S 15 R 1125/13

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG München (FSB)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
15
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 15 R 1125/13
Datum
-
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 5 R 959/14
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Klagen der Klägerin zu 1 und des Klägers zu 2 gegen den Bescheid vom 05.12.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.05.2013 werden abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Kläger begehren noch die Feststellung, dass die von dem Kläger zu 2. seit dem 1.2.2009 für die Klägerin zu 1. ausgeübte Tätigkeit als Verkaufsförderer von Produkten der Firma D. GmbH (nunmehr D.) keine Versicherungspflicht in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung begründet hat.

Die Klägerin zu 1. betreibt ein Unternehmen, das für die von ihr betreuten Kunden vertriebs- und verkaufsfördernde Maßnahmen durchführt.

Die Klägerin zu 1. und der am XX.XX.1972 geborene Kläger zu 2. schlossen am 22.7.2008 einen Rahmenvertrag (Bl. 14 ff. der Gerichtsakte), aufgrund dessen sich der Kläger zu 2. bereiterklärt, als selbstständiger Dienstleister Aufträge für die Klägerin zu 1. auszuführen. Aufgrund dieses Vertrages ist der Kläger zu 2. nach wie vor für die Klägerin zu 1. tätig.

Der Vertrag regelt, dass die Klägerin zu 1. dem Kläger zu 2. von Projekt zu Projekt mit der Erbringung von projektbezogenen Dienst- oder Werkleistungen beauftragt, wobei die Annahme des Auftrages dem Kläger zu 2. freisteht. Der Kläger zu 2. kann nach dem Vertrag außer im Fall der Interessenskollision für andere Firmen tätig werden. In der Ausübung der Tätigkeit ist der Kläger zu 2. vertraglich weisungsfrei, wobei er jedoch verpflichtet ist, besondere Kundenwünsche, die ihm von der Klägerin zu 1. nicht übermittelt wurden, nur nach vorheriger Abstimmung mit der Klägerin zu 1. zu erfüllen (§ 2 Nr. 2). Ein Vergütungsanspruch, der für den Einzelauftrag gesondert vereinbart wird, entsteht nur für tatsächlich erbrachte Leistungen, eine Fortzahlung der Vergütung im Falle von Urlaub, Krankheit oder sonstigen Gründen findet nicht statt. Weiter wurde der Kläger zu 2. zum Abschluss einer Haftpflichtversicherung und für den Fall der Versäumung eines im Rahmen der Aktion vereinbarten Termins grundsätzlich zur Zahlung eines pauschalierten Schadensersatzes in Höhe von 300 EUR verpflichtet.

Der Kläger zu 2. wurde aufgrund dieses Rahmenvertrags mit dem Besuch von Outlets des deutschen Einzelhandels (insbesondere Lebensmitteleinzelhandel und Drogeriemärkte) als Bezirkskoordinator der D. (Förderung des Verkaufs insbesondere von Produkten unter den Marken D, E. und F.) für den Zeitraum 1.2.2009 bis 31.12.2010, für die Jahre 2011, 2012, 2103 sowie zuletzt vom 1.1.2014 bis 31.12.2014 beauftragt, wobei ein Einzelauftrag (mit Ausnahme des Jahres 2009) jeweils die Dauer eines Kalenderjahres umfasste. Die Klägerin zu 1. führt jährlich mindestens ein, häufig aber mehrere Gespräche mit D. in Bezug auf die Förderung neuer Produkte und die Neuabstimmung der Konditionen. Diese Gespräche wurden bzw. werden spiegelbildlich dann auch seitens der Klägerin zu 1. mit dem Kläger zu 2. geführt.

Die Beauftragung des Klägers zu 2. umfasste gem. den Aktionsangeboten (zuletzt vom 31.12.2013, Bl. 231 der Gerichtsakte) in allen Kalenderjahren maximal die Abrechnung von 210 Aktionstagen pro Kalenderjahr (dem entspricht eine spiegelbildliche Beauftragung von D. an die Klägerin zu 1.). Auftragsinhalt gem. Auftragsbeschreibung (etwa vom 19.12.2011, Bl. 90 ff. der Gerichtsakte) war es, die Märkte zu besuchen, Produkte der D. vorzustellen und bzgl. des Sortiments zu beraten. Weiter sollte der Absatz gefördert werden und die Listungsumsetzung überwacht werden.

Ziel war es hierbei, Aufträge von den Outlets einzuholen oder zu erreichen, dass eine möglichst große Palette der Produkte des Kunden von dem jeweiligen Markt geordert wird. Daneben war der Kläger zu 2. u. a. beauftragt, den Wettbewerb zu beobachten sowie Markt- und Preiserhebungen durchzuführen. Der Auftrag um-fasste auch die Kontrolle der Markenplatzierung im jeweiligen Markt. Insbesondere sollte daraufhin gewirkt werden, dass bestehende Platzierungsabsprachen zwischen D. und dem jeweiligen Markt eingehalten werden und dass das äußere Erscheinungsbild kundenfreundlich gestaltet ist (Artikel-Leitkarten für alle D.-Produkte, Scanner-Regal-Preisetiketten für alle Artikel, Einsatz von Testern im Pflegebereich, saubere Verpackungen etc.) sowie weitere Absprachen eingehalten werden (Preiskontrolle).

Der Kläger zu 2. hatte die Möglichkeit, Werbemaßnahmen – insbesondere die Platzierung von Displays – zu vereinbaren. Für diese Werbemaßnahmen erhielt der Kläger zu 2. ein Rabatt-Budget von der Klägerin zu 1. (450 EUR Basis Fabrikab-gabepreis, Bl. 251 der Gerichtsakte), das er eigenständig verwalten konnte. Dies beinhaltete die Schenkung von Artikeln der D., die der Markt ohne Einkaufskosten weiterverkaufen konnte. Der Kläger zu 2. erhielt für diese Werbemaßnahmen Provisionen in Form eines Erfolgshonorars. Dieses umfasste pro Display zwischen 5 EUR und 7,50 EUR bei im monatlichen Durchschnitt 15-20 vermittelten Displays (bei Ausschöpfung aller verfügbaren Arbeitstage im Kalendermonat). Mithin resultiert ein maximales durchschnittliches Erfolgshonorar von 150 EUR pro Monat.

