L 5 KR 2069/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 9 KR 465/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 2069/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 11.04.2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt (als Rechtsnachfolgerin ihres verstorbenen Ehemannes, im Folgenden: Versicherter) höheres Krankengeld.

Der 1954 geborene (am 26.09.2012 verstorbene) Versicherte war zuletzt bei einem Bauunternehmen beschäftigt und bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Seit 25.11.2010 war er (infolge eines 2003 erstmals diagnostizierten Tumorleidens) arbeitsunfähig erkrankt und bezog deswegen (nach Ende der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall) ab dem 07.01.2011 Krankengeld von der Beklagten.

Mit Schreiben/Bescheid vom 24.03.2011 berechnete die Beklagte das dem Versicherten zustehende Krankengeld. Sie führte aus, da der Versicherte seit November 2010 erkrankt sei, werde der Krankengeldberechnung der (Bezugs-)Monat Oktober 2010 als letzter Entgeltabrechnungszeitraum vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit zugrunde gelegt. Das Krankengeld werde nach Maßgabe der vom Arbeitgeber übermittelten Daten wie folgt berechnet:

Arbeitgeberdaten:

Bruttolohn (BL) 2.104,32 EUR Nettolohn (NL) 1.617,35 EUR Einmalzahlungen (EZ) der letzten 12 Monate 1.838,82 EUR in der Krankenversicherung 2.662,04 EUR in der Rentenversicherung Gesamtarbeitsstunden 178 Geleistete Mehrarbeitsstunden im Oktober 2010 4,50 im September 2010 41 im August 2010 64 wöchentliche Arbeitsstunden 40

Berechnung des Krankengelds:

Regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit/Stunden: 4,50 + 41+64 = 109,50/13 Wochen = 8,42 40,00 + 8,42 = 48,42

2.104,32 EUR (BL) x 48,42 Wochenarbeitsstunden = 81,77 EUR BL/Kalendertag 178,00 Gesamtarbeitsstunden x 7 Tage 1.838,82 EUR (EZ brutto) = 5,11 EUR/Kalendertag 360 Tage

81,77 EUR BL/Kalendertag + 5,11 BruttoEZ/Kalendertag = 86,88 EUR GesamtBL/Kalendertag davon 70% = 60,82 EUR

1.617,35 EUR (NL) x 48,42 Wochenstunden= 62,85 EUR NL/Kalendertag 178,00 Gesamtarbeitsstunden x 7 Tage

1.617,35 EUR (NL) x 5,11 EUR (BruttoEZ/Kalendertag) = 3,93 EUR NettoEZ/Kalendertag 2.104,32 EUR (BL)

62,85 EUR NL/Kalendertag + 3,93 EUR NettoEZ/Kalendertag = 66,78 EUR (GesamtNL/Kalendertag) davon 90% = 60,10 EUR dieser Betrag (als gegenüber 70% des GesamtBL/Kalendertag geringerer Betrag) für weitere Berechnung - als Bruttokrankengeld - maßgeblich, davon folgende vom Versicherten hälftig zu tragende Beiträge abzuziehen: Rentenversicherung 19,90 % = 5,98 EUR Arbeitslosenversicherung 3,00 % = 0,90 EUR Pflegeversicherung 1,95 % = 0,59 EUR Zusatzbeitrag Pflege 0,25 % (bis einschließlich 28.02.2011) = 0,17 EUR Insgesamt 7,64 EUR

Nettokrankengeld (Kalendertag): 60,10 EUR - 7,64 EUR = 52,46 EUR ab 07.01.2011: 52,46 EUR ab 01.03.2011: 52,63 EUR

Der Versicherte erhob Widerspruch. Zur Begründung trug er vor, die Krankengeldberechnung sei insoweit unrichtig, als der auf den Abrechnungszeitraum Oktober 2010 entfallende Lohn nicht für (die regelmäßig geleisteten) 178, sondern nur für 119 Arbeitsstunden gezahlt worden sei. Er habe im Oktober 2010 für 7 Tage unbezahlten Urlaub genommen. In der Verdienstbescheinigung für Oktober 2010 sei das durch die Angabe von 58 Stunden ohne Entgelt festgehalten. Der für die Sozialversicherung maßgebliche Bruttolohn für Oktober sei mit 2.137,36 EUR angegeben. Dieser Betrag sei durch die tatsächlich geleisteten 119 Arbeitsstunden zu teilen und mit der regelmäßigen Wochenarbeitszeit zu multiplizieren. In der Verdienstbescheinigung für September 2010 seien 45,50 Überstunden angegeben. Er habe zwar im Oktober 2010 keine, dafür aber im September 2010 45,50 Überstunden (nicht wie im Schreiben seines Arbeitgebers vom 14.03.2011 angegeben: September bzw. Oktober 2010 41 bzw. 4,5 Überstunden) geleistet; die Gesamtzahl der Überstunden ändere sich dadurch jedoch nicht. Damit ergebe sich ein Krankengeldbetrag nach der Beitragsbemessungsgrenze, was auch aus den übrigen Verdienstbescheinigungen hervorgehe.

