L 6 R 1593/12

Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Gotha (FST)
Aktenzeichen
S 42 R 7752/10
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 6 R 1593/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Gotha vom 19. September 2012 wird zurückgewiesen. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) hat.

Die 1969 geborene Klägerin beantragte im Mai 2008 bei der Beklagten die Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Diese holte ein orthopädisches Gutachten des Dipl.-Med. E. vom 30. September 2008 sowie ein internistisches Gutachten des Dr. B. vom 12. Januar 2009 ein, der zunächst eine stationäre Reha-Maßnahme mit dem Ziel einer Gewichtsreduktion und zur Behandlung der allergologischen Atemwegserkrankung empfahl. Die Klägerin befand sich vom 10. November bis 15. Dezember 2009 in der Kurparkklinik. Ausweislich des Reha-Entlassungsberichts vom 28. Dezember 2009 bestanden bei ihr ein Asthma bronchiale, Adipositas mit einem Body-Mass-Index (BMI) von 40 sowie eine beginnende Gonarthrose links. Darüber hinaus wurde der Verdacht auf eine mittelgradige depressive Episode geäußert. Aus orthopädischer und internistischer Sicht könne die Klägerin noch leichte körperliche Tätigkeiten mit Einschränkungen sechs Stunden und mehr täglich ausüben. Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 10. Februar 2010 den Rentenantrag ab. Im Widerspruchsverfahren holte sie ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten des Prof. Dr. M. vom 16. August 2010 ein und wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 5. Oktober 2010 zurück. Der Klägerin seien leichte körperliche Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden und mehr zumutbar.

Im Klageverfahren hat das Sozialgericht ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten des Dr. B. vom 23. November 2011 (mit ergänzende Stellungnahme vom 31. Juli 2012) sowie ein orthopädisches Gutachten des Dr. A. vom 3. Dezember 2011 (mit ergänzender Stellungnahme vom 31. Juli 2012) eingeholt und die Klage unter Berücksichtigung dieser Gutachten mit Gerichtsbescheid vom 19. September 2012 abgewiesen. Die Klägerin könne noch leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für sechs Stunden und mehr täglich ausüben. Eine Einschränkung der Wegefähigkeit liege nicht vor.

Im Berufungsverfahren macht die Klägerin geltend, es sei fraglich, ob sie einen Fußweg von 500 Metern auch viermal am Tag beschwerdefrei zurücklegen könne. Dr. R. habe nur bestätigt, dass sie einen Fußweg von mehr als 500 Metern, nicht aber von viermal 500 Metern zurücklegen könne. Auch bestehe unter Berücksichtigung der orthopädischen Leiden und unter Berücksichtigung der geistigen und psychischen Anforderungen eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen, sodass eine Verweisungstätigkeit zu benennen sei. Es sei nicht erkennbar, welche Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sie noch ausführen könne. Eine Tätigkeit als Produktionshelferin sei für sie nicht geeignet.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Gotha vom 19. September 2012 sowie den Bescheid der Beklagten vom 10. Februar 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. Oktober 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr eine Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung ab 1. Juni 2008 in gesetzlicher Höhe zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Ansicht, dass die Klägerin weiterhin in der Lage sei, leichte Tätigkeiten mit Einschränkungen sechs Stunden und mehr auch als Produktionshelferin zu verrichten.

Der Senat hat den Beteiligten ein Gutachten der H. J. vom 6. Juni 2004 aus einem anderen Verfahren des Senats (L 6 RJ 301/02) zu der Tätigkeit eines Produktionshelfers zu Kenntnis gegeben und ein internistisches Gutachten des Internisten F. vom 29. Oktober 2013, ein orthopädisches Gutachten der Dr. R. vom 29. Oktober 2013 und ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten des Dr. Sch. vom 18. November 2013 eingeholt. Die Sachverständigen sind übereinstimmend zu dem Ergebnis gekommen, dass der Klägerin eine Tätigkeit als Produktionshelferin für sechs Stunden und mehr täglich an fünf Tagen der Woche möglich sei. Die Wegefähigkeit sei gegeben.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichts- und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das Sozialgericht hat ihre Klage zu Recht abgewiesen, denn sie ist noch in der Lage, sechs Stunden täglich an fünf Wochentagen zu arbeiten.

