Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 13 R 819/13
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger. Der Streitwert wird auf 25.164,48 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Nachforderung von Sozialversicherungs-(SV-)Beiträgen und Umlagen (U2-Umlage nach dem Lohnfortzahlungs- und Aufwendungsausgleichsgesetz) in Höhe von 25.164,48 EUR aus Tätigkeiten der Beigeladenen zu 5) bis 15) für den Kläger in der Zeit vom 01.09.2008 bis 31.12.2011.
Der Kläger war – speziell auch in den Jahren 2008 bis 2011 – vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) aufgrund der entsprechenden Intregrationskursverordnung (IntV) als Träger für die Durchführung von Intregrationskursen für Ausländer und Spätaussiedler zugelassen. Dazu gehörte auch die Betreuung der unter dreijährigen Kinder der Kursteilnehmer. Der Kläger setzte zu diesem Zweck in den Jahren 2008 bis 2011 die Beigeladenen 5) bis 15) ein; sie vergütete deren Tätigkeit auf Honorarbasis, ausgehend davon, dass es sich um eine nicht sozialversicherungspflichtige Tätigkeit als freie Mitarbeiter handelte.
Der Kläger schloss im maßgeblichem Zeitraum mit den Beigeladenen zu 9), 10), 11) und 15) schriftlich jeweils einen so genannten "Werkvertrag" und vereinbarte darin mit ihnen ein "freies Mitarbeiterverhältnis"; der Kläger war als Auftraggeber, die jeweilige Beigeladene als Auftragnehmer bezeichnet. Die zu erbringenden Einzelleistungen waren in § 1 im Wesentlichen gleichlautend beschrieben: Vor- und Nachbereiten des Kinderbetreuungsraums, Betreuungstätigkeit, Teilnahme an Teamgesprächen, desweiteren der zeitliche Arbeitsumfang (z.B. in der Vereinbarung mit der Beigeladenen zu 10) vom 30.08.2010: "An 4 Tagen pro Woche mo, di, do, fr 8.15 bis 8.15 h"). In den §§ 2, 3, 4 und 7 des Formular-Werkvertrages hieß es u.a.:
"§ 2 Honorar
Der Auftragnehmer erhält für seine Leistungen ein Gesamt /Stundenhonorar von Euro
Das Honorar ist fällig, sobald der Auftraggeber die Werkleistung, Teilleistung abgenommen hat. Ein entsprechender Nachweis ist vom Auftragnehmer zu erbringen. Das Honorar ist in Abschlagszahlungen jeweils zum zu leisten.
(Die Honorarermittlung basiert auf einer geschätzten aufzuwendenden Stundenzahl von Stunden. Wird diese Stundenzahl um mehr als überschritten, so wird je zusätzlich erbrachter Stunde eine Vergütung von Euro berechnet.)
Mit dem vereinbarten Honorar sind alle Kosten des Auftragnehmers (Steuern, Beiträge zur Berufsgenossenschaft, An- und Abfahrt, einschließlich aller Risiken wie Unfall, Krankheit, Tod) abgegolten.
Von Seiten des Auftraggebers werden keinerlei Steuern, Sozialabgaben oder sonstige Versicherungen abgeführt. Die pünktliche Abführung der auf das Honorar zu entrichtenden Steuern und Sozialabgaben obliegt dem Auftragnehmer. Der Auftraggeber wird dem zuständigen Finanzamt zum Jahresende eine entsprechende Kontrollmitteilung zu leiten.
Die Auszahlung erfolgt nach Rechnungslegung auf das Konto
§ 3 Auftragsabwicklung
Der Auftragnehmer führt die Leistung in persönlich und in eigener Verantwortung aus. Der Auftragnehmer verpflichtet sich, am Markt aufzutreten, um weitere Auftraggeber zu gewinnen.
Arbeitszeit und Arbeitsort werden, soweit nicht durch die Eigenart des Auftrags vorgegeben, vom Auftragnehmer selbständig bestimmt.
Der Auftraggeber ist berechtigt, die Werkleistung durch Einzelangaben zu konkretisieren. Weisungen werden dem Auftragnehmer nicht erteilt. Der Auftragnehmer organisiert den Arbeitsablauf und den Einsatz von Erfüllungsgehilfen selbständig.
§ 4 Arbeitsmittel
Das Arbeitsgerät/die Arbeitsmittel wird/werden vom Auftragnehmer gestellt. Zur Durchführung von Unterrichtskursen kann sich der Auftragnehmer der von dem Diakonischen Werk bereitgestellten Hilfsmittel bedienen.
§ 7 Haftung
Der Auftragnehmer haftet für alle Schäden, die er oder seine Erfüllungsgehilfen schuldhaft dem Auftraggeber, dessen Kunden oder Dritten zufügen. Der Auftragnehmer hat eine angemessene Versicherung seiner Risiken abzuschließen."
Schriftliche Vereinbarungen mit den Beigeladenen zu 5), 6), 7), 8), 12), 13) und 14) liegen für den streitgegenständlichen Zeitraum nicht vor.
Die Beklagte führte beim Kläger vom 23.07.2012 bis 10.06.2013 eine Betriebsprüfung nach § 28p Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) durch; Prüfungszeitraum war die Zeit vom 01.09.2008 bis 31.12.2011.
Nach Anhörung des Klägers forderte die Beklagte durch Bescheid vom 20.08.2013 SV-Beiträge und U2-Umlage in Höhe von 25.419,38 EUR für die elf namentlich benannten Beigeladenen 5) bis 15) sowie eine weitere Arbeitnehmerin des Klägers für den Prüfungszeitraum nach. Zur Begründung führte sie aus, die Beigeladenen zu 5) bis 15) seien fehlerhaft als selbstständig tätige Honorarkräfte beurteilt worden; nach der Art ihrer Tätigkeit stelle sich diese jedoch eindeutig als abhängige – sozialversicherungspflichtige – Beschäftigung dar. Die Beiträge seien auf der Grundlage der tatsächlichen Bezüge nach Abzug der sog. Übungsleiterpauschale von 2.100,00 EUR/Jahr bzw. 175,00 EUR/Monat nachberechnet worden. Bei einer weiteren Arbeitnehmerin sei die Jahresbeitragsbemessungsgrenze fehlerhaft berücksichtigt worden, weshalb für diese entsprechende Beiträge in Höhe von 252,74 EUR nachzufordern seien.
Dagegen erhob der Kläger am 30.08.2013 Widerspruch. Er meinte, er habe die zutreffende Beitragsbemessungsgrenze bei der einen Arbeitnehmerin berücksichtigt. Er vertrat die Auffassung, dass es sich bei den Honorarkräften um selbstständige Auftragnehmer gehandelt habe, nicht etwa um Arbeitnehmer. Er behauptete, diese seien im Hinblick auf die Ausübung ihrer Betreuungstätigkeit völlig frei gewesen; es habe noch nicht einmal die Verpflichtung gegeben, die Betreuung in Person durchzuführen. Bei Krankheit und sonstiger Verhinderung hätten sie sich vertreten lassen können; sie hätten selbst ein wirtschaftliches Risiko getragen und seien für die Arbeitsmittel selbst verantwortlich gewesen; Betreuungszeiten seien den Auftragnehmern nicht vorgegeben worden; es habe nur zu bestimmten Zeiten Betreuungsbedarf gegeben, nämlich dann, wenn Intregrationskurse stattgefunden hätten.
Durch Teilabhilfebescheid vom 02.10.2013 stellte die Beklagte bezüglich der einen Arbeitnehmerin fest, dass die Jahresbeitragsbemessungsgrenze zutreffend berücksichtigt worden sei; aus diesem Sachverhalt ergebe sich daher keine Nachberechnung mehr; desweiteren seien 2,16 EUR zu viel berechnet worden. Die Beklagte reduzierte die Nachforderung auf 25.164,48 EUR. Im Übrigen – hinsichtlich der versicherungsrechtlichen Beurteilung der "Honorarkräfte" und der diese betreffenden Beitragsnachforderung – wies die Beklagte den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 28.11.2013 zurück.
