L 12 AS 1975/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
12
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 14 AS 4159/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AS 1975/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 24. April 2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt höhere Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 1. Dezember 2012 bis 31. Mai 2013, die Feststellung der Rechtswidrigkeit eines Aufhebungsbescheides sowie Schadensersatz.

Die 1955 geborene Klägerin bezieht nach dem Bezug von Arbeitslosenhilfe seit dem 1. Januar 2005 durchgängig Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Sie bewohnt eine 38 m² große Wohnung in P. (Zuständigkeitsbereich der Beklagten), für die eine Kaltmiete von 286,30 EUR anfällt, hinzu kamen im streitgegenständlichen Zeitraum eine Nebenkostenvorauszahlung in Höhe von 32 EUR sowie Kosten für Heizung und Warmwasser in Höhe von 70 EUR. Bei der Wohnung handelt es sich um einen 1990 erfolgten Ausbau. Das Haus verfügt laut Mietvertrag über eine Gemeinschaftsantenne. Außerdem hatte die Klägerin für ihren Stromverbrauch einen Abschlag von 36,00 EUR an die Stadtwerke P. (ab Februar 2013: 39,00 EUR) und für ihren Kabelanschluss an die Kabel BW 18,42 EUR zu zahlen. Die Stadt P. verfügt über einen qualifizierten Mietspiegel, darin ist für Wohnungen der Stufe A3 (Baualtersklasse 3: bezugsfertig ab dem 1. Januar 1960 bis 31. Dezember 1969 – durchschnittliche Wohnlage, durchschnittliche Ausstattung) für Wohnungen unter 60 m² eine Referenzmiete von 5,67 EUR (Mietspiegel 2010) bzw. 5,78 EUR (Mietspiegel 2012, gültig ab 1. März 2013) ermittelt worden.

Mit Schreiben vom 15. Februar 2005 wurde der Klägerin zunächst mitgeteilt, dass ihre Kaltmiete als angemessen betrachtet werden könne. Mit Schreiben vom 19. Dezember 2007, das als "Anhörung nach § 24 SGB X" bezeichnet wurde, wurde sie jedoch darauf hingewiesen, dass die Miete die Angemessenheitsgrenze von 217,80 EUR überschreite. Wenn die Klägerin bis zum 30. Juni 2008 nicht in der Lage sei, die Mietaufwendungen zu senken und ihre Bemühungen hierzu nachweise, würden nach Ablauf der Frist nur noch die angemessenen Kosten der Unterkunft übernommen. Mit Schreiben vom 28. September 2009 wies die Beklagte die Klägerin erneut darauf hin, dass die Kosten der Unterkunft unangemessen seien, angemessen seien lediglich 233,70 EUR. Die tatsächlich Miete werde längstens bis zum 1. April 2010 übernommen.

Mit Bescheid vom 29. Oktober 2012 bewilligte die Beklagte der Klägerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 731,15 EUR für Dezember 2012 bis Mai 2013 (Regelleistung 374,00 EUR, Kaltmiete 255,15 EUR, Nebenkosten 32,00 EUR sowie Heizung von 70,00 EUR). Nicht berücksichtigt wurde der Abschlag für Strom sowie die Kabelgebühren.

Mit Schreiben vom 31. Oktober 2012 erhob die Klägerin Widerspruch gegen die Bewilligung, zur Begründung verwies sie auf ihren Widerspruch vom 4. Juli 2012. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12. November 2012 zurück.

Dagegen hat sich die Klägerin mit ihrer Klage am 16. November 2012 zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) gewandt. Die Unterkunftskosten beliefen sich auf insgesamt 406,42 EUR. Außerdem seien die formellen Vorschriften nicht eingehalten. Gerügt würden auch Verstöße gegen BGB, Betriebskostenverordnung und Grundrechte (insbesondere Artikel 1, 2, 3, 5, 12, 13, 14 GG). Wegen der Vorenthaltung des Existenzminimums sehe sie Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche begründet.

Mit Schreiben vom 10. Januar 2013 legte die Klägerin bei der Beklagten die Abrechnung ihres Stromanbieters vor und forderte die Übernahme der nachgeforderten 50,59 EUR sowie der monatlichen Abschläge von 39,00 EUR ab Februar 2013. Dies lehnte die Beklagte mit Bescheiden vom 11. Januar 2013 ab. Die hiergegen erhobenen Widersprüche wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17. Januar 2013 zurück. Hiergegen hat die Klägerin am 22. Januar 2013 Klage erhoben (S 13 AS 323/13, L 12 AS 3004/13 NZB).

Auf einen Antrag der Klägerin vom 21. Januar 2013 hin, änderte die Beklagte mit Bescheid vom 22. Januar 2013 die Bewilligung für Januar 2013 und berücksichtigte zum einen den erhöhten Regelsatz und zum anderen nachzuzahlende Müllgebühren in Höhe von 24,20 EUR.

Mit Bescheid vom 8. Februar 2013 hob die Beklagte die Leistungen der Klägerin für die Zeit ab 1. Februar 2013 in Höhe von 739,15 EUR auf, da die Klägerin Einkommen oder Vermögen in Form eines Pkw erzielt habe. Hiergegen erhob die Klägerin am gleichen Tag Widerspruch. Mit Widerspruchsbescheid vom 21. Februar 2013 wies die Beklagte den Widerspruch zurück, da der Wert des Autos, das der Vater der Klägerin ihr geschenkt habe, als Einkommen anzurechnen sei. Mit Änderungsbescheid vom 12. März 2013 bewilligte die Beklagte nach einem Beschluss im Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes der Klägerin vorläufig 739,15 EUR für die Monate März bis Mai 2013.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem SG hat die Beklagte anerkannt, dass die Leistungen für die Zeit von März bis Mai 2013 endgültig gewährt würden sowie dass der Bescheid vom 8. Februar 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Februar 2013 aufgehoben und auf eine Rückforderung der Leistungen für Februar verzichtet werde. Die Klägerin hat die Teilanerkenntnisse angenommen. Die Klägerin hat beantragt, "die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 29. Oktober 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. November 2012 sowie in der Fassung des Änderungsbescheides vom 22. Januar 2013 und in der Fassung des Änderungsbescheides vom 12. März 2013 zu verurteilen, ihr den Regelbedarf in voller Höhe und die Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der anfallenden tatsächlichen Kosten, also das volle Arbeitslosengeld II, zu gewähren" sowie festzustellen, dass der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 8. Februar 2013 rechtswidrig gewesen sei.

