einzel-GdB-Werte von 10 zu berücksichtigen.
Unter Berücksichtigung der dargelegten Einzel-GdB-Werte (Einzel-GdB 60 bis 11.08.2010 und 20 ab 12.08.2010 für das Funktionssystem "Geschlechtsapparat", Einzel-GdB 20 für das Funktionssystem "Rumpf", Einzel-GdB 20 für das Funktionssystem "Gehirn einschließlich Psyche", Einzel-GdB 10 für das Funktionssystem "Atmung", Einzel-GdB 10 für das Funktionssystem "Augen", Einzel-GdB 10 für das Funktionssystem "Haut") haben der Beklagte und das Sozialgericht den Gesamt-GdB jedenfalls ab 12.08.2010 rechtsfehlerfrei mit 40 festgestellt. Dabei sind sie nach Teil A Nr. 2 und 3 VG von der Funktionsbeeinträchtigung ausgegangen, die den höchsten Einzel-GdB bedingt, und haben dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen geprüft, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob der Ausgangswert also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen um 10, 20 oder mehr Punkte zu erhöhen ist, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Insoweit führen von Ausnahmefällen abgesehen zusätzliche leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, die bei der Gesamtbeurteilung berücksichtigt werden könnte, auch dann nicht, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen. Dies ist bei der Klägerin der Fall, weil danach die neben den mit 20 zu bewertenden Funktionsbehinderungen in den Funktionssystemen "Geschlechtsapparat", "Rumpf" sowie "Gehirn einschließlich Psyche" bestehenden Erkrankungen jeweils nur mit einem Einzel-GdB von 0 bis 10 zu bewerten sind. Bei der Bemessung des Gesamt-GdB war auch ein Vergleich mit anderen schwerwiegenden Erkrankungsbildern anzustellen. Denn nach Teil A Nr. 3 Buchst. b VG sind bei der Gesamtwürdigung der verschiedenen Funktionsbeeinträchtigungen unter Berücksichtigung aller sozialmedizinischen Erfahrungen Vergleiche mit Gesundheitsschäden anzustellen, für die in der GdB-Tabelle der VG feste Grade angegeben sind. Gemessen an diesen Voraussetzungen sind die bei der Klägerin bestehenden Erkrankungen insgesamt nicht mehr mit Gesundheitsschäden zu vergleichen, deren Funktionsbeeinträchtigungen einen Gesamt-GdB von 50 begründen.
Mithin ist seit Erlass des Bescheides vom 10.01.2006 eine wesentliche Änderung in den gesundheitlichen Verhältnissen der Klägerin insoweit eingetreten, als jedenfalls ab 12.08.2010 der Gesamt-GdB von 70 auf 40 herabzusetzen gewesen ist. Der diese Herabsetzung regelnde Bescheid des Beklagten vom 06.08.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.04.2011 hat sich daher als ebenso rechtmäßig erwiesen wie der die hiergegen erhobene Klage abweisende Gerichtsbescheid des Sozialgerichts.
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des Grades der Behinderung (GdB) streitig.
Der Beklagte hatte bei der am 09.06.1951 geborenen Klägerin unter Auswertung eines Arztbriefs des Dr. K., Chefarzt an der Städtischen F. S., wonach wegen eines ductal-invasiven Mammacarcinoms rechts pT1c, N1a, R0, G3, M0, am 09.02.2005 eine Axilladissektion rechts durchgeführt worden war, und der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. R. vom 20.12.2005, in der als Behinderungen eine Erkrankung der rechten Brust in Heilungsbewährung mit einem Einzel-GdB von 60, eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, muskuläre Verspannungen, eine Kalksalzminderung des Knochens und degenerative Veränderungen der Wirbelsäule mit einem Einzel-GdB von 20, eine Depression und funktionelle Organbeschwerden mit einem Einzel-GdB von 20 sowie eine chronische Bronchitis und ein hyperreagibles Bronchialsystem mit einem Einzel-GdB von 10 berücksichtigt und der Gesamt-GdB mit 70 eingeschätzt worden waren, mit Bescheid vom 10.01.2006 den GdB mit 70 seit 25.04.2005 festgestellt.
