L 8 U 4714/13 B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 11 U 3745/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 U 4714/13 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Reutlingen vom 18.09.2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt im Hauptsacheverfahren (S 11 U 3745/11) die Feststellung, dass Coxarthrose beidseits Folge des Arbeitsunfalles vom 13.09.1997 ist, und die Gewährung von Verletztenrente hierfür.

Der 1938 geborene Kläger war als selbstständiger Architekt bei der Beklagten freiwillig unfallversichert. Am 18.06.1996 erlitt er einen von der Beklagten anerkannten Arbeitsunfall, als ein Hohlblockstein auf seinen Fuß stürzte und er sich eine Prellung und Quetschung am rechten Vorfuß zuzog (Bescheid vom 03.03.1997 unter Anerkennung einer ohne wesentliche Folgen verheilten Vorfußquetschung rechts und einer darauf beruhenden Arbeitsunfähigkeit bzw. Behandlungsbedürftigkeit bis 16.07.1996). Am 13.09.1997 ereignete sich ein weiterer Unfall, als der Kläger vor einer Baustelle stürzte. Der Chirurg Dr. S. gab im Durchgangsarztbericht vom 30.09.1997 an, der Kläger habe ihn am 30.09.1997 aufgesucht und angegeben, er sei vor einer Baustelle gestürzt und dabei mit dem rechten Fuß umgeknickt. Nachdem die Beklagte zunächst mit Bescheid vom 15.12.1997 die Gewährung von Entschädigungsleistungen aus Anlass des Ereignisses vom 13.09.1997 abgelehnt hatte, weil der Kläger zum Zeitpunkt des Unfalls wegen eigenwirtschaftlicher Tätigkeiten nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden habe, hob sie auf den Widerspruch des Klägers nach Besichtigung der Unfallstelle mit Bescheid vom 25.05.1998 den Bescheid vom 15.12.1997 auf, anerkannte das Ereignis vom 13.09.1997 als Arbeitsunfall und gewährte dem Kläger bis 04.10.1997 Verletztengeld. Hierbei stützte sie sich auf das Gutachten von Dr. B., Chefarzt der Chirurgischen Abteilung des Kreiskrankenhauses F., vom 10.03.1998 nebst ergänzender Stellungnahme vom 15.04.1998, der wegen Schmerzen und Schwellung am rechten Sprunggelenk für einen Zeitraum von drei Wochen Folgen des Ereignisses vom 13.09.1997 annahm, allerdings auch nicht ausschloss, dass es aufgrund einer beim Kläger bestehenden Arthritis urica auch ohne äußeres Ereignis zu der Schwellung des rechten Sprunggelenks hätte gekommen sein können.

Gegen den Bescheid vom 25.05.1998 erhob der Kläger Widerspruch sowie Klage zum Sozialgericht (SG) Reutlingen (S 3 U 1601/98), mit der er die Gewährung von Verletztengeld über den 04.10.1997 hinaus bis zum 25.06.1999 begehrte. Das SG wies die Klage mit Urteil vom 10.06.1999 ab. Hiergegen legte der Kläger Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg ein (L 2 U 2977/99, L 2 U 3005/02 bzw. L 2 U 4434/04), die der Kläger am 09.03.2005 zurücknahm. Das LSG hatte dabei die Akten des Landgerichts Stuttgart einschließlich des Urteils des Oberlandesgerichts (OLG) Stuttgart vom 10.10.2002 (Rechtsstreit des Klägers gegen die V. V. AG, Az.: 22 O 401/00 und 25 O 407/00) beigezogen. Darin führte das OLG u.a. aus, die Unfallursächlichkeit der beiderseitigen hochgradigen Coxarthrose sei nicht bewiesen. Aufgrund der Ausführung des Sachverständigen Prof. Dr. W. stehe zur Überzeugung des Senats fest, dass beim Kläger bereits vor dem Unfallzeitpunkt eine beiderseitige Coxarthrose vorgelegen habe. Weiter stehe fest, dass die Verschlimmerung der Coxarthrose nicht auf das Unfallereignis vom 13.09.1997 zurückzuführen sei. Der Sachverständige Prof. Dr. W. habe dem Röntgenbefund vom 15.08.1997, der ca. einen Monat vor dem Unfall gefertigt worden sei, das Vorliegen einer beidseits mittelgradigen Coxarthrose entnommen. Seine Einschätzung decke sich mit derjenigen der vorgerichtlich erstellten Gutachten D. und S ...

Mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 28.04.2005 beantragte der Kläger die Rücknahme des Bescheides vom 25.05.1998 gemäß § 44 SGB X und legte hierzu Gutachten der Orthopäden B. vom 31.03.2005 und Dr. N. vom 29.06.2005 vor.

Mit Bescheid vom 20.10.2005 lehnte die Beklagte die Rücknahme des Bescheides vom 25.05.1998 ab und wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 26.01.2006 zurück. Dagegen erhob der Kläger Klage zum SG Reutlingen (S 4 U 582/06) mit dem Begehren, ihm Verletztengeld über den 04.10.1997 hinaus bis zum Ablauf von 78 Wochen sowie im Anschluss hieran Verletztenrente unter Hinweis der Coxarthrose beidseits als Unfallfolge zu gewähren. Mit Urteil vom 15.12.2008 wies das SG die Klage ab. Dagegen legte der Kläger Berufung ein (L 9 U 1095/09). Diese wurde mit Beschluss vom 20.01.2011 zurückgewiesen. Ein Anspruch auf Gewährung von Verletztengeld über den 04.10.1997 hinaus wurde abgelehnt. Darüber hinaus wurde die Klage, soweit sie die Anerkennung der Coxarthrose als Unfallfolge und die Gewährung von Verletztenrente begehrt wurde, als unzulässig angesehen, nachdem im Bescheid vom 25.05.1998 lediglich über einen Anspruch auf Verletztengeld entschieden worden sei, nicht aber über das Vorliegen von Unfallfolgen oder die Gewährung einer Verletztenrente.

Mit Schreiben vom 29.04.2011 beantragte der Kläger daraufhin die Gewährung von Rente. Mit Bescheid vom 26.07.2011 lehnte die Beklagte einen Anspruch auf Rente wegen des Versicherungsfalles vom 13.09.1997 ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Voraussetzungen für einen Rentenanspruch lägen beim Kläger nicht vor, weil die Erwerbsfähigkeit über die 26. Woche nach Eintritt des Versicherungsfalles bzw. nach dem Ende des Verletztengeldanspruches nicht um wenigstens 20% gemindert sei. Als Folgen des Versicherungsfalles wurden anerkannt: Ohne Folgen ausgeheilte Distorsion des Sprunggelenks rechts. Nicht als Folgen dieses Versicherungsfalles, weder im Sinne der Entstehung noch im Sinne der Verschlimmerung, wurden anerkannt: Bereits vor dem Unfallereignis bestehende Coxarthrose beidseits mit zwischenzeitlicher deutlicher Verschlimmerung und damit einhergehender schmerzhafter Bewegungseinschränkung und eingeschränkter Gehfähigkeit. Die als Unfallfolge anerkannte Distorsion des rechten Sprunggelenkes sei ohne Folgen ausgeheilt und habe dementsprechend und nach den Ausführungen des chirurgischen Befundberichtes des Dr. B. vom 10.03.1998 zu keiner rentenberechtigenden MdE von mindestens 20 v.H. geführt.

Dagegen legte der Kläger Widerspruch ein und machte zur Begründung geltend, der Befundbericht des Dr. B. vom 10.03.1998 sei widersprüchlich. Die Folgen des Sturzes seien zwischenzeitlich von vielen Ärzten unabhängig voneinander beschrieben worden. Dr. T. habe im Juli 2000 beschrieben, dass jetzt das Vollbild einer schweren Coxarthrose beider Hüftgelenke bestehe und dass vom Verlauf her anzunehmen sei, dass durch das Sturzereignis eine Verschlimmerung der Symptome der Coxarthrose und der röntgenologisch erkennbaren Arthrosezeichen eingetreten sei. Aufgrund dessen komme er zu dem Ergebnis, dass die Coxarthrose mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine unmittelbare Folge des Unfalles sei.