Vorab wird darauf hingewiesen, dass die Voraussetzungen für eine Entscheidung mit Gerichtsbescheid nicht vorlagen. Damit hätte das SG nicht nach § 105 Abs. 1 Satz 1 SGG durch den Kammervorsitzenden als Einzelrichter ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter (§ 12 Abs. 1 Satz 2 SGG) entscheiden dürfen. Die Vorinstanz hat damit der Klägerin die vom Gesetz vorgegebenen gesetzlichen Richter, d.h. die Kammer in voller Besetzung, entzogen. Nach dem Wortlaut der Vorschrift kommt ein Gerichtsbescheid nur in Betracht, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher und rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Der Sachverhalt ist bei Verfahren auf dem Hintergrund medizinischer Fragen - wie hier - allerdings häufig schwer zu übersehen (vgl. LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 13. Mai 2014 - L 3 VE 4/13, nach juris; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage 2012, § 105 Rdnr. 6a); daher kommt - wie hier - vor allem in Verfahren auf Gewährung von Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit eine Entscheidung mit Gerichtsbescheid nur selten in Betracht. Im Übrigen war die Sache auch tatsächlich nicht einfach.

Rechtsgrundlage ist allein § 43 SGB VI in der Fassung ab 1. Januar 2001 (§ 300 Abs. 1 SGB VI). Ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung scheidet aus, denn die Leistungsfähigkeit der Klägerin ist nicht in dem für eine Rentengewährung erforderlichen Umfang herabgesunken. Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI haben Versicherte Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind und die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllen. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (Satz 2). Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung besteht nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI, wenn die Versicherten voll erwerbsgemindert sind und die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllen. Voll erwerbsgemindert sind sie, wenn sie wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (Satz 2).

Die Klägerin ist in diesem Sinne nicht teilweise erwerbsgemindert, weil ihre Leistungsfähigkeit nicht nach erforderlichem Umfang herabgesunken ist. Erst recht ist sie nicht im Sinne vom § 43 SGB VI voll erwerbsgemindert, denn dies setzt noch weitergehende Einschränkungen des Leistungsvermögens voraus als für die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung. Sie kann jedenfalls leichte Tätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich ausüben. Dies haben die vom Senat eingeholten Gutachten des Internisten F. vom 29. Oktober 2013, der Dr. R. vom 29. Oktober 2013 und des Dr. Sch. vom 18. November 2013 ergeben. Sie haben die Einschätzungen im Reha-Entlassungsbericht der Kurparkklinik. vom 28. Dezember 2009 sowie in den Sachverständigengutachten des Prof. Dr. M. vom 16. August 2010, des Dr. B. vom 23. November 2011 (mit ergänzende Stellungnahme vom 31. Juli 2012) und des Dr. A. vom 3. Dezember 2011 (mit ergänzender Stellungnahme vom 31. Juli 2012) bestätigt. Der Senat schließt sich ihnen an. Danach kann die Klägerin noch zumindest leichte Tätigkeiten sechs Stunden täglich an fünf Tagen in der Woche ausüben.

