L 11 R 2662/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 18 R 404/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 2662/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Zustimmungserklärung nach § 7a Abs 6 Nr 1 SGB IV ist eine öffentliche-rechtliche Willenserklärung, die entsprechend § 183 BGB bis zur Bestandskraft der Entscheidung der DRV Bund widerrufen werden kann.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 15.03.2013 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird endgültig auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Streitig ist, ob der Beigeladene zu 1) bei der Klägerin im Zeitraum 01.12.2006 bis 31.12.2008 abhängig beschäftigt war und ob Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) in der gesetzlichen Rentenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung vorlag.

Die Klägerin betreibt in der Rechtsform einer gemeinnützigen GmbH ein interdisziplinäres Therapiezentrum für Kinder- und Jugendreha und für Mutter/Vater-Kind-Kuren in F ... Der Beigeladene zu 1) ist Diplom Krankenhausbetriebswirt. Bis September 2006 war er bei verschiedenen Arbeitgebern versicherungspflichtig beschäftigt, anschließend machte er sich als Berater im Gesundheitswesen selbstständig. Hierfür gewährte die Bundesagentur für Arbeit (Beigeladene zu 3) einen Gründungszuschuss nach § 57 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) für die Zeit vom 10.10.2006 bis 09.07.2007 (Bescheid vom 27.10.2006).

Zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1), der nicht Gesellschafter der Klägerin war, wurde folgender Geschäftsführeranstellungsvertrag geschlossen: § 1 Beginn und Beendigung der Tätigkeit 1. Herr H wird mit Wirkung vom 01.12.2006 – befristet bis 31.12.2008 – als Geschäftsführer eingestellt. 2. Das Dienstverhältnis kann vorzeitig durch ordentliche Kündigung beendet werden. Die Kündigung hat mit einer Frist von sechs Monaten zum Ende eines Kalendermonats zu erfolgen. Sie bedarf der Schriftform. 3. Die Bestellung zum Geschäftsführer kann durch Beschluss der Gesellschafterversammlung jederzeit widerrufen werden. Der Widerruf gilt als Kündigung des Dienstvertrags zum nächst zulässigen Termin. § 2 Aufgaben und Pflichten 1. Herr H ist durch Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 16.11.2006 mit Wirkung vom 01.12.2006 zum Geschäftsführer bestellt worden. Er führt die Geschäfte der GmbH eigenverantwortlich und ist nicht dem Direktionsrecht der GmbH unterworfen. 2. Herr H vertritt die GmbH allein und ist von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit. 3. Die Einstellung von Herrn H erfolgt mit der Zielsetzung der Steigerung der Auslastung, der Finanzkraft sowie des "Standings" entsprechend der Planung vom 16.11.2006. Im Rahmen seiner Kompetenz hat Herr H insbesondere Zugriff auf alle Personen im Vertriebsbereich, auf die Chefärzte, auf die EDV sowie auf das übrige Personal im Rahmen der Vertriebsaktivitäten. In diesem Zusammenhang ist Herr H auch berechtigt, Entscheidungen über alle notwendigen Sachaufwendungen zu treffen. § 3 Nebentätigkeit und Wettbewerb 1. Herr H ist es im Rahmen seiner Tätigkeit als Berater im Gesundheitswesen gestattet, für weitere Auftraggeber tätig zu sein. Er verpflichtet sich, mindestens 24 Stunden/Woche für die GmbH tätig zu sein. 2. Herr H ist untersagt, sich während der Dauer des Anstellungsvertrags an einem Unternehmen zu beteiligen, das mit der GmbH in Konkurrenz steht oder im wesentlichen Umfang Geschäftsbeziehungen mit der GmbH unterhält. § 4 Vergütung 1. Herr H erhält als Vergütung für die Tätigkeit: - Ein im Nachhinein fälliges Bruttomonatsgehalt von EUR 5.000,00 - Außerdem 10% der erwirtschafteten Pacht pro Jahr. Dieser Betrag wird einen Monat nach Feststellung des Jahresabschlusses zur Zahlung fällig. § 5 Verschwiegenheitsverpflichtung. § 6 Sonstiges.

Mit Nachtrag zum Geschäftsführeranstellungsvertrag vom 27.02.2007 verpflichtete sich der Beigeladene zu 1), mindestens 40 Stunden/Woche für die GmbH tätig zu sein, dafür wurde das feste Bruttomonatsgehalt auf 8.300,00 EUR erhöht. Hintergrund war, dass der Beigeladene zu 1) ab 01.03.2007 alleiniger Geschäftsführer war nach dem Ausscheiden von Herrn L ... Die Klägerin führte für den Beigeladenen zu 1) keine Sozialversicherungsbeiträge ab und entrichtete keine Lohnsteuer, die Vergütung wurde als Betriebsausgabe verbucht.

Am 20.12.2006 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status des Beigeladenen zu 1) ab 01.12.2006. Der Beigeladene zu 1) gab hierbei an, dass er keinem Direktionsrecht der Gesellschaft unterliege, sich Urlaub nicht genehmigen lassen müsse und dass Gehalt im Falle der Arbeitsunfähigkeit unbefristet weiter geleistet werde. Er beantragte die Feststellung, dass ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis nicht vorliege und stimmte für den Fall der Feststellung eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses zu, dass der Beginn der Versicherungspflicht erst mit Bekanntgabe des Bescheids eintrete (Erklärung vom 01.03.2007, eingegangen bei der Beklagten am 12.03.2007).

