L 11 AS 591/14 B PKH

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
11
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 10 AS 345/14 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 AS 591/14 B PKH
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Keine Bewilligung von PKH mangels hinreichender Erfolgsaussicht.
Die Beschwerde gegen Punkt III des Beschlusses des Sozialgerichts Würzburg vom 25.07.2014 - S 10 AS 345/14 ER - wird zurückgewiesen.



Gründe:


I.

Der Antragsteller begehrt im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens die "Verpflichtung" des Antragsgegners, ab Juli 2014 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II - Alg II -) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in ungekürzter Höhe zu bezahlen.
Der Antragsteller bezog - nach mehreren Minderungen des Anspruches - Alg II zuletzt aufgrund des Bescheides vom 27.11.2013 für die Zeit vom 01.01.2014 bis 30.06.2014. Entgegen einer Verpflichtung aus einer Eingliederungsvereinbarung vom 07.04.2014 nahm der Antragsteller an einer Maßnahme nicht teil. Nach Anhörung stellte der Antragsgegner den vollständigen Wegfall des Alg II für die Zeit vom 01.07.2014 bis 30.09.2014 mit Bescheid vom 11.06.2014 fest. Ein wichtiger Grund für die Nichtteilnahme habe nicht vorgelegen. Der Antragsteller könne jedoch ergänzende Sachleistungen erhalten.
Auf seinen Weiterbewilligungsantrag vom 23.06.2014 hin bewilligte der Antragsgegner mit Bescheid vom 24.06.2014 Alg II für die Zeit vom 01.07.2014 bis 30.09.2014 in Höhe von 0 EUR und für die Zeit vom 01.10.2014 bis 31.12.2014 in Höhe von 648,00 EUR monatlich und nahm u.a. auf den Bescheid vom 11.06.2014 Bezug. Gegen den Bescheid vom 24.06.2014 legte der Antragsteller Widerspruch ein. Am 11.07.2014 erhob er zudem Widerspruch gegen den Bescheid vom 11.06.2014. Über die Widersprüche ist nach Lage der Akten noch nicht entschieden.
Am 11.07.2014 hat der Antragsteller den Erlass einer einstweiligen Anordnung beim Sozialgericht Würzburg (SG) und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für dieses Verfahren begehrt. Der Antragsgegner solle "verpflichtet" werden, ab Juli 2014 ungekürzte Leistungen zu bezahlen. Für das einstweilige Rechtsschutzverfahren werde die Bewilligung von PKH begehrt. Der Sanktionsbescheid sei nicht zugestellt worden, er liege nicht vor. Er könne sich weder Essen noch Trinken kaufen, noch die Unterkunft bezahlen. Die Leistungen seien ohne Anhörung eingestellt worden. Ein Erörterungstermin möge kurzfristig anberaumt werden. Er habe an der Maßnahme teilgenommen, sei aber vom Lehrgangsleiter nach Hause geschickt worden. Im Rahmen der am 21.07.2014 gemachten Angaben zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen hat der Antragsteller auch den Bescheid vom 11.06.2014 vorgelegt.
Der Antragsgegner hat ausgeführt, bis 02.05.2014 lägen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vor, ab 03.05.2014 jedoch nicht mehr. Der Antragsteller sei nicht vom Lehrgangsleiter nach Hause geschickt worden.
Im Erörterungstermin vom 24.07.2014 hat der Antragsteller erklärt, den Minderungsbescheid vom 11.06.2014 noch nicht erhalten zu haben; zumindest Mitte Juni 2014 habe er ihn noch nicht gehabt.
Mit Beschluss vom 25.07.2014 hat das SG den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz (Punkt I und II des Tenors) ebenso wie den Antrag auf Bewilligung von PKH (Punkt III des Tenors) abgelehnt. Der Antrag ziele auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruches gegen den Bescheid vom 11.06.2014. Eine dafür erforderliche offensichtliche Rechtswidrigkeit des streitgegenständlichen Bescheides liege nicht vor, wobei die Angabe, den Minderungsbescheid nicht erhalten zu haben, durch die Vorlage im Rahmen der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse widerlegt sei. Die Ausführungen des Antragstellers zum Grund der Nichtteilnahme an der Maßnahme seien nicht nachgewiesen und nicht glaubhaft. PKH sei mangels hinreichender Erfolgsaussicht nicht zu bewilligen.
Auf Nachfrage des Senats hat der Antragsteller allein gegen die Ablehnung der Bewilligung von PKH Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Zur Sachverhaltsermittlung sei der Erörterungstermin erforderlich gewesen. Auf die mangelnden Erfolgsaussichten hätte das SG hinweisen müssen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogene Akte des Antragsgegners sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) gegen die Nichtbewilligung von PKH in Punkt III des Tenors des Beschlusses des SG ist zulässig, aber nicht begründet. Zu Recht hat das SG die Bewilligung von PKH abgelehnt. Dabei hat der Antragsteller allein gegen die Ablehnung der Bewilligung von PKH Beschwerde eingelegt, wie sich aus der Antwort auf die Nachfrage des Senates durch den Antragsteller ergibt.
Nach § 73a Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) iVm § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Aus verfassungsrechtlichen Gründen dürfen die Anforderungen an die Erfolgsaussicht nicht überspannt werden. Es reicht für die Prüfung der Erfolgsaussicht aus, dass der Erfolg eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich hat (vgl. BSG, Urteil vom 17.02.1998 - B 13 RJ 83/97 R (Rn.26) - SozR 3-1500 § 62 Nr.19). Diese gewisse Wahrscheinlichkeit ist in aller Regel dann anzunehmen, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Beteiligten aufgrund der Sachverhaltsschilderung und der vorgelegten Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht die Möglichkeit des Obsiegens des PKH- Beantragenden ebenso wahrscheinlich ist wie sein Unterliegen (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. § 73a Rn.7). Schwierige, bislang ungeklärte Rechts- und Tatfragen sind nicht im PKH-Verfahren zu entscheiden, sondern müssen auch von Unbemittelten einer prozessualen Klärung zugeführt werden können (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.07.1993 - 1 BvR 1523/92 - NJW 1994, 241f). PKH muss jedoch nicht schon dann gewährt werden, wenn die entscheidungserhebliche Rechtsfrage zwar noch nicht höchstrichterlich geklärt ist, ihre Beantwortung aber im Hinblick auf die einschlägige gesetzliche Regelung oder die durch die bereits vorliegende Rechtsprechung gewährten Auslegungshilfen nicht in dem genannten Sinne als "schwierig" erscheint (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13.03.1990 - 2 BvR 94/88 (Rn. 29) - BVerfGE 81, 347 ff). Ist dies dagegen nicht der Fall und steht eine höchstrichterliche Klärung noch aus, so ist es mit dem Gebot der Rechtsschutzgleichheit nicht zu vereinbaren, der unbemittelten Partei wegen der fehlenden Erfolgsaussichten ihres Begehrens Prozesskostenhilfe vorzuenthalten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19.02.2008 - 1 BvR 1807/07 - NJW 2008, 1060 ff).

