L 18 AL 255/13

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
18
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 84 AL 944/13
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 18 AL 255/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 11 AL 69/14 B
Datum
Kategorie
Urteil
Bemerkung
NZB beim BSG: zurückgenommen
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 11. November 2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der 1952 geborene Kläger ist seit dem 1. Januar 1992 bei der G-Gesellschaft mbH (GG) als Technischer Angestellter in einem seit dem 1. Januar 2007 ordentlich unkündbaren Arbeitsverhältnis in Vollzeit beschäftigt. Zu seinem Aufgabenbereich gehört zu 30 % Büroarbeit und zu 70 % Arbeiten an den von der GG betreuten Objekten. Ab 16. März 2010 war er nach einem Unfall arbeitsunfähig erkrankt. Mit Schreiben vom 30. Juni 2010 kündigte die GG dem Kläger das Arbeitsverhältnis zum 31. Dezember 2010, hilfsweise außerordentlich mit Auslauffrist zum 31. Dezember 2010, äußerst hilfsweise zum nächstmöglichen Termin aus betriebsbedingten Gründen.

Am 1. Juli 2010 beantragte der Kläger, für den damals bereits ein Grad der Behinderung (GdB) von 20 festgestellt gewesen war, beim Landesamt für Gesundheit und Soziales - Versorgungsamt - die Erhöhung des GdB und am 19. August 2010 bei der Beklagten die Gleichstellung mit einem Schwerbehinderten. Mit Bescheid vom 14. September 2010 lehnte die Beklagte den Antrag ab und führte zur Begründung aus: Da das Arbeitsverhältnis des Klägers zum 31. Dezember 2010 gekündigt worden sei, könne die Gleichstellung der Erhaltung dieses Arbeitsplatzes nicht mehr dienen. Eine Gleichstellung zur Erlangung eines neuen Arbeitsplatzes könne nur mit der Feststellung geprüft werden, welche Tätigkeiten der Kläger auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausüben könne. Mit seinem Widerspruch vom 27. September 2010 trug der Kläger vor, zwar sei für ihn bislang kein ausreichender GdB für die Gleichstellung ausgesprochen worden, jedoch sei sein Arbeitsverhältnis hochgradig gefährdet. Das Widerspruchsverfahren könne bis zur Entscheidung des Versorgungsamtes über den GdB ausgesetzt werden. Mit Bescheid vom 19. November 2010 stellte das Versorgungsamt bei dem Kläger mWv 1. Juli 2010 einen GdB von 40 fest. Dabei hat es als Behinderung einen durch die gesetzliche Unfallversicherung anerkannten Körperschaden und die Funktionsbehinderung des Schultergelenkes rechts berücksichtigt. Am 19. November 2010 teilte der Kläger der Beklagten mit, die GG habe die Kündigung vom 30. Juni 2010 zurückgenommen.

Mit Bescheid vom 17. März 2011 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück und führte aus: Eine behinderungsbedingte Gefährdung des Arbeitsplatzes sei nicht ersichtlich. Eine Gefährdung könne sich allenfalls aus strukturellen Veränderungen beim Arbeitgeber ergeben. Allgemeine Umstrukturierungsmaßnahmen würden eine Gleichstellung jedoch nicht rechtfertigen, da alle Mitarbeiter – ob behindert oder nicht – gleichermaßen von diesen betroffen seien. Eine Gleichstellung würde dann letztlich eine Besserstellung bedeuten. Dass die Gleichstellung der Erlangung eines Arbeitsplatzes dienen könne, sei derzeit nicht ersichtlich, weil der Kläger seit längerer Zeit arbeitsunfähig erkrankt sei. Erst nach seiner Genesung sei feststellbar, inwiefern sein Arbeitgeber ihm einen leidensgerechten Arbeitsplatz zur Verfügung stellen könne und ob es der Gleichstellung zur Erlangung eines geeigneten Arbeitsplatzes bedürfe.

