Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 6 R 3680/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 3287/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 24.04.2012 abgeändert und der Bescheid der Beklagten vom 07.07.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.11.2010 wird insgesamt aufgehoben.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 31.071 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten noch, ob die Klägerin, eine Pflegegesellschaft mbH, Sozialversicherungsbeiträge betreffend die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) für den Zeitraum vom 01.04.2007 bis 30.04.2009 in Höhe von 31.071 EUR zahlen muss.
Die 1983 geborene Beigeladene zu 1) absolvierte nach dem Abitur ein BA-Studium zur Dipl.- Betriebswirtin von Oktober 2003 bis September 2006. Im Rahmen des dualen Ausbildungssystems nahm sie am 15.10.2005 ein Beschäftigungsverhältnis bei der Klägerin auf und war als Auszubildende tätig. Nach Erwerb des BA-Abschlusses schloss sie am 01.04.2007 mit der Klägerin einen "Vertrag über die Erbringung von Dienstleistungen" (Bl 106 Verwaltungsakte). Sozialversicherungsbeiträge für die Beigeladene zu 1) wurden ab diesem Zeitpunkt von der Klägerin nicht mehr gezahlt.
Im Vertrag vom 01.04.2007 ist ua geregelt, dass die Beigeladene zu 1) für ein pauschales monatliches Entgelt von 3.000 EUR für die Klägerin Buchhaltungsdienstleistungen, Führung der Lohnbuchhaltung, Durchführung von betriebswirtschaftlichen Auswertungen, Korrespondenz mit dem Steuerberater und Vorbereitung der Umsatzsteuervoranmeldungen erbringt und mit der Pauschale eine Tätigkeit von bis zu 100 Stunden/Monat abgegolten ist. Die Pauschale wird nach § 2 Abs 2 des Vertrages neu verhandelt, wenn die Beigeladene zu 1) nachweist, dass der Arbeitsumfang in drei aufeinanderfolgenden Monaten das genannte Stundenvolumen übersteigt. Regelungen über Urlaub oder Entgeltzahlung im Krankheitsfall enthält der Vertrag nicht. Die Pauschale ist von der Klägerin nur geschuldet, wenn die monatliche Leistung erbracht wurde. Die Tätigkeit kann nach Wahl in den Räumen der Klägerin oder in Büroräumen der Beigeladenen zu 1) erbracht werden.
Am 18.07.2007 meldete die Beigeladene zu 1) rückwirkend zum 01.04.2007 ein Gewerbe "Marketing, Buchhaltung, Büroorganisation" ua mit Sitz in den Räumen der Klägerin bei der Stadt Tübingen an. Zum 31.07.2008 wurde das Gewerbe wieder abgemeldet.
Am 25.06.2009 wurde der Betrieb der Klägerin von der Polizeidirektion T. in anderer Sache durchsucht. Zur Prüfung der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) wurden die Ermittlungen an das Hauptzollamt abgegeben.
Die Beigeladene zu 1) meldete am 23.09.2009 rückwirkend zum 01.08.2008 ein Gewerbe mit dem bereits benannten Gegenstand bei der Stadt S. a.N. an (Bl 125 Verwaltungsakte).
Das Hauptzollamt U. führte weitere Ermittlungen durch. Schließlich wurde mit Schreiben vom 02.02.2010 Strafanzeige gegen den Geschäftsführer der Klägerin wegen des Verdachts des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelts erstattet. Im dazu erstellten Schlussbericht wird ausgeführt, die von der Beigeladenen zu 1) ab dem 01.04.2007 für die Klägerin ausgeübte Tätigkeit unterscheide sich nicht von der vorher von ihr ausgeübten Tätigkeit. Der Geschäftsführer der Klägerin hätte daher für die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 30.199,50 EUR entrichten müssen. Seinen Pflichten zur Anmeldung der sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) sei er nicht nachgekommen. Es habe ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis verschwiegen werden sollen. Sämtliche Meldungen, sowohl beim Gewerbeamt als auch bei der Sozialversicherung, seien verspätet abgegeben worden. Die Beigeladene zu 1) und ihr Ehemann, der Geschäftsführer der Klägerin, hätten ein gemeinsames Konto, auf das die Entgelte der Beigeladenen zu 1) überwiesen worden seien.
Am 23.07.2009 wurde die Beklagte vom Hauptzollamt U. über den Sachverhalt informiert. Sie führte eine Betriebsprüfung bei der Klägerin durch, hörte die Klägerin mit Schreiben vom 03.05.2010 zum Sachverhalt an und trug dabei folgende aus ihrer Sicht gegebene Indizien für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung vor: Die Beigeladene zu 1) übe nach wie vor im Wesentlichen dieselbe Tätigkeit aus. Sie handle im Namen der Klägerin und nicht in eigenem Namen. Ihr Büro befinde sich in den Räumlichkeiten der Klägerin, wobei nicht erkennbar sei, dass die Büroarbeiten von einer anderen Firma als der der Klägerin ausgeübt würden. Bei ihrer Tätigkeit setze sie dieselbe Software ein wie die Klägerin. Das Entgelt der Beigeladenen zu 1) werde auf das gemeinsame Konto von ihr und ihrem Ehemann überwiesen. Die Zahlungen würden als Betriebsausgaben der Klägerin verbucht. Die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) werde im Übrigen pauschal mit einem gleichbleibenden Betrag vergütet. Ein Zusammenhang zwischen dem tatsächlichen Aufwand und dem Einkommen der Beigeladenen zu 1) bestehe also nicht. Die Beigeladene zu 1) trage kein Unternehmerrisiko. Ferner habe die Beigeladene zu 1) nur einen Auftraggeber. Zweifel an einer etwaigen geplanten selbständigen Tätigkeit ergäben sich auch daraus, dass die Beigeladene zu 1) ihr Gewerbe erst im Juli 2007 rückwirkend angemeldet habe. Gegen die Selbständigkeit spreche auch, dass die Beigeladene zu 1) nach ihren Angaben bei Urlaub und Krankheit von Angestellten der Klägerin Vertretungsaufgaben wahrnehmen müsse. So habe sie bereits in der Küche ausgeholfen, obwohl von einem Selbständigen nicht erwartet werden könne, dass er Vertretungsaufgaben übernehme, die mit seiner eigentlichen Tätigkeit nichts zu tun haben. Die Beigeladene zu 1) nehme weiter an Schulungsmaßnahmen der Klägerin teil, was ebenfalls ihre Eingliederung in den Betriebsablauf bestätige. Alle diese Gesichtspunkte sprächen für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis. Dem könne nicht entgegengehalten werden, dass die Beigeladene zu 1) ein Gewerbe angemeldet habe und eigene Rechnungen erstelle. Dies seien nur Folgen der Einschätzung der Tätigkeit als selbständige Beschäftigung, könnten eine solche aber nicht begründen. Zuletzt sprächen auch vertragliche Regelungen nicht gegen eine abhängige Beschäftigung. Die Regelung, dass die Beigeladene zu 1) im Fall ihrer Erkrankung auf eigenes Risiko für Ersatz sorgen müsse, sei rein hypothetisch, da es von der Klägerin sicherlich nicht gewollt sei, dass Dritte Einblicke in ihre Geschäftsbücher erhielten. Auch die Regelung, wonach die Beigeladene zu 1) im Hinblick auf Zeit, Ort und Umfang ihrer Tätigkeit frei sei, spreche nicht entscheidend gegen eine abhängige Beschäftigung. Die Ausführung der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) ergebe sich aus der Ordnung des Unternehmens und dem Betriebsablauf, so dass man von einer funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess sprechen müsse.