Die Benennung einer Verweisungstätigkeit ist bei einem Leistungsvermögen von mindestens sechs Stunden/Tag eigentlich nicht erforderlich. Es liegen entgegen der unspezifischen Behauptung der Klägerin keine Anhaltspunkte für schwere spezifische Leistungseinschränkungen oder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor. Entsprechend seiner ständigen Praxis benennt der Senat trotzdem vorsorglich als zumutbare und angesichts der gesundheitlichen Einschränkungen mögliche Verweisungstätigkeit die einer Produktionshelferin entsprechend dem Gutachten der Sachverständigen J. vom 6. Juni 2004 aus einem anderen Verfahren des Senats (L 6 RJ 301/02). Es handelt sich um einfache wiederkehrende Arbeiten, die in vielen Branchen und bei unterschiedlichsten Produkten anzutreffen sind, zum Teil auch bei Firmen, die sich auf derartige Arbeiten im Kundenauftrag spezialisiert haben und die nach kurzer Einweisung ausgeübt werden können. In nennenswerter Zahl sind sie z.B. in der Metall-, Elektro- oder Kunststoffindustrie sowie im Spielwaren- und Hobbybereich vorhanden. Sie belasten nur leicht; Wirbelsäulen- oder gelenkbelastende Körperhaltungen kommen nicht vor. Das Arbeitstempo wird nicht durch Maschinen und Anlagen vorgegeben; der Lohn wird nicht nach Akkordsätzen errechnet. Als Einzelaufgaben werden Waren beklebt, eingehüllt, gezählt, sortiert; es werden Abziehbilder, Warenzeichen oder Etiketten angebracht. Eingepackt wird in Papp-, Holzschachteln oder sonstige Behältnisse. Als Beispiel nennt die Sachverständige leichte Verpackungsarbeiten in der Dentalbranche. Dabei werden die im Unternehmen hergestellten Produkte in der Endverpackung so verpackt, wie sie an den Endverbraucher ausgeliefert werden. Z.B. werden kleine Dosen in Faltschachteln gepackt, Spritzen werden in Tiefziehteile gelegt und kommen dann zusammen mit einer Gebrauchsanweisung oder Mischblöcken in die Faltschachtel. Die Tätigkeit ist körperlich leicht und das Gewicht der zu verpackenden Teile liegt unter fünf Kilogramm. Sie kann im Wechsel von Gehen und Stehen erledigt werden; es kann auch gesessen werden.

Der Tätigkeit als Produktionshelferin stehen neurologische Gesundheitseinschränkungen nicht entgegen. Dr. Sch., Prof. Dr. M. und Dr. B. haben keinen pathologischen Befund festgestellt, insbesondere keine Lähmungen, Sensibilitätsstörungen oder Koordinationsstörungen keine Hinweise auf wesentliche Gleichgewichtsstörungen. Das EEG war regelrecht.

Auf psychiatrischem Gebiet war während der Rehabilitationsbehandlung in ... der Verdacht auf eine mittelgradige depressive Episode geäußert worden. Prof. Dr. M. bewertete die Symptome als Ausdruck einer leicht ängstlich gefärbten und geringen depressiven Symptomatik, die eingebaut ist in das Rückzugsverhalten bei Somatisierungstendenzen. Dr. B. hat eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig unter antidepressiver Therapie remittiert sowie eine undifferenzierte Somatisierungsstörung beschrieben, Dr. Sch. eine Neurasthenie. Die Sachverständigen sind sich einig, dass daraus keine wesentliche Erwerbsminderung folgt. Die von der Klägerin angegebene Insuffizienz auch leichte körperliche Tätigkeiten zu bewältigen, ist durch die Sachverständigen nicht zu verifizieren. Wie Dr. B. ausführt, war der von der Klägerin angegebene Dauerschmerz nach Eigenangabe (9 bis 9,5 von 10) so stark, dass sie praktisch unerträgliche Schmerzen haben müsste. In völliger Diskrepanz dazu war diese in der Lage, mehr als eine Stunde ruhig auf dem Stuhl zu sitzen, der Befragung zu folgen, keinerlei Schmerzäußerungen zu tätigen und weder in Gestik noch in Mimik noch bei den Bewegungen beim An- und Auskleiden irgendwelche schmerzhaften Beeinträchtigungen zu zeigen. Dies spricht für erhebliche aggravatorische Tendenzen. Nach der Beantwortung der notwendigen (vgl. BSG, Beschluss vom 9. April 2003 - B 5 RJ 80/02 B, nach juris) Selbstbeurteilungsfragebögen (hier: Beck’sches Depressionsinventar; Allgemeine Depressionsskala L) schätzt sich die Klägerin selbst als schwer depressiv ein. Diese allein sind jedoch zur Diagnosestellung und Bewertung der Funktionseinschränkungen nicht geeignet und müssen einer Konsistenzprüfung unterzogen werden (vgl. Widder, Schiltenwolf, Egle et al., Leitlinie für die ärztliche Begutachtung von Menschen mit chronischen Schmerzen, AWMF-Register Nr. 030/102, S2k, 4.5, Stand: 5/2012). Der klinisch psychopathologische Befund hat im Querschnitt keine depressive Störung erkennen lassen. Die Überprüfung durch die Hamilton Depressionsskala (hier: Score 11) spricht gegen eine depressive Störung. Dagegen spricht auch die eigene Schilderung des Tagesablaufs der Klägerin. Sie ist in der Lage, ihren Tag zu strukturieren, ihren Haushalt zu erledigen, einzukaufen, zweimal in der Woche zum Schwimmen 15 Kilometer mit dem Bus zu fahren, alle 14 Tage zum christlichen Hauskreis zu gehen und im beschränkten Umfang ihren Hobbys (Nähen, Gitarre) nachzugehen. Die angegebene Müdigkeit hat Dr. B. bei der Untersuchung nicht beobachtet. Dr. Sch. wiederum weist auf die gute emotionale Schwingungsfähigkeit der Klägerin, ihre kontinuierliche Tagesstruktur und aktive Gestaltung des Tages hin. Bei seiner Konsistenzprüfung (TÜGA, Bremer Symptom-Validierung, Mini-ICF-APP) fanden sich keine Einschränkungen. Im Hinblick auf die angegebene Vergesslichkeit und die Konzentrationsstörungen ergab der d2-Test nach Brickenkamp hochpathologische Werte, die in Verbindung mit dem normalen psychiatrischen Querschnittsbefund für ein testwidriges Verhalten sprechen. Alle Gutachter haben sich übereinstimmend dahin geäußert, dass die Klägerin noch in der Lage ist, mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach Dr. B. sollen keine Schichtarbeiten, keine Arbeiten unter Zeitdruck und kein Publikumsverkehr abverlangt und keine besonderen Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit gestellt werden. Dr. Sch. hat darauf hingewiesen, dass die Neurasthenie zu einer schnelleren Erschöpfung führt. Diese genannten Einschränkungen werden bei einer Tätigkeit als Produktionshelferin beachtet, wie Dr. Sch. ausdrücklich bestätigt hat.

