Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 23 KR 4134/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 1339/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 26.02.2013 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Kostenerstattung für eine im Jahr 2010 durchgeführte Magenbypass-Operation inklusive Anästhesiekosten iHv 10.500,- EUR.
Die Klägerin ist am 22.08.1969 geboren und bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Sie ist als Journalistin tätig. Sie litt - Stand Januar 2010 - an morbider Adipositas per magna (Körpergröße 179cm, Gewicht von 140 kg, Body-Mass-Index, BMI )40 kg/m²).
Im Jahr 2005 erhielt die Klägerin im Rahmen einer Studie ein fernsteuerbares Magenband implantiert. Die damalige gesetzliche Krankenkasse der Klägerin beteiligte sich nicht an den Kosten. Aufgrund von Fehlfunktionen unter Beeinträchtigung der Lebensqualität wurde das Magenband im Zuge eines Eingriffs im Oktober 2009 auf Kosten des Herstellers des Bandes wieder entfernt.
Mit Schreiben vom 17.09.2009 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Übernahme der Kosten für eine Magenbypass-Operation (Blatt 38 Verwaltungsakte). Beigefügt war eine Stellungnahme des Chirurgen Prof. Dr. W., Krankenhaus S. vom 16.03.2009. Prof. Dr. W. führte aus, dass bei der Klägerin eine krankhafte Adipositas vorliege und daher ein laparoskopischer Eingriff eines Magenbypasses durchgeführt werden solle. Damit sei eine Gewichtsabnahme von 70 bis 75 % des bestehenden Übergewichts zu erwarten. Die vorgeschlagene Operation werde zunehmend anstelle des bisher üblichen Magenbandes eingesetzt, da die Gewichtsreduktion deutlicher sei, im Körper kein Fremdmaterial verbleibe und kein "Austricksen" wie beim Magenband möglich sei. Die Adipositas-Anamnese der Klägerin sei mit mehr als 15 Jahren ausreichend lang, um eine weitere operative Behandlung in Erwägung zu ziehen. Es liege eine ausreichende Anzahl konservativer Therapieversuche mit ärztlich geleiteten ambulanten Gewichtsreduktionen vor. Bei einem BMI von über 40 sei nach Versagen der konservativen Therapieversuche die Operation gerechtfertigt.
Die Beklagte holte ein sozialmedizinisches Gutachten bei Dr. M. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) ein. Im Gutachten vom 05.10.2009 kam Dr. M. ua auf Grundlage eines Selbstauskunftsbogens der Klägerin vom 02.07.2009 zum Ergebnis, dass eine Adipositas per magna bei einem BMI von 40,5 vorliege; des Weiteren Verspannungen der Wirbelsäule und Schmerzen in den Füßen sowie eine Gonarthrose rechts. Die Voraussetzungen für die begehrte Maßnahme seien nicht erfüllt. Es sei nicht belegt, dass die konservativen Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft worden seien. Die Klägerin habe eine empfohlene Verhaltenstherapie nicht absolviert. Eine solche Therapie solle mindestens für 6 - 12 Monate versucht werden. Es habe auch keine Teilnahme an einer multidisziplinären konservativen Behandlung nach definierten Qualitätskriterien für mindestens 6 - 12 Monate stattgefunden. Demzufolge sei auch die ausreichende Motivation nicht belegt. Die Kostenübernahme könne daher nicht befürwortet werden.
Mit Bescheid vom 19.10.2009 (Blatt 47 Verwaltungsakte) lehnte die Beklagte unter Hinweis auf das MDK-Gutachten die Kostenübernahme ab. Die konservativen Maßnahmen seien noch nicht ausreichend ausgeschöpft. Vorrangig sei ein dreigliedriges Therapieprogramm mit Ernährungs-, Bewegungs- und Verhaltenstherapie mit ärztlicher Dokumentation für die Dauer von mindestens 6 - 12 Monaten.
Hiergegen erhob die Klägerin am 27.10.2009 Widerspruch. Eine vierjährige aktive Teilnahme an einer ärztlich begleiteten Magenbandstudie würde die Motivation ausreichend nachweisen. Eine Verhaltenstherapie wurde bzw werde besucht (seit Februar 2009). Beigefügt war eine Stellungnahme des Chirurgen Prof. Dr. W. vom 21.10.2009, die mit derjenigen vom 16.03.2009 im Wesentlichen inhaltsgleich war.
Die Klägerin veranlasste sodann auf eigene Kosten die Durchführung der laparoskopischen Magenbypass-Operation. Die stationäre Behandlung erfolgte in der Zeit vom 28.01.2010 bis 03.02.2010 im Krankenhaus S., Prof. Dr. W ... Die Kosten in Höhe von 10.500 EUR hat die Klägerin bezahlt.
Auf Grundlage einer von der Beklagten angeforderten verhaltenstherapeutischen Stellungnahme der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Z. erfolgte eine weitere sozialmedizinische Begutachtung der Klägerin durch Dr. S. vom MDK nach Aktenlage. In der Stellungnahme vom 10.03.2010 (Blatt 77 Verwaltungsakte) führte Dr. S. aus, dass ein integratives Gesamtbehandlungskonzept, bestehend aus gleichzeitiger und langanhaltender Ernährungsberatung, Bewegungs- und Verhaltenstherapie bislang bei der Klägerin nicht konsequent zum Einsatz gekommen sei. Die Klägerin habe keine schweren Begleiterkrankungen. Es sei zu erwarten, dass bei striktem Einsatz und entsprechender Überwachung dieses Gesamtbehandlungskonzept auch auf konservativem Wege eine einschneidende und anhaltende Gewichtsabnahme erzielt werde. Die Klägerin solle zunächst Esstagebücher führen, welche in kurzfristigen Abständen überprüft werden sollten. Gleichzeitig solle eine regelmäßige Bewegungs- und Verhaltenstherapie erfolgen. Dieses Konzept solle 12 Monate durchgeführt werden. Dann könne entschieden werden, ob mit der konservativen Behandlung keine Erfolge erreicht werden könne.
Mit Widerspruchsbescheid vom 16.06.2010 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 19.10.2009 als unbegründet zurück. Kosten für eine chirurgische Magenverkleinerung könnten nicht übernommen werden. Die Beklagte nahm zur weiteren Begründung auf die Stellungnahme des MDK vom 10.03.2010 Bezug.