Anwesenheitszeiten oder ein zeitlicher Umfang der Tätigkeit wurden nicht festge-legt. Der Kläger zu 2. ist im Hinblick auf Zeiteinteilung und zeitlichen Umfang (abgesehen von der Begrenzung auf 210 Arbeitstage im Jahr) seiner Tätigkeit frei. So muss der Kläger zu 2. weder Beginn/Ende seiner Tätigkeit noch Pausen aufzeichnen oder melden. Vereinbart wurde ein Verkaufsförderungsbezirk in den räumlichen Grenzen von Oberbayern und Schwaben, in dem der Kläger zu 2. seinen Auftrag ausführt, ohne dass ein Tourenplan oder Einsatztermine vorgegeben werden.

Der Kläger zu 2. verfügt nicht über einen geschützten Bezirk in dem Sinne, dass ausschließlich der Kläger zu 2. verkaufsfördernde Aktivitäten in seinem Bezirk vornehmen darf. Vielmehr ließ sich der Kläger zu 2. im Urlaubsfalle von Kollegen anderer Bezirke vertreten; auch im Falle einer Kündigung des Klägers zu 2. wegen Schlechtleistung müsste die Klägerin zu 1. bis zum Ende der Kündigungsfrist Ausfälle des Klägers zu 2. durch Beauftragung anderer Verkaufsförderer ausgleichen.

Die Klägerin zu 1. erhält über die Abrechnung der von ihm getätigten Aufträge vom Umfang der Tätigkeit des Kläger zu 2. und dessen Erfolg Bericht. Vertraglich vereinbart wurden als Auftragsziel ca. sieben Marktbesuche pro Aktionstag (Auftragsbeschreibung, Bl. 240 der Gerichtsakte). Die zu besuchenden Märkte werden von der Klägerin zu 1. (bzw. von D.) vorgegeben. Darüber hinaus ist es dem Kläger zu 2. aber auch möglich, eigene selbstständige Märkte (z.B. der G.-Gruppe) zu akquirieren. In der Mündlichen Verhandlung erklärte der Kläger zu 2., dass die Akquise selbstständiger Märkte eine Größenordnung von ein bis zwei Märkten pro Jahr umfasst.

Der Kläger zu 2. übermittelt pro Arbeitstag Ameo-Daten an die Klägerin zu 1. Die Datenübermittlung ist Basis der Abrechnung der Tätigkeit des Klägers (Auftrags-beschreibung, Bl. 248 der Gerichtsakte). Im Falle des Ausfalls des Ameo-Systems muss der Kläger zu 2. die Daten in ein Formblatt aufnehmen und nachträglich in die Datenbank, welche wesentliches Asset der Klägerin zu 1. ist, einspeisen. Jeweils am Donnerstag der Vorwoche ist der Kläger zu 2. vertraglich gehalten, die gesamte Planung der nachfolgenden Woche, die mit dem Ameo-Tool der Klägerin zu 1. zu erstellen ist (Auftragsbeschreibung, Bl. 249 der Gerichtsakte), der Klägerin zu 1. zuzusenden. Die Klägerin zu 1. sendet dem Kläger zu 2. dann ein Excel-Sheet der geplanten Tour zum Ausdrucken zurück. Der Kläger zu 2. ist weiter vertraglich verpflichtet, von den D.-Artikeln Fotos in das Ameo-System einzuspeisen (Auftragsbeschreibung, Bl. 250 der Gerichtsakte). Diese Fotodokumentation ist für die Vergütung der Klägerin zu 1. durch die D. wesentlich. Ebenfalls über Ameo wird eine monatliche Preiserhebung durchgeführt. Weiter muss im Ameo gemeldet werden, ob die Märkte mit dem durchgeführten Merchandising (Materialverräumung in Regale durch Servicekräfte nach vermittelter Bestellung durch den Kläger zu 2.) zufrieden sind (Auftragsbeschreibung, Bl. 253 der Gerichtsakte).

Über die Abrechnung von Tageshonoraren (2014: pauschal 95 EUR pro Tag) hinaus wird dem Kläger zu 2. eine Kilometerpauschale (2014: 69 EUR pro Tag) und eine Kommunikationspauschale (2014: 4,50 EUR pro Tag) gewährt. Notwendige Meetings mit der Klägerin zu 1. werden mit 95 EUR vergütet (Aktionsangebot, Bl. 232 der Ge-richtsakte). Außerhalb der Meetings arbeitet der Kläger zu 2. nicht in Räumlichkeiten, die der Klägerin zu 1. zuzuordnen sind.

Die in der Mündlichen Verhandlung am 12.9.2014 befragte Zeugin H. gab zu Protokoll, dass sie für den E-Markt in der D.-Straße/A-Stadt als Verkäuferin arbeiten würde und den Kläger zu 2. als Vertreter der Fa. D. kennen würde. Dieser komme einmal im Monat und schaue nach, ob alles da ist. Ggf. vermittelt er dann Nachbestellungen. Seine Visitenkarte weise ihn als Bezirkskoordinator von D. aus. Die Abteilungsleiterin gehe mit dem Kläger zu 2. zusammen die Artikel auf der Dispo-Karte durch, um ggf. fehlende Artikel nachzubestellen.

Auf der Dispo-Karte befinden sich alle Artikel von D., die für den E-Markt D-Straße gelistet sind. Dem Gericht wurde vom E-Markt D.-Straße/A-Stadt eine entsprechende Bestellung vorgelegt, welche nur seitens des E-Markts, u.a. auch von der Zeugin, unterschrieben ist.

Der Kläger zu 2. erklärte in der Mündlichen Verhandlung, dass der E-Markt D.-Straße eine Besonderheit sei. Normalerweise nehme er die Bestellungen auf und leite sie an die Klägerin zu 1. weiter. Diese vermittele die Bestellungen an D., die die Ware durch ihre Spedition an die Märkte ausliefern würde.