Mit Urteil vom 24. April 2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Fortsetzungsfeststellungsklage sei mangels Feststellungsinteresse unzulässig. Höhere Unterkunftskosten seien nicht zu gewähren. Auch bestehe kein Anspruch auf die Übernahme der Kosten für Strom und den Kabelanschluss.

Gegen das Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung. Das SG verkenne die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts und des Bundessozialgerichts. Wegen der Themenkreise "Festsetzung der Kaltmiete", "Auslegung des Begriffs Angemessenheit" und "Schadensersatzansprüche" werde eine Verletzung von Artikel 20 Absatz 3 GG sowie der Grundrechte gerügt. Die Beklagte habe den Mietspiegel falsch angewandt. Hinsichtlich der Umzugsbemühungen habe sie mangels korrekt festgesetzter und ermittelter Werte keine rechnerische Grundlage, um eine neue Wohnung zu finden. Außerdem übersehe das Gericht, dass gegenüber Dritten Schadenersatzansprüche begründet werden könnten und dass keine Handlungspflicht ihrerseits bestehe. Für die Fortsetzungsfeststellungsklage bestehe ein Feststellungsinteresse, da sie Schmuck im Wert 105 EUR habe verkaufen müssen. Auch entstünden ihrem Vater nun, da das Auto über ihn versichert sei, höhere Kosten, dieser Betrag werde Namens ihres Vaters geltend gemacht. Auch sehe sie Wiederholungsgefahr. Auf Grund der diskriminierenden Handlungsweise der Beklagten bestehe auch ein Rehabilitationsinteresse.

Die Klägerin beantragt, 1. das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 24. April 2013 aufzuheben, 2. den Bewilligungsbescheid vom 29. Oktober 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. November 2012 sowie den Ablehnungsbescheid vom 11. Januar 2013 (Jahresendabrechnung Strom) mit Widerspruchsbescheid vom 17. Januar 2013 und die Änderungsbescheide vom 22. Januar 2013 (Abfallrechnung) und vom 12. März 2013 (vorläufige Leistungsgewährung) abzuändern und zwar dahingehend, - dass der Klägerin für den Zeitraum von 1. Dezember 2012 bis 31. Mai 2013 der Regelbedarf in voller Höhe und die Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der anfallenden tatsächlichen Kosten, also das volle Arbeitslosengeld II, bewilligt werden, - dass die mit Änderungsbescheid vom 12. März 2013 infolge des Teilanerkenntnisses in erster Instanz vorläufig bewilligten Leistung endgültig bewilligt werden, 3. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin für die Zeit vom 1. Dezember 2012 bis 31. Mai 2013 den Fehlbetrag in Höhe von 496,18 EUR zu bezahlen, 4. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Schadensersatz in vom Gericht festzulegender Höhe, mindestens in Höhe des an den tatsächlichen Leistungen der Grundsicherung fehlenden Betrages zu zahlen, 5. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin auch allen zukünftigen Schaden zu ersetzen, 6. festzustellen, dass der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 8. Februar 2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21. Februar 2013 rechtswidrig war, 7. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin einen Betrag von 105 EUR (verkaufter Schmuck) zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, die Entscheidung des SG sei zutreffend. Der Klageerweiterung um die Schadensersatzansprüche werde nicht zugestimmt. Soweit die Klägerin die Umsetzung des Teilanerkenntnisses verlange, sei dies mit Bescheid vom 23. September 2014 erfolgt.

Mit Bescheid vom 23. September 2014 hat die Beklagte die Leistungen für die Zeit vom 1. März bis 31. Mai 2013 endgültig bewilligt.

Im Termin zu mündlichen Verhandlung hat die Beklagte ein Teilanerkenntnis abgegeben, entsprechend dem ab 1. März 2013 geltenden Mietspiegel 2012 für die Monate März bis Mai 2013 monatlich weitere 4,95 EUR zu gewähren. Dieses hat die Klägerin angenommen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist statthaft. Nach § 144 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in der hier anwendbaren, ab 1. April 2008 geltenden Fassung bedarf die Berufung der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR nicht übersteigt. Zwar übersteigt hinsichtlich der eingeklagten Leistungen für die Zeit von Dezember 2012 bis Mai 2013 der Wert der Beschwer von 496,18 EUR hier 750 EUR nicht, jedoch hat die Klägerin daneben eine Fortsetzungsfeststellungsklage erhoben, deren Wert mindestens mit 739,15 EUR (Erstattungsforderung) zu beziffern ist.

Die Berufung ist jedoch unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf höhere Kosten der Unterkunft (1.), die Fortsetzungsfeststellungsklage hat das SG zu Recht als unzulässig abgewiesen (2.) und die Erweiterung der Berufung um die Schadensersatzansprüche ist nicht zulässig (3.)