Mit Schreiben vom 24.05.2010 nahm die Klägerin Stellung und machte geltend, die Beigeladene zu 1) habe schon länger das Ziel gehabt, sich weiter zu entwickeln und ihre Tätigkeit einem breiteren Kundenspektrum anzubieten. Im April 2007 habe sie den Schritt in die Selbständigkeit gewagt, nachdem ihr sowohl vom Unternehmen ihrer Eltern als auch von einem weiteren Handwerksunternehmen angeboten worden sei, Buchhaltungsdienstleistungen zu übernehmen. Sie habe sich dann in S. a.N. ein eigenes Büro eingerichtet. Die sodann von ihr ausgeübte Tätigkeit unterscheide sich zwar nicht wesentlich von ihrer vorhergehenden Beschäftigung. Sie nehme aber nun auch Marketingaufgaben gegenüber Dritten wahr und sei für Dritte direkt als Marketing- und Strategiebeauftragte der Pflegegesellschaft ansprechbar. Hierbei trete sie zwar im Namen der Pflegegesellschaft auf. Dies stehe aber einer Beurteilung ihrer Tätigkeit als selbständige Beschäftigung nicht entgegen, da sie sich lediglich der Pflegegesellschaft zur Erfüllung ihrer Tätigkeit bediene. Genauso wenig sei die Tatsache, dass sie häufig in den Räumen der Klägerin arbeite, Indiz gegen ihre Selbständigkeit. Sie sei in der Wahl, wo sie ihre Tätigkeit ausübe, frei, und arbeite sowohl im Büro der Klägerin als auch in ihrem Büro in S. a.N. Für ihre Tätigkeit erhalte sie ein gleichbleibendes Entgelt, ohne dass sie zu einer Stundenaufzeichnung verpflichtet sei, wie es bei Arbeitnehmern üblich sei. Das Geld werde im Übrigen nicht auf ein gemeinsames Privatkonto, sondern auf ihr Geschäftskonto überwiesen. Aufträge nehme sie zwar überwiegend von der Klägerin an, sie sei jedoch nie ausschließlich für diese tätig gewesen. Dies sei auch nie so geplant gewesen. 2009 seien zudem Tätigkeiten für eine weitere GmbH sowie für Einzelpersonen hinzugekommen. Selbständig tätig sei sie seit April 2007, wenngleich dies in den Aufzeichnungen nicht sofort nachvollzogen worden sei. Insoweit handele es sich lediglich um Buchungsfehler. Die Beigeladene zu 1) sei seither nicht mehr in den Arbeitsablauf der Klägerin eingegliedert. Vertretungsaufgaben nehme sie nur im Einzelfall wahr, wenn dies so vereinbart werde. Anspruch darauf habe die Klägerin nicht. Sie sei auch nicht den ganzen Tag über im Büro der Klägerin erreichbar und sei ebenso wenig Ansprechpartnerin für das Pflegepersonal und die Pflegebedürftigen. Diese Aufgabe obliege der Geschäftsleitung der Klägerin. Soweit die Beigeladene an Schulungen teilnehme, handele es sich um Einzelfälle. Dass sie dieselbe Software einsetze wie ihr Auftraggeber, sei üblich und kein Indiz gegen ihre Selbständigkeit. Sie trage ein Unternehmerrisiko, da sie im Fall ihres Ausfalls wegen Krankheit o.Ä. keine Einnahmen habe und für diesen Fall selbst vorsorgen müsse. Bei Dienstleistungen bestehe das wesentliche Risiko darin, beim Ausfall der eigenen Arbeitskraft keine Einnahmen mehr zu haben. Demgegenüber sprächen wesentliche Aspekte für eine selbständige Tätigkeit der Beigeladenen zu 1). Diese verfüge über eine eigene Büroorganisation in S. a.N. Sie habe von Anfang an zumindest zwei Kunden gehabt und neben Aufträgen der Klägerin auch solche der Firma I. GmbH in G. angenommen. 2009 habe sie weitere Kunden hinzugewonnen. Dass sie sich zunächst auf die Klägerin als ihren größten Auftraggeber konzentriert habe, sei Indiz für eine wohlüberlegte selbständige Tätigkeit, nicht aber für eine abhängige Beschäftigung. Im Übrigen habe sie weder Anspruch auf Urlaub noch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Sie habe daher nach der Geburt ihres Kindes auch nicht aussetzen können.
Mit Bescheid vom 07.07.2010 (Bl II/12 Verwaltungsakte) machte die Beklagte Nachforderungen zur Sozialversicherung in Höhe von 38.838 EUR (hierin enthalten Säumniszuschläge iHv 7.767 EUR) für die Zeit vom 01.04.2007 bis 30.04.2009 geltend. Sie verwies darauf, die Beigeladene zu 1) sei abhängig beschäftigt, da sie den Weisungen ihrer Arbeitgeberin unterliege. Zwar bestünden Weisungen nur in eingeschränktem Maße, es handele sich aber insgesamt um eine von der Ordnung des Unternehmens geprägte Tätigkeit.
Die Klägerin legte gegen den Bescheid Widerspruch ein und beantragte zugleich die Aussetzung der Vollziehung der Forderung. Der Aussetzungsantrag wurde am 22.07.2010 abgelehnt.
Am 30.07.2010 beantragte die Klägerin die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes beim Sozialgericht Reutlingen (SG). Zur Begründung des Antrags wurde ua vorgetragen, die Beigeladene zu 1) führe ihre Tätigkeit nicht im eigenen Namen aus. Das Büro der Beigeladenen zu 1) befinde sich ausschließlich in den Räumlichkeiten der Antragstellerin. Allerdings rechne die Beigeladene zu 1) gegenüber der Antragstellerin (Klägerin) ab und führe ihre eigene Büroorganisation, die von der Organisation der Antragstellerin getrennt sei. Der Antrag wurde mit Beschluss des SG vom 30.11.2010 abgelehnt (S 6 R 2478/10 ER).
Mit Widerspruchsbescheid vom 05.11.2011 (richtig: 05.11.2010) wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Sie führte ergänzend aus, dass die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) bezogen auf jeden Auftraggeber getrennt zu würdigen sei. Der hier im Streit stehende Bescheid betreffe nur die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) für die Klägerin. Allein aus der Existenz mehrerer Auftraggeber lasse sich nicht auf eine selbständige Tätigkeit schließen.
Am 18.11.2010 hat die Klägerin Klage beim SG erhoben. Sie macht ergän¬zend geltend, die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) habe sich verändert. Sie habe Entscheidungsbefug¬nisse übertragen bekommen und sei nicht mehr in die Betriebsorganisation eingebunden gewe¬sen. Ebenfalls habe sie ein unternehmerisches Risiko getragen, da sie Kunden hätte verlieren können mit der Folge geringeren Einkommens. Die Äußerlichkeiten, die gegen eine selbständige Tätig-keit sprechen könnten, seien nicht maßgeblich. Es sei irrelevant, wie die Beigeladene zu 1) nach außen aufgetreten sei. Auch in vielen anderen Fällen sei nicht erkennbar, dass jemand organisa-torisch nicht in einen Betrieb eingebunden sei. Auf die verspäteten Anmeldungen des Gewerbe-betriebes komme es nicht an. Im Hinblick auf die angeforderten Säumniszuschläge sei festzustel-len, dass deren Erhebung in keinem Fall gerechtfertigt sei. Sie seien davon ausgegangen, dass die Beigeladene tatsächlich eine selbständige Tätigkeit ausübte. So seien sie auch von ihrem Steuer-berater beraten worden.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat auf die Begründungen der angefochtenen Bescheide Bezug genommen. Im Vergleich zu dem früheren Angestelltenverhältnis habe es nur wenige Ände¬rungen gegeben habe. Insbesondere sei das Auftreten nach außen gleich geblieben. Im Übrigen habe die Beigeladene keinerlei Risiko getragen und keine Investitionen getätigt. Nach außen hin sei vieles erst rückwirkend angepasst worden, zum Teil erst nach der Durchsuchung.
Im Mai 2011 wurde die Beigeladene zu 1) alleinige Gesellschafter-Geschäftsführerin der Klägerin mit einem Anteil von 50% sowie weiterer 50% treuhänderisch (Anteile der Schwiegermutter), nachdem das Landratsamt T. nach strafrechtlicher Verurteilung der bei der Klägerin verantwortlichen Personen deren Ausschluss aus der Heimträgerschaft, aus der Heimleitung und aus der Mitarbeit im Pflegebetrieb durchgesetzt hatte.