Auf internistischem Gebiet bestehen keine Einschränkungen, die der Tätigkeit als Produktionshelferin entgegenstehen. Ausweislich des Reha-Entlassungsberichts der Kurparkklinik vom 28. Dezember 2009 wurde bei der Klägerin ein Asthma bronchiale und Adipositas mit einem BMI von 40 festgestellt. Der Internist F. hat eine stark ausgeprägte Übergewichtigkeit mit Bluthochdruck und leichtgradiger Leberverfettung sowie ein saisonales Asthma bronchiale bei Pollenallergie diagnostiziert. Erhebliche Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit ergeben sich hieraus nicht. Übergewicht und Bluthochdruck sind Ausdruck eines genetisch veranlagten metabolischen Syndroms, wobei es noch keine Hinweise auf eine Gefäßerkrankung gibt. Der Bluthochdruck ist durch die Einnahme eines AT1-Blockers gut kompensiert. Es existieren keine Hinweise auf eine hochdruckbedingte Herzschädigung. Die relativ geringe Herzleistungsfähigkeit ist nach Angaben des Sachverständigen in erster Linie auf einen Trainingsmangel zurückzuführen. Eine stärker ausgeprägte Lungenfunktionsstörung ist nicht festzustellen, die allgemeine Leistungsfähigkeit wird durch das leichtgradige Asthma bronchiale nicht beeinträchtigt. Eine Einschränkung der Wegefähigkeit ist nicht nachweisbar; die Klägerin kann nach den Feststellungen des Facharztes F. noch einen Fußweg von mehr als 500 Metern ohne übermäßige körperliche Anstrengung und ohne Gesundheitsgefährdung viermal täglich jeweils in weniger als 20 Minuten zurücklegen. Ihr sind darüber hinaus leichte Arbeiten für mindestens sechs Stunden täglich möglich, wobei die Tätigkeit nicht ausschließlich im Stehen, nicht ausschließlich im Sitzen, ohne Absturzgefahr, nicht auf Leitern und Gerüsten und ohne Gefährdung durch Reizstoffe wie Staub, Rauch, Gas oder Dampf ausgeübt werden sollte. Diese Einschränkungen werden nach Angaben des Sachverständige F. bei der Tätigkeit als Produktionshelferin beachtet.