1. Kosten der Unterkunft

Streitgegenständlich ist der Bescheid der Beklagten vom 29. Oktober 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. November 2012 in der Fassung der Ablehnungsbescheide vom 11. Januar 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Januar 2013 sowie in der Fassung der Änderungsbescheide vom 22. Januar 2013 und 12. März 2013 sowie in der Fassung des Bescheides vom 23. September 2014. Der Bescheid über die Ablehnung der Übernahme des Abschlags für Strom ist nach § 96 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden, da die Klägerin auch hier die Übernahme der Stromkosten fordert und der Beklagte dies in den Bescheiden jeweils (zumindest konkludent) abgelehnt hat (vgl. auch Beschluss im Verfahren S 13 AS 323/13, L 12 AS 3004/13 NZB). Der Bescheid vom 23. September 2014, mit dem die Leistungen für Marz bis Mai 2013 endgültig gewährt werden, ist nach §§ 96 i.V.m. 153 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden.

Die Beklagte hat eine Wohnungsgröße von 45 m² für die Berechnung der Unterkunftskosten herangezogen und für die Monate Dezember 2012 bis Februar 2013 5,67 EUR / m² entsprechend dem Mietspiegel 2010 sowie für die Monate März bis Mai 2013 5,67 EUR / m² entsprechend dem Mietspiegel 2012 zugrunde gelegt. Auf höhere Kosten der Unterkunft hat die Klägerin keinen Anspruch. Nach § 22 Absatz 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind (Satz 1). Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie als Bedarf des allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft so lange zu berücksichtigen, wie es dem allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate (Satz 3).

Nach inzwischen ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ist die Angemessenheit der tatsächlichen Aufwendungen für eine Wohnung in mehreren Schritten zu prüfen. Nach der in einem ersten Schritt vorzunehmenden Bestimmung der abstrakt angemessenen Wohnungsgröße und des Wohnungsstandards wird in einem zweiten Schritt festgelegt, auf welche konkreten räumlichen Gegebenheiten als räumlichen Vergleichsmaßstab für die weiteren Prüfungsschritte abzustellen ist. Anschließend ist zu ermitteln, wie viel für eine nach Größe und Standard abstrakt als angemessen eingestufte Wohnung auf dem für den Hilfebedürftigen maßgeblichen Wohnungsmarkt aufzuwenden ist. Dabei ist nicht nur auf die tatsächlich am Markt angebotenen Wohnungen abzustellen, sondern auch auf vermietete Wohnungen. Nach der Rechtsprechung des BSG genügt es jedoch insoweit, dass das Produkt aus Wohnfläche und Standard, das sich in der Wohnungsmiete niederschlägt, angemessen ist (zum Ganzen BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 – B 4 AS 30/08 R –, BSGE 102, 263-274, SozR 4-4200 § 22 Nr. 19 und BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 – B 4 AS 27/09 R –, SozR 4-4200 § 22 Nr. 27 sowie BSG, Urteil vom 10. September 2013 – B 4 AS 77/12 R –, SozR 4-4200 § 22 Nr 70 jeweils m.w.N.). Schließlich müssen Wohnungen, die diesen Kriterien entsprechen, auf dem Markt anzumieten sein.

Im ersten Schritt wird normativ und unabhängig von den konkreten örtlichen Gegebenheiten konkretisiert, welche Wohnungsgröße und welcher Wohnungsstandard für Hilfeempfänger bzw. Bedarfsgemeinschaften abstrakt als angemessen anzusehen ist. Angemessen sind danach Aufwendungen für eine Wohnung nur dann, wenn diese nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen genügt und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist, wenn es sich also um eine Wohnung mit bescheidenem Zuschnitt handelt (BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 – B 4 AS 30/08 R –, BSGE 102, 263-274, SozR 4-4200 § 22 Nr. 19; BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 – B 4 AS 27/09 R –, SozR 4-4200 § 22 Nr. 27; BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 14 AS 2/10 R –, juris). Zur Bestimmung der Angemessenheit der Wohnungsgröße ist auf die Werte zurückzugreifen, die die Bundesländer aufgrund von § 10 des Gesetzes über die soziale Wohnraumförderung (WoFG) festgesetzt haben (BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 – B 4 AS 30/08 R –, BSGE 102, 263-274, SozR 4-4200 § 22 Nr. 19; BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 – B 4 AS 27/09 R –, SozR 4-4200 § 22 Nr. 27; BSG, Urteil vom 10. September 2013 – B 4 AS 77/12 R –, SozR 4-4200 § 22 Nr. 70). Nach der zum Vollzug des WoFG und des Wohnungsbindungsgesetzes erlassenen Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums Baden-Württemberg zur Sicherung von Bindung in der sozialen Wohnraumförderung vom 12. Februar 2002 (GABl. 240) in der Fassung vom 22. Januar 2004 (GABl. 248) war für einen Alleinstehenden eine Gesamtwohnfläche von 45 m² angemessen (Nr. 5.7.1. der Verwaltungsvorschrift). Diese Verwaltungsvorschrift ist zwar zum 31. Dezember 2009 außer Kraft getreten. Eine Änderung der abstrakt angemessenen Größen ist hierdurch aber nicht eingetreten (BSG, Urteil vom 13. April 2011 – B 14 AS 106/10 R –, SozR 4-4200 § 22 Nr 46). Aufgrund von § 10 Absatz 5 des die bundesrechtliche Regelung der Wohnraumförderung ablösenden Landeswohnraumförderungsgesetzes vom 11. Dezember 2007 (LWoFG (GBl. S. 581)) ergingen die Durchführungshinweise des Wirtschaftsministeriums des Landes. Diese sehen in Teil 3 Nummer 3 für die maßgebliche Wohnungsgröße für den Wohnberechtigungsschein nach § 15 Absatz 2 Satz 3 LWoFG die bereits in der außer Kraft getretenen Verwaltungsvorschrift genannten Größenstufen vor. Zutreffend hat die Beklagte daher ihrer Berechnung der Referenzmiete (Mietobergrenze) diese Wohnungsgröße zugrunde gelegt, zumal ein zusätzlicher Wohnraumbedarf bei der Klägerin nicht vorliegt.