Maßgeblich für die Beurteilung der Erfolgsaussichten sind die Verhältnisse und der Kenntnisstand im Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Beschwerde (Peters/Sauter/ Wolff, SGG, 4. Aufl., § 176 Rdnr. 4). Bei der Beschwerdeentscheidung ist vorliegend zu berücksichtigen, dass das Verfahren der Hauptsache (hier: einstweiliges Rechtsschutzverfahren) bereits durch den Beschluss des SG beendet worden ist. In diesem Fall besteht grundsätzlich keine Veranlassung, die Erfolgsaussichten des PKH-Gesuchs losgelöst vom rechtskräftig abgeschlossenen Hauptsacheverfahren erneut zu prüfen (vgl. Beschluss des Senates vom 11.04.2013 - L 11 AS 149/13 B PKH - mwN). Ob sich anderes aus Billigkeitsgründen, etwa bei Vorliegen schwerwiegender, offensichtlicher Mängel in der rechtlichen Beurteilung durch die Vorinstanz oder wenn sich die Unrichtigkeit der Hauptsacheentscheidung ohne weitere Ermittlungen aufdrängt (vgl. dazu Beschluss des Senats aaO), ergeben kann, kann vorliegend offen gelassen werden, denn hierfür fehlen jegliche Anhaltspunkte.

Dahingestellt bleiben kann auch, ob auf einen früheren Zeitpunkt abzustellen ist. Dies kommt nur dann in Betracht, wenn sich die Entscheidung über den Antrag verzögert hat und eine Änderung zum Nachteil des Klägers eingetreten ist (vgl. Beschluss des Senates aaO mwN). Als frühestmöglicher Zeitpunkt der Entscheidung des SG über den Antrag auf Bewilligung von PKH kommt der 21.07.2014 in Betracht. Zu diesem Zeitpunkt hat die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegen. Nachdem der Antragsteller jedoch bereits mit der Antragstellung beim SG am 11.07.2014 die kurzfristige Anberaumung eines Erörterungstermines erbeten hat und die Erklärung zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen erst 3 Tage vor dem anberaumten Erörterungstermin am 24.07.2014 vorgelegt hat, war eine Entscheidung des SG über den Antrag auf Bewilligung von PKH nicht vor dem 21.07.2014 möglich gewesen. Zu diesem Zeitpunkt aber bestanden bereits keine Erfolgsaussichten, denn der Erörterungstermin fand allein auf Wunsch des Antragstellers statt; Zeugen waren zum Erörterungstermin nicht geladen worden. Weitere Ermittlungen sind auch im Rahmen des Erörterungstermines nicht vorgenommen worden. Lediglich Ausführungen des Klägers zur Bekanntgabe des Bescheides vom 11.06.2014 sind ins Protokoll aufgenommen worden, diese hatten aber für die Entscheidung keine wesentliche Bedeutung, der Antragsteller hatte den Bescheid vom 11.06.2014 erhalten. Hinsichtlich des Eintritts der Minderung und der Nichtbewilligung entsprechender Leistungen sind keine weiteren Ermittlungen durch das SG erfolgt. Allein das Abhalten eines Erörterungstermines stellt vorliegend keine Ermittlungsmaßnahme durch das SG dar, die eine hinreichende Erfolgsaussicht begründen könnte.

Nach alledem war die Beschwerde gegen die Ablehnung der Bewilligung von PKH zurückzuweisen.

Dieser Beschluss ergeht kostenfrei und ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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