L 5 R 600/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 2 R 2515/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 600/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23.12.2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt Rente wegen Erwerbsminderung.

Die 1954 geborene Klägerin hat keinen Beruf erlernt. Sie war nach eigenen Angaben von 1980 bis 1990 Hausfrau und Mutter und danach bis 2006 als Packerin versicherungspflichtig beschäftigt. Anschließend bezog sie Leistungen wegen Arbeitslosigkeit, zuletzt bis 28.03.2008 Alg I.

Im Versicherungsverlauf der Klägerin sind (u.a.) jeweils 12 Monate Pflichtbeitragszeiten für die Jahre 2005 bis 2007 enthalten. Für das Jahr 2008 sind Pflichtbeitragszeiten für Januar bis März vorgemerkt. Danach sind Pflichtbeitragszeiten nicht mehr gespeichert. Zwischen September 1981 und November 1990 sind ebenfalls Pflichtbeitragszeiten nicht gemeldet worden.

Am 27.02.2008 beantragte die Klägerin erstmals Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte erhob das Gutachten der Neurologin und Psychiaterin, Sozialmedizinerin, Dr. U. vom 03.05.2008. Diese diagnostizierte eine mittelgradige Depression mit ausgeprägter Somatisierung sowie chronisch-rezidivierende Lumboischialgien bei degenerativen Wirbelsäulenveränderungen inklusive Bandscheibenvorfall L4/5 und L5/S1, aktuell ohne sichere radikuläre Defizite. Die Klägerin könne leichte Tätigkeiten (unter qualitativen Einschränkungen) 6 Stunden täglich und mehr verrichten. Die Beklagte lehnte daraufhin den Rentenantrag ab (Bescheid vom 15.5.2008).

Unter dem 02.02.2009 stellte die Klägerin erneut einen Rentenantrag; sei leide (u.a.) nach dem tödlichen Verkehrsunfall ihres Ehemannes am 28.05.2008 unter (jetzt) schweren Depressionen. Die Beklagte beauftragte Dr. U. erneut mit der Begutachtung der Klägerin. Die Gutachterin diagnostizierte im Gutachten vom 25.04.2009 bei klagsam morosem, wiederholt auch gereizt-dysphorischem Affekt und eingeschränkter Modulationsbreite sowie fraglich leicht gemindertem Antrieb eine chronifizierte weiterhin mittelgradige Depression mit Somatisierung, ein degeneratives Wirbelsäulen-Syndrom mit rezidivierenden Lumboischialgien bei Z. n. BSP L4/5 und L5/S1 sowie einen Z. n. TVT linker US mit Lungenarterienembolie 4/08 - markumarisiert. Die Klägerin habe eine körperlich-neurologische Untersuchung unter Hinweis auf Schmerzen und allgemeine Kraftlosigkeit abgelehnt und gelangweilt und desinteressiert, jedoch zu keinem Zeitpunkt schmerzbeeinträchtigt gewirkt. Aus nervenärztlich-sozialmedizinischer Sicht bestehe weiterhin ein positives Leistungsbild von täglich 6 Stunden und mehr für ausschließlich körperlich leichte Tätigkeiten (unter qualitativen Einschränkungen). Mit Bescheid vom 29.05.2009 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Den dagegen eingelegten Widerspruch der Klägerin wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 05.11.2009 zurück.

Am 16.02.2011 beantragte die Klägerin erneut Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte erhob die beratungsärztliche Stellungnahme der Chirurgin und Sozialmedizinerin Dr. L. vom 04.03.2011 (quantitative Leistungsminderung weiterhin nicht erkennbar) und lehnte den Rentenantrag mit Bescheid vom 04.03.2011 ab. Zur Begründung führte sie aus, die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Erwerbsminderungsrente seien nicht erfüllt. Beim Eintritt von Erwerbsminderung am 16.02.2011 (Tag der Antragstellung) seien im maßgeblichen Fünfjahreszeitraum (16.02.2006 bis 15.02.2011) nur 26 Monate mit Pflichtbeiträgen belegt. Vor dem 01.01.1984 habe die Klägerin die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren nicht zurückgelegt.

