L 9 KR 174/11

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Neuruppin (BRB)
Aktenzeichen
S 9 KR 139/06
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 9 KR 174/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Zur Verlegung und Verbringung innerhalb desselben Krankenhauses
2. Ob ein Krankenhaus ein medizinisches Fachgebiet nach dem Landeskrankenhausplan im Rahmen einer Haupt- oder einer Belegabteilung zu betreuen hat, hat weitreichende Auswirkungen auf die Vergütung, die Haftung und das vorzuhaltende Personal.
3. Ein Krankenhaus darf in einem medizinischen Fachgebiet, für das ihm nach dem Landeskrankenhausplan nur Belegbetten zugewiesen sind, keine Hauptabteilung führen. Leistungen dieses medizinischen Fachgebiets, die gleichwohl in einer entsprechenden Hauptabteilung erbracht wurden, sind nicht vergütungsfähig.
4. Die Annahme eines Sonderfalls rechtfertigt nicht die (analoge) Anwendung von krankenhausrechtlichen Vergütungsbestimmungen, die ihrem Wortlaut nach andere Fallkonstellationen erfassen.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 26. April 2011 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Vergütung für eine Operation (OP), die während einer stationären psychosomatischen Behandlung durchgeführt wurde.

Die Klägerin betreibt ein Krankenhaus, welches seit dem 15. Februar 2003 u a. mit den Fachabteilungen Neurologie (40 Betten) und Neurochirurgie (5 Betten) in den Zweiten Krankenhausplan des Landes Brandenburg – Erste Fortschreibung – aufgenommen war; die Fachabteilung Neurochirurgie war belegärztlich zu führen (Bescheid des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen vom 01. Februar 2003). Das Krankenhaus führte die Abteilung Neurochirurgie als Unterabteilung der Neurologie.

Dieses Krankenhaus behandelte den 1942 geborenen, bei der Beklagten krankenversicherten H H (im Folgenden: der Versicherte) in der Zeit vom 27. Januar bis 14. Februar 2005 u.a. wegen der Diagnosen chronisches Schmerzsyndrom, depressive Episode und Verdacht auf dissoziative Störung im Fachbereich Psychosomatische Medizin der II. Psychiatrischen Klinik. Die Beklagte übernahm sämtliche Kosten, die ihr die Klägerin primär für die Behandlung der chronischen Schmerzsymptomatik und der Bewegungsstörungen auf der Grundlage tagesgleicher Pflegesätze in Rechnung stellte. Aufgrund der Schmerzsymptomatik war dem Versicherten 1999 eine Morphinpumpe implantiert worden, welche seit 2004 defekt war. Daher war das Krankenhaus mit dem Versicherten im Zusammenhang mit einer konsiliarischen Untersuchung am 07. Januar 2005 übereingekommen, "die nicht mehr funktionstüchtige Morphinpumpe durch die Kollegen der Neurochirurgie" im Rahmen der geplanten stationären psychosomatischen Behandlung explantieren zu lassen.

Die Explantation der Morphinpumpe einschließlich subkutanem und inthratekal liegendem Katheter wurde am 04. Februar 2005 durch den bei der Klägerin in den Bereichen Neurologie, Unfallchirurgie und Intensivmedizin als Oberarzt tätigen Facharzt für Neurochirurgie Dr. D durchgeführt. Für die 26 Minuten dauernde OP wurde der Versicherte nach 12.00 Uhr auf die Station S 1 verbracht und dort – ausweislich des Anästhesieprotokolls – bis ca. 14.00 Uhr behandelt. Die anschließende Überwachung bzw. das Monitoring wurden wieder auf der psychiatrischen Station durchgeführt. Für diese Behandlung stellte die Klägerin der Beklagten unter dem 25. Februar 2005 einen Betrag von 1.640,91 Euro in Rechnung und gab hierbei u.a. an, es sei eine Leistung nach der DRG I56Z ("andere Eingriffe an der Wirbelsäule ohne äußerst schwere CC, ohne komplexen Eingriff") in der Fachabteilung "NCH" am 04. Februar 2005 zwischen 12.00 und 14.00 Uhr durchgeführt worden. Der Ermittlung des Rechnungsbetrags lagen im Wesentlichen die Bewertungsrelation 1,309 (für die o.g. DRG) sowie ein Verlegungsabschlag mit der Bewertungsrelation 0,073 (= 182,80 Euro), multipliziert mit der Menge "9", zugrunde. Diese Rechnung wurde der Beklagten in der Folgezeit per Datenträgeraustausch übermittelt.