Mit Urteil vom 24.04.2012 hat das SG den angefochtenen Bescheid insoweit aufgehoben, als darin Säumniszuschläge in Höhe von 7.767 EUR gefordert wurden. Bei einer Beitragsforderung durch Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit sei nach § 24 Abs 3 SGB IV ein darauf entfallender Säumniszuschlag nicht zu erheben, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft mache, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht gehabt habe. Diese Voraussetzungen lägen vor. Die Klägerin habe glaubhaft gemacht, dass sie und die Beigeladene zu 1) bei der Umgestaltung des Arbeitsverhältnisses gemeinsam mit dem Steuerberater davon ausgegangen seien, dass die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) auch als Selbständige erbracht werden kann. Es könne nicht widerlegt werden, dass die Klägerin ohne Verschulden davon ausgegangen sei, die von ihr mithilfe des Dienstleistungsvertrages getroffene Regelung halte einer rechtlichen Überprüfung stand.
Im Übrigen sei der Bescheid rechtmäßig und die Beitragsnachforderung nicht zu beanstanden. Die Beigeladene zu 1) sei bei der Klägerin abhängig beschäftigt gewesen, weshalb Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung vorgelegen habe. Die Beigeladene zu 1) habe keinerlei Investitionen getätigt und kein unternehmerisches Risiko getragen. Sie sei praktisch aus¬schließlich für die Klägerin tätig gewesen und habe regelmäßige Arbeitszeiten von 8 bis 17 Uhr gehabt. Nach der der formalen Lösung der Beigeladenen zu 1) aus dem Betrieb der Klägerin hätten sich offensichtlich keine Änderungen erge¬ben. Vorher wie nachher habe sie die ihr obliegenden Aufgaben weitestgehend selbständig ausgeführt. Eine Veränderung hätte sich nur insoweit ergeben, dass sie die Buchhaltung zusätzlich übernommen habe, die zuvor outgesourct gewesen sei. Der Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses steht insbesondere nicht entgegen, dass die Abhängigkeit unter Familienangehörigen im Allgemeinen we¬niger stark ausgeprägt sei und deshalb das Weisungsrecht möglicherweise mit gewissen Einschrän¬kungen ausgeübt werde. Die Beigeladene zu 1) sei in die fremde Arbeitsorganisation der Klägerin eingebunden gewesen. In diesem Zusammenhang sei maßgeblich, dass die Beigeladene weiterhin wie zuvor im Wesentlichen das ihr bei der Klägerin zur Verfügung stehende Büro genutzt habe. Neben der Nutzung für ihre Tätigkeit habe sie dabei nach ihren Angaben weiterhin an die Klägerin gerichtete Anrufe entgegengenommen und habe auch weiterhin über das Netzwerk der Klägerin Zugriff auf deren Daten gehabt. Sie sei daher weiterhin in einem Umfang in die Arbeitsorganisation der Klägerin eingebunden gewesen, wie er für ihre Tätigkeit nicht erforderlich gewesen wäre. Auffällig sei, dass die Klägerin und die Beigeladene zu 1) ihre Beziehung durch den Dienstleistungsvertrag zwar formal anders geregelt hätten, sich tatsächlich aber keine nennenswerten Änderungen ergeben hätten. Eine Loslösung aus der Organisation der Klägerin habe nicht stattgefunden. Eine solche könne insbesondere auch nicht darin gesehen werden, dass die Klägerin nach ihren Angaben fortan ein Büro in S. unterhalten habe, denn dies stelle kein Büro in dem Sinne dar, wie man es von einem Selbständigen erwarte. Vielmehr habe es sich um ein sich im Haus der Schwiegereltern der Beigeladenen zu 1) befindendes ehemaliges Lernzimmer gehandelt, in dem diese den Schreibtisch habe nutzen dürfen. Bezeichnend sei, dass das "Büro" in S. erst im September 2009 und rückwirkend ab 01.08.2008 als Sitz des Gewerbes der Beigeladenen angegeben worden sei. Zuvor habe die Beigeladene zu 1) ihre Tätigkeit ausschließlich in den Räumen der Klägerin ausgeübt. Auch zu der Zeit, zu der sich der Sitz ihres Gewerbes in S. a.N. befand, sei die Beigeladene zu 1) telefonisch über den Anschluss der Klägerin zu erreichen gewesen. Diesen Anschluss habe sie auf ihren Rechnungen aufgeführt.
Gegen das ihren Prozessbevollmächtigten am 23.07.2012 gegen Empfangsbekenntnis zugestellte Urteil des SG hat die Klägerin am 31.07.2012 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass das SG die Indizien teilweise unzutreffend dargestellt und gewürdigt habe. Nach Beginn der selbständigen Tätigkeit habe die Beigeladene zu 1) keine regelmäßigen Arbeitszeiten von 8 bis 17 Uhr gehabt, sondern sich ihre Zeit freier einteilen können. Nur während dem Ausbildungsverhältnis habe sie diese Arbeitszeiten gehabt. Eine Lösung aus der Organisation der Klägerin habe stattgefunden. Es habe kein Weisungsrecht bestanden. Die Beigeladene zu 1) habe die Lohnbuchführung wie ein selbständiges Lohnbüro übernommen. Die Qualität der Arbeit habe sich erheblich verändert.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 24.04.2012 und den Bescheid der Beklagten vom 07.07.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.11.2010 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Mit Beschluss vom 23.04.2014 hat der Senat die Bundesagentur für Arbeit, die BKK E. A. nebst der dortigen Pflegekasse zum Verfahren beigeladen. Die Beigeladenen zu 1) - 4) haben keine Anträge gestellt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akte des Senats sowie die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft, zulässig und begründet. Zu Unrecht hat das SG der Klage nur teilweise stattgegeben. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten, weshalb sie insgesamt aufzuheben und das Urteil des SG abzuändern war.
Zwischen der Beigeladenen zu 1) und der Klägerin bestand im streitigen Zeitraum vom 01.04.2007 bis 30.04.2009 kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis, das Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, sozialen Pflege-, gesetzlichen Renten- und der Arbeitslosenversicherung begründete. Die festgestellte Beitragsnachforderung für diesen Zeitraum in Höhe von 31.071 EUR besteht nicht.
Der angefochtene Bescheid ist formell rechtmäßig; die erforderliche Anhörung (§ 24 SGB X) ist erfolgt. Er ist aber materiell rechtswidrig, da die Klägerin zur Überzeugung des Senats nach dem 01.04.2007 nicht abhängig bei der Klägerin beschäftigt war.
Rechtsgrundlage für den Erlass des angefochtenen Beitragsbescheides ist § 28p Abs 1 SGB IV. Danach prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Melde-pflichten und ihre sonstigen Pflichten nach dem SGB IV erfüllen und erlassen im Rahmen dessen Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und zur Beitragshöhe in den einzelnen Sozialversicherungszweigen. Für die Zahlung von Beiträgen von Versicherungspflichtigen aus Arbeits-entgelt zur gesetzlichen Krankenversicherung, gesetzlichen Rentenversicherung, Arbeitslosen-versicherung und sozialen Pflegeversicherung gelten nach § 253 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), § 174 Abs 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) sowie § 60 Abs 1 Satz 2 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) die Vorschriften über den Gesamtsozialversicherungsbeitrag (§§ 28d bis 28n und 28r SGB IV). Diese Vorschriften gelten nach §§ 1 Abs 1 Satz 2 SGB IV, § 348 Abs 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) auch für die Arbeitsförderung. Nach § 28e Abs 1 Satz 1 SGB IV hat der Arbeitgeber den Gesamtsozialversicherungsbeitrag zu zahlen. Als Arbeitsentgelt gelten gemäß § 14 Abs 1 Satz 1 SGB IV alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Um das Bestehen von Versicherungs- und Beitragspflicht sowie ggf die Höhe der zu entrichtenden Beiträge feststellen zu können, war es schon immer eine selbstverständliche Pflicht des Arbeitgebers, hierüber geeignete Aufzeichnungen anzufertigen. Diese Pflicht ist seit 1989 ausdrücklich in § 28f Abs 1 Satz 1 SGB V normiert (Baier in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung Pflegeversicherung, § 28f SGB IV Rn 3).
Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhält-nis. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG 24.01.2007, B 12 KR 31/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 7, BSG 04.07.2007, B 11a AL 5/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 8) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit Bundesverfassungsgericht 20.05.1996, 1 BvR 21/96, SozR 3-2400 § 7 Nr 11). Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung (vgl BSG 24.01.2007, B 12 KR 31/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 7).
Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist.
Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG 08.08.1990, 11 RAr 77/89, SozR 3-2400 § 7 Nr 4; BSG 08.12.1994, 11 RAr 49/94, SozR 3-4100 § 168 Nr 18). In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen (BSG 01.12.1977, 12/3/12 RK 39,74, BSGE 45, 199, 200 ff; BSG 04.06.1998, B 12 KR 5/97 R, SozR 3-2400 § 7 Nr 13; BSG 10.08.2000, B 12 KR 21/98 R, BSGE 87, 53, 56 = SozR 3-2400 § 7 Nr 15; jeweils mwN). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (vgl hierzu insgesamt BSG 29.08.2012, B 12 KR 25/10 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 17 und B 12 KR 14/10 R, juris).
Nach den genannten Grundsätzen gelangt der Senat unter Abwägung aller Umstände zu der Überzeugung, dass die Beigeladene zu 1) bei der Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum nicht abhängig beschäftigt war, weshalb die Klägerin nicht zur Nachentrichtung von Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von 31.071 EUR verpflichtet ist.
Ausgangspunkt der Prüfung ist der von der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) am 01.04.2007 geschlossene Vertrag über die Erbringung von Buchhaltungsdienstleistungen uÄ. Ein Weisungsrecht der Klägerin in Bezug auf Zeit, Ort und Art der Ausführung der von der Beigeladenen zu 1) geschuldeten Tätigkeit ist in dem Vertrag nicht ausdrücklich vereinbart worden. Zur Konkretisierung der von der Beigeladenen zu 1) geschuldeten Leistungen bedurfte es keiner zusätzlichen Einzelweisungen der Klägerin. Der Beigeladenen zu 1) sind nach ihrem für den Senat glaubhaften Vorbringen auch keine einzelnen Weisungen erteilt worden. Soweit zur Durchführung ihrer Tätigkeit Buchungsanweisungen der Klägerin zu beachten waren, handelt es sich nicht um Weisungen, die ihren Rechtsgrund in einem Arbeitsverhältnis haben, sondern um Vorgaben des Auftraggebers, die auch von einem mit der Buchführung beauftragten Steuerberater zu beachten wären. Die Beigeladene zu 1) ist auch nicht so in den Betrieb der Klägerin eingegliedert gewesen, dass sie dabei einem umfassenden Weisungsrecht der Klägerin unterlag. Zwar hängt eine Eingliederung in einen fremden Betrieb nicht davon ab, ob die Tätigkeit innerhalb oder außerhalb des Betriebsgeländes ausgeübt wird. Maßgebend sind auch insoweit die rechtlichen Rahmenbedingungen, unter denen die Arbeit verrichtet wird.
Soweit die Klägerin darauf hinweist, die Beigeladene zu 1) sei auch für andere Auftraggeber tätig gewesen, ist sowohl nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) als auch nach der Rechtsprechung des BSG für die Statusabgrenzung nicht entscheidend, an wie vielen verschiedenen Vorhaben der Betreffende teilgenommen hat und ob er auch für andere Auftraggeber tätig ist bzw war (BAG 09.10.2002, 5 AzR 405/01, juris Rn 23). Erforderlich ist auch im Rahmen eines Dauerrechtsverhältnisses stets eine Bewertung der einzelnen Arbeitseinsätze (BSG 28.05.2008, B 12 KR 13/07 R, juris).
Aufgaben der Lohnbuchhaltung bzw Lohnbuchführung können sowohl von Mitarbeitern des Betriebs als auch im Rahmen einer selbständigen Tätigkeit wahrgenommen werden. Die für die Tätigkeit einer selbständigen Buchführungshelferin bzw Buchhalterin erforderliche Ausbildung und Kenntnisse hat die Beigeladenen zu 1) erworben (vgl http://www.hk24.de/unternehmensfoerderung und start/unternehmensgruendung/branchenspez tipps/370706/buchfuehrung.html, abgerufen am 29.09.2014).
Die Tatsache, dass die Beigeladene zu 1) ihre Arbeitsleistung zu einem großen Teil in den Räumen der Klägerin unter Nutzung der dortigen betrieblichen Infrastruktur persönlich erbracht, ist im Falle des Lohnbuchhalters kein taugliches Abgrenzungsmerkmal für die Unterscheidung einer abhängigen von einer selbständigen Beschäftigung. Es liegt in der Natur der Sache, dass die Prüfung und Bearbeitung der Belege auch vor Ort erfolgen kann und häufig sinnvoll sein wird, ebenso wie die Nutzung kompatibler EDV-Systeme. Dagegen können aus der Art der Vergütung deutlichere Rückschlüsse auf die rechtliche Natur des Arbeitseinsatzes gezogen werden, je nachdem, ob sie mit einem - ggf. pauschalierten - Verlustrisiko belastet ist, deshalb einer Gewinnbeteiligung gleich kommt oder ob sie lediglich als Gegenleistung für geschuldete Arbeitsleistung (bzw Arbeitsbereitschaft) anzusehen ist. Nur für den Fall, dass die tatsächliche Ausgestaltung der Beziehungen der Beteiligten etwa gleichermaßen die Deutung als abhängiges Beschäftigungsverhältnis wie auch als selbständiges freies Mitarbeiterverhältnis zulässt, ist darauf abzustellen, was die Vertragsschließenden gewollt haben (Urteil des Senats vom 16.09.2008, L 11 R 1074/08 zur Tätigkeit eines Wirtschaftsprüfers und Steuerberaters unter Hinweis auf das Urteil des BSG vom 14.05.1981, 12 RK 11/80 zur Anwaltstätigkeit).
Bei der vorzunehmenden Gesamtwürdigung der Bedingungen, unter denen die Lohnbuchhaltung oder die Vorbereitung der Umsatzsteuervoranmeldungen etc für die Klägerin von der Beigeladenen zu 1) getätigt wurden, spielt nach Auffassung des Senats maßgeblich eine Rolle, dass kein Stundenlohn, sondern eine monatliche Pauschale in nicht geringer Höhe vereinbart wurde, die nur geschuldet war, wenn eine Gegenleistung erbracht wurde. Bei Überschreitung der maximal abgegoltenen Stundenzahl wurde die Pauschale nicht erhöht, sondern es wurde lediglich deren Neuverhandlung geregelt. Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall erhielt die Beigeladene zu 1) ebenso wenig wie Urlaub, insoweit hatte die Beigeladene zu 1) auch Risiken zu tragen. Umgekehrt hatte die Beigeladene zu 1) auch dann Anspruch auf die volle Pauschale, wenn sie sie weniger als 100 Stunden pro Monat tätig war. Je schneller sie ihre Arbeit verrichtete, desto höher war der Stundenlohn. Es ist für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis untypisch, dass weder die Höhe des Stundenlohns noch eine wöchentliche oder monatliche Mindestarbeitszeit vorgegeben wird. Offenbleiben kann bei dieser Sachlage, ob der gezahlten Pauschale in Höhe von monatlich 3.000 EUR überhaupt ein realer Gegenwert an Arbeitsleistung gegenüberstand oder ob es sich insoweit um eine bloße Vermögensverschiebung gehandelt hat. Abhängig beschäftigt bei der Klägerin war die Beigeladene zu 1) jedenfalls nicht.
Soweit die Beklagte darauf abstellt, dass die Beigeladene zu 1) gelegentlich in der Küche ausgeholfen habe, obwohl von einem Selbständigen nicht erwartet werden könne, dass er Vertretungsaufgaben übernehme, die mit seiner eigentlichen Tätigkeit nichts zu tun hätten, ergibt sich hieraus nichts Abweichendes. Erst recht reicht das arbeitsrechtliche Direktionsrecht nicht soweit, eine Buchhalterin zur Küchenarbeit anzuweisen. Diese Tätigkeiten der Beigeladenen zu 1) stehen außerhalb der hier zu beurteilenden und sind im Rahmen der familienhaften Mithilfe zu sehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 154 Abs 2 Verwaltungsgerichtsordnung.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs 1 SGG iVm §§ 1 Abs 2 Nr 3, 47 Abs 1 und 2, 52 Abs 3 S 1 Gerichtskostengesetz (GKG). In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert grundsätzlich nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Betrifft der Antrag des Klägers wie vorliegend eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend (§ 52 Abs 3 S 1 GKG). Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt 31.071 EUR, nachdem das SG die Festsetzung von Säumniszuschlägen in Höhe von 7.767 EUR aufgehoben hat und die Bescheide insoweit rechtskräftig abgeändert hat.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG).