Als räumlicher Vergleichsmaßstab für die Bestimmung der angemessenen Aufwendungen für eine "einfache Wohnung" ist ausgehend vom Wohnort der Klägerin auf das gesamte Stadtgebiet der Stadt Pforzheim abzustellen, einer Stadt mit ca. 120.000 Einwohnern und einer geschlossenen, einheitlich ausgebauten Infrastruktur (Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg, Beschluss vom 16. Juli 2009 – L 13 AS 2583/09 ER-B – sowie Beschluss vom 19. Oktober 2010 – L 7 AS 3439/10 ER-B).

Ausgehend von der abstrakt angemessenen Wohnungsgröße von 45 m² ist festzustellen, wie hoch die angemessene Miete für Wohnungen einfachen Standards im Vergleichsraum Stadtgebiet P. ist (Referenzmiete/Mietobergrenze). Diese Mietobergrenze ist unter Berücksichtigung der Bedingungen eines existenzsichernden Leistungssystems festzulegen. Sie soll dabei die Wirklichkeit, also die Gegebenheiten auf dem Mietwohnungsmarkt des Vergleichsraums abbilden, denn der Hilfebedürftige soll durch die Leistungen nach § 22 Absatz 1 Satz 1 SGB II in die Lage versetzt werden, sein elementares Grundbedürfnis "Wohnen" zu grundsicherungsrechtlich angemessenen Bedingungen zu befriedigen (BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 – B 4 AS 30/08 R –, BSGE 102, 263-274, SozR 4-4200 § 22 Nr. 19; BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 – B 4 AS 27/09 R –, SozR 4-4200 § 22 Nr. 27; BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 14 AS 2/10 R –, juris). Die Mietobergrenze ist nach der Rechtsprechung des BSG nach einem dies beachtenden schlüssigen Konzept zu ermitteln. Von der Schlüssigkeit eines Konzepts ist nach ständiger Rechtsprechung des BSG auszugehen, sofern die folgenden Mindestvoraussetzungen erfüllt sind (vgl BSG Urteil vom 22.9.2009 – B 4 AS 18/09 RBSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 30; BSG Urteil vom 17.12.2009 – B 4 AS 27/09 R–- SozR 4-4200 § 22 Nr. 27; BSG Urteil vom 20.12.2011 – B 4 AS 19/11 RBSGE 110, 52 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 51; BSG, Urteil vom 10. September 2013 – B 4 AS 77/12 R –, SozR 4-4200 § 22 Nr. 70): • Die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten und muss über den gesamten Vergleichsraum erfolgen, • es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes der Beobachtung, z.B. welche Art von Wohnungen – Differenzierung nach Standard der Wohnungen, Brutto- und Nettomiete (Vergleichbarkeit), Differenzierung nach Wohnungsgröße, • Angaben über den Beobachtungszeitraum, • Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, z.B. Mietspiegel), • Repräsentativität des Umfangs der eingezogenen Daten, • Validität der Datenerhebung, • Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung und • Angaben über die gezogenen Schlüsse (z.B. Spannoberwert oder Kappungsgrenze). Jedoch kann, wenn kein schlüssige Konzept vorliegt, für die Bestimmung der angemessenen Referenzmiete auf einen qualifizierten Mietspiegel nach § 558b des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) zurückgegriffen werden (BSG, Urteil vom 20. Dezember 2011 – B 4 AS 19/11 R –, BSGE 110, 52-62, SozR 4-4200 § 22 Nr. 51 m.w.N.; Luik, in Eicher, SGB II, 3. Auflage 2013, § 22 Rn. 87).

Ein solcher qualifizierter Mietspiegel liegt hier vor und wurde als Grundlage der Ermittlung für die Mietobergrenze für Wohnungen einfachen Standards herangezogen. Er wurde von der Kommunalen Statistikstelle der Stadt nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt; der Mieter- sowie Haus- und Grundbesitzerverein haben dem Mietspiegel zugestimmt. Der Mietspiegel beruht auf einer empirisch tragfähigen Datenbasis. Nach den Ausführungen im Textteil beträgt die maßgebliche Grundgesamtheit, also die Mietspiegel relevanten Unterkünfte, 28.580 Mietwohnungen (Mietspiegel 2010) bzw. 28.810 (Mietspiegel 2012). Mietspiegelrelevant sind nur Mietwohnungen des freien Wohnungsmarktes; nicht erfasst werden preisgebundene oder möblierte Wohnungen sowie Einfamilienhäuser, Heim- oder Werkswohnungen. Nicht eingeflossen sind des Weiteren preisgünstig von Verwandten angemietete Wohnungen. Der Mietspiegel gründet auf einer Zufallsstichprobe nach Statistiksoftware SPSS durch postalische Befragung von 15.000 Haushaltsvorständen (Mietspiegel 2010) bzw. 12.500 (Mietspiegel 2012). Der auswertbare Rücklauf lag bei insgesamt 1.627 also 5,7% der Grundgesamtheit (Mietspiegel 2010) bzw. 1.424 also 4,9% der Grundgesamtheit (Mietspiegel 2012) – jeweils ohne gemietete Einfamilienhäuser. Dabei wurden die Angaben nicht berücksichtigt, wenn die Miethöhe seit mehr als vier Jahren bestand. Mathematisch-statistische Voraussetzungen sind beachtet worden. Die Zufallsstichprobe erfolgte proportional nach Stadtteilen und Postleitzahlbezirken. Damit ist eine gleichmäßige Verteilung über das gesamte Stadtgebiet gewährleistet. Im Tabellenteil des Mietspiegels werden Felder nur dann ausgewiesen, wenn für dieses Feld mindestens 25 erhobene Wohnungen vorlagen. Soweit dies bei den Kriterien Wohnlage und Wohnungsausstattung nicht möglich war, erfolgte die Zusammenlegung benachbarter Felder zu einem gemeinsamen Typ. Die Anfragen und Werte bezogen sich jeweils auf denselben Mietzinstyp, nämlich Grundmiete (Nettokaltmiete ohne Heiz- oder sonstige Betriebskosten). Der Mietspiegel weist in den einzelnen Tabellenfeldern die als arithmetisches Mittel berechneten Durchschnittswerte nach Wohnungstypen aus. Es erfolgt eine jährliche Fortschreibung über empirische Haushaltsbefragungen.