Hiergegen hat die Klägerin am 09.07.2010 Klage zum Sozialgericht Stuttgart erhoben und die Kostenerstattung für die durchgeführte Magenbypass-Operation in Höhe von 10.500,- EUR begehrt. Sie habe einen Anspruch auf Kostenübernahme, da sie in den zurückliegenden Jahren sämtliche Möglichkeiten einer interdisziplinären Therapie ausgeschöpft habe. Sie habe bereits ein Esstagebuch über 14 Tage geführt. Auch in der Vergangenheit hätten schon ausführliche Aufzeichnungen zur Nahrungsaufnahme stattgefunden. Die behandelnde Nervenärztin Dr. Z. habe 2005 darauf hingewiesen, dass die von ihr initiierte Verhaltenstherapie nicht geeignet sei, eine wesentliche Änderung der Adipositas zu erzielen. Sämtliche konservativen Behandlungsmethoden als Vorstufe einer Operation seien daher erschöpft. Eine darüber hinausgehende multimodale konservative Therapie sei in ihrem Fall weder gerechtfertigt noch durchführbar. Sie sei schwer adipös und habe gewichtsbedingt erhebliche körperliche Einschränkungen, die die Teilnahme an Bewegungsprogrammen gar nicht bzw nur stark eingeschränkt erlaubten. Eine psychotherapeutische Parallelbehandlung führe sie bereits sei Februar 2009 regelmäßig durch.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat auf die Begründungen der angefochtenen Bescheide Bezug genommen. Ausweislich der evidenzbasierten Leitlinien "Chirurgische Therapie der extremen Adipositas" sei ein chirurgischer Eingriff auch bei einem BMI von 40 und größer die ultima ratio und komme nur dann in Betracht, wenn nachweislich konservative Behandlungsmöglichkeiten erfolglos ausgeschöpft worden seien. Eine integrierte Therapie nach den Leitlinien setze sich aus den Elementen der Ernährungs-, Bewegungs- und Verhaltenstherapie zusammen. Einem solchen, auf längere Dauer angelegten und von einer Gesamtstrategie geleiteten Behandlungskonzept zur nachhaltigen Gewichtsreduktion habe sich die Klägerin bislang nicht unterzogen. Aus dem Vortrag der Klägerin werde vielmehr deutlich, dass keinerlei koordinierte Strategie unter Aufsicht eines entsprechend qualifizierten Arztes stattgefunden habe.
Das SG hat Beweis erhoben durch die Einholung sachverständiger Zeugenauskünfte der behandelnden Ärzte. Die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Z. hat im Schreiben vom 17.02.2011 mitgeteilt, dass im Jahr 2005 vier Behandlungskontakte stattgefunden hätten, danach erst wieder ab 04.02.2009. Es würden regelmäßig in zweimonatlichen Abständen psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlungen stattfinden. Die Adipositas sei nicht primär Grund der Behandlung. Welche Therapien die Klägerin hinsichtlich der Adipositas bereits durchgeführt habe und an welchen Maßnahmen sie teilgenommen habe, könne sie nicht sagen. Der Chirurg Prof. Dr. W. hat im Schreiben vom 12.03.2011 ausgeführt, dass seit mehr als 10 Jahren eine Adipositas-Erkrankung vorliege. Ernährungsberatung, Ernährungsumschulung sowie Diätmaßnahmen/Ernährungsumschulung unter ärztlicher Überwachung hätten stattgefunden. Eine Bewegungstherapie unter ärztlicher Überwachung habe nicht stattgefunden. Ob eine medikamentöse Adipositas-Therapie stattgefunden habe, sei nicht bekannt. Ob gewichtsbezogene/adipositasbezogene psychotherapeutische Maßnahmen, Verhaltenstherapie, stationäre Reha-Maßnahmen oder Teilnahme an einem ärztlich überwachten integrierten Gesamtbehandlungskonzept stattgefunden habe, könne er derzeit nicht beantworten, da eine Befragung der Klägerin nicht erfolgt sei und in den eigenen Krankenunterlagen hierüber nichts vermerkt sei. Der Allgemeinmediziner L. hat im Schreiben vom 14.04.2011 ausgeführt, dass der Arzt-Patienten-Kontakt eher sporadisch sei. Die Klägerin habe erhebliche Willensanstrengungen unternommen, um den bleibenden Erfolg der operativen Maßnahme zu sichern. Nach der Operation habe sie es geschafft, bleibend Gewicht zu reduzieren und sich wieder in eine auch psychosozial stabile Situation zu bringen.
Mit Urteil vom 26.02.2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten seien rechtmäßig und verletzten die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzen. Sie habe keinen Anspruch auf die Erstattung der Kosten der durchgeführten Magenbypass-Operation. Der chirurgische Eingriff in ein gesundes Organ, vorliegend der Magen der Klägerin, mit dem Ziel einer zwangsweisen Begrenzung der Nahrungsaufnahme sei nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Die Operation komme nur als ultima ratio in Betracht. Die Klägerin habe vor der Operation nicht sämtliche konservativen Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft. Ein ärztlich koordiniertes und geleitetes Gesamttherapiekonzept habe nicht stattgefunden.
Gegen das ihrem Bevollmächtigten am 08.03.2013 gegen Empfangsbekenntnis zugestellte Urteil des SG hat die Klägerin am 25.03.2013 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Sie hat ihr bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft. Nach einer Gesamtbetrachtung der Lebensumstände und des diätischen Werdegangs seien die konservativen Behandlungsmöglichkeiten erschöpft gewesen, weshalb die Magenbypass-Operation vorliegend als ultima ratio gerechtfertigt gewesen sei. Rein formal möge es zwar zutreffen, dass sie die konservativen Behandlungsmöglichkeiten nicht in der gebotenen Form ausgeschöpft habe. Die Teilnahme an einem sich aus mehreren Bausteinen zusammensetzenden Therapiekonzept zur Reduzierung des Übergewichts könne für die letzte Zeit nicht dargelegt werden. Sie habe aber in den vergangenen Jahren immer wieder, wenn auch erfolglos, in Eigeninitiative vielfältige Bemühungen unternommen, um ihr Gewicht zu reduzieren. Die Teilnahme an der Magenbandstudie stehe der Teilnahme an einem von der Beklagten geforderten Behandlungskonzept gleich, da durchgehend entsprechende Maßnahmen erfolgt seien. Die Klägerin hat ein Schreiben der Allgemeinmedizinerin M. vom 16.01.2014 vorgelegt. Aus der Auskunft der Ärztin M. sowie auch anderer Teilnehmer der Magenbandstudie ergebe sich, dass die Teilnehmer an der Magenbandstudie nach einem dem von der Beklagten verlangten koordinierten Konzept gleichzusetzenden engmaschigen Gewichtsreduktionsprogramm betreut und ärztlicherseits mit entsprechenden Handlungsanweisungen die Studie durchlaufen hätten.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 26.02.2013 und den Bescheid der Beklagten vom 19.10.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.06.2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr die Kosten für die im Krankenhaus S. durchgeführte Magenbypass-Operation inklusive Anästhesiekosten in Höhe von insgesamt 10.500,- EUR zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie nimmt auf die Begründungen der angefochtenen Bescheide sowie die Ausführungen des SG Bezug. Die Teilnahme an einer Magenbandstudie könne nicht mit konventionellen Behandlungsmaßnahmen gleichgesetzt werden. Bei der konservativen Behandlungsmethode gehe es um einen längerfristigen ärztlich kontrollierten Gewichtsabnehmversuch ohne den Einsatz eines ultima-ratio-Hilfsmittels wie Magenband oder Magenbypass.