In dem vom Beklagten im Februar 2010 angestrengten Nachprüfungsverfahren legte die Klägerin diverse Arztbriefe vor. Der Beklagte holte Befundberichte der Augenärztin F. sowie des Allgemeinmediziners M. ein und zog mehrere Arztbriefe bei. Daraufhin berücksichtigte Dr. S. in ihrer versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 29.04.2010 die Erkrankung der rechten Brust in Heilungsbewährung nur noch mit einem Einzel-GdB von 20 sowie zusätzlich einen teilweisen Gesichtsfeldausfall beidseits und einen Grünen Star mit einem Einzel-GdB von 10 und bewertete unter Aufrechterhaltung der bisherigen versorgungsärztlichen Beurteilung im Übrigen den Gesamt-GdB nur noch mit 30. Im Rahmen des Anhörungsverfahrens legte die Klägerin den Arztbrief der Dr. B., Oberärztin an der Klinik für Gynäkologie des M. S., vom 21.06.2010 vor, in dem über kein Rezidiv berichtet wurde. Ferner holte der Beklagte erneut einen Befundbericht des Allgemeinmediziners M. ein. Sodann berücksichtigte Dr. L. in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 29.07.2010 einen Teilverlust der rechten Brust und eine Lymphstauung sowie Gebrauchseinschränkung des linken (gemeint: rechten) Armes mit einem Einzel-GdB von 20, die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, die muskulären Verspannungen, die Kalksalzminderung des Knochens und die degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule mit einem Einzel-GdB von 20, die Depression, funktionelle Organbeschwerden, eine Migräne und einen Schwindel mit einem Einzel-GdB von 20, die chronische Bronchitis und das hyperreagible Bronchialsystem mit einem Einzel-GdB von 10, den teilweisen Gesichtsfeldausfall beidseits und den Grünen Star mit einem Einzel-GdB von 10 sowie ein chronisches Ekzem und eine Allergie mit einem Einzel-GdB von 10 und bewertete den Gesamt-GdB mit 40. Mit Bescheid vom 06.08.2010 hob der Beklagte den Bescheid vom 10.01.2006 auf und stellte den GdB mit 40 ab 12.08.2010 fest.
Im Widerspruchsverfahren holte der Beklagte einen Befundbericht der Psychiaterin S. ein. Dr. R. hielt in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 09.12.2010 die bisherige GdB-Beurteilung aufrecht. Nachdem die Klägerin weitere Arztbriefe vorgelegt hatte, blieb Dr. S. in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 13.02.2011 bei der bisherigen Einschätzung. Mit Widerspruchsbescheid vom 04.04.2011 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, in den Verhältnissen, die dem Bescheid vom 10.01.2006 zugrunde gelegen hätten, sei eine wesentliche Änderung insoweit eingetreten, als die Heilungsbewährung von fünf Jahren abgelaufen sei.
Hiergegen hat die Klägerin am 03.05.2011 Klage beim Sozialgericht Stuttgart erhoben.
Das Sozialgericht hat zunächst die die Klägerin behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen gehört und über sie diverse Arztbriefe beigezogen. Der Orthopäde und Unfallchirurg B. hat ausgeführt, die orthopädischen Erkrankungen seien in ihrer Schwere als leicht zu bezeichnen. Die Internistin, Lungen- und Bronchialheilkundlerin und Allergologin E. hat über ein leichtgradiges, unter Therapie kontrolliertes Asthma bronchiale, welches mit einem Einzel-GdB von 10 einzuschätzen sei, berichtet. Der Hals-Nasen-Ohren-Arzt Dr. B. hat dargelegt, die chronische Rhinopharyngitis, der Gehörgangsspruritus und die Pharyngitis granulosa chronica seien nicht mit einem Einzel-GdB zu versehen. Die Frauenärztin Dr. W. hat ausgeführt, bei der Klägerin bestehe ein typischer Zustand nach Mammacarcinom rechts. Die Belastbarkeit und Beweglichkeit des rechten Armes seien über das übliche Maß hinausgehend gemindert. Der übrige gynäkologische Befund sei unauffällig. Sie halte die Bewegungseinschränkung des rechten Armes für mittelgradig und die Depression für mittelstark ausgeprägt. Der Einzel-GdB auf ihrem Fachgebiet sei einschließlich der Auswirkungen des Östrogenentzuges sowie der Osteoporose mit 40 einzuschätzen. Allerdings gehöre es nicht zu ihren täglichen Aufgaben, den GdB zu schätzen. Die Neurologin, Psychiaterin, Psychotherapeutin und Naturheilkundlerin S. hat dargelegt, sie habe die Klägerin in dem Zeitraum von Januar 2010 bis April 2011 insgesamt sechsmal behandelt. Es handele sich um eine chronische depressive Verstimmung mittleren Grades mit verschiedenen somatischen Beschwerden, die versorgungsärztlich auf ihrem Fachgebiet korrekt eingeschätzt worden sei. Wegen einer Migräne sei die Klägerin nie bei ihr vorstellig gewesen. Durch die Erkrankung auf ihrem Fachgebiet sei keine Einschränkung der Partizipationsfähigkeit bedingt. Durch die psychische Gesundheitsstörung sei jedoch eine wesentliche Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit bedingt. Dr. B. hat in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 28.06.2012 die bisherige GdB-Beurteilung weiterhin für korrekt erachtet.