Auch die weitere Methodik erlaubt einen Rückgriff auf die ausgewiesenen Werte für die grundsicherungsrechtliche Fragestellung. Der Mietspiegel unterscheidet zwischen verschiedenen Baualtersklassen. Berücksichtigt wird dabei das sog. "Mietspiegel relevante Baujahr" als die Miethöhe beeinflussender Faktor. Errechnet wird dies aus dem Jahr der Gebäudeerstellung und dem Jahr durchgeführter Sanierungsmaßnahmen, die wiederum nach Sanierungsbereich (z.B. Bad/Sanitär, Heizung/Warmwasser, Elektrik etc.) gewichtet werden. Die Baualtersklasse bietet daher Anhaltspunkte für den Standard der Wohnung. Es erfolgt eine Differenzierung innerhalb der Baualtersklassen nach Wohnungsgröße (unter 60m², 60 bis 80m² und über 80m²). Dabei wurden die Größengruppen aus den Ergebnissen der Untersuchung "Der P.Wohnungsmarkt 2003" abgeleitet und berücksichtigen, dass der Mietpreis je m² im Allgemeinen sinkt, je größer die Wohnung ist. Berücksichtigung finden auch die Wohnlage und -ausstattung. Danach werden drei Kategorien gebildet: gehobene Wohnungsausstattung, durchschnittliche Wohnungsausstattung sowie sog. Einfachwohnungen. Letztere werden über die Kategorien Heizungs- und Sanitärsystem bestimmt. Dies sind Wohnungen, die kein eigenes Bad und/oder kein WC in der Wohnung und/oder einzeln stehende und nicht zentralgesteuerte Öl- oder Kohleöfen haben. Einfachwohnungen können nicht mehr nach Baujahr differenziert werden, sondern nur nach Wohnungsgröße, da dieser Wohnungstyp durch Sanierungsmaßnahmen so selten geworden ist, dass die Grenze von 25 Wohnungen je Kategorie nicht erreicht war.

Die Beklagte hat auch aus der Datengrundlage die richtigen Schlüsse gezogen. Die Beklagte hat die Mietobergrenze (5,67 EUR / m²Mietspiegel 2010 und 5,78 EUR / m² Mietspiegel 2012) gemäß dem Wohnungstyp A 3 herangezogen. Dabei ist zu beachten, dass der im Rahmen der Angemessenheit zu gewährende einfache Wohnungsstandard vorrangig grundsicherungsrechtlich zu bestimmen ist, sich also nicht zwingend mit den in einem Mietspiegel als "einfach" bezeichneten Wohnungen deckt. Das BSG spricht insoweit nur davon, dass die Wohnung nach Ausstattung und Lage einfachen und grundlegenden Bedürfnissen genügen muss, also im "unteren Segment" liegt (so schon BSG, Urteil vom 07. November 2006 – B 7b AS 10/06 R –, BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 2). Auf den "untersten" Bereich ist also nicht abzustellen (vgl ... LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29. April 2010 - L 9 AS 58/08 - juris). Es geht auch nicht um die Gewährung nur eines grundrechtlich verbürgten Mindestanspruches, so dass der Vergleich mit dem Standard von Obdachlosenunterkünften fehl geht. Eine Unterkunft in einer Obdachlosensiedlung oder einem Obdachlosenheim stellt zumindest auf Dauer gerade keine ausreichende Unterkunft im grundsicherungsrechtlichen Sinne dar (Lang/Link, in Eicher, SGB II, 3. Auflage 2013, § 22 Rn. 37). In gleicher Weise kann zur Bestimmung eines einfachen Standards nicht auf die Ausstattung von Studentenwohnheimen verwiesen werden (LSG Baden-Württemberg Beschluss vom 19. Oktober 2010 – L 7 AS 3439/10 ER-B). Die Mietobergrenze – als Ausdruck des einfachen Standards – ist vielmehr unter Berücksichtigung der "Bedingungen eines existenzsichernden Leistungssystems" festzulegen; der Hilfebedürftige muss in die Lage versetzt werden, sein elementares Grundbedürfnis Wohnen gerade "zu grundsicherungsrechtlich angemessenen Bedingungen" zu befriedigen (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 – B 4 AS 27/09 R –, SozR 4-4200 § 22 Nr. 27). Ziel des grundsicherungsrechtlichen Leistungssystems des SGB II ist es auch hinsichtlich der Unterkunft, das "soziokulturelle Existenzminimum" des Einzelnen sicherzustellen (BSG, Urteil vom 20. August 2009 – B 14 AS 65/08 R –, SozR 4-4200 § 22 Nr. 26; BSG, Urteil vom 20. August 2009 – B 14 AS 41/08 R – juris). Vergleichbar der im Rahmen der Regelleistung vorzunehmenden Differenzierung zwischen dem soziokulturellen Existenzminimum und dem zum Leben Unerlässlichen ist auch für die Angemessenheit des Wohnbedarfs davon auszugehen, dass es auf die in der Referenzgruppe unterer Einkommensgruppen herrschenden wohnraumbezogenen Lebensgewohnheiten ankommt (Luik, in Eicher, SGB II, 3. Auflage 2013, § 22 Rn. 40c). Im Rahmen der Regelleistung erfolgt eine Orientierung an den unteren 20% der Einkommensbezieher (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 19. Oktober 2010 – L 7 AS 3439/10 ER-B). Auch das BSG hat darauf hingewiesen, dass sich der Maßstab dessen, was Hilfeempfänger von der Allgemeinheit beanspruchen können, auch daran orientieren muss, was sich Menschen, die ihren Lebensunterhalt durch Einkommen selbst verdienen, in einem vergleichbaren Wohnumfeld leisten können und wollen (BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 – B 4 AS 30/08 R –, BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 19, dort aber in limitierendem Sinne).