Der Rahmenvertrag (Bl. 266 ff. der Gerichtsakte) zwischen der Klägerin zu 1. und dem Kunden D. sieht vor, dass die Klägerin zu 1. ab dem 1.2.2009 in vertraglich festgelegten Gebieten den Distributionsaufbau und die selbständige Verkaufs- und Absatzförderung für der Produkte der D. erbringt. Hierfür muss die Klägerin zu 1. regelmäßige Besuche in den Märkten durch qualifizierte selbständige Mitarbeiter in den mit D. definierten Abständen gewährleisten. Auf Verlangen von D. hat die Klägerin zu 1. der D. ein Verzeichnis der von ihr eingesetzten Mitarbeiter vorzulegen und etwaige Änderungen im Bereich der Projektleitung rechtzeitig im Voraus mitzuteilen (Ziffer 1: Vertragsgegenstand). Gem. Ziff. 1.1 des Vertrags ist die Klägerin zu 1. gehalten, die Verkaufsförderung durch selbständige Mitarbeiter durchführen zu lassen. Nach Ziffer 2.2 (i.V.m. 1.1. 2. Absatz) bestimmt sich die Kalkulation des Auftrags nach der Anzahl der selbständigen Mitarbeiter. Gem. Ziff. 3.1 ist D. ist berechtigt, der Klägerin zu 1. projektbezogene Anweisungen zu erteilen, die sich gegenständlich auf die Ausführung des jeweiligen Auftrags beschränken. Gem. Ziff. 3.2 erstattet die Klägerin zu 1. D. regelmäßig Bericht über die erfüllten Aufträge. Dazu zählt neben täglichen und wöchentlichen von der Klägerin zu 1. zu erstellenden Übersichten über die jeweils durchgeführten Besuchsleistungen auch – ggf. – die Erstellung von Detailauswertungen, welche die gesicherten Ergebnisse hinsichtlich Besuchsleistungen, getätigter Verkäufe/Bestellungen und kontinuierlicher Bearbeitung der Verkaufsgebiete widerspiegeln. Die Klägerin zu 1. hat gem. Ziff. 4.4 darüber hinaus Sorge dafür zu tragen, dass alle im Rahmen des Auftrags von der Klägerin zu 1. beauftragten selbständigen Mitarbeiter über eine Betriebshaftpflichtversicherung mit einer pauschalen Deckungssumme in Höhe von 2,5 Mio. EUR für Sach- und Personenschäden verfügen und diese während ihres Einsätze aufrechterhalten. Die Bevollmächtigte der Klägerin zu 1. erklärte in der Mündlichen Verhandlung hierzu, dass die Klägerin zu 1. durch Übernahme dieser Verpflichtung aus Sicht von D. einen leistungsfähigeren Auftragnehmer darstellen würde.

Die Klägerin zu 1. erhält eine Vergütung gem. Anlage 4 zum Vertrag. Hier sind u.a. Vergütungen für Verkaufstätigkeiten vereinbart, wobei die von der Klägerin zu 1. dem Kläger zu 2. gewährten Km-/ Spesen- sowie Kommunikationspauschalen in der Höhe weitergereicht werden. Die Differenz der der Klägerin zu 1. gewährten Tagespauschale zur Vergütung des Klägers zu 2. beinhaltet eine der Gewinnmöglichkeiten der Klägerin zu 1.

Schließlich wird in Ziff. 9.5 dargelegt, dass nach dem Zusammenschluss von E. und D. zu D. der Außendienst beider Firmen restrukturiert wird und mit dem vor-liegenden Vertrag neu vergeben wird.

Aufgrund des Rahmenvertrags erfolgte eine Angebotskalkulation vom 10.11.2008 (Bl. 351 ff. der Gerichtsakte). Danach verfügt die Klägerin zu 1. über hoch motivierte Leasingsreisende, wahlweise aber auch über Außendienstmitarbeiter, die bei der Agentur fest angestellt sind (Ziff. 1). In Ziff. 1 wird weiter dargelegt, dass die Klägerin zu 1. bereits die Full-Outsourcing-Außendienstmodelle anderer namentlich erwähnter Agenturkunden betreut. Die Aufgabenstellung für D. sieht vor, eine Außendienstmannschaft anzubieten, die gesondert genannte Verkaufsförderungsaktivitäten im Feld wahrnimmt (Ziff. 2.1). Als Tracking-Tools wird u.a. Ameo, Nielsen/IRI (Abstimmung mit D. wo möglich) und Fotos empfohlen (Ziff. 3.1.3). Kalkuliert wird mit 56.982 Besuchen im Jahr, welche bei einer zu leistenden Besuchsdichte von 6,8 Besuchen pro Tag die Notwendigkeit von 8.380 Reisenden-Arbeitstagen bedingt. Bei 210 Arbeitstagen pro Jahr bedingt dies die Beschäftigung von 40 Verkaufsförderern (Ziff. 3.2). Aufgrund der kalkulierten Mannschaftsstärke und dem zu erwartenden Datenvolumen schlägt die Klägerin zu 1. den Einsatz des Combera VIS (in das die Ameo-Daten eingepflegt werden) auf Handheld-Basis vor, um tagesaktuell über die Ergebnisse des Vortages zu verfügen. Die Geräte können als Kommunikationsplattform (E-Mail) sowie für den Versand von Marktdaten, TV-Spots und Fotos verwendet werden, die die Bezirksleiter (also die Verkaufsförderer) vor Ort den Ansprechpartnern demonstrieren können (Ziff. 3.5).

Die Klägerin zu 1. und der Kläger zu 2. beantragten am 12.4.2012 die Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status. In diesem Antrag bezeichnete der Kläger zu 2. seine Tätigkeit als Handelsvertretung. Die Tätigkeit umfasse die Produkteinführung in Supermärkten, die Kontrolle der Vollständigkeit des Sortiments, die Einholung von Aufträgen sowie die Erstellung von Verbesserungsvorschlägen für die Einführung eines Produkts. Der Kläger zu 2. würde keine Arbeitnehmer beschäftigen und keinen Weisungen durch die Klägerin zu 1. unterliegen. Sein unternehmerisches Risiko würde darin liegen, dass er das Vertriebsgebiet Oberbayern/Schwaben mit seinem eigenen Pkw abzudecken habe und die Einsatzplanung selbst erledigen würde. Aufgrund der pauschalen Abrechnung der gefahrenen Kilometer würde er einen positiven Schnitt machen, wenn er die Routenplanung geschickt ausgestalte. Zudem halte er eine EDV- und Büroausstattung in seiner Privatwohnung vor.