Mit Widerspruchsbescheid vom 24.11.2011 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, nach den Ausführungen des Dr. B. in seinem Gutachten vom 10.03.1998 habe keine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von mindestens 20 v.H. bestanden. Bei der bereits vor dem Unfall bestehenden Arthritis urica sowie der sich bereits entwickelnden Coxarthrose habe es sich nachweislich nicht um Folgen des Versicherungsfalles vom 13.09.1997 gehandelt. Die nach dem 04.10.1997 bestehenden Beschwerden und damit einhergehende Behandlungsbedürftigkeit stünden in keinem ursächlichen Zusammenhang mit dem Unfallereignis. Diese seien ausschließlich auf die unfallunabhängigen Erkrankungen zurückzuführen.

Dagegen erhob der Kläger am 27.12.2011 Klage zum Sozialgericht Reutlingen (SG, S 11 U 3745/11) mit dem Begehren, die Beklagte zu verurteilen, ihm ab Antrag Verletztenrente unter Feststellung der Coxarthrose beidseits als Unfallfolge zu gewähren. Zur Begründung führte der Kläger aus, er habe am 13.09.1997 einen Unfall gehabt, bei dem er im flotten Gehen mit dem Weggleiten eines Beines auf feuchtem Untergrund gestürzt sei. Der Sturz habe eine besondere Stellung der Hüftgelenke verursacht, ähnlich einem Spagat. Kurz nach dem Unfall sei er ohne Bewusstsein gewesen. Da kein Sturz auf den Kopf erfolgt sei, sei die Bewusstlosigkeit auf die Schmerzen nach dem Sturz zurückzuführen. In einer Art Spagatstellung sei es zur Extremstellung der Hüftköpfe gekommen, diese seien eingebrochen und verletzt worden. Kurze Zeit vor dem Unfall, nämlich am 15.08.1997, sei eine Röntgenaufnahme beider Hüftgelenke gemacht worden. Dabei habe sich eine leichte altersgerechte Arthrose mit rund begrenzten Köpfen gezeigt. Hüftbeschwerden habe er vor dem Unfall nicht gehabt. Nach dem Unfall habe er anhaltende, nicht genau lokalisierbare Schmerzen gehabt, wobei die Hauptbeschwerden im Hüftgelenk gelegen hätten. Ein Dreivierteljahr nach dem Sturz, am 17.06.1997, seien neue Röntgenaufnahmen gemacht worden. Aus einem Vergleich der Aufnahmen, die kurz vor dem Unfall gemacht worden seien und der Aufnahmen vom 17.06.1998 sei eine deutliche Verschlechterung der altersbedingt bereits vorhandenen Arthrose zu erkennen. In einem Gutachten vom 15.03.2002 komme der Facharzt für Orthopädie J. B. zu dem Ergebnis, dass die beidseitige schwere Coxarthrose auf den Unfall zurückzuführen sei. Hierzu verweist der Kläger auf das von ihm vorgelegte orthopädische Gutachten des J. B. vom 15.03.2002. Außerdem legte der Kläger das orthopädische Gutachten des Dr. K. Z., L., vom 22.01.2003 vor. Dr. Z. führe in seinem Gutachten vom 22.01.2003 eine dramatische Veränderung der Situation des rechten Hüftgelenks aus. Des Weiteren legte der Kläger die Stellungnahme des Dr. S. - Chefarzt der Internistischen Abteilung der R.kliniken B. K. - vom 10.03.2003 sowie das Gutachten des J. B. vom 31.03.2005 und das Gutachten des Dr. N. - Chefarzt der Orthopädie der Fachklinik S. W. - vom 29.06.2005 vor. Letzterer führte aus, aufgrund des zeitlichen Zusammenhangs mit der Reihenfolge Beschwerdefreiheit bis Arbeitsunfall, Arbeitsunfall vom 13.09.1997, Beginn der Beschwerden unmittelbar danach mit deutlicher Zunahme in den nächsten sechs bis acht Monaten einerseits sowie dem damit sehr gut korrelierenden röntgenologischen Verlauf mit leichter bis mäßiggradiger rechtsbetonter Coxarthrose vor dem Arbeitsunfall sei davon auszugehen, dass eine Kausalität zwischen Unfallereignis und Verschlechterung der sicherlich vorbestehenden Coxarthrose, welche jedoch keine Beschwerden gemacht hatte, zwingend gegeben sei.