Diesen Vorgaben entspricht die seitens der Beklagten herangezogene Kategorie A 3 als Berechnungswert. Bei Kategorie A 3 handelt sich nicht um Einfachwohnungen, sondern um Wohnungen in durchschnittlicher Wohnlage mit durchschnittlicher Ausstattung, die erstmals zwischen 1. Januar 1960 und 31. Dezember 1969 bezugsfertig waren. Die Heranziehung der Baualtersgruppe begegnet keinen Bedenken, da nach dem Mietspiegel Sanierungen in die Bestimmung der Mietspiegel relevanten Baualtersgruppe eingeflossen sind. Die Baualtersgruppe lässt daher Rückschlüsse auf die Wohnungsausstattung zu (vgl. BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 – B 4 AS 30/08 R –, BSGE 102, 263-274, SozR 4-4200 § 22 Nr. 19; BSG, Urteil vom 13. April 2011 – B 14 AS 106/10 R –, SozR 4-4200 § 22 Nr. 46; LSG Baden-Württemberg Beschluss vom 19. Oktober 2010 – L 7 AS 3439/10 ER-B). Des Weiteren können die im Mietspiegel ausgewiesenen Kategorien der Wohnungsgröße zugrunde gelegt werden (hier Wohnungen unter 60 m²), auch wenn sie nicht exakt den oben dargestellten abstrakten Wohnungsgrößen für die jeweilige Bedarfsgemeinschaft entsprechen (BSG, Urteil vom 20. August 2009 – B 14 AS 65/08 R –, SozR 4-4200 § 22 Nr 26 sowie Urteil vom 20. August 2009 – B 14 AS 41/08 R- juris; LSG Baden-Württemberg Beschluss vom 19. Oktober 2010 – L 7 AS 3439/10 ER-B). Soweit die Klägerin meint, die Beklage habe den Mietspiegel falsch angewandt, da ihre Wohnung nicht der Baualtersklasse 3 unterfalle, verkennt sie, dass diese Baualtersklasse lediglich herangezogen wurde, um die abstrakt angemessene Kaltmiete zu ermitteln.

Die Kategorie "bis Baualtersgruppe 3" umfasst auch ausreichend Wohnungen. Im Mietspiegel 2012 werden für Wohnungen unter 60 m² insgesamt mit durchschnittlicher (teilweise gehobener) Ausstattung in durchschnittlicher (teilweise gehobener) Lage 342 Wohnungen erfasst, hiervon entfallen 204 auf Wohnungen der Kategorie "bis Baualtersklasse 3", dies sind mehr 50 % der in diesem Segment erfassten Wohnungen. Im Mietspiegel 2010 sind 111 von 268 der Kategorie "bis Baualtersklasse 3" zuzuordnen. Der Senat kann somit davon ausgehen, dass mit der Miete entsprechend dem Wert A 3 eine angemessene Wohnung auch tatsächlich angemietet werden kann. Darüber hinaus kann, wenn ein qualifizierter Mietspiegel vorliegt, der in einem wissenschaftlich gesicherten Verfahren aufgestellt wurde, davon ausgegangen werden, dass es in ausreichendem Maße Wohnungen zu diesem abstrakt angemessenen Quadratmeterpreis im örtlichen Vergleichsraum gibt (BSG, Urteil vom 13. April 2011 – B 14 AS 106/10 R –, SozR 4-4200 § 22 Nr. 46). Eine generelle Wohnungsnot besteht in Deutschland nicht (vgl. BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 – B 4 AS 30/08 R –, BSGE 102, 263-274, SozR 4-4200 § 22 Nr. 19; LSG Baden-Württemberg Beschluss vom 19. Oktober 2010 – L 7 AS 3439/10 ER-B). Durch Leistungen nach § 22 Absatz 1 Satz 1 SGB II i.H.v. 255,15 EUR bzw. ab 1. März 2013 von 260,01 EUR (Nettokaltmiete) ist die Klägerin somit in der Lage, ihr elementares Grundbedürfnis "Wohnen" zu grundsicherungsrechtlich angemessenen Bedingungen zu befriedigen.