Über diesen Antrag entschied zunächst die Barmer Ersatzkasse mit Bescheid vom 14.07.2007 und stellte das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung fest. Auf Klage des Beigeladenen zu 1) hob das Sozialgericht Freiburg (SG) den Bescheid der Barmer Ersatzkasse in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.02.2008 mit Urteil vom 22.01.2009 (S 11 KR 1142/08) auf, da die Krankenkasse für die Entscheidung über den Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status nicht zuständig gewesen sei.

Nach Anhörung (Schreiben vom 01.02.2010) stellte die Beklagte mit Bescheiden vom 30.03.2010 gegenüber dem Beigeladenen zu 1) und der Klägerin fest, dass die Tätigkeit ab 01.12.2006 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde. Der Beigeladene zu 1) sei an der GmbH nicht beteiligt und könne daher keinen Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft nehmen. Er habe auch keine Sperrminorität oder Vetorecht. Es bestehe ein gesonderter Arbeitsvertrag. Angesichts der Zahlung fester Bezüge trage der Beigeladene zu 1) kein Unternehmerrisiko.

Die Klägerin legte Widerspruch ein und machte geltend, dass die Versicherungspflicht erst mit Bekanntgabe des Bescheids beginne.

Am 06.07.2010 ging bei der Beklagten der dem Beigeladenen zu 1) zugesandte Vordruck zu Angaben zur Versicherungspflicht ein; der Beigeladene zu 1) hatte angekreuzt, dass er dem Beginn der Versicherungspflicht erst mit Bekanntgabe des Bescheids nicht zustimme.

Mit weiteren Bescheiden vom 13.10.2010 an die Klägerin und den Beigeladenen zu 1) änderte die Beklagte die Bescheide vom 30.03.2010 dahin ab, dass in der seit 01.12.2006 ausgeübten Tätigkeit als Geschäftsführer Versicherungsfreiheit in der Krankenversicherung und Versicherungspflicht in der Renten- und Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe.

Mit Widerspruchsbescheid vom 13.01.2011 wies die Beklagte sodann den Widerspruch der Klägerin zurück. Der Beginn der Versicherungspflicht richte sich grundsätzlich nach dem Tag der Aufnahme der Beschäftigung. Die Voraussetzungen für einen späteren Beginn seien nicht erfüllt, da der Beigeladene zu 1) dem ausdrücklich nicht zustimme.

Hiergegen richtet sich die am 24.01.2011 zum SG erhobene Klage. Die Versicherungspflicht trete frühestens mit Bekanntgabe des Bescheids vom 30.03.2010 ein, da der Beigeladene zu 1) mit Erklärung vom 01.03.2007 dem späteren Eintritt zugestimmt habe. Hierbei handele es sich mittelbar um eine Verzichtserklärung nach § 46 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I), die grundsätzlich nur mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden könne. Ein Widerruf im Juli 2010 könne daher keinen Einfluss auf die Versicherungspflicht der bereits beendeten Tätigkeit haben. Es widerspräche auch dem Sinn und Zweck der Statusfeststellung, wenn man einen nachträglichen Widerruf der Zustimmungserklärung zu Lasten der Klägerin zuließe, die den Antrag innerhalb der einmonatigen Amnestiefrist gestellt habe. Zudem sei der Beigeladene zu 1) nicht versicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Er habe Weisungsbefugnis sogar gegenüber Chefärzten gehabt und sei bereits als freiberuflicher Berater im Gesundheitswesen tätig gewesen. Dazu habe der Beigeladene zu 1) einen eigenen Firmenbriefkopf unter der Bezeichung "H. H. Management" geführt und eine eigene Internetseite betrieben. Er habe das Unternehmen tatsächlich geleitet, die Gesellschafter seien mangels Fachwissens dazu nicht in der Lage gewesen. Faktisch habe die Beschäftigung zum 31.07.2008 geendet.

Das SG hat in der mündlichen Verhandlung am 15.03.2013 den Geschäftsführer der Klägerin und den Beigeladenen zu 1) persönlich angehört. Der Beigeladene zu 1) hat ausgeführt, dass die Einrichtung wegen wirtschaftlicher Probleme seit Jahren die Pacht für Gebäude und Grundstück nicht mehr entrichtet habe. Als Bonus für ihn sei vereinbart worden, dass er 10% erhalte, wenn die Klägerin wieder Pachtzahlungen leiste. Dieser Betrag iHv 16.500,00 EUR habe nach einem Urteil des Landgerichts Freiburg an ihn ausgezahlt werden müssen, was aber nicht geschehen sei. Im Tagesgeschäft sei er grundsätzlich selbst entscheidungsbefugt gewesen im Rahmen des Sanierungsprogramms. Allerdings habe es bei der Gesellschafterversammlung Rückfragen gegeben, dort sei im Grunde jeder Posten der betriebswirtschaftlichen Abrechnung durchgesprochen worden. Gegen Ende seiner Tätigkeit sei auch ein Managementunternehmen eingeschaltet worden, wobei es sich um den Vermieter der Immobilie gehandelt habe. Mit diesem seien dann auch Belegungstage, Personal oder Sachkosten besprochen worden. Damals sei Hintergrund des Statusfeststellungsverfahrens eine beabsichtigte Kostenersparnis für die Klägerin gewesen. Ihm selbst seien damals weitere Rentenansprüche nicht wichtig erschienen. Zu dem Zeitpunkt sei die Selbstständigkeit für ihn wichtig gewesen. Er sei auch für andere Unternehmen tätig gewesen; der zeitliche Aufwand für die Klägerin sei nicht so hoch gewesen, dies habe sich erst später geändert.