Sodann hat das Sozialgericht von Amts wegen das orthopädische Gutachten des Dr. D., Oberarzt am M. S., vom 21.01.2013 eingeholt. Der Sachverständige hat eine Gesamt-Beweglichkeitseinschränkung der Halswirbelsäule zwischen 5 und 10%, der Brustwirbelsäule von etwa 5% und der Lendenwirbelsäule von etwa 10% beschrieben. Sensible und motorische Nervenwurzelreizerscheinungen lägen nicht vor. Alle relevanten Gelenke der oberen und unteren Extremitäten zeigten bei regelrecht entwickelter Muskelbemantelung eine freie Beweglichkeit. In der Gesamtschau könnten die Bewegungseinschränkungen der drei Wirbelsäulenabschnitte mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen eines Wirbelsäulenabschnitts gleichgesetzt werden, die einen Einzel-GdB von 20 bedingten. Unter Berücksichtigung der übrigen Einzel-GdB-Werte der anderen Fachgebiete sei der Gesamt-GdB seit Januar 2010 unverändert auf 40 einzuschätzen. Er hat ergänzend ausgeführt, er habe weder eine GdB-pflichtige Lymphstauung des rechten Armes noch eine Gebrauchseinschränkung des rechten Armes feststellen können. Allerdings habe die Klägerin berichtet, sie setze prophylaktisch den rechten Arm nicht adäquat ein, um ein Lymphödem mit daraus resultierender Gebrauchseinschränkung zu vermeiden.
Mit Gerichtsbescheid vom 24.07.2013 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, auf Grundlage der von Dr. D. durchgeführten Untersuchungen und mitgeteilten Messergebnisse seien die Behinderungen der Wirbelsäule mit einem Einzel-GdB von 20 ausreichend bemessen. Es hat ferner dargelegt, bei der Untersuchung durch Dr. D. hätten alle relevanten Gelenke der oberen und unteren Extremitäten bei regelrecht entwickelter Muskelbemantelung eine freie Beweglichkeit gezeigt. Ausdrücklich habe der Sachverständige insoweit auch auf die freie Beweglichkeit im rechten Schultergelenk bei Zustand nach Teilresektion der rechten Brustdrüse wegen des bösartigen Geschwürs hingewiesen. Die von Dr. W. berichtete Bewegungseinschränkung des rechten Armes habe sich insofern in keiner Weise objektivieren lassen. Es hätten sich daher keine Anhaltspunkte dafür finden lassen, dass der nunmehr anerkannte Einzel-GdB von 20 für den Teilverlust der rechten Brust und die hiermit einhergehende Lymphstauung mit Gebrauchseinschränkung des rechten Armes unzutreffend bemessen wäre. Dabei sei zu berücksichtigen, dass der zunächst für die Entfernung des Mammacarcinoms zuerkannte Einzel-GdB von 60 nach Ablauf der Heilungsbewährung und unter Berücksichtigung der dargestellten aktuellen Befunde nicht mehr habe zuerkannt werden können. Das Sozialgericht hat ferner ausgeführt, die depressive Störung stelle sich insgesamt als mittelgradig dar, sodass der Auffassung des versorgungsärztlichen Dienstes des Beklagten mit einem Einzel-GdB von 20 zugestimmt werden könne. Auch die weiteren von der Klägerin geltend gemachten Beschwerden auf internistischem und hals-nasen-ohren-ärztlichem Fachgebiet führten insgesamt nicht zu einer Erhöhung des Gesamt-GdB. Unter Zugrundelegung all dessen sei der Gesamt-GdB nach Ablauf der Heilungsbewährung mit 40 ausreichend bemessen. Eine wesentliche Änderung des Gesundheitszustandes der Klägerin nach Ablauf der Heilungsbewährung sei mithin nachgewiesen.
Gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts hat die Klägerin am 21.08.2013 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Sie hat zur Begründung ausgeführt, bei ihrer Depression mit funktionellen Organbeschwerden, ihrer Migräne und ihrem Schwindel sei von stärker behindernden Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit, die mit einem Einzel-GdB von 30 bis 40 einzuschätzen seien, auszugehen. Ferner seien die chronische Bronchitis und das hyperreagible Bronchialsystem mit einem Einzel-GdB von 20 anzusetzen. Im Übrigen führten bereits die Einzel-GdB-Werte von 10 zu einer Heraufsetzung des Gesamt-GdB auf 50.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 24. Juli 2013 aufzuheben und den Bescheid des Beklagten vom 6. August 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. April 2011 insoweit aufzuheben, als der GdB ab 12. August 2010 von 70 auf weniger als 50 herabgesetzt worden ist.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Entgegen der Ansicht der Klägerin sei ein höherer Einzel-GdB als 20 für die psychische Erkrankung nicht zu objektivieren, zumal die Rechtsprechung davon ausgehe, dass bei stärker behindernden Störungen eine engmaschige psychiatrische Facharztbehandlung erfolge, was bei vorliegend quartalsweisen Konsultationen nicht der Fall sei. Außerdem werde eine höhere Bewertung des Bronchialsystems auch von der behandelnden Lungenärztin nicht unterstellt. Im Übrigen wirkten sich Einzel-GdB-Werte von 10 nicht auf die Höhe der Gesamtbeeinträchtigung aus.
Der ehemalige Berichterstatter hat den Sach- und Streitstand mit den Beteiligten erörtert.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143 und 144 Sozialgericht (SGG) statthafte, nach § 151 Abs. 2 SGG form- und fristgerechte sowie auch im Übrigen zulässige Berufung der Klägerin, über die der Senat aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist unbegründet.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist die Aufhebung des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts Stuttgart vom 24.07.2013, mit dem die Klage der Klägerin gegen den Bescheid des Beklagten vom 06.08.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.04.2011 abgewiesen worden ist. Die Klägerin erstrebt nach richtiger Auslegung ihres Klagebegehrens die Aufhebung dieses Bescheides, soweit der Beklagte bei ihr ab dem 12.08.2010 den GdB von 70 auf weniger als 50 herabgesetzt hat. Dieses prozessuale Ziel verfolgt die Klägerin zulässigerweise gemäß § 54 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 SGG mit der isolierten Anfechtungsklage.
Ermächtigungsgrundlage für den angegriffenen Herabsetzungsbescheid des Beklagten für die Zeit ab dem 12.08.2010 ist § 48 Abs. 1 S. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) in Verbindung mit § 69 Abs. 1 und 3 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX).
Nach § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, wenn in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Von einer solchen ist bei einer Änderung im Gesundheitszustand auszugehen, wenn aus dieser die Erhöhung oder Herabsetzung des Gesamt-GdB um wenigstens 10 folgt, während das Hinzutreten weiterer Funktionsstörungen mit einem Einzel-GdB von 10 regelmäßig ohne Auswirkung auf den Gesamt-GdB bleibt.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) gelten für die Bemessung des GdB folgende Grundsätze (BSG, Urteil vom 17.04.2013 - B 9 SB 3/12 R - juris, mit weiteren Nachweisen):
Nach § 69 Abs. 1 S. 1 SGB IX stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden auf Antrag eines behinderten Menschen in einem besonderen Verfahren das Vorliegen einer Behinderung und den GdB fest. Als GdB werden dabei nach § 69 Abs. 1 S. 4 SGB IX die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach Zehnergraden abgestuft festgestellt. Gemäß § 69 Abs. 1 S. 5 SGB IX in der Fassung des Gesetzes vom 23.04.2004 (BGBl. I 606) gelten die im Rahmen des § 30 Abs. 1 BVG festgelegten Maßstäbe entsprechend. Durch diesen Verweis wird auf die im Rahmen des § 30 Abs. 1 BVG festgelegten Maßstäbe für das versorgungsrechtliche Bewertungssystem abgestellt, dessen Ausgangspunkt die "Mindestvomhundertsätze" für eine größere Zahl erheblicher äußerer Körperschäden im Sinne der Nr. 5 Allgemeine Verwaltungsvorschriften zu § 30 BVG sind. Von diesem leiten sich die aus den Erfahrungen der Versorgungsverwaltung und den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft gewonnenen Tabellenwerte der Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (AHP) ab. Gemäß § 69 Abs. 1 S. 5 SGB IX in der Fassung vom 13.12.2007 (BGBl. I 2904) wird zusätzlich auf die aufgrund des § 30 Abs. 17 BVG (bis zum 30.06.2011) beziehungsweise des § 30 Abs. 16 BVG (ab dem 01.07.2011) erlassene Rechtsverordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, des § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (VersMedV) Bezug genommen, so dass ab 01.01.2009 die VersMedV vom 10.12.2008 (BGBl. I 2412), die durch die Verordnungen vom 01.03.2010 (BGBl. I 2904), 14.07.2010 (BGBl. I 928), 17.12.2010 (BGBl. I 2124), 28.10.2011 (BGBl. I 2153) und 11.10.2012 (BGBl. I 2122) geändert worden ist, anstelle der AHP Grundlage für die Feststellung des GdB ist. Als Anlage zu § 2 VersMedV sind "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) veröffentlicht worden, in denen unter anderem die Grundsätze für die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen (GdS) im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG festgelegt worden sind. Diese sind nach Teil A Nr. 2 VG auch für die Feststellung des GdB maßgebend.