Die Beklagte trat der Klage mit dem Antrag auf Klagabweisung entgegen und führte mit Schriftsatz vom 09.05.2012 aus, zur Feststellung der Unfallfolgen sei der Unfallhergang wichtig. Sie beziehe sich auf die Angaben, welche der Kläger gegenüber Dr. B. gemacht habe. Danach sei er auf nassem Gras ausgerutscht und gestürzt. Er habe eine Grätschbewegung gemacht und sei dann mit dem rechten Sprunggelenk umgeknickt. Dr. N. gehe in seinem Gutachten von einem anderen Unfallhergang aus, weshalb ihm nicht gefolgt werden könne. Insgesamt sei zu berücksichtigen, dass der Kläger gemäß dem Unfallhergang mit dem Sprunggelenk rechts umgeknickt sei. Eine Beteiligung der Hüfte habe nicht stattgefunden. Bei dem Unfall sei es nicht zu einer Verletzung des Hüftgelenks gekommen. Weder habe hier eine knöcherne Verletzung noch eine Bandzerreißung stattgefunden. Über Beschwerden oder Schmerzen im Bereich der Hüfte sei vom Kläger auch direkt nach dem Unfall nicht geklagt worden. Durch das Unfallereignis sei es zu einer vorübergehenden Verschlimmerung eines vorbestehenden Leidens am rechten Sprunggelenk gekommen. Diese sei von ihr entschädigt worden. Weitere Unfallfolgen seien nicht verblieben. Eine Entschädigungsleistung im Sinne einer Verletztenrente komme nicht in Betracht, da die Unfallfolgen keine MdE hinterlassen hätten.

Mit Schriftsatz vom 04.07.2012 beantragt der Kläger, ihm für die erste Instanz Prozesskostenhilfe (PKH) zu bewilligen und ihm Rechtsanwalt B. beizuordnen.

Mit Beschluss vom 18.09.2013 wies das SG Reutlingen den Antrag auf PKH ab, da eine hinreichende Erfolgsaussicht nicht bestehe. Der Kläger habe bei dem Arbeitsunfall vom 13.03.1997 eine Distorsion des rechten Sprunggelenks erlitten, die ausgeheilt sei. Es sei nicht wahrscheinlich, dass die Coxarthrose beidseits bzw. eine Verschlimmerung der vorbestehenden Coxarthrose mit anhaltenden Beschwerden Unfallfolge sei. Hierbei stützte sich das SG auf das Gutachten des Dr. B. vom 10.03.1998 und das Gutachten des Prof. Dr. W. vom 31.07.2001. Hinsichtlich der Auswertung der Gutachten folge die Kammer den überzeugenden Ausführungen des SG Reutlingen im Urteil vom 15.12.2008 (S 4 U 582/06). Auch hinsichtlich der Auseinandersetzung mit den Gutachten von Herrn B. vom 31.03.2005 und Dr. N. vom 29.06.2005 schließe sich die Kammer der Beurteilung im Urteil des SG Reutlingen an. Aus der unbestritten schnellen Progredienz der Arthrosebildung könne ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Unfall und dem Vorliegen der starken Hüftgelenksarthrose mit einhergehenden Beschwerden nicht überzeugend hergeleitet werden. Es sei auch kein Indiz für die Ursächlichkeit des Unfalls, dass die Verschlimmerung der Coxarthrose auf beiden Seiten aufgetreten sei, da beim Kläger schon vor dem Unfall an beiden Hüftgelenken degenerative Veränderungen vorgelegen hätten. Dr. N. gehe von einem Unfallhergang aus, der so nicht nachgewiesen sei, sodass bereits aus diesem Grund seiner Beurteilung nicht gefolgt werden könne. Die Einschätzung des Dr. T. in der Stellungnahme vom Juli 2000 könne hingegen nicht überzeugen. Dr. T. spreche einen möglichen Verlauf an; eine wahrscheinliche Verknüpfung der Verschlimmerung der Arthrosezeichen und der Symptomatik der Coxarthrose mit dem Unfallgeschehen sei nicht herzuleiten.