Der Senat hat Beweis erhoben durch die Einholung sachverständiger Zeugenauskünfte bei der Allgemeinmedizinerin M ... Diese hat im Schreiben vom 20.08.2014 ausgeführt, dass die einzige Therapie im Zeitraum 2005 bis 2009 (Zeitraum der Magenbandstudie), die sie mit Sicherheit nachweisen könne, der Austausch des Magenbandes gewesen, da hier der Arztbrief vorliege. Weitere Behandlungsmaßnahmen/Therapien seien von ihr nicht durchgeführt worden, da die Klinik nur für Beschwerden im Zusammenhang mit dem Band zuständig gewesen sei. Eine nochmalige Befragung von Prof. Dr. W. war angesichts der vom SG durchgeführten Beweisaufnahme mit detaillierter Befragung nicht erforderlich.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogene Verwaltungsakte sowie die Gerichtsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten gemäß §§ 153 Abs 1, 124 Abs 2 SGG ohne mündliche Verhandlung.
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft, zulässig aber unbegründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für die im Jahr 2010 durchgeführte Magenbypass-Operation inklusive Anästhesiekosten iHv 10.500,00 EUR. Ein Anspruch auf Krankenhausbehandlung zur Durchführung einer Magen-Bypass-Operation wegen krankhaften Übergewichts besteht in der GKV nur, wenn alle konservativen Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft sind. Dazu gehört auch die Durchführung einer 6 bis 12 Monate dauernden ärztlich koordinierten und geleiteten Gesamttherapie, welche ua Diätmaßnahmen, Schulungen des Ess- und Ernährungsverhaltens, Bewegungstherapie usw umfasst (vgl Senatsurteil vom 01.03.2011, L 11 KR 3560/09).
Als Rechtsgrundlage des geltend gemachten Erstattungsanspruchs kommt allein § 13 Abs 3 Satz 1 2. Alt SGB V in Betracht. Nach § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V hat die Krankenkasse dem Versicherten Kosten einer selbstbeschafften Leistung zu erstatten, die dadurch entstanden sind, dass sie eine unaufschiebbare Leistung entweder nicht rechtzeitig erbringen konnte (1. Alt) oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dadurch dem Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind, soweit die Leistung notwendig war (2. Alt). Mit dieser Regelung wird der Grundsatz des Sach- und Dienstleistungsanspruchs nach § 2 Abs 2 Satz 1 SGB V für die Fälle ergänzt, in denen die Krankenkasse eine geschuldete Leistung nicht oder nicht rechtzeitig zur Verfügung stellen kann (Bundessozialgericht (BSG) 02.11.2007, B 1 KR 14/07 R, BSGE 99, 180 = SozR 4-2500 § 13 Nr 15). Der Naturalleistungsanspruch des Versicherten wandelt sich um in einen Kostenerstattungsanspruch bzw soweit die Kosten tatsächlich noch nicht beglichen sind, in einen Anspruch des Versicherten auf Freistellung von den Kosten. Vorliegend hat die Klägerin die Rechnung des Krankenhauses S. beglichen, so dass ein Kostenerstattungsanspruch im Raum steht.
Die Klägerin hatte keinen Naturalleistungsanspruch auf Gewährung einer Magen-Bypass-Operation.
Der Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs 3 SGB V reicht nicht weiter als ein entsprechen-der Sachleistungsanspruch des Versicherten gegen seine Krankenkasse. Er setzt voraus, dass die selbst beschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (ständige Rechtsprechung des BSG 14.12.2006, B 1 KR 12/06 R, SozR 4-2500 § 31 Nr 8; BSG 27.03.2007, B 1 KR 17/06 R, juris).
Nach § 27 Abs 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Nach Satz 2 Nr 5 dieser Vorschrift umfasst die Krankenbehandlung ua auch die Krankenhausbehandlung. Nach § 39 Abs 2 SGB V haben Versicherte Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus, wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Der Anspruch eines Versicherten auf Behandlung nach § 27 Abs 1 Satz 2 Nr 5 SGB V unterliegt den sich aus § 2 Abs 1 und § 12 Abs 1 SGB V ergebenden Einschränkungen. Er umfasst nur solche Leistungen, die zweckmäßig und wirtschaftlich sind und deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen (BSG 16.12.2008, B 1 KR 11/08 R, SozR 4-2500 § 13 Nr 19 - Liposuktion).
Ein Anspruch der Klägerin auf Krankenhausbehandlung nach § 27 Abs 1 Satz 1, § 39 Abs 1 Satz 2 SGB V hängt mithin davon ab, dass die Krankenhausbehandlung der Klägerin allein aus medizinischen Gründen erforderlich war (vgl Beschluss des Großen Senats des BSG vom 25.09.2007, GS 1/06, SozR 4-2500 § 35 Nr 10; ebenso Urteil des BSG vom 04.04.2006, B 1 KR 5/05 R, BSGE 96, 161 = SozR 4-2500 § 13 Nr 8 Rn 23). Die Erforderlichkeit richtet sich allein nach den medizinischen Erfordernissen (vgl Großer Senat, aaO, Rn 15). In jedem Fall bedarf es neben der generellen auch und gerade der individuellen Erforderlichkeit der Krankenhausbehandlung im Einzelfall (vgl BSG 07.11.2006, B 1 KR 32/04 R, Rn 28 und 37 f mwN; BSG 16.12.2008, B 1 KN 1/07 KR R, BSGE 102, 172, SozR 4-2500 § 109 Nr 13 mwN). An der individuellen Erforderlichkeit einer Krankenhausbehandlung der Klägerin fehlte es hier, da sie die bestehenden konservativen Behandlungsmethoden iS eines ärztlich koordinierten und geleiteten Gesamttherapiekonzepts, welches Diätmaßnahmen, eine Schulung des Ess- und Ernährungsverhaltens, eine Bewegungstherapie, ggfs pharmakologisch-ärztliche Behandlung und eine kombinierte psychotherapeutische Intervention umfasst und als Langzeitbehandlung auch konsequent und nachhaltig durchzuführen und zu dokumentieren ist, nicht vollständig ausgeschöpft hat.