Mit Anhörungsschreiben vom 1.10.2012 wurden die Klägerin zu 1. und der Kläger zu 2. davon in Kenntnis gesetzt, dass beabsichtigt sei, das Vorliegen eines abhängigen und somit sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses festzustellen. Die Klägerbevollmächtigte entgegnete, dass der Einsatzort nicht von der Klägerin zu 1. vorgegeben sei. Der Kläger zu 2. würde selbstständig durch Besuche in Outlets den Absatz- und/oder die Listungsdurchsetzung für Produkte der Kunden der Klägerin zu 1. verbessern. Hierfür würde der Kläger zu 2. die Märkte beraten oder Platzierungsabsprachen treffen. Die Tätigkeit sei einem selbstständigen Handelsvertreter ähnlich, der ebenfalls regelmäßig vereinbarte Bezirke betreuen würde. Sowohl die vertragliche Möglichkeit, die Dienste von einem anderen verrichten zu lassen, als auch der Einsatz eigener Arbeitsmittel (Pkw und Büroausstattung) würden für eine selbstständige Tätigkeit sprechen. Das Handheld-Gerät (Ameo) hingegen würde alleine der technologisch schnelleren und einfacheren Auftrags- und Datenübermittlung dienen. In früheren Zeiten habe der Handelsvertreter die Aufträge schriftlich in Papierform entgegengenommen und an den Auftraggeber (hier also die Klägerin zu 1.) weitergeleitet. Im Hinblick auf das als Richtwert formulierte Auftragsziel von sieben Besuchen pro Aktionstag sei anzumerken, dass hier keine konkrete Verpflichtung vorliege, sondern die Qualität der Verkaufsförderungsaktivitäten gewährleistet werden solle.

Mit Bescheid vom 5.12.2012 stellte die Beklagte gegenüber der Klägerin zu 1. und dem Kläger zu 2. fest, dass die Tätigkeit des Klägers zu 2. als Verkaufsförderer für die Klägerin zu 1. seit dem 1.8.2008 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde. Daher bestehe Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Die Beklagte hielt an ihrer Einschätzung im Anhörungsverfahren fest, da der Einsatzort des Klägers zu 2. festgelegt sei, die persönliche Leistungserbringung die Regel sei, aufgrund der Qualität der Arbeit ein Weisungsrecht und ein Direktionsrecht der Klägerin zu 1. vorliegen würde, der Kläger zu 2. ein Handheld-Gerät gestellt bekommen habe und sieben Besuche pro Aktionstag vereinbarten worden seien. Dagegen würden die Merkmale für eine selbstständige Tätigkeit (Möglichkeit des Tätigwerdens für andere Auftraggeber, freie Zeiteinteilung und Möglichkeit des Ablehnens eines Auftrags) weniger ins Gewicht fallen. Da es sich bei der Verkaufsförderung um Dienste höherer Art handeln würde, stehe der Annahme eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses nicht entgegen, dass dem Kläger zu 2. bei der Ausführung der Tätigkeit weitgehende Freiheiten eingeräumt seien. Der Kläger zu 2. habe kein typisches Unternehmerrisiko durch Einsatz eigenen Kapitals und trete als Mitarbeiter der Klägerin zu 1. auf. Der Kläger zu 2. sei funktionsgerecht dienend in einer fremden Arbeitsorganisation tätig.

Nach Widerspruch der Klägerbevollmächtigten vom 18.12.2012 (Eingang einen Tag später) wurde dieser mit Widerspruchsbescheid vom 8.5.2013 zurückgewiesen. Inhaltlich wurde auf die Ausführungen des Ausgangsbescheids verwiesen. Die Klägerin zu 1. ließ mit Schriftsatz vom 31.5.2013 (Eingang am 4.6.2013) Klage zum Sozialgericht München erheben. Ergänzend zu ihrem bisherigen Vortrag wurde dargelegt, dass die Fa. D. – soweit der Klägerin bekannt – keine angestellten Außendienstmitarbeiter beschäftigen würde. Für den Kläger zu 2. würde keine seitens der Klägerin zu 1. vorgeschriebene Tourenplanung oder Präsenzpflicht bestehen. Es liege in der eigenständigen Disposition und in der eigenen unternehmerischen Freiheit des Klägers zu 2., wie er seine Kundenbesuche absolviere und welche Kunden er besuche. Der Kläger zu 2. würde die Informationen und Ergebnisse der von ihm durchgeführten Verkaufsförderungsaktivitäten der Klägerin zu 1. über Ameo mitteilen, die diese Marktinformationen in ihrer Branchen-Datenbank verwerten würde.

Bei erfolgreicher Verkaufsförderung würde der Marktleiter des jeweiligen Outlets Nachbestellungen ordern. Die Bevollmächtigte der Klägerin zu 1. verweist weiter auf eine Vielzahl von Statusentscheidungen der Beklagten, auf einen Beschluss des Landesarbeitsgerichts A-Stadt vom 18.5.2000 sowie u.a. auf ein Urteil des 5. Senats des Bayer. LSG vom 12.11.2013 (L 5 R 800/10), in denen jeweils von ei-ner selbstständigen Tätigkeit ausgegangen wurde.

In der Mündlichen Verhandlung am 12.9.2014 argumentierte die Bevollmächtigte der Klägerin zu 1. weiter, dass der Kläger zu 2. nicht weisungsgebunden sei. Er müsse nicht höchstpersönlich tätig werden, sondern könne eine Vertretung, z.B. im Krankheitsfall, bestimmen. Dem Kläger zu 2. sei lediglich der Besuchrhythmus der Märkte mit einem Auftragsziel von sieben Besuchen pro Tag vorgegeben. Er arbeite handelsvertreterähnlich, da er nicht selbst Aufträge schreibe und Provisionen bekomme, sondern den Absatz und den Verkauf von Waren der Markenartikler fördern würde. Er verfüge über eigene Arbeitsmittel (Auto, Computer, Heimbüro), telefoniere mit eigenem Handy und erstelle eigene Rechnungen. Es obliege dem Kläger zu 2. zudem selbst, ob er die max. 210 Tätigkeitstage ausfüllen würde. Im Jahr 2014 sei dies bisher nicht der Fall gewesen. Weiter werde der Kläger zu 2. nur für tatsächlich geleistete Arbeit bezahlt und er bekomme ein arbeitnehmeruntypisches Erfolgshonorar. Vor Ort könne er selbst entscheiden, mit welchen Ansprechpartnern er arbeite und er könne mit seinem Werbebudget die Bestellung von Waren begünstigen.