Die Beklagte lehnte die vollständige Begleichung dieser Rechnung ab, übernahm jedoch Kosten i.H.v. 500,00 Euro, weil diese aus ihrer Sicht bei einer ambulant durchgeführten Explantation der Morphinpumpe angefallen wären.

Die am 17. August 2006 erhobene, auf Zahlung von 1.140,91 Euro nebst Zinsen gerichtete Klage hat das Sozialgericht mit Urteil vom 26. April 2011 abgewiesen, weil die Klägerin keinen Anspruch auf die Vergütung weiterer Behandlungskosten für die neurochirurgische Behandlung am 04. Februar 2005 über die hierfür bereits gezahlten 500,00 Euro hinaus habe. Weil der operationsbedingte Aufenthalt in der neurologischen Fachklinik lediglich zwei Stunden betragen habe, sei der Abrechnungsweg über eine neurochirurgische Fallpauschale, auch unter Abzug eines Verlegungsabschlages, verschlossen. Eine Verlegung in die neurologische Fachklinik zur neurochirurgischen Behandlung liege nicht vor, weil es hierfür einer physischen und organisatorischen Eingliederung des Patienten in das spezifische Versorgungssystem dieser Fachabteilung bedurft hätte, welche sich nach dem Behandlungsplan des Krankenhausarztes zeitlich über mindestens einen Tag und eine Nacht hätte erstrecken müssen. Wenn nach § 3 Abs. 4 der Fallpauschalenvereinbarung (FPV) 2005 die innerhalb eines Krankenhausbereiches vorhandenen unterschiedlichen Entgeltbereiche nach dem DRG-System einerseits und nach der Bundespflegesatzverordnung (BPflVO) andererseits wie selbständige Krankenhäuser zu behandeln seien, fehle es im vorliegenden Fall im Hinblick auf den als selbständiges Krankenhaus zu behandelnden Funktionsbereich der Neurologie an einer stationären Aufnahme.

Gegen dieses ihr am 19. Mai 2011 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin vom 20. Juni 2011 (Montag), zu deren Begründung sie vorbringt: Die Vorgehensweise sei gewählt worden, um den Versicherten keinen unnötigen Belastungen auszusetzen. Die Explantation der Morphinpumpe hätte bei dem Versicherten wegen der vorliegenden Nebendiagnosen, insbesondere psychischer Art, auch der vorliegenden Multimorbidität, nicht ambulant durchgeführt werden können. Für die insoweit notwendige stationäre Behandlung sei er für ca. zwei Stunden am 04. Februar 2005 in den Fachbereich Neurochirurgie verlegt worden. Die operative Nachbetreuung sei wiederum im Fachbereich Psychosomatik, allerdings durch die Neurochirurgen, durchgeführt worden. Diese seien auch jederzeit rufbereit gewesen. Weil hier ein Sonderfall vorliege, könne nicht allein von der Definition der Verlegung (Aufenthalt 24 Stunden) ausgegangen werden. Vielmehr sei das Gesamtbild der medizinischen Behandlung, die vollumfänglich stationär notwendig gewesen sei, zu betrachten. Bei der Rechnung für die neurochirurgische Behandlung habe sie – die Klägerin – neun Verlegungsabschläge aufgrund der verkürzten Behandlung des Patienten berücksichtigt. Dies entspreche den Regelungen der FPV. Es sei zu beachten, dass die Pflegesätze der Psychiatrie keinerlei operative Kosten und Anästhesieleistungen enthielten, wie sich aus der Budget- und Entgeltvereinbarung 2005 ergebe. Weil nach dieser mit den Krankenkassen für die Hauptabteilung insgesamt 20mal die Leistung nach der DRG I56Z und für Belegoperateure 27mal vereinbart worden seien, ergebe sich hieraus der klare Wille der Vertragsparteien, diese DRG – basierend auf dem Versorgungsauftrag – sowohl für die Haupt- als auch für die Belegabteilung zu vereinbaren. Keine der im Jahre 2005 insgesamt 48 Leistungen nach der DRG I56Z sei von einer Krankenkasse bei der Abrechnung beanstandet worden. Entscheidend sei, dass die durchgeführten medizinischen Behandlungsmaßnahmen dem Versorgungsauftrag des Krankenhauses entsprechend erbracht worden seien, was im Falle des Versicherten außer Zweifel stehen dürfte. Denkbar wäre auch, dass der Versicherte chirurgisch geführt worden wäre; dies änderte an der Abrechnung im Ergebnis allerdings nichts. Schließlich komme noch in Betracht, dass es sich bei den neurochirurgischen Behandlungen nicht um eine planmäßige Operation und somit um einen Notfall gehandelt habe. Notfälle seien doch in jedem Falle unabhängig vom Versorgungsauftrag zu behandeln. Auch nach dem "Leitfaden der Spitzenverbände der Krankenkassen des Verbandes der privaten Krankenversicherung zu Abrechnungsfragen 2005 nach dem KHEntgG und der FPV 2005" seien interne Verlegungen in einen anderen Entgeltbereich gesondert abzurechnen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 26. April 2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.140,91 Euro mit Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 15. März 2005 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen sowie wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte sowie die Patientenakte des Krankenhauses und die Verwaltungsakte der Beklagten, die beigezogen wurden und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Klägerin kann von der Beklagten wegen der Explantation der Morphinpumpe keine weitergehende Zahlung verlangen.