Der Magen der Klägerin als solcher war gesund; er bedurfte keiner Operation mittels einer Bypass-Operation. Dies ergibt sich aus den vorliegenden Stellungnahmen der behandelnden Ärzte. Am Magen selbst bestand bzw besteht keine Funktionsstörung.
Mithin sind hier die für eine mittelbare Krankenbehandlung maßgebenden Kriterien zu prüfen. Da das von der Klägerin mit der Operation erstrebte Behandlungsziel einer Gewichtsreduktion auf verschiedenen Wegen hätte erreicht werden können, kommt es darauf an, ob eine vollstationäre chirurgische Behandlung unter Berücksichtigung der Behandlungsalternativen (diätische Therapie, Bewegungstherapie, medikamentöse Therapie, Psychotherapie) notwendig und wirtschaftlich war. Sodann ist zu untersuchen, ob nach dem aktuellen Stand der wissenschaftlichen Diskussion aus medizinischer Sicht die Voraussetzungen für eine chirurgische Intervention gegeben waren. Nach den Leitlinien der Fachgesellschaften (beispielsweise Leitlinie der deutschen Adipositas-Gesellschaft; vgl auch Interdisziplinäre Leitlinie der Qualität S 3 zur "Prävention und Therapie der Adipositas", Version 2.0, April 2014, S 66 ff) kommt die Magen-Bypass-Operation als chirurgische Behandlung der extremen Adipositas nur als Ultima Ratio und nur bei Patienten in Betracht, die eine Reihe von Bedingungen für eine erfolgreiche Behandlung erfüllen (BMI ) 40 oder 35 mit erheblichen Begleiterkrankungen; Erschöpfung konservativer Behandlungsmöglichkeiten; tolerables Operationsrisiko; ausreichende Motivation, keine manifeste psychiatrische Erkrankung; Möglichkeit einer lebenslangen medizinischen Nachbetreuung; vgl BSG Urteil vom 19.02.2003, B 1 KR 1/02 R, BSGE 90, 289, SozR 4-2500 § 137c Nr 1; auch Urteil vom 18.12.2008, B 1 KR 2/08 R, SozR 4-2500 § 13 Nr 20). Hinweise darauf, dass diese Leitlinien im Jahr 2010 bzw heute nicht mehr dem medizinischen Standard entsprechen, liegen nicht vor.
Die Klägerin litt unstreitig an Übergewicht in krankhaftem Ausmaß. Die Krankheitswertigkeit der (morbiden) Adipositas per magna mit einem BMI von )40kg/m² belegen die übereinstimmenden Angaben der behandelnden Ärzte.
Zutreffend hat das SG aber entschieden, dass bei der Klägerin unabhängig von der bestehenden (morbiden) Adipositas per magna und den genannten Folgeerkrankungen nicht sämtliche alternativen konservativen Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft waren. Denn es fehlt an einem ärztlich koordinierten und geleiteten Gesamttherapiekonzept, welches Diätmaßnahmen, eine Schulung des Ess- und Ernährungsverhaltens, eine Bewegungstherapie, ggfs pharmakologisch-ärztliche Behandlung und eine kombinierte psychotherapeutische Intervention umfasst und als Langzeitbehandlung auch konsequent und nachhaltig durchgeführt und dokumentiert worden ist (vgl Senatsurteil vom 01.03.2011, L 11 KR 3560/09). Eine derartige qualitativ anspruchsvolle Therapie hätte anhand bestimmter Qualitätskriterien erfolgen und über einen Zeitraum von sechs bis zwölf Monaten durchgeführt werden müssen. Dieses Erfordernis wird so ua auch von der Deutschen Adipositas-Gesellschaft und der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin aufgestellt (vgl die Leitlinie "Prävention und Therapie der Adipositas", Version 2.0; Hintergrund und Evidenz zur Empfehlung 5.44, S 70; siehe auch die "Evidenzbasierte Leitlinie chirurgische Therapie der extremen Adipositas" der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie der Adipositas e.V. und der Deutschen Adipositas Gesellschaft e.V. vom 01.12.2006).
Die bei der Klägerin nach ihren eigenen Angaben und nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme durchgeführten Maßnahmen ergeben keinen Hinweis darauf, dass bei ihr ein ärztlich koordiniertes und geleitetes Gesamttherapiekonzept über einen Zeitraum von sechs bis zwölf Monaten durchgeführt worden ist. Die von der Klägerin in Eigeninitiative unternommenen Bemühungen genügen dem beschriebenen ärztlich-koordinierten Konzept nicht. Die behandelnden Ärzte haben auf konkrete und detaillierte Fragen des SG mitgeteilt, sie wüssten nichts von entsprechenden Therapien anderer Ärzte, weshalb es in jedem Fall an der erforderlichen Koordination fehlt. Die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Z. hat im Schreiben vom 17.02.2011 erklärt, welche Therapien die Klägerin hinsichtlich der Adipositas bereits durchgeführt habe und an welchen Maßnahmen sie teilgenommen habe, könne sie nicht sagen. Der Chirurg Prof. Dr. W. hat im Schreiben vom 12.03.2011 erklärt, eine Bewegungstherapie unter ärztlicher Überwachung habe nicht stattgefunden. Ob eine medikamentöse Adipositas-Therapie stattgefunden habe, sei ihm nicht bekannt. Ob gewichtsbezogene/adipositasbezogene psychotherapeutische Maßnahmen, Verhaltenstherapie, stationäre Reha-Maßnahmen oder Teilnahme an einem ärztlich überwachten integrierten Gesamtbehandlungskonzept stattgefunden habe, wisse er nicht.
Die Teilnahme an einer Magenbandstudie kann nicht mit konventionellen Behandlungsmaßnahmen gleichgesetzt werden. Bei der konservativen Behandlungsmethode geht es um einen längerfristigen, ärztlich kontrollierten Gewichtsabnehmversuch ohne den Einsatz eines ultima-ratio-Hilfsmittels wie Magenband oder Magenbypass. Die behandelnde Ärztin M. hat im Schreiben vom 20.08.2014 ausgeführt, dass ihr im Zeitraum der Magenbandstudie von 2005 bis 2009 keine Therapien bekannt seien. Sie selbst habe außer dem Austausch des Magenbandes keine weiteren Behandlungsmaßnahmen/Therapien durchgeführt.
Ein Ausnahmefall im Sinne der Rechtsprechung, dass eine konkret lebensbedrohliche Erkrankung die grundrechtskonforme Auslegung des Leistungsanspruchs nach § 27 Abs 1 Satz 2 Nr 5 SGB V erfordert, liegt im Fall der Klägerin nicht vor. Es bestehen keine Anhaltspunkte, dass sich ihr Übergewicht in absehbarer Zeit lebensbedrohend ausgewirkt hätte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Kostenerstattung für eine im Jahr 2010 durchgeführte Magenbypass-Operation inklusive Anästhesiekosten iHv 10.500,- EUR.