Mit Schreiben vom 03.10.2011 trug der Versicherte ergänzend vor, der Bruttolohn für Oktober 2010 von 2.104,32 EUR setze sich wie folgt zusammen: 1.972,26 EUR aus 120 Arbeitsstunden 132,16 EUR 7 Tage Urlaubsentgelt für Urlaubsansprüche des Jahres 2009. Aufgrund seiner Erkrankung (Arbeitsleistung 2009 nur vom 15.11. bis 31.12.) hätten ihm im Jahr 2009 Urlaubsentgeltansprüche nur i. H v. 18,88 EUR (brutto)/Tag zugestanden (2010: 174,31 EUR/Tag). Wegen der verminderten Urlaubsentlohnung könne man der Krankengeldberechnung den Monat Oktober 2010 mit 178 Arbeitsstunden nicht zugrunde legen, da der Faktor 178 das tatsächliche Monatseinkommen vermindere. Außerdem habe er im Mittel 8,42 Überstunden in der Woche geleistet (August bis September 2010: 64, 41 bzw. 4,5 Überstunden). Dafür erhalte er einen tariflichen Überstundenzuschlag von 25%. Der maßgebliche Bruttostundenlohn sei daher wie folgt zu berechnen: Gesamtstundenlohn 16,33 EUR VL 0,13 EUR Überstundenzuschlag 4,08 EUR (25 % von 16,33 EUR) Summe 20,54 EUR. Da er die Überstunden zu fast 96 % in den Monaten August und September 2010 geleistet habe, müsse der Bruttolohn von 20,54 EUR auf 8,42 Wochenstunden (Überstunden) angesetzt werden. Die Überstunden dürften nicht mit dem verringerten Anrechnungsfaktor von 178 Arbeitsstunden berücksichtigt werden, sondern nach der dargestellten Brutto-Überstunden-Lohnberechnung von 20,54 EUR/Stunde. Daraus ergebe sich ein wöchentlicher Bruttolohn (für Überstunden) von 172,95 EUR (20,54 EUR x 8,42 Stunden). Da er für Januar bis September 2010 Krankenkassenbeiträge nach der Beitragsbemessungsgrenze gezahlt habe, wäre es gerecht, der Krankengeldberechnung das Mittel von 3 Monaten (und nicht einen Abrechnungsmonat) zugrunde zu legen.

Der Arbeitgeber teilte der Beklagten mit Schreiben vom 27.09.2011 mit, der Versicherte habe im Oktober 2010 7 Tage Urlaub gehabt. Als in der Bauindustrie Beschäftigten sei sein Urlaubsgeld von der S. ermittelt worden. Dabei werde das Urlaubsentgelt erarbeitet. Der Versicherte habe im Jahr 2009 nur vom 15.11.2009 bis 31.12.2009 tatsächlich gearbeitet, sodass sein Urlaubsentgeltanspruch, den er sich erworben habe, entsprechend gering ausgefallen sei. Die Urlaubstage würden jedoch unabhängig von der Erkrankung gewährt. Der Versicherte habe nun im Oktober 2010 den Urlaubsanspruch aus 2009 in Anspruch genommen, für den ihm nur ein Urlaubsentgelt von 132,16 EUR gewährt worden sei. Das Urlaubsgeld werde durch die S. abgewickelt, unabhängig vom derzeitigen Arbeitgeber.

Mit Widerspruchsbescheid vom 24.01.2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie ergänzend aus, das Krankengeld sei zutreffend berechnet worden. Maßgebend sei der letzte abgerechnete Entgeltzeitraum vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit, hier also der Oktober 2010. Man habe die vom Arbeitgeber übermittelten Daten berücksichtigt. Abweichungen (z.B. infolge Mehrarbeit) von dem monatlich vereinbarten oder auf Stundenbasis erzielten Entgelt seien nur von Belang, wenn die Abweichungen regelmäßig vorlägen (BSG, Urt. v. 23.01.1973, - 3 RK 22/70 -). Als regelmäßig gelte eine Abweichung, die in den letzten abgerechneten 3 Monaten bzw. 13 Wochen vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit durchgängig in jedem der 3 Monate vorgelegen habe. Daher seien 8,42 Überstunden pro Woche zu berücksichtigen (109,5 Stunden / 13), woraus sich eine wöchentliche (Gesamt-)Arbeitszeit von 48,42 Stunden ergebe. Auf dieser Grundlage sei die Krankengeldberechnung nach Maßgabe des § 47 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) durchgeführt worden.

Am 10.02.2012 erhob der Versicherte Klage beim Sozialgericht Mannheim. Er wende sich gegen die Höhe und die Berechnung des Krankengeldes. Zur Begründung trug er vor, bei der Krankengeldberechnung müssten die Besonderheiten des Baugewerbes berücksichtigt werden; dort werde das Urlaubsentgelt (Arbeitsentgelt während des Urlaubs) erarbeitet. Die Arbeitgeber des Baugewerbes zahlten während der aktiven Beschäftigung ihrer Arbeitnehmer und während der Zeit der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall einen prozentualen Beitrag für das Urlaubsentgelt an die S.-Bau. Dieser werde anders als die Sozialversicherungsbeiträge bei Krankheit oder Arbeitslosigkeit nicht weiter abgeführt. Die S.-Bau führe für jeden baugewerblichen Arbeitnehmer ein Konto, auf dem Ansprüche für einen zusammenhängenden Urlaub angespart würden. Der Arbeitgeber gewähre den Urlaub und zahle die Vergütung; diese werde ihm sodann von der S.-Bau erstattet.

