Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 10 R 3899/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 4787/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 21.10.2013 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Die 1954 geborene Klägerin war in der Zeit von 1973 bis ins Jahr 1997 als Reinigungskraft und zuletzt von 1997 bis 2002 als Küchenhilfe sozialversicherungspflichtig beschäftigt.
Auf Aufforderung der Bundesagentur für Arbeit vom 17.12.2010 beantragte sie am 17.01.2011 bei der Beklagten die Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Im Verwaltungsverfahren zog die Beklagte zunächst zahlreiche Befundberichte bei. Weiter beauftragte die Beklagte die Ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. K. mit der Erstattung eines Gutachtens. In ihrem Gutachten vom 25.03.2011 stellte sie die Diagnose einer somatoformen Schmerzverarbeitungsstörung (psychotherapeutisch unbehandelt), einer rezidivierenden depressiven Störung (leicht bis mittelschwer, unzureichend behandelt), degenerativen leichten bis mittelgradigen Veränderungen im Bereich BWS und LWS sowie eines Bandscheibenvorfalls im Bereich der LWS, eines Diabetes mellitus (nicht insulinpflichtig) sowie Verdacht auf arteriellen Hypertonus (abklärungsbedürftig). Auf Grundlage der Diagnosen und der persönlichen Einschätzung in der Begutachtungssituation gelangte sie zu der Einschätzung, dass die Klägerin in der Lage sei, leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten, überwiegend im Sitzen, überwiegend im Gehen und überwiegend im Stehen im Tag-, Früh- und Spätschicht 6 Stunden täglich und mehr auszuüben. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Küchenhilfe sei nicht mehr leidensgerecht.
Mit Bescheid vom 29.03.2011 lehnte die Beklagte die Rentengewährung ab. Den Widerspruch vom 13.04.2011 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 03.11.2011 zurück.
Die Klägerin hat hiergegen am 18.11.2011 Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben. Das Gericht hat die behandelnden Ärzte der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen gehört. Der Facharzt für Innere Medizin L. hat am 15.02.2012 mitgeteilt, eine Leistungseinschätzung müsse durch die behandelnden Fachärzte erfolgen. Aus internistischer Sicht bestehe ein Leistungsvermögen von mindestens 6 Stunden täglich. Der Facharzt für Psychiatrie Dr. J. hat in seiner Auskunft vom 14.02.2012 bekundet, die Belastungsfähigkeit der Klägerin liege seit dem Jahr 2004 bei unter 3 Stunden täglich. Es lasse sich weder ein positives noch ein negatives Leistungsbild erstellen. Es handle sich um ein komplexes Beschwerdebild, dessen Einzelkomponenten sich gegenseitig negativ beeinflussen würden. Der Facharzt für Orthopädie Dr. Sch. hat unter dem 23.02.2012 zahlreiche Diagnosen gestellt, welche insbesondere Beschwerden an der LWS und HWS sowie am rechten Fuß beschreiben. Er hat mitgeteilt, dass der Schwerpunkt der Erkrankung im Bereich der Orthopädie liege, da andere Erkrankungen nicht bekannt seien. Die Fachärztin für Anästhesiologie Dr. R. hat am 25.04.2012 angegeben, dass die Klägerin über generalisierte Schmerzen, depressive Stimmungslage, Erschöpfungszustände, Schwindel und Spannungskopfschmerzen geklagt habe. Sie sei deswegen nicht in der Lage, mindestens 6 Stunden täglich einer Erwerbstätigkeit nachzugehen.
Das Gericht hat daraufhin von Amts wegen ein neurologisches Gutachten durch den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie sowie Psychotherapie Dr. N. eingeholt. Dieser hat in seinem Gutachten vom 24.09.2012 eine somatoforme Schmerzstörung, eine Dysthymia, eine rezidivierende depressive Störung, derzeit remittierend und eine HWS-Funktionsstörung ohne radikuläre Reizung festgestellt. Insgesamt ist er zu der Einschätzung gelangt, dass die Klägerin leichte, gelegentlich auch mittelschwere körperliche Arbeiten mit Heben und Tragen von Lasten bis zu 10 kg mit abwechslungsreicher, vorwiegend sitzender Körperhaltung unter Vermeidung von Arbeiten auf Leitern und Gerüsten sowie Arbeiten unter Stress und Zeitdruck sowie Akkord-, Fließband-, Schicht- und Nachtarbeiten im Rahmen einer Fünf-Tage-Woche 8 Stunden pro Arbeitstag ausüben könne.