Die Klägerin ist am 22.08.1969 geboren und bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Sie ist als Journalistin tätig. Sie litt - Stand Januar 2010 - an morbider Adipositas per magna (Körpergröße 179cm, Gewicht von 140 kg, Body-Mass-Index, BMI )40 kg/m²).
Im Jahr 2005 erhielt die Klägerin im Rahmen einer Studie ein fernsteuerbares Magenband implantiert. Die damalige gesetzliche Krankenkasse der Klägerin beteiligte sich nicht an den Kosten. Aufgrund von Fehlfunktionen unter Beeinträchtigung der Lebensqualität wurde das Magenband im Zuge eines Eingriffs im Oktober 2009 auf Kosten des Herstellers des Bandes wieder entfernt.
Mit Schreiben vom 17.09.2009 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Übernahme der Kosten für eine Magenbypass-Operation (Blatt 38 Verwaltungsakte). Beigefügt war eine Stellungnahme des Chirurgen Prof. Dr. W., Krankenhaus S. vom 16.03.2009. Prof. Dr. W. führte aus, dass bei der Klägerin eine krankhafte Adipositas vorliege und daher ein laparoskopischer Eingriff eines Magenbypasses durchgeführt werden solle. Damit sei eine Gewichtsabnahme von 70 bis 75 % des bestehenden Übergewichts zu erwarten. Die vorgeschlagene Operation werde zunehmend anstelle des bisher üblichen Magenbandes eingesetzt, da die Gewichtsreduktion deutlicher sei, im Körper kein Fremdmaterial verbleibe und kein "Austricksen" wie beim Magenband möglich sei. Die Adipositas-Anamnese der Klägerin sei mit mehr als 15 Jahren ausreichend lang, um eine weitere operative Behandlung in Erwägung zu ziehen. Es liege eine ausreichende Anzahl konservativer Therapieversuche mit ärztlich geleiteten ambulanten Gewichtsreduktionen vor. Bei einem BMI von über 40 sei nach Versagen der konservativen Therapieversuche die Operation gerechtfertigt.
Die Beklagte holte ein sozialmedizinisches Gutachten bei Dr. M. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) ein. Im Gutachten vom 05.10.2009 kam Dr. M. ua auf Grundlage eines Selbstauskunftsbogens der Klägerin vom 02.07.2009 zum Ergebnis, dass eine Adipositas per magna bei einem BMI von 40,5 vorliege; des Weiteren Verspannungen der Wirbelsäule und Schmerzen in den Füßen sowie eine Gonarthrose rechts. Die Voraussetzungen für die begehrte Maßnahme seien nicht erfüllt. Es sei nicht belegt, dass die konservativen Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft worden seien. Die Klägerin habe eine empfohlene Verhaltenstherapie nicht absolviert. Eine solche Therapie solle mindestens für 6 - 12 Monate versucht werden. Es habe auch keine Teilnahme an einer multidisziplinären konservativen Behandlung nach definierten Qualitätskriterien für mindestens 6 - 12 Monate stattgefunden. Demzufolge sei auch die ausreichende Motivation nicht belegt. Die Kostenübernahme könne daher nicht befürwortet werden.
Mit Bescheid vom 19.10.2009 (Blatt 47 Verwaltungsakte) lehnte die Beklagte unter Hinweis auf das MDK-Gutachten die Kostenübernahme ab. Die konservativen Maßnahmen seien noch nicht ausreichend ausgeschöpft. Vorrangig sei ein dreigliedriges Therapieprogramm mit Ernährungs-, Bewegungs- und Verhaltenstherapie mit ärztlicher Dokumentation für die Dauer von mindestens 6 - 12 Monaten.
Hiergegen erhob die Klägerin am 27.10.2009 Widerspruch. Eine vierjährige aktive Teilnahme an einer ärztlich begleiteten Magenbandstudie würde die Motivation ausreichend nachweisen. Eine Verhaltenstherapie wurde bzw werde besucht (seit Februar 2009). Beigefügt war eine Stellungnahme des Chirurgen Prof. Dr. W. vom 21.10.2009, die mit derjenigen vom 16.03.2009 im Wesentlichen inhaltsgleich war.
Die Klägerin veranlasste sodann auf eigene Kosten die Durchführung der laparoskopischen Magenbypass-Operation. Die stationäre Behandlung erfolgte in der Zeit vom 28.01.2010 bis 03.02.2010 im Krankenhaus S., Prof. Dr. W ... Die Kosten in Höhe von 10.500 EUR hat die Klägerin bezahlt.
Auf Grundlage einer von der Beklagten angeforderten verhaltenstherapeutischen Stellungnahme der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Z. erfolgte eine weitere sozialmedizinische Begutachtung der Klägerin durch Dr. S. vom MDK nach Aktenlage. In der Stellungnahme vom 10.03.2010 (Blatt 77 Verwaltungsakte) führte Dr. S. aus, dass ein integratives Gesamtbehandlungskonzept, bestehend aus gleichzeitiger und langanhaltender Ernährungsberatung, Bewegungs- und Verhaltenstherapie bislang bei der Klägerin nicht konsequent zum Einsatz gekommen sei. Die Klägerin habe keine schweren Begleiterkrankungen. Es sei zu erwarten, dass bei striktem Einsatz und entsprechender Überwachung dieses Gesamtbehandlungskonzept auch auf konservativem Wege eine einschneidende und anhaltende Gewichtsabnahme erzielt werde. Die Klägerin solle zunächst Esstagebücher führen, welche in kurzfristigen Abständen überprüft werden sollten. Gleichzeitig solle eine regelmäßige Bewegungs- und Verhaltenstherapie erfolgen. Dieses Konzept solle 12 Monate durchgeführt werden. Dann könne entschieden werden, ob mit der konservativen Behandlung keine Erfolge erreicht werden könne.
Mit Widerspruchsbescheid vom 16.06.2010 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 19.10.2009 als unbegründet zurück. Kosten für eine chirurgische Magenverkleinerung könnten nicht übernommen werden. Die Beklagte nahm zur weiteren Begründung auf die Stellungnahme des MDK vom 10.03.2010 Bezug.