Dagegen hat der Kläger am 19.12.2013 Klage erhoben. Er verbleibt bei seiner Auffassung, die Honorarkräfte seien freie Mitarbeiter und nicht abhängig Beschäftigte gewesen. Er habe die Kurse (je Kurs 660 bis 960 Stunden) als "verlängerter Arm" des BAMF durchgeführt; die Kurse hätten aus maximal zwanzig Teilnehmern bestanden; gewöhnlich seien sieben bis zehn, ausnahmsweise bis dreizehn Kindern im Alter von 0-3 Jahren zu betreuen gewesen. Das BAMF habe für die Betreuung von drei bis sechs Kindern eine, ab dem siebten Kind zwei Betreuungskräfte vergütet. Wenn er im Vorfeld von mehr als sechs Kindern ausgehe und den Auftrag an zwei Betreuungskräfte vergebe, bleibe er auf den Kosten sitzen, wenn es nur fünf zu betreuende Kinder gäbe. Die Finanzierung der Kurse sei im Ergebnis lediglich kostenneutral; dies bedeute, dass die Mittel, die vom BAMF zur Verfügung gestellt würden, gerade eben ausreichend seien, dies aber auch nur dann, wenn die beauftragten Betreuerinnen als Selbstständige zu werten seien. Sollte diese tatsächlich als Arbeitnehmer zu qualifizieren sein, wäre die Durchführung der Intregrationskurse ein wirtschaftlich defizitäres Zuschussgeschäft. Der Kläger räumt ein, dass Ort und Zeit der Kinderbetreuung vorgegeben waren; dies habe jedoch nicht auf seinen Weisungen beruht, sondern sich aus der Natur der Sache und des Auftrags ergeben; denn die Kinder hätten zwingend nur während der Kurszeiten und in räumlicher Nähe zu den Kursräumen betreut werden können und müssen. Der Kläger behauptet, die Beigeladenen zu 5) bis 15) seien in der Gestaltung ihrer Betreuungstätigkeit völlig frei gewesen und hätten keine Vorgaben gehabt. Der Kläger wiederholt seine Behauptung, die Honorarkräfte seien nicht zur Erbringung der Leistung in eigener Person verpflichtet gewesen; er verweist hierzu auf § 3 des Vertrages. Der Kläger behauptet weiter, die Kinderbetreuerinnen hätten sich auch tatsächlich gegenseitig vertreten, ohne dass dies von ihm hätte genehmigt werden müssen. Anders als z.B. in Kindertageseinrichtungen habe es keinen pädagogischen Auftrag oder sonstige Trägervorgaben gegeben; die Betreuerinnen seien in der Ausübung ihrer Tätigkeit frei und keinerlei Weisungen unterworfen gewesen. Alle Beigeladenen zu 5) bis 15) seien in der Kinderbetreuung tätig gewesen und hätten im Wesentlichen die gleichen Aufgaben gehabt und die gleichen Tätigkeiten verrichtet. Dies sei aktuell nicht mehr der Fall; das BAMF habe die kursbegleitende Kinderbetreuung zum 30.09.2014 eingestellt, um den Kindern "mehr professionelle frühkindliche Förderung" zu ermöglichen. Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 20.08.2013 in der Fassung des Teilabhilfebescheides vom 02.10.2013 und des Widerspruchsbescheides vom 28.11.2013 aufzuheben. Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verbleibt bei ihrer in den angefochtenen Bescheiden vertretenen Auffassung. Aus dem vom Kläger gebildeten Beispiel einer Fehlplanung bezüglich der Anzahl der Betreuungskräfte und der Zahl der geplanten bzw. tatsächlich zu betreuenden Kinder ergebe sich, dass gerade nicht die Betreuungskräfte, sondern der Kläger das Risiko der Fehlplanung getragen habe. Sein Hinweis darauf, dass die Kurse kostenneutral durchzuführen seien, habe für die rechtliche Qualifizierung der Tätigkeit der Betreuungskräfte keine Bedeutung, weil sich eine selbstständige Tätigkeit nicht damit begründen lasse, für die Zahlung des Gesamtversicherungsbeitrages stünden keine Mittel mehr zur Verfügung. Dass die Betreuungsorte und -zeiten in Abhängigkeit von den Kursen gestanden hätten und die Mitarbeiterinnen in der Gestaltung der Betreuung frei gewesen wären, sei kein Indiz für eine selbstständige Tätigkeit; auch abhängig beschäftigten Kindergärtnerinnen stehe es frei, wie sie die Zeit mit den von ihnen zu betreuenden Kindern verbringen und gestalten. Hinsichtlich selbst gestellter Arbeitsgeräte und Arbeitsmittel durch die Betreuungskräfte sei der Kläger einen entsprechenden Nachweis schuldig geblieben. Ebenso fehle es an einem Nachweis, dass sich die Betreuungskräfte selbst versichert hätten. Auch dass sich die Betreuungskräfte tatsächlich gegenseitig vertreten hätten, ohne dass dies vom Kläger hätte genehmigt werden müssen, sei nicht erwiesen. Selbst wenn, wie der Kläger vortrage, die Betreuungskräfte anderweitig tätig gewesen seien, schließe dies nicht aus, dass die Tätigkeit als abhängige Beschäftigung ausgeübt wurde. Die diversen Angaben der Beigeladenen zu 5) bis 15) bestätige, dass diese in den Betrieb des Klägers eingegliedert und nicht selbstständig tätig gewesen seien.
Die Beigeladenen haben keine eigenen Anträge gestellt.
Die Beigeladenen zu 2), 3), 6) und 9) haben sich zur Sache nicht geäußert.
Die Beigeladenen zu 1), 4), 5), 7), 8), 10), 11), 12), 14) und 15) schließen sich der Auffassung der Beklagten an.
Die Beigeladene zu 7) hat erklärt, ein schriftlicher Arbeitsvertrag sei ihr vom Kläger weder unterbreitet noch angeboten worden. Anweisungen, wo und wann sie arbeite konnte, habe sie von Frau L. mündlich erhalten. Die wechselnden Zeiten und Arbeitsorte seien durch die Kurse bestimmt worden, die unter der Leitung des Klägers organisiert worden seien. Sie habe einen Stundenlohn von 7,00 EUR bis 8,00 EUR erhalten. Sie meint, ihre Tätigkeit in der Kinderbetreuung für den Kläger sei keinesfalls mit der einer klassischen Selbstständigkeit – auch nicht mit denen einer angestellten Kindergärtnerin – vergleichbar. Die Beigeladene zu 7) hat sich umfassend in der mündlichen Verhandlung zur Sache geäußert und Fragen des Gerichts beantwortet. Auf die Ausführungen im Protokoll wird verwiesen.
Die Beigeladenen zu 5) und 8) vertreten die Auffassung, sie seien zu keinem Zeitpunkt selbständig tätig gewesen; sie hätten dies auch nicht gewollt; sie hätten ihre Tätigkeit nicht frei bestimmen können; sie hätten auch kein Unternehmerrisiko übernehmen wollen.
Die Beigeladenen zu 10) und 11) haben ebenfalls mitgeteilt, ihnen seien seitens des Klägers als Träger der Kinderbetreuung klare Vorgaben hinsichtlich Zeit und Ort der Tätigkeit entsprechend einer abhängigen Beschäftigung gemacht worden; sie hätten feste Arbeitszeiten gehabt, die sich nach den Zeiten der stattfindenden Kurse gerichtet hätten. Einflussmöglichkeiten diesbezüglich hätten ihnen nicht zugestanden. Sie seien auch in der Gestaltung der Tätigkeit nicht völlig frei gewesen, sondern hätten die Kinder im Alter zwischen null und drei Jahren betreuen müssen. Die Räumlichkeiten seien vom Kläger gestellt und bezahlt worden. Die Organisation, z.B. in Krankheitsfällen, hätten die Betreuungskräfte nicht untereinander, sondern in Absprache mit der Leiterin des Klägers durchgeführt. Es sei ihnen nicht möglich gewesen, sich ohne Rücksprache gegenseitig zu vertreten. Sie – die Beigeladenen zu 10) und 11) – hätten sich nicht selbst rentenversichert; krankenversichert seien sie über ihre Ehemänner gewesen.