Die AHP und die VG stellen ihrem Inhalt nach antizipierte Sachverständigengutachten dar. Dabei beruht das für die Auswirkungen von Gesundheitsstörungen auf die Teilhabe an der Gesellschaft relevante Maß nicht allein auf der Anwendung medizinischen Wissens. Vielmehr ist die GdB-Bewertung auch unter Beachtung der rechtlichen Vorgaben sowie unter Heranziehung des Sachverstandes anderer Wissenszweige zu entwickeln.
Liegen mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird der GdB gemäß § 69 Abs. 3 S. 1 SGB IX nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt. Zur Feststellung des GdB werden in einem ersten Schritt die einzelnen nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen im Sinne von regelwidrigen (von der Norm abweichenden) Zuständen nach § 2 Abs. 1 SGB IX und die sich daraus ableitenden, für eine Teilhabebeeinträchtigung bedeutsamen Umstände festgestellt. In einem zweiten Schritt sind diese dann den in den AHP und der VG genannten Funktionssystemen zuzuordnen und mit einem Einzel-GdB zu bewerten. In einem dritten Schritt ist dann - nach Teil A Nr. 19 Abs. 1 AHP und Teil A Nr. 3 Buchst. a VG in der Regel ausgehend von der Beeinträchtigung mit dem höchsten Einzel-GdB - in einer Gesamtschau unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen der einzelnen Beeinträchtigungen der Gesamt-GdB zu bilden. Dabei können die Auswirkungen der einzelnen Beeinträchtigungen ineinander aufgehen (sich decken), sich überschneiden, sich verstärken oder beziehungslos nebeneinander stehen. Außerdem sind nach Teil A Nr. 19 Abs. 2 AHP und Teil A Nr. 3 Buchst. b VG bei der Gesamtwürdigung die Auswirkungen mit denjenigen zu vergleichen, für die in der GdB-Tabelle der AHP und der VG feste Grade angegeben sind.
Die Bemessung des GdB ist grundsätzlich tatrichterliche Aufgabe. Dabei hat insbesondere die Feststellung der nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen unter Heranziehung ärztlichen Fachwissens zu erfolgen. Darüber hinaus sind vom Tatsachengericht die rechtlichen Vorgaben zu beachten. Rechtlicher Ausgangspunkt sind stets § 2 Abs. 1, § 69 Abs. 1 und 3 SGB IX; danach sind insbesondere die Auswirkungen nicht nur vorübergehender Gesundheitsstörungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft maßgebend.
Im vorliegenden Fall ist bei der Prüfung einer wesentlichen Änderung im Sinne des § 48 Abs. 1 SGB X der Zeitraum ab der letztmaligen Feststellung des Gesamt-GdB mit Bescheid vom 10.01.2006 zu beurteilen. Formal betrachtet sind bis zum 31.12.2008 die AHP und ab dem 01.01.2009 die VG heranzuziehen.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat das Sozialgericht zutreffend dargelegt, dass bei der Klägerin jedenfalls ab 12.08.2010 eine wesentliche Änderung der Gesundheitsverhältnisse insoweit eingetreten ist, als der Gesamt-GdB von 70 auf 40 herabzusetzen gewesen ist.