I. Dass die streitgegenständliche OP bereits durch die Kosten für die psychosomatische Behandlung des Versicherten in Form tagesgleicher Pflegesätze abgegolten ist, hat das Sozialgericht zutreffend festgestellt. Der Senat verweist insofern – auch hinsichtlich der einschlägigen Rechtsgrundlagen – auf die Ausführungen des Sozialgerichts (§ 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG). Das Berufungsvorbringen rechtfertigt kein anderes Ergebnis.

1. Das Sozialgericht hat überzeugend dargelegt, dass im vorliegenden Fall die nur zweistündige Behandlung des Versicherten außerhalb der psychiatrischen Hauptabteilung keine Verlegung im Sinne des Krankenhausentgeltrechts darstellt. Eine Verlegung im Sinne des Fallpauschalensystems liegt nach § 1 Abs. 1 Satz 3 FPV 2005 (und wortgleich auch nach § 1 Abs. 1 Satz 3 FPV 2014) vor, wenn zwischen der Entlassung aus einem Krankenhaus und der Aufnahme in einem anderen Krankenhaus nicht mehr als 24 Stunden vergangen sind. Ist in einem Krankenhaus neben dem Entgeltbereich der DRG-Fallpauschalen einerseits noch ein Entgeltbereich nach der BPflVO oder für besondere Einrichtungen nach § 17b Abs. 1 Satz 15 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes (KHG) andererseits vorhanden, sind diese unterschiedlichen Entgeltbereiche im Falle von internen Verlegungen wie selbständige Krankenhäuser zu behandeln. Für den Entgeltbereich der DRG-Fallpauschalen sind die Absätze 1 bis 3 entsprechend anzuwenden (§ 3 Abs. 4 Sätze 1 und 2 FPV 2005).

Eine Aufnahme (i.S.d. o.g. Definition der Verlegung) in die neurochirurgische Abteilung – so es sie denn als abgrenzbare Organisationseinheit überhaupt gegeben hat – findet nicht bereits dann statt, wenn sich die Behandlung in dieser Abteilung auf die Dauer einer OP (einschließlich der OP-Vorbereitung und des Aufwachens) in den dieser Abteilung zugewiesenen OP-Räumlichkeiten beschränkt. Allein damit hat die neurochirurgische Abteilung nicht vollständig die Verantwortung für die Gesamtbehandlung des Versicherten übernommen. Dies ist aber für das aufnehmende Krankenhaus (bzw. die aufnehmende Station) bei einer Verlegung kennzeichnend (BSG, Urteil vom 28. Februar 2007 – B 3 KR 17/06 R –, juris, m.w.N.).