Gegen den - dem Bevollmächtigten des Klägers am 26.09.2013 zugestellten - Beschluss vom 18.09.2013 hat der Bevollmächtigte des Klägers am 25.10.2013 (Eingang beim SG) Beschwerde eingelegt. Das SG begründe seine Entscheidung damit, dass der Unfallhergang nicht im Einzelnen nachgewiesen sei. Dies spiele aber nach Auffassung des Klägers für die Entscheidung des Rechtsstreits nur eine untergeordnete Rolle. Die Folgen des Sturzes seien zwischenzeitlich von vielen Ärzten unabhängig voneinander beschrieben worden, worauf zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen werde. Durch die vorgelegten Gutachten und ärztlichen Stellungnahmen sei ein wesentlicher Zusammenhang zwischen dem Unfall und Folge der sich rasant verschlechterten Coxarthrose mehr als ausreichend dargelegt und begründet worden. Dabei sei dahingestellt, ob geringe degenerative Veränderungen bereits vorgelegen hätten. Ohne den Sturz wäre die rasante Verschlimmerung nicht erfolgt. Vorgelegt wurde die fachärztliche Stellungnahme des Dr. T. vom 17.07.2000.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde (§§ 172 Abs. 1 und 173 SSG) ist statthaft und auch insgesamt zulässig. Insbesondere liegen die Ausschlusstatbestände des § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG nicht vor. Denn das SG hat nicht die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die begehrte PKH verneint, vielmehr hat es den Antrag mangels hinreichender Erfolgsaussicht der Klage abgelehnt; auch bedürfte eine Berufung in der Hauptsache weder der Zulassung noch hat das SG in der Sache durch Beschluss entschieden, gegen den die Beschwerde ausgeschlossen ist.

Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.

Ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält gemäß § 73a SGG i.V.m. § 114 ZPO auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Außerdem wird dem Beteiligten auf Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt seiner Wahl beigeordnet, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist (§ 121 Abs. 2 ZPO).

Bei der Prüfung der Erfolgsaussicht ist in tatsächlicher Hinsicht in eng begrenztem Umfang im PKH-Verfahren auch eine vorweggenommene Beweiswürdigung (Beweisantizipation) zulässig (BVerfG NJW 1997, 2745, 2746). Eine hinreichende Erfolgsaussicht ist aber anzunehmen, wenn eine Beweisaufnahme durchzuführen ist, weil die Entscheidung in der Hauptsache von der Klärung entscheidungserheblicher Tatsachen abhängt und keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Beweisaufnahme mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil des Antragstellers ausgehen wird (vgl. BVerfG NJW 2003, 2976, 2977; BSG SozR 3-1750 § 62 Nr. 19).

Unter Beachtung dieser Maßstäbe sind die Voraussetzungen zur PKH-Gewährung nicht erfüllt, denn die Klage hat entgegen der Ansicht des Klägers auch nach summarischer Prüfung des Senats keine hinreichende Erfolgsaussicht.