Der Kläger zu 2. sei ferner schon früher als Art Handelsvertreter tätig gewesen und spiele überdies selbstständig in einer eigenen Musikband. Die freie zeitliche Dispositionsbefugnis, die ihm das Vertragsverhältnis mit der Klägerin zu 1. ein-räumen würde, ermögliche ihm diese musikalische Tätigkeit.

Die Kläger beantragen: 1. Der Bescheid vom 5.12.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8.5.2013 wird aufgehoben. 2. Es wird festgestellt, dass die Tätigkeit des Klägers zu 2. als Verkaufs-förderer in der Zeit ab dem 1.2.2009 keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung begründet hat. 3. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 1. und des Klägers zu 2.

In der Mündlichen Verhandlung am 12.9.2014 erklärte der Beklagtenvertreter ein Teilanerkenntnis in Bezug auf die Zeit vom 1.8.2008 bis 31.1.2009, da der Kläger zu 2. in diesem Zeitraum Aufträge für mehrere Kunden der Klägerin zu 1. durch-führte, die Aufträge von kurzer Dauer waren und insbesondere auf Provisionsbasis abgerechnet wurde. Das Teilanerkenntnis wurde von den Klägern angenommen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen, soweit sie nicht durch das angenommene Teilanerkenntnis erledigt ist.

Der Beklagtenvertreter stellte darauf ab, dass das Vertragsverhältnis zwischen dem Kläger zu 2. und der Klägerin zu 1. nicht ähnlich eines Handelsvertreters, sondern ähnlich eines Handlungsgehilfen zu beurteilen sei. Eine unternehmerische Tätigkeit seitens des Klägers zu 2. sei nicht zu erkennen, da die Bezahlung nicht erfolgsorientiert erfolgen würde. Das Erfolgshonorar würde nur einen Bruchteil der Vergütung des Klägers zu 2. ausmachen. Die Bezahlung sei rein arbeitsbezogen bei erfolgender Kostenerstattung. Ein Büro und ein Auto habe auch jede Außendienstmitarbeiter, zumal die laufenden Kosten fürs Auto des Klägers zu 2. von der Klägerin zu 1. erstattet würden. Das Tageshonorar von 95 EUR habe sich seit 2009 nicht geändert, so dass keine Preisgestaltung wie bei einem Unternehmer zu erkennen sei, obwohl Preisverhandlungen zwischen der Klägerin zu 1. und D. ausweislich der mündlichen Verhandlung jährlich stattgefunden haben. Der Kläger zu 2. habe seine Tätigkeit nicht wesentlich frei gestaltet können, da ihm eine detaillierte Aufgabenbeschreibung vorliegen würde, was er zu machen habe bis hin zur grafischen Vorgabe, wie die Artikel zu präsentieren sind. Die Klägerin zu 1. erfahre jedenfalls ausweislich der schriftlichen Vertragsunterlagen die Einsatzzeiten des Klägers zu 2. vorab und überwache damit seine Arbeit. Die Akquise von ein bis zwei selbständigen Märkten pro Jahr sei vernachlässigbar.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes wird auf die beigezogene Akte der Beklagten sowie die vorliegende Prozessakte, insbesondere auf die Sitzungsnie-derschrift, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die nach den §§ 87, 90 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegten Klagen der Kläger sind auch im Übrigen zulässig. Sie sind aber nicht begründet.

Der Bescheid vom 5.12.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8.5.2013 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten, § 54 Abs. 2 SGG. Für die Tätigkeit des Klägers zu 2. als Verkaufsförderer von Produkten der D. in der Zeit ab dem 1.2.2009 besteht Versicherungspflicht für den Kläger zu 2. in die gesetzliche Kranken- und Rentenversicherung, in die soziale Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung.

Der angefochtene Bescheid ist formell rechtmäßig. Er ist nach erfolgter Anhörung der Beteiligten ergangen, zudem hat die Beklagte die Anforderungen erfüllt, die das BSG an eine Statusfeststellung stellt. Danach genügt nicht die losgelöste Entscheidung über das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses, sondern es ist ebenso eine Feststellung zum Vorliegen von Versicherungspflicht zu treffen (BSG 11.03.2009, B 12 R 11/07 R, BSGE 103, 17 = SozR 4-2400 § 7a Nr 2 mit Anmerkung von Plagemann, EWiR 2009, 689; 04.06.2009, B 12 R 6/08 R, juris; hierzu auch ausführlich Merten, SGb 2010, 271).

Die Bescheide sind auch materiell rechtmäßig.

1. Nach § 7a Abs 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch - SGB IV - können die Beteiligten schriftlich eine Entscheidung der nach § 7a Abs 1 Satz 3 SGB IV zuständigen Beklagten beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet. Diese entscheidet aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände, ob eine Beschäftigung vorliegt (§ 7a Abs. 2 SGB IV).

Einen entsprechenden Antrag auf Statusfeststellung haben die Kläger am 12.4.2012 gestellt. Ein vorheriges Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung durch einen anderen Versicherungsträger oder die Einzugsstelle ist nicht ersichtlich.

2. Der Kläger zu 2. ist im Zeitraum ab dem 1.2.2009 bei der Klägerin zu 1. als Weisungsgeberin im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV gegen Arbeitsentgelt beschäftigt gewesen.

Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung der Versicherungs- bzw. Beitragspflicht (§ 5 Abs 1 Nr 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch, § 20 Abs 1 Satz 2 Nr 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch, § 1 Satz 1 Nr 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch, § 25 Abs 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs 1 Satz 1 SGB IV in der ab 1.7.2008 geltenden Fassung. Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG 24.01.2007, B 12 KR 31/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 7, BSG 04.07.2007, B 11a AL 5/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 8) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit Bundesverfassungsgericht 20.05.1996, 1 BvR 21/96, SozR 3-2400 § 7 Nr 11). Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung (vgl BSG 24.01.2007, B 12 KR 31/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 7).

Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen ge-troffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen (BSG 01.12.1977, 12/3/12 RK 39,74, BSGE 45, 199, 200 ff; BSG 04.06.1998, B 12 KR 5/97 R, SozR 3-2400 § 7 Nr 13; BSG 10.08.2000, B 12 KR 21/98 R, BSGE 87, 53, 56 = SozR 3-2400 § 7 Nr 15; jeweils mwN).

Nach den genannten Grundsätzen gelangt die Kammer unter Abwägung aller Umstände zu der Überzeugung, dass der Kläger zu 2. seit dem 1.2.2009 als Ver-kaufsförderer von Produkten der D. eine sozialversicherungspflichtige Beschäfti-gung (§ 7 Abs. 1 S. 1 SGB IV) ausübt und daher Versicherungspflicht in der ge-setzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestanden hat bzw. besteht.

a. Der Kläger zu 2. ist wie ein Außendienst-Mitarbeiter in die Betriebsorganisation der Klägerin zu 1. eingegliedert (§ 7 Abs 1 Satz 2 Alt 2 SGB IV).

Die Beweiserhebung hat ergeben, dass die Tätigkeit des Klägers zu 2. über das Ameo-System eng in die Betriebsorganisation der Klägerin zu 1. eingebettet ist.

Der Kläger zu 2. muss gem. den Auftragsunterlagen (Bl. 234 ff. der Gerichtsakte) darauf achten, dass die Ameo-Daten als Basis für die Abrechnung täglich an die Klägerin zu 1. übermittelt werden. Sollte die Übermittlung der Daten nicht funktionieren, muss sich der Kläger zu 2. an die Hotline der Klägerin zu 1. wenden. Falls das Problem nicht behoben werden kann und der Kläger zu 2. keine Daten senden kann, muss er die Klägerin zu 1. umgehend informieren. Auch falls Ameo einmal ausfallen sollte und das Problem durch die Hotline der Klägerin zu 1. nicht sofort behoben werden kann, wird dem Kläger zu 2. genau aufgegeben, wie er in diesem Fall verfahren hat (Erhebung der Daten schriftlich über "Tagesmeldung Ameo"). Bereits der Zugriff auf die Hotline der Klägerin zu 1. durch den Kläger zu 2. im Problemfall zeigt die enge Einbindung der Tätigkeit des Klägers zu 2. in die Betriebsorganisation der Klägerin zu 1.

Der Kläger zu 2. hat ausführliche Berichtspflichten zu erfüllen, wie sich aus den Auftragsunterlagen (Bl. 249, 250 der Gerichtsakte) ergibt. Dies umfasst die Planung eines Aktionstages des Klägers zu 2. im Planungstool des Ameos, einer Software, die von der Klägerin zu 1. bereitgestellt wird. Gegenstand der Berichtspflicht ist auch die Fotodokumentation von jeder Platzierung (Stamm- wie auch Zweitplatzierung) mit dem Ameo. Dem Kläger zu 2. werden hierbei sogar Argu-mente an die Hand gegeben, wie er zu verfahren hat, falls in einem Markt das Fotografieren verboten sein sollte (Bl. 250 der Gerichtsakte). Sofern eine Verweigerung bestehen bleibt, soll der Kläger zu 2. unter Nennung des Ansprechpartners dies im Ameo dokumentieren, damit sich die Klägerin zu 1. persönlich mit dem Ansprechpartner in Verbindung setzen kann. Auch hieraus wird ersichtlich, dass der Kläger zu 2. in die Betriebsorganisation der Klägerin zu 1. eingebunden ist, da sich diese wie ein Arbeitgeber um die Behebung von Problemen, die im Tätigkeitsbereich des Klägers zu 2. auftreten, bemüht. Diese enge Einbindung ist aus Sicht der Klägerin zu 1. auch nötig, da D. ihrerseits Besuchstage des Klägers zu 2. ohne Fotodokumentation oder ohne dokumentierte Weigerung eines Marktes nicht zu honorieren bereit ist.

Die Dokumentationspflichten im Ameo-System gehen weit über das hinaus, was die Bevollmächtigte der Klägerin zu 1. behauptet hat. Das Ameo-System dient ge-rade nicht alleine der technologisch schnelleren und einfacheren Auftragsabwicklung, die der Kläger zu 2. als handelsvertreterähnliche Person abwickeln würde. Vielmehr handelt es sich um die Erfüllung eines Pflichtenkreises (Fotodokumentation, Weigerungsdokumentation, Preiserhebung, Meldung der Zufriedenheit mit der Warenverräumung in den Regalen), der weit über die Abwicklung von Aufträgen hinausgeht. Vielmehr werden die Ameo-Daten direkt mit dem Handheld-Gerät in die Datenbank der Klägerin zu 1. eingepflegt. Diese Datenbank ist herausragendes Asset der Klägerin zu 1., woraus wiederum die Wichtigkeit der kontinuierlichen Datenerhebung durch die Verkaufsförderer folgt. Dies spiegelt sich in der Auftragsbeziehung zwischen der Klägerin zu 1. und D. wider, da die Ameo-Daten für die Erfüllung der Pflichten der Klägerin zu 1. gegenüber der D. seinerseits essentiell sind (Bl. 357 der Gerichtsakte).

Der Kläger zu 2. wird mithin aufgrund der oben aufgezeigten vielfältigen Kontroll-funktionen und Hilfeangebote der Klägerin zu 1. wie ein Arbeitnehmer und nicht wie ein bloßer vertraglicher Erfüllungsgehilfe (§ 278 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB) im Pflichtenkreis der Klägerin zu 1. tätig. Aus diesem Grund kann es offen-bleiben, ob die tatsächlich gelebte Vertragsbeziehung auch die vollständige Planung für die Folgewoche jeweils am Donnerstag der Vorwoche (per Übertragung mittels Ameo, vgl. Bl. 249 der Gerichtsakte) umfasst, da sich die Einbindung des Klägers zu 2. in die Betriebsorgansiation der Klägerin zu 1. bereits aus den anderen aufgezeigten Parametern ergibt.

b. Der Beigeladene unterliegt den Weisungen der Klägerin zu 1. (§ 7 Abs 1 Satz 2 Alt 1 SGB IV).