Mit Urteil vom 15.03.2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) sei als abhängige Beschäftigung anzusehen und der Beigeladene zu 1) versicherungspflichtig in der sozialen Pflegeversicherung, der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung. Der Beigeladene zu 1) sei an der klägerischen GmbH nicht beteiligt und es liege auch kein Ausnahmefall vor, in dem ein externer Geschäftsführer selbstständig tätig sei. Der Beigeladene zu 1) habe gerade nicht "schalten und walten" können, wie er gewollt habe. Zwar habe er im Geschäftsführeranstellungsvertrag umfangreiche Rechte im Betrieb der Klägerin eingeräumt bekommen, aber gerade kein Vetorecht gegen die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung. Die Abhängigkeit von der Gesellschafterversammlung zeige sich auch darin, dass die Gesellschafter kurz vor Beendigung der Beschäftigung die Zusammenarbeit mit einem Beratungsunternehmen beschlossen hätten, obwohl der Beigeladene zu 1) hiermit nicht einverstanden gewesen sei. Die Bestellung zum Geschäftsführer habe zudem jederzeit widerrufen werden können. Die Klägerin sei auch nicht vom Fachwissen des Beigeladenen zu 1) abhängig gewesen. Dieser Vortrag werde schon durch die Ereignisse im Zusammenhang mit der Beendigung der Beschäftigung widerlegt. Die faktische Beendigung sei fünf Monate vor Ende des Geschäftsführervertrags in Folge einer Streitigkeit zwischen den Gesellschaftern der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1) über die zukünftige Ausrichtung der Klägerin und die zu zahlende Vergütung erfolgt. Ohne eigenes Fachwissen der Gesellschafter und eine gewisse Weisungsabhängigkeit wäre eine solche Streitigkeit nicht vorstellbar. Es fehle auch an unternehmerischem Risiko des Beigeladenen zu 1), denn dieser habe eine feste Vergütung erhalten. Eigenes Kapital habe er nicht eingesetzt. Der Versicherungspflicht ab 01.12.2006 stehe auch nicht § 7a Abs 6 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) entgegen. Danach trete die Versicherungspflicht mit der Bekanntgabe des Bescheids ein, wenn der Antrag nach § 7a SGB IV innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Beschäftigung gestellt werde, der Beschäftigte zustimme und für den Zeitraum zwischen Aufnahme der Beschäftigung und der Entscheidung eine Absicherung gegen das finanzielle Risiko von Krankheit und zur Altersvorsorge vorgenommen habe, die den Leistungen der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung entspreche. Hier seien keine Nachweise für eine entsprechende Absicherung des Beigeladenen zu 1) vorgelegt worden. Zudem sei die Zustimmung nach § 7a Abs 6 SGB IV keine Verzichtserklärung, sondern eine eigene Form der Zustimmung. Sie könne jederzeit bis zur Bestandskraft der Entscheidung widerrufen werden. Dem Arbeitnehmer müsse möglich sein, auf veränderte tatsächliche Umstände wie die Dauer des Statusfeststellungsverfahrens, seine eigene berufliche, wirtschaftliche und persönliche Situation oder Veränderungen in seinem privaten Versicherungsschutz zu reagieren.