Zur Begründung des dagegen eingelegten Widerspruchs trug die Klägerin vor, sie sei schon seit Mai 2008 voll erwerbsgemindert; seinerzeit seien die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen der Rentengewährung noch erfüllt gewesen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 10.05.2011 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, die Klägerin könne nach wie vor leichte Tätigkeiten (unter qualitativen Einschränkungen) 6 Stunden täglich und mehr verrichten. Außerdem seien (wie im Bescheid vom 04.03.2011 dargelegt) die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen der Rentengewährung nicht erfüllt. Der Zeitraum vom 01.01.1984 bis 15.02.2011 sei nicht durchgehend mit Anwartschaftserhaltungszeiten belegt.

Am 09.06.2011 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Karlsruhe. Das Sozialgericht befragte zunächst behandelnde Ärzte.

Der Nervenarzt Dr. U. führte im Bericht vom 26.08.2011 aus, er habe die Klägerin nach dem August 2010 am 22.02.2011, 13.04.2011 und 06.07.2011 gesehen. Die Klägerin schildere immer die gleichen Beschwerden, vor allem Schmerzen. Eine Leistungseinschätzung gab Dr. U. nicht ab. Der Chirurg Dr. Sch. erachtete die Klägerin nur noch für unter 3 Stunden täglich leistungsfähig (Bericht vom 22.09.2011). Diese Leistungseinschränkung beruhe auf einem Bandscheibenvorfall L3/4 und L4/6 am 04.01.2011 und bestehe seit diesem Tag. Der Allgemeinarzt Dr. L. vertrat im Bericht vom 24.10.2011 die Auffassung, die Klägerin könne wegen Polymorbidität leichte Tätigkeiten maximal 6 Stunden täglich verrichten.

Die Beklagte trug unter Vorlage der beratungsärztlichen Stellungnahme der Chirurgin und Sozialmedizinerin Dr. L. vom 10.01.2012 vor, zu dem Zeitpunkt, zu dem die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen der Rentengewährung letztmals erfüllt gewesen seien (spätestens April 2010) habe Erwerbsminderung nicht vorgelegen.

In der beratungsärztlichen Stellungnahme von Dr. L. ist (u.a.) ausgeführt, die vom behandelnden Chirurgen Dr. Sch. angeführten orthopädischen Leiden bzw. die Ergebnisse der kernspintomographischen Diagnostik erlaubten nicht den Schluss auf eine rentenberechtigende (zeitliche) Leistungsminderung. Ein Bandscheibenvorfall L3/4 sei bereits 2004 beschrieben worden. Nach den Unterlagen habe außerdem eine MRT-Untersuchung im Juni 2011 stattgefunden, bei der dieser Bandscheibenvorfall erneut festgestellt sowie ein ebenfalls seit vielen Jahren vorhandener Bandscheibenvorfall L4/5 und eine Bandscheibenvorwölbung L5/S1 beschrieben worden sei. Insgesamt ergäben die bis zur Begutachtung im Jahr 2009 vorgelegten medizinischen Berichte und die von den Rentengutachtern erhobenen Befunde, insbesondere in psychopathologische Hinsicht, keine Funktionsbeeinträchtigungen, die eine zeitliche Leistungsminderung belegen könnten. Die Beobachtung der Klägerin durch die Gutachter habe keine Hinweise auf höhergradige funktionelle Beeinträchtigungen in körperlicher Hinsicht ergeben. Eine Somatisierungsstörung und eine Depression seien seit vielen Jahren dokumentiert, ebenso degenerative Veränderungen im Bereich der Lendenwirbelsäule, weniger ausgeprägt der Hals- und Brustwirbelsäule. Die Klägerin werde außerdem mit einem blutverdünnenden Medikament behandelt. Aus den dem aktuellen Rentenantrag beigefügten medizinischen Berichten sei eine wesentliche Befundänderung nicht zu entnehmen. Dr. Sch. habe die von ihm postulierte (zeitliche) Leistungsminderung auf den 04.01.2011 datiert und mit einer kernspintomographischen Untersuchung begründet, die allerdings erst im Juni 2011 durchgeführt worden sei; zu diesem Zeitpunkt seien die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen der Rentengewährung nicht mehr erfüllt gewesen. Eine spätestens zum April 2010 eingetretene rentenberechtigende Leistungsminderung lasse sich nicht belegen und werde auch durch eine aktuelle Begutachtung nicht mehr zu klären sein.