Der Sachverhalt gleicht vielmehr einer sog. Verbringung. Damit werden Fälle umschrieben, in denen "die mit einer Fallpauschale vergüteten Leistungen ohne Verlegung des Patienten durch mehrere Krankenhäuser erbracht" werden (§ 8 Abs. 6 Krankenhausentgeltgesetz - KHEntgG), etwa weil der Patient nur zur Durchführung einer bestimmten Untersuchung oder Behandlung in das zweite Krankenhaus "verbracht" wird, ohne dass er dort stationär eingegliedert wird (Kutlu, in: Spickhoff, Medizinrecht, § 8 KHEntgG Rd. 15; Gamperl, in: Dietz/Bofinger, Krankenhausfinanzierungsrecht Bundespflegesatzverordnung und Folgerecht, Stand 12/2013, § 8 KHEntgG, Anm. VII). Auch der Versicherte wurde in die neurochirurgische Abteilung nur für die Explantation der Morphinpumpe verbracht, welche sich im Vergleich zu seiner mehrwöchigen psychosomatischen Behandlung als untergeordnete Leistung des Krankenhauses darstellt.

2. Unbeachtlich ist, ob die konkrete Behandlung des Versicherten einen Sonderfall darstellt. Die Annahme eines Sonderfalls rechtfertigt nicht die (analoge) Anwendung von Vergütungsbestimmungen, die ihrem Wortlaut nach andere Fallkonstellationen erfassen. Denn Abrechnungsbestimmungen sind wegen ihrer Funktion im Gefüge der Ermittlung des Vergütungstatbestandes innerhalb eines vorgegebenen Vergütungssystems eng am Wortlaut orientiert und allenfalls unterstützt durch systematische Erwägungen auszulegen. Da das DRG-basierte Vergütungssystem vom Gesetzgeber als jährlich weiter zu entwickelndes und damit "lernendes" System angelegt ist, sind bei zutage tretenden Unrichtigkeiten oder Fehlsteuerungen in erster Linie die Vertragsparteien berufen, diese mit Wirkung für die Zukunft zu beseitigen (BSG, Urteil vom 06. März 2012 – B 1 KR 15/11 R –, juris, m.w.N.). Die gleichen Grundsätze gelten auch bei der Auslegung von Abrechnungsbestimmungen im Bereich der ambulanten (vertragsärztlichen) Versorgung (BSG SozR 4-2500 § 28 Nr. 4; SozR 4-2500 § 106a Nr. 4; SozR 4-2500 § 75 Nr. 10). Sehen demnach die für das Jahr 2005 geltenden Abrechnungsbestimmungen keine Regelungen für die Behandlung eines Patienten in unterschiedlichen Entgeltbereichen desselben Krankenhauses vor, ohne dass zugleich eine Verlegung vorliegt, kann eine Vergütung nach beiden Entgeltregimen nicht erfolgen.

II. Der geltend gemachte Anspruch besteht aber auch deshalb nicht, weil die zugrunde liegende Leistung vom Krankenhaus außerhalb seines Versorgungsauftrags durchgeführt wurde.

1. Gemäß § 8 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 KHEntgG ergibt sich der Versorgungsauftrag bei einem Plankrankenhaus aus den Festlegungen des Krankenhausplans in Verbindung mit den Bescheiden zu seiner Durchführung nach § 6 Abs. 1 i.V.m. § 8 Abs. 1 Satz 3 KHG sowie einer ergänzenden Vereinbarung nach § 109 Abs. 1 Satz 4 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V). Nach § 6 Abs. 1 KHG stellen die Länder zur Verwirklichung der in § 1 KHG genannten Ziele – "die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser, um eine bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit leistungsfähigen, eigenverantwortlich wirtschaftenden Krankenhäusern zu gewährleisten und zu sozial tragbaren Pflegesätzen beizutragen" – u.a. Krankenhauspläne auf. Soweit und solange sie in den Krankenhausplan eines Landes aufgenommen sind, haben die Krankenhäuser nach Maßgabe des KHG Anspruch auf Förderung (§ 8 Abs. 1 Satz 1 KHG). Die Aufnahme oder Nichtaufnahme in den Krankenhausplan wird durch Bescheid festgestellt (§ 8 Abs. 1 Satz 3 KHG).