Gegen das ihrem Bevollmächtigten am 13.06.2013 zugestellte Urteil richtet sich die am 28.06.2013 eingelegte Berufung der Klägerin. Zu Unrecht habe das SG die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) bejaht. Zwar habe die Bestellung zum Geschäftsführer jederzeit widerrufen werden können, dieser Regelung komme jedoch keine starke Indizwirkung zu, da die Aufgabe des Beigeladenen zu 1) als Interimsgeschäftsführer ausschließlich darin bestanden habe, in einem befristeten Zeitraum das Unternehmen der Klägerin zu sanieren. Der Beigeladene zu 1) habe für seine Tätigkeit ein Honorar erhalten, welches er unter Ausweis der Mehrwertsteuer in Rechnung gestellt habe. Die Umstände ließen keinen Zweifel daran, dass die Beteiligten keinen Arbeitsvertrag schließen wollten, sondern übereinstimmend von einer selbstständigen Tätigkeit ausgegangen seien. Indiz hierfür sei auch, dass der Beigeladene zu 1) den Rechtsstreit gegen die ausgesprochene fristlose Kündigung vor dem Landgericht und nicht dem Arbeitsgericht geführt habe. Es fehle auch nicht am unternehmerischen Risiko des Beigeladenen zu 1). Ihm sei ein Gründungszuschuss gewährt worden, der Anstellungsvertrag sei lediglich befristet gewesen und er habe 10% der Pacht erhalten. Das SG vertrete zu Unrecht die Auffassung, der Beigeladene zu 1) könne die erteilte Zustimmung nach § 7a Abs 6 SGB IV widerrufen. Aus dem Vortrag des Beigeladenen zu 1) in der mündlichen Verhandlung vor dem SG ergebe sich, dass eine anderweitige Absicherung sehr wohl vorgelegen habe. Das SG stütze sich für den Widerruf der Zustimmung auf eine Kommentarstelle, die ohne weitere Begründung von einem jederzeit möglichen Widerruf ausgehe sowie auf eine Entscheidung des erkennenden Senats (Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg 23.03.2010, L 11 R 5564/08). In dieser Entscheidung gehe es jedoch nur darum, bis zu welchem Zeitpunkt die Zustimmung erteilt werden dürfe. Argumente für einen jederzeit möglichen Widerruf ergäben sich daraus nicht. Sehe man die Zustimmung wie das SG nicht als Verzichtserklärung iSv § 46 SGB I, müsse sie als einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung angesehen werden, auf die die bürgerlich-rechtlichen Vorschriften über Willenserklärungen entsprechend anzuwenden seien. Die Voraussetzungen für eine Anfechtung nach §§ 119, 120, 124 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) hätten jedoch im Zeitpunkt der Erklärung im Juli 2010 nicht mehr vorgelegen. Zudem sei zugunsten der Klägerin ggf im Rahmen des § 242 BGB zu berücksichtigen, dass der Beigeladene zu 1) diese Erklärung in zeitlichem Zusammenhang mit dem Rechtsstreit vor dem Landgericht über den Beendigungszeitpunkt 31.12.2008 abgegeben habe. Das Statusfeststellungsverfahren sei seinerzeit (auch) zum Schutz potentieller Arbeitgeber eingeführt worden.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 15.03.2013 und die Bescheide der Beklagten vom 30.03.2010 und 13.10.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.01.2011 aufzuheben und festzustellen, dass der Beigeladene zu 1) seine Tätigkeit für die Klägerin vom 01.12.2006 bis 31.12.2008 nicht im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt hat und keine Versicherungspflicht in der Renten- und Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestanden hat.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Rechtsstreit vor dem Landgericht Freiburg könne nicht als Indiz für einen selbstständige Tätigkeit angesehen werden. Die Gewährung eines Gründungszuschusses nach § 57 SGB III lasse nicht auf das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit schließen, da die Prüfung der Bundesagentur für Arbeit nicht nach den für die Statusfeststellung maßgeblichen Kriterien erfolge. Die widerlegbare Vermutungsregelung nach § 7 Abs 4 SGB IV in der bis 30.06.2009 gültigen Fassung, wonach eine selbstständige Tätigkeit ausgeübt werde, habe ausschließlich für die Dauer des Bezugs eines Existenzgründungszuschusses nach § 421 l SGB III bestanden. Die Vermutung könne auf einen Gründungszuschuss nach § 57 SGB III (bis 31.03.2012) bzw § 93 SGB III (ab 01.04.2012) nicht analog angewendet werden. Soweit der Bevollmächtigte der Klägerin eine entsprechende Anwendung der Vorschriften über Willenserklärungen vorschlage, biete sich § 183 BGB an. Danach sei die vorherige Zustimmung bis zur (wirksamen) Vornahme des Rechtsgeschäfts widerruflich. Wirksam sei der Bescheid erst mit Bestandskraft.

Die Beigeladenen haben sich im Berufungsverfahren nicht geäußert und keine Anträge gestellt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.

Der Senat hat das Rubrum von Amts wegen berichtigt (vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl, § 136 RdNr 2), da die ursprünglich als Klägerin geführte C.-Haus F. gGmbH mit der jetzigen Klägerin als übernehmende Gesellschaft verschmolzen ist (Eintragung im Handelsregister 19.08.2011). Die Beteiligten sind in der mündlichen Verhandlung hierauf hingewiesen worden.

Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft und zulässig, aber unbegründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 30.03.2010, abgeändert durch Bescheid vom 13.10.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.01.2011 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen. Der Beigeladene zu 1) ist für die Klägerin im streitigen Zeitraum vom 01.12.2006 bis 31.12.2008 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses tätig gewesen, weshalb Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung bestand. Der Eintritt der Versicherungspflicht ist auch nicht nach § 7a Abs 6 SGB IV auf den Zeitpunkt der Bekanntgabe des Bescheids hinauszuschieben.

Der angefochtene Bescheid ist formell rechtmäßig. Er ist nach erfolgter Anhörung der Beteiligten ergangen. Die Beklagte hat auch die Anforderungen an eine Statusfeststellung erfüllt, die das Bundessozialgericht (BSG) in seiner Rechtsprechung aufgestellt hat (BSG 11.03.2009, B 12 R 11/07 R, BSGE 103, 17, SozR 4-2400 § 7a Nr 2; 04.06.2009, B 12 R 6/08 R, juris) und nicht nur eine isolierte Entscheidung über das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung "dem Grunde nach", sondern mit dem Ersetzungsbescheid vom 13.10.2010 auch über das Vorliegen von Versicherungspflicht in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung getroffen.

Auch inhaltlich (materiell-rechtlich) ist der Bescheid rechtmäßig, denn die Beklagte hat zu Recht Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) in der gesetzlichen Rentenversicherung, in der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung festgestellt.