Hiergegen hat die Klägerin am 09.07.2010 Klage zum Sozialgericht Stuttgart erhoben und die Kostenerstattung für die durchgeführte Magenbypass-Operation in Höhe von 10.500,- EUR begehrt. Sie habe einen Anspruch auf Kostenübernahme, da sie in den zurückliegenden Jahren sämtliche Möglichkeiten einer interdisziplinären Therapie ausgeschöpft habe. Sie habe bereits ein Esstagebuch über 14 Tage geführt. Auch in der Vergangenheit hätten schon ausführliche Aufzeichnungen zur Nahrungsaufnahme stattgefunden. Die behandelnde Nervenärztin Dr. Z. habe 2005 darauf hingewiesen, dass die von ihr initiierte Verhaltenstherapie nicht geeignet sei, eine wesentliche Änderung der Adipositas zu erzielen. Sämtliche konservativen Behandlungsmethoden als Vorstufe einer Operation seien daher erschöpft. Eine darüber hinausgehende multimodale konservative Therapie sei in ihrem Fall weder gerechtfertigt noch durchführbar. Sie sei schwer adipös und habe gewichtsbedingt erhebliche körperliche Einschränkungen, die die Teilnahme an Bewegungsprogrammen gar nicht bzw nur stark eingeschränkt erlaubten. Eine psychotherapeutische Parallelbehandlung führe sie bereits sei Februar 2009 regelmäßig durch.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat auf die Begründungen der angefochtenen Bescheide Bezug genommen. Ausweislich der evidenzbasierten Leitlinien "Chirurgische Therapie der extremen Adipositas" sei ein chirurgischer Eingriff auch bei einem BMI von 40 und größer die ultima ratio und komme nur dann in Betracht, wenn nachweislich konservative Behandlungsmöglichkeiten erfolglos ausgeschöpft worden seien. Eine integrierte Therapie nach den Leitlinien setze sich aus den Elementen der Ernährungs-, Bewegungs- und Verhaltenstherapie zusammen. Einem solchen, auf längere Dauer angelegten und von einer Gesamtstrategie geleiteten Behandlungskonzept zur nachhaltigen Gewichtsreduktion habe sich die Klägerin bislang nicht unterzogen. Aus dem Vortrag der Klägerin werde vielmehr deutlich, dass keinerlei koordinierte Strategie unter Aufsicht eines entsprechend qualifizierten Arztes stattgefunden habe.
Das SG hat Beweis erhoben durch die Einholung sachverständiger Zeugenauskünfte der behandelnden Ärzte. Die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Z. hat im Schreiben vom 17.02.2011 mitgeteilt, dass im Jahr 2005 vier Behandlungskontakte stattgefunden hätten, danach erst wieder ab 04.02.2009. Es würden regelmäßig in zweimonatlichen Abständen psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlungen stattfinden. Die Adipositas sei nicht primär Grund der Behandlung. Welche Therapien die Klägerin hinsichtlich der Adipositas bereits durchgeführt habe und an welchen Maßnahmen sie teilgenommen habe, könne sie nicht sagen. Der Chirurg Prof. Dr. W. hat im Schreiben vom 12.03.2011 ausgeführt, dass seit mehr als 10 Jahren eine Adipositas-Erkrankung vorliege. Ernährungsberatung, Ernährungsumschulung sowie Diätmaßnahmen/Ernährungsumschulung unter ärztlicher Überwachung hätten stattgefunden. Eine Bewegungstherapie unter ärztlicher Überwachung habe nicht stattgefunden. Ob eine medikamentöse Adipositas-Therapie stattgefunden habe, sei nicht bekannt. Ob gewichtsbezogene/adipositasbezogene psychotherapeutische Maßnahmen, Verhaltenstherapie, stationäre Reha-Maßnahmen oder Teilnahme an einem ärztlich überwachten integrierten Gesamtbehandlungskonzept stattgefunden habe, könne er derzeit nicht beantworten, da eine Befragung der Klägerin nicht erfolgt sei und in den eigenen Krankenunterlagen hierüber nichts vermerkt sei. Der Allgemeinmediziner L. hat im Schreiben vom 14.04.2011 ausgeführt, dass der Arzt-Patienten-Kontakt eher sporadisch sei. Die Klägerin habe erhebliche Willensanstrengungen unternommen, um den bleibenden Erfolg der operativen Maßnahme zu sichern. Nach der Operation habe sie es geschafft, bleibend Gewicht zu reduzieren und sich wieder in eine auch psychosozial stabile Situation zu bringen.
Mit Urteil vom 26.02.2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten seien rechtmäßig und verletzten die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzen. Sie habe keinen Anspruch auf die Erstattung der Kosten der durchgeführten Magenbypass-Operation. Der chirurgische Eingriff in ein gesundes Organ, vorliegend der Magen der Klägerin, mit dem Ziel einer zwangsweisen Begrenzung der Nahrungsaufnahme sei nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Die Operation komme nur als ultima ratio in Betracht. Die Klägerin habe vor der Operation nicht sämtliche konservativen Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft. Ein ärztlich koordiniertes und geleitetes Gesamttherapiekonzept habe nicht stattgefunden.
Gegen das ihrem Bevollmächtigten am 08.03.2013 gegen Empfangsbekenntnis zugestellte Urteil des SG hat die Klägerin am 25.03.2013 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Sie hat ihr bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft. Nach einer Gesamtbetrachtung der Lebensumstände und des diätischen Werdegangs seien die konservativen Behandlungsmöglichkeiten erschöpft gewesen, weshalb die Magenbypass-Operation vorliegend als ultima ratio gerechtfertigt gewesen sei. Rein formal möge es zwar zutreffen, dass sie die konservativen Behandlungsmöglichkeiten nicht in der gebotenen Form ausgeschöpft habe. Die Teilnahme an einem sich aus mehreren Bausteinen zusammensetzenden Therapiekonzept zur Reduzierung des Übergewichts könne für die letzte Zeit nicht dargelegt werden. Sie habe aber in den vergangenen Jahren immer wieder, wenn auch erfolglos, in Eigeninitiative vielfältige Bemühungen unternommen, um ihr Gewicht zu reduzieren. Die Teilnahme an der Magenbandstudie stehe der Teilnahme an einem von der Beklagten geforderten Behandlungskonzept gleich, da durchgehend entsprechende Maßnahmen erfolgt seien. Die Klägerin hat ein Schreiben der Allgemeinmedizinerin M. vom 16.01.2014 vorgelegt. Aus der Auskunft der Ärztin M. sowie auch anderer Teilnehmer der Magenbandstudie ergebe sich, dass die Teilnehmer an der Magenbandstudie nach einem dem von der Beklagten verlangten koordinierten Konzept gleichzusetzenden engmaschigen Gewichtsreduktionsprogramm betreut und ärztlicherseits mit entsprechenden Handlungsanweisungen die Studie durchlaufen hätten.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 26.02.2013 und den Bescheid der Beklagten vom 19.10.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.06.2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr die Kosten für die im Krankenhaus S. durchgeführte Magenbypass-Operation inklusive Anästhesiekosten in Höhe von insgesamt 10.500,- EUR zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie nimmt auf die Begründungen der angefochtenen Bescheide sowie die Ausführungen des SG Bezug. Die Teilnahme an einer Magenbandstudie könne nicht mit konventionellen Behandlungsmaßnahmen gleichgesetzt werden. Bei der konservativen Behandlungsmethode gehe es um einen längerfristigen ärztlich kontrollierten Gewichtsabnehmversuch ohne den Einsatz eines ultima-ratio-Hilfsmittels wie Magenband oder Magenbypass.