Soweit für den vorliegenden Rechtsstreit von Bedeutung, nahm das zuständige Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen mit Feststellungsbescheid vom 1. Februar 2003 das Krankenhaus der Klägerin mit den Fachabteilungen Neurologie und Neurochirurgie in den Landeskrankenhausplan des Landes Brandenburg auf, im Hinblick auf die Fachabteilung Neurochirurgie mit der Nebenbestimmung, dass diese belegärztlich zu führen ist.

Belegärzte im Sinne des KHEntgG sind nicht am Krankenhaus angestellte Vertragsärzte, die berechtigt sind, ihre Patienten (Belegpatienten) im Krankenhaus unter Inanspruchnahme der hierfür bereitgestellten Dienste, Einrichtungen und Mittel stationär oder teilstationär zu behandeln, ohne hierfür vom Krankenhaus eine Vergütung zu erhalten (§ 18 Abs. 1 Satz 1 KHEntgG, wortgleich § 121 Abs. 2 SGB V). Leistungen des Belegarztes sind 1. seine persönlichen Leistungen, 2. der ärztliche Bereitschaftsdienst für Belegpatienten, 3. die von ihm veranlassten Leistungen nachgeordneter Ärzte des Krankenhauses, die bei der Behandlung seiner Belegpatienten in demselben Fachgebiet wie der Belegarzt tätig werden, 4. die von ihm veranlassten Leistungen von Ärzten und ärztlich geleiteten Einrichtungen außerhalb des Krankenhauses (§ 18 Abs. 1 Satz 2 KHEntgG, weitgehend gleichlautend: § 121 Abs. 3 Satz 3 SGB V). Für Belegpatienten werden gesonderte Fallpauschalen und Zusatzentgelte nach § 17b KHG vereinbart (§ 18 Abs. 2, 1. Halbsatz KHG in der 2005 geltenden, alten Fassung - aF).

2. Diese gesetzlichen Vorgaben hat das Krankenhaus der Klägerin missachtet, als die Morphinpumpe des Versicherten explantiert wurde. Denn es hat, wie sich aus der Rechnung vom 25. Februar 2005 – die angegebene Bewertungsrelation von 1,309 wurde für Hauptabteilungen vereinbart – und dem Vorbringen der Klägerin ergibt, die OP auf einer neurochirurgischen Hauptabteilung durchgeführt, obwohl es die neurochirurgische Fachabteilung nur belegärztlich und gerade nicht als Hauptabteilung führen durfte. Die Explantation als ärztliche Hauptleistung hätte daher nicht von einem Oberarzt des Krankenhauses (Dr. D), sondern nur von einem freiberuflich tätigen Arzt, der mit dem Krankenhaus einen (Rahmen-)Vertrag, insbesondere über Art und Umfang seiner Tätigkeit sowie die wechselseitige Zusammenarbeit, geschlossen hat (Quaas/Zuck, Medizinrecht, 3.A., § 16 Rd. 137), ausgeführt werden dürfen.

3. Dieser Verstoß gegen die krankenhausplanerischen Vorgaben ist entgegen der klägerischen Auffassung nicht unbeachtlich.