Im Bereich des Funktionssystems "Geschlechtsapparat" ist der Einzel-GdB statt mit 60 nur noch mit allenfalls 20 zu bewerten. Bei der Klägerin ist ausweislich des Arztbriefs des Dr. K. wegen eines ductal-invasiven Mammacarcinoms rechts pT1c, N1a, R0, G3, M0, am 09.02.2005 eine Axilladissektion rechts durchgeführt worden. Daher hat der Beklagte nach Teil A Nr. 26.14 AHP (gleichlautend mit Teil B Nr. 14.1 VG), wonach nach Entfernung eines malignen Brustdrüsentumors in den ersten fünf Jahren eine Heilungsbewährung abzuwarten und der GdB während dieser Zeit bei Entfernung im Stadium (T1 bis T2) pN1 M0 mit 60 einzuschätzen ist, den Einzel-GdB hierfür mit 60 bewertet. Dr. B. hat in ihrem Arztbrief vom 21.06.2010 über kein Rezidiv berichtet. Mithin war die fünfjährige Heilungsbewährung abgelaufen. Zutreffend hat daher der Beklagte nach Teil B Nr. 14.1 VG (fast gleichlautend mit Teil A Nr. 26.14 AHP), wonach eine Segment- oder Quadrantenresektion der Brust mit einem GdB von 0 bis 20 einzuschätzen ist und Funktionseinschränkungen im Schultergürtel, des Armes oder der Wirbelsäule als Operations- oder Bestrahlungsfolgen (zum Beispiel Lymphödem, Muskeldefekte, Nervenläsionen, Fehlhaltung) gegebenenfalls zusätzlich zu berücksichtigen sind, den Einzel-GdB hierfür nur noch mit 20 bewertet. Der Ansicht der Dr. W.-Speichermann, unter anderem wegen der Belastbarkeitsminderung und Bewegungseinschränkung des rechten Armes sei der Einzel-GdB mit 40 einzuschätzen, verfängt nicht. Insoweit hat Dr. D. in seinem Gutachten ausführlich dargelegt, dass im Bereich des rechten Armes keine Bewegungseinschränkung vorliegt.
Zutreffend hat das Sozialgericht in Auswertung des schlüssigen und gut nachvollziehbaren Gutachtens des Dr. D. dargelegt, dass im Bereich des Funktionssystems "Rumpf" nach Teil B Nr. 18.9 VG der Einzel-GdB mit 20 einzuschätzen ist. Der Senat schließt sich diesen Ausführungen nach eigener Prüfung gemäß § 153 Abs. 2 SGG unter Verweis auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Gerichtsbescheides zur Vermeidung von Wiederholungen an und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab, zumal von der Klägerin im Berufungsverfahren hiergegen keine Einwände erhoben worden sind.
Der Senat folgt dem Sozialgericht auch insoweit, als es im Bereich des Funktionssystems "Gehirn einschließlich Psyche" ebenfalls von einem Einzel-GdB von 20 ausgegangen ist, und verweist auch in diesem Zusammenhang gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Gerichtsbescheides. Auch unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren ist gegenüber der angefochtenen Entscheidung des Sozialgerichts eine andere Beurteilung nicht gerechtfertigt. Entgegen der Ansicht der Klägerin leidet sie nicht an einer mit einem Einzel-GdB von 30 bis 40 zu bewertenden Depression mit funktionellen Organbeschwerden, Migräne und Schwindel. Nach Teil B Nr. 3.7 VG sind leichtere psychovegetative oder psychische Störungen mit einem GdB von 0 bis 20 und stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (zum Beispiel ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) mit einem GdB von 30 bis 40 zu bewerten. Dass die Klägerin lediglich an leichteren psychovegetativen oder psychischen Störungen leidet, ergibt sich, worauf auch der Beklagte zutreffend hingewiesen hat, aus der von der Neurologin, Psychiaterin, Psychotherapeutin und Naturheilkundlerin S. für den Zeitraum von Januar 2010 bis April 2011 beschriebenen nur sechsmaligen und daher lediglich niedrigfrequenten fachärztlichen Behandlung, woraus sich auf einen recht geringen Leidensdruck der Klägerin schließen lässt, zumal die behandelnde Ärztin die insoweit erfolgte versorgungsärztliche Einschätzung für korrekt gehalten hat und von einer etwaigen Migräne nicht hat berichten können.