Im Klageverfahren hat die GG auf Anfrage des Sozialgerichts (SG) Berlin mit Schreiben vom 1. August 2013 Folgendes mitgeteilt: Es sei nicht beabsichtigt, den laut nachwirkendem Tarifvertrag ordentlich unkündbaren Kläger erneut zu kündigen. Dieser sei auch nicht von Umstrukturierungsmaßnahmen im Unternehmen betroffen. Der Bereich Technische Dienste bleibe unverändert bestehen. Zum Stichtag 31. Juli 2013 seien 70 Mitarbeiter bei der GG beschäftigt. Der Kläger hat vorgetragen: Er habe mit einer "Nachkündigung" rechnen müssen. Diese sei bei weiteren von den betrieblichen Maßnahmen betroffenen Kollegen auch geschehen. Seine Arbeitgeberin habe die Kündigung vor dem Arbeitsgericht zwar zurückgenommen ohne eine Nachkündigung auszusprechen, der Arbeitsplatz sei jedoch trotzdem im Hinblick auf die Möglichkeit einer außerordentlichen Kündigung gefährdet. Eine außerordentliche Kündigung sei nach den Kriterien des Bundesarbeitsgerichtes gerechtfertigt, wenn eine Weiterbeschäftigung des geschützten Mitarbeiters an anderer Stelle im Betrieb nicht möglich sei und das Arbeitsverhältnis bis zum Eintritt der Altersrente sich nur noch in der Entgegennahme des Entgeltes durch den Arbeitnehmer erschöpfen würde. Bei ihm – dem Kläger – sei die Möglichkeit der Verweisung auf eine andere Tätigkeit stark eingeschränkt. Er sei technischer Angestellter, eine Hausmeistertätigkeit könne ihm nicht zugemutet werden. Im Vergleich zu gesunden Kollegen stehe er deutlich schlechter da. Im Rahmen des im Betrieb der GG erfolgten Interessenausgleichs seien mehrere Arbeitsverhältnisse tariflich ordentlich nicht kündbarer Arbeitnehmer außerordentlich gekündigt worden, darunter auch das Arbeitsverhältnis einer gleichgestellten Mitarbeiterin als Reinigungskraft, für die die GG im arbeitsgerichtlichen Verfahren die Möglichkeit einer Verweisungstätigkeit geleugnet habe. Er – der Kläger – arbeite seit November 2011 wieder in Vollzeit. Es "laufe gut" und er habe keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass die GG mit seiner Leistung unzufrieden sei.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 11. November 2013 abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Die zulässige Klage sei nicht begründet. Die Beklagte sei nicht verpflichtet, den Kläger einem schwerbehinderten Menschen gemäß § 2 Abs. 3 Sozialgesetzbuch – Rehabilitation und Teilhabe – (SGB IX) gleichzustellen. Nach § 2 Abs. 3 SGB IX sollten behinderte Menschen mit einem GdB von weniger als 50, aber wenigsten von 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Abs. 2 vorliegen, schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne von § 73 SGB IX nicht erlangen oder nicht behalten könnten. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Gleichstellung sei der Zeitraum von der Antragstellung bis zur letzten mündlichen Verhandlung. Beim Kläger seien die Voraussetzungen für eine Gleichstellung zum Behaltenkönnen des Arbeitsplatzes nicht gegeben. Eine solche Gleichstellung setze voraus, dass der Arbeitsplatz geeignet sei und bei unmittelbarer Betrachtung in der Behinderung, d. h. in deren Art und Schwere, die Schwierigkeit der Erhaltung des Arbeitsplatzes liege. Es genüge jedoch keine abstrakte Gefährdung des Arbeitsplatzes, sondern es müssten Tatsachen vorliegen, die den Rückschluss zuließen, dass der Arbeitsplatz wegen der Behinderung konkret gefährdet sei. Bei dem Arbeitsplatz des Klägers handele es sich zwar um einen geeigneten Arbeitsplatz. Anhaltspunkte für eine konkrete Gefährdung durch eine Kündigung seitens