Die Beigeladenen zu 12), 14) und 15) haben ebenfalls mitgeteilt, dass sie keinen Einfluss auf die Zeiten und den Ort der Kinderbetreuung gehabt hätten; die Betreuung habe nur während der stattfindenden Kurse in den Räumlichkeiten in der Nähe der Kursräume zu erfolgen gehabt. Der Kläger habe die Räumlichkeiten gestellt und finanziert. Der Vortrag des Klägers, die Kinderbetreuungskräfte hätten Arbeitsgeräte selbst beschafft, entspreche nicht den Tatsachen; vielmehr seien benötigte Arbeitsmittel vom Kläger gestellt worden. Unrichtig sei auch die Behauptung, die Betreuerinnen hätten sich ohne Genehmigung des Klägers gegenseitig vertreten; vielmehr hätten sie im Fall ihrer Verhinderung die Leiterin, Frau L., informieren müssen, welche sich sodann selbst um die Organisation einer Vertretung gekümmert habe. Die Betreuungskräfte hätten sich auch nicht als Selbstständige selbst rentenversichert. Bei der Betreuungstätigkeit sei es nur um eine "Verwahrung" der Kinder als Annex zu den gleichzeitig stattfindenden Intregrationskursen gegangen, nicht jedoch um eine Konzeption erfordernde Bildung oder Erziehung der Kinder; vielmehr sollte jeweils nur die Zeit bis zum Ende des jeweiligen Kurses überbrückt werden; diesem begrenzten Zweck habe die Durchführung der Kinderbetreuung entsprochen.
Allein die Beigeladene zu 13) ist – ohne nähere Begründung – der Auffassung, sie sei für den Kläger selbstständig tätig gewesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den sonstige Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen den Kläger betreffenden Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Der Kläger wird durch die angefochtenen Bescheide nicht beschwer im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG), da sie nicht rechtswidrig sind. Der Kläger beschäftigte die Beigeladenen zu 5) bis 15) im Prüfzeitraum im Rahmen versicherungspflichtiger Beschäftigungsverhältnisse. Die Beklagte hat daher zu Recht Beiträge und Umlage in nicht zu beanstandender Höhe nachgefordert.
Ermächtigungsgrundlage für die Nachforderung von Beiträgen durch die Beklagte ist § 28p Abs. 1 Satz 5 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV). Danach erlassen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen von Betriebsprüfungen Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und zur Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht zur Arbeitsförderung. Auf dieser Grundlage hat die Beklagte zu Recht die Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 5) bis 15) in der Kranken-, Renten- und ggf. Pflegeversicherung angenommen und die Höhe der von dem Kläger zu zahlenden Beiträge und Umlagen festgesetzt.
Der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung unterliegen grundsätzlich alle Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch [SGB V], § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. Satz 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch [SGB XI], § 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VI]). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nicht selbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Eine Beschäftigung im Sinne dieser Vorschriften setzt voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies regelmäßig der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (BSG, Urteil vom 30.10.2013 – B 12 KR 17/11 R – m.w.N.). Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Dieses bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen, zu denen die rechtlich relevanten Umstände gehören, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Maßgeblich ist die zwischen den Beteiligten praktizierte Rechtsbeziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist. Ausgangspunkt der Prüfung sind dabei jeweils die (schriftlichen) vertraglichen Vereinbarungen, soweit solche bestehen (LSG NRW, Urteil vom 21.11.2012 – L 8 R 900/11 – m.w.N.).
Ausgehend von diesen Grundsätzen haben die Beigeladene zu 5) bis 15) als Kinderbetreuerinnen zum Kläger in einer abhängigen Beschäftigung gestanden. Aus der Bewertung und Gewichtung der genannten Abgrenzungsmerkmale ergibt sich, dass die tatsächlich praktizierten Vertragsverhältnisse den von abhängig Beschäftigten entsprachen, wohingegen die Aspekte, die für eine Qualifikation der Tätigkeit als selbstständige Tätigkeit sprechen, in den Hintergrund treten. Davon ist die Kammer aufgrund des – weitgehend übereinstimmenden – Vortrags der Beigeladenen zu 5), 8), 10), 11), 12), 14) und 15), insbesondere aber der schriftlichen Äußerungen der Beigeladenen zu 7) und deren Darlegungen in der mündlichen Verhandlung, die wiederum von anderen Beigeladenen bestätigt worden sind, überzeugt.
Der Kläger stützt sich für seine Auffassung, die Beigeladenen zu 5) bis 15) hätten die Kinderbetreuung als Selbstständige erbracht, im Wesentlichen auf den Inhalt des Formular-Werkvertrages. Ein solcher Werkvertrag liegt für den entscheidungserheblichen Zeitraum vom 01.09.2008 bis 31.12.2011 jedoch nur für vier Betreuerinnen, nämlich die Beigeladenen zu 9), 10), 11) und 15) vor. Mit den sieben anderen beigeladenen Betreuerinnen wurden solche schriftlichen Vereinbarungen nicht geschlossen; jedenfalls konnten für diese keine schriftlichen Verträge, die sich auf den Prüfzeitraum beziehen, vorgelegt werden. Die Beigeladene zu 7) hat ausdrücklich erklärt, einen Vertrag weder angeboten bekommen noch unterschrieben zu haben. Bereits dies offenbart, dass es im entscheidungserheblichen Zeitraum keine einheitliche Praxis des Klägers im vertraglichen Umgang mit den Kinderbetreuungskräften gegeben hat. Unabhängig davon haben die Ermittlungen aber auch ergeben, dass die Vorgaben des vom Kläger verwendeten Formular-"Werkvertrag" in wesentlichen Punkten lebensfremd waren und in der Wirklichkeit nicht umgesetzt worden sind.
Die Zeit und der Ort der Kinderbetreuung ergaben sich aus der Natur der Sache und der Eigenart der Tätigkeit. Da die Beigeladenen zu 5) bis 15) Kleinkinder von Integrationskursteilnehmern zu betreuen hatten, waren ihre Einsatzzeiten und -orte durch die Zeiten und den Ort der Kurse festgelegt. Da der Kläger Zeit und Ort der Kurse bestimmte, gab er damit zugleich auch die Zeiten und Orte der Betreuungseinsätze vor. Soweit es daher in § 3 Abs. 3 Satz 2 des Formular-Werkvertrages heißt: "Arbeitszeit und Arbeitsort werden, soweit nicht durch die Eigenart des Auftrags vorgegeben, vom Auftragnehmer selbstständig bestimmt", lief diese Regelung ins Leere. Es ist kein Fall benannt und bekannt geworden, in dem eine Betreuerin die Arbeitszeit und den Arbeitsort einmal selbstständig bestimmt hat oder auch nur hätte bestimmen können. Im Gegenteil: die Beigeladene zu 7) hat in der mündlichen Verhandlung dargelegt, dass mit der leitenden Mitarbeiterin des Klägers, Frau L., jeweils abgesprochen wurde, wer zur welcher Zeit in der Kinderbetreuung tätig war und eingesetzt wurde. Für den Zeitraum eines Kurses gab es einen regelrechten Einsatzplan, aus dem jeder ersehen konnte, zu welchem Zeitpunkt er in der Kinderbetreuung tätig zu werden hatte. War jemand verhindert, konnte er zwar tauschen; aber die Änderung war mit Frau L. abzusprechen.
Dass die Beigeladenen zu 5) bis 15) ein "Unternehmerrisiko" getragen haben sollen, vermochte die Kammer nicht zu erkennen. Allein der Umstand, dass die Kinderbetreuung jeweils nur für einen Kurs vereinbart wurde und die Betreuerinnen nicht sicher sein konnten, dass ein nächster Kurs zustande kommen und sie ggf. wieder berücksichtigt werden würden, beinhaltet kein "Unternehmerrisiko"; ein solches Risiko trägt jeder befristet beschäftigte Arbeitnehmer. Eher belegt das vom Kläger aufgezeigte Beispiel einer Abweichung von geplanter und tatsächlicher Zahl der zu betreuenden Kinder ein Unternehmerrisiko auf der Klägerseite.