Er habe im der Krankengeldberechnung zugrunde gelegten Monat Oktober 2010 7 Tage Urlaub gehabt. Dabei habe es sich um Resturlaub des Jahres 2009 gehandelt. Dieser müsse zuerst, vor dem Urlaub des laufenden Jahres genommen werden. Er sei fast das gesamte Jahr 2009 krankgeschrieben gewesen und habe nur vom 15.11. bis 31.12.2009 gearbeitet. Daher sei ein entsprechend geringer Betrag in die Urlaubskasse der S.-Bau eingezahlt worden, was (bei einem Urlaubsanspruch von 30 Tagen) zu einem geringen Urlaubsentgeltanspruch geführt habe. Er habe für die 7 Tage (Rest-)Urlaub (2009) lediglich ein (zutreffend berechnetes) Urlaubsentgelt von 132,16 EUR zzgl. 33,04 EUR, insgesamt 165,20 EUR bekommen. Das ergebe umgerechnet einen Stundenlohn von 2,95 EUR (165,20 EUR / 7 Tage / 8 Stunden); der Tariflohn betrage 16,33 EUR. Im (gesetzlichen) Urlaub erhalte er daher ein deutlich geringeres Arbeitsentgelt, wodurch die Lohnersatzfunktion des Urlaubsentgelts verloren gehe. Das widerspreche dem Bundesurlaubsgesetz und dem Unionsrecht. Während des Urlaubs stehe dem Arbeitnehmer ein Urlaubsentgelt in Höhe seines durchschnittlichen Lohnes zu. Der Krankengeldberechnung sei deswegen nicht das tatsächlich gezahlte Urlaubsentgelt, sondern der Tariflohn zugrunde zu legen. Hätte er diesen während der 7 Urlaubstage im Monat Oktober 2010 erhalten, wäre der Bruttolohn um 749,28 EUR höher ausgefallen (16,33 EUR/Stunde x 7 Tage x 8 Stunden - 165,20 EUR) und hätte 2.853,60 EUR betragen. Zur Wahrung der Entgeltersatzfunktion des Krankengelds müsse der Krankengeldberechnung dieser Betrag zugrunde gelegt werden. Hätte er im Oktober 2010 den (ganzen) Jahres(rest)urlaub 2009 (mit dem geringen Urlaubsentgelt für 2009) genommen, ergäbe sich nach der von der Beklagten durchgeführten Krankengeldberechnung (sogar) ein unter dem Sozialhilfesatz liegendes Krankengeld, obwohl er von Januar bis September 2010 Beiträge nach der Beitragsbemessungsgrenze gezahlt habe. Außerdem würde er gegenüber arbeitslosen Versicherten schlechter gestellt. Wegen der genannten Besonderheiten des Baugewerbes müssten Urlaubstage bei der Krankengeldberechnung mit dem Tariflohn und nicht mit dem ggf. geringeren Urlaubsentgelt berücksichtigt oder jedenfalls aus der Berechnung ausgenommen werden; im letzteren Fall wären für Oktober 2010 (nur) 119 Arbeitsstunden (als Teilungsfaktor) anzusetzen. Andernfalls müsse die Beklagte auf einen längeren Bemessungszeitraum - von 3 Monaten - abstellen und hierfür (aufgrund der Satzungsermächtigung in § 47 Abs. 3 SGB V) eine entsprechende Regelung in ihrer Satzung vorsehen. Schließlich hätte sie auch die Überstundenvergütung (Zulage von 25 %) berücksichtigen müssen. Wegen seiner langen Krankheitszeit im Jahr 2009 stehe er im Ergebnis schlechter als ein Arbeitnehmer, der erst am 15.11.2009 die Beschäftigung im Baugewerbe aufgenommen hätte; die in Rede stehende Problematik würde sich für diesen nicht ergeben.

Die Beklagte trug ergänzend vor, für die Krankengeldberechnung sei gem. § 47 SGB V der dem Versicherten im Monat Oktober 2010 gezahlte Lohn maßgeblich. Unerheblich sei, ob die Entlohnung von Urlaub im Baugewerbe gesetzes- und europarechtskonform sei. Sie habe das vom Arbeitgeber mitgeteilte Arbeitsentgelt (mit den darin enthaltenen, nicht gesondert ausgewiesenen Überstundenzuschlägen) berücksichtigt.

Am 26.09.2012 verstarb der Versicherte. Rechtsnachfolgerin ist die Klägerin als Erbin. Sie hatte mit dem Versicherten bis zu dessen Tod in einem gemeinsamen Haushalt gelebt. Sie führte das Klageverfahren fort.