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 31.071 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten noch, ob die Klägerin, eine Pflegegesellschaft mbH, Sozialversicherungsbeiträge betreffend die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) für den Zeitraum vom 01.04.2007 bis 30.04.2009 in Höhe von 31.071 EUR zahlen muss.
Die 1983 geborene Beigeladene zu 1) absolvierte nach dem Abitur ein BA-Studium zur Dipl.- Betriebswirtin von Oktober 2003 bis September 2006. Im Rahmen des dualen Ausbildungssystems nahm sie am 15.10.2005 ein Beschäftigungsverhältnis bei der Klägerin auf und war als Auszubildende tätig. Nach Erwerb des BA-Abschlusses schloss sie am 01.04.2007 mit der Klägerin einen "Vertrag über die Erbringung von Dienstleistungen" (Bl 106 Verwaltungsakte). Sozialversicherungsbeiträge für die Beigeladene zu 1) wurden ab diesem Zeitpunkt von der Klägerin nicht mehr gezahlt.
Im Vertrag vom 01.04.2007 ist ua geregelt, dass die Beigeladene zu 1) für ein pauschales monatliches Entgelt von 3.000 EUR für die Klägerin Buchhaltungsdienstleistungen, Führung der Lohnbuchhaltung, Durchführung von betriebswirtschaftlichen Auswertungen, Korrespondenz mit dem Steuerberater und Vorbereitung der Umsatzsteuervoranmeldungen erbringt und mit der Pauschale eine Tätigkeit von bis zu 100 Stunden/Monat abgegolten ist. Die Pauschale wird nach § 2 Abs 2 des Vertrages neu verhandelt, wenn die Beigeladene zu 1) nachweist, dass der Arbeitsumfang in drei aufeinanderfolgenden Monaten das genannte Stundenvolumen übersteigt. Regelungen über Urlaub oder Entgeltzahlung im Krankheitsfall enthält der Vertrag nicht. Die Pauschale ist von der Klägerin nur geschuldet, wenn die monatliche Leistung erbracht wurde. Die Tätigkeit kann nach Wahl in den Räumen der Klägerin oder in Büroräumen der Beigeladenen zu 1) erbracht werden.
Am 18.07.2007 meldete die Beigeladene zu 1) rückwirkend zum 01.04.2007 ein Gewerbe "Marketing, Buchhaltung, Büroorganisation" ua mit Sitz in den Räumen der Klägerin bei der Stadt Tübingen an. Zum 31.07.2008 wurde das Gewerbe wieder abgemeldet.
Am 25.06.2009 wurde der Betrieb der Klägerin von der Polizeidirektion T. in anderer Sache durchsucht. Zur Prüfung der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) wurden die Ermittlungen an das Hauptzollamt abgegeben.
Die Beigeladene zu 1) meldete am 23.09.2009 rückwirkend zum 01.08.2008 ein Gewerbe mit dem bereits benannten Gegenstand bei der Stadt S. a.N. an (Bl 125 Verwaltungsakte).
Das Hauptzollamt U. führte weitere Ermittlungen durch. Schließlich wurde mit Schreiben vom 02.02.2010 Strafanzeige gegen den Geschäftsführer der Klägerin wegen des Verdachts des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelts erstattet. Im dazu erstellten Schlussbericht wird ausgeführt, die von der Beigeladenen zu 1) ab dem 01.04.2007 für die Klägerin ausgeübte Tätigkeit unterscheide sich nicht von der vorher von ihr ausgeübten Tätigkeit. Der Geschäftsführer der Klägerin hätte daher für die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 30.199,50 EUR entrichten müssen. Seinen Pflichten zur Anmeldung der sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) sei er nicht nachgekommen. Es habe ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis verschwiegen werden sollen. Sämtliche Meldungen, sowohl beim Gewerbeamt als auch bei der Sozialversicherung, seien verspätet abgegeben worden. Die Beigeladene zu 1) und ihr Ehemann, der Geschäftsführer der Klägerin, hätten ein gemeinsames Konto, auf das die Entgelte der Beigeladenen zu 1) überwiesen worden seien.
Am 23.07.2009 wurde die Beklagte vom Hauptzollamt U. über den Sachverhalt informiert. Sie führte eine Betriebsprüfung bei der Klägerin durch, hörte die Klägerin mit Schreiben vom 03.05.2010 zum Sachverhalt an und trug dabei folgende aus ihrer Sicht gegebene Indizien für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung vor: Die Beigeladene zu 1) übe nach wie vor im Wesentlichen dieselbe Tätigkeit aus. Sie handle im Namen der Klägerin und nicht in eigenem Namen. Ihr Büro befinde sich in den Räumlichkeiten der Klägerin, wobei nicht erkennbar sei, dass die Büroarbeiten von einer anderen Firma als der der Klägerin ausgeübt würden. Bei ihrer Tätigkeit setze sie dieselbe Software ein wie die Klägerin. Das Entgelt der Beigeladenen zu 1) werde auf das gemeinsame Konto von ihr und ihrem Ehemann überwiesen. Die Zahlungen würden als Betriebsausgaben der Klägerin verbucht. Die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) werde im Übrigen pauschal mit einem gleichbleibenden Betrag vergütet. Ein Zusammenhang zwischen dem tatsächlichen Aufwand und dem Einkommen der Beigeladenen zu 1) bestehe also nicht. Die Beigeladene zu 1) trage kein Unternehmerrisiko. Ferner habe die Beigeladene zu 1) nur einen Auftraggeber. Zweifel an einer etwaigen geplanten selbständigen Tätigkeit ergäben sich auch daraus, dass die Beigeladene zu 1) ihr Gewerbe erst im Juli 2007 rückwirkend angemeldet habe. Gegen die Selbständigkeit spreche auch, dass die Beigeladene zu 1) nach ihren Angaben bei Urlaub und Krankheit von Angestellten der Klägerin Vertretungsaufgaben wahrnehmen müsse. So habe sie bereits in der Küche ausgeholfen, obwohl von einem Selbständigen nicht erwartet werden könne, dass er Vertretungsaufgaben übernehme, die mit seiner eigentlichen Tätigkeit nichts zu tun haben. Die Beigeladene zu 1) nehme weiter an Schulungsmaßnahmen der Klägerin teil, was ebenfalls ihre Eingliederung in den Betriebsablauf bestätige. Alle diese Gesichtspunkte sprächen für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis. Dem könne nicht entgegengehalten werden, dass die Beigeladene zu 1) ein Gewerbe angemeldet habe und eigene Rechnungen erstelle. Dies seien nur Folgen der Einschätzung der Tätigkeit als selbständige Beschäftigung, könnten eine solche aber nicht begründen. Zuletzt sprächen auch vertragliche Regelungen nicht gegen eine abhängige Beschäftigung. Die Regelung, dass die Beigeladene zu 1) im Fall ihrer Erkrankung auf eigenes Risiko für Ersatz sorgen müsse, sei rein hypothetisch, da es von der Klägerin sicherlich nicht gewollt sei, dass Dritte Einblicke in ihre Geschäftsbücher erhielten. Auch die Regelung, wonach die Beigeladene zu 1) im Hinblick auf Zeit, Ort und Umfang ihrer Tätigkeit frei sei, spreche nicht entscheidend gegen eine abhängige Beschäftigung. Die Ausführung der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) ergebe sich aus der Ordnung des Unternehmens und dem Betriebsablauf, so dass man von einer funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess sprechen müsse.