Das SG hat weiter Beweis erhoben durch Einholung eines nervenärztlichen Gutachtens durch den Arzt für Neurologie und Psychiatrie sowie Psychotherapie Prof. Dr. B. gem. § 109 SGG. In seinem Gutachten vom 06.04.2013 stellte er eine chronische Dysthymia, somatoforme Schmerzstörung, Diabetes mellitus (nicht insulinpflichtig), arterielle Hypertonie, Hypercholesterinämie, Adipositas, Varikosis (beidseits), Wirbelsäulen-Syndrom, Hallux valgus beidseits, Hammerzehe D2 rechts, arthrotische Veränderungen des linken Sprunggelenkes und leichte Hörminderung beidseits fest. Aufgrund der Diagnosen und der daraus resultierenden Beeinträchtigungen sei die Klägerin multimorbid und bereits seit über einem Jahrzehnt, jedenfalls aber seit Antragstellung, nicht mehr in der Lage, auch nur 3 Stunden täglich überhaupt irgendwelche Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zu verrichten.
Zu dem Gutachten von Prof. Dr. B. hat die Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. E. unter dem 26.06.2013 eine sozialmedizinische Stellungnahme abgegeben, wonach aus ihrer Sicht das von Dr. N. erstellte Gutachten schlüssig und nachvollziehbar sei. Der Leistungseinschätzung von Prof. Dr. B. könne hingegen nicht gefolgt werden.
Mit Urteil vom 21.10.2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klägerin erfülle die Voraussetzungen einer Erwerbsminderungsrente nicht. Die Klägerin könne zur Überzeugung der Kammer noch in einem Umfang von mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig sein. Das SG hat sich insoweit auf das Gutachten von Dr. N., das Gutachten von Dr. K. und die Stellungnahme von Dr. E. gestützt. Das Gutachten von Prof. B. sei demgegenüber weder nachvollziehbar noch schlüssig.
Gegen das dem Bevollmächtigten der Klägerin am 30.10.2013 mittels Empfangsbekenntnis zugestellte Urteil hat die Klägerin am 07.11.2013 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Zur Begründung stützt sie ihren Antrag insbesondere auf ihre nervenärztliche Erkrankung. Das Gutachten von Prof. B. sei überzeugend und werde auch durch die Zeugenaussage des Facharztes für Psychiatrie Dr. J. und die Auskunft der Fachärztin für Anästhesiologie Dr. R. gestützt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 21.10.2013 sowie den Bescheid der Beklagten vom 29.03. 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.11.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen voller bzw teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat Beweis erhoben durch die Einholung eines psychiatrischen Gutachtens bei Dr. Schw. Dieser hat in seinem Gutachten vom 12.08.2014 folgende Diagnosen mitgeteilt: dysthyme Störung, rezidivierende depressive Störung (gegenwärtig remittiert) und somatoforme Schmerzstörung. Die Klägerin sei noch in der Lage, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes 6 Stunden und mehr pro Tag zu verrichten.
Mit Schreiben vom 27.08.2014 ist darauf hingewiesen worden, dass beabsichtigt ist, das Verfahren durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 SGG zu entscheiden. Die Beteiligten haben Gelegenheit zur Stellungnahme bis 25.09.2014 erhalten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen auf die Gerichtsakte erster und zweiter Instanz sowie die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
Der Senat entscheidet über die Berufung gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung und ohne Beteiligung ehrenamtlicher Richter, da er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind zu der beabsichtigten Verfahrensweise mit Schreiben vom 27.08.2014 angehört worden. Die Klägerin hat sich nicht geäußert.
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft und zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 29.03.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.11.2011 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Das angefochtene Urteil des SG ist daher nicht zu beanstanden.
Der geltend gemachte Anspruch richtet sich nach § 43 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) in der ab 01.01.2008 geltenden Fassung des Art. 1 Nr. 12 RV-Altersgrenzen-Anpassungsgesetz vom 20.04.2007 (BGBl. I, 554). Versicherte haben nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGG VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit gezahlt haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung für mindestens 6 Stunden täglich, bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI vor. Wer nur 6 Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Nach dem Ergebnis der vom SG und dem Senat durchgeführten Ermittlungen steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Klägerin mehr als 6 Stunden an 5 Tagen in der Woche einer leichten Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes nachgehen kann. Die Klägerin ist damit nicht erwerbsgemindert (§ 43 Abs. 3 SGB VI). Der Senat schöpft seine Überzeugung aus den nachvollziehbaren und schlüssigen Gutachten von Dr. Schw., Dr. N. und Dr. K ... Nach dem Gutachten von Dr. Schw. leidet die Klägerin unter einer Dysthymie, einer rezidiverenden depressiven Störung, gegenwärtig remittierend und einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung. Unter Berücksichtigung der von Dr. Schw. erhobenen Befunde lässt sich hieraus keine quantitative Leistungsminderung herleiten. So war die Klägerin wach, bewusstseinsklar, zur Person, Ort, Zeit und Situation uneingeschränkt orientiert. Es fanden sich keine manifesten Hemmungen oder eine Verlangsamung des Denkens, kein grübelndes Denken, kein Gedankenabriss, keine Inkohärenz. Das Auffassungs- und Konzentrationsvermögen war altersentsprechend durchschnittlich gut. Es fanden sich keine mnestischen Funktionsdefizite in Bezug auf das Kurz- oder Langzeitgedächtnis; keine verstärkt ausgeprägten kognitiven Ermüdungszeichen. Zwar war die Stimmungslage gedrückt und die emotionale Schwingungsfähigkeit eingeengt, jedoch nicht aufgehoben. Auch der Antrieb war aktuell situationsadäquat. Das Ausdrucksverhalten war affektkongruent und durchaus lebhaft. Auch positive Affekte waren darstellbar. Weiter fand sich keine Zwangssymptomatik im Sinne von Zwangsgedanken-Impulsen oder -Handlungen; keine klassischen Angstsyndrome im Sinne generalisierter, phobischer oder panikartige Ängste. Hinsichtlich des vom Gutachter erfragten Tagesablaufs kümmert sich die Klägerin um Aufgaben im Bereich des Haushalts und der Versorgung des pflegebedürftigen Ehemannes. Auch insoweit sind keine wesentlichen Einschränkungen erkennbar. Für den Senat nachvollziehbar sieht daher Dr. Schw. auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet keine quantitative Leistungsminderung.