Der Senat hat Beweis erhoben durch die Einholung sachverständiger Zeugenauskünfte bei der Allgemeinmedizinerin M ... Diese hat im Schreiben vom 20.08.2014 ausgeführt, dass die einzige Therapie im Zeitraum 2005 bis 2009 (Zeitraum der Magenbandstudie), die sie mit Sicherheit nachweisen könne, der Austausch des Magenbandes gewesen, da hier der Arztbrief vorliege. Weitere Behandlungsmaßnahmen/Therapien seien von ihr nicht durchgeführt worden, da die Klinik nur für Beschwerden im Zusammenhang mit dem Band zuständig gewesen sei. Eine nochmalige Befragung von Prof. Dr. W. war angesichts der vom SG durchgeführten Beweisaufnahme mit detaillierter Befragung nicht erforderlich.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogene Verwaltungsakte sowie die Gerichtsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten gemäß §§ 153 Abs 1, 124 Abs 2 SGG ohne mündliche Verhandlung.
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft, zulässig aber unbegründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für die im Jahr 2010 durchgeführte Magenbypass-Operation inklusive Anästhesiekosten iHv 10.500,00 EUR. Ein Anspruch auf Krankenhausbehandlung zur Durchführung einer Magen-Bypass-Operation wegen krankhaften Übergewichts besteht in der GKV nur, wenn alle konservativen Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft sind. Dazu gehört auch die Durchführung einer 6 bis 12 Monate dauernden ärztlich koordinierten und geleiteten Gesamttherapie, welche ua Diätmaßnahmen, Schulungen des Ess- und Ernährungsverhaltens, Bewegungstherapie usw umfasst (vgl Senatsurteil vom 01.03.2011, L 11 KR 3560/09).
Als Rechtsgrundlage des geltend gemachten Erstattungsanspruchs kommt allein § 13 Abs 3 Satz 1 2. Alt SGB V in Betracht. Nach § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V hat die Krankenkasse dem Versicherten Kosten einer selbstbeschafften Leistung zu erstatten, die dadurch entstanden sind, dass sie eine unaufschiebbare Leistung entweder nicht rechtzeitig erbringen konnte (1. Alt) oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dadurch dem Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind, soweit die Leistung notwendig war (2. Alt). Mit dieser Regelung wird der Grundsatz des Sach- und Dienstleistungsanspruchs nach § 2 Abs 2 Satz 1 SGB V für die Fälle ergänzt, in denen die Krankenkasse eine geschuldete Leistung nicht oder nicht rechtzeitig zur Verfügung stellen kann (Bundessozialgericht (BSG) 02.11.2007, B 1 KR 14/07 R, BSGE 99, 180 = SozR 4-2500 § 13 Nr 15). Der Naturalleistungsanspruch des Versicherten wandelt sich um in einen Kostenerstattungsanspruch bzw soweit die Kosten tatsächlich noch nicht beglichen sind, in einen Anspruch des Versicherten auf Freistellung von den Kosten. Vorliegend hat die Klägerin die Rechnung des Krankenhauses S. beglichen, so dass ein Kostenerstattungsanspruch im Raum steht.
Die Klägerin hatte keinen Naturalleistungsanspruch auf Gewährung einer Magen-Bypass-Operation.
Der Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs 3 SGB V reicht nicht weiter als ein entsprechen-der Sachleistungsanspruch des Versicherten gegen seine Krankenkasse. Er setzt voraus, dass die selbst beschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (ständige Rechtsprechung des BSG 14.12.2006, B 1 KR 12/06 R, SozR 4-2500 § 31 Nr 8; BSG 27.03.2007, B 1 KR 17/06 R, juris).
Nach § 27 Abs 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Nach Satz 2 Nr 5 dieser Vorschrift umfasst die Krankenbehandlung ua auch die Krankenhausbehandlung. Nach § 39 Abs 2 SGB V haben Versicherte Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus, wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Der Anspruch eines Versicherten auf Behandlung nach § 27 Abs 1 Satz 2 Nr 5 SGB V unterliegt den sich aus § 2 Abs 1 und § 12 Abs 1 SGB V ergebenden Einschränkungen. Er umfasst nur solche Leistungen, die zweckmäßig und wirtschaftlich sind und deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen (BSG 16.12.2008, B 1 KR 11/08 R, SozR 4-2500 § 13 Nr 19 - Liposuktion).
Ein Anspruch der Klägerin auf Krankenhausbehandlung nach § 27 Abs 1 Satz 1, § 39 Abs 1 Satz 2 SGB V hängt mithin davon ab, dass die Krankenhausbehandlung der Klägerin allein aus medizinischen Gründen erforderlich war (vgl Beschluss des Großen Senats des BSG vom 25.09.2007, GS 1/06, SozR 4-2500 § 35 Nr 10; ebenso Urteil des BSG vom 04.04.2006, B 1 KR 5/05 R, BSGE 96, 161 = SozR 4-2500 § 13 Nr 8 Rn 23). Die Erforderlichkeit richtet sich allein nach den medizinischen Erfordernissen (vgl Großer Senat, aaO, Rn 15). In jedem Fall bedarf es neben der generellen auch und gerade der individuellen Erforderlichkeit der Krankenhausbehandlung im Einzelfall (vgl BSG 07.11.2006, B 1 KR 32/04 R, Rn 28 und 37 f mwN; BSG 16.12.2008, B 1 KN 1/07 KR R, BSGE 102, 172, SozR 4-2500 § 109 Nr 13 mwN). An der individuellen Erforderlichkeit einer Krankenhausbehandlung der Klägerin fehlte es hier, da sie die bestehenden konservativen Behandlungsmethoden iS eines ärztlich koordinierten und geleiteten Gesamttherapiekonzepts, welches Diätmaßnahmen, eine Schulung des Ess- und Ernährungsverhaltens, eine Bewegungstherapie, ggfs pharmakologisch-ärztliche Behandlung und eine kombinierte psychotherapeutische Intervention umfasst und als Langzeitbehandlung auch konsequent und nachhaltig durchzuführen und zu dokumentieren ist, nicht vollständig ausgeschöpft hat.