Ein Anspruch der Klägerin auf Übernahme ihrer tatsächlichen Kosten der Unterkunft käme somit nur in Betracht, wenn sie auf dem Wohnungsmarkt tatsächlich im streitigen Zeitraum eine angemessene Wohnung konkret nicht anmieten kann. Grundsätzlich trifft den Hilfebedürftigen eine Obliegenheit zur Kostensenkung. Nur wenn Kostensenkungsmaßnahmen nicht möglich oder subjektiv nicht zumutbar sind, werden die – unangemessenen – Kosten in voller Höhe übernommen (statt vieler: BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 – B 4 AS 30/08 R –, BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 19). Aufgrund der oben bereits genannten Umstände kann eine objektive Unmöglichkeit nach der Lage des Wohnungsmarktes nicht angenommen werden. Die Klägerin hat Abweichendes nicht durch – erfolglose – Bemühungen um eine kostenangemessene Unterkunft belegt. Vielmehr hat sie angegeben, keine Handlungspflicht zu erkennen.

Aufgrund des in § 22 Absatz 1 Satz 3 SGB II normierten Regel-Ausnahme-Verhältnisses bleibt die Erstattung nicht angemessener Kosten der Unterkunft der begründungspflichtige Ausnahmefall (LSG Baden-Württemberg Beschluss vom 19. Oktober 2010 – L 7 AS 3439/10 ER-B). Die Einbindung in das bisherige soziale Umfeld wird bereits durch die Einschränkung des räumlichen Vergleichsraumes auf das Stadtgebiet berücksichtigt. Der Vortrag der Klägerin, bei einem Auszug aus der jetzigen Wohnung Ansprüche, insbesondere Schadenersatzansprüche gegen ihren derzeitigen Vermieter zu verlieren, begründet keine subjektive Unzumutbarkeit des Wohnungswechsels. Die Klägerin kann auch nicht mit Erfolg einwenden, sie habe sich ihren höheren Lebensstandard unter Einsatz des eigenen Vermögens und Arbeit selbst erworben. Maßgeblich ist allein, dass die Klägerin derzeit zur Sicherung ihres Lebensunterhaltes auf die steuerfinanzierte Grundsicherungsleistung angewiesen ist, was wiederum den ihr in diesem Rahmen gesetzlich eingeräumten Lebens- und Wohnungsstandard bestimmt. Durch die Übernahme lediglich der grundsicherungsrechtlich angemessenen Aufwendungen aus einem Mietverhältnis wird entgegen der Auffassung der Klägerin nicht in eine grundrechtlich geschützte Eigentumsposition eingegriffen.

Auch unzutreffende Angaben des Grundsicherungsträgers zur Angemessenheit des Wohnraums können einen Anspruch auf Übernahme zu hoher Kosten der Unterkunft begründen, wenn diese Angaben zur Unmöglichkeit von Kostensenkungsmaßnahmen führen, weil der Hilfebedürftige mit "falschen" Parametern oder auf dem "falschen" Wohnungsmarkt sucht und aufgrund dessen keine Wohnung zur Referenzmiete finden kann (BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 – B 4 AS 30/08 R –, BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 19; LSG Baden-Württemberg Beschluss vom 19. Oktober 2010 – L 7 AS 3439/10 ER-B). Dies kann der Fall sein, wenn über die Mitteilung der Mietobergrenze hinaus unrichtige Richtgrößen (z.B. zu hohe m²-Zahl) genannt werden. Mit Schreiben vom 28. September 2009 hat die Beklagte die Klägerin zur Kostensenkung aufgefordert und darüber in Kenntnis gesetzt, dass sie als angemessene Miete einen Betrag i.H.v. 223,70 ("Kaltmiete") ansehe, die tatsächliche Kaltmiete diesen Betrag mithin um 62,30 EUR übersteige. Der Begriff der "Kaltmiete" wird zwar nicht näher erläutert. Es wird aber erläutert, dass Grundlage der Berechnung der Mietspiegel sei. Bei Zweifeln hätte die Klägerin somit entweder die Beklagte um Konkretisierung bitten oder den Mietspiegel einsehen können. Ohnehin lässt sich aus dem angegebenen Differenzbetrag ohne Weiteres ersehen, dass die Beklagte von einer tatsächlichen Kaltmiete von 286,30 EUR ausgeht. Die Klägerin konnte somit erkennen, was Kaltmiete bedeutet. Fehlerhaft dürfte die Kostensenkungsaufforderung somit (nur) hinsichtlich der mitgeteilten Mietobergrenze sein. Jedoch ist nicht davon auszugehen sein, dass die Klägerin bislang auf dem falschen Wohnungsmarkt erfolglos gesucht hat. Jedenfalls stellt die fehlerhafte Mitteilung nicht die wesentliche Ursache (vgl. hierzu Bay. LSG, Urteil vom 25. Januar 2008 – L 7 AS 93/07 – , juris) dafür dar, dass die Klägerin noch keine günstigere Wohnung gefunden hat. Dies beruht vielmehr auf der Auffassung der Klägerin, zur Suche einer günstigeren Wohnung nicht verpflichtet zu sein.

Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Übernahme der Abschlagszahlungen für Strom in Höhe von 36,00 EUR bzw. 39,00 EUR. Entgegen der Auffassung der Klägerin handelt es sich bei Haushaltsstrom um einen Teil der Regelleistung. Dies ergibt sich aus § 5 Absatz 1 des Regelbedarfsermittlungsgesetzes (RBeG). § 5 Absatz 1 RBeG nennt in Abteilung 4 u.a. Ausgaben für Energie. Aus der Begründung zu § 4 RBeG ergibt sich, dass Strom (mit Ausnahme von Heizstorm) dem Regelbedarf unterfallen soll (BRDrs. 661/10, S. 94). Soweit die Klägerin hierin einen Verstoß gegen das Urteile Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 9. Februar 2010 (u.a. 1 BvL 1/09) sieht, ist darauf hinzuweisen, dass das BVerfG die Regelsätze in seinem Beschluss vom 23. Juli 2014 (u.a. 1 BvL 10/12) als verfassungskonform erachtet hat. Die seitens der Klägerin immer wieder zitierte Entscheidung des Bundessozialgerichts B 14 AS 151/10 R erfasst die völlig andere Konstellation einer Pauschalmiete.