Diese können bei Diensten höherer Art zur funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinert sein (vergleiche Rittweger, Beck scher Online-Kommentar, SGB IV, § 7 Rn. 10/2.1).

Gem. Ziff. 9.5 des Rahmenvertrags zwischen der Klägerin zu 1. und D. organisiert die Klägerin zu 1. den Außendienst für D ... Demgemäß sieht die künftige Aufgabenstellung für die Klägerin zu 1. vor, eine Außendienstmannschaft anzubieten, die gesondert genannte Verkaufsförderungsaktivitäten im Feld wahrnimmt (Angebotskalkulation vom 10.11.2008, Ziff. 2.1, Bl. 354 der Gerichtsakte). Der Kläger zu 2. wird als "hoch motivierter Leasingreisender" im Rahmen des von D. outgesourcten Außendiensts, mithin als Außendienstmitarbeiter, tätig.

Als Außendienstmitarbeiter ist der Kläger zu 2. bereits räumlich dem Einflussbereich der Klägerin zu 1. entzogen. Dies führt zu einer dem Außendienst immanenten erhöhten Selbstständigkeit, wie dies für einen Dienst höherer Art üblich ist. Es liegt auch eine funktionsgerecht dienende Teilhabe am Arbeitsprozess vor. Dem Kläger wird detailliert aufgetragen, auf welche Art und Weise er seine Tätig-keit bei den Märkten ("Outlets") auszuführen hat (vgl. Auftragsbeschreibung, Bl. 234 ff. der Gerichtsakte). Die Aufgabenstellung wird präzise geregelt (Besuch der Outlets unter Berücksichtigung regelmäßiger Besuchsrhythmen, Produktvorstellung und Beratung, Förderung des Absatzes, Listenumsetzung, Förderung einer optimalen Regalpräsenz, Platzierungsoptimierung etc.). Die Platzierungsempfehlung wird auf fünf Folien in der Auftragsbeschreibung detailliert geregelt. Dies geht so weit, dass sogar die Aufstellung der Markenartikel im Regal präzise grafisch vorgegeben wird (vergleiche Bl. 245 und 246 der Gerichtsakte). Es verbleibt mithin wenig Spielraum für eigenständiges Handeln, zumal der Kläger über das Ameo-System detailliert und täglich Bericht zu erstatten hat (vergleiche Bl. 248-250 der Gerichtsakte).

Dieser geringe eigene Handlungsspielraum des Klägers zu 2. spiegelt sich auch im Rahmenvertrag zwischen der Klägerin zu 1. und dem Kläger zu 2. vom 22.7.2008 wider, wonach der Kläger zu 2. gehalten ist, besondere Kundenwün-sche, die ihm (zuvor) von der Klägerin zu 1. nicht übermittelt wurden, nur nach vorheriger Abstimmung mit der Klägerin zu 1. zu erfüllen (§ 2 Nr. 2, Bl. 16 der Gerichtsakte).

Selbst die aufzusuchenden Märkte und damit der Arbeitsort sind dem Kläger über eine Listung nahezu vollständig vorgegeben. Hiervon weicht lediglich die Möglichkeit des Klägers ab, selbstständig geführte Märkte (d.h. keine Regiemärkte) eigenständig anwerben zu können. Die Beweiserhebung hat allerdings gezeigt, dass dies nur in einer Größenordnung von ein bis zwei Märkten im Jahr erfolgt, so dass dies den Gesamteindruck nicht entscheidend ändern kann.

Es verbleibt mithin die beim Kläger zu 2. vorliegende große zeitliche Unabhängigkeit, auf die auch die Klägerbevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung entscheidend abstellte. Eine solche zeitliche Unabhängigkeit ist jedoch bei Diensten höherer Art und insbesondere bei Außendienstmitarbeitern nicht ungewöhnlich, so dass diese zeitliche Komponente nicht zu einer entscheidenden Abgrenzung von einer abhängigen oder nicht abhängigen Tätigkeit taugt. Auch die grundsätzlich gegebene Möglichkeit, weniger als die 210 Arbeitstage pro Jahr tätig zu werden, ändert hieran nichts. Denn einmal finden sich zeitlich flexible Beschäftigungsmodelle (auch im Hinblick auf die geschuldete wöchentliche oder monatliche Arbeitsstundenzahl) bereits vielfach in klassischen Angestelltenverhältnissen. Zum anderen kalkuliert D. ebenfalls mit annähernd sieben zu besuchenden Märkten pro Tag (exakte Zahl: 6,8 Märkte pro Tag) und der Zuschnitt des Bezirks des Klägers zu 2. beruht gem. dem Ergebnis der Beweisaufnahme auf dieser durchschnittlichen Besuchshäufigkeit. Deshalb ist es unglaubwürdig, dass der Kläger im Beschäftigungsdurchschnitt seit Februar 2009 nicht auch das Äquivalent von 1428 besuchten Märkten pro Jahr (errechnet aus 210 Arbeitstagen multipliziert mit 6,8 Märkten pro Tag) abgeleistet hat, da andernfalls die Klägerin zu 1. ihre vertragliche Verpflichtung gegenüber D. nicht erfüllt hätte und mithin das Vertragsverhältnis zwischen dem Kläger zu 2. und der Klägerin zu 1. nicht zum fünften Mal in Folge verlängert worden wäre.

c. Die Kammer kann kein Unternehmertum beim Kläger zu 2. erkennen. Der Kläger zu 2. erhält eine feste Tagespauschale, das heißt wie ein Arbeitnehmer eine defi-nierte Entlohnung für eine bestimmte Arbeitszeit. Er trägt kein unternehmerisches Risiko, da er keinen erhöhten Kapitaleinsatz zu tragen hat. Die von der Klägerin zu 1. geltend gemachten Ausgaben für Heimbüro und Auto können nicht als Betriebsmittel gewertet werden, da die Ausgaben für das Auto/Handy wesentlich durch die von der Klägerin zu 1. gewährten Pauschalen refinanziert werden und das Heimbüro keinerlei Nutzen für die Tätigkeit hat, wenn von der Erstellung der Rechnungen einmal abgesehen wird. Vielmehr wird das - neben dem Fahrzeug - wesentliche für die Tätigkeit erforderliche Betriebsmittel, das Handheld mitsamt der Ameo-Software, von der Klägerin zu 1. gestellt.