Dr. B. hat in seinem chirurgischen Befundbericht vom 10.03.98 nach körperlicher Untersuchung des Klägers vom 17.02.98 ausgeführt, der Kläger habe ihm gegenüber angegeben, er sei am 13.09.1997 beim Besichtigen einer Baustelle auf nassem Gras gestürzt. Er habe hierbei eine Grätschbewegung gemacht und sei dann mit dem rechten Sprunggelenk umgeknickt. Der Kläger habe angegeben, er habe stärkste Schmerzen an beiden Sprunggelenken, beiden Kniegelenken, die bis zur Oberschenkelmitte an beiden Seiten ziehen würden. Er mache jeden Tag Krankengymnastik und habe seit dem Unfall Schmerzen im rechten Sprunggelenk, die jetzt langsam sich bessern würden. Die Auswertung dieser Beschwerdeangaben ergibt, dass der Kläger bei dieser körperlichen Untersuchung vom 17.02.1998 keinerlei Beschwerden von Seiten der Hüftgelenke angegeben hat. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Unfall immerhin schon fünf Monate zurückgelegen. Auch im Durchgangsarztbericht von Dr. S. vom 30.09.1997 und in seinen Nachschauberichten vom 21.10. und 05.11.1997 sowie im Bericht von Dr. B. vom 06.10.1997 sind keine Hüftgelenkbeschwerden des Klägers dokumentiert. Wenn bei dem Unfallgeschehen vom 13.09.1997 die Hüftgelenke des Klägers beteiligt gewesen wären, so wäre davon auszugehen gewesen, dass diese zumindest zu Beschwerden und Schmerzen geführt hätten, was der Kläger bemerkt hätte, und es wäre davon auszugehen gewesen, dass der Kläger derartige Schmerzen und Beschwerden gegenüber Dr. S., Dr. B. und Dr. B. auch angegeben hätte. Die vom Kläger gegenüber Dr. B. geltend gemachten Schmerzen und Beschwerden an beiden Sprunggelenken, beiden Kniegelenken, die bis zur Oberschenkelmitte an beiden Seiten ziehen würden, sind von Dr. B. auf das beim Kläger vorliegende Grundleiden einer Arthritis urica (Gicht) zurückgeführt worden. Auch die Ausführungen von Prof. Dr. W. in seinem Gutachten vom 31.07.2001 sprechen gegen einen ursächlichen Zusammenhang der beidseitigen Coxarthrose mit dem Unfall vom 13.09.1997. Wie Prof. Dr. W. ausgeführt hat, hat beim Kläger bereits vor dem Unfall vom 13.09.1997 eine beidseitige Coxarthrose vorgelegen und die eingetretene Verschlechterung der Coxarthrose sei danach nicht auf das Unfallereignis zurückzuführen. Hiergegen spreche der Unfallhergang und das Fehlen von Hinweisen auf einen entsprechenden Primärbefund (Schmerzen, Blutergüsse, Abschürfungen im Bereich der Hüftgelenke). Eine Verschlechterung der Hüftgelenksarthrose durch eine unfallbedingte Schonhaltung aufgrund der Sprunggelenksdistorsion sei biomechanisch nicht erklärbar. Auch diese Ausführungen, auf die das SG in seinem PKH-Beschluss hingewiesen hat, überzeugen den Senat. Soweit sich das SG hinsichtlich der Auswertung der Gutachten den überzeugenden Ausführungen des Sozialgerichts Reutlingen im Urteil vom 15.12.2008 (S 4 U 582/06) angeschlossen hat, hält der Senat diese Darlegungen im Urteil des SG Reutlingen vom 15.12.2008 - S 4 U 582/06 - ebenfalls für überzeugend und schließt sich ihnen zur Vermeidung von Wiederholungen an. Demgegenüber vermögen die Ausführungen des Orthopäden J. B. (Gutachten vom 15.03.2002 und vom 31.03.2005), des Orthopäden Dr. N. (Gutachten vom 29.06.2005) und des Dr. T. nicht überzeugen, denn unabhängig von der Annahme eines anderen Unfallherganges geben sie keine Erklärung für das Fehlen von Hinweisen auf einen entsprechenden Primärbefund (Schmerzen, Blutergüsse, Abschürfungen im Bereich der Hüftgelenke). Das Fehlen von hinreichend vollbeweislich gesicherten Anknüpfungstatsachen für die behauptete unfallbedingte Verschlechterung der Coxarthrose spricht gegen eine Erfolgsaussicht der Klage in dem o.g. Sinne, dass die streitige Beweisfrage noch zumindest offen ist. Die Notwendigkeit weiterer Ermittlungen drängt sich bei dieser Ausgangslage nicht auf. Der Umstand, dass die Coxarthrose nach dem 13.09.1997 weiter zugenommen hat, worauf insbesondere der Orthopäde J. B. hingewiesen hat, dürfte allein kein Indiz für die Unfallursächlichkeit der Coxarthrose darstellen, da diese auch durch das beim Kläger vorliegende Grundleiden (Arthritis urica) erfolgen könnte. Nach alledem gelangt der Senat ebenfalls zu der Auffassung, dass die vorliegende Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, weshalb das SG zu Recht die Gewährung von PKH abgelehnt hat, weshalb die vorliegende Beschwerde zurückzuweisen war.

Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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