Entgegen dem wiederholten Vortrag des Klägers waren die Betreuerinnen, soweit sie überhaupt einen "Werkvertrag" für den streitigen Zeitraum mit dem Kläger geschlossen hatten, sehr wohl verpflichtet, die Kinder selbst in eigener Person (§ 3 Abs. 1 Satz 1: "persönlich") zu betreuen. Wenn der Kläger meint, etwas anderes ergäbe sich aus dem Hinweis in § 3 Abs. 3 Satz 3 bezüglich des Einsatzes von "Erfüllungsgehilfen", wird dies durch die Lebenswirklichkeit widerlegt. Der Kläger hat keinen einzigen Fall benennen können, in dem eine – nicht verhinderte – Betreuerin die Tätigkeit durch einen "Erfüllungsgehilfen" hat verrichten lassen, insbesondere ohne Einschaltung und Genehmigung des Klägers. Selbst im Fall der Verhinderung einer Betreuerin, z.B. wegen Krankheit, konnten die Beigeladenen zu 5) bis 15) – entgegen der wiederholten Behauptung des Klägers – die Vertretung nicht selbst ohne Abstimmung mit dem Kläger organisieren. Zum einen hatten die Betreuerinnen nicht von jeder anderen deren Anschrift und Telefonnummer; zum anderen wurde ein Vertretungsfall in der Praxis so abgewickelt, dass die laut Einsatzplan vorgesehene Betreuerin im Büro des Klägers Bescheid gesagt hat, von wo dann das Weitere bezüglich einer Vertretung von der leitenden Mitarbeiterin des Klägers geregelt wurde.
Entgegen § 4 des Formular-Werkvertrages wurden Arbeitsgeräte/Arbeitsmittel grundsätzlich nicht von den Betreuerinnen gestellt. Der Kläger hat auch nicht erklärt und erklären können, ob, in welchem Umfang und von wem Arbeitsmittel gestellt worden sind. Dies konnte allerdings die Beigeladene zu 7) in der mündlichen Verhandlung verdeutlichen. Sie hat dargelegt, dass im Betreuungsraum Spielzeug und Bücher vorhanden waren. Wenn die Beigeladene zu 7) auch selbst hin und wieder eigenes Material von zuhause mitgebracht hat, geschah dies nicht aufgrund einer werkvertraglichen Verpflichtung (die sie ohnehin gegenüber dem Kläger nicht hatte), sondern weil die Ausstattung des Betreuungsraums mit Spielgeräten, Büchern und ähnlichem Material eher dürftig war.
Lebensfremd und inhaltsleer ist sodann der Passus in § 3 Abs. 1 Satz 2 des Formular-Werkvertrages ("Der Auftragnehmer verpflichtet sich, am Markt aufzutreten, um weitere Auftraggeber zu gewinnen."). Eine solche Verpflichtung ist zwar arbeitnehmeruntypisch. Sie ist aber ganz offensichtlich eine rein theoretische Verpflichtung gewesen, deren Einhaltung der Kläger auch nicht kontrolliert hat. Der Kammer ist völlig unverständlich, welche weiteren Auftraggeber gemeint sind, die die Betreuerinnen hätten gewinnen sollen, und ob es überhaupt einen entsprechenden "Markt", ggf. welchen, gab. Es ist weder vom Kläger noch von einer der Beigeladenen zu 5) bis 15) behauptet und belegt worden, dass und ggf. in welcher Weise die Betreuerinnen tatsächlich "am Markt" aufgetreten sind, um weitere Auftraggeber zu gewinnen. Die Verpflichtung in § 3 Abs. 1 Satz 2 des Formular-Werkvertrages beinhaltet eine reine Leerforme
Soweit § 7 des Formular-Werkvertrages den Kinderbetreuerinnen die Haftung für alle schuldhaften Schäden auferlegte und sie zum Abschluss einer angemessenen Risikoversicherung verpflichtete, ist dies zwar ebenfalls für eine abhängige Beschäftigte untypisch. Auch hier zeigt sich jedoch, dass Vertrag und Lebenswirklichkeit auseinander klafften. Soweit ersichtlich hat kein einziger der Beigeladenen zu 5) bis 15) eine spezielle Berufshaftpflichtversicherung, die den Vorgaben des § 7 des "Werkvertrages" entspräche, abgeschlossen. Ebenso offensichtlich hat der Kläger auch nicht auf den Nachweis einer solchen Versicherung bestanden.
Misst man die diversen Regelungen und Vorgaben des "Werkvertrages" an dem vereinbarten Stundenlohn von 7,00 bis 10,00 EUR, so bleibt völlig rätselhaft, wie bei Annahme einer Selbstständigkeit von den Betreuerinnen aus dieser (geringen) Vergütung nicht nur die üblichen Kosten (Steuern, Beiträge zu Berufsgenossenschaften, Kosten für An- und Abfahrt, Versicherung für den Krankheits- Pflege und Rentenfall) aufgebracht, sondern auch noch eine Berufshaftpflichtversicherung, Arbeitsgeräte und Arbeitsmittel sowie ggf. die Inanspruchnahme von Erfüllungsgehilfen (als selbstständige Subunternehmer oder abhängig Beschäftigte) hätten finanziert werden sollen und können. Die Kammer ist davon überzeugt, dass dies nicht möglich gewesen wäre.
Dies und die Vielzahl der lebensfremden, inhaltsleeren Regelungen des Formular-Werkvertrages zeigen, dass die "Werkverträge", soweit sie überhaupt mit einzelnen Beigeladenen geschlossen worden sind, Verträge sind, die den Eindruck von Selbstständigkeit erwecken sollten, obwohl die Tätigkeit der Kinderbetreuung tatsächlich und offensichtlich eine abhängige Beschäftigung war. Dies wusste der Kläger auch, zumindest aber hätte er es wissen können und müssen.
Da unstreitig alle Beigeladenen zu 5) bis 15) im Rahmen der Kinderbetreuung für den Kläger im Wesentlichen die gleichen Tätigkeiten verrichten haben, ist ihr sozialversicherungsrechtlicher Status gleich zu beurteilen. Die Kammer ist aufgrund aller gewonnenen Erkenntnisse davon überzeugt, dass alle Beigeladenen zu 5) bis 15) in dieser Tätigkeit abhängig beschäftigt waren. Soweit allein die Beigeladene zu 13) in ihrer schriftlichen Stellungnahme vom 15.07.2014 – ohne nähere Begründung – die Auffassung vertreten hat, selbstständig tätig gewesen zu sein, vermochte die Kammer dem nicht zu folgen.
Auch der Hinweis des Klägers, die vom BAMF zur Verfügung gestellten Mittel seien gerade eben ausreichend gewesen, die Kurse kostenneutral durchzuführen, und dies auch nur, wenn die Betreuerinnen als Selbstständige und nicht als sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmerinnen zu qualifizieren sind, ist nicht geeignet, die Tätigkeit der Beigeladenen zu 5) bis 15) als selbstständige Tätigkeit einzuordnen. Entscheidend sind die tatsächlichen Verhältnisse, die die Tätigkeit gekennzeichnet haben. Dies aber waren die einer abhängigen Beschäftigung.
Im Übrigen: der Kläger hat den Betreuerinnen zwischen 7,00 EUR und 10,00 EUR je Betreuungsstunde gezahlt. Nach § 18 der "Richtlinien des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge für die Abrechnung von Intregrationskursen für Ausländer und Spätaussiedler nach der Intregrationskursverordnung" betrug die dem Träger zustehende und abrechenbare Vergütung für die Kosten einer Betreuungskraft zuletzt 14,50 EUR pro Zeitstunde. Hätte der Kläger sich zuvor erkundigt, wie die Tätigkeit der Betreuerinnen sozialversicherungsrechtlich zu qualifizieren ist, und sie dann als abhängig Beschäftigte einsetzen wollen, so hätte er ihnen ggf. einen entsprechend niedrigeren Stundenlohn anbieten oder dem BAMF erklären müssen, dass eine sozialversicherungspflichtige Kinderbetreuung zu den Vergütungssätzen der Richtlinien nicht möglich wäre.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 1, 161 Abs. 1, 162 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Die Streitwertentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz (GKG).