Das Sozialgericht zog Befundberichte behandelnder Ärzte aus der Zeit von Januar 2009 bis August 2010 bei (u.a. der F.-St.-Klinik, B., vom 19.12.2008 und 21.02.2009: bekanntes chronisches Schmerzsyndrom und bekannte Depression). Die Beklagte legte hierzu die beratungsärztliche Stellungnahme der Dr. L. vom 18.04.2012 vor; diese führte aus, aus den nachgereichten Berichten und Unterlagen ergäben sich für das rentenrechtliche Leistungsvermögen der Klägerin keine neuen Gesichtspunkte.

Zwischenzeitlich teilte die Klägerin mit Schriftsatz vom 31.07.2012 mit, ergänzende, nicht bereits in ihrem Versicherungsverlauf enthaltene rentenrechtliche Zeiten würden nicht geltend gemacht. Erwerbsminderung sei bei ihr allerdings schon 2008 eingetreten.

Das Sozialgericht erhob sodann das Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. B. vom 27.11.2012. Dieser führte (unter Berücksichtigung der vorliegenden Arztberichte und Gutachten - auch eines (handschriftlichen) Kurzbriefs der F.-St.-Klinik, B. vom 21.04.2008: Behandlung vom 21.04.2008 bis 24.04.2008, Diagnose u.a. schwere Depression) aus, nach Aktenlage lägen bei der Klägerin außerhalb des nervenärztlichen Fachgebiets keine Erkrankungen vor, die ihre Belastbarkeit für Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts nennenswert herabsetzten. Die Stimmungslage sei subdepressiv bis depressiv gefärbt. Während der körperlich-neurologischen Untersuchung hätten sich gewisse Verdeutlichungstendenzen gezeigt. Im affektiven Verhalten sei die Klägerin durchaus schwingungsfähig, der Antrieb sei leichtgradig reduziert. Der Gutachter diagnostizierte eine somatoforme Schmerzstörung, Dysthymia sowie Spannungskopfschmerz (orthopädische Diagnosen: degeneratives LWS-Syndrom mit Z. n. Bandscheibenvorfällen L4/5 und L5/S1 ohne neurologisches Defizit, degeneratives HWS-Syndrom; internistische Diagnosen: Z. n. tiefen Beinvenenthrombosen rechter Unterschenkel 2008 und 2011 mit Lungenembolie 04/2008, Bluthochdruck, mäßige Antrumgastritis, mäßige Sigmadivertikulose, Hämorrhoiden I. Grades, Z. n. Hepatitis B (Serumnarbe)). Aus nervenärztlicher Sicht könne die Klägerin als Produktionsarbeiterin arbeiten und auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichtere Tätigkeiten (unter qualitativen Einschränkungen: u.a. wegen der somatoformen Schmerzstörung bei depressiver Persönlichkeitsstruktur keine Tätigkeiten mit hoher Verantwortung oder starker nervlicher Belastung) 6 Stunden täglich und mehr verrichten. Sie sei auch wegefähig. Eine Besserung der die Leistungsfähigkeit einschränkenden psychischen Befunde könne nach einer konsequenten ambulanten Psychotherapie in 6 bis 12 Monaten erwartet werden.

Nachdem die Klägerin Einwendungen gegen das Gutachten des Dr. B. erhoben hatte, holte das Sozialgericht dessen ergänzende Stellungnahme vom 18.01.2013 ein. Darin hielt der Gutachter an seiner Leistungseinschätzung fest.

