Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 8 U 894/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 U 1343/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 12. Februar 2014 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung der Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) streitig.
Der am 22.02.1979 geborene Kläger absolvierte vom 01.09.1997 bis zum 31.01.2000 bei der J. Dr. J. GmbH & Co KG eine Ausbildung zum Werkzeugmacher und ist seither in diesem Beruf bei diesem Betrieb berufstätig.
Die BKK P. zeigte bei der Beklagten mit Schreiben vom 06.08.2012 den Verdacht auf eine Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV an. Aus dem beigefügten Verzeichnis ergeben sich Zeiten der Arbeitsunfähigkeit unter anderem wegen einer Bursopathie an Schulter, Oberarm und Ellenbogen vom 20.08.2007 bis zum 01.09.2007, einer Epikondylitis radialis humeri am 31.08.2010 und 13.09.2010, einem Karpaltunnel-Syndrom vom 15.09.2010 bis zum 15.10.2010, einer Epikondylitis radialis humeri vom 06.07.2011 bis zum 12.08.2011, vom 15.08.2011 bis zum 19.08.2011, vom 24.08.2011 bis zum 09.09.2011, am 14.09.2011, vom 28.03.2012 bis zum 11.05.2012 und seit 13.06.2012. Der Kläger machte in dem von ihm am 17.08.2012 ausgefüllten Fragebogen Angaben zu seiner beruflichen Tätigkeit und führte aus, seit circa 2008 an Schulterproblemen und circa 2010 an einer Epikondylitis zu leiden. Die Beklagte holte den Befundbericht der Internistin W. vom 05.09.2012 ein. Diese berichtete über das seit November 2009 behandelte Ulnaris-Syndrom und Karpaltunnel-Syndrom sowie über die im September 2010 diagnostizierte Epicondylitis humeri radialis. Beigefügt waren diverse Arztbriefe der den Kläger behandelnden Orthopäden, der Universitätskliniken H. und F. sowie ein ärztlicher Entlassungsbericht der Reha-Klinik S. über eine vom 13.06.2012 bis zum 04.07.2012 durchlaufene stationäre Rehabilitationsmaßnahme. Sodann machte die Arbeitgeberin des Klägers unter dem 07.09.2012 Angaben zu seiner beruflichen Tätigkeit und führte dabei insbesondere aus, der Kläger habe schon im Rahmen seiner Lehrzeit Probleme mit seinem rechten Arm gehabt. Ferner holte die Beklage die Befundberichte des Chirurgen Dr. L. vom 14.09.2012 und des O.-Klinikums K. vom 19.09.2012 ein.
Sodann nahm der Präventionsdienst der Beklagten unter dem 26.09.2012 zur Arbeitsplatzexposition des Klägers Stellung. Er führte zu dem Ausbildungszeitraum vom 01.09.1997 bis zum 31.01.2000 aus, der Kläger habe circa zwei- bis dreimal pro Woche für 10 bis 30 Minuten mit einem zylindrischen, 5 Kilogramm schweren Kupferbolzen an Spritzgießwerkzeugen defekte Teile herausgeschlagen. Ein ausgeführter Schlag habe circa 2 Sekunden gedauert. Auch habe der Kläger pro Monat ungefähr 3 Tage lang manuell Düsen mit Schmirgelpapier poliert. Die Vor- und Rückwärtsbewegungen beim Polieren hätten 1 Sekunde gedauert. Ferner habe er Dreh-, Fräß- und Bohrarbeiten sowie Arbeiten mit Innensechskantschlüsseln durchgeführt. Während seiner beruflichen Tätigkeit seit dem 01.02.2000 habe er pro Tag 10 bis 30 Minuten die Tätigkeiten mit dem Kupferbolzen, circa 30 Minuten das Polieren der Düsen und von Konturen sowie weiterhin Dreh-, Fräß- und Bohrarbeiten und Schraubarbeiten mit Innensechskantschlüsseln durchgeführt. Zusätzlich habe er Kunststoffkappen mit einem 400 bis 500 Gramm schweren Hammer und einem 100 Gramm schweren Messingmeisel aus den Heizkanälen herausgeschlagen. Diese Tätigkeit habe er pro Tag circa 40 bis 60 Minuten mit einer Frequenz von 2 Schlägen pro Sekunde durchgeführt. Außerdem habe er O-Ringe auf den sogenannten Kern montiert, wobei die circa 2 Kilogramm schweren Teile in der Hand vor dem Körper gehalten und mittels Fett die O-Ringe aufgeschoben worden seien. Ferner habe er Konturen poliert, indem eine zylindrische Stange mit Schmirgel- beziehungsweise Schleifpapier umwickelt und vor- und rückwärts bewegt worden sei. Diese Tätigkeit sei manchmal am Tag bis zu 8 Stunden durchgeführt worden. Die sogenannten Abstreifer seien mit einem 1,7 Kilogramm schweren Kupferhammer aus den Werkzeugen herausgeschlagen und anschließend in einer Drehmaschine eingespannt und mit Schmirgelpapier poliert worden. Ein Schlagschrauber sei selten eingesetzt worden, da bei diesen Tätigkeiten eine störende Lärmbelästigung aufgetreten sei. Der Präventionsdienst kam zu dem Ergebnis, dass repetitive, kurzzyklische, feinmotorische Handtätigkeiten mit 3 Bewegungsabläufen pro Sekunde nicht erreicht worden seien. Auch hätten die repetitiven Bewegungsabläufe einen zeitlichen Anteil von mehr als 3 Stunden pro Tag nicht erreicht. Die Voraussetzungen der Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV seien mithin nicht erfüllt.