a) Ob in einem Plankrankenhaus eine medizinische Fachabteilung als Haupt- oder als Belegabteilung geführt wird, hat weitreichende Konsequenzen. Zunächst ist das zugelassene Krankenhaus nach § 109 Abs. 4 Satz 2 SGB V sozialrechtlich (nur) im Rahmen seines Versorgungsauftrags zur Krankenhausbehandlung (§ 39 SGB V) der Versicherten verpflichtet (BSG, Urteil vom 24. Juli 2003 – B 3 KR 28/02 R –, juris). Ferner schuldet das Krankenhaus bei der Aufnahme eines Patienten in einer Hauptabteilung auch die gesamte ärztliche Behandlung (sog. totaler Krankenhausaufnahmevertrag als Regelform der stationären Krankenhausbehandlung unter Geltung von KHG, KHEntgG und BPflVO), während es bei der Aufnahme in einer belegärztlich zu führenden Abteilung zu einem sog. gespaltenen Krankenhausaufnahmevertrag kommt, bei dem der Belegarzt die gesamte ärztliche Behandlung – auch soweit sie von beim Krankenhaus angestellten Ärzten in seinem Auftrag vorgenommen wird – schuldet, das Krankenhaus demgegenüber nur die mit der Pflege, der Unterbringung und der Verköstigung zusammenhängenden Leistungen (vgl. BGH, NJW 1995, 1611). Dies hat zum einen Auswirkungen auf das Vergütungsregime: während die ärztlichen Leistungen des Krankenhauses stets im Rahmen des KHEntgG bzw. der BPflVO abgegolten werden, rechnet der Belegarzt gegenüber dem Privatpatienten nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) und bei der Behandlung gesetzlich Krankenversicherter gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung nach den Regeln der vertragsärztlichen Versorgung ab (§ 72ff SGB V). Zum anderen ändert sich das Haftungsregime: schuldet ein Krankenhaus Belegpatienten keine ärztliche Behandlung, liegt die Haftung für ärztliche Fehler nicht bei ihm, sondern bei dem die ärztlichen Leistungen schuldenden Belegarzt (BGH, a.a.O.; Kutlu, a.a.O., § 18 KHEntgG Rd. 3 m.w.N.). Für die Ausstattung des Krankenhauses schließlich hat die Zuweisung einer medizinischen Fachdisziplin zu einer Belegabteilung zur Folge, dass es keine Ärzte dieses Fachgebiets beschäftigen muss, um seinem Versorgungsauftrag gerecht zu werden, und sein Personalhaushalt hierdurch entlastet wird. Insoweit ist das Krankenhaus von seiner Pflicht, über die seinem Versorgungsauftrag entsprechenden therapeutischen Möglichkeiten zu verfügen (§ 107 Abs. 1 Satz 2 SGB V), entbunden. Durch die Vorgabe, eine bestimmte Fachabteilung belegärztlich zu führen, leistet das für die Krankenhausplanung verantwortliche Land – entsprechend den in § 1 KHG genannten Ziele der Krankenhausplanung – somit einen Beitrag zur wirtschaftlichen Sicherung des betroffenen Krankenhauses und zur Stabilisierung sozial tragbarer Pflegesätze. Darüber hinaus lässt ein Krankenhaus, das entgegen der krankenhausplanerischen Vorgaben eine medizinische Abteilung als Haupt- statt als Belegabteilung führt, auch die der Planungsbehörde obliegende Einschätzung zur bedarfsgerechten Versorgung der Bevölkerung außer Acht bzw. ersetzt deren Einschätzung unzulässigerweise durch seine eigene. Der vorliegende Fall belegt dies anschaulich, da eine neurochirurgische Hauptabteilung mit (nur) 5 Betten kaum wirtschaftlich zu führen sein dürfte.

b) Eine bloße Ordnungsfunktion – wie die Klägerin möglicherweise annimmt – haben die Vorschriften über die Zulassung von Krankenhäusern zur Krankenhausbehandlung demnach nicht. Während Hochschulkliniken gemäß § 108 Nr. 1 SGB V schon kraft Gesetzes zugelassene Krankenhäuser sind, ist die Zulassung anderer Krankenhäuser davon abhängig, dass sie in den Krankenhausplan eines Landes aufgenommen sind oder mit ihnen ein Versorgungsvertrag abgeschlossen wird (§ 108 Nr. 2 und 3 SGB V). Erst durch die Steuerungsfunktion von Krankenhausplan und Versorgungsauftrag wird das System der am Bedarf orientierten und auf den sparsamen Einsatz der begrenzten finanziellen Mittel zur Krankenhausfinanzierung und zur Gewährung der laufenden Versorgung ausgerichteten Zulassung zur Krankenhausversorgung praktikabel. Ohne die damit verbundene Konkretisierung und Abgrenzung der Versorgungsaufgaben auch unter den beteiligten Krankenhäusern wäre das Ziel, Überkapazitäten zu vermeiden, nicht zu erreichen. Dieser Zweck würde unterlaufen, wenn Behandlungen auch dann abzugelten wären, wenn sie – bewusst oder unbewusst – außerhalb des erteilten Versorgungsauftrages durchgeführt werden (BSG, Urteil vom 24. Januar 2008 – B 3 KR 17/07 R –, juris). Setzt sich das Krankenhaus der Klägerin über die Zuweisung einer medizinischen Fachabteilung als Belegabteilung hinweg, so überschreitet es seinen Versorgungsauftrag nicht anders, als wenn es auf medizinischen Gebieten tätig wird, die ihm im Feststellungsbescheid nicht zugewiesen sind, oder es zur Kapazitätserweiterung mehr als die genehmigten Planbetten einsetzt (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2007 – 3 C 53/06 –, juris).