Der Kläger erhält nur ein vernachlässigbares Erfolgshonorar in Höhe von maximal 150 EUR pro Monat für die Vermittlung der Aufstellung von Displays. Bei durchschnittlich 17,5 Arbeitstagen (210 Jahres-Arbeitstage dividiert durch 12 Monate) führt dies zu einem maximal möglichen Verhältnis von 150 EUR/ [1662,50 EUR (= 17,5 * 95 EUR) + 150 EUR] oder 8,25 % aller Einnahmen. Dies ist bereits zu Gunsten des Klägers zu 2. kalkuliert, da die in der Beklagtenakte vorliegenden Rechnungen eher darauf schließen lassen, dass die maximal mögliche Gewinnerwartung von 150 EUR weder regelmäßig noch durchschnittlich erreicht wird. Der geringe Provisionsanteil spricht gegen eine selbständige Beschäftigung, zumal es selbst bei angemeldeten Außendienstmitarbeitern branchenüblich ist, dass Provisionen ausgekehrt werden.

Letztlich unterhält der Kläger zu 2. auch keine eigene Betriebsstätte.

d. Der Kläger zu 2. ist nicht ähnlich einem Handelsvertreter tätig. Handelsvertreter ist, wer als selbstständiger Gewerbetreibender ständig damit betraut ist, für einen anderen Unternehmer (Unternehmer) Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen, § 84 Abs. 1 S. 1 Handelsgesetzbuch - HGB. Gemäß § 84 Abs 1 Satz 2 HGB - ist selbstständig, wer im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Wie oben dargelegt, werden dem Kläger zu 2. sowohl ein genauer Arbeitsplan in Form der zu erfüllenden Aufgaben sowie ein Arbeitspensum in Gestalt der Zielvorgabe von ca. 7 Besuchen pro Tag vorgegeben. Zusätzlich sprechen das fehlende Unternehmerrisiko und spiegelbildlich die fehlende Unternehmerchance aufgrund des geringen Provisionsanteils auch handelsrechtlich gegen das Vorliegen einer Handelsvertretung (vgl. Baumbach/Hopt/Hopt, HGB, 36. Auflage 2014, § 84 Rn. 38). Demgemäß führt Rittweger (in: BeckOK SGB IV § 7 Rn. 10 k) aus, dass (die im vorliegenden Fall gegebenen) Weisungen zur Art der Tätigkeit, detaillierte Berichtspflichten in kurzen Abständen, vorgegebene Räumlichkeiten des Auftraggebers sowie die Gestellung bestimmter vom Arbeitgeber überwachbarer oder auswertbarer Soft- und Hardware gegen Selbstständigkeit spricht.

Der Kläger zu 2. ist daher allenfalls als Handlungsgehilfe einzuordnen (zur Abgrenzung vgl. ausführlich Bayer. LSG, Urteil vom 28.06.2005, L 5 KR 109/04, Rn. 24 ff.). Hierfür spricht auch das Fehlen eines geschützten Absatzgebiets.

3. Der Kläger zu 2. ist daher in der Gesamtschau abhängig beschäftigt. Die Merkma-le für Selbständigkeit (insbesondere die zeitliche Verfügungsmöglichkeit und die Möglichkeit, sich vertreten zu lassen und für andere Auftraggeber tätig zu werden) vermögen daran im Ergebnis nichts zu ändern. Insbesondere das fehlende Unternehmertum beim Kläger zu 2., der durch die Klägerin zu 1. vorgegebene Workflow, die erhebliche Einbindung des Klägers zu 2. in die Betriebsorganisation der Klägerin zu 1. durch das Ameo-System, die im wesentlichen nicht erfolgsabhängige Vergütung des Klägers zu 2. und schließlich die lange Vertragslaufzeit von jeweils einem Jahr mit nur einem Auftraggeber (Klägerin zu 1.) und einem übergeordneten Auftraggeber ( D.) prägen das Vertragsverhältnis zwischen den Klägern.

Letztlich liegt nach der Überzeugung der Kammer ein Outsourcing des Außendienstes von D. unter Missachtung der Sozialversicherungspflicht vor.

4. Eine andere rechtliche Bewertung des Sachverhalts ergibt sich auch nicht aus dem Urteil des Bayer. LSG vom 12.11.2013 (Az. L 5 R 800/10), bei dem auch der Status eines Verkaufsförderers der Klägerin zu 1. streitig war. Die Vergütung der dortigen Auftragnehmerin war insbesondere prämienbasiert, so dass vom erkennenden Senat ein wesentliches unternehmerisches Element festgestellt wurde. Unternehmertum liegt beim Kläger zu 2. nach Überzeugung der Kammer aber gerade nicht vor. Zudem konnte die Auftragnehmerin (im vom Bayer. LSG entschiedenen Fall) auf die Platzierung der Waren etwa durch Verhandlungen mit den Marktleitern und eigenen schriftlichen Absprachen Einfluss nehmen. Sie konnte mithin selbst über die Platzierung der Waren im Regal entscheiden, was dem Kläger zu 2. nicht möglich ist.

5. Nach allem war die Klage abzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG und berücksichtigt hierbei die Tatsache, dass die Klägerin zu 1. an der Privilegierung des Klägers zu 2. teilhat (vgl. BSG, Urteil vom 29.5.2006, B 2 U 391/05 B). Eine Kostentragungspflicht der Beklagten war nicht veranlasst, da das Unterliegen der Klägerin im Hinblick auf den Zeitraum vom 1.8.2008 bis zum 1.2.2009 in Relation zum gesamten streitigen Zeitraum vernachlässigbar ist.
Rechtskraft
Aus
Saved