Das Gutachten von Dr. Schw. wird auch durch das Gutachten von Dr. N. gestützt. Auch dieser stellte entsprechende Diagnosen, erhob vergleichbare Befunde und kam aufgrund des Tagesablaufs und der von der Klägerin bewältigten Aufgaben zu dem Ergebnis, dass die Klägerin leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig verrichten könne. Frau Dr. K. kam in ihrem Gutachten aus dem Verwaltungsverfahren, welches das Gericht im Wege des Urkundenbeweises verwertet hat, zu demselben Ergebnis.
Schließlich bedingen auch die Leiden der Klägerin auf internistischem und orthopädischem Fachgebiet keine zeitlichen Einschränkungen des Leistungsvermögens. So hat der Facharzt für Innere Medizin L. in seiner sachverständigen Zeugenaussage vom 10.02.2012 mitgeteilt, dass die Diagnosen aus internistischer Sicht keine Einschränkung der Arbeitsfähigkeit bedingen würden. Auch Dr. Sch. als Facharzt für Orthopädie sieht ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes. Neben diesen Leistungseinschätzungen lassen aber auch die mitgeteilten Befunde und Diagnosen der behandelnden Ärzte nicht erkennen, dass die Klägerin in ihrem Leistungsvermögen für leichte Arbeiten eingeschränkt ist.
Nicht anzuschließen vermochte sich der Senat der Einschätzung von Dr. J. und Dr. R. Zwar gaben diese in ihrer sachverständigen Zeugenaussage ein Leistungsvermögen von unter 6 Stunden pro Tag an. In ihren Zeugenaussagen finden sich jedoch keine Diagnosen oder Befunde für ein entsprechend eingeschränktes Leistungsvermögen. Der Beurteilung der beruflichen Leistungsfähigkeit eines Versicherten durch den gerichtlichen Sachverständigen kommt im Übrigen nach ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl. Urteil vom 17.01.2012, L 11 R 4953/10) grundsätzlich ein höherer Beweiswert zu als der Einschätzung der behandelnden Ärzte. Bei der Untersuchung von Patienten unter therapeutischen Gesichtspunkten spielt die Frage nach der Einschätzung des beruflichen Leistungsvermögens in der Regel keine Rolle. Dagegen ist die Aufgabe des gerichtlichen Sachverständigen, die Untersuchung gerade in dem Blick darauf vorzunehmen, ob und in welchem Ausmaß gesundheitliche Beschwerden zu einer Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens führen. In diesem Zusammenhang muss der Sachverständige die Beschwerdeangaben eines Versicherten danach prüfen, ob und wieweit sie sich mit dem klinischen Befund erklären lassen.
Nicht anzuschließen vermochte sich der Senat im Übrigen der Leistungseinschätzung von Prof. Dr. B. in seinem Gutachten vom 06.04.2013. Insoweit hatte der Senat zu berücksichtigen, dass der Gutachter in seinem Gutachten auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet von nahezu identischen Diagnosen wie Dr. Schw. und Dr. N. ausgeht. Dementsprechend sieht er eine quantitative Leistungsminderung auch erst durch eine Gesamtschau aller Leiden der Klägerin auf orthopädischem, internistischem und neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet. Nachdem sich jedoch gerade auf orthopädischem und internistischem Fachgebiet keine Befunde ergeben, die auch in einer Gesamtschau mit den neurologisch-psychiatrischen Befunden geeignet sind, eine quantitative Leistungsminderung zu begründen, sieht der Senat nicht, wie der Leistungseinschätzung von Prof. Dr. B. gefolgt werden könnte. Vielmehr ist in Übereinstimmung mit dem SG auf die Inkonsistenz zu Angaben in Vorgutachten und Vorberichten sowie auf Widersprüchlichkeiten bei der Wiedergabe der Exploration hinzuweisen. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass die Darstellung der Tagesstruktur im Gutachten von Prof. Dr. B. sehr defizitär erfolgt ist und gleichzeitig keine Vita minima widerspiegelt.