der GG seien jedoch weder nach Aktenlage noch aus dem Vorbringen des Klägers erkennbar. Es sei zwar nicht fernliegend, dass der Kläger mit einer Nachkündigung zu rechnen gehabt habe. Zu dem Zeitpunkt, in dem bei der GG die Kündigungen ausgesprochen worden seien, hätten die Geschäftsführer gewechselt, womit umstrukturiert worden sei sowie Rationalisierungsmaßnahmen einhergingen. Im Jahr 2010 sei der Arbeitsplatz des Klägers somit lediglich von Umstrukturierungsmaßnahmen betroffen gewesen. Diese reichten als Rechtfertigung der Gleichstellung jedoch nicht aus. Denn die Gleichstellung solle nicht vor allen denkbaren Risiken des Arbeitslebens schützen. Zudem sei zu berücksichtigen, dass bei den übrigen Mitarbeitern, die von den Umstrukturierungs- und Rationalisierungsmaßnahmen der GG betroffen gewesen seien, eine Nachkündigung sogleich nach den für die GG erfolglosen arbeitsgerichtlichen Verfahren ausgesprochen worden sei. Dass eine Nachkündigung des Klägers weder zum damaligen Zeitpunkt noch bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung ausgesprochen worden sei, bestätigten die Angaben der GG, dass sie eine Kündigung des Klägers nicht beabsichtige. Mit dem ernstlichen Verlust des Arbeitsplatzes sei nicht zu rechnen. Der Kläger habe insoweit selbst vorgetragen, dass weder während seiner Arbeitsunfähigkeit noch nach dem Wiedereinstieg im November 2011 eine konkrete Gefährdung vorgelegen habe. Ob dem Kläger für die Zeit bis November 2011 wegen seiner auf seiner Behinderung basierenden Arbeitsunfähigkeit die Kündigung konkret gedroht hätte, könne dahinstehen. Denn ein Rechtschutzinteresse, für diesen Zeitraum eine befristete Gleichstellung zu erhalten, sei nicht erkennbar (vgl. BSG, Urteil vom 2. März 2000 – B 7 AL 46/99 R –, juris). Soweit der Kläger vortrage, sein Arbeitsplatz sei zum jetzigen Zeitpunkt genauso wenig gefährdet wie im Jahr 2010 und ihm sei damals trotzdem gekündigt worden, sei auszuführen, dass eine Gleichstellung nicht gewährt werden könne, um einer abstrakten Gefährdung vorzubeugen. Darüber hinaus befinde sich der Kläger in einem unkündbaren Beschäftigungsverhältnis. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) bedürfe es bei Personengruppen mit einem sicheren Arbeitsplatz einer besonderen Prüfung der Gefährdungslage. Umstände, die trotz der bestehenden ordentlichen Unkündbarkeit eine Arbeitsplatzgefährdung durch eine außerordentliche Kündigung begründen könnten, lägen nicht vor. Der Arbeitsplatz des Klägers bleibe nach Auskunft der GG unverändert bestehen. Umstrukturierungsmaßnahmen seien nicht beabsichtigt. Auch eine Verweisung auf einen anderen Arbeitsplatz sei aus Sicht der Kammer aufgrund der vielfältigen durch die GG zu besetzenden Arbeitsplätze grundsätzlich denkbar. Das BSG habe insoweit ausgeführt, dass sich die besonderen Umstände nur ergeben könnten, wenn die Versetzung oder Umsetzung auf einen nicht gleichwertigen Arbeitsplatz drohe. Die Gleichstellung sei auch nicht zur Erlangung eines geeigneten Arbeitsplatzes geboten. Denn es fehle an der erforderlichen Konkurrenzsituation auf dem Arbeitsmarkt, in der die Gleichstellung die Position des Klägers verbessern könnte. § 2 Abs. 3 Alt. 2 SGB IX setze bei Behinderten, die (noch) einen Arbeitsplatz innehätten, voraus, dass sie sich wegen einer unmittelbar bevorstehenden und bereits ausgesprochenen Kündigung schon wieder in einer Konkurrenzsituation auf dem Arbeitsmarkt befänden. Erst dann habe sich eine Gefahr konkretisiert. Diese Voraussetzungen lägen hier jedoch nicht vor.

Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter und trägt ergänzend vor: Er sei im Vergleich zu gesunden Kollegen mit tariflichem Sonderkündigungsschutz aufgrund seiner gesundheitlichen Beeinträchtigung deutlich benachteiligt und müsse deshalb einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden. Sein Arbeitsplatz sei angesichts der bereits einmal ausgesprochenen Kündigung "hochgradig" gefährdet und es würde ihm wenig helfen, wenn er – überrascht von einer Kündigung – erst nach deren Zugang einen Gleichstellungsantrag zu stellen in der Lage wäre.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 11. November 2013 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 14. September 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. März 2011 zu verpflichten, ihn mit Wirkung vom 19. August 2010 einem schwerbehinderten Menschen nach § 2 Abs. 3 SGB IX gleichzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist auf das angegriffene Urteil und trägt ergänzend vor: Es seien keine Umstände, Tatsachen oder gar Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Arbeitsplatz des Klägers gefährdet sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Die Verwaltungsakten der Beklagten (Gleichstellungsakte und Widerspruchsvorgang) sowie die Gerichtsakten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist unbegründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen.

Nach § 2 Abs. 3 SGB IX in der Fassung des SGB IX vom 19. Juni 2001 (BGBl I S. 1046), zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes zur Änderung personenbeförderungsrechtlicher Vorschriften vom 14. Dezember 2012 (BGBl. I S. 2598), sollen behinderte Menschen mit einem GdB von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 SGB IX vorliegen, schwerbehinderten Menschen (mit einem GdB von mindestens 50; § 2 Abs. 2 SGB IX) gleichgestellt werden, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 73 SGB IX nicht erlangen oder nicht behalten können. § 2 Abs. 2 SGB IX knüpft die Schwerbehinderung an einen GdB von 50 sowie den Wohnsitz, gewöhnlichen Aufenthalt oder die rechtmäßige Beschäftigung im Sinne des § 73 SGB IX im Geltungsbereich dieses Gesetzes.

Bei dem Kläger lagen zwar ausweislich des Bescheides des Landesamtes für Gesundheit und Soziales –Versorgungsamt – vom 19. November 2010 von dem Zeitpunkt der Antragstellung (vgl. § 6 Abs. 1 Nr. 1 Schwerbehindertenausweisverordnung) am 1. Juli 2010 die Voraussetzungen für die Feststellung eines GdB von 40 vor. Die in § 2 Abs. 3 SGB IX erwähnten "weiteren Voraussetzungen des Abs. 2" sind unproblematisch erfüllt, weil der in Berlin wohnhafte beschäftigte Kläger - wie von § 2 Abs. 2 SGB IX gefordert - seinen Wohnsitz, seinen gewöhnlichen Aufenthalt oder seine Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne von § 73 SGB IX rechtmäßig im Geltungsbereich des Gesetzbuches hat.