Der Magen der Klägerin als solcher war gesund; er bedurfte keiner Operation mittels einer Bypass-Operation. Dies ergibt sich aus den vorliegenden Stellungnahmen der behandelnden Ärzte. Am Magen selbst bestand bzw besteht keine Funktionsstörung.
Mithin sind hier die für eine mittelbare Krankenbehandlung maßgebenden Kriterien zu prüfen. Da das von der Klägerin mit der Operation erstrebte Behandlungsziel einer Gewichtsreduktion auf verschiedenen Wegen hätte erreicht werden können, kommt es darauf an, ob eine vollstationäre chirurgische Behandlung unter Berücksichtigung der Behandlungsalternativen (diätische Therapie, Bewegungstherapie, medikamentöse Therapie, Psychotherapie) notwendig und wirtschaftlich war. Sodann ist zu untersuchen, ob nach dem aktuellen Stand der wissenschaftlichen Diskussion aus medizinischer Sicht die Voraussetzungen für eine chirurgische Intervention gegeben waren. Nach den Leitlinien der Fachgesellschaften (beispielsweise Leitlinie der deutschen Adipositas-Gesellschaft; vgl auch Interdisziplinäre Leitlinie der Qualität S 3 zur "Prävention und Therapie der Adipositas", Version 2.0, April 2014, S 66 ff) kommt die Magen-Bypass-Operation als chirurgische Behandlung der extremen Adipositas nur als Ultima Ratio und nur bei Patienten in Betracht, die eine Reihe von Bedingungen für eine erfolgreiche Behandlung erfüllen (BMI ) 40 oder 35 mit erheblichen Begleiterkrankungen; Erschöpfung konservativer Behandlungsmöglichkeiten; tolerables Operationsrisiko; ausreichende Motivation, keine manifeste psychiatrische Erkrankung; Möglichkeit einer lebenslangen medizinischen Nachbetreuung; vgl BSG Urteil vom 19.02.2003, B 1 KR 1/02 R, BSGE 90, 289, SozR 4-2500 § 137c Nr 1; auch Urteil vom 18.12.2008, B 1 KR 2/08 R, SozR 4-2500 § 13 Nr 20). Hinweise darauf, dass diese Leitlinien im Jahr 2010 bzw heute nicht mehr dem medizinischen Standard entsprechen, liegen nicht vor.
Die Klägerin litt unstreitig an Übergewicht in krankhaftem Ausmaß. Die Krankheitswertigkeit der (morbiden) Adipositas per magna mit einem BMI von )40kg/m² belegen die übereinstimmenden Angaben der behandelnden Ärzte.
Zutreffend hat das SG aber entschieden, dass bei der Klägerin unabhängig von der bestehenden (morbiden) Adipositas per magna und den genannten Folgeerkrankungen nicht sämtliche alternativen konservativen Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft waren. Denn es fehlt an einem ärztlich koordinierten und geleiteten Gesamttherapiekonzept, welches Diätmaßnahmen, eine Schulung des Ess- und Ernährungsverhaltens, eine Bewegungstherapie, ggfs pharmakologisch-ärztliche Behandlung und eine kombinierte psychotherapeutische Intervention umfasst und als Langzeitbehandlung auch konsequent und nachhaltig durchgeführt und dokumentiert worden ist (vgl Senatsurteil vom 01.03.2011, L 11 KR 3560/09). Eine derartige qualitativ anspruchsvolle Therapie hätte anhand bestimmter Qualitätskriterien erfolgen und über einen Zeitraum von sechs bis zwölf Monaten durchgeführt werden müssen. Dieses Erfordernis wird so ua auch von der Deutschen Adipositas-Gesellschaft und der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin aufgestellt (vgl die Leitlinie "Prävention und Therapie der Adipositas", Version 2.0; Hintergrund und Evidenz zur Empfehlung 5.44, S 70; siehe auch die "Evidenzbasierte Leitlinie chirurgische Therapie der extremen Adipositas" der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie der Adipositas e.V. und der Deutschen Adipositas Gesellschaft e.V. vom 01.12.2006).
Die bei der Klägerin nach ihren eigenen Angaben und nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme durchgeführten Maßnahmen ergeben keinen Hinweis darauf, dass bei ihr ein ärztlich koordiniertes und geleitetes Gesamttherapiekonzept über einen Zeitraum von sechs bis zwölf Monaten durchgeführt worden ist. Die von der Klägerin in Eigeninitiative unternommenen Bemühungen genügen dem beschriebenen ärztlich-koordinierten Konzept nicht. Die behandelnden Ärzte haben auf konkrete und detaillierte Fragen des SG mitgeteilt, sie wüssten nichts von entsprechenden Therapien anderer Ärzte, weshalb es in jedem Fall an der erforderlichen Koordination fehlt. Die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Z. hat im Schreiben vom 17.02.2011 erklärt, welche Therapien die Klägerin hinsichtlich der Adipositas bereits durchgeführt habe und an welchen Maßnahmen sie teilgenommen habe, könne sie nicht sagen. Der Chirurg Prof. Dr. W. hat im Schreiben vom 12.03.2011 erklärt, eine Bewegungstherapie unter ärztlicher Überwachung habe nicht stattgefunden. Ob eine medikamentöse Adipositas-Therapie stattgefunden habe, sei ihm nicht bekannt. Ob gewichtsbezogene/adipositasbezogene psychotherapeutische Maßnahmen, Verhaltenstherapie, stationäre Reha-Maßnahmen oder Teilnahme an einem ärztlich überwachten integrierten Gesamtbehandlungskonzept stattgefunden habe, wisse er nicht.
Die Teilnahme an einer Magenbandstudie kann nicht mit konventionellen Behandlungsmaßnahmen gleichgesetzt werden. Bei der konservativen Behandlungsmethode geht es um einen längerfristigen, ärztlich kontrollierten Gewichtsabnehmversuch ohne den Einsatz eines ultima-ratio-Hilfsmittels wie Magenband oder Magenbypass. Die behandelnde Ärztin M. hat im Schreiben vom 20.08.2014 ausgeführt, dass ihr im Zeitraum der Magenbandstudie von 2005 bis 2009 keine Therapien bekannt seien. Sie selbst habe außer dem Austausch des Magenbandes keine weiteren Behandlungsmaßnahmen/Therapien durchgeführt.
Ein Ausnahmefall im Sinne der Rechtsprechung, dass eine konkret lebensbedrohliche Erkrankung die grundrechtskonforme Auslegung des Leistungsanspruchs nach § 27 Abs 1 Satz 2 Nr 5 SGB V erfordert, liegt im Fall der Klägerin nicht vor. Es bestehen keine Anhaltspunkte, dass sich ihr Übergewicht in absehbarer Zeit lebensbedrohend ausgewirkt hätte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG).
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