Der Senat folgt daher den nachvollziehbaren und schlüssigen Ausführungen von Dr. K., Dr. N. und Dr. Schw., die ebenfalls eine Gesamtbetrachtung der bei der Klägerin erhobenen Leiden vorgenommen haben. Danach führen die auf psychiatrisch-psychotherapeutischem Fachgebiet bei der Klägerin vorliegenden Gesundheitsstörungen zu einer Minderung der Stressbelastbarkeit. Berufliche Tätigkeiten, die mit erhöhter psychovegetativer Belastung einhergehen - etwa durch erhöhten Zeitdruck (z. B. Akkordarbeit, Schichtarbeit) oder durch unphysiologisch-psychovegetative Belastungen (z. B. Nachtarbeit) - kommen für die Klägerin nicht mehr in Frage. Aufgrund der bestehenden orthopädischen Beeinträchtigungen, verstärkt noch durch das zusätzlich bestehende anhaltende somatoforme Schmerzstörungs-Syndrom, kommen für die Klägerin auch körperlich schwere Arbeiten mit anhaltenden mittelschweren Arbeiten mit Heben, Tragen und das Bewegen von Lasten über 10 kg nicht in Frage.
Diese qualitativen Leistungseinschränkungen stellen keine Summierung ungewöhnlicher Leistungsbeeinträchtigungen oder eine spezifische Leistungsbeeinträchtigung dar. Den genannten Einschränkungen ist vielmehr bereits durch den Umstand Rechnung getragen, dass nur leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts zumutbar sind. Schließlich ist hier auch nicht von einem verschlossenen Arbeitsmarkt im Sinne der Rechtsprechung des BSG und der dort aufgestellten Kriterien auszugehen (siehe BSG 30.11.1983, 5a RKn 28/82, BSGE 56, 64, SozR 2200, § 1245 Nr. 110; siehe insbesondere auch hierzu den bestätigenden Beschluss des Großen Senats vom 19.12.1996 in BSGE 80, 2, SozR 3-2600, § 44 Nr. 8; siehe auch BSG 15.10.2005, B 5 RJ 6/05 R, SozR 4-2600, § 43 Nr. 5). Es war im Übrigen in Hinblick auf das zur Überzeugung bestehende Leistungsvermögen von mindestens 6 Stunden pro Arbeitstag unter Berücksichtigung nicht arbeitsmarktunüblicher qualitativer Leistungseinschränkungen zu der Frage, inwieweit welche konkrete Tätigkeit der Klägerin noch leidensgerecht und zumutbar ist, keine Prüfung durchzuführen, da die jeweilige Arbeitsmarktlage bei einer Leistungsfähigkeit von 6 Stunden täglich und mehr nicht zu berücksichtigen ist (§ 43 Abs. 3 letzter Halbsatz SGB VI).
Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 240 SGB VI. Voraussetzung eines solchen Rentenanspruchs ist (vgl. § 240 SGB VI), dass die Klägerin vor dem 02.01.1961 geboren und berufsunfähig ist. Die Klägerin ist 1954 und damit vor dem Stichtag geboren, sie ist jedoch nicht berufsunfähig. Berufsunfähig sind nach § 240 Abs. 2 Satz 1 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als 6 Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach dem die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (§ 240 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind (§ 240 Abs. 2 Satz 3 SGB VI). Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens 6 Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 240 Abs. 2 Satz 4 SGB VI). Im Rahmen der Beurteilung, ob einem Versicherten eine Tätigkeit im Sinne des § 240 Abs. 2 Sätze 2 bis 4 SGB VI sozial zumutbar sind, kann ein Versicherter auf eine Tätigkeit derselben Stufe bzw auf Tätigkeiten jeweils nächstniedrigen Stufe verwiesen werden (zum Stufen-Schema des BSG, vgl. BSG 22.10.1996, 13 RJ 35/96, SozR 3-2200, § 1246 Nr. 55; BSG 18.02.1998, B 5 RJ 34/97 R, SozR 3-2200; § 1246 Nr. 61, jeweils n. w. N.). Die Klägerin ist nach ihrem beruflichen Werdegang als angelernte Arbeiterin einzustufen und daher breit verweisbar auf sämtliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes. Diese Tätigkeit kann sie, wie aufgezeigt, unter Beachtung der geschilderten qualitativen Einschränkungen mindestens 6 Stunden täglich an 5 Tagen in der Woche ausüben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Die 1954 geborene Klägerin war in der Zeit von 1973 bis ins Jahr 1997 als Reinigungskraft und zuletzt von 1997 bis 2002 als Küchenhilfe sozialversicherungspflichtig beschäftigt.