III. Auch ein Anspruch des Krankenhauses auf Vergütung der nichtärztlichen Leistungen im Zusammenhang mit der Explantation der Morphinpumpe ist nicht gegeben. Die Klägerin kann nicht so gestellt werden, als habe ein Belegarzt die OP durchgeführt.

1. Allerdings sind die Vertragsparteien nach § 17b Abs. 2 KHG ihrer Verpflichtung aus § 18 Abs. 2, 1. Halbsatz KHEntgG aF nachgekommen und haben in Teil b des Fallpauschalen-Katalogs (Anlage 1 zur FPV 2005) Bewertungsrelationen bei belegärztlicher Versorgung vereinbart. Für die DRG I56Z war eine Bewertungsrelation "bei Belegoperateur" von 1,008 und "bei Belegoperateur und Beleganästhesist" von 0,950 vorgesehen.

2. Indes liegen auch insofern die tatbestandlichen Voraussetzungen nicht vor. Denn beide Vergütungsalternativen setzen voraus, dass die ärztliche Leistung zumindest durch einen Belegoperateur erbracht wurde. Der den Versicherten operierende Arzt Dr. D ist jedoch kein Belegarzt, sondern als Oberarzt beim Krankenhaus der Klägerin beschäftigt.

3. Die Klägerin kann auch nicht verlangen, so gestellt zu werden, als habe ein Belegarzt die Explantation der Morphinpumpe vorgenommen. Zwar mag der tatsächliche Aufwand der neurochirurgischen Abteilung im vorliegenden Fall sich vom Aufwand bei belegärztlicher Durchführung nicht wesentlich unterscheiden, weil einerseits die gesamte pflegerische Nachbetreuung nicht durch sie, sondern durch die psychiatrische Abteilung, andererseits die ärztliche Nachbetreuung nicht durch den außerhalb des Krankenhauses stehenden Belegoperateur, sondern die bei der Klägerin beschäftigten Neurochirurgen erfolgte. Gleichwohl gilt auch hier der Grundsatz, dass Abrechnungsbestimmungen eng am Wortlaut orientiert und allenfalls unterstützt durch systematische Erwägungen auszulegen sind (s.o.).

IV. Unverständlich ist der Einwand der Klägerin, es habe eine Notfallbehandlung vorgelegen, für die sie unabhängig vom Versorgungsauftrag eine Vergütung beanspruchen könne. Diese Einschätzung widerspricht den Darstellungen des Krankenhauses in der Epikrise vom 5. März 2005 (dort Seite 4) sowie im internen Arztbrief (Funktionsbereich Psychosomatik an Herr Priv.-Doz. B) vom 27. Januar 2005, wonach in Absprache mit dem Versicherten im Rahmen des geplanten Aufenthalts im Bereich Psychosomatik auch die Morphinpumpe entfernt werden könnte. Der gesamten von der Klägerin dem Senat zur Verfügung gestellten Krankenakte ist im Übrigen kein Hinweis darauf zu entnehmen, dass ohne die Explantation der Morphinpumpe dem Versicherten Gefahren für Leib und Leben oder unzumutbare Schmerzen gedroht hätten (Bäune, in: Eichenhofer/Wenner, SGB V, § 76 Rd. 11 m.w.N.).

V. Der Senat verkennt nicht, dass seine Rechtsprechung zur Folge haben könnte, dass grundsätzlich separat zu erbringende Leistungen eines Krankenhauses aus unterschiedlichen Entgeltbereichen künftig zu einer erneuten Aufnahme in das Krankenhaus und somit zu einem weiteren gesondert zu vergütenden Behandlungsfall führen. Dies ist angesichts des weitgehenden Analogieverbots im Bereich von Abrechnungsbestimmungen hinzunehmen. Einer möglichen Fehlentwicklung haben die Vertragsparteien durch die Vereinbarung entsprechender Abrechnungsbestimmungen entgegen zu wirken. Daran dürften gerade die Krankenkassen als Kostenträger ein vitales Interesse haben.

VI. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 Satz 1, 2. Hs. SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreites.

Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) zugelassen.
Rechtskraft
Aus
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