In ihrer Stellungnahme vom 05.11.2012 schlug die Staatliche Gewerbeärztin E. die Epicondylitis rechts nicht als Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV vor. Mit Bescheid vom 06.12.2012 führte die Beklagte aus, die Beschwerden im Bereich des rechten Ellenbogens seien keine Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV und die Beschwerden im Bereich des rechten Schultergelenks seien kein Versicherungsfall wie eine Berufskrankheit. Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung würden nicht erbracht. Ein Anspruch auf präventive Leistungen bestehe nicht. Sie hat in Bezug auf die Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV zur Begründung ausgeführt, nach der arbeitstechnischen Beurteilung der vom Kläger verrichteten Tätigkeiten sei der zeitliche Anteil der einzelnen Bewegungsabläufe nicht geeignet gewesen, eine Epikondylitis zu verursachen.
Den hiergegen am 02.01.2012 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 06.02.2013 zurück. Sie führte in ihrer Begründung in Bezug auf die Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV ergänzend aus, insbesondere würden wiederholende, kurzfristige feinmotorische Handtätigkeiten nicht mit der erforderlichen Frequenz von 3 Bewegungsabläufen pro Sekunde ausgeführt. Die sich wiederholenden Bewegungsabläufe nähmen bei der Tätigkeit des Klägers zudem einen zu geringen zeitlichen Anteil an seiner gesamten Tätigkeit ein, der 3 Stunden pro Tag nicht überschreite.
Hiergegen hat der Kläger am 26.02.2013 Klage zum Sozialgericht Freiburg erhoben. Der Kläger hat zunächst den Bericht der Radiologie B. über die am 25.03.2013 durchgeführte Kernspintomographie des linken Ellenbogens vorgelegt.
Sodann hat das Sozialgericht von Amts wegen das Gutachten des Dr. P., Chefarzt der Orthopädie der S., vom 01.08.2013 eingeholt. Der Sachverständige hat darauf hingewiesen, der Kläger habe angegeben, dass er bereits während der dreijährigen Ausbildungszeit mit begrenzten manuellen Tätigkeiten rezidivierend auftretende Probleme mit dem rechten Arm beklagt habe. Dieser Sachverhalt unterstütze die Annahme einer konstitutionell, anlagebedingten geminderten Beanspruchbarkeit der Strecksehnen an den Ellenbogen. Während der Weiterbeschäftigung nach der Lehre seien einseitige manuelle Tätigkeiten mit begrenzter Zeitbelastung zwischen 30 und 60 Minuten am Stück durchgeführt worden. Nur gelegentlich sei es zu achtstündigen Poliertätigkeiten am Tag gekommen. Auch dieser Sachverhalt bestätige, dass repetitive, kurzzyklische, feinmotorische Handtätigkeiten mit 3 Bewegungsabläufen pro Sekunde nicht durchgeführt worden seien. Somit seien die arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Anerkennung der Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV nicht erfüllt. Der Sachverständige hat ferner ausgeführt, die Kernspintomographie des linken Ellenbogens vom 25.03.2013 habe auch Zeichen einer chronischen Epikondylitis humeri radialis als Rechtshänder gezeigt. Anzunehmen sei, dass der linke Arm während der beruflichen Tätigkeiten weniger beansprucht worden sei als der rechte Arm, so dass bei deutlicher Minderbelastung des linken Armes eine beruflich unabhängige Ursache anzunehmen sei. Die Tatsache einer auch am weniger belasteten linken Ellenbogen auftretenden Epikondylitis humeri radialis unterstütze die Annahme einer beruflich unabhängigen konstitutionell, anlagebedingten Beanspruchbarkeit der Sehnenansätze an den Ellenbogengelenken. Ferner habe die nach dem Leistungsverzeichnis der BKK P. erstmals im Jahr 2007 dokumentierte Oberarm- und Ellenbogenproblematik nicht zu einer darauffolgenden Unterlassung der manuell belastenden Tätigkeiten geführt. Eine anhaltende Arbeitsunfähigkeit bestehe erst sei 28.08.2012. In der Zusammenschau sprächen wesentlich mehr Einzelfaktoren gegen als für eine Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV. Der berufliche Anteil sei der mit Wahrscheinlichkeit vorliegenden konstitutionell geminderten Beanspruchbarkeit der Sehnenansätze nachgeordnet.