Auf Aufforderung der Bundesagentur für Arbeit vom 17.12.2010 beantragte sie am 17.01.2011 bei der Beklagten die Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Im Verwaltungsverfahren zog die Beklagte zunächst zahlreiche Befundberichte bei. Weiter beauftragte die Beklagte die Ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. K. mit der Erstattung eines Gutachtens. In ihrem Gutachten vom 25.03.2011 stellte sie die Diagnose einer somatoformen Schmerzverarbeitungsstörung (psychotherapeutisch unbehandelt), einer rezidivierenden depressiven Störung (leicht bis mittelschwer, unzureichend behandelt), degenerativen leichten bis mittelgradigen Veränderungen im Bereich BWS und LWS sowie eines Bandscheibenvorfalls im Bereich der LWS, eines Diabetes mellitus (nicht insulinpflichtig) sowie Verdacht auf arteriellen Hypertonus (abklärungsbedürftig). Auf Grundlage der Diagnosen und der persönlichen Einschätzung in der Begutachtungssituation gelangte sie zu der Einschätzung, dass die Klägerin in der Lage sei, leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten, überwiegend im Sitzen, überwiegend im Gehen und überwiegend im Stehen im Tag-, Früh- und Spätschicht 6 Stunden täglich und mehr auszuüben. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Küchenhilfe sei nicht mehr leidensgerecht.
Mit Bescheid vom 29.03.2011 lehnte die Beklagte die Rentengewährung ab. Den Widerspruch vom 13.04.2011 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 03.11.2011 zurück.
Die Klägerin hat hiergegen am 18.11.2011 Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben. Das Gericht hat die behandelnden Ärzte der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen gehört. Der Facharzt für Innere Medizin L. hat am 15.02.2012 mitgeteilt, eine Leistungseinschätzung müsse durch die behandelnden Fachärzte erfolgen. Aus internistischer Sicht bestehe ein Leistungsvermögen von mindestens 6 Stunden täglich. Der Facharzt für Psychiatrie Dr. J. hat in seiner Auskunft vom 14.02.2012 bekundet, die Belastungsfähigkeit der Klägerin liege seit dem Jahr 2004 bei unter 3 Stunden täglich. Es lasse sich weder ein positives noch ein negatives Leistungsbild erstellen. Es handle sich um ein komplexes Beschwerdebild, dessen Einzelkomponenten sich gegenseitig negativ beeinflussen würden. Der Facharzt für Orthopädie Dr. Sch. hat unter dem 23.02.2012 zahlreiche Diagnosen gestellt, welche insbesondere Beschwerden an der LWS und HWS sowie am rechten Fuß beschreiben. Er hat mitgeteilt, dass der Schwerpunkt der Erkrankung im Bereich der Orthopädie liege, da andere Erkrankungen nicht bekannt seien. Die Fachärztin für Anästhesiologie Dr. R. hat am 25.04.2012 angegeben, dass die Klägerin über generalisierte Schmerzen, depressive Stimmungslage, Erschöpfungszustände, Schwindel und Spannungskopfschmerzen geklagt habe. Sie sei deswegen nicht in der Lage, mindestens 6 Stunden täglich einer Erwerbstätigkeit nachzugehen.
Das Gericht hat daraufhin von Amts wegen ein neurologisches Gutachten durch den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie sowie Psychotherapie Dr. N. eingeholt. Dieser hat in seinem Gutachten vom 24.09.2012 eine somatoforme Schmerzstörung, eine Dysthymia, eine rezidivierende depressive Störung, derzeit remittierend und eine HWS-Funktionsstörung ohne radikuläre Reizung festgestellt. Insgesamt ist er zu der Einschätzung gelangt, dass die Klägerin leichte, gelegentlich auch mittelschwere körperliche Arbeiten mit Heben und Tragen von Lasten bis zu 10 kg mit abwechslungsreicher, vorwiegend sitzender Körperhaltung unter Vermeidung von Arbeiten auf Leitern und Gerüsten sowie Arbeiten unter Stress und Zeitdruck sowie Akkord-, Fließband-, Schicht- und Nachtarbeiten im Rahmen einer Fünf-Tage-Woche 8 Stunden pro Arbeitstag ausüben könne.