Mit Urteil vom 11.04.2013 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, die Klage sei als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz, SGG) statthaft und zulässig; das Schreiben der Beklagten vom 24.03.2011 stelle einen Verwaltungsakt dar. Die Klägerin könne das Klageverfahren als Sonderrechtsnachfolgerin des Versicherten (§ 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB I) fortführen.

Die Klage sei aber unbegründet. Die Beklagte habe das dem Versicherten zustehende Krankengeld rechtsfehlerfrei berechnet. Sie habe für das der Krankengeldberechnung zugrunde zu legende Regelentgelt gem. § 47 Abs. 1 und 2 SGB V zu Recht auf den Entgeltabrechnungszeitraum Oktober 2010 (letzter Entgeltzeitraum vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit im November 2010) abgestellt und das Krankengeld nach den Maßgaben des § 47 SGB V zutreffend berechnet. Die mit der Klage geltend gemachten Besonderheiten des Baugewerbes seien nicht zu berücksichtigen. Hierfür gebe es keine Rechtsgrundlage. Nach den Berechnungsvorschriften in § 47 SGB V seien die vom Arbeitgeber gezahlten Arbeitsentgelte maßgeblich. Das sei notwendig, weil es sich bei der Krankengeldzahlung um Vorgänge einer Massenverwaltung handele und im Einzelfall schwierige und aufwändige Ermittlungen nicht angestellt werden sollten. Deswegen beziehe sich § 47 Abs. 2 SGB V ausdrücklich auf den "erzielten" Arbeitslohn. Der Einwand, dieser sei zu niedrig und man müsse das Regelentgelt erhöhen, sei grundsätzlich nicht statthaft. Anderes möge in Betracht kommen, wenn sich der Arbeitgeber seiner Lohnzahlungspflicht offenkundig entziehe und der dem Versicherten zustehende Arbeitslohn ohne Weiteres ermittelt werden könnte; eine Fallgestaltung dieser Art liege aber unstreitig nicht vor.

Die Berechnungsvorschriften in § 47 SGB V seien rechtsgültig. Der Gesetzgeber habe sich ohne Verfassungsverstoß für eine typisierende Regelung entschieden, die nicht allen Besonderheiten des Einzelfalls Rechnung tragen könne. Unschädlich sei daher, dass der Resturlaub des Versicherten für 2009 bei der Krankengeldberechnung im Ergebnis (nur) mit einem Stundenlohn von 2,95 EUR berücksichtigt werde. Im Rahmen der zulässigen Typisierung dürfe der Gesetzgeber unterstellen, dass ein in das Regelentgelt einfließendes Urlaubsentgelt in aller Regel nur unwesentlich vom gewöhnlichen Arbeitslohn abweiche. Er sei nicht verpflichtet, eine Sonderregelung oder Härteklausel für die in Rede stehende besondere Fallgestaltung (Wiederaufnahme der Arbeit nach längerer Arbeitsunfähigkeit bzw. Arbeitslosigkeit mit baldiger erneuter Arbeitsunfähigkeit, großer Unterschied zwischen Urlaubsentgelt und Arbeitslohn wegen der Besonderheiten des Baugewerbes, Abgeltung von Resturlaub im letzten Monat vor Beginn der erneuten Arbeitsunfähigkeit) vorzusehen. Das Interesse an einer einfachen und praktikablen Auszahlung des Krankengeldes gehe insoweit vor. Die mit der Klage geforderten fiktiven Rechenschritte (etwa fiktiver Ansatz des Tariflohns und nicht des Urlaubsentgelts für die 7 Urlaubstage im Oktober 2010) seien daher nicht zulässig. Den Überstundenzuschlag von 25 % habe die Beklagte zu Recht nicht berücksichtigt. Aus den Verdienstbescheinigungen des Versicherten für August bis Oktober 2010 gehe nämlich hervor, dass Überstunden tatsächlich nur im August und September 2010 angefallen und vergütet worden seien. Bei der Berechnung des Regelentgelts würden jedoch nicht kontinuierliche Zahlungen nur dann berücksichtigt, wenn sie mindestens während der letzten 13 Wochen oder 3 Monate ohne längere Unterbrechung geleistet worden seien (jurisPK-SGB V, § 47 Rdnr. 56). Nur dann könne, wiederum zulässigerweise typisierend, davon ausgegangen werden, dass es krankheitsbedingt tatsächlich zu einer entsprechenden Minderung der zum Lebensunterhalt zur Verfügung stehenden Mittel gekommen sei. Daher habe die Beklagte eher wohlwollend Überstunden (dem Grunde nach) berücksichtigt; sie müsse jedenfalls Überstundezuschläge nicht zusätzlich ansetzen.

Auf das ihr am 16.04.2013 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 14.05.2013 Berufung eingelegt. Sie bekräftigt ihr bisheriges Vorbringen und trägt ergänzend vor, die Beklagte hätte in ihrer Satzung für Sonderfälle der in Rede stehenden Art - insbesondere wegen der Besonderheiten des Baugewerbes - Sonderregelungen zur Krankengeldberechnung bei nicht kontinuierlicher Arbeitsvergütung treffen müssen. Die Erfordernisse einer Massenverwaltung stünden dem (zumal beim Einsatz elektronischer Datenverarbeitung) nicht entgegen. So hätte man bei hinreichend gewichtigen Abweichungen vom Durchschnittsentgelt den Bemessungszeitraum etwa auf 3 Monate verlängern können. Beim Versicherten sei krankheitsbedingt nicht nur das unüblich geringe Einkommen des Monats Oktober 2010, sondern das über Jahre erzielte höhere Durchschnittseinkommen weggefallen: letzteres solle das Krankengeld wegen seiner Entgeltersatzfunktion (verdeutlicht bspw. durch § 47b SGB V) ersetzen. Aus dem höheren Einkommen (3.000,00 EUR bis 3.500,00 EUR netto) seien auch die Krankenversicherungsbeiträge gezahlt worden. Mit einer Erweiterung des Bemessungszeitraums über den Monat vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit hinaus würde nur die hier eingetretene Härte beseitigt; eine Besserstellung des Versicherten wäre damit nicht verbunden gewesen. Wegen der Unregelmäßigkeit des Einkommens während der letzten Monate vor der Arbeitsunfähigkeit sei für die Krankengeldberechnung der Entgeltdurchschnitt der letzten 13 Wochen maßgeblich. Man hätte den Versicherten auch nicht darauf verweisen dürfen, den Resturlaub 2009 (mit geringem Urlaubsentgelt) ggf. verfallen zu lassen, zumal er auf die Erholung angewiesen gewesen sei. Das geringere Einkommen habe nur den Monat Oktober 2010 betroffen, während das Krankengeld Entgeltersatzfunktion für einen längeren Zeitraum übernehmen solle. Zufallsergebnisse der vorliegenden Art entsprächen nicht der Zielsetzung des Gesetzes. Der wirtschaftliche Status des Versicherten, den das Krankengeld erhalten solle, werde nicht durch einen einzigen Monat mit geringen Einkünften geprägt. Deswegen werde bspw. Mehrarbeit der letzten 12 Monate vor der Arbeitsunfähigkeit berücksichtigt. Der Sache nach beruhe das geringe Einkommen im Oktober 2010 auf unbezahltem Urlaub, der als solcher nicht krankengeldschädlich sei (vgl. etwa § 7 Abs. 3 SGB IV). Der Versicherte habe in der Vergangenheit auch wesentlich höheres Krankengeld bezogen (2006 und 2007: 71,37 EUR bzw. 72,16 EUR kalendertäglich). Das hier streitige Krankengeld sei nur wegen der Zufälligkeiten im Oktober 2010 wesentlich geringer ausgefallen (nur etwa 73 % des vorher bezogenen Krankengelds). Deswegen müsse eine Ausnahme vom Zuflussprinzip gemacht werden, um eine Störung der Äquivalenz von Beitrag und Leistung zu vermeiden. Denkbar wäre auch eine analoge Anwendung der §§ 39 Abs. 2, 87 SGB VII.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 11.04.2013 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 24.03.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.01.2012 zu verurteilen, das dem Versicherten ab 07.01.2011 zustehende Krankengeld nach einem Regelentgelt von 76,63 EUR neu zu berechnen und ihr den Unterschiedsbetrag zum tatsächlich gezahlten Krankengeld für 505 Kalendertage nachzuzahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die Regelung in § 14 ihrer Satzung (Krankengeldberechnung bei Nichtvorliegen einer kontinuierlichen Arbeitsverrichtung oder Arbeitsvergütung) sei hier nicht einschlägig. Eine Berechnung des von der Klägerin begehrten Mehrbetrags sei nur auf Basis der für das Jahr 2010 geltenden kalendertäglichen Beitragsbemessungsgrenze möglich. Bei 70 % des Höchstregellohnes ergäbe sich ein kalendertägliches Nettokrankengeld von 76,63 EUR; vorbehalten bleibe aber die Prüfung, ob dieses nicht 90% des entsprechend zu errechnenden Nettoentgelts übersteigen würde. Gezahlt worden sei Krankengeld von 52,46 EUR bzw. 52,63 EUR für 505 Tage.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin, die den Rechtsstreit (zulässigerweise) als (Sonder-)Rechtsnachfolgerin des verstorbenen Versicherten fortführt, ist gem. § 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft. Die Klägerin begehrt die Neufestsetzung bzw. Nachzahlung von Krankengeld für 505 Kalendertage. Nach den Berechnungen der Beklagten beträgt die Differenz zwischen dem (dem Versicherten) gezahlten und dem begehrten Krankengeld über 20 EUR kalendertäglich (gezahlt: ca. 52 EUR, begehrt ca. 76 EUR kalendertäglich), so dass der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG (750 EUR) in jedem Fall (deutlich) überschritten ist. Die Berufung ist auch im Übrigen zulässig (§ 151 SGG).

Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Die Beklagte hat das dem Versicherten zustehende Krankengeld rechtsfehlerfrei festgesetzt. Höheres Krankengeld stand ihm nicht zu. Krankengeld muss daher nicht nachgezahlt werden.

Das Sozialgericht hat in seinem Urteil zutreffend dargelegt, nach welchen Rechtsvorschriften - insbesondere § 47 Abs. 1 und 2 SGB V - das Krankengeld des Versicherten zu berechnen war und dass dem Versicherten nach Maßgabe dieser Rechtsvorschriften höheres Krankengeld nicht gezahlt werden musste und es insbesondere für die Berücksichtigung der vom Versicherten seinerzeit geltend gemachten Einzelfallumstände und der Besonderheiten des Baugewerbes eine Rechtsgrundlage nicht gibt. Der Senat teilt die Rechtsauffassung des Sozialgerichts und nimmt auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend sei insbesondere im Hinblick auf das Berufungsvorbringen der Beteiligten angemerkt:

Die Beteiligten streiten nicht darüber, dass dem Versicherten Krankengeld gem. §§ 44 ff. SGB V für den in Rede stehenden Zeitraum (insgesamt 505 Tage ab 01.07.2011) dem Grunde nach zustand; hiervon ist auszugehen. Streit besteht lediglich über die Höhe des Krankengeldanspruchs. Die Beklagte hat die hierfür geltenden Berechnungsvorschriften indessen rechtsfehlerfrei angewendet.

Gem. § 47 Abs. 1 Satz 1 SGB V beträgt das Krankengeld (vorbehaltlich der Begrenzungsregelungen in § 47 Abs. 1 Satz 2 ff. SGB V) 70 v. H. des erzielten regelmäßigen Arbeitsentgelts und Arbeitseinkommens (§§ 14, 15 Sozialgesetzbuch Viertes Buch, SGB IV), soweit es der Beitragsberechnung unterliegt (Regelentgelt). Gem. § 47 Abs. 1 Satz 5 SGB V wird das Regelentgelt nach den Absätzen 2, 4 und 6 des § 47 SGB V berechnet und gem. § 47 Abs. 1 Satz 6 SGB V für Kalendertage gezahlt.

Für die Berechnung des Regelentgelts i. S. d. § 47 Abs. 1 Satz 1 SGB V ist nach § 47 Abs. 2 Satz 1 ff. SGB V das von dem Versicherten im letzten vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit abgerechneten Entgeltabrechnungszeitraum, mindestens das während der letzten abgerechneten vier Wochen (Bemessungszeitraum) erzielte und um einmalig gezahltes Arbeitsentgelt verminderte Arbeitsentgelt maßgeblich. Es ist durch die Zahl der Stunden zu teilen, für die es gezahlt wurde ("Zeitfaktor" bei der Berechnung des Regelentgelts). Das Ergebnis ist mit der Zahl der sich aus dem Inhalt des Arbeitsverhältnisses ergebenden regelmäßigen wöchentlichen Arbeitsstunden zu vervielfachen und durch sieben zu teilen. Ist das Arbeitsentgelt nach Monaten (und nicht nach Stunden) bemessen oder ist eine Berechnung des Regelentgelts nach den Sätzen 1 und 2 (des § 47 Abs. 2 SGB V) nicht möglich, gilt der dreißigste Teil des im letzten vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit abgerechneten Kalendermonat erzielten und um einmalig gezahltes Arbeitsentgelt verminderten Arbeitsentgelts als Regelentgelt. Wenn mit einer Arbeitsleistung Arbeitsentgelt erzielt wird, das für Zeiten einer Freistellung vor oder nach dieser Arbeitsleistung fällig wird (Wertguthaben nach § 7b SGB IV), ist für die Berechnung des Regelentgelts das im Bemessungszeitraum der Beitragsberechnung zugrundeliegende und um einmalig gezahltes Arbeitsentgelt verminderte Arbeitsentgelt maßgebend; Wertguthaben, die nicht gemäß einer Vereinbarung über flexible Arbeitszeitregelungen verwendet werden (§ 23b Abs. 2 SGB IV), bleiben außer Betracht. Bei der Anwendung des § 47 Abs. 2 Satz 1 SGB V gilt als regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit die Arbeitszeit, die dem gezahlten Arbeitsentgelt entspricht. Für die Berechnung des Regelentgelts ist der dreihundertsechzigste Teil des einmalig gezahlten Arbeitsentgelts, das in den letzten zwölf Kalendermonaten vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit nach § 23a SGB IV der Beitragsberechnung zugrunde gelegen hat, dem nach § 47 Abs. 2 Satz 1 bis 5 SGB V berechneten Arbeitsentgelt hinzuzurechnen.

In § 47 Abs. 2 SGB V hat der Gesetzgeber die Rechenschritte und die Berechnungsmodalitäten für die Berechnung des der Krankengeldzahlung zugrunde zu legenden Regelentgelts durch eine differenzierte und ins Einzelne gehende Regelung festgelegt und auf diese Weise abschließend (dazu auch etwa BSG, Urt. v. 25.06.1991, 1/3 RK 6/90) darüber bestimmt, nach welchen Maßgaben das Krankengeld die ihm (unstreitig) zukommende Entgeltersatzfunktion erfüllen soll. Im Hinblick darauf und im Hinblick auf den klaren Gesetzeswortlaut des § 47 Abs. 2 SGB V ist für eine ergänzende oder erweiternde oder eine die Krankengeldberechnung für bestimmte Fallgestaltungen modifizierende Gesetzesauslegung unter Rückgriff auf allgemeine Rechtsgrundsätze, namentlich auf die Entgeltersatzfunktion des Krankengelds oder die Äquivalenz von Beitrag und Leistung, kein Raum (vgl. BSG, Urt. v. 25.06.1991, 1/3 RK 6/90).

Mit der Anknüpfung an das im letzten Entgeltabrechnungszeitraum vor der Arbeitsunfähigkeit erzielte Arbeitsentgelt legt das Gesetz die Bezugs- bzw. Referenzmethode fest (BSG, Urt. v. 25.06.1991, 1/3 RK 6/90); außerdem gilt (von engen Ausnahmen abgesehen) das Zuflussprinzip (KassKomm/Brandts, SGB V § 47 Rdnr. 4). Die Referenzmethode berücksichtigt im Gegensatz zum (den Regelungen der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall zugrunde liegenden) Lohnausfallprinzip nicht, wie sich das Arbeitsentgelt außerhalb des Bezugs- bzw. des Bemessungszeitraums, entwickelt bzw. entwickelt hat. Mit der Anknüpfung an das im Bemessungszeitraum erzielte und abgerechnete Arbeitsentgelt wird - in materieller Hinsicht - (u.a.) sichergestellt, dass mit dem Krankengeld der faktische Lebensstandard des Versicherten aufrechterhalten bleibt, der durch die tatsächliche Verfügungsbefugnis über das Arbeitsentgelt geprägt ist (BSG, Urt. v. 14.12.2006, B 1 KR 5/06 R). Das Krankengeld soll den wirtschaftlichen Status des Versicherten sichern, der zuletzt vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit tatsächlich bestanden hat (BSG, Vorlagebeschluss vom 05.07.2005, B 1 KR 7/05 R; vgl. auch Senatsurteil vom 15.02.2012, L 5 KR 115/09). Außerdem muss - in verfahrensrechtlicher Hinsicht - der Krankenkasse ohne größere Ermittlungen eine schnelle Krankengeldberechnung möglich sein, damit das Krankengeld seine Entgeltersatzfunktion erfüllen kann. Krankengeld muss nämlich im Rahmen einer Massenverwaltung in einer Vielzahl von Fällen und unter sich kurzfristig ändernden Sachverhalten schnell gezahlt werden, damit die Versicherten bei krankheitsbedingt (vorübergehendem) Ausfall des Arbeitsentgelts wirtschaftlich abgesichert sind. Das steht der Berücksichtigung von Einzelfallumständen und der Berücksichtigung von damit zusammenhängenden Besonderheiten einzelner Gewerbezweige - über die nach dem Gesetz zu beachtenden Berechnungsmodalitäten hinaus - entgegen und zwingt zu einer vom Einzelfall und seinen Besonderheiten abstrahierenden Pauschalierung und Typisierung. Diese hat der Gesetzgeber vor allem durch den in § 47 Abs. 2 Satz 1 SGB V vorgesehenen Zugriff auf die jeweils bereits vorliegende Lohn- oder Gehaltsabrechnung des letzten Entgeltabrechnungszeitraums als Grundlage der Krankengeldberechnung vorgenommen (vgl. auch BSG, Urt. v. 25.06.1991, 1/3 RK 6/90; KassKomm/Brandts, SGB V § 47 Rdnr. 5).

Für diejenigen Fälle, in denen zur Krankengeldberechnung (ausnahmsweise) nicht auf das nach Maßgabe des § 47 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB V errechnete Arbeitsentgelt im Bemessungszeitraum zugegriffen werden soll, enthält das Gesetz Sonderregelungen, etwa in § 47 Abs. 2 Satz 3 SGB V (u.a.) für Empfänger von (Monats-)Festgehältern oder in § 47 Abs. 4 Satz 2 SGB V für selbständig Erwerbstätige (für die Beitragsbemessung maßgeblicher Betrag, dazu und zu - ebenfalls engen Ausnahmen BSG, Urt. v. 06.11.2008, B 1 KR 8/08 R). Im Übrigen bleibt es bei der Anwendung der allgemeinen Berechnungsregeln des § 47 Abs. 2 SGB V. Diese können durch die Satzung der Krankenkassen nur bei nicht kontinuierlicher Arbeitsverrichtung und -vergütung abgeändert werden (§ 47 Abs. 3 SGB V).

Mangels gesetzlicher Grundlage in § 47 Abs. 2 SGB V kommt es daher nicht in Betracht, bei der Berechnung des Regelarbeitsentgelts des Versicherten zwischen dem im Oktober 2010 - als dem gem. § 47 Abs. 2 Satz 1 SGB V maßgeblichen Bemessungszeitraum - auf geleistete Arbeitsstunden entfallenden Arbeitsentgelt (1.972,26 EUR) und dem Urlaubsentgelt der S.-Bau (132,16 EUR) zu unterscheiden und das wegen langer Krankheitszeiten im Jahr 2009 (sehr) gering ausgefallene Urlaubsentgelt für die Krankengeldberechnung - fiktiv - durch den deutlich höheren Tariflohn zu ersetzen. Eine Krankengeldberechnung dieser Art unter - ausnahmsweisem - Ansatz eines fiktiven und dem Versicherten tatsächlich nicht zugeflossenen und damit i. S. d. § 47 Abs. 2 Satz 1 auch nicht "erzielten" Arbeitsentgelts ist nicht möglich, zumal nicht abgrenzbar wäre, ab welcher Differenz zwischen Urlaubsentgelt der S.-Bau und Tariflohn die Fiktivberechnung stattfinden sollte. Ebenso wenig gibt es eine gesetzliche Grundlage dafür, bei Anwendung des "Zeitfaktors" in § 47 Abs. 2 Satz 1 SGB V - Teilung des Arbeitsentgelts durch die Zahl der Stunden, für die es gezahlt wurde - die dem Urlaubsentgelt für die 7 Tage Resturlaub des Versicherten aus dem Jahr 2009 zugeordneten (58) Stunden unberücksichtigt zu lassen und als Zeitfaktor daher nur 120 Stunden anzusetzen (mit der Folge eines entsprechend höheren Stundenbetrags). Zu den Stunden i. S. d. § 47 Abs. 2 Satz 1 SGB V, für die Arbeitsentgelt gezahlt wurde, gehören alle Stunden, in denen der Versicherte tatsächlich gearbeitet hat oder für die ohne Arbeitsleistung Entgelt gezahlt wurde, wie Urlaubszeiten; der Bemessungszeitraum kann auch Zeiten bezahlten Urlaubs umfassen (KassKomm/Brandts SGB V § 47 Rdnr. 37, 42). Dem Versicherten ist für die 58 Stunden Urlaub des Jahres 2009 Urlaubsentgelt gezahlt worden, weshalb sie nicht unberücksichtigt bleiben können. Dass es sich dabei nicht um den Tariflohn, sondern um das - hier wegen der langen Krankheitszeiten des Versicherten im Jahr 2009 - gering ausgefallene Urlaubsentgelt der S.-Bau gehandelt hat, ist für die Krankengeldberechnung nach dem Gesetz nicht maßgeblich. Das System der Entgeltzahlung für (gesetzlichen) Urlaub, das für das Baugewerbe eingeführt worden ist, kann in Fällen der vorliegenden Art, wenn nämlich wegen langer Krankheitszeiten ein geringes Urlaubsentgelt erarbeitet wurde, und in den Bezugszeitraum - wie hier - "gering entlohnte" Urlaubstage dieser Art fallen, zu (auch durchaus erheblichen) Nachteilen bei der Berechnung des Krankengelds führen. Diese sind jedoch Folge der - verfassungsrechtlich unbedenklich - pauschalierenden und typisierenden Vorschriften über die Krankengeldberechnung in § 47 SGB V. Sie können weder durch die Krankenkasse noch durch die Gerichte im Wege der Implementierung einer alternativen, Härten der in Rede stehenden Art berücksichtigenden Methode zur Krankengeldberechnung beseitigt werden. Die Satzung der Beklagten enthält Sonderregelungen, die dies ermöglichen würden, nicht. Von den Regelungen des § 47 Abs. 1 und 2 SGB V abweichende Satzungsbestimmungen - etwa hinsichtlich einer Erweiterung des Bemessungszeitraums über einen Monat vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit hinaus - sind gem. § 47 Abs. 3 SGB V auch nur bei nicht kontinuierlicher Arbeitsverrichtung und -vergütung zulässig; um eine Fallgestaltung dieser Art (erhebliche Unregelmäßigkeit oder Schwankung hinsichtlich Arbeitsleistung, Dauer oder Entgeltzahlung, etwa bei Arbeit auf Abruf (dazu KassKomm/Brandts, SGB V § 47 Rdnr. 62) geht es vorliegend nicht. Die Krankengeldberechnung nach dem durchschnittlichen Arbeitsentgelt des Versicherten (bspw.) der letzten 3 Monate vor Eintritt von Arbeitsunfähigkeit widerspricht ebenfalls dem Gesetz und ist daher nicht zulässig.

Eine analoge Anwendung von Vorschriften des Unfallversicherungsrechts - etwa des § 87 SGB VII über die Bestimmung des Jahresarbeitsverdiensts nach billigem Ermessen - auf die Krankengeldberechnung kommt nicht in Betracht. Es fehlt an der diese rechtfertigenden planwidrigen Unvollständigkeit des § 47 SGB V und an einer gleichartige Interessenlage hinsichtlich der in Rede stehenden Vorschriften.

Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist im Übrigen allein die Berechnung des dem Versicherten zustehenden Krankengelds und nicht die - dem vorausliegende - Berechnung seines Urlaubsentgelts durch die S.-Bau; hierüber muss der Senat nicht entscheiden.

Das Sozialgericht hat die Klage daher zu Recht abgewiesen. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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