Nach § 7a Abs 1 Satz 1 SGB IV können die Beteiligten schriftlich eine Entscheidung der nach § 7a Abs 1 Satz 3 SGB IV zuständigen Beklagten beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antrag-stellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet. Diese entscheidet aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände, ob eine Beschäftigung vorliegt (§ 7a Abs 2 SGB IV). Das Verwaltungsverfahren ist in Absätzen 3 bis 5 der Vorschrift geregelt. § 7a Abs 6 SGB IV regelt in Abweichung von den einschlägigen Vorschriften der einzelnen Versicherungszweige und des SGB IV den Eintritt der Versicherungspflicht (Satz 1) und die Fälligkeit des Gesamtsozialversicherungsbeitrags (Satz 2). Abs 7 der Vorschrift ordnet die aufschiebende Wirkung von Klage und Widerspruch bezüglich der Fälligkeit der Beiträge an (Satz 1). Mit dem rückwirkend zum 01.01.1999 durch das Gesetz zur Förderung der Selbstständigkeit vom 20.12.1999 (BGBl I, 2000, 2) eingeführten Anfrageverfahren soll eine schnelle und unkomplizierte Möglichkeit zur Klärung der Statusfrage erreicht werden; zugleich sollen divergierende Entscheidungen verhindert werden (BT-Drs 14/1855, S 6).

Einen entsprechenden Antrag auf Statusfeststellung hat die Klägerin am 20.12.2006 gestellt. Ein vorheriges Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung durch einen anderen Versicherungsträger oder die Einzugsstelle steht nicht entgegen, da das SG mit Urteil vom 22.01.2009 (S 11 KR 1142/08) die Entscheidung der Einzugsstelle (Bescheid vom 14.06.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.02.2008) aufgehoben hatte.

Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterlagen im streitgegenständlichen Zeit-raum in der Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung der Versicherungs- bzw Beitragspflicht (§ 20 Abs 1 Satz 2 Nr 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI), § 1 Satz 1 Nr 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI), § 25 Abs 1 SGB III). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs 1 Satz 1 SGB IV in der ab 01.01.1999 geltenden Fassung. Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zum Ganzen BSG 29.08.2012, B 12 R 25/10 R, BSGE 111, 257 mwN).

Zur Feststellung des Gesamtbilds kommt den tatsächlichen Verhältnissen nicht voraussetzungslos ein Vorrang gegenüber den vertraglichen Abreden zu. Zwar hat das BSG noch im Urteil vom 22.06.2005 (B 12 KR 28/03 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 5) ausgeführt, dass beim Abweichen der Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen letztere den Ausschlag geben. Jedoch hat es diese Aussage in Zusammenfassung älterer Entscheidungen nachfolgend präzisiert: Danach sind die das Gesamtbild bestimmenden tatsächlichen Verhältnisse die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (BSG 29.08.2012, aaO).

Bereits aus diesen Grundsätzen folgt, dass nicht entscheidend ist, ob der Beschäftigte von einem anderen Träger der Sozialversicherung eine Leistung erhält oder erhalten hat, zu deren Voraussetzung die Aufnahme oder Ausübung einer selbständigen Tätigkeit gehört. Deshalb zwingt die Tatsache, dass der Beigeladene zu 1) von der Bundesagentur für Arbeit einen Gründungszuschuss erhalten hat, nicht zur Annahme einer selbständigen Tätigkeit. Die Regelung der Bundesagentur für Arbeit erschöpft sich in diesem Fall in der Gewährung einer Sozialleistung. Sie enthält keine Feststellung, dass die Tätigkeit, für die der Zuschuss gewährt wird, eine selbständige Tätigkeit ist. Zu einer die Klägerin rechtlich bindenden Entscheidung wäre die Bundesagentur für Arbeit auch gar nicht befugt (Senatsbeschluss vom 04.09.2013, L 11 R 2315/13 ER-B, juris).

Auf der oben dargestellten Grundlage ist auch zu beurteilen, ob der Geschäftsführer einer GmbH zu dieser in einem Beschäftigungsverhältnis steht. Dies ist grundsätzlich auch bei Gesellschafter-Geschäftsführern neben deren gesellschaftsrechtlichen Stellung möglich. Das BSG hat insoweit mehrmals entschieden, dass eine Abhängigkeit gegenüber der Gesellschaft selbst im Rahmen einer Geschäftsführertätigkeit nicht bereits durch die Stellung des Geschäftsführers als Gesellschafter ausgeschlossen ist. Bei einem am Stammkapital der Gesellschaft beteiligten Geschäftsführer ist der Umfang der Beteiligung und das Ausmaß des sich daraus für ihn ergebenen Einflusses auf die Gesellschaft ein wesentliches Merkmal. Bei Fremdgeschäftsführern, die nicht am Gesellschaftskapital beteiligt sind, hat das BSG dementsprechend regelmäßig eine abhängige Beschäftigung angenommen, soweit nicht besondere Umstände vorliegen, die eine Weisungsgebundenheit im Einzelfall ausnahmsweise aufheben (BSG 18.12.2001, B 12 KR 10/01 R, SozR 3-2400 § 7 Nr 20; BSG 06.03.2003, B 11 AL 25/02 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 1). Vergleichbares gilt auch bei Geschäftsführern, die zwar zugleich Gesellschafter sind, jedoch weder über die Mehrheit der Gesellschaftsanteile noch über eine so genannte Sperrminorität verfügen (BSG 06.03.2003, B 11 AL 25/02 R, aaO). Auch für diesen Personenkreis ist im Regelfall von einer abhängigen Beschäftigung auszugehen. Eine hiervon abweichende Beurteilung kommt wiederum nur dann in Betracht, wenn besondere Umstände des Einzelfalls den Schluss zulassen, es liege keine Weisungsgebundenheit vor. Eine Sperrminorität in diesem Sinne liegt dann vor, wenn der Gesellschafter nach dem Gesetz und den Abreden des Gesellschaftsvertrags Einzelanweisungen an sich im Bedarfsfall jederzeit verhindern könnte (BSG 08.08.1990, 11 RAr 77/89, SozR 3-2400 § 7 Nr 4 S 13; BSG 23.06.1994, 12 RK 72/92, NJW 1994, 2974). Dagegen liegt kein maßgeblicher gesellschaftsrechtlicher Einfluss - und damit in der Regel eine Stellung als Beschäftigter - vor, wenn der Geschäftsführer-Gesellschafter so wesentliche Entscheidungen wie die Auflösung der Gesellschaft, die operative Neuausrichtung oder seine eigene Abberufung bzw Entlassung nicht verhindern kann.