Mit Gerichtsbescheid vom 23.12.2013 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, der Klägerin stehe Erwerbsminderungsrente nicht zu, da sie auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig sein könne; sie sei deshalb nicht erwerbsgemindert (§ 43 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch, SGB VI). Das ergebe sich aus dem überzeugenden Gutachten des Dr. B ... Die Erkrankungen der Klägerin bedingten qualitative, jedoch keine rentenberechtigende zeitliche Leistungseinschränkungen. In nervenärztlicher Hinsicht bestehe nach den erhobenen Befunden nur eine leichtgradige psychische Beeinträchtigung. Auch eine höhergradige Schmerzerkrankung liege nicht vor, zumal die Medikation Opiate oder andere hochwirksame Medikamente nicht umfasse. Der abweichenden Auffassung des behandelnden Chirurgen Dr. Sch. sei nicht zu folgen. Dieser habe sich lediglich auf die Ergebnisse der bildgebenden Diagnostik gestützt, eine klinische Symptomatik, die eine zeitliche Leistungseinschränkung begründen könnte, aber nicht beschrieben. Nach den Feststellungen des Dr. B. verursache der Z. n. Bandscheibenvorfall L4/5 und L5/S1 kein neurologisches Defizit. Insgesamt seien die orthopädischen Gesundheitsstörungen nach der schlüssigen Einschätzung des Dr. B. gegenüber der überlagernden somatoformen Schmerzstörung von untergeordneter Bedeutung. Dr. L. halte die Klägerin ebenfalls für 6 Stunden täglich leistungsfähig. Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§ 240 SGB VI) komme für die auf den allgemeinen Arbeitsmarkt breit verweisbare Klägerin nicht in Betracht.

Auf den ihr am 10.01.2014 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 07.02.2014 Berufung eingelegt. Sie trägt ergänzend vor, das Sozialgericht hätte der Leistungseinschätzung des Dr. B. nicht folgen dürfen. Sie leide trotz erheblicher Schmerzmedikation unter Schmerzen. Sie bezweifle, dass sie bei dieser Medikation vollschichtig arbeiten könne. Außerdem habe sie bereits bei ihren im sozialgerichtlichen Verfahren erhobenen Einwendungen gegen das Gutachten des Dr. B. eine gewisse Voreingenommenheit des Gutachters moniert. Dieser habe insbesondere die Ansichten ihrer behandelnden Ärzte nicht ausreichend gewürdigt. Dr. B. habe eine Besserung des ihre Leistungsfähigkeit einschränkenden psychischen Befunds bei konsequenter ambulanter Psychotherapie binnen 6 bis 12 Monaten für möglich erachtet, allerdings einen ihre Leistungsfähigkeit einschränkenden psychischen Befund verneint; das sei widersprüchlich. Die Prognose sie auch nicht überzeugend. Man möge weitere Gutachten auf orthopädischem und internistischem Fachgebiet erheben, nachdem der behandelnde Chirurg Dr. Sch. eine zeitliche Leistungseinschränkung angenommen habe. In der F.-St.-Klinik, B., sei eine schwere Depression diagnostiziert worden (Kurzbrief vom 21.04.2008).

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23.12.2013 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 04.03.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.05.2011 zu verurteilen, ihr Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab Antragstellung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend und verweist unter Bezugnahme auf die angefochtenen Bescheide ergänzend darauf, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen der Rentengewährung bei Rentenantragstellung am 16.02.2011 nicht erfüllt gewesen seien.

Die Beteiligten haben sich mit einer Senatsentscheidung ohne mündliche Verhandlung gem. §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, die beigezogenen Schwerbehindertenakten des Landratsamts (Versorgungsamt) Karlsruhe sowie die Akten des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Im Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG).

Die gem. §§ 143, 144, 151 SGG statthafte und auch sonst zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, ihr Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren; sie hat darauf keinen Anspruch.

Das Sozialgericht hat in seinem Gerichtsbescheid zutreffend dargelegt, nach welchen Rechtsvorschriften (§§ 43, 240 SGB VI) das Rentenbegehren der Klägerin zu beurteilen ist, und weshalb ihr danach Rente nicht zusteht. Der Senat nimmt insoweit zunächst auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Gerichtsbescheids Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist - insbesondere im Hinblick auf das Berufungsvorbringen der Beteiligten - anzumerken:

Unter den Beteiligten ist nicht streitig, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Erwerbsminderungsrente letztmals zum April 2010 erfüllt gewesen sind. Die Klägerin ist aber weder bis zu diesem Zeitpunkt erwerbsgemindert gewesen noch ist bei ihr in der Zeit danach Erwerbsminderung festgestellt worden.