Soweit der Kläger die Gleichstellung zum Behalten seines Arbeitsplatzes begehrt (§ 2 Abs. 3 Alt. 2 SGB IX), ist im Hinblick auf die nach dem Gesetzeswortlaut erforderliche Kausalität unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu prüfen, ob bei wertender Betrachtung in der Behinderung, also gerade in ihrer Art und Schwere, die Schwierigkeit der Erhaltung des Arbeitsplatzes begründet liegt. Bei der erforderlichen Prognose über das Behaltenkönnen des Arbeitsplatzes ist keine absolute Sicherheit erforderlich, sondern es genügt, dass durch eine Gleichstellung der Arbeitsplatz sicherer gemacht werden kann (Götze, in Hauck/Noftz, SGB IX, Stand: 12/12, K § 2 Rn. 55, juris). Das ist in der Regel bereits durch den besonderen Kündigungsschutz nach § 85 SGB IX der Fall. Ist ein behinderter Mensch auf seinem Arbeitsplatz gegenüber nicht behinderten Menschen nicht mehr konkurrenzfähig, so kann diese ungünstige Konkurrenzsituation durch eine Gleichstellung verbessert und somit der Arbeitsplatz sicherer gemacht werden (vgl. Götze, aaO unter Bezugnahme auf die bereits zum Schwerbehindertengesetz ergangene Entscheidung des BSG vom 2. März 2000 - B 7 AL 46/99 R - juris). Dies gilt allerdings im Falle des Klägers - ohne dass es insoweit auf weitere Voraussetzungen ankäme - nicht, weil er bereits ordentlich unkündbar ist. Allerdings scheidet die Gleichstellung unkündbarer Arbeitnehmer nicht generell wegen deren Unkündbarkeit aus (vgl. BSG, Urteil vom 1. März 2011 - B 7 AL 6/10 R - juris). Wie bereits ausgeführt, dient die Gleichstellung zum Erhalt des Arbeitsplatzes dazu, bei einer Arbeitsplatzgefährdung den Arbeitsplatz sicherer zu machen. Deshalb bedarf es einer besonderen Prüfung bei Personengruppen mit einem "sicheren Arbeitsplatz", wie bei Beamten, Richtern auf Lebenszeit und Arbeitnehmern mit besonderem Kündigungsschutz (vgl. BSG aaO). Bei diesen Personengruppen können die allgemeinen Voraussetzungen der Gleichstellung wegen Arbeitsplatzgefährdung zwar vorliegen, es bedarf aber einer besonderen Begründung, warum trotz Kündigungsschutz der Arbeitsplatz nachvollziehbar unsicherer ist als bei einem nichtbehinderten Kollegen. Umstände, die in diesem Sinne trotz bestehender Unkündbarkeit eine Arbeitsplatzgefährdung begründen könnten, liegen jedoch zur Überzeugung des Senats nicht vor. Bereits der Umstand, dass es seit Stellung des Gleichstellungsantrages bis zum Zeitpunkt der Berufungsverhandlung zu keiner Kündigung oder Umsetzung gekommen ist, spricht als Indiz gegen eine Arbeitsplatzgefährdung. Der Arbeitgeber hat auf gerichtliche Anfrage im August 2013 erklärt, dass eine (erneute) Kündigung des Klägers nicht beabsichtigt sei. Umstrukturierungen seien ebenfalls nicht geplant. Angesichts der vom Kläger eingeräumten Entwicklung (seit November 2011 wieder vollzeitig im Unternehmen beschäftigt, keine krankheitsbedingten Fehlzeiten, nach eigener Einschätzung Zufriedenheit des Arbeitgebers mit seiner Leistung) bestehen keinerlei Anzeichen dafür, dass es zu einer Versetzung oder Umsetzung des Klägers in absehbarer Zeit kommen könnte. Soweit der Kläger vorträgt, sein Arbeitsplatz sei zum jetzigen Zeitpunkt genauso wenig gefährdet wie im Jahr 2010 und ihm sei damals trotzdem gekündigt worden, ist darauf hinzuweisen, dass eine solche abstrakte Gefährdung des Arbeitsplatzes für eine Gleichstellung nach § 2 Abs. 3 SGB IX nicht ausreicht. Vielmehr müssen Tatsachen vorliegen, die den Rückschluss zulassen, dass der Arbeitsplatz wegen der Behinderung konkret gefährdet ist (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 12. April 2010 - L 19 AL 51/09- juris).

Soweit der Kläger die Gleichstellung zur Erlangung eines geeigneten Arbeitsplatzes begehrt (vgl. § 2 Abs. 3 Alt. 1 SGB IX) fehlt es jedenfalls für den Zeitraum nach Rücknahme der Kündigung - wie vom SG zutreffend ausgeführt - an der erforderlichen Konkurrenzsituation auf dem Arbeitsmarkt, in der die Gleichstellung die Position des Klägers verbessern könnte.

Dahinstehen kann schließlich, ob der Kläger ab Antragstellung (19. August 2010) bis zur Rücknahme der Kündigung durch die GG (November 2010) die Gleichstellung zum Erlangen eines Arbeitsplatzes oder bis zum Wiederherstellung seiner Arbeitsfähigkeit (November 2011) die Gleichstellung zum Behalten seines Arbeitsplatzes hätte beanspruchen können, denn spätestens mit der Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit des Klägers im November wären die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Gleichstellung des Klägers entfallen und mithin regelmäßig der Grund für eine Verpflichtung zu einer rückwirkenden (befristeten) Gleichstellung (vgl. BSG, Urteil vom 2. März 2000 – B 7 AL 46/99 R - juris). Ein Rechtsschutzinteresse des Klägers für eine befristete Gleichstellung ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved