Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 17 R 2624/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 2644/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 23.05.2012 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger berechtigt ist, für die Zeit vom 01.05.2008 bis zum 31.10.2008 freiwillige Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung nachzuentrichten.
Der 1960 geborene Kläger beantragte am 27.09.2005 die Feststellung der Versicherungspflicht oder Versicherungsfreiheit selbstständig tätiger Handwerker. Die Eintragung als Maurer und Betonbauer in die Handwerksrolle ist am 07.07.2005 erfolgt. Mit Bescheid vom 10.10.2005 stellte die Beklagte fest, dass ab dem 07.07.2005 keine Versicherungspflicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 8 SGB VI bestehe, da der Kläger die selbstständige Tätigkeit nicht ausübe. Das beigefügte Merkblatt unterrichte den Kläger über die Möglichkeiten zur Aufrechterhaltung des weiteren Versicherungsschutzes für Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Der Kläger sei verpflichtet, die Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit unverzüglich anzuzeigen.
Auf Anfragen der Beklagten teilte der Kläger zunächst mit Schreiben vom 09.08.2007 und vom 29.10.2008 mit, dass er weiterhin keine selbstständige Tätigkeit als Gewerbetreibender in einem Handwerksbetrieb ausübe, und verwies sodann mit Schreiben vom 01.11.2009 auf eine e-mail vom 20.09.2009, mit der er die Aufnahme der selbständigen Tätigkeit zum 02.06.2009 angegeben hatte. Im Rahmen der Klärung der Höhe der von ihm zu entrichtenden Beiträge (voller oder halber Regelbeitrag) gab der Kläger in einem Schreiben vom 21.11.2009 an, dass er vom 30.09.2004 bis zum 20.03.2006 Hartz IV bezogen habe. Er sei vom 21.03.2006 bis zum 09.06.2006 als Maurerfacharbeiter und vom 12.06.2006 bis zum 12.06.2007 als Maurermeister beschäftigt gewesen. Krankengeld habe er vom 27.03.2007 bis zum 12.06.2007 bezogen. Ab dem 13.06.2007 sei er - mit einer Sperrzeit bis zum 19.06.2007 - arbeitslos gemeldet gewesen bis zum 12.12.2007, anschließend ab 13.12.2007 sei er arbeitslos ohne Bezüge gewesen, er habe keinen Antrag auf Sozialhilfe (Hartz IV) gestellt.
Am 05.01.2010 beantragte der Kläger die Zulassung zur Nachentrichtung freiwilliger Beiträge für die Zeit vom 13.12.2007 bis einschließlich 31.10.2008. Die Durchsicht seiner Kontendaten habe ergeben, dass diese Beiträge bisher fehlten. Bis zum 12.12.2007 sei er arbeitslos gemeldet gewesen und die Beiträge seien von der Bundesagentur für Arbeit gezahlt worden. Nach Beendigung seiner Arbeitslosigkeit habe er keinen Antrag auf Arbeitslosengeld II gestellt, weil er sich zu dieser Zeit bereits selbstständig gemacht habe und der Meinung gewesen sei, dass er von diesem angemeldeten Gewerbe seinen Lebensunterhalt bestreiten könne. Er habe aber keine Einnahmen verbuchen können. Er habe sich dann einen Job auf 400 EUR Basis gesucht, so dass ab dem 01.11.2008 dann wieder Beiträge auf sein Rentenkonto eingezahlt worden seien. Seit dem 02.06.2009 laufe seine Selbstständigkeit recht gut, sodass er ab diesem Datum seine Beiträge bis auf Weiteres selbst überweisen könne. Er bitte daher, die fehlenden monatlichen Beiträge vom 13.12.2007 bis einschließlich 31.10.2008 nachzahlen zu können.
Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 11.01.2010 ab. Zur Begründung verwies sie darauf, dass nach § 197 Abs. 2 SGB VI freiwillige Beiträge wirksam noch bis zum 31.03. des Jahres gezahlt werden könnten, das dem Jahr folge, für das sie gelten sollten. Nach Ablauf dieser Frist sei gemäß § 197 Abs. 3 SGB VI eine wirksame Beitragszahlung nur noch in Fällen einer besonderen Härte, insbesondere bei drohendem Verlust der Anwartschaft auf eine Rente, möglich, wenn der Versicherte an der rechtzeitigen Beitragszahlung ohne Verschulden verhindert gewesen sei. Im vorliegenden Fall sei nicht erkennbar, dass der Kläger an der rechtzeitigen Beitragszahlung ohne Verschulden gehindert gewesen sei. Ebenso bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass die rechtzeitige Beitragszahlung aufgrund einer fehlerhaften Auskunft oder Beratung durch die Beklagte oder einen anderen Sozialleistungsträger unterblieben sei.
Der Kläger legte mit Schreiben vom 21.01.2010, eingegangen bei der Beklagten am 22.01.2010, Widerspruch ein.
Die Beklagte wies den Kläger mit Schreiben vom 25.01.2010 nochmals darauf hin, dass die freiwillige Beitragszahlung für das Jahr 2007 nur noch bis zum 31.03.2008 und für das Jahr 2008 nur noch bis zum 31.03.2009 möglich gewesen wäre. Für die Anwendung des § 197 Abs. 3 SGB VI dürfe die unterbliebene Beitragszahlung weder auf Vorsatz noch auf Fahrlässigkeit beruhen. Fahrlässig handele ein Versicherter dann, wenn er die nach den Umständen zumutbare Sorgfalt außeracht lasse, die von einem verständigen, seine Rechte und Pflichten wahrnehmenden Bürger im Rechtsverkehr erwartet werden könne. Die Unkenntnis über die bestehenden gesetzlichen Regelungen sei stets schuldhaft. Erkundigungen bei den für die Auskunft und Beratung in Rentenversicherungsangelegenheiten zuständigen Stellen seien stets zumutbar. Es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass die rechtzeitige Beitragszahlung aufgrund einer fehlerhaften Auskunft oder Beratung durch die Beklagte oder einen anderen Sozialleistungsträger unterblieben sei. Bereits mit Bescheid vom 10.10.2005 sei er in einem beigefügten Hinweisblatt über die Möglichkeit zur Aufrechterhaltung des weiteren Versicherungsschutzes über eine Rente wegen Erwerbsminderung unterrichtet worden. Ein Merkblatt zur freiwilligen Versicherung sei beigefügt gewesen. Der Kläger könne auch durch die rückwirkende Zahlung der vorliegenden Beiträge für den Zeitraum Dezember 2007 bis Oktober 2008 bei Eintritt der Erwerbsminderung keinen Rentenanspruch erwerben. Er erfülle diese Voraussetzungen nicht, weil das Versicherungskonto bereits vom 01.06.2005 bis zum 30.06.2005 eine Lücke aufweise. Die beabsichtigte freiwillige Beitragszahlung würde sich daher ausschließlich zugunsten einer Alters- oder Hinterbliebenenrente auswirken. Die Voraussetzungen nach den §§ 43 und 44 SGB VI, die 3/5 Belegung mit Pflichtbeiträgen in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung lasse sich aufgrund der Pflichtversicherung als Handwerker ab dem 02.06.2009 erreichen.
Der Kläger wies in einer E-Mail-Nachricht vom 14.03.2010 darauf hin, dass er die Frage nach der Möglichkeit, anfallende Pflichtbeiträge zu einem späteren Zeitpunkt nachzuzahlen, bereits in einem telefonischen Gespräch mit einer Mitarbeiterin der Beklagten im Mai 2008 gestellt habe. Die Mitarbeiterin habe damals zugesichert, dass dies kein Problem darstelle, da er nach Vorlage der Einkommenssteuererklärung ohnehin Pflichtbeiträge nachzuzahlen habe. Wenn dies nunmehr nicht möglich sei, so frage er sich, warum ihm dies damals nicht schon mitgeteilt worden sei.
Durch seinen Bevollmächtigten ließ der Kläger zur Begründung seines Widerspruchs noch vortragen, die Beklagte hätte ihn auch ohne konkrete Nachfrage von sich aus auf die Möglichkeit und die Fristen der Beitragszahlungen hinweisen müssen. Die Rechtsprechung nehme diese Pflicht immer dann an, wenn der Versicherte vom Versicherungsträger bei einem konkreten Anlass auf eine klar zutage tretende Gestaltungsmöglichkeit nicht hinweise, die jeder vernünftige Versicherte zweckmäßigerweise nutze. Ein solcher Anlass werde zum Beispiel in Kontenklärungsverfahren oder in laufenden Beitragsverfahren gesehen, wenn der Versicherte nicht darauf hingewiesen worden sei, dass zur Erhaltung der Anwartschaftszeiten freiwillige Beiträge zu entrichten seien. Der Kläger sei daher im Wege des Herstellungsanspruches so zu stellen, als sei die notwendige Beratung ordnungsgemäß erfolgt. Nachweise über stattgefundene Beratungen würden ihm zwar nicht vorliegen. Solche seien aber auch nicht notwendig, da die Beklagte den Kläger auch ohne konkrete Nachfragen von sich aus auf die Möglichkeit und die Fristen der Beitragszahlung hätte hinweisen müssen, da sie ständig mit ihm in Kontakt gewesen sei und ab dem 13.12.2007 keine Beitragszeiten mehr für ihn gemeldet worden seien.
Mit Widerspruchsbescheid vom 29.03.2011 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, die Frist nach § 197 Abs. 2 SGB VI für die Entrichtung der Beiträge sei verstrichen. Eine besondere Härte nach § 197 Abs. 3 SGB VI liege nicht vor. Es liege auch kein Beratungsfehler der Beklagten vor, da der Kläger bereits mit Bescheid vom 10.10.2005 ein Merkblatt zur Information über die Möglichkeiten zur Aufrechterhaltung des weiteren Versicherungsschutzes für Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit bekommen habe. Bei dem erwähnten Gespräch im Mai 2008 sei es um die Ermittlung der beitragspflichtigen Einnahmen als selbstständig Tätiger nach § 165 SGB VI und die Möglichkeit der einkommensgerechten Beitragszahlung gegangen. Die Beratung sei weder unrichtig noch unvollständig gewesen. Die Lücken hätten im Widerspruchverfahren aber teilweise geklärt werden können. Der Juni 2005 sowie der Zeitraum vom 13.12.2007 bis zum 18.05.2008 seien durch eine Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit belegt. Für die allein noch unbelegte Zeit vom 19.05.2008 bis zum 31.10.2008 seien Nachzahlungen wegen Ablaufs der Zahlungsfrist nicht mehr möglich. Die Beklagte wies darauf hin, dass durch die laufende Entrichtung von Pflichtbeiträgen die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Erwerbsminderungsrente nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI erfüllt würden.
Der Kläger erhob am 02.05.2011 Klage zum Sozialgericht Stuttgart. Zur Begründung der Klage wurde ausgeführt, der Kläger habe zwar nicht ausdrücklich um Beratung nachgesucht, die Beklagte sei jedoch in ständigem Kontakt zu ihm gewesen. Er verwies aber auf sein Antwortschreiben vom 29.10.2008 auf eine Anfrage der Beklagten vom 27.10.2008, in dem er darlegt habe, sein angemeldetes Gewerbe nach wie vor nicht auszuüben und auch keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld II zu haben. Da der Kläger zum Personenkreis des § 241 Abs. 2 SGB VI gehöre und für ihn ab dem 19.05.2008 keine Beitragszeiten mehr gemeldet worden seien, handele es sich bei der Nachentrichtung freiwilliger Beiträge gemäß § 197 Abs. 2 SGB VI um eine sich offensichtlich als zweckmäßig aufdrängende Gestaltungsmöglichkeit, die von jedem verständigen Versicherten genutzt worden wäre. Die Beklagte hätte daher von sich aus auf die Möglichkeit und die Fristen der Beitragszahlung hinweisen müssen, was sie unstreitig nicht getan habe.
Die Beklagte hielt dem entgegen, aus dem Schreiben vom 29.10.2008 sei kein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch abzuleiten, da es sich um die Antwort auf ein maschinelles Überprüfungsschreiben an Handwerker, die ihre selbstständige Tätigkeit nicht ausübten, gehandelt habe. Eine konkrete Frage zur weiteren Rentenversicherung habe der Kläger darin nicht formuliert. Das Schreiben des Klägers sei vielmehr so zu verstehen, dass er wegen mangelnder finanzieller Leistungsfähigkeit an jeglicher Beitragszahlung nicht interessiert gewesen sei.
Auf Anfrage des Sozialgerichts teilte die Beklagte mit, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI für eine Erwerbsminderungsrente derzeit noch durch die Entrichtung von Pflichtbeiträgen bis zum 10.07.2011 erfüllt seien. Durch die Zahlung von freiwilligen Beiträgen für den Zeitraum vom 01.05.2008 bis zum 31.10.2008 würde sich der monatliche Zahlbetrag einer Altersrente von 901,43 EUR auf 903,35 EUR erhöhen.
In dem am 30.01.2012 vor dem Sozialgericht durchgeführten Erörterungstermin teilte der Kläger mit, dass er seit dem 11.07.2011 im Angestelltenverhältnis versicherungspflichtig beschäftigt sei.
Ergänzend ließ der Kläger mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 22.02.2012 noch vortragen, auch wenn ihm beim derzeitigen Versicherungsverlauf kein Anwartschaftsverlust für eine Erwerbsminderungsrente drohe, sei eine zukünftige Arbeitslosigkeit und der Verlust der 3/5 - Belegung mit Pflichtbeiträgen nicht ausgeschlossen, so dass die Erhaltung der Anwartschaft nach § 241 Abs. 2 SGB VI nach wie vor für ihn von Bedeutung sei. Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch sei auch neben der Härtefallregelung des § 197 Abs. 3 SGB VI anwendbar, da es beim Herstellungsanspruch nur auf die Ausgleichsfähigkeit des Nachteils, nicht aber auf die Besondere Härte des Nachteils ankomme.
Das Sozialgericht wies die Klage mit Urteil vom 23.05.2012 ab. Die Voraussetzungen für die Nachzahlung der freiwilligen Beiträge nach § 197 Abs. 2 und Abs. 3 SGB VI seien nicht erfüllt. Eine Zahlung sei nicht innerhalb der Frist des § 197 Abs. 2 SGB VI erfolgt. Es liege auch kein Fall nach § 197 Abs. 3 Satz 1 SGB VI vor, wonach die Nachzahlung auch nach Ablauf der Frist des § 197 Abs. 2 SGB VI zuzulassen wäre. Zwar stelle der Verlust der Anwartschaft für eine Rente wegen Erwerbsminderung nach § 241 SGB VI für den Kläger eine besondere Härte dar, jedoch sei der Kläger nicht ohne Verschulden an der rechtzeitigen Beitragszahlung gehindert gewesen. Schuldhaft verhalte sich der Versicherte bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit. Fahrlässig handele der Versicherte, wenn er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außeracht lasse. Rechtsunkenntnis oder wirtschaftliche Schwierigkeiten, die Beiträge rechtzeitig aufzubringen, könnten in der Regel die Schuldlosigkeit nicht begründen. Der Kläger sei im Bescheid vom 10.10.2005 auf die Möglichkeiten zur Aufrechterhaltung des Versicherungsschutz für Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit hingewiesen worden. Der damals zugrunde liegende Sachverhalt, wonach der Kläger die selbstständige Tätigkeit noch nicht ausgeübt habe, habe sich seit dem 27.09.2005 bis zur streitigen Lücke vom Mai bis Oktober 2008 nicht geändert. Insofern beruhe die Nichtzahlung der Beiträge auf einem fahrlässigen Verhalten des Klägers. Der Kläger könne auch nicht über den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch so gestellt werden, als hätte er die Ausschlussfrist nicht versäumt. Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch sei entgegen der früheren Rechtsprechung bei freiwilligen Beiträgen im Rahmen des § 197 Abs. 3 SGB VI anwendbar (vgl. hierzu Peters in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht § 197 SGB VI Rn. 19). Der Kläger mache geltend, die Beklagte hätte ihn im Mai 2008 bei einem telefonischen Kontakt darüber aufklären müssen, dass ihm durch die fehlende Zahlung von freiwilligen Beiträgen der Anwartschaftsschutz nach § 241 SGB VI verloren gehe. Der telefonische Kontakt sei aber in der Verwaltungsakte nicht dokumentiert. Auch im Zusammenhang mit der jährlichen Überprüfung des Versicherungsverhältnisses in den Jahren 2007 bis 2009 habe keine Beratungspflicht der Beklagten bestanden. Gegenstand dieser Anfragen sei allein gewesen, ob die angemeldete selbstständige Tätigkeit nunmehr ausgeübt werde. Ein konkretes Beratungsbegehren des Klägers sei nicht dokumentiert. Aber auch wenn ein Beratungsbegehren nicht vorliege, sei der Versicherungsträger gehalten, den Versicherten bei Vorliegen eines konkreten Anlasses von sich aus "spontan" auf klar zutage tretende Gestaltungsmöglichkeiten zugunsten des Versicherten hinzuweisen, die sich offensichtlich als zweckmäßig aufdrängten und von jedem verständigen Versicherten mutmaßlich genutzt würden (vgl. BSG, Urteil vom 05.04.2000, Az.: B 5 RJ 50/98 R in SozR 3-1200 § 14 Nr. 29). Die Beklagte sei ihrer Beratungspflicht anlässlich des Beginns der selbstständigen Tätigkeit und der diesbezüglichen Feststellung am 27.09.2005 im Bescheid vom 10.10.2005 nachgekommen und habe den Kläger über die Möglichkeiten der Aufrechterhaltung der Anwartschaften für eine Erwerbsminderungsrente im Merkblatt hingewiesen. Gegenstand des nachfolgenden Verwaltungsverfahrens sei die Ermittlung eventueller Einkünfte aus einer versicherungspflichtigen selbstständigen Tätigkeit gewesen. Auch aus dem handschriftlichen Zusatz im dem Schreiben vom 29.10.2008 lasse sich kein konkretes Beratungsbegehren erschließen. Der Kläger habe lediglich mitgeteilt, dass das angemeldete Gewerbe immer noch nicht ausgeübt werde, dass er keinen Anspruch auf Harz IV habe und keinen Existenzgründerzuschuss bekomme. Diese Mitteilung habe die Beklagte nicht veranlassen müssen, das Versicherungskonto des Klägers zu überprüfen und ihn auf die Erforderlichkeit der Aufrechterhaltung des Versicherungsschutzes für die Erwerbsminderungsrente hinzuweisen. Dass der Kläger keinen Anspruch auf SGB II-Leistungen gehabt habe, habe nicht auf Mittellosigkeit des Klägers schließen lassen müssen, sondern hätte auch aufgrund Vermögens oder Einkommens von anderer Seite begründet sein können. Eine Beratungspflicht der Beklagten ergebe sich daraus nicht.
Gegen das seinem Bevollmächtigten am 25.05.2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 20.06.2012 Berufung einlegen lassen. Soweit das Sozialgericht auf das dem Bescheid vom 10.10.2005 beigefügte Merkblatt abstelle, handele es sich um ein Überraschungsurteil. Dieser Bescheid und das Merkblatt seien weder schriftsätzlich noch im Verhandlungstermin erörtert worden. Der Kläger habe das in diesem Bescheid genannte Merkblatt nicht in seinen wohlgeordneten Unterlagen. Auch in den Verwaltungsakten finde sich nur der Bescheid selbst, nicht aber das Merkblatt. Der konkrete Inhalt eines nicht vorhandenen Merkblatts sei aber unbekannt. Unabhängig davon, dass der Kläger das Merkblatt nicht erhalten habe, könne auf dieser Grundlage nicht die Überzeugung gebildet werden, die Beklagte habe den Kläger darin tatsächlich richtig und im notwendigen Umfang darauf hingewiesen, wie er seinen Versicherungsschutz aufrechterhalten könne. Darüber hinaus sei kein Sachverhalt aus der Zeit Ende 2005 streitig, sondern ein solcher aus Mitte bis Ende 2008. Der Kläger ließ auf das Urteil des BSG vom 06.05.1992 - 12 RK 45/91 - verweisen, nach dem der Versicherungsträger ausdrücklich auch dann zu dem rechtzeitigen Hinweis verpflichtet sei, dass zur Aufrechterhaltung des Erwerbsminderungsversicherungsschutzes notwendig sei, alle Monate ab 1984 zumindest mit freiwilligen Beiträgen zu belegen, wenn er den Versicherten jährlich unterrichtet habe. Am Merkmal der "Rechtzeitigkeit" fehle es aber, wenn hierfür ältere Hinweise bemüht würden, die dem Kläger mangels nachgewiesener Übersendung unbekannt, bei der Antwort vom 29.10.2008 aber jedenfalls nicht mehr präsent gewesen seien. Aus diesem Schreiben sei erkennbar gewesen, dass sich der Kläger nicht darüber im Klaren gewesen sei, dass er ohne Ausübung seines Gewerbes und ohne Anspruch auf Alg II seinen Erwerbsminderungsversicherungsschutz zu verlieren drohe. Nachdem der Kläger zum Personenkreis des § 241 II SGB VI gehöre und er eine weitere Beitragsentrichtung abgelehnt habe, habe es sich unter diesen Umständen bei der Entrichtung freiwilliger Beiträge gemäß § 197 II SGB VI um eine sich offensichtlich als zweckmäßig aufdrängende Gestaltungsmöglichkeit gehandelt, die von jedem verständigen Versicherten genutzt worden wäre. In Anwendung der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung (SozR 4-3100 § 60 Nr. 1, BSG SozR 3-2600 § 115 Nr. 2 und Nr. 9, BSG SozR 3-1200 § 14 Nr. 6), dass jedenfalls dann, wenn ein Sachbearbeiter sich persönlich mit dem Versicherungs- oder Leistungsverhältnis des Versicherten befassen müsse, in derartigen Konstellationen auch ohne eine konkrete Nachfrage Anlass zu einer Beratung von Amts wegen bestehe, hätte die Beklagte den Kläger auf sein Schreiben vom 29.10.2008 hin auf die Möglichkeit und die Fristen der Beitragsnachzahlung hinweisen müssen, was sie unstreitig nicht getan habe.
Der Versicherungsschutz wegen Erwerbsminderung sei nach wie vor gefährdet. Pflichtbeiträge seien zuletzt bis Juli 2011 entrichtet worden; damals habe der Kläger seine selbständige Tätigkeit aufgeben müssen, nachdem sein Geschäftspartner das Konto geräumt habe. Der Kläger ist seither arbeitslos ohne Anspruch auf Arbeitslosengeld I oder II. Unter Berücksichtigung der fehlenden Monate von Mai bis Oktober 2008 würden dem klägerischen Versicherungskonto derzeit noch 41 Monate Pflichtbeiträge für eine Rente nach § 43 SGB VI zu Buche stehen, Tendenz abnehmend.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 23.05.2012 und den Bescheid der Beklagten vom 11.01.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.03.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihn zur Nachentrichtung freiwilliger Beiträge für die Zeit vom 01.05.2008 bis zum 31.10.2008 zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und legt das dem Bescheid vom 10.10.2005 beigefügte Merkblatt vor. Der Bescheid sei über den zentralen Postversand verschickt worden und deshalb in jedem Fall mit dem Merkblatt verschickt worden. Das Merkblatt habe den Kläger umfassend über die Voraussetzungen zur Aufrechterhaltung des Versicherungsschutzes für eine Erwerbsminderungsrente unterrichtet und zugleich auf die Möglichkeit zur Beratung - auch hinsichtlich der Zahlung freiwilliger Beiträge - hingewiesen. Dieses Merkblatt genüge der allgemeinen Beratungspflicht. Der Sachverhalt (Handwerker, der seine selbständige Tätigkeit noch nicht ausübe und daher nicht versicherungspflichtig nach § 2 Satz 1 Nr. 8 SGB XI sei), habe sich in den folgenden Jahren nicht geändert. Der Kläger habe stets angegeben, dass die selbständige Tätigkeit weiterhin nicht ausgeübt werde. Eine Pflicht zur konkreten individuellen Spontanberatung bestehe nur dann, wenn sich dem Sozialleistungsträger eine klar zu Tage liegende Gestaltungsmöglichkeit zu Gunsten des Versicherten aufdränge, die so zweckmäßig sei, dass jeder verständige Versicherte sie mutmaßlich nutzen würde. Im Bereich der Massenverwaltung könne hingegen nicht von Amts wegen eine an alle Eventualitäten angepasste individuelle Beratung vorgenommen werden. Die Angaben des Klägers in seinem Schreiben vom 29.10.2008 seien nicht dazu geeignet, einen weitergehenden Beratungsanspruch herzuleiten.
Auf Anfrage des Senats hat die Beklagte am 17.09.2014 einen aktuellen Gesamtkontenspiegel über das Rentenkonto des Klägers vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist gem. §§ 143, 144, 151 SGG statthaft und auch sonst zulässig. Sie ist aber nicht begründet.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zulassung zur Nachentrichtung freiwilliger Beiträge für die Zeit vom 01.05.2008 bis zum 31.10.2008.
Eine Zahlung freiwilliger Beträge für die Zeit vom 01.05.2008 bis zum 31.10.2008 zur Aufrechterhaltung der Anwartschaft auf Erwerbsminderungsrente (§ 241 Abs. 2 SGB VI) konnte im Januar 2010, als der Kläger die Zulassung zur Entrichtung freiwilliger Beiträge beantragt hat, nicht mehr wirksam erfolgen.
Gem. § 241 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 5 SGB VI sind Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vor Eintritt der Erwerbsminderung für Versicherte nicht erforderlich, die vor dem 01.01.1984 die allgemeine Wartezeit erfüllt haben, wenn jeder Kalendermonat (zur Monatsrechnung § 122 Abs. 1 SGB VI) vom 01.01.1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der Erwerbsminderung mit Beitragszeiten bzw. mit Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (Anwartschaftserhaltungszeiten) belegt ist. Anders als bei § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und § 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI n. F. genügen für die Anwendung des § 241 Abs. 2 SGB VI Beitragszeiten, also auch Zeiten, für die freiwillige Beiträge (§ 55 Abs. 1 Satz 1 SGB VI) gezahlt wurden; Pflichtbeitragszeiten sind nicht notwendig.
Die Zahlung freiwilliger Beiträge ist gem. § 197 Abs. 2 SGB VI wirksam, wenn sie bis zum 31. März des Jahres vorgenommen wird, das dem Jahr folgt, für das sie gelten sollen. Die Zahlungsfrist des § 197 Abs. 2 SGB VI wird nach § 198 Satz 1 SGB VI durch ein Verfahren über einen Rentenanspruch (auch wegen Erwerbsminderung bzw. Erwerbs- oder Berufungsfähigkeit gem. §§ 43, 44 SGB VI a. F.) unterbrochen; sie beginnt erneut nach Abschluss des Verfahrens.
Die Zahlungsfrist des § 197 Abs. 2 SGB VI war für die streitgegenständlichen Beitragsmonate am 31.03.2009 abgelaufen. Eine Unterbrechung durch ein Rentenverfahren ist nicht erfolgt.
Der Kläger war auch nicht gemäß § 197 Abs. 3 SGB VI zur nachträglichen Beitragszahlung zuzulassen. Gem. § 197 Abs. 3 SGB VI ist in Fällen besonderer Härte, insbesondere bei drohendem Verlust der Anwartschaft auf eine Rente, auf Antrag der Versicherten die Zahlung von Beiträgen auch nach Ablauf der Frist des § 197 Abs. 2 SGB VI zuzulassen, wenn die Versicherten an der rechtzeitigen Beitragszahlung ohne Verschulden gehindert waren. Der Antrag kann nur innerhalb von drei Monaten nach Wegfall des Hinderungsgrundes gestellt werden. Die Beitragszahlung hat binnen einer vom Träger der Rentenversicherung zu bestimmenden angemessenen Frist zu erfolgen.
Beim Kläger liegt zwar eine besondere Härte i.S.v. § 197 Abs. 3 Satz 1 SGB VI vor, weil wegen der Lücke die Anwartschaft auf Erwerbsminderungsrente nicht gewahrt wird (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 18.12.2001 - B 12 RA 4/01 R - Juris). Dem steht auch nicht entgegen, dass der Kläger nach dem aktuellen Kontenspiegel die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI (3/5-Belegung) derzeit erfüllt. Denn es ist nicht generell auszuschließen, dass es in der weiteren Erwerbsbiographie des Klägers zu Zeiten ohne die Belegung mit Pflichtbeiträgen kommen kann, so dass gegebenenfalls die 3/5-Belegung nicht mehr gewährleistet wäre.
Der Kläger war aber an der rechtzeitigen Beitragszahlung nicht ohne Verschulden gehindert. Rechtsunkenntnis oder wirtschaftliche Schwierigkeiten begründen keine Schuldlosigkeit des Versicherten an der nicht erfolgten Beitragszahlung (LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 12.09.2013 - L 1 R 352/12 - m.w.N., Juris). Der Kläger war im Bescheid der Beklagten darauf hingewiesen worden, dass Möglichkeiten zum Erhalt des Versicherungsschutzes für Erwerbsminderungsrenten bestehen und hierzu auf ein beigefügtes Merkblatt verwiesen worden. Das von der Beklagten im Berufungsverfahren vorgelegte Merkblatt enthält Informationen über die Voraussetzungen zur Aufrechterhaltung der Anwartschaftserhaltungszeiten durch Zahlung freiwilliger Beiträge sowie einen Hinweis auf die Inanspruchnahme der Beratungsmöglichkeiten bei den Auskunfts- und Beratungsstellen der Beklagten. Der Kläger kann sich nicht darauf berufen, das Merkblatt nicht erhalten zu haben. Wäre dies dem Bescheid nicht beigefügt gewesen, hätte es nahegelegen, das Merkblatt noch bei der Beklagten anzufordern. Zudem hat die Beklagte sowohl in ihrem Hinweisschreiben vom 25.01.2010 als auch im Widerspruchsbescheid vom 29.03.2011 auf das Merkblatt verwiesen, ohne dass der Kläger in diesem Zusammenhang beanstandet hätte, das Merkblatt nicht erhalten zu haben.
Ohne Verschulden wäre der Kläger an der rechtzeitigen Entrichtung der Beiträge daher nur dann gehindert gewesen, wenn er durch die Beklagte unvollständig oder unzutreffend beraten worden wäre (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschl. vom. 11.08.2011 - L 16 R 369/11 - Juris). In diesem Fall wären auch die Voraussetzungen für einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch gegeben, der voraussetzt, dass der Sozialleistungsträger eine ihm aufgrund Gesetzes oder Sozialrechtsverhältnisses obliegende Pflicht, insbesondere zur Beratung (§ 14 Sozialgesetzbuch Erstes Buch, SGB I) und Auskunft (§ 15 SGB I), verletzt hat. Vor diesem Hintergrund kann es offenbleiben, ob die Härtefallregelung des § 197 Abs. 3 SGB VI als abschließende Sonderregelung für die Beitragszahlung nach Fristversäumnis anzusehen ist, da die Voraussetzungen beider Ansprüche (fehlende bzw. falsche Beratung) jedenfalls im vorliegenden Fall deckungsgleich wären (offen lassend auch BSG, Urt. v. 18.12.2001, - B 12 RA 4/01 R - Juris; ebenso im Urteil des erkennenden Senats vom 15.02.2012 - L 5 R 794/10 - ; vgl. hierzu auch Bayerisches LSG, Urteil vom 27.11.2012 - L 13 R 649/10 - und LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.2.2001, - L 1 RA 89/00 - jeweils Juris). Es ist aber weder erkennbar, dass der Kläger im Jahr 2008 oder vor dem Antrag vom 05.01.2010 auf Nachentrichtung der Beiträge für die nicht belegten Monate von Mai bis Oktober 2008 um eine Beratung zu dieser Frage durch die Beklagte nachgesucht hat, noch hatte diese konkrete Veranlassung zu einer Spontanberatung vom Amts wegen.
Gem. § 14 SGB I hat jeder Anspruch auf Beratung über seine Rechte und Pflichten nach dem SGB. Zuständig für die Beratung sind die Leistungsträger, denen gegenüber die Rechte geltend zu machen oder die Pflichten zu erfüllen sind. Die Beratungspflicht der Leistungsträger besteht auch unabhängig von einem konkreten Beratungsbegehren; sie müssen im Rahmen der Spontanberatung bei Vorliegen eines konkreten Anlasses auf klar zu Tage tretende Gestaltungsmöglichkeiten hinweisen, die sich offensichtlich als zweckmäßig aufdrängen und von jedem verständigen Versicherten mutmaßlich genutzt würden. Ist etwa ein Leistungsangebot für die Versicherten so unübersichtlich, dass sich im Einzelfall nicht vermeiden lässt, einen konkreten Weg aufzuzeigen, der zu den gesetzlich möglichen Leistungen führt, ist eine solche Spontanberatung geboten. Das gilt insbesondere dann, wenn sich aus dem Verhalten eines Versicherten ergibt, dass er über die gesetzlichen Möglichkeiten nicht ausreichend informiert ist.
Veranlassung zu einer Beratung von Amts wegen hat für die Beklagte nicht bestanden. Entgegen der Auffassung des Klägers haben auch seine Angaben im Schreiben vom 29.10.2008 der Beklagten keinen Anlass für eine individuelle Spontan-Beratung gegeben. Der Kläger hat in diesem formularmäßigen Antwortschreiben auf die Nachfrage der Beklagten nach Aufnahme seiner selbständigen Tätigkeit den handschriftlichen Hinweis hinzugefügt, dass er das angemeldete Gewerbe nach wie vor nicht ausübe, dass er keinen Anspruch auf Hartz IV habe und keinen Existenzgründungszuschuss erhalte. Die Anfrage der Beklagten war im Hinblick auf die Prüfung einer Beitragspflicht nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 SGB VI erfolgt. Der Senat vermag deshalb nicht zu erkennen, dass die Antwort des Klägers, auf die er sich nunmehr beruft, der Beklagten vor dem Hintergrund der Massenverwaltung Veranlassung gegeben hätte, seine Anwartschaftserhaltungszeiten für eine Erwerbsminderungsrente zu prüfen und ihn in der Folge auf die Möglichkeit der nachträglichen Beitragsentrichtung zur Schließung der entstandenen Lücken in den Anwartschaftserhaltungszeiten hinzuweisen. Dies wäre in einem Kontenklärungsverfahren möglich gewesen, das der Kläger aber nicht beantragt hatte. Die Angaben des Klägers, keinen Anspruch auf Hartz IV zu haben und keinen Existenzgründungszuschuss zu erhalten, standen unmittelbar im Zusammenhang mit der von der Beklagten gestellten Frage nach der Aufnahme der gewerblichen Tätigkeit des Klägers und begründeten als solche keine Notwendigkeit auf Seiten der Beklagten, die Sicherstellung des Erwerbsminderungsrentenschutzes des Klägers zu prüfen. Dieser wusste aufgrund der Hinweise im Bescheid vom 10.10.2005, dass er sich hierum selbst, gegebenenfalls durch Inanspruchnahme einer individuellen Beratung durch die Beklagte, zu bemühen hatte. Ein Beratungsersuchen hat der Kläger - wie er selbst einräumt - aber zu keinem Zeitpunkt an die Beklagte herangetragen.
Die Beitragslücke ist letztlich auf die fehlende Aufrechterhaltung der Arbeitslosmeldung des Klägers über den 18.05.2008 hinaus zurückzuführen. Die Nachholung einer solchen Arbeitslosmeldung kann ohnehin nicht Gegenstand eines Herstellungsanspruchs sein (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 12.09.2013, a.a.O. und LSG Berlin-Brandenburg, Beschl. vom 11.08.2011, a.a.O.). Dem Antrag des Klägers vom 05.01.2010 ist zu entnehmen, dass er nach Beendigung des Bezugs von Arbeitslosengeld am 12.12.2007 keinen Antrag auf Alg II gestellt hatte. In seinem Antrag ging der Kläger demzufolge auch zunächst von einer Beitragslücke ab dem 13.12.2007 aus. Die Ermittlungen der Beklagten im Widerspruchsverfahren haben später ergeben, dass zumindest bis zum 18.05.2008 eine Arbeitslosmeldung ohne Leistungsbezug erfolgt ist, so dass zumindest bis zu diesem Zeitpunkt Anrechnungszeiten vorliegen. Warum die weitere Arbeitslosmeldung, die dem Kläger die Vermeidung der entstandenen Lücke ohne die wirtschaftlich belastende Zahlung freiwilliger Beiträge kostenlos eröffnet hätte, unterblieben ist, ist nicht nachzuvollziehen. Dieses Versäumnis unterfällt jedoch seinem eigenen Verantwortungsbereich und hat zu keinem Zeitpunkt eine Beratungspflicht der Beklagten ausgelöst.
Die Berufung des Klägers kann daher keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger berechtigt ist, für die Zeit vom 01.05.2008 bis zum 31.10.2008 freiwillige Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung nachzuentrichten.
Der 1960 geborene Kläger beantragte am 27.09.2005 die Feststellung der Versicherungspflicht oder Versicherungsfreiheit selbstständig tätiger Handwerker. Die Eintragung als Maurer und Betonbauer in die Handwerksrolle ist am 07.07.2005 erfolgt. Mit Bescheid vom 10.10.2005 stellte die Beklagte fest, dass ab dem 07.07.2005 keine Versicherungspflicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 8 SGB VI bestehe, da der Kläger die selbstständige Tätigkeit nicht ausübe. Das beigefügte Merkblatt unterrichte den Kläger über die Möglichkeiten zur Aufrechterhaltung des weiteren Versicherungsschutzes für Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Der Kläger sei verpflichtet, die Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit unverzüglich anzuzeigen.
Auf Anfragen der Beklagten teilte der Kläger zunächst mit Schreiben vom 09.08.2007 und vom 29.10.2008 mit, dass er weiterhin keine selbstständige Tätigkeit als Gewerbetreibender in einem Handwerksbetrieb ausübe, und verwies sodann mit Schreiben vom 01.11.2009 auf eine e-mail vom 20.09.2009, mit der er die Aufnahme der selbständigen Tätigkeit zum 02.06.2009 angegeben hatte. Im Rahmen der Klärung der Höhe der von ihm zu entrichtenden Beiträge (voller oder halber Regelbeitrag) gab der Kläger in einem Schreiben vom 21.11.2009 an, dass er vom 30.09.2004 bis zum 20.03.2006 Hartz IV bezogen habe. Er sei vom 21.03.2006 bis zum 09.06.2006 als Maurerfacharbeiter und vom 12.06.2006 bis zum 12.06.2007 als Maurermeister beschäftigt gewesen. Krankengeld habe er vom 27.03.2007 bis zum 12.06.2007 bezogen. Ab dem 13.06.2007 sei er - mit einer Sperrzeit bis zum 19.06.2007 - arbeitslos gemeldet gewesen bis zum 12.12.2007, anschließend ab 13.12.2007 sei er arbeitslos ohne Bezüge gewesen, er habe keinen Antrag auf Sozialhilfe (Hartz IV) gestellt.
Am 05.01.2010 beantragte der Kläger die Zulassung zur Nachentrichtung freiwilliger Beiträge für die Zeit vom 13.12.2007 bis einschließlich 31.10.2008. Die Durchsicht seiner Kontendaten habe ergeben, dass diese Beiträge bisher fehlten. Bis zum 12.12.2007 sei er arbeitslos gemeldet gewesen und die Beiträge seien von der Bundesagentur für Arbeit gezahlt worden. Nach Beendigung seiner Arbeitslosigkeit habe er keinen Antrag auf Arbeitslosengeld II gestellt, weil er sich zu dieser Zeit bereits selbstständig gemacht habe und der Meinung gewesen sei, dass er von diesem angemeldeten Gewerbe seinen Lebensunterhalt bestreiten könne. Er habe aber keine Einnahmen verbuchen können. Er habe sich dann einen Job auf 400 EUR Basis gesucht, so dass ab dem 01.11.2008 dann wieder Beiträge auf sein Rentenkonto eingezahlt worden seien. Seit dem 02.06.2009 laufe seine Selbstständigkeit recht gut, sodass er ab diesem Datum seine Beiträge bis auf Weiteres selbst überweisen könne. Er bitte daher, die fehlenden monatlichen Beiträge vom 13.12.2007 bis einschließlich 31.10.2008 nachzahlen zu können.
Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 11.01.2010 ab. Zur Begründung verwies sie darauf, dass nach § 197 Abs. 2 SGB VI freiwillige Beiträge wirksam noch bis zum 31.03. des Jahres gezahlt werden könnten, das dem Jahr folge, für das sie gelten sollten. Nach Ablauf dieser Frist sei gemäß § 197 Abs. 3 SGB VI eine wirksame Beitragszahlung nur noch in Fällen einer besonderen Härte, insbesondere bei drohendem Verlust der Anwartschaft auf eine Rente, möglich, wenn der Versicherte an der rechtzeitigen Beitragszahlung ohne Verschulden verhindert gewesen sei. Im vorliegenden Fall sei nicht erkennbar, dass der Kläger an der rechtzeitigen Beitragszahlung ohne Verschulden gehindert gewesen sei. Ebenso bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass die rechtzeitige Beitragszahlung aufgrund einer fehlerhaften Auskunft oder Beratung durch die Beklagte oder einen anderen Sozialleistungsträger unterblieben sei.
Der Kläger legte mit Schreiben vom 21.01.2010, eingegangen bei der Beklagten am 22.01.2010, Widerspruch ein.
Die Beklagte wies den Kläger mit Schreiben vom 25.01.2010 nochmals darauf hin, dass die freiwillige Beitragszahlung für das Jahr 2007 nur noch bis zum 31.03.2008 und für das Jahr 2008 nur noch bis zum 31.03.2009 möglich gewesen wäre. Für die Anwendung des § 197 Abs. 3 SGB VI dürfe die unterbliebene Beitragszahlung weder auf Vorsatz noch auf Fahrlässigkeit beruhen. Fahrlässig handele ein Versicherter dann, wenn er die nach den Umständen zumutbare Sorgfalt außeracht lasse, die von einem verständigen, seine Rechte und Pflichten wahrnehmenden Bürger im Rechtsverkehr erwartet werden könne. Die Unkenntnis über die bestehenden gesetzlichen Regelungen sei stets schuldhaft. Erkundigungen bei den für die Auskunft und Beratung in Rentenversicherungsangelegenheiten zuständigen Stellen seien stets zumutbar. Es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass die rechtzeitige Beitragszahlung aufgrund einer fehlerhaften Auskunft oder Beratung durch die Beklagte oder einen anderen Sozialleistungsträger unterblieben sei. Bereits mit Bescheid vom 10.10.2005 sei er in einem beigefügten Hinweisblatt über die Möglichkeit zur Aufrechterhaltung des weiteren Versicherungsschutzes über eine Rente wegen Erwerbsminderung unterrichtet worden. Ein Merkblatt zur freiwilligen Versicherung sei beigefügt gewesen. Der Kläger könne auch durch die rückwirkende Zahlung der vorliegenden Beiträge für den Zeitraum Dezember 2007 bis Oktober 2008 bei Eintritt der Erwerbsminderung keinen Rentenanspruch erwerben. Er erfülle diese Voraussetzungen nicht, weil das Versicherungskonto bereits vom 01.06.2005 bis zum 30.06.2005 eine Lücke aufweise. Die beabsichtigte freiwillige Beitragszahlung würde sich daher ausschließlich zugunsten einer Alters- oder Hinterbliebenenrente auswirken. Die Voraussetzungen nach den §§ 43 und 44 SGB VI, die 3/5 Belegung mit Pflichtbeiträgen in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung lasse sich aufgrund der Pflichtversicherung als Handwerker ab dem 02.06.2009 erreichen.
Der Kläger wies in einer E-Mail-Nachricht vom 14.03.2010 darauf hin, dass er die Frage nach der Möglichkeit, anfallende Pflichtbeiträge zu einem späteren Zeitpunkt nachzuzahlen, bereits in einem telefonischen Gespräch mit einer Mitarbeiterin der Beklagten im Mai 2008 gestellt habe. Die Mitarbeiterin habe damals zugesichert, dass dies kein Problem darstelle, da er nach Vorlage der Einkommenssteuererklärung ohnehin Pflichtbeiträge nachzuzahlen habe. Wenn dies nunmehr nicht möglich sei, so frage er sich, warum ihm dies damals nicht schon mitgeteilt worden sei.
Durch seinen Bevollmächtigten ließ der Kläger zur Begründung seines Widerspruchs noch vortragen, die Beklagte hätte ihn auch ohne konkrete Nachfrage von sich aus auf die Möglichkeit und die Fristen der Beitragszahlungen hinweisen müssen. Die Rechtsprechung nehme diese Pflicht immer dann an, wenn der Versicherte vom Versicherungsträger bei einem konkreten Anlass auf eine klar zutage tretende Gestaltungsmöglichkeit nicht hinweise, die jeder vernünftige Versicherte zweckmäßigerweise nutze. Ein solcher Anlass werde zum Beispiel in Kontenklärungsverfahren oder in laufenden Beitragsverfahren gesehen, wenn der Versicherte nicht darauf hingewiesen worden sei, dass zur Erhaltung der Anwartschaftszeiten freiwillige Beiträge zu entrichten seien. Der Kläger sei daher im Wege des Herstellungsanspruches so zu stellen, als sei die notwendige Beratung ordnungsgemäß erfolgt. Nachweise über stattgefundene Beratungen würden ihm zwar nicht vorliegen. Solche seien aber auch nicht notwendig, da die Beklagte den Kläger auch ohne konkrete Nachfragen von sich aus auf die Möglichkeit und die Fristen der Beitragszahlung hätte hinweisen müssen, da sie ständig mit ihm in Kontakt gewesen sei und ab dem 13.12.2007 keine Beitragszeiten mehr für ihn gemeldet worden seien.
Mit Widerspruchsbescheid vom 29.03.2011 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, die Frist nach § 197 Abs. 2 SGB VI für die Entrichtung der Beiträge sei verstrichen. Eine besondere Härte nach § 197 Abs. 3 SGB VI liege nicht vor. Es liege auch kein Beratungsfehler der Beklagten vor, da der Kläger bereits mit Bescheid vom 10.10.2005 ein Merkblatt zur Information über die Möglichkeiten zur Aufrechterhaltung des weiteren Versicherungsschutzes für Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit bekommen habe. Bei dem erwähnten Gespräch im Mai 2008 sei es um die Ermittlung der beitragspflichtigen Einnahmen als selbstständig Tätiger nach § 165 SGB VI und die Möglichkeit der einkommensgerechten Beitragszahlung gegangen. Die Beratung sei weder unrichtig noch unvollständig gewesen. Die Lücken hätten im Widerspruchverfahren aber teilweise geklärt werden können. Der Juni 2005 sowie der Zeitraum vom 13.12.2007 bis zum 18.05.2008 seien durch eine Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit belegt. Für die allein noch unbelegte Zeit vom 19.05.2008 bis zum 31.10.2008 seien Nachzahlungen wegen Ablaufs der Zahlungsfrist nicht mehr möglich. Die Beklagte wies darauf hin, dass durch die laufende Entrichtung von Pflichtbeiträgen die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Erwerbsminderungsrente nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI erfüllt würden.
Der Kläger erhob am 02.05.2011 Klage zum Sozialgericht Stuttgart. Zur Begründung der Klage wurde ausgeführt, der Kläger habe zwar nicht ausdrücklich um Beratung nachgesucht, die Beklagte sei jedoch in ständigem Kontakt zu ihm gewesen. Er verwies aber auf sein Antwortschreiben vom 29.10.2008 auf eine Anfrage der Beklagten vom 27.10.2008, in dem er darlegt habe, sein angemeldetes Gewerbe nach wie vor nicht auszuüben und auch keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld II zu haben. Da der Kläger zum Personenkreis des § 241 Abs. 2 SGB VI gehöre und für ihn ab dem 19.05.2008 keine Beitragszeiten mehr gemeldet worden seien, handele es sich bei der Nachentrichtung freiwilliger Beiträge gemäß § 197 Abs. 2 SGB VI um eine sich offensichtlich als zweckmäßig aufdrängende Gestaltungsmöglichkeit, die von jedem verständigen Versicherten genutzt worden wäre. Die Beklagte hätte daher von sich aus auf die Möglichkeit und die Fristen der Beitragszahlung hinweisen müssen, was sie unstreitig nicht getan habe.
Die Beklagte hielt dem entgegen, aus dem Schreiben vom 29.10.2008 sei kein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch abzuleiten, da es sich um die Antwort auf ein maschinelles Überprüfungsschreiben an Handwerker, die ihre selbstständige Tätigkeit nicht ausübten, gehandelt habe. Eine konkrete Frage zur weiteren Rentenversicherung habe der Kläger darin nicht formuliert. Das Schreiben des Klägers sei vielmehr so zu verstehen, dass er wegen mangelnder finanzieller Leistungsfähigkeit an jeglicher Beitragszahlung nicht interessiert gewesen sei.
Auf Anfrage des Sozialgerichts teilte die Beklagte mit, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI für eine Erwerbsminderungsrente derzeit noch durch die Entrichtung von Pflichtbeiträgen bis zum 10.07.2011 erfüllt seien. Durch die Zahlung von freiwilligen Beiträgen für den Zeitraum vom 01.05.2008 bis zum 31.10.2008 würde sich der monatliche Zahlbetrag einer Altersrente von 901,43 EUR auf 903,35 EUR erhöhen.
In dem am 30.01.2012 vor dem Sozialgericht durchgeführten Erörterungstermin teilte der Kläger mit, dass er seit dem 11.07.2011 im Angestelltenverhältnis versicherungspflichtig beschäftigt sei.
Ergänzend ließ der Kläger mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 22.02.2012 noch vortragen, auch wenn ihm beim derzeitigen Versicherungsverlauf kein Anwartschaftsverlust für eine Erwerbsminderungsrente drohe, sei eine zukünftige Arbeitslosigkeit und der Verlust der 3/5 - Belegung mit Pflichtbeiträgen nicht ausgeschlossen, so dass die Erhaltung der Anwartschaft nach § 241 Abs. 2 SGB VI nach wie vor für ihn von Bedeutung sei. Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch sei auch neben der Härtefallregelung des § 197 Abs. 3 SGB VI anwendbar, da es beim Herstellungsanspruch nur auf die Ausgleichsfähigkeit des Nachteils, nicht aber auf die Besondere Härte des Nachteils ankomme.
Das Sozialgericht wies die Klage mit Urteil vom 23.05.2012 ab. Die Voraussetzungen für die Nachzahlung der freiwilligen Beiträge nach § 197 Abs. 2 und Abs. 3 SGB VI seien nicht erfüllt. Eine Zahlung sei nicht innerhalb der Frist des § 197 Abs. 2 SGB VI erfolgt. Es liege auch kein Fall nach § 197 Abs. 3 Satz 1 SGB VI vor, wonach die Nachzahlung auch nach Ablauf der Frist des § 197 Abs. 2 SGB VI zuzulassen wäre. Zwar stelle der Verlust der Anwartschaft für eine Rente wegen Erwerbsminderung nach § 241 SGB VI für den Kläger eine besondere Härte dar, jedoch sei der Kläger nicht ohne Verschulden an der rechtzeitigen Beitragszahlung gehindert gewesen. Schuldhaft verhalte sich der Versicherte bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit. Fahrlässig handele der Versicherte, wenn er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außeracht lasse. Rechtsunkenntnis oder wirtschaftliche Schwierigkeiten, die Beiträge rechtzeitig aufzubringen, könnten in der Regel die Schuldlosigkeit nicht begründen. Der Kläger sei im Bescheid vom 10.10.2005 auf die Möglichkeiten zur Aufrechterhaltung des Versicherungsschutz für Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit hingewiesen worden. Der damals zugrunde liegende Sachverhalt, wonach der Kläger die selbstständige Tätigkeit noch nicht ausgeübt habe, habe sich seit dem 27.09.2005 bis zur streitigen Lücke vom Mai bis Oktober 2008 nicht geändert. Insofern beruhe die Nichtzahlung der Beiträge auf einem fahrlässigen Verhalten des Klägers. Der Kläger könne auch nicht über den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch so gestellt werden, als hätte er die Ausschlussfrist nicht versäumt. Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch sei entgegen der früheren Rechtsprechung bei freiwilligen Beiträgen im Rahmen des § 197 Abs. 3 SGB VI anwendbar (vgl. hierzu Peters in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht § 197 SGB VI Rn. 19). Der Kläger mache geltend, die Beklagte hätte ihn im Mai 2008 bei einem telefonischen Kontakt darüber aufklären müssen, dass ihm durch die fehlende Zahlung von freiwilligen Beiträgen der Anwartschaftsschutz nach § 241 SGB VI verloren gehe. Der telefonische Kontakt sei aber in der Verwaltungsakte nicht dokumentiert. Auch im Zusammenhang mit der jährlichen Überprüfung des Versicherungsverhältnisses in den Jahren 2007 bis 2009 habe keine Beratungspflicht der Beklagten bestanden. Gegenstand dieser Anfragen sei allein gewesen, ob die angemeldete selbstständige Tätigkeit nunmehr ausgeübt werde. Ein konkretes Beratungsbegehren des Klägers sei nicht dokumentiert. Aber auch wenn ein Beratungsbegehren nicht vorliege, sei der Versicherungsträger gehalten, den Versicherten bei Vorliegen eines konkreten Anlasses von sich aus "spontan" auf klar zutage tretende Gestaltungsmöglichkeiten zugunsten des Versicherten hinzuweisen, die sich offensichtlich als zweckmäßig aufdrängten und von jedem verständigen Versicherten mutmaßlich genutzt würden (vgl. BSG, Urteil vom 05.04.2000, Az.: B 5 RJ 50/98 R in SozR 3-1200 § 14 Nr. 29). Die Beklagte sei ihrer Beratungspflicht anlässlich des Beginns der selbstständigen Tätigkeit und der diesbezüglichen Feststellung am 27.09.2005 im Bescheid vom 10.10.2005 nachgekommen und habe den Kläger über die Möglichkeiten der Aufrechterhaltung der Anwartschaften für eine Erwerbsminderungsrente im Merkblatt hingewiesen. Gegenstand des nachfolgenden Verwaltungsverfahrens sei die Ermittlung eventueller Einkünfte aus einer versicherungspflichtigen selbstständigen Tätigkeit gewesen. Auch aus dem handschriftlichen Zusatz im dem Schreiben vom 29.10.2008 lasse sich kein konkretes Beratungsbegehren erschließen. Der Kläger habe lediglich mitgeteilt, dass das angemeldete Gewerbe immer noch nicht ausgeübt werde, dass er keinen Anspruch auf Harz IV habe und keinen Existenzgründerzuschuss bekomme. Diese Mitteilung habe die Beklagte nicht veranlassen müssen, das Versicherungskonto des Klägers zu überprüfen und ihn auf die Erforderlichkeit der Aufrechterhaltung des Versicherungsschutzes für die Erwerbsminderungsrente hinzuweisen. Dass der Kläger keinen Anspruch auf SGB II-Leistungen gehabt habe, habe nicht auf Mittellosigkeit des Klägers schließen lassen müssen, sondern hätte auch aufgrund Vermögens oder Einkommens von anderer Seite begründet sein können. Eine Beratungspflicht der Beklagten ergebe sich daraus nicht.
Gegen das seinem Bevollmächtigten am 25.05.2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 20.06.2012 Berufung einlegen lassen. Soweit das Sozialgericht auf das dem Bescheid vom 10.10.2005 beigefügte Merkblatt abstelle, handele es sich um ein Überraschungsurteil. Dieser Bescheid und das Merkblatt seien weder schriftsätzlich noch im Verhandlungstermin erörtert worden. Der Kläger habe das in diesem Bescheid genannte Merkblatt nicht in seinen wohlgeordneten Unterlagen. Auch in den Verwaltungsakten finde sich nur der Bescheid selbst, nicht aber das Merkblatt. Der konkrete Inhalt eines nicht vorhandenen Merkblatts sei aber unbekannt. Unabhängig davon, dass der Kläger das Merkblatt nicht erhalten habe, könne auf dieser Grundlage nicht die Überzeugung gebildet werden, die Beklagte habe den Kläger darin tatsächlich richtig und im notwendigen Umfang darauf hingewiesen, wie er seinen Versicherungsschutz aufrechterhalten könne. Darüber hinaus sei kein Sachverhalt aus der Zeit Ende 2005 streitig, sondern ein solcher aus Mitte bis Ende 2008. Der Kläger ließ auf das Urteil des BSG vom 06.05.1992 - 12 RK 45/91 - verweisen, nach dem der Versicherungsträger ausdrücklich auch dann zu dem rechtzeitigen Hinweis verpflichtet sei, dass zur Aufrechterhaltung des Erwerbsminderungsversicherungsschutzes notwendig sei, alle Monate ab 1984 zumindest mit freiwilligen Beiträgen zu belegen, wenn er den Versicherten jährlich unterrichtet habe. Am Merkmal der "Rechtzeitigkeit" fehle es aber, wenn hierfür ältere Hinweise bemüht würden, die dem Kläger mangels nachgewiesener Übersendung unbekannt, bei der Antwort vom 29.10.2008 aber jedenfalls nicht mehr präsent gewesen seien. Aus diesem Schreiben sei erkennbar gewesen, dass sich der Kläger nicht darüber im Klaren gewesen sei, dass er ohne Ausübung seines Gewerbes und ohne Anspruch auf Alg II seinen Erwerbsminderungsversicherungsschutz zu verlieren drohe. Nachdem der Kläger zum Personenkreis des § 241 II SGB VI gehöre und er eine weitere Beitragsentrichtung abgelehnt habe, habe es sich unter diesen Umständen bei der Entrichtung freiwilliger Beiträge gemäß § 197 II SGB VI um eine sich offensichtlich als zweckmäßig aufdrängende Gestaltungsmöglichkeit gehandelt, die von jedem verständigen Versicherten genutzt worden wäre. In Anwendung der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung (SozR 4-3100 § 60 Nr. 1, BSG SozR 3-2600 § 115 Nr. 2 und Nr. 9, BSG SozR 3-1200 § 14 Nr. 6), dass jedenfalls dann, wenn ein Sachbearbeiter sich persönlich mit dem Versicherungs- oder Leistungsverhältnis des Versicherten befassen müsse, in derartigen Konstellationen auch ohne eine konkrete Nachfrage Anlass zu einer Beratung von Amts wegen bestehe, hätte die Beklagte den Kläger auf sein Schreiben vom 29.10.2008 hin auf die Möglichkeit und die Fristen der Beitragsnachzahlung hinweisen müssen, was sie unstreitig nicht getan habe.
Der Versicherungsschutz wegen Erwerbsminderung sei nach wie vor gefährdet. Pflichtbeiträge seien zuletzt bis Juli 2011 entrichtet worden; damals habe der Kläger seine selbständige Tätigkeit aufgeben müssen, nachdem sein Geschäftspartner das Konto geräumt habe. Der Kläger ist seither arbeitslos ohne Anspruch auf Arbeitslosengeld I oder II. Unter Berücksichtigung der fehlenden Monate von Mai bis Oktober 2008 würden dem klägerischen Versicherungskonto derzeit noch 41 Monate Pflichtbeiträge für eine Rente nach § 43 SGB VI zu Buche stehen, Tendenz abnehmend.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 23.05.2012 und den Bescheid der Beklagten vom 11.01.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.03.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihn zur Nachentrichtung freiwilliger Beiträge für die Zeit vom 01.05.2008 bis zum 31.10.2008 zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und legt das dem Bescheid vom 10.10.2005 beigefügte Merkblatt vor. Der Bescheid sei über den zentralen Postversand verschickt worden und deshalb in jedem Fall mit dem Merkblatt verschickt worden. Das Merkblatt habe den Kläger umfassend über die Voraussetzungen zur Aufrechterhaltung des Versicherungsschutzes für eine Erwerbsminderungsrente unterrichtet und zugleich auf die Möglichkeit zur Beratung - auch hinsichtlich der Zahlung freiwilliger Beiträge - hingewiesen. Dieses Merkblatt genüge der allgemeinen Beratungspflicht. Der Sachverhalt (Handwerker, der seine selbständige Tätigkeit noch nicht ausübe und daher nicht versicherungspflichtig nach § 2 Satz 1 Nr. 8 SGB XI sei), habe sich in den folgenden Jahren nicht geändert. Der Kläger habe stets angegeben, dass die selbständige Tätigkeit weiterhin nicht ausgeübt werde. Eine Pflicht zur konkreten individuellen Spontanberatung bestehe nur dann, wenn sich dem Sozialleistungsträger eine klar zu Tage liegende Gestaltungsmöglichkeit zu Gunsten des Versicherten aufdränge, die so zweckmäßig sei, dass jeder verständige Versicherte sie mutmaßlich nutzen würde. Im Bereich der Massenverwaltung könne hingegen nicht von Amts wegen eine an alle Eventualitäten angepasste individuelle Beratung vorgenommen werden. Die Angaben des Klägers in seinem Schreiben vom 29.10.2008 seien nicht dazu geeignet, einen weitergehenden Beratungsanspruch herzuleiten.
Auf Anfrage des Senats hat die Beklagte am 17.09.2014 einen aktuellen Gesamtkontenspiegel über das Rentenkonto des Klägers vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist gem. §§ 143, 144, 151 SGG statthaft und auch sonst zulässig. Sie ist aber nicht begründet.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zulassung zur Nachentrichtung freiwilliger Beiträge für die Zeit vom 01.05.2008 bis zum 31.10.2008.
Eine Zahlung freiwilliger Beträge für die Zeit vom 01.05.2008 bis zum 31.10.2008 zur Aufrechterhaltung der Anwartschaft auf Erwerbsminderungsrente (§ 241 Abs. 2 SGB VI) konnte im Januar 2010, als der Kläger die Zulassung zur Entrichtung freiwilliger Beiträge beantragt hat, nicht mehr wirksam erfolgen.
Gem. § 241 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 5 SGB VI sind Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vor Eintritt der Erwerbsminderung für Versicherte nicht erforderlich, die vor dem 01.01.1984 die allgemeine Wartezeit erfüllt haben, wenn jeder Kalendermonat (zur Monatsrechnung § 122 Abs. 1 SGB VI) vom 01.01.1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der Erwerbsminderung mit Beitragszeiten bzw. mit Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (Anwartschaftserhaltungszeiten) belegt ist. Anders als bei § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und § 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI n. F. genügen für die Anwendung des § 241 Abs. 2 SGB VI Beitragszeiten, also auch Zeiten, für die freiwillige Beiträge (§ 55 Abs. 1 Satz 1 SGB VI) gezahlt wurden; Pflichtbeitragszeiten sind nicht notwendig.
Die Zahlung freiwilliger Beiträge ist gem. § 197 Abs. 2 SGB VI wirksam, wenn sie bis zum 31. März des Jahres vorgenommen wird, das dem Jahr folgt, für das sie gelten sollen. Die Zahlungsfrist des § 197 Abs. 2 SGB VI wird nach § 198 Satz 1 SGB VI durch ein Verfahren über einen Rentenanspruch (auch wegen Erwerbsminderung bzw. Erwerbs- oder Berufungsfähigkeit gem. §§ 43, 44 SGB VI a. F.) unterbrochen; sie beginnt erneut nach Abschluss des Verfahrens.
Die Zahlungsfrist des § 197 Abs. 2 SGB VI war für die streitgegenständlichen Beitragsmonate am 31.03.2009 abgelaufen. Eine Unterbrechung durch ein Rentenverfahren ist nicht erfolgt.
Der Kläger war auch nicht gemäß § 197 Abs. 3 SGB VI zur nachträglichen Beitragszahlung zuzulassen. Gem. § 197 Abs. 3 SGB VI ist in Fällen besonderer Härte, insbesondere bei drohendem Verlust der Anwartschaft auf eine Rente, auf Antrag der Versicherten die Zahlung von Beiträgen auch nach Ablauf der Frist des § 197 Abs. 2 SGB VI zuzulassen, wenn die Versicherten an der rechtzeitigen Beitragszahlung ohne Verschulden gehindert waren. Der Antrag kann nur innerhalb von drei Monaten nach Wegfall des Hinderungsgrundes gestellt werden. Die Beitragszahlung hat binnen einer vom Träger der Rentenversicherung zu bestimmenden angemessenen Frist zu erfolgen.
Beim Kläger liegt zwar eine besondere Härte i.S.v. § 197 Abs. 3 Satz 1 SGB VI vor, weil wegen der Lücke die Anwartschaft auf Erwerbsminderungsrente nicht gewahrt wird (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 18.12.2001 - B 12 RA 4/01 R - Juris). Dem steht auch nicht entgegen, dass der Kläger nach dem aktuellen Kontenspiegel die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI (3/5-Belegung) derzeit erfüllt. Denn es ist nicht generell auszuschließen, dass es in der weiteren Erwerbsbiographie des Klägers zu Zeiten ohne die Belegung mit Pflichtbeiträgen kommen kann, so dass gegebenenfalls die 3/5-Belegung nicht mehr gewährleistet wäre.
Der Kläger war aber an der rechtzeitigen Beitragszahlung nicht ohne Verschulden gehindert. Rechtsunkenntnis oder wirtschaftliche Schwierigkeiten begründen keine Schuldlosigkeit des Versicherten an der nicht erfolgten Beitragszahlung (LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 12.09.2013 - L 1 R 352/12 - m.w.N., Juris). Der Kläger war im Bescheid der Beklagten darauf hingewiesen worden, dass Möglichkeiten zum Erhalt des Versicherungsschutzes für Erwerbsminderungsrenten bestehen und hierzu auf ein beigefügtes Merkblatt verwiesen worden. Das von der Beklagten im Berufungsverfahren vorgelegte Merkblatt enthält Informationen über die Voraussetzungen zur Aufrechterhaltung der Anwartschaftserhaltungszeiten durch Zahlung freiwilliger Beiträge sowie einen Hinweis auf die Inanspruchnahme der Beratungsmöglichkeiten bei den Auskunfts- und Beratungsstellen der Beklagten. Der Kläger kann sich nicht darauf berufen, das Merkblatt nicht erhalten zu haben. Wäre dies dem Bescheid nicht beigefügt gewesen, hätte es nahegelegen, das Merkblatt noch bei der Beklagten anzufordern. Zudem hat die Beklagte sowohl in ihrem Hinweisschreiben vom 25.01.2010 als auch im Widerspruchsbescheid vom 29.03.2011 auf das Merkblatt verwiesen, ohne dass der Kläger in diesem Zusammenhang beanstandet hätte, das Merkblatt nicht erhalten zu haben.
Ohne Verschulden wäre der Kläger an der rechtzeitigen Entrichtung der Beiträge daher nur dann gehindert gewesen, wenn er durch die Beklagte unvollständig oder unzutreffend beraten worden wäre (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschl. vom. 11.08.2011 - L 16 R 369/11 - Juris). In diesem Fall wären auch die Voraussetzungen für einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch gegeben, der voraussetzt, dass der Sozialleistungsträger eine ihm aufgrund Gesetzes oder Sozialrechtsverhältnisses obliegende Pflicht, insbesondere zur Beratung (§ 14 Sozialgesetzbuch Erstes Buch, SGB I) und Auskunft (§ 15 SGB I), verletzt hat. Vor diesem Hintergrund kann es offenbleiben, ob die Härtefallregelung des § 197 Abs. 3 SGB VI als abschließende Sonderregelung für die Beitragszahlung nach Fristversäumnis anzusehen ist, da die Voraussetzungen beider Ansprüche (fehlende bzw. falsche Beratung) jedenfalls im vorliegenden Fall deckungsgleich wären (offen lassend auch BSG, Urt. v. 18.12.2001, - B 12 RA 4/01 R - Juris; ebenso im Urteil des erkennenden Senats vom 15.02.2012 - L 5 R 794/10 - ; vgl. hierzu auch Bayerisches LSG, Urteil vom 27.11.2012 - L 13 R 649/10 - und LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.2.2001, - L 1 RA 89/00 - jeweils Juris). Es ist aber weder erkennbar, dass der Kläger im Jahr 2008 oder vor dem Antrag vom 05.01.2010 auf Nachentrichtung der Beiträge für die nicht belegten Monate von Mai bis Oktober 2008 um eine Beratung zu dieser Frage durch die Beklagte nachgesucht hat, noch hatte diese konkrete Veranlassung zu einer Spontanberatung vom Amts wegen.
Gem. § 14 SGB I hat jeder Anspruch auf Beratung über seine Rechte und Pflichten nach dem SGB. Zuständig für die Beratung sind die Leistungsträger, denen gegenüber die Rechte geltend zu machen oder die Pflichten zu erfüllen sind. Die Beratungspflicht der Leistungsträger besteht auch unabhängig von einem konkreten Beratungsbegehren; sie müssen im Rahmen der Spontanberatung bei Vorliegen eines konkreten Anlasses auf klar zu Tage tretende Gestaltungsmöglichkeiten hinweisen, die sich offensichtlich als zweckmäßig aufdrängen und von jedem verständigen Versicherten mutmaßlich genutzt würden. Ist etwa ein Leistungsangebot für die Versicherten so unübersichtlich, dass sich im Einzelfall nicht vermeiden lässt, einen konkreten Weg aufzuzeigen, der zu den gesetzlich möglichen Leistungen führt, ist eine solche Spontanberatung geboten. Das gilt insbesondere dann, wenn sich aus dem Verhalten eines Versicherten ergibt, dass er über die gesetzlichen Möglichkeiten nicht ausreichend informiert ist.
Veranlassung zu einer Beratung von Amts wegen hat für die Beklagte nicht bestanden. Entgegen der Auffassung des Klägers haben auch seine Angaben im Schreiben vom 29.10.2008 der Beklagten keinen Anlass für eine individuelle Spontan-Beratung gegeben. Der Kläger hat in diesem formularmäßigen Antwortschreiben auf die Nachfrage der Beklagten nach Aufnahme seiner selbständigen Tätigkeit den handschriftlichen Hinweis hinzugefügt, dass er das angemeldete Gewerbe nach wie vor nicht ausübe, dass er keinen Anspruch auf Hartz IV habe und keinen Existenzgründungszuschuss erhalte. Die Anfrage der Beklagten war im Hinblick auf die Prüfung einer Beitragspflicht nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 SGB VI erfolgt. Der Senat vermag deshalb nicht zu erkennen, dass die Antwort des Klägers, auf die er sich nunmehr beruft, der Beklagten vor dem Hintergrund der Massenverwaltung Veranlassung gegeben hätte, seine Anwartschaftserhaltungszeiten für eine Erwerbsminderungsrente zu prüfen und ihn in der Folge auf die Möglichkeit der nachträglichen Beitragsentrichtung zur Schließung der entstandenen Lücken in den Anwartschaftserhaltungszeiten hinzuweisen. Dies wäre in einem Kontenklärungsverfahren möglich gewesen, das der Kläger aber nicht beantragt hatte. Die Angaben des Klägers, keinen Anspruch auf Hartz IV zu haben und keinen Existenzgründungszuschuss zu erhalten, standen unmittelbar im Zusammenhang mit der von der Beklagten gestellten Frage nach der Aufnahme der gewerblichen Tätigkeit des Klägers und begründeten als solche keine Notwendigkeit auf Seiten der Beklagten, die Sicherstellung des Erwerbsminderungsrentenschutzes des Klägers zu prüfen. Dieser wusste aufgrund der Hinweise im Bescheid vom 10.10.2005, dass er sich hierum selbst, gegebenenfalls durch Inanspruchnahme einer individuellen Beratung durch die Beklagte, zu bemühen hatte. Ein Beratungsersuchen hat der Kläger - wie er selbst einräumt - aber zu keinem Zeitpunkt an die Beklagte herangetragen.
Die Beitragslücke ist letztlich auf die fehlende Aufrechterhaltung der Arbeitslosmeldung des Klägers über den 18.05.2008 hinaus zurückzuführen. Die Nachholung einer solchen Arbeitslosmeldung kann ohnehin nicht Gegenstand eines Herstellungsanspruchs sein (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 12.09.2013, a.a.O. und LSG Berlin-Brandenburg, Beschl. vom 11.08.2011, a.a.O.). Dem Antrag des Klägers vom 05.01.2010 ist zu entnehmen, dass er nach Beendigung des Bezugs von Arbeitslosengeld am 12.12.2007 keinen Antrag auf Alg II gestellt hatte. In seinem Antrag ging der Kläger demzufolge auch zunächst von einer Beitragslücke ab dem 13.12.2007 aus. Die Ermittlungen der Beklagten im Widerspruchsverfahren haben später ergeben, dass zumindest bis zum 18.05.2008 eine Arbeitslosmeldung ohne Leistungsbezug erfolgt ist, so dass zumindest bis zu diesem Zeitpunkt Anrechnungszeiten vorliegen. Warum die weitere Arbeitslosmeldung, die dem Kläger die Vermeidung der entstandenen Lücke ohne die wirtschaftlich belastende Zahlung freiwilliger Beiträge kostenlos eröffnet hätte, unterblieben ist, ist nicht nachzuvollziehen. Dieses Versäumnis unterfällt jedoch seinem eigenen Verantwortungsbereich und hat zu keinem Zeitpunkt eine Beratungspflicht der Beklagten ausgelöst.
Die Berufung des Klägers kann daher keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
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