Die Begutachtung der Klägerin in den vorausgegangenen wie im laufenden Rentenverfahren hat ergeben, dass sie jedenfalls leichte Tätigkeiten (unter qualitativen Einschränkungen) mindestens 6 Stunden täglich verrichten kann, was die Annahme von Erwerbsminderung ausschließt (§ 43 Abs. 3 SGB VI). In den auf die ersten beiden Rentenanträge der Klägerin erhobenen Gutachten vom 03.05.2008 und 25.04.2009 hat die Neurologin und Psychiaterin, Sozialmedizinerin, Dr. U. rentenberechtigende Leistungseinschränkungen nicht gefunden. Die Gutachterin hat insbesondere eine höhergradige, sozialmedizinisch (rentenrechtlich) beachtliche Depressions- und/oder Schmerzerkrankung nicht feststellen können. Im (nach dem Unfalltod des Ehemanns der Klägerin am 28.05.2008) erstellten Gutachten vom 25.04.2009 hat Dr. U. bei (fraglich) nur leicht gemindertem Antrieb und ohne dass die Klägerin schmerzbeeinträchtigt gewirkt hätte, eine weiterhin mittelgradig ausgeprägte Depression diagnostiziert und überzeugend ein auf unter 6 Stunden täglich abgesunkenes Leistungsvermögen ausgeschlossen. Depressionserkrankungen führen im Übrigen nicht unbesehen zur Berentung, sondern sind grundsätzlich behandelbar (vgl. näher etwa Senatsurteil vom 04.09.2013, L 5 R 2647/11). Eine adäquate (multimodale) Behandlung (psychiatrisch, psychopharmakologisch bzw. psychotherapeutisch) hat aber zu keiner Zeit stattgefunden. So hat der Nervenarzt Dr. U. im Bericht vom 26.08.2011 für die Zeit nach August 2010 nur 3 Konsultationen (22.02.2011, 13.04.2011 und 06.07.2011) und sozialmedizinisch beachtliche psychopathologische Befunde nicht mitgeteilt, vielmehr nur angegeben, die Klägerin schildere immer die gleichen Beschwerden, vor allem Schmerzen. Eine engmaschige und multimodale nervenärztliche Behandlung der Klägerin ist auch den vom Sozialgericht beigezogenen Berichten der F.-St.-Klinik, B. nicht zu entnehmen. Dort wurde sie zur Abklärung von Thoraxschmerzen vom 21.04. bis 24.04 2008 beobachtet (Bericht vom 29.04.2008), danach war sie wegen linksthorakaler Schmerzen (Kurzbericht vom 19.12.2008) bzw. Ganzkörperschmerzen am 21.02.2009 in der Notfallambulanz dieser Klinik in Behandlung. Aus den Berichten dieser Klinik gehen lediglich Diagnosen hervor, jedoch keine aus entsprechenden pathologischen Befunden abzuleitende Leistungseinschränkungen. Eine nervenärztliche Behandlung hat dort nicht stattgefunden, die geklagten Beschwerden sind später nicht wieder aufgetreten. Der Neurologe und Psychiater Dr. B. hat die genannten Berichte in seinem für das Sozialgericht erstatteten Gutachten vom 27.11.2012 (mit ergänzender Stellungnahme vom 18.01.2013) berücksichtigt und auch unter Würdigung der darin mitgeteilten Diagnosen eine rentenberechtigende (zeitliche) Leistungseinschränkung überzeugend ausgeschlossen. Er hat (bei gewissen Verdeutlichungstendenzen und vorhandener Schwingungsfähigkeit) eine nur subdepressiv bis depressiv gefärbte Stimmungslage und einen nur leichtgradig reduzierten Antrieb festgestellt. Für eine dauerhafte - und nach dem Gesagten zunächst auch ggf. zu behandelnde - höhergradige Depressionserkrankung gibt es damit keine (Befund-)Grundlage. Der Gutachter hat auch lediglich eine Dysthymia diagnostiziert, aus der rentenrechtlich beachtliche Leistungseinschränkungen nicht abzuleiten sind, und betont, bei (bislang fehlender) konsequenter ambulanter Psychotherapie könne der psychische Befund gebessert werden.

Stichhaltige Einwendungen gegen die Erkenntnisse der Rentengutachter, insbesondere des Sachverständigen Dr. B., hat die Klägerin nicht erhoben. Dessen Auffassung wird im Übrigen durch die Einschätzung der Beratungsärztin der Beklagten Dr. L. gestützt, die in der Stellungnahme vom 18.04.2012 - zu den vom Sozialgericht beigezogenen Arztunterlagen, u.a. den Berichten der F.-St. Klinik, B., vom 19.12.2008 und 21.02.2009 - ebenfalls eine rentenberechtigende Leistungseinschränkung ausgeschlossen hat. Die abweichende Auffassung des Chirurgen Dr. Sch. (Leistungsvermögen unter 3 Stunden täglich) stellt eine ärztliche Meinungsäußerung, jedoch keine aus Befunden nachvollziehbar begründete sozialmedizinische Leistungseinschätzung dar. Das von Dr. Sch. angeführte Vorliegen eines durch bildgebende Diagnostik gesicherten Bandscheibenvorfalls genügt hierfür nicht, da für die Gewährung von Erwerbsminderungsrente nicht Diagnosen, sondern (sozialmedizinisch beachtliche) Leistungseinschränkungen maßgeblich sind. Außerdem hat sich Dr. Sch. für seine Auffassung auf einen im Jahr 2011 - am 04.01.2011 - diagnostizierten Bandscheibenvorfall (L3/4 und L4/6) bezogen und die von ihm postulierte (zeitliche) Leistungseinschränkung auf die Zeit danach beschränkt. Im Jahr 2011 sind aber die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen der Gewährung von Erwerbsminderungsrente (unstreitig) nicht mehr erfüllt gewesen; das war letztmals zum April 2010 der Fall. Dr. L. hat in der beratungsärztlichen Stellungnahme vom 10.01.2012 im Übrigen dargelegt, dass die MRT-Untersuchung des Jahres 2011 offenbar nicht am 04.01.2011, sondern im Juni 2011 stattgefunden hat und dass dabei lediglich ein bereits bekannter Bandscheibenvorfall (des Jahres 2004) sowie ein ebenfalls seit vielen Jahren vorhandener Bandscheibenvorfall L4/5 und eine (bloße) Bandscheibenvorwölbung L5/S1 beschrieben worden ist. Diese Erkrankungen des orthopädischen Fachgebiets sind von Dr. U. bereits in den Gutachten vom 03.05.2008 und vom 25.04.2009 hinsichtlich ihrer sozialmedizinischen (rentenrechtlichen) Bedeutung gewürdigt worden; aus ihnen folgen lediglich qualitative, jedoch keine rentenberechtigende (quantitative bzw. zeitliche) Leistungseinschränkungen. Der Hausarzt der Klägerin Dr. L. hat eine aus Befunden nachvollziehbar begründete Leistungseinschätzung ebenfalls nicht abgegeben und die Klägerin davon abgesehen (ohnehin) für fähig erachtet, leichte Tätigkeiten maximal 6 Stunden täglich zu verrichten; sechsstündiges Leistungsvermögen schließt aber die Annahme von Erwerbsminderung aus (§ 43 Abs. 3 SGB VI).

Das Berufungsvorbringen der Klägerin rechtfertigt auch im Übrigen keine andere Sicht der Dinge. Mit der (bloßen) Behauptung, trotz Einnahme von Schmerzmitteln unter Schmerzen zu leiden, ist das Vorliegen von Erwerbsminderung nach § 43 SGB VI angesichts der dargelegten Erkenntnisse der Rentengutachter nicht darzutun. Die Behauptung einer "gewissen Voreingenommenheit" des Dr. B., kann dessen - auch den Senat überzeugende - schlüssig und nachvollziehbar begründete Auffassung nicht in Zweifel ziehen. Wenn ein Rentenbewerber einen Gutachter für voreingenommen bzw. befangen hält, mag er das durch einen entsprechenden Befangenheitsantrag gem. § 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 406 ZPO (dazu auch etwa LSG Bayern, Beschl. v. 29.04.2014, L 15 SF 60/14 AB) geltend machen; das ist nicht geschehen.

Angesichts der vorliegenden Gutachten und Arztberichte drängen sich dem Senat weitere Ermittlungen, insbesondere weitere Begutachtungen nicht auf.

Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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