Das SG hat weiter Beweis erhoben durch Einholung eines nervenärztlichen Gutachtens durch den Arzt für Neurologie und Psychiatrie sowie Psychotherapie Prof. Dr. B. gem. § 109 SGG. In seinem Gutachten vom 06.04.2013 stellte er eine chronische Dysthymia, somatoforme Schmerzstörung, Diabetes mellitus (nicht insulinpflichtig), arterielle Hypertonie, Hypercholesterinämie, Adipositas, Varikosis (beidseits), Wirbelsäulen-Syndrom, Hallux valgus beidseits, Hammerzehe D2 rechts, arthrotische Veränderungen des linken Sprunggelenkes und leichte Hörminderung beidseits fest. Aufgrund der Diagnosen und der daraus resultierenden Beeinträchtigungen sei die Klägerin multimorbid und bereits seit über einem Jahrzehnt, jedenfalls aber seit Antragstellung, nicht mehr in der Lage, auch nur 3 Stunden täglich überhaupt irgendwelche Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zu verrichten.
Zu dem Gutachten von Prof. Dr. B. hat die Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. E. unter dem 26.06.2013 eine sozialmedizinische Stellungnahme abgegeben, wonach aus ihrer Sicht das von Dr. N. erstellte Gutachten schlüssig und nachvollziehbar sei. Der Leistungseinschätzung von Prof. Dr. B. könne hingegen nicht gefolgt werden.
Mit Urteil vom 21.10.2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klägerin erfülle die Voraussetzungen einer Erwerbsminderungsrente nicht. Die Klägerin könne zur Überzeugung der Kammer noch in einem Umfang von mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig sein. Das SG hat sich insoweit auf das Gutachten von Dr. N., das Gutachten von Dr. K. und die Stellungnahme von Dr. E. gestützt. Das Gutachten von Prof. B. sei demgegenüber weder nachvollziehbar noch schlüssig.
Gegen das dem Bevollmächtigten der Klägerin am 30.10.2013 mittels Empfangsbekenntnis zugestellte Urteil hat die Klägerin am 07.11.2013 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Zur Begründung stützt sie ihren Antrag insbesondere auf ihre nervenärztliche Erkrankung. Das Gutachten von Prof. B. sei überzeugend und werde auch durch die Zeugenaussage des Facharztes für Psychiatrie Dr. J. und die Auskunft der Fachärztin für Anästhesiologie Dr. R. gestützt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 21.10.2013 sowie den Bescheid der Beklagten vom 29.03. 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.11.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen voller bzw teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat Beweis erhoben durch die Einholung eines psychiatrischen Gutachtens bei Dr. Schw. Dieser hat in seinem Gutachten vom 12.08.2014 folgende Diagnosen mitgeteilt: dysthyme Störung, rezidivierende depressive Störung (gegenwärtig remittiert) und somatoforme Schmerzstörung. Die Klägerin sei noch in der Lage, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes 6 Stunden und mehr pro Tag zu verrichten.
Mit Schreiben vom 27.08.2014 ist darauf hingewiesen worden, dass beabsichtigt ist, das Verfahren durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 SGG zu entscheiden. Die Beteiligten haben Gelegenheit zur Stellungnahme bis 25.09.2014 erhalten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen auf die Gerichtsakte erster und zweiter Instanz sowie die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
Der Senat entscheidet über die Berufung gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung und ohne Beteiligung ehrenamtlicher Richter, da er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind zu der beabsichtigten Verfahrensweise mit Schreiben vom 27.08.2014 angehört worden. Die Klägerin hat sich nicht geäußert.
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft und zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 29.03.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.11.2011 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Das angefochtene Urteil des SG ist daher nicht zu beanstanden.
Der geltend gemachte Anspruch richtet sich nach § 43 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) in der ab 01.01.2008 geltenden Fassung des Art. 1 Nr. 12 RV-Altersgrenzen-Anpassungsgesetz vom 20.04.2007 (BGBl. I, 554). Versicherte haben nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGG VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit gezahlt haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung für mindestens 6 Stunden täglich, bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI vor. Wer nur 6 Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Nach dem Ergebnis der vom SG und dem Senat durchgeführten Ermittlungen steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Klägerin mehr als 6 Stunden an 5 Tagen in der Woche einer leichten Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes nachgehen kann. Die Klägerin ist damit nicht erwerbsgemindert (§ 43 Abs. 3 SGB VI). Der Senat schöpft seine Überzeugung aus den nachvollziehbaren und schlüssigen Gutachten von Dr. Schw., Dr. N. und Dr. K ... Nach dem Gutachten von Dr. Schw. leidet die Klägerin unter einer Dysthymie, einer rezidiverenden depressiven Störung, gegenwärtig remittierend und einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung. Unter Berücksichtigung der von Dr. Schw. erhobenen Befunde lässt sich hieraus keine quantitative Leistungsminderung herleiten. So war die Klägerin wach, bewusstseinsklar, zur Person, Ort, Zeit und Situation uneingeschränkt orientiert. Es fanden sich keine manifesten Hemmungen oder eine Verlangsamung des Denkens, kein grübelndes Denken, kein Gedankenabriss, keine Inkohärenz. Das Auffassungs- und Konzentrationsvermögen war altersentsprechend durchschnittlich gut. Es fanden sich keine mnestischen Funktionsdefizite in Bezug auf das Kurz- oder Langzeitgedächtnis; keine verstärkt ausgeprägten kognitiven Ermüdungszeichen. Zwar war die Stimmungslage gedrückt und die emotionale Schwingungsfähigkeit eingeengt, jedoch nicht aufgehoben. Auch der Antrieb war aktuell situationsadäquat. Das Ausdrucksverhalten war affektkongruent und durchaus lebhaft. Auch positive Affekte waren darstellbar. Weiter fand sich keine Zwangssymptomatik im Sinne von Zwangsgedanken-Impulsen oder -Handlungen; keine klassischen Angstsyndrome im Sinne generalisierter, phobischer oder panikartige Ängste. Hinsichtlich des vom Gutachter erfragten Tagesablaufs kümmert sich die Klägerin um Aufgaben im Bereich des Haushalts und der Versorgung des pflegebedürftigen Ehemannes. Auch insoweit sind keine wesentlichen Einschränkungen erkennbar. Für den Senat nachvollziehbar sieht daher Dr. Schw. auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet keine quantitative Leistungsminderung.