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Nachforderung von Sozialversicherungs-(SV-)Beiträgen und Umlagen (U2-Umlage nach dem Lohnfortzahlungs- und Aufwendungsausgleichsgesetz) in Höhe von 25.164,48 EUR aus Tätigkeiten der Beigeladenen zu 5) bis 15) für den Kläger in der Zeit vom 01.09.2008 bis 31.12.2011.
Der Kläger war – speziell auch in den Jahren 2008 bis 2011 – vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) aufgrund der entsprechenden Intregrationskursverordnung (IntV) als Träger für die Durchführung von Intregrationskursen für Ausländer und Spätaussiedler zugelassen. Dazu gehörte auch die Betreuung der unter dreijährigen Kinder der Kursteilnehmer. Der Kläger setzte zu diesem Zweck in den Jahren 2008 bis 2011 die Beigeladenen 5) bis 15) ein; sie vergütete deren Tätigkeit auf Honorarbasis, ausgehend davon, dass es sich um eine nicht sozialversicherungspflichtige Tätigkeit als freie Mitarbeiter handelte.
Der Kläger schloss im maßgeblichem Zeitraum mit den Beigeladenen zu 9), 10), 11) und 15) schriftlich jeweils einen so genannten "Werkvertrag" und vereinbarte darin mit ihnen ein "freies Mitarbeiterverhältnis"; der Kläger war als Auftraggeber, die jeweilige Beigeladene als Auftragnehmer bezeichnet. Die zu erbringenden Einzelleistungen waren in § 1 im Wesentlichen gleichlautend beschrieben: Vor- und Nachbereiten des Kinderbetreuungsraums, Betreuungstätigkeit, Teilnahme an Teamgesprächen, desweiteren der zeitliche Arbeitsumfang (z.B. in der Vereinbarung mit der Beigeladenen zu 10) vom 30.08.2010: "An 4 Tagen pro Woche mo, di, do, fr 8.15 bis 8.15 h"). In den §§ 2, 3, 4 und 7 des Formular-Werkvertrages hieß es u.a.:
"§ 2 Honorar
Der Auftragnehmer erhält für seine Leistungen ein Gesamt /Stundenhonorar von Euro
Das Honorar ist fällig, sobald der Auftraggeber die Werkleistung, Teilleistung abgenommen hat. Ein entsprechender Nachweis ist vom Auftragnehmer zu erbringen. Das Honorar ist in Abschlagszahlungen jeweils zum zu leisten.
(Die Honorarermittlung basiert auf einer geschätzten aufzuwendenden Stundenzahl von Stunden. Wird diese Stundenzahl um mehr als überschritten, so wird je zusätzlich erbrachter Stunde eine Vergütung von Euro berechnet.)
Mit dem vereinbarten Honorar sind alle Kosten des Auftragnehmers (Steuern, Beiträge zur Berufsgenossenschaft, An- und Abfahrt, einschließlich aller Risiken wie Unfall, Krankheit, Tod) abgegolten.
Von Seiten des Auftraggebers werden keinerlei Steuern, Sozialabgaben oder sonstige Versicherungen abgeführt. Die pünktliche Abführung der auf das Honorar zu entrichtenden Steuern und Sozialabgaben obliegt dem Auftragnehmer. Der Auftraggeber wird dem zuständigen Finanzamt zum Jahresende eine entsprechende Kontrollmitteilung zu leiten.
Die Auszahlung erfolgt nach Rechnungslegung auf das Konto
§ 3 Auftragsabwicklung
Der Auftragnehmer führt die Leistung in persönlich und in eigener Verantwortung aus. Der Auftragnehmer verpflichtet sich, am Markt aufzutreten, um weitere Auftraggeber zu gewinnen.
Arbeitszeit und Arbeitsort werden, soweit nicht durch die Eigenart des Auftrags vorgegeben, vom Auftragnehmer selbständig bestimmt.
Der Auftraggeber ist berechtigt, die Werkleistung durch Einzelangaben zu konkretisieren. Weisungen werden dem Auftragnehmer nicht erteilt. Der Auftragnehmer organisiert den Arbeitsablauf und den Einsatz von Erfüllungsgehilfen selbständig.
§ 4 Arbeitsmittel
Das Arbeitsgerät/die Arbeitsmittel wird/werden vom Auftragnehmer gestellt. Zur Durchführung von Unterrichtskursen kann sich der Auftragnehmer der von dem Diakonischen Werk bereitgestellten Hilfsmittel bedienen.
§ 7 Haftung
Der Auftragnehmer haftet für alle Schäden, die er oder seine Erfüllungsgehilfen schuldhaft dem Auftraggeber, dessen Kunden oder Dritten zufügen. Der Auftragnehmer hat eine angemessene Versicherung seiner Risiken abzuschließen."
Schriftliche Vereinbarungen mit den Beigeladenen zu 5), 6), 7), 8), 12), 13) und 14) liegen für den streitgegenständlichen Zeitraum nicht vor.
Die Beklagte führte beim Kläger vom 23.07.2012 bis 10.06.2013 eine Betriebsprüfung nach § 28p Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) durch; Prüfungszeitraum war die Zeit vom 01.09.2008 bis 31.12.2011.
Nach Anhörung des Klägers forderte die Beklagte durch Bescheid vom 20.08.2013 SV-Beiträge und U2-Umlage in Höhe von 25.419,38 EUR für die elf namentlich benannten Beigeladenen 5) bis 15) sowie eine weitere Arbeitnehmerin des Klägers für den Prüfungszeitraum nach. Zur Begründung führte sie aus, die Beigeladenen zu 5) bis 15) seien fehlerhaft als selbstständig tätige Honorarkräfte beurteilt worden; nach der Art ihrer Tätigkeit stelle sich diese jedoch eindeutig als abhängige – sozialversicherungspflichtige – Beschäftigung dar. Die Beiträge seien auf der Grundlage der tatsächlichen Bezüge nach Abzug der sog. Übungsleiterpauschale von 2.100,00 EUR/Jahr bzw. 175,00 EUR/Monat nachberechnet worden. Bei einer weiteren Arbeitnehmerin sei die Jahresbeitragsbemessungsgrenze fehlerhaft berücksichtigt worden, weshalb für diese entsprechende Beiträge in Höhe von 252,74 EUR nachzufordern seien.
Dagegen erhob der Kläger am 30.08.2013 Widerspruch. Er meinte, er habe die zutreffende Beitragsbemessungsgrenze bei der einen Arbeitnehmerin berücksichtigt. Er vertrat die Auffassung, dass es sich bei den Honorarkräften um selbstständige Auftragnehmer gehandelt habe, nicht etwa um Arbeitnehmer. Er behauptete, diese seien im Hinblick auf die Ausübung ihrer Betreuungstätigkeit völlig frei gewesen; es habe noch nicht einmal die Verpflichtung gegeben, die Betreuung in Person durchzuführen. Bei Krankheit und sonstiger Verhinderung hätten sie sich vertreten lassen können; sie hätten selbst ein wirtschaftliches Risiko getragen und seien für die Arbeitsmittel selbst verantwortlich gewesen; Betreuungszeiten seien den Auftragnehmern nicht vorgegeben worden; es habe nur zu bestimmten Zeiten Betreuungsbedarf gegeben, nämlich dann, wenn Intregrationskurse stattgefunden hätten.
Durch Teilabhilfebescheid vom 02.10.2013 stellte die Beklagte bezüglich der einen Arbeitnehmerin fest, dass die Jahresbeitragsbemessungsgrenze zutreffend berücksichtigt worden sei; aus diesem Sachverhalt ergebe sich daher keine Nachberechnung mehr; desweiteren seien 2,16 EUR zu viel berechnet worden. Die Beklagte reduzierte die Nachforderung auf 25.164,48 EUR. Im Übrigen – hinsichtlich der versicherungsrechtlichen Beurteilung der "Honorarkräfte" und der diese betreffenden Beitragsnachforderung – wies die Beklagte den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 28.11.2013 zurück.