Auch die Kosten für einen Kabelanschluss kann die Klägerin nicht verlangen. Hinsichtlich der Kabelanschlusskosten ist bereits ein Urteil des BSG zwischen den Beteiligten ergangen (Urteil vom 29. Februar 2009 – B 4 AS 48/08). Zwar hat diese Entscheidung nur Bindungswirkung für den damaligen Bewilligungsabschnitt, jedoch ist nicht ersichtlich, inwieweit sich die Situation seit damals geändert haben könnte. Aus dem Mietvertrag ergibt sich, dass die Klägerin Kosten für die Nutzung einer Gemeinschaftsantenne zu tragen hat, diese werden von der Beklagten übernommen.

Insgesamt hat die Klägerin keinen Anspruch auf höhere Kosten der Unterkunft.

2. Fortsetzungsfeststellungsklage

Das SG hat die Fortsetzungsfeststellungsklage zu Recht mangels Feststellungsinteresse als unzulässig abgewiesen. Durch die beiden Anerkenntnisse im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem SG hat sich die Aufhebung der Bewilligung erledigt. Die Umstellung auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage kommt nach § 131 Absatz 1 Satz 3 SGG dann in Betracht, wenn der Kläger ein berechtigtes Fortsetzungsfeststellungsinteresse hat (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 22.04.2013 - L 19 AS 149/13). Ein solches Feststellungsinteresse kommt in Betracht bei Wiederholungsgefahr, Rehabilitationsinteresse und Präjudiziabilität für einen anderen Rechtsstreit. (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13.02.2012 - L 19 AS 1996/11). Für das berechtigte Interesse reicht es aus, wenn der Kläger entsprechende Tatsachen vorträgt, ohne dass große Anforderungen an die Substantiierungspflicht bestehen (BSG, Urteil vom 28.08.2007 - B 7/7a AL 16/06 R; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13.02.2012 - L 19 AS 1996/11; Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG 10. Auflage 2012 § 131 SGG Rn. 10). Ein solches Feststellungsinteresse liegt jedoch nicht vor. Wiederholungsgefahr ist in diesem Zusammenhang die Gefahr, dass in naher Zukunft bei im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen ein gleichartiger Verwaltungsakt erlassen wird (BSG, Urteil vom 14. Februar 2013 – B 14 AS 195/11 R –, BSGE 113, 70 = SozR 4-4200 § 15 Nr 2; Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG 10. Auflage 2012 § 131 SGG Rn. 10b); dies liegt angesichts des Anerkenntnisses der Beklagten nicht vor. Präjudiziabilität für einen anderen Rechtsstreit liegt ebenfalls nicht vor, da der Amtshaftungsprozess, den die Klägerin anzustreben scheint und für den Vorgreiflichkeit bestehen könnte, noch nicht anhängig ist. Soweit die Klägerin ein Rehabilitationsinteresse geltend macht, ist ein solches ebenfalls nicht gegeben. Um ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse zu begründen, muss der Verwaltungsakt ein Bedürfnis nach Genugtuung auf Grund diskriminierenden Verwaltungshandelns und diesen innewohnende Beeinträchtigungen des Persönlichkeitsrechts (bzw. des mit Persönlichkeitsrechten der Kinder korrespondierenden elterlichen Erziehungsrechts) oder sonstiger grundrechtsgeschützter ideeller Interessen auslösen (BVerwG, Beschluss vom 3. März 2005 – 2 B 109/04 –, juris). Hierzu hat die Klägerin nichts Konkretes dargetan, allein der Vortrag, der Verwaltungsakt sei rechtswidrig und verletzte sie dadurch in ihren Grundrechten, ist hierzu nicht ausreichend. Im Übrigen wird nach § 153 Absatz 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen und nach eigener Prüfung durch den Senat auf die zutreffenden Ausführungen des SG Bezug genommen.

3. Schadensersatzansprüche

Soweit die Klägerin Schadensersatzansprüche geltend macht, liegt eine Klageerweiterung (§ 99 i.V.m. § 153 SGG) vor. Sie Klägerin hatte ausweislich der Niederschrift vor dem SG nur beantragt, "die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 29. Oktober 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. November 2012 sowie in der Fassung des Änderungsbescheides vom 22. Januar 2013 und in der Fassung des Änderungsbescheides vom 12. März 2013 zu verurteilen, ihr den Regelbedarf in voller Höhe und die Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der anfallenden tatsächlichen Kosten, also das volle Arbeitslosengeld II, zu gewähren" sowie festzustellen, dass der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 8. Februar 2013 rechtswidrig gewesen sei. Schadensersatzansprüche, wie in der Klageschrift noch enthalten, wurden im Termin vor dem SG nicht geltend gemacht. Eine solche Klageänderung ist jedoch nach § 99 SGG nur zulässig, wenn die übrigen Parteien, in diesem Fall die Beklagte, einwilligt oder die Änderung sachdienlich ist. Die Beklagte hat ihre Zustimmung explizit verweigert. Darüber hinaus ist die Klageänderung auch nicht sachdienlich.

Insgesamt war daher die Berufung zurückzuweisen.

Der ebenfalls Gegenstand des Verfahrens gewordene Bescheid vom 23. September 2014, mit dem die vorläufig gewährten Leistungen endgültig gewährt wurden, ist ebenfalls rechtmäßig. Die Beklagte hat die Kosten der Unterkunft in diesem Bescheid, den o.g. Kriterien entsprechend berechnet. Dieser Bescheid erledigt auch den Antrag Ziffer 2 2. Spiegelstrich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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