Ferner hat der Senat keine Anhaltspunkte dafür, im Funktionssystem "Atmung" einen höheren Einzel-GdB als 10 anzunehmen. Das von der Internistin, Lungen- und Bronchialheilkundlerin und Allergologin E. beschriebene Asthma bronchiale rechtfertigt nach Teil B Nr. 8.2 VG, wonach eine chronische Bronchitis ohne dauernde Einschränkung der Lungenfunktion in leichter Form (symptomfreie Intervalle über mehrere Monate, wenig Husten, geringer Auswurf) mit einem GdB von 0 bis 10 und in schwerer Form (fast kontinuierlich ausgiebiger Husten und Auswurf, häufige akute Schübe) mit einem GdB von 20 bis 30 einzuschätzen ist, nur einen Einzel-GdB von 10, da die behandelnde Ärztin diese Erkrankung als leichtgradig sowie unter Therapie kontrolliert beschrieben und sich deshalb zutreffend der versorgungsärztlichen Beurteilung angeschlossen hat.
Zusätzlich sind - vom Sozialgericht zutreffend dargelegt und von der Klägerin auch nicht angegriffen - wegen des festgestellten teilweisen Gesichtsfeldausfalls und Grünen Stars für das Funktionssystem "Augen" sowie wegen des chronischen Ekzems und der Allergie für das Funktionssystem "Haut" jeweils Einzel-GdB-Werte von 10 zu berücksichtigen.
Unter Berücksichtigung der dargelegten Einzel-GdB-Werte (Einzel-GdB 60 bis 11.08.2010 und 20 ab 12.08.2010 für das Funktionssystem "Geschlechtsapparat", Einzel-GdB 20 für das Funktionssystem "Rumpf", Einzel-GdB 20 für das Funktionssystem "Gehirn einschließlich Psyche", Einzel-GdB 10 für das Funktionssystem "Atmung", Einzel-GdB 10 für das Funktionssystem "Augen", Einzel-GdB 10 für das Funktionssystem "Haut") haben der Beklagte und das Sozialgericht den Gesamt-GdB jedenfalls ab 12.08.2010 rechtsfehlerfrei mit 40 festgestellt. Dabei sind sie nach Teil A Nr. 2 und 3 VG von der Funktionsbeeinträchtigung ausgegangen, die den höchsten Einzel-GdB bedingt, und haben dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen geprüft, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob der Ausgangswert also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen um 10, 20 oder mehr Punkte zu erhöhen ist, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Insoweit führen von Ausnahmefällen abgesehen zusätzliche leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, die bei der Gesamtbeurteilung berücksichtigt werden könnte, auch dann nicht, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen. Dies ist bei der Klägerin der Fall, weil danach die neben den mit 20 zu bewertenden Funktionsbehinderungen in den Funktionssystemen "Geschlechtsapparat", "Rumpf" sowie "Gehirn einschließlich Psyche" bestehenden Erkrankungen jeweils nur mit einem Einzel-GdB von 0 bis 10 zu bewerten sind. Bei der Bemessung des Gesamt-GdB war auch ein Vergleich mit anderen schwerwiegenden Erkrankungsbildern anzustellen. Denn nach Teil A Nr. 3 Buchst. b VG sind bei der Gesamtwürdigung der verschiedenen Funktionsbeeinträchtigungen unter Berücksichtigung aller sozialmedizinischen Erfahrungen Vergleiche mit Gesundheitsschäden anzustellen, für die in der GdB-Tabelle der VG feste Grade angegeben sind. Gemessen an diesen Voraussetzungen sind die bei der Klägerin bestehenden Erkrankungen insgesamt nicht mehr mit Gesundheitsschäden zu vergleichen, deren Funktionsbeeinträchtigungen einen Gesamt-GdB von 50 begründen.
Mithin ist seit Erlass des Bescheides vom 10.01.2006 eine wesentliche Änderung in den gesundheitlichen Verhältnissen der Klägerin insoweit eingetreten, als jedenfalls ab 12.08.2010 der Gesamt-GdB von 70 auf 40 herabzusetzen gewesen ist. Der diese Herabsetzung regelnde Bescheid des Beklagten vom 06.08.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.04.2011 hat sich daher als ebenso rechtmäßig erwiesen wie der die hiergegen erhobene Klage abweisende Gerichtsbescheid des Sozialgerichts.
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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