Dagegen hat der Kläger am 19.12.2013 Klage erhoben. Er verbleibt bei seiner Auffassung, die Honorarkräfte seien freie Mitarbeiter und nicht abhängig Beschäftigte gewesen. Er habe die Kurse (je Kurs 660 bis 960 Stunden) als "verlängerter Arm" des BAMF durchgeführt; die Kurse hätten aus maximal zwanzig Teilnehmern bestanden; gewöhnlich seien sieben bis zehn, ausnahmsweise bis dreizehn Kindern im Alter von 0-3 Jahren zu betreuen gewesen. Das BAMF habe für die Betreuung von drei bis sechs Kindern eine, ab dem siebten Kind zwei Betreuungskräfte vergütet. Wenn er im Vorfeld von mehr als sechs Kindern ausgehe und den Auftrag an zwei Betreuungskräfte vergebe, bleibe er auf den Kosten sitzen, wenn es nur fünf zu betreuende Kinder gäbe. Die Finanzierung der Kurse sei im Ergebnis lediglich kostenneutral; dies bedeute, dass die Mittel, die vom BAMF zur Verfügung gestellt würden, gerade eben ausreichend seien, dies aber auch nur dann, wenn die beauftragten Betreuerinnen als Selbstständige zu werten seien. Sollte diese tatsächlich als Arbeitnehmer zu qualifizieren sein, wäre die Durchführung der Intregrationskurse ein wirtschaftlich defizitäres Zuschussgeschäft. Der Kläger räumt ein, dass Ort und Zeit der Kinderbetreuung vorgegeben waren; dies habe jedoch nicht auf seinen Weisungen beruht, sondern sich aus der Natur der Sache und des Auftrags ergeben; denn die Kinder hätten zwingend nur während der Kurszeiten und in räumlicher Nähe zu den Kursräumen betreut werden können und müssen. Der Kläger behauptet, die Beigeladenen zu 5) bis 15) seien in der Gestaltung ihrer Betreuungstätigkeit völlig frei gewesen und hätten keine Vorgaben gehabt. Der Kläger wiederholt seine Behauptung, die Honorarkräfte seien nicht zur Erbringung der Leistung in eigener Person verpflichtet gewesen; er verweist hierzu auf § 3 des Vertrages. Der Kläger behauptet weiter, die Kinderbetreuerinnen hätten sich auch tatsächlich gegenseitig vertreten, ohne dass dies von ihm hätte genehmigt werden müssen. Anders als z.B. in Kindertageseinrichtungen habe es keinen pädagogischen Auftrag oder sonstige Trägervorgaben gegeben; die Betreuerinnen seien in der Ausübung ihrer Tätigkeit frei und keinerlei Weisungen unterworfen gewesen. Alle Beigeladenen zu 5) bis 15) seien in der Kinderbetreuung tätig gewesen und hätten im Wesentlichen die gleichen Aufgaben gehabt und die gleichen Tätigkeiten verrichtet. Dies sei aktuell nicht mehr der Fall; das BAMF habe die kursbegleitende Kinderbetreuung zum 30.09.2014 eingestellt, um den Kindern "mehr professionelle frühkindliche Förderung" zu ermöglichen. Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 20.08.2013 in der Fassung des Teilabhilfebescheides vom 02.10.2013 und des Widerspruchsbescheides vom 28.11.2013 aufzuheben. Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verbleibt bei ihrer in den angefochtenen Bescheiden vertretenen Auffassung. Aus dem vom Kläger gebildeten Beispiel einer Fehlplanung bezüglich der Anzahl der Betreuungskräfte und der Zahl der geplanten bzw. tatsächlich zu betreuenden Kinder ergebe sich, dass gerade nicht die Betreuungskräfte, sondern der Kläger das Risiko der Fehlplanung getragen habe. Sein Hinweis darauf, dass die Kurse kostenneutral durchzuführen seien, habe für die rechtliche Qualifizierung der Tätigkeit der Betreuungskräfte keine Bedeutung, weil sich eine selbstständige Tätigkeit nicht damit begründen lasse, für die Zahlung des Gesamtversicherungsbeitrages stünden keine Mittel mehr zur Verfügung. Dass die Betreuungsorte und -zeiten in Abhängigkeit von den Kursen gestanden hätten und die Mitarbeiterinnen in der Gestaltung der Betreuung frei gewesen wären, sei kein Indiz für eine selbstständige Tätigkeit; auch abhängig beschäftigten Kindergärtnerinnen stehe es frei, wie sie die Zeit mit den von ihnen zu betreuenden Kindern verbringen und gestalten. Hinsichtlich selbst gestellter Arbeitsgeräte und Arbeitsmittel durch die Betreuungskräfte sei der Kläger einen entsprechenden Nachweis schuldig geblieben. Ebenso fehle es an einem Nachweis, dass sich die Betreuungskräfte selbst versichert hätten. Auch dass sich die Betreuungskräfte tatsächlich gegenseitig vertreten hätten, ohne dass dies vom Kläger hätte genehmigt werden müssen, sei nicht erwiesen. Selbst wenn, wie der Kläger vortrage, die Betreuungskräfte anderweitig tätig gewesen seien, schließe dies nicht aus, dass die Tätigkeit als abhängige Beschäftigung ausgeübt wurde. Die diversen Angaben der Beigeladenen zu 5) bis 15) bestätige, dass diese in den Betrieb des Klägers eingegliedert und nicht selbstständig tätig gewesen seien.
Die Beigeladenen haben keine eigenen Anträge gestellt.
Die Beigeladenen zu 2), 3), 6) und 9) haben sich zur Sache nicht geäußert.
Die Beigeladenen zu 1), 4), 5), 7), 8), 10), 11), 12), 14) und 15) schließen sich der Auffassung der Beklagten an.
Die Beigeladene zu 7) hat erklärt, ein schriftlicher Arbeitsvertrag sei ihr vom Kläger weder unterbreitet noch angeboten worden. Anweisungen, wo und wann sie arbeite konnte, habe sie von Frau L. mündlich erhalten. Die wechselnden Zeiten und Arbeitsorte seien durch die Kurse bestimmt worden, die unter der Leitung des Klägers organisiert worden seien. Sie habe einen Stundenlohn von 7,00 EUR bis 8,00 EUR erhalten. Sie meint, ihre Tätigkeit in der Kinderbetreuung für den Kläger sei keinesfalls mit der einer klassischen Selbstständigkeit – auch nicht mit denen einer angestellten Kindergärtnerin – vergleichbar. Die Beigeladene zu 7) hat sich umfassend in der mündlichen Verhandlung zur Sache geäußert und Fragen des Gerichts beantwortet. Auf die Ausführungen im Protokoll wird verwiesen.
Die Beigeladenen zu 5) und 8) vertreten die Auffassung, sie seien zu keinem Zeitpunkt selbständig tätig gewesen; sie hätten dies auch nicht gewollt; sie hätten ihre Tätigkeit nicht frei bestimmen können; sie hätten auch kein Unternehmerrisiko übernehmen wollen.
Die Beigeladenen zu 10) und 11) haben ebenfalls mitgeteilt, ihnen seien seitens des Klägers als Träger der Kinderbetreuung klare Vorgaben hinsichtlich Zeit und Ort der Tätigkeit entsprechend einer abhängigen Beschäftigung gemacht worden; sie hätten feste Arbeitszeiten gehabt, die sich nach den Zeiten der stattfindenden Kurse gerichtet hätten. Einflussmöglichkeiten diesbezüglich hätten ihnen nicht zugestanden. Sie seien auch in der Gestaltung der Tätigkeit nicht völlig frei gewesen, sondern hätten die Kinder im Alter zwischen null und drei Jahren betreuen müssen. Die Räumlichkeiten seien vom Kläger gestellt und bezahlt worden. Die Organisation, z.B. in Krankheitsfällen, hätten die Betreuungskräfte nicht untereinander, sondern in Absprache mit der Leiterin des Klägers durchgeführt. Es sei ihnen nicht möglich gewesen, sich ohne Rücksprache gegenseitig zu vertreten. Sie – die Beigeladenen zu 10) und 11) – hätten sich nicht selbst rentenversichert; krankenversichert seien sie über ihre Ehemänner gewesen.