Ein Ausnahmefall kann beispielsweise bei Familienunternehmen vorliegen, wenn die familiäre Verbundenheit der beteiligten Familienmitglieder zwischen ihnen ein Gefühl erhöhter Verantwortung schafft, die beispielsweise dadurch zum Ausdruck kommt, dass die Höhe der Bezüge von der Ertragslage des Unternehmens abhängig gemacht wird oder wenn es aufgrund der familienhaften Rücksichtnahme an der Ausübung eines Direktionsrechts völlig mangelt. Hiervon ist insbesondere bei demjenigen auszugehen, der - obwohl nicht maßgeblich am Unternehmenskapital beteiligt - aufgrund der verwandtschaftlichen Beziehungen faktisch wie ein Alleininhaber die Geschäfte des Unternehmens nach eigenem Gutdünken führt (vgl. BSG 08.12.1987, 7 RAr 25/86, juris). So hat das BSG in der Vergangenheit in seiner Rechtsprechung - überwiegend zu Leistungsansprüchen des Arbeitsförderungs- und Unfallversicherungsrechts - auch für den Fall, dass der Geschäftsführer einer Gesellschaft nicht zumindest über eine Sperrminorität verfügte, eine selbstständige Tätigkeit des Betroffenen für möglich erachtet, wenn dessen Tätigwerden innerhalb einer Gesellschaft durch besondere Rücksichtnahme aufgrund familiärer Bindungen geprägt war (BSG 29.10.1986, 7 RAr 43/85, juris; BSG 23.09.1982, 10 RAr 10/81, SozR 2100 § 7 Nr 7; BSG 11.02.1993, 7 RAr 48/92, juris). Hier ist jedoch die jüngere Rechtsprechung des BSG zu berücksichtigen, wonach zur Feststellung des Gesamtbilds den tatsächlichen Verhältnissen nicht voraussetzungslos ein Vorrang gegenüber den vertraglichen Abreden zukommt. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört dabei unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG 29.08.2012, B 12 KR 25/10 R, BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17).

Der Umkehrschluss, dass mangels eines durch eine Kapitalbeteiligung hervorgerufenen beherrschenden Einflusses auf die Gesellschaft regelmäßig ein Abhängigkeitsverhältnis des Gesellschafters/Geschäftsführers anzunehmen ist, ist allerdings von der früheren Rechtsprechung des BSG nicht gebilligt worden (BSG 13.12.1960, 3 RK 2/56, BSGE 13, 196, 200). In solchen Fällen sollte das Vorliegen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses nach allgemeinen Grundsätzen wesentlich davon abhängen, ob der Geschäftsführer nach dem Gesamtbild seiner Tätigkeit einem seiner persönlichen Abhängigkeit begründenden Weisungsrecht der GmbH unterliegt. Denn auch wenn der Geschäftsführer/Gesellschafter über keine Mehrheit im Stammkapital und auch nicht über eine Sperrminorität verfügt, kann eine abhängige Beschäftigung uU ausgeschlossen sein, wenn ihm sein tatsächlicher Einfluss auf die Willensbildung der GmbH gestattet, nicht genehme Weisungen der genannten Art zu verhindern (vgl BSG SozR 2100 § 7 Nr 7). Dies kann zB der Fall sein, wenn er auch als externer (angestellter) Geschäftsführer einer GmbH "schalten und walten" kann, wie er will, weil er die Gesellschaft persönlich dominiert oder weil diese wirtschaftlich von ihm abhängig ist (BSG 14.12.1999, B 2 U 48/98 R). Vor dieser - überwiegend zu Leistungsansprüchen des Arbeitsförderungs- und Unfallversicherungsrechts ergangenen Rechtsprechung - hat sich der für das Beitragsrecht zuständige 12. Senat des BSG inzwischen abgegrenzt (BSG 29.08.2012, B 12 R 14/10 R, MSK 2021-182 = juris).

Gemessen auch an diesen Maßstäben war der Beigeladene zu 1) als Geschäftsführer bei der Klägerin in der streitigen Zeit vom 01.12.2006 bis 31.12.2008 abhängig beschäftigt. Zwar sprechen einige Indizien für eine selbstständige Tätigkeit des Beigeladenen zu 1). Diejenigen Anhaltspunkte, die für eine abhängige Beschäftigung sprechen, überwiegen jedoch.