Mit Schreiben vom 24.05.2010 nahm die Klägerin Stellung und machte geltend, die Beigeladene zu 1) habe schon länger das Ziel gehabt, sich weiter zu entwickeln und ihre Tätigkeit einem breiteren Kundenspektrum anzubieten. Im April 2007 habe sie den Schritt in die Selbständigkeit gewagt, nachdem ihr sowohl vom Unternehmen ihrer Eltern als auch von einem weiteren Handwerksunternehmen angeboten worden sei, Buchhaltungsdienstleistungen zu übernehmen. Sie habe sich dann in S. a.N. ein eigenes Büro eingerichtet. Die sodann von ihr ausgeübte Tätigkeit unterscheide sich zwar nicht wesentlich von ihrer vorhergehenden Beschäftigung. Sie nehme aber nun auch Marketingaufgaben gegenüber Dritten wahr und sei für Dritte direkt als Marketing- und Strategiebeauftragte der Pflegegesellschaft ansprechbar. Hierbei trete sie zwar im Namen der Pflegegesellschaft auf. Dies stehe aber einer Beurteilung ihrer Tätigkeit als selbständige Beschäftigung nicht entgegen, da sie sich lediglich der Pflegegesellschaft zur Erfüllung ihrer Tätigkeit bediene. Genauso wenig sei die Tatsache, dass sie häufig in den Räumen der Klägerin arbeite, Indiz gegen ihre Selbständigkeit. Sie sei in der Wahl, wo sie ihre Tätigkeit ausübe, frei, und arbeite sowohl im Büro der Klägerin als auch in ihrem Büro in S. a.N. Für ihre Tätigkeit erhalte sie ein gleichbleibendes Entgelt, ohne dass sie zu einer Stundenaufzeichnung verpflichtet sei, wie es bei Arbeitnehmern üblich sei. Das Geld werde im Übrigen nicht auf ein gemeinsames Privatkonto, sondern auf ihr Geschäftskonto überwiesen. Aufträge nehme sie zwar überwiegend von der Klägerin an, sie sei jedoch nie ausschließlich für diese tätig gewesen. Dies sei auch nie so geplant gewesen. 2009 seien zudem Tätigkeiten für eine weitere GmbH sowie für Einzelpersonen hinzugekommen. Selbständig tätig sei sie seit April 2007, wenngleich dies in den Aufzeichnungen nicht sofort nachvollzogen worden sei. Insoweit handele es sich lediglich um Buchungsfehler. Die Beigeladene zu 1) sei seither nicht mehr in den Arbeitsablauf der Klägerin eingegliedert. Vertretungsaufgaben nehme sie nur im Einzelfall wahr, wenn dies so vereinbart werde. Anspruch darauf habe die Klägerin nicht. Sie sei auch nicht den ganzen Tag über im Büro der Klägerin erreichbar und sei ebenso wenig Ansprechpartnerin für das Pflegepersonal und die Pflegebedürftigen. Diese Aufgabe obliege der Geschäftsleitung der Klägerin. Soweit die Beigeladene an Schulungen teilnehme, handele es sich um Einzelfälle. Dass sie dieselbe Software einsetze wie ihr Auftraggeber, sei üblich und kein Indiz gegen ihre Selbständigkeit. Sie trage ein Unternehmerrisiko, da sie im Fall ihres Ausfalls wegen Krankheit o.Ä. keine Einnahmen habe und für diesen Fall selbst vorsorgen müsse. Bei Dienstleistungen bestehe das wesentliche Risiko darin, beim Ausfall der eigenen Arbeitskraft keine Einnahmen mehr zu haben. Demgegenüber sprächen wesentliche Aspekte für eine selbständige Tätigkeit der Beigeladenen zu 1). Diese verfüge über eine eigene Büroorganisation in S. a.N. Sie habe von Anfang an zumindest zwei Kunden gehabt und neben Aufträgen der Klägerin auch solche der Firma I. GmbH in G. angenommen. 2009 habe sie weitere Kunden hinzugewonnen. Dass sie sich zunächst auf die Klägerin als ihren größten Auftraggeber konzentriert habe, sei Indiz für eine wohlüberlegte selbständige Tätigkeit, nicht aber für eine abhängige Beschäftigung. Im Übrigen habe sie weder Anspruch auf Urlaub noch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Sie habe daher nach der Geburt ihres Kindes auch nicht aussetzen können.
Mit Bescheid vom 07.07.2010 (Bl II/12 Verwaltungsakte) machte die Beklagte Nachforderungen zur Sozialversicherung in Höhe von 38.838 EUR (hierin enthalten Säumniszuschläge iHv 7.767 EUR) für die Zeit vom 01.04.2007 bis 30.04.2009 geltend. Sie verwies darauf, die Beigeladene zu 1) sei abhängig beschäftigt, da sie den Weisungen ihrer Arbeitgeberin unterliege. Zwar bestünden Weisungen nur in eingeschränktem Maße, es handele sich aber insgesamt um eine von der Ordnung des Unternehmens geprägte Tätigkeit.
Die Klägerin legte gegen den Bescheid Widerspruch ein und beantragte zugleich die Aussetzung der Vollziehung der Forderung. Der Aussetzungsantrag wurde am 22.07.2010 abgelehnt.
Am 30.07.2010 beantragte die Klägerin die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes beim Sozialgericht Reutlingen (SG). Zur Begründung des Antrags wurde ua vorgetragen, die Beigeladene zu 1) führe ihre Tätigkeit nicht im eigenen Namen aus. Das Büro der Beigeladenen zu 1) befinde sich ausschließlich in den Räumlichkeiten der Antragstellerin. Allerdings rechne die Beigeladene zu 1) gegenüber der Antragstellerin (Klägerin) ab und führe ihre eigene Büroorganisation, die von der Organisation der Antragstellerin getrennt sei. Der Antrag wurde mit Beschluss des SG vom 30.11.2010 abgelehnt (S 6 R 2478/10 ER).
Mit Widerspruchsbescheid vom 05.11.2011 (richtig: 05.11.2010) wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Sie führte ergänzend aus, dass die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) bezogen auf jeden Auftraggeber getrennt zu würdigen sei. Der hier im Streit stehende Bescheid betreffe nur die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) für die Klägerin. Allein aus der Existenz mehrerer Auftraggeber lasse sich nicht auf eine selbständige Tätigkeit schließen.
Am 18.11.2010 hat die Klägerin Klage beim SG erhoben. Sie macht ergän¬zend geltend, die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) habe sich verändert. Sie habe Entscheidungsbefug¬nisse übertragen bekommen und sei nicht mehr in die Betriebsorganisation eingebunden gewe¬sen. Ebenfalls habe sie ein unternehmerisches Risiko getragen, da sie Kunden hätte verlieren können mit der Folge geringeren Einkommens. Die Äußerlichkeiten, die gegen eine selbständige Tätig-keit sprechen könnten, seien nicht maßgeblich. Es sei irrelevant, wie die Beigeladene zu 1) nach außen aufgetreten sei. Auch in vielen anderen Fällen sei nicht erkennbar, dass jemand organisa-torisch nicht in einen Betrieb eingebunden sei. Auf die verspäteten Anmeldungen des Gewerbe-betriebes komme es nicht an. Im Hinblick auf die angeforderten Säumniszuschläge sei festzustel-len, dass deren Erhebung in keinem Fall gerechtfertigt sei. Sie seien davon ausgegangen, dass die Beigeladene tatsächlich eine selbständige Tätigkeit ausübte. So seien sie auch von ihrem Steuer-berater beraten worden.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat auf die Begründungen der angefochtenen Bescheide Bezug genommen. Im Vergleich zu dem früheren Angestelltenverhältnis habe es nur wenige Ände¬rungen gegeben habe. Insbesondere sei das Auftreten nach außen gleich geblieben. Im Übrigen habe die Beigeladene keinerlei Risiko getragen und keine Investitionen getätigt. Nach außen hin sei vieles erst rückwirkend angepasst worden, zum Teil erst nach der Durchsuchung.
Im Mai 2011 wurde die Beigeladene zu 1) alleinige Gesellschafter-Geschäftsführerin der Klägerin mit einem Anteil von 50% sowie weiterer 50% treuhänderisch (Anteile der Schwiegermutter), nachdem das Landratsamt T. nach strafrechtlicher Verurteilung der bei der Klägerin verantwortlichen Personen deren Ausschluss aus der Heimträgerschaft, aus der Heimleitung und aus der Mitarbeit im Pflegebetrieb durchgesetzt hatte.
Mit Urteil vom 24.04.2012 hat das SG den angefochtenen Bescheid insoweit aufgehoben, als darin Säumniszuschläge in Höhe von 7.767 EUR gefordert wurden. Bei einer Beitragsforderung durch Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit sei nach § 24 Abs 3 SGB IV ein darauf entfallender Säumniszuschlag nicht zu erheben, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft mache, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht gehabt habe. Diese Voraussetzungen lägen vor. Die Klägerin habe glaubhaft gemacht, dass sie und die Beigeladene zu 1) bei der Umgestaltung des Arbeitsverhältnisses gemeinsam mit dem Steuerberater davon ausgegangen seien, dass die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) auch als Selbständige erbracht werden kann. Es könne nicht widerlegt werden, dass die Klägerin ohne Verschulden davon ausgegangen sei, die von ihr mithilfe des Dienstleistungsvertrages getroffene Regelung halte einer rechtlichen Überprüfung stand.