Die Beigeladenen zu 12), 14) und 15) haben ebenfalls mitgeteilt, dass sie keinen Einfluss auf die Zeiten und den Ort der Kinderbetreuung gehabt hätten; die Betreuung habe nur während der stattfindenden Kurse in den Räumlichkeiten in der Nähe der Kursräume zu erfolgen gehabt. Der Kläger habe die Räumlichkeiten gestellt und finanziert. Der Vortrag des Klägers, die Kinderbetreuungskräfte hätten Arbeitsgeräte selbst beschafft, entspreche nicht den Tatsachen; vielmehr seien benötigte Arbeitsmittel vom Kläger gestellt worden. Unrichtig sei auch die Behauptung, die Betreuerinnen hätten sich ohne Genehmigung des Klägers gegenseitig vertreten; vielmehr hätten sie im Fall ihrer Verhinderung die Leiterin, Frau L., informieren müssen, welche sich sodann selbst um die Organisation einer Vertretung gekümmert habe. Die Betreuungskräfte hätten sich auch nicht als Selbstständige selbst rentenversichert. Bei der Betreuungstätigkeit sei es nur um eine "Verwahrung" der Kinder als Annex zu den gleichzeitig stattfindenden Intregrationskursen gegangen, nicht jedoch um eine Konzeption erfordernde Bildung oder Erziehung der Kinder; vielmehr sollte jeweils nur die Zeit bis zum Ende des jeweiligen Kurses überbrückt werden; diesem begrenzten Zweck habe die Durchführung der Kinderbetreuung entsprochen.
Allein die Beigeladene zu 13) ist – ohne nähere Begründung – der Auffassung, sie sei für den Kläger selbstständig tätig gewesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den sonstige Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen den Kläger betreffenden Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Der Kläger wird durch die angefochtenen Bescheide nicht beschwer im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG), da sie nicht rechtswidrig sind. Der Kläger beschäftigte die Beigeladenen zu 5) bis 15) im Prüfzeitraum im Rahmen versicherungspflichtiger Beschäftigungsverhältnisse. Die Beklagte hat daher zu Recht Beiträge und Umlage in nicht zu beanstandender Höhe nachgefordert.
Ermächtigungsgrundlage für die Nachforderung von Beiträgen durch die Beklagte ist § 28p Abs. 1 Satz 5 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV). Danach erlassen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen von Betriebsprüfungen Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und zur Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht zur Arbeitsförderung. Auf dieser Grundlage hat die Beklagte zu Recht die Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 5) bis 15) in der Kranken-, Renten- und ggf. Pflegeversicherung angenommen und die Höhe der von dem Kläger zu zahlenden Beiträge und Umlagen festgesetzt.
Der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung unterliegen grundsätzlich alle Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch [SGB V], § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. Satz 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch [SGB XI], § 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VI]). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nicht selbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Eine Beschäftigung im Sinne dieser Vorschriften setzt voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies regelmäßig der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (BSG, Urteil vom 30.10.2013 – B 12 KR 17/11 R – m.w.N.). Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Dieses bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen, zu denen die rechtlich relevanten Umstände gehören, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Maßgeblich ist die zwischen den Beteiligten praktizierte Rechtsbeziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist. Ausgangspunkt der Prüfung sind dabei jeweils die (schriftlichen) vertraglichen Vereinbarungen, soweit solche bestehen (LSG NRW, Urteil vom 21.11.2012 – L 8 R 900/11 – m.w.N.).
Ausgehend von diesen Grundsätzen haben die Beigeladene zu 5) bis 15) als Kinderbetreuerinnen zum Kläger in einer abhängigen Beschäftigung gestanden. Aus der Bewertung und Gewichtung der genannten Abgrenzungsmerkmale ergibt sich, dass die tatsächlich praktizierten Vertragsverhältnisse den von abhängig Beschäftigten entsprachen, wohingegen die Aspekte, die für eine Qualifikation der Tätigkeit als selbstständige Tätigkeit sprechen, in den Hintergrund treten. Davon ist die Kammer aufgrund des – weitgehend übereinstimmenden – Vortrags der Beigeladenen zu 5), 8), 10), 11), 12), 14) und 15), insbesondere aber der schriftlichen Äußerungen der Beigeladenen zu 7) und deren Darlegungen in der mündlichen Verhandlung, die wiederum von anderen Beigeladenen bestätigt worden sind, überzeugt.
Der Kläger stützt sich für seine Auffassung, die Beigeladenen zu 5) bis 15) hätten die Kinderbetreuung als Selbstständige erbracht, im Wesentlichen auf den Inhalt des Formular-Werkvertrages. Ein solcher Werkvertrag liegt für den entscheidungserheblichen Zeitraum vom 01.09.2008 bis 31.12.2011 jedoch nur für vier Betreuerinnen, nämlich die Beigeladenen zu 9), 10), 11) und 15) vor. Mit den sieben anderen beigeladenen Betreuerinnen wurden solche schriftlichen Vereinbarungen nicht geschlossen; jedenfalls konnten für diese keine schriftlichen Verträge, die sich auf den Prüfzeitraum beziehen, vorgelegt werden. Die Beigeladene zu 7) hat ausdrücklich erklärt, einen Vertrag weder angeboten bekommen noch unterschrieben zu haben. Bereits dies offenbart, dass es im entscheidungserheblichen Zeitraum keine einheitliche Praxis des Klägers im vertraglichen Umgang mit den Kinderbetreuungskräften gegeben hat. Unabhängig davon haben die Ermittlungen aber auch ergeben, dass die Vorgaben des vom Kläger verwendeten Formular-"Werkvertrag" in wesentlichen Punkten lebensfremd waren und in der Wirklichkeit nicht umgesetzt worden sind.
Die Zeit und der Ort der Kinderbetreuung ergaben sich aus der Natur der Sache und der Eigenart der Tätigkeit. Da die Beigeladenen zu 5) bis 15) Kleinkinder von Integrationskursteilnehmern zu betreuen hatten, waren ihre Einsatzzeiten und -orte durch die Zeiten und den Ort der Kurse festgelegt. Da der Kläger Zeit und Ort der Kurse bestimmte, gab er damit zugleich auch die Zeiten und Orte der Betreuungseinsätze vor. Soweit es daher in § 3 Abs. 3 Satz 2 des Formular-Werkvertrages heißt: "Arbeitszeit und Arbeitsort werden, soweit nicht durch die Eigenart des Auftrags vorgegeben, vom Auftragnehmer selbstständig bestimmt", lief diese Regelung ins Leere. Es ist kein Fall benannt und bekannt geworden, in dem eine Betreuerin die Arbeitszeit und den Arbeitsort einmal selbstständig bestimmt hat oder auch nur hätte bestimmen können. Im Gegenteil: die Beigeladene zu 7) hat in der mündlichen Verhandlung dargelegt, dass mit der leitenden Mitarbeiterin des Klägers, Frau L., jeweils abgesprochen wurde, wer zur welcher Zeit in der Kinderbetreuung tätig war und eingesetzt wurde. Für den Zeitraum eines Kurses gab es einen regelrechten Einsatzplan, aus dem jeder ersehen konnte, zu welchem Zeitpunkt er in der Kinderbetreuung tätig zu werden hatte. War jemand verhindert, konnte er zwar tauschen; aber die Änderung war mit Frau L. abzusprechen.
Dass die Beigeladenen zu 5) bis 15) ein "Unternehmerrisiko" getragen haben sollen, vermochte die Kammer nicht zu erkennen. Allein der Umstand, dass die Kinderbetreuung jeweils nur für einen Kurs vereinbart wurde und die Betreuerinnen nicht sicher sein konnten, dass ein nächster Kurs zustande kommen und sie ggf. wieder berücksichtigt werden würden, beinhaltet kein "Unternehmerrisiko"; ein solches Risiko trägt jeder befristet beschäftigte Arbeitnehmer. Eher belegt das vom Kläger aufgezeigte Beispiel einer Abweichung von geplanter und tatsächlicher Zahl der zu betreuenden Kinder ein Unternehmerrisiko auf der Klägerseite.