Im vorliegenden Fall war der Beigeladene zu 1) im streitigen Zeitraum Fremdgeschäftsführer ohne Beteiligung an der Gesellschaft. Im Geschäftsführeranstellungsvertrag (§ 2 Nr 1) war zwar geregelt, dass er Weisungen der Gesellschaft nicht unterworfen sei, gleichzeitig war jedoch durch die Gesellschafter die jederzeitige Abberufung als Geschäftsführer möglich. Tatsächlich war der Beigeladene zu 1) daher nicht in der Lage, ihm nicht genehme Weisungen zu verhindern. Dies zeigt sich auch daran, dass gegen seinen Willen die Gesellschafter die Zusammenarbeit mit einem Beratungsunternehmen beschlossen hatten. Im Übrigen können die Gesellschafter ohne Grundlage im Gesellschaftsvertrag und sogar entgegen dem Anstellungsvertrag Weisungen in jeder Angelegenheit der Geschäftsführung erteilen (Mennicke NZG 2000, 622; OLG Düsseldorf 15.11.1984, 8 U 22/84, ZIP 1984, 1476). Als Fremdgeschäftsführer ohne eigene Gesellschaftsanteile ist der Beigeladene zu 1) kraft Gesetzes (§ 37 GmbHG) an die Beschlüsse der Gesellschaft gebunden. Er unterliegt gemäß § 46 Nr 6 GmbHG der Prüfung und Überwachung durch die Gesellschaft (vgl LSG Berlin-Brandenburg, 28.03.2014, L 1 KR 335/12, juris). Entscheidend ist nach den obigen Ausführungen die bestehende Rechtsmacht. Ebenso wie beim unionsrechtlichen Arbeitnehmerbegriff iS der Richtlinie 92/85/EWG (hierzu EuGH 11.11.201, C-232/09, Dita Danosa, NZA 2011, 143) und im Gegensatz zur Rechtsprechung des BAG (25.10.2007, 6 AZR 1045/06, NZA 2008, 168) kommt es für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung maßgeblich darauf an, welche Aufgaben und Befugnisse der Geschäftsführer einer GmbH hat, ob und in welchem Maße er der Kontrolle und Weisungen durch andere Gesellschaftsorgane unterliegt. Relevant ist insbesondere die Abrufbarkeit des Geschäftsführers (Schaub ZESAR 2013, 5; Fischer NJW 2011, 2329).

Für eine abhängige Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) spricht zunächst die Vereinbarung einer regelmäßigen monatlichen Vergütung von zunächst 5.000,00, später 8.300,00 EUR. Ein unternehmerisches Risiko hat der Beigeladene zu 1) angesichts dessen nicht getragen. Er hat für die Klägerin seine Arbeitskraft eingesetzt ohne insoweit befürchten zu müssen, hierfür keine Vergütung zu erhalten. Dieser (Arbeits-)einsatz des Klägers kann dem Wagniskapital eines Unternehmers nicht gleichgesetzt werden (BSG 19.06.2001, B 12 KR 44/00 R, SozR 3-2400 § 7 Nr 18). Gleiches gilt für die Bonusregelung bezüglich der Pacht. Abgesehen davon, dass diese Regelung nach dem Vortrag des Beigeladenen zu 1) nicht umgesetzt worden ist, ist die Gewährung einer Tantieme an Arbeitnehmer nicht ungewöhnlich (BSG 02.06.1982, 12 RK 4/82, SozR 2100 § 17 Nr 3; BSG 28.04.1982, 12 RK 12/80, USK 8244) und genügt als solche nicht, um eine Beschäftigung auszuschließen (BSG 10.05.2007, B 7a AL 8/06 R, juris). Eigenes Kapital mit dem Risiko des Verlustes hat der Beigeladene zu 1) nicht eingesetzt.

Als Geschäftsführer war der Beigeladene zu 1) zwar nicht an bestimmte Arbeitszeiten gebunden, er hatte jedoch der Klägerin seine Arbeitskraft im Umfang von zunächst 24 Stunden, ab 01.03.2007 40 Stunden pro Woche zur Verfügung zu stellen. Auch wenn der Beigeladene zu 1) seine Tätigkeit im Wesentlichen frei bestimmen konnte, steht dies der Annahme einer abhängigen Beschäftigung nicht entgegen. Denn diese Möglichkeit hat in der Regel auch ein leitender Angestellter (BSG 13.08.1996, 10 RKg 28/95, SozR 3-5870 § 1 Nr 10 mwN). Gerade höhere Dienste werden trotz fehlender Weisungen hinsichtlich Zeit, Ort, Dauer und Art der Ausführung der Tätigkeit im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung geleistet, wenn sie – wie hier - fremdbestimmt bleiben, weil sie in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebes aufgehen (ständige Rechtsprechung des BSG seit 29.03.1962, 3 RK 74/57, BSGE 16, 289, 294 = SozR Nr 30 zu § 165 RVO).

Hinsichtlich der Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB ist die Indizwirkung für eine selbstständige Tätigkeit allenfalls schwach ausgeprägt, denn im Bereich leitender Angestellter werden häufig solche Freiheiten eingeräumt (BSG 06.03.2003, B 11 AL 25/02 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 1). Klar für eine selbstständige Tätigkeit spricht dagegen, dass der Beigeladene zu 1) seine beratende Tätigkeit auch anderen Kliniken anbieten durfte (§ 3 Nr 1 Geschäftsführeranstellungsvertrag). Typische Arbeitnehmerschutzrechte wie Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder bezahlter Urlaub sind im Vertrag nicht geregelt. Dies spricht allerdings nur dafür, dass die Beteiligten damals wohl tatsächlich eine freie Mitarbeit wollten, ein entscheidendes Kriterium für selbstständige Tätigkeit ist es dagegen nicht.