Im Übrigen sei der Bescheid rechtmäßig und die Beitragsnachforderung nicht zu beanstanden. Die Beigeladene zu 1) sei bei der Klägerin abhängig beschäftigt gewesen, weshalb Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung vorgelegen habe. Die Beigeladene zu 1) habe keinerlei Investitionen getätigt und kein unternehmerisches Risiko getragen. Sie sei praktisch aus¬schließlich für die Klägerin tätig gewesen und habe regelmäßige Arbeitszeiten von 8 bis 17 Uhr gehabt. Nach der der formalen Lösung der Beigeladenen zu 1) aus dem Betrieb der Klägerin hätten sich offensichtlich keine Änderungen erge¬ben. Vorher wie nachher habe sie die ihr obliegenden Aufgaben weitestgehend selbständig ausgeführt. Eine Veränderung hätte sich nur insoweit ergeben, dass sie die Buchhaltung zusätzlich übernommen habe, die zuvor outgesourct gewesen sei. Der Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses steht insbesondere nicht entgegen, dass die Abhängigkeit unter Familienangehörigen im Allgemeinen we¬niger stark ausgeprägt sei und deshalb das Weisungsrecht möglicherweise mit gewissen Einschrän¬kungen ausgeübt werde. Die Beigeladene zu 1) sei in die fremde Arbeitsorganisation der Klägerin eingebunden gewesen. In diesem Zusammenhang sei maßgeblich, dass die Beigeladene weiterhin wie zuvor im Wesentlichen das ihr bei der Klägerin zur Verfügung stehende Büro genutzt habe. Neben der Nutzung für ihre Tätigkeit habe sie dabei nach ihren Angaben weiterhin an die Klägerin gerichtete Anrufe entgegengenommen und habe auch weiterhin über das Netzwerk der Klägerin Zugriff auf deren Daten gehabt. Sie sei daher weiterhin in einem Umfang in die Arbeitsorganisation der Klägerin eingebunden gewesen, wie er für ihre Tätigkeit nicht erforderlich gewesen wäre. Auffällig sei, dass die Klägerin und die Beigeladene zu 1) ihre Beziehung durch den Dienstleistungsvertrag zwar formal anders geregelt hätten, sich tatsächlich aber keine nennenswerten Änderungen ergeben hätten. Eine Loslösung aus der Organisation der Klägerin habe nicht stattgefunden. Eine solche könne insbesondere auch nicht darin gesehen werden, dass die Klägerin nach ihren Angaben fortan ein Büro in S. unterhalten habe, denn dies stelle kein Büro in dem Sinne dar, wie man es von einem Selbständigen erwarte. Vielmehr habe es sich um ein sich im Haus der Schwiegereltern der Beigeladenen zu 1) befindendes ehemaliges Lernzimmer gehandelt, in dem diese den Schreibtisch habe nutzen dürfen. Bezeichnend sei, dass das "Büro" in S. erst im September 2009 und rückwirkend ab 01.08.2008 als Sitz des Gewerbes der Beigeladenen angegeben worden sei. Zuvor habe die Beigeladene zu 1) ihre Tätigkeit ausschließlich in den Räumen der Klägerin ausgeübt. Auch zu der Zeit, zu der sich der Sitz ihres Gewerbes in S. a.N. befand, sei die Beigeladene zu 1) telefonisch über den Anschluss der Klägerin zu erreichen gewesen. Diesen Anschluss habe sie auf ihren Rechnungen aufgeführt.
Gegen das ihren Prozessbevollmächtigten am 23.07.2012 gegen Empfangsbekenntnis zugestellte Urteil des SG hat die Klägerin am 31.07.2012 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass das SG die Indizien teilweise unzutreffend dargestellt und gewürdigt habe. Nach Beginn der selbständigen Tätigkeit habe die Beigeladene zu 1) keine regelmäßigen Arbeitszeiten von 8 bis 17 Uhr gehabt, sondern sich ihre Zeit freier einteilen können. Nur während dem Ausbildungsverhältnis habe sie diese Arbeitszeiten gehabt. Eine Lösung aus der Organisation der Klägerin habe stattgefunden. Es habe kein Weisungsrecht bestanden. Die Beigeladene zu 1) habe die Lohnbuchführung wie ein selbständiges Lohnbüro übernommen. Die Qualität der Arbeit habe sich erheblich verändert.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 24.04.2012 und den Bescheid der Beklagten vom 07.07.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.11.2010 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Mit Beschluss vom 23.04.2014 hat der Senat die Bundesagentur für Arbeit, die BKK E. A. nebst der dortigen Pflegekasse zum Verfahren beigeladen. Die Beigeladenen zu 1) - 4) haben keine Anträge gestellt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akte des Senats sowie die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft, zulässig und begründet. Zu Unrecht hat das SG der Klage nur teilweise stattgegeben. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten, weshalb sie insgesamt aufzuheben und das Urteil des SG abzuändern war.
Zwischen der Beigeladenen zu 1) und der Klägerin bestand im streitigen Zeitraum vom 01.04.2007 bis 30.04.2009 kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis, das Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, sozialen Pflege-, gesetzlichen Renten- und der Arbeitslosenversicherung begründete. Die festgestellte Beitragsnachforderung für diesen Zeitraum in Höhe von 31.071 EUR besteht nicht.
Der angefochtene Bescheid ist formell rechtmäßig; die erforderliche Anhörung (§ 24 SGB X) ist erfolgt. Er ist aber materiell rechtswidrig, da die Klägerin zur Überzeugung des Senats nach dem 01.04.2007 nicht abhängig bei der Klägerin beschäftigt war.
Rechtsgrundlage für den Erlass des angefochtenen Beitragsbescheides ist § 28p Abs 1 SGB IV. Danach prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Melde-pflichten und ihre sonstigen Pflichten nach dem SGB IV erfüllen und erlassen im Rahmen dessen Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und zur Beitragshöhe in den einzelnen Sozialversicherungszweigen. Für die Zahlung von Beiträgen von Versicherungspflichtigen aus Arbeits-entgelt zur gesetzlichen Krankenversicherung, gesetzlichen Rentenversicherung, Arbeitslosen-versicherung und sozialen Pflegeversicherung gelten nach § 253 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), § 174 Abs 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) sowie § 60 Abs 1 Satz 2 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) die Vorschriften über den Gesamtsozialversicherungsbeitrag (§§ 28d bis 28n und 28r SGB IV). Diese Vorschriften gelten nach §§ 1 Abs 1 Satz 2 SGB IV, § 348 Abs 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) auch für die Arbeitsförderung. Nach § 28e Abs 1 Satz 1 SGB IV hat der Arbeitgeber den Gesamtsozialversicherungsbeitrag zu zahlen. Als Arbeitsentgelt gelten gemäß § 14 Abs 1 Satz 1 SGB IV alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Um das Bestehen von Versicherungs- und Beitragspflicht sowie ggf die Höhe der zu entrichtenden Beiträge feststellen zu können, war es schon immer eine selbstverständliche Pflicht des Arbeitgebers, hierüber geeignete Aufzeichnungen anzufertigen. Diese Pflicht ist seit 1989 ausdrücklich in § 28f Abs 1 Satz 1 SGB V normiert (Baier in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung Pflegeversicherung, § 28f SGB IV Rn 3).
Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhält-nis. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG 24.01.2007, B 12 KR 31/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 7, BSG 04.07.2007, B 11a AL 5/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 8) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit Bundesverfassungsgericht 20.05.1996, 1 BvR 21/96, SozR 3-2400 § 7 Nr 11). Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung (vgl BSG 24.01.2007, B 12 KR 31/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 7).
Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist.
Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG 08.08.1990, 11 RAr 77/89, SozR 3-2400 § 7 Nr 4; BSG 08.12.1994, 11 RAr 49/94, SozR 3-4100 § 168 Nr 18). In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen (BSG 01.12.1977, 12/3/12 RK 39,74, BSGE 45, 199, 200 ff; BSG 04.06.1998, B 12 KR 5/97 R, SozR 3-2400 § 7 Nr 13; BSG 10.08.2000, B 12 KR 21/98 R, BSGE 87, 53, 56 = SozR 3-2400 § 7 Nr 15; jeweils mwN). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (vgl hierzu insgesamt BSG 29.08.2012, B 12 KR 25/10 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 17 und B 12 KR 14/10 R, juris).
Nach den genannten Grundsätzen gelangt der Senat unter Abwägung aller Umstände zu der Überzeugung, dass die Beigeladene zu 1) bei der Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum nicht abhängig beschäftigt war, weshalb die Klägerin nicht zur Nachentrichtung von Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von 31.071 EUR verpflichtet ist.
Ausgangspunkt der Prüfung ist der von der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) am 01.04.2007 geschlossene Vertrag über die Erbringung von Buchhaltungsdienstleistungen uÄ. Ein Weisungsrecht der Klägerin in Bezug auf Zeit, Ort und Art der Ausführung der von der Beigeladenen zu 1) geschuldeten Tätigkeit ist in dem Vertrag nicht ausdrücklich vereinbart worden. Zur Konkretisierung der von der Beigeladenen zu 1) geschuldeten Leistungen bedurfte es keiner zusätzlichen Einzelweisungen der Klägerin. Der Beigeladenen zu 1) sind nach ihrem für den Senat glaubhaften Vorbringen auch keine einzelnen Weisungen erteilt worden. Soweit zur Durchführung ihrer Tätigkeit Buchungsanweisungen der Klägerin zu beachten waren, handelt es sich nicht um Weisungen, die ihren Rechtsgrund in einem Arbeitsverhältnis haben, sondern um Vorgaben des Auftraggebers, die auch von einem mit der Buchführung beauftragten Steuerberater zu beachten wären. Die Beigeladene zu 1) ist auch nicht so in den Betrieb der Klägerin eingegliedert gewesen, dass sie dabei einem umfassenden Weisungsrecht der Klägerin unterlag. Zwar hängt eine Eingliederung in einen fremden Betrieb nicht davon ab, ob die Tätigkeit innerhalb oder außerhalb des Betriebsgeländes ausgeübt wird. Maßgebend sind auch insoweit die rechtlichen Rahmenbedingungen, unter denen die Arbeit verrichtet wird.
Soweit die Klägerin darauf hinweist, die Beigeladene zu 1) sei auch für andere Auftraggeber tätig gewesen, ist sowohl nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) als auch nach der Rechtsprechung des BSG für die Statusabgrenzung nicht entscheidend, an wie vielen verschiedenen Vorhaben der Betreffende teilgenommen hat und ob er auch für andere Auftraggeber tätig ist bzw war (BAG 09.10.2002, 5 AzR 405/01, juris Rn 23). Erforderlich ist auch im Rahmen eines Dauerrechtsverhältnisses stets eine Bewertung der einzelnen Arbeitseinsätze (BSG 28.05.2008, B 12 KR 13/07 R, juris).
Aufgaben der Lohnbuchhaltung bzw Lohnbuchführung können sowohl von Mitarbeitern des Betriebs als auch im Rahmen einer selbständigen Tätigkeit wahrgenommen werden. Die für die Tätigkeit einer selbständigen Buchführungshelferin bzw Buchhalterin erforderliche Ausbildung und Kenntnisse hat die Beigeladenen zu 1) erworben (vgl http://www.hk24.de/unternehmensfoerderung und start/unternehmensgruendung/branchenspez tipps/370706/buchfuehrung.html, abgerufen am 29.09.2014).
Die Tatsache, dass die Beigeladene zu 1) ihre Arbeitsleistung zu einem großen Teil in den Räumen der Klägerin unter Nutzung der dortigen betrieblichen Infrastruktur persönlich erbracht, ist im Falle des Lohnbuchhalters kein taugliches Abgrenzungsmerkmal für die Unterscheidung einer abhängigen von einer selbständigen Beschäftigung. Es liegt in der Natur der Sache, dass die Prüfung und Bearbeitung der Belege auch vor Ort erfolgen kann und häufig sinnvoll sein wird, ebenso wie die Nutzung kompatibler EDV-Systeme. Dagegen können aus der Art der Vergütung deutlichere Rückschlüsse auf die rechtliche Natur des Arbeitseinsatzes gezogen werden, je nachdem, ob sie mit einem - ggf. pauschalierten - Verlustrisiko belastet ist, deshalb einer Gewinnbeteiligung gleich kommt oder ob sie lediglich als Gegenleistung für geschuldete Arbeitsleistung (bzw Arbeitsbereitschaft) anzusehen ist. Nur für den Fall, dass die tatsächliche Ausgestaltung der Beziehungen der Beteiligten etwa gleichermaßen die Deutung als abhängiges Beschäftigungsverhältnis wie auch als selbständiges freies Mitarbeiterverhältnis zulässt, ist darauf abzustellen, was die Vertragsschließenden gewollt haben (Urteil des Senats vom 16.09.2008, L 11 R 1074/08 zur Tätigkeit eines Wirtschaftsprüfers und Steuerberaters unter Hinweis auf das Urteil des BSG vom 14.05.1981, 12 RK 11/80 zur Anwaltstätigkeit).
Bei der vorzunehmenden Gesamtwürdigung der Bedingungen, unter denen die Lohnbuchhaltung oder die Vorbereitung der Umsatzsteuervoranmeldungen etc für die Klägerin von der Beigeladenen zu 1) getätigt wurden, spielt nach Auffassung des Senats maßgeblich eine Rolle, dass kein Stundenlohn, sondern eine monatliche Pauschale in nicht geringer Höhe vereinbart wurde, die nur geschuldet war, wenn eine Gegenleistung erbracht wurde. Bei Überschreitung der maximal abgegoltenen Stundenzahl wurde die Pauschale nicht erhöht, sondern es wurde lediglich deren Neuverhandlung geregelt. Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall erhielt die Beigeladene zu 1) ebenso wenig wie Urlaub, insoweit hatte die Beigeladene zu 1) auch Risiken zu tragen. Umgekehrt hatte die Beigeladene zu 1) auch dann Anspruch auf die volle Pauschale, wenn sie sie weniger als 100 Stunden pro Monat tätig war. Je schneller sie ihre Arbeit verrichtete, desto höher war der Stundenlohn. Es ist für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis untypisch, dass weder die Höhe des Stundenlohns noch eine wöchentliche oder monatliche Mindestarbeitszeit vorgegeben wird. Offenbleiben kann bei dieser Sachlage, ob der gezahlten Pauschale in Höhe von monatlich 3.000 EUR überhaupt ein realer Gegenwert an Arbeitsleistung gegenüberstand oder ob es sich insoweit um eine bloße Vermögensverschiebung gehandelt hat. Abhängig beschäftigt bei der Klägerin war die Beigeladene zu 1) jedenfalls nicht.
Soweit die Beklagte darauf abstellt, dass die Beigeladene zu 1) gelegentlich in der Küche ausgeholfen habe, obwohl von einem Selbständigen nicht erwartet werden könne, dass er Vertretungsaufgaben übernehme, die mit seiner eigentlichen Tätigkeit nichts zu tun hätten, ergibt sich hieraus nichts Abweichendes. Erst recht reicht das arbeitsrechtliche Direktionsrecht nicht soweit, eine Buchhalterin zur Küchenarbeit anzuweisen. Diese Tätigkeiten der Beigeladenen zu 1) stehen außerhalb der hier zu beurteilenden und sind im Rahmen der familienhaften Mithilfe zu sehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 154 Abs 2 Verwaltungsgerichtsordnung.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs 1 SGG iVm §§ 1 Abs 2 Nr 3, 47 Abs 1 und 2, 52 Abs 3 S 1 Gerichtskostengesetz (GKG). In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert grundsätzlich nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Betrifft der Antrag des Klägers wie vorliegend eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend (§ 52 Abs 3 S 1 GKG). Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt 31.071 EUR, nachdem das SG die Festsetzung von Säumniszuschlägen in Höhe von 7.767 EUR aufgehoben hat und die Bescheide insoweit rechtskräftig abgeändert hat.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG).
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