Entgegen dem wiederholten Vortrag des Klägers waren die Betreuerinnen, soweit sie überhaupt einen "Werkvertrag" für den streitigen Zeitraum mit dem Kläger geschlossen hatten, sehr wohl verpflichtet, die Kinder selbst in eigener Person (§ 3 Abs. 1 Satz 1: "persönlich") zu betreuen. Wenn der Kläger meint, etwas anderes ergäbe sich aus dem Hinweis in § 3 Abs. 3 Satz 3 bezüglich des Einsatzes von "Erfüllungsgehilfen", wird dies durch die Lebenswirklichkeit widerlegt. Der Kläger hat keinen einzigen Fall benennen können, in dem eine – nicht verhinderte – Betreuerin die Tätigkeit durch einen "Erfüllungsgehilfen" hat verrichten lassen, insbesondere ohne Einschaltung und Genehmigung des Klägers. Selbst im Fall der Verhinderung einer Betreuerin, z.B. wegen Krankheit, konnten die Beigeladenen zu 5) bis 15) – entgegen der wiederholten Behauptung des Klägers – die Vertretung nicht selbst ohne Abstimmung mit dem Kläger organisieren. Zum einen hatten die Betreuerinnen nicht von jeder anderen deren Anschrift und Telefonnummer; zum anderen wurde ein Vertretungsfall in der Praxis so abgewickelt, dass die laut Einsatzplan vorgesehene Betreuerin im Büro des Klägers Bescheid gesagt hat, von wo dann das Weitere bezüglich einer Vertretung von der leitenden Mitarbeiterin des Klägers geregelt wurde.
Entgegen § 4 des Formular-Werkvertrages wurden Arbeitsgeräte/Arbeitsmittel grundsätzlich nicht von den Betreuerinnen gestellt. Der Kläger hat auch nicht erklärt und erklären können, ob, in welchem Umfang und von wem Arbeitsmittel gestellt worden sind. Dies konnte allerdings die Beigeladene zu 7) in der mündlichen Verhandlung verdeutlichen. Sie hat dargelegt, dass im Betreuungsraum Spielzeug und Bücher vorhanden waren. Wenn die Beigeladene zu 7) auch selbst hin und wieder eigenes Material von zuhause mitgebracht hat, geschah dies nicht aufgrund einer werkvertraglichen Verpflichtung (die sie ohnehin gegenüber dem Kläger nicht hatte), sondern weil die Ausstattung des Betreuungsraums mit Spielgeräten, Büchern und ähnlichem Material eher dürftig war.
Lebensfremd und inhaltsleer ist sodann der Passus in § 3 Abs. 1 Satz 2 des Formular-Werkvertrages ("Der Auftragnehmer verpflichtet sich, am Markt aufzutreten, um weitere Auftraggeber zu gewinnen."). Eine solche Verpflichtung ist zwar arbeitnehmeruntypisch. Sie ist aber ganz offensichtlich eine rein theoretische Verpflichtung gewesen, deren Einhaltung der Kläger auch nicht kontrolliert hat. Der Kammer ist völlig unverständlich, welche weiteren Auftraggeber gemeint sind, die die Betreuerinnen hätten gewinnen sollen, und ob es überhaupt einen entsprechenden "Markt", ggf. welchen, gab. Es ist weder vom Kläger noch von einer der Beigeladenen zu 5) bis 15) behauptet und belegt worden, dass und ggf. in welcher Weise die Betreuerinnen tatsächlich "am Markt" aufgetreten sind, um weitere Auftraggeber zu gewinnen. Die Verpflichtung in § 3 Abs. 1 Satz 2 des Formular-Werkvertrages beinhaltet eine reine Leerforme
Soweit § 7 des Formular-Werkvertrages den Kinderbetreuerinnen die Haftung für alle schuldhaften Schäden auferlegte und sie zum Abschluss einer angemessenen Risikoversicherung verpflichtete, ist dies zwar ebenfalls für eine abhängige Beschäftigte untypisch. Auch hier zeigt sich jedoch, dass Vertrag und Lebenswirklichkeit auseinander klafften. Soweit ersichtlich hat kein einziger der Beigeladenen zu 5) bis 15) eine spezielle Berufshaftpflichtversicherung, die den Vorgaben des § 7 des "Werkvertrages" entspräche, abgeschlossen. Ebenso offensichtlich hat der Kläger auch nicht auf den Nachweis einer solchen Versicherung bestanden.
Misst man die diversen Regelungen und Vorgaben des "Werkvertrages" an dem vereinbarten Stundenlohn von 7,00 bis 10,00 EUR, so bleibt völlig rätselhaft, wie bei Annahme einer Selbstständigkeit von den Betreuerinnen aus dieser (geringen) Vergütung nicht nur die üblichen Kosten (Steuern, Beiträge zu Berufsgenossenschaften, Kosten für An- und Abfahrt, Versicherung für den Krankheits- Pflege und Rentenfall) aufgebracht, sondern auch noch eine Berufshaftpflichtversicherung, Arbeitsgeräte und Arbeitsmittel sowie ggf. die Inanspruchnahme von Erfüllungsgehilfen (als selbstständige Subunternehmer oder abhängig Beschäftigte) hätten finanziert werden sollen und können. Die Kammer ist davon überzeugt, dass dies nicht möglich gewesen wäre.
Dies und die Vielzahl der lebensfremden, inhaltsleeren Regelungen des Formular-Werkvertrages zeigen, dass die "Werkverträge", soweit sie überhaupt mit einzelnen Beigeladenen geschlossen worden sind, Verträge sind, die den Eindruck von Selbstständigkeit erwecken sollten, obwohl die Tätigkeit der Kinderbetreuung tatsächlich und offensichtlich eine abhängige Beschäftigung war. Dies wusste der Kläger auch, zumindest aber hätte er es wissen können und müssen.
Da unstreitig alle Beigeladenen zu 5) bis 15) im Rahmen der Kinderbetreuung für den Kläger im Wesentlichen die gleichen Tätigkeiten verrichten haben, ist ihr sozialversicherungsrechtlicher Status gleich zu beurteilen. Die Kammer ist aufgrund aller gewonnenen Erkenntnisse davon überzeugt, dass alle Beigeladenen zu 5) bis 15) in dieser Tätigkeit abhängig beschäftigt waren. Soweit allein die Beigeladene zu 13) in ihrer schriftlichen Stellungnahme vom 15.07.2014 – ohne nähere Begründung – die Auffassung vertreten hat, selbstständig tätig gewesen zu sein, vermochte die Kammer dem nicht zu folgen.
Auch der Hinweis des Klägers, die vom BAMF zur Verfügung gestellten Mittel seien gerade eben ausreichend gewesen, die Kurse kostenneutral durchzuführen, und dies auch nur, wenn die Betreuerinnen als Selbstständige und nicht als sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmerinnen zu qualifizieren sind, ist nicht geeignet, die Tätigkeit der Beigeladenen zu 5) bis 15) als selbstständige Tätigkeit einzuordnen. Entscheidend sind die tatsächlichen Verhältnisse, die die Tätigkeit gekennzeichnet haben. Dies aber waren die einer abhängigen Beschäftigung.
Im Übrigen: der Kläger hat den Betreuerinnen zwischen 7,00 EUR und 10,00 EUR je Betreuungsstunde gezahlt. Nach § 18 der "Richtlinien des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge für die Abrechnung von Intregrationskursen für Ausländer und Spätaussiedler nach der Intregrationskursverordnung" betrug die dem Träger zustehende und abrechenbare Vergütung für die Kosten einer Betreuungskraft zuletzt 14,50 EUR pro Zeitstunde. Hätte der Kläger sich zuvor erkundigt, wie die Tätigkeit der Betreuerinnen sozialversicherungsrechtlich zu qualifizieren ist, und sie dann als abhängig Beschäftigte einsetzen wollen, so hätte er ihnen ggf. einen entsprechend niedrigeren Stundenlohn anbieten oder dem BAMF erklären müssen, dass eine sozialversicherungspflichtige Kinderbetreuung zu den Vergütungssätzen der Richtlinien nicht möglich wäre.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 1, 161 Abs. 1, 162 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Die Streitwertentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz (GKG).
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