Der Beigeladene zu 1) hat die Gesellschaft auch nicht wirtschaftlich oder persönlich in einer Weise dominiert, dass er in der Stellung gewesen wäre, die Klägerin faktisch zu beherrschen. Hierfür genügen nicht bereits besondere Branchenkenntnisse, da diese üblicherweise Voraussetzung sind, um eine Person zum Geschäftsführer zu bestellen. Diese können daher allein keine selbstständige unternehmerische Tätigkeit begründen (BSG 08.12.1987, 7 Rar 14/86 mwN). Auch die Umstände der Beendigung der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) sprechen, wie das SG zutreffend dargestellt hat, deutlich gegen eine beherrschende Stellung des Beigeladenen zu 1). Dieser sollte ohnehin von Anfang an nur als Interimsgeschäftsführer tätig sein.

Damit aber überwiegen im vorliegenden Fall die Merkmale für eine abhängige Beschäftigung, weshalb nach einer Berücksichtigung und Abwägung der unterschiedlichen Merkmale nach dem Gesamtbild von einer abhängigen Beschäftigung auszugehen ist.

Die Versicherungspflicht tritt mit dem Beginn der Beschäftigung am 01.12.2006 ein. Die Voraussetzungen für einen späteren Eintritt nach § 7a Abs 6 SGB IV sind vorliegend nicht erfüllt. Nach dieser Vorschrift tritt, soweit der Antrag nach § 7a Abs 1 SGB IV – wie hier – innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit gestellt wird und die Deutsche Rentenversicherung Bund ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis feststellt, die Versicherungspflicht mit der Bekanntgabe der Entscheidung ein, wenn der Beschäftigte (1.) zustimmt und (2.) er für den Zeitraum zwischen Aufnahme der Beschäftigung und der Entscheidung eine Absicherung gegen das finanzielle Risiko von Krankheit und zur Altersvorsorge vorgenommen hat, die der Art nach den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung und der gesetzlichen Rentenversicherung entspricht. Es fehlt schon daran, dass der Beigeladene zu 1) seine Zustimmung zum späteren Eintritt der Versicherungspflicht bis zur Bestandskraft des Bescheids aufrecht erhalten hat.

Der Beigeladene zu 1) hat zunächst mit Erklärung vom 01.03.2007 die Zustimmung nach § 7a Abs 6 Nr 1 SGB IV erteilt. Mit Erklärung vom 05.07.2010, eingegangen bei der Beklagten am 06.07.2010, hat er sodann mitgeteilt, mit dem Eintritt der Versicherungspflicht mit Bekanntgabe des Bescheids nicht einverstanden zu sein. Hieran hat er auf Nachfrage des SG in der mündlichen Verhandlung festgehalten. Damit hat er die ursprünglich erteilte Zustimmung vor Eintritt der Bestandskraft des Bescheides widerrufen. Bei der Zustimmungserklärung nach § 7a Abs 6 Nr 1 SGB IV handelt es sich um eine öffentlich-rechtliche Willenserklärung, die Vorschriften des BGB gelten entsprechend (Seewald in Kasseler Kommentar, Stand 82. EL 2014, SGB IV, § 7a RdNr 21). Entsprechend § 183 BGB kann die vorherige Zustimmung bis zur Vornahme des Rechtsgeschäfts, also bis zur Bestandskraft der Entscheidung widerrufen werden (so auch Knospe in Hauck/Haines, SGB IV, Stand April 2014, § 7a RdNr 41). Die Klägerin kann sich nicht auf schützenswertes Vertrauen berufen, denn bis zur Bestandskraft des entsprechenden Bescheides gibt es hierfür keine Grundlage. Es widerspricht auch nicht Sinn und Zweck des Statusfeststellungsverfahrens, einen Widerruf der Zustimmungserklärung als zulässig zu erachten. Der Schutz des Arbeitgebers vor rückwirkenden Beitragsbelastungen bei rechtzeitiger Antragstellung nach § 7a Abs 1 SGB IV steht unter der Prämisse, dass der Arbeitnehmer mit dem fehlenden Sozialversicherungsschutz für die Dauer des Prüfungsverfahrens einverstanden ist. Liegt dieses Einverständnis nicht (mehr) vor, tritt die Versicherungspflicht mit Aufnahme der Beschäftigung ein.

Der streitgegenständliche Bescheid der Beklagten ist nach alledem nicht zu beanstanden, weshalb die Berufung der Klägerin mit der Kostenfolge des § 197a SGG iVm § 154 Abs 2 Verwaltungsgerichtsordnung zurückzuweisen war.

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs 1 SGG iVm §§ 63 Abs 2 Satz 1, 47 Abs 1 und 2, 52 Abs 2 Gerichtskostengesetz (GKG). In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert grundsätzlich nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Die Höhe des Streitwerts entspricht dem Regelstreitwert von 5.000,00 EUR, da bislang lediglich über das Bestehen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses und die hieraus folgende Sozialversicherungspflicht entschieden wurde, aber noch keine Gesamtsozialversicherungsbeiträge festgesetzt wurden (st Senatsrechtsprechung, vgl Beschluss vom 17.07.2014, L 11 R 2546/14 B).

Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsfrage, ob die erklärte Zustimmung nach § 7a Abs 6 SGB IV bis zur Bestandskraft des Statusbescheids widerrufen werden kann, zugelassen.
Rechtskraft
Aus
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