Auch die orthopädischen Gesundheitseinschränkungen stehen der Verweisungstätigkeit nicht entgegen. Im Rahmen des Rehabilitationsaufenthalts in der Kurparkklinik ... war eine beginnende Gonarthrose links diagnostiziert worden. Der Sachverständige Dr. A. hat eine Belastungsminderung des linken Kniegelenks mit einer leichten Funktionseinschränkung und einem eingeschränkten Gehvermögen bei fortgeschrittenem Verschleiß medialseitig mit gelockertem Bandapparat sowie wiederkehrenden Reizerscheinungen festgestellt, darüber hinaus eine rechtsseitige Gonalgie. Die Sprunggelenke, die Hüftgelenke, die Wirbelsäule, die Schulter-, Ellenbogen- und Handgelenke haben keine Auffälligkeiten oder rheumatische Veränderungen gezeigt. Hinweise für eine Glucokortikoid induzierte Myopathie haben sich nicht ergeben. Nach den Feststellungen der Sachverständige Dr. R. leidet die Klägerin unter einer innenseitig betonten Gonarthrose links sowie einer beginnenden Gonarthrose im rechten Kniegelenk. An Brust- und Lendenwirbelsäule aber auch an beiden Schultergelenken finden sich keine relevanten objektiven Gesundheitsstörungen oder Reizerscheinungen. Beschwerdeführend sind nach übereinstimmender Auffassung von Dr. A. und Dr. R. die Einschränkungen des linken Kniegelenks. Dr. R. hat nunmehr auch am rechten Kniegelenk eine eingeschränkte Beweglichkeit mit einer Instabilität in frontaler Richtung festgestellt. Allerdings sind beide zu dem Ergebnis gekommen, dass trotz objektiver Gesundheitsstörungen die Beschwerden im angegebenen Ausmaß mit den Befunden nicht im Einklang stehen. Dr. A. hat mitgeteilt, dass die Klägerin zuerst ein deutliches Schonhinken links mit zwei Unterarmgehstützen zeigte, zu einem späteren Zeitpunkt aber auch ohne Stützen in der Lage war ausreichend sicher zu gehen. Trotz des eingeschränkten Geh- und Stehvermögens ist die Klägerin nach Auffassung beider orthopädischen Sachverständigen durchaus noch in der Lage, in weniger als 20 min einen Fußweg von mehr als 500 Metern ohne erhebliche Schmerzen durchzuführen. Angesichts der Ausführungen der Dr. R., dass im Vordergrund die bereits von Dr. A. beschriebenen Beschwerden am linken Kniegelenk stehen und dieser keine Bedenken hinsichtlich der Wegstrecke hatte, gibt es keine Hinweise dafür, dass die Klägerin diese nicht viermal am Tag diese zurücklegen kann. Im Übrigen ist die Klägerin nach übereinstimmender Auffassung der Dres. A. und R. durchaus noch in der Lage, mehr als sechs Stunden täglich zumindest leichte Tätigkeiten auszuführen. Bei der Antwort von Dr. R. auf Beweisfrage 3. ("mindestens 3 Stunden täglich") handelt es sich ersichtlich um eine fehlerhafte Ausführung, da im gesamten Gutachten keine Einschränkung der Leistungsfähigkeit auf drei Stunden festgestellt wird. Dies hat Dr. R. unter dem 7. Mai 2014 auf Nachfrage bestätigt. Es sollten vorwiegend Tätigkeiten im Sitzen mit vorübergehenden Gehen und Stehen durchgeführt und Zwangshaltungen mit Hocken, Bücken und Knien sowie das Arbeiten auf Leitern und Gerüsten unterbleiben. Diese Einschränkungen werden bei einer Tätigkeit als Produktionshelferin beachtet, was Dr. R. bestätigt hat.

Unwesentlich ist, ob für die Klägerin mit dem festgestellten Leistungsvermögen die benannte Verweisungstätigkeit auch tatsächlich realisierbar ist, d.h. ob ihr eine solche vermittelt werden kann. Das Risiko, einen entsprechenden Arbeitsplatz zu finden, trägt nicht die Beklagte, sondern die Arbeitslosenversicherung.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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