Das Gutachten von Dr. Schw. wird auch durch das Gutachten von Dr. N. gestützt. Auch dieser stellte entsprechende Diagnosen, erhob vergleichbare Befunde und kam aufgrund des Tagesablaufs und der von der Klägerin bewältigten Aufgaben zu dem Ergebnis, dass die Klägerin leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig verrichten könne. Frau Dr. K. kam in ihrem Gutachten aus dem Verwaltungsverfahren, welches das Gericht im Wege des Urkundenbeweises verwertet hat, zu demselben Ergebnis.
Schließlich bedingen auch die Leiden der Klägerin auf internistischem und orthopädischem Fachgebiet keine zeitlichen Einschränkungen des Leistungsvermögens. So hat der Facharzt für Innere Medizin L. in seiner sachverständigen Zeugenaussage vom 10.02.2012 mitgeteilt, dass die Diagnosen aus internistischer Sicht keine Einschränkung der Arbeitsfähigkeit bedingen würden. Auch Dr. Sch. als Facharzt für Orthopädie sieht ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes. Neben diesen Leistungseinschätzungen lassen aber auch die mitgeteilten Befunde und Diagnosen der behandelnden Ärzte nicht erkennen, dass die Klägerin in ihrem Leistungsvermögen für leichte Arbeiten eingeschränkt ist.
Nicht anzuschließen vermochte sich der Senat der Einschätzung von Dr. J. und Dr. R. Zwar gaben diese in ihrer sachverständigen Zeugenaussage ein Leistungsvermögen von unter 6 Stunden pro Tag an. In ihren Zeugenaussagen finden sich jedoch keine Diagnosen oder Befunde für ein entsprechend eingeschränktes Leistungsvermögen. Der Beurteilung der beruflichen Leistungsfähigkeit eines Versicherten durch den gerichtlichen Sachverständigen kommt im Übrigen nach ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl. Urteil vom 17.01.2012, L 11 R 4953/10) grundsätzlich ein höherer Beweiswert zu als der Einschätzung der behandelnden Ärzte. Bei der Untersuchung von Patienten unter therapeutischen Gesichtspunkten spielt die Frage nach der Einschätzung des beruflichen Leistungsvermögens in der Regel keine Rolle. Dagegen ist die Aufgabe des gerichtlichen Sachverständigen, die Untersuchung gerade in dem Blick darauf vorzunehmen, ob und in welchem Ausmaß gesundheitliche Beschwerden zu einer Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens führen. In diesem Zusammenhang muss der Sachverständige die Beschwerdeangaben eines Versicherten danach prüfen, ob und wieweit sie sich mit dem klinischen Befund erklären lassen.
Nicht anzuschließen vermochte sich der Senat im Übrigen der Leistungseinschätzung von Prof. Dr. B. in seinem Gutachten vom 06.04.2013. Insoweit hatte der Senat zu berücksichtigen, dass der Gutachter in seinem Gutachten auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet von nahezu identischen Diagnosen wie Dr. Schw. und Dr. N. ausgeht. Dementsprechend sieht er eine quantitative Leistungsminderung auch erst durch eine Gesamtschau aller Leiden der Klägerin auf orthopädischem, internistischem und neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet. Nachdem sich jedoch gerade auf orthopädischem und internistischem Fachgebiet keine Befunde ergeben, die auch in einer Gesamtschau mit den neurologisch-psychiatrischen Befunden geeignet sind, eine quantitative Leistungsminderung zu begründen, sieht der Senat nicht, wie der Leistungseinschätzung von Prof. Dr. B. gefolgt werden könnte. Vielmehr ist in Übereinstimmung mit dem SG auf die Inkonsistenz zu Angaben in Vorgutachten und Vorberichten sowie auf Widersprüchlichkeiten bei der Wiedergabe der Exploration hinzuweisen. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass die Darstellung der Tagesstruktur im Gutachten von Prof. Dr. B. sehr defizitär erfolgt ist und gleichzeitig keine Vita minima widerspiegelt.
Der Senat folgt daher den nachvollziehbaren und schlüssigen Ausführungen von Dr. K., Dr. N. und Dr. Schw., die ebenfalls eine Gesamtbetrachtung der bei der Klägerin erhobenen Leiden vorgenommen haben. Danach führen die auf psychiatrisch-psychotherapeutischem Fachgebiet bei der Klägerin vorliegenden Gesundheitsstörungen zu einer Minderung der Stressbelastbarkeit. Berufliche Tätigkeiten, die mit erhöhter psychovegetativer Belastung einhergehen - etwa durch erhöhten Zeitdruck (z. B. Akkordarbeit, Schichtarbeit) oder durch unphysiologisch-psychovegetative Belastungen (z. B. Nachtarbeit) - kommen für die Klägerin nicht mehr in Frage. Aufgrund der bestehenden orthopädischen Beeinträchtigungen, verstärkt noch durch das zusätzlich bestehende anhaltende somatoforme Schmerzstörungs-Syndrom, kommen für die Klägerin auch körperlich schwere Arbeiten mit anhaltenden mittelschweren Arbeiten mit Heben, Tragen und das Bewegen von Lasten über 10 kg nicht in Frage.
Diese qualitativen Leistungseinschränkungen stellen keine Summierung ungewöhnlicher Leistungsbeeinträchtigungen oder eine spezifische Leistungsbeeinträchtigung dar. Den genannten Einschränkungen ist vielmehr bereits durch den Umstand Rechnung getragen, dass nur leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts zumutbar sind. Schließlich ist hier auch nicht von einem verschlossenen Arbeitsmarkt im Sinne der Rechtsprechung des BSG und der dort aufgestellten Kriterien auszugehen (siehe BSG 30.11.1983, 5a RKn 28/82, BSGE 56, 64, SozR 2200, § 1245 Nr. 110; siehe insbesondere auch hierzu den bestätigenden Beschluss des Großen Senats vom 19.12.1996 in BSGE 80, 2, SozR 3-2600, § 44 Nr. 8; siehe auch BSG 15.10.2005, B 5 RJ 6/05 R, SozR 4-2600, § 43 Nr. 5). Es war im Übrigen in Hinblick auf das zur Überzeugung bestehende Leistungsvermögen von mindestens 6 Stunden pro Arbeitstag unter Berücksichtigung nicht arbeitsmarktunüblicher qualitativer Leistungseinschränkungen zu der Frage, inwieweit welche konkrete Tätigkeit der Klägerin noch leidensgerecht und zumutbar ist, keine Prüfung durchzuführen, da die jeweilige Arbeitsmarktlage bei einer Leistungsfähigkeit von 6 Stunden täglich und mehr nicht zu berücksichtigen ist (§ 43 Abs. 3 letzter Halbsatz SGB VI).
Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 240 SGB VI. Voraussetzung eines solchen Rentenanspruchs ist (vgl. § 240 SGB VI), dass die Klägerin vor dem 02.01.1961 geboren und berufsunfähig ist. Die Klägerin ist 1954 und damit vor dem Stichtag geboren, sie ist jedoch nicht berufsunfähig. Berufsunfähig sind nach § 240 Abs. 2 Satz 1 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als 6 Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach dem die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (§ 240 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind (§ 240 Abs. 2 Satz 3 SGB VI). Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens 6 Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 240 Abs. 2 Satz 4 SGB VI). Im Rahmen der Beurteilung, ob einem Versicherten eine Tätigkeit im Sinne des § 240 Abs. 2 Sätze 2 bis 4 SGB VI sozial zumutbar sind, kann ein Versicherter auf eine Tätigkeit derselben Stufe bzw auf Tätigkeiten jeweils nächstniedrigen Stufe verwiesen werden (zum Stufen-Schema des BSG, vgl. BSG 22.10.1996, 13 RJ 35/96, SozR 3-2200, § 1246 Nr. 55; BSG 18.02.1998, B 5 RJ 34/97 R, SozR 3-2200; § 1246 Nr. 61, jeweils n. w. N.). Die Klägerin ist nach ihrem beruflichen Werdegang als angelernte Arbeiterin einzustufen und daher breit verweisbar auf sämtliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes. Diese Tätigkeit kann sie, wie aufgezeigt, unter Beachtung der geschilderten qualitativen Einschränkungen mindestens 6 Stunden täglich an 5 Tagen in der Woche ausüben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG).
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