Hierzu hat der Kläger ausgeführt, es treffe entgegen den Angaben seiner Arbeitgeberin nicht zu, dass er schon während seiner Lehrzeit Probleme am rechten Arm gehabt habe. Vielmehr seien diese Probleme nach dem Leistungsverzeichnis der BKK P. erst seit November 2009 aufgetreten. Ferner habe entgegen den Ausführungen des Sachverständigen eine anhaltende Arbeitsunfähigkeit nicht erst seit 28.08.2012, sondern bereits vom 06.07.2011 bis zum 14.09.2011 und sodann seit 28.03.2012 vorgelegen.
Dr. P. hat in seiner ergänzenden gutachtlichen Stellungnahme vom 23.09.2012 ausgeführt, er habe die Angaben der Arbeitgeberin des Klägers gutachterlich verwertet. Häufig stimmten beginnende klinische Symptome am Bewegungsapparat nicht mit der Erstdokumentation im Vorerkrankungsverzeichnis von Krankenkassen überein, da die Versicherten häufig erst zeitlich verzögert arbeitsunfähig würden. Die Arbeitsunfähigkeit vom 06.07.2011 bis zum 14.09.2011 habe sich auf die vorbestehende operative Behandlung sowie auf die daraufhin durchgeführte Nachbehandlung bezogen. Er hat erneut darauf hingewiesen, bei Vorliegen einer beruflich bedingten Erkrankung der Sehnenansätze am rechten Ellenbogen als Rechtshänder sei eine gleiche Symptomatik auch an der weniger belasteten linken Ellenbogenseite wenig wahrscheinlich. Die Tatsache, dass auch an der nicht dominanten Armseite gleiche Sehnenansatzprobleme am Ellenbogen aufträten, unterstütze die Annahme einer konstitutionell bedingten geminderten Beanspruchbarkeit des Sehnenansatzgewebes, so dass mit hinreichender Wahrscheinlichkeit festgestellt werden könne, dass eine beruflich bedingte Mitverursachung des Beschwerdebildes an beiden Ellenbogengelenken den berufsfremden, konkurrierenden Faktoren wesentlich nachgeordnet sei.
Auf Anfrage des Prozessbevollmächtigten des Klägers hat die Arbeitgeberin des Klägers mit Schreiben vom 15.10.2013 ausgeführt, der direkte Vorgesetzte des Klägers während der Ausbildung habe dargelegt, es stimme, dass der Kläger gelegentlich über Schmerzen im Arm geklagte habe. Sodann hat der Kläger das Attest der Internistin W. vom 31.10.2013 vorgelegt, wonach vor November 2009 keine Beschwerden im Bereich des rechten Ellenbogens dokumentiert seien. Ferner hat der Kläger den Begehungsbericht der B. G. und S. GmbH vom 10.07.2011 vorgelegt, wonach die von ihm verrichteten Arbeiten geeignet seien, die von ihm beklagten Beschwerden auszulösen. Er hat einen weiteren Bericht der B. G. und S. GmbH vom 06.11.2013 vorgelegt, wonach die arbeitsmedizinischen Untersuchungen vom 02.12.2004 und 02.07.2007 "leer" gewesen seien, so dass die Beschwerden des Klägers danach aufgetreten sein müssten.
Mit Urteil vom 12.02.2014 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, nach der Stellungnahme des Präventionsdienstes der Beklagten zur Arbeitsplatzexposition sei eine repetitive kurzzyklische feinmotorische Handtätigkeit mit 3 Bewegungsabläufen pro Sekunde sowie ein zeitlicher Anteil von mehr als 3 Stunden pro Tag nicht erreicht worden, so dass die im Ärztlichen Merkblatt zur Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV aufgeführten arbeitstechnischen Voraussetzungen nicht erfüllt seien. Ferner habe Dr. P. in seinem Gutachten samt Stellungnahme schlüssig und nachvollziehbar den beruflichen Zusammenhang der Epicondylitis verneint, da sich auch am weniger belasteten linken Ellenbogen Zeichen einer chronischen Reizsymptomatik der Sehnenansätze zeigten.
Gegen das ihm am 06.03.2014 zugestellte Urteil des Sozialgerichts hat der Kläger am 19.03.2014 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Er macht nur noch die Feststellung der Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV geltend und trägt vor, die gesamten von ihm durchgeführten Arbeits- und Bewegungsabläufe seien mit erhöhtem Krafteinsatz ausgeführt worden. Es habe nahezu keine Tätigkeiten gegeben, bei denen nicht das Hand-Arm-System eingesetzt oder Arbeitsmittel mit Kraft- und Druckeinwirkung bedient worden seien. Es könne daher nicht allein darauf ankommen, ob die kurzzyklischen Tätigkeiten nun dreimal pro Sekunde oder zweimal pro Sekunde gedauert hätten oder wie beziehungsweise in welchem zeitlichen Umfang die Tätigkeiten insgesamt ausgeführt worden seien. Die angegebenen Werte in der Arbeitsplatzexposition seien lediglich Schätzwerte gewesen. Unstreitig sei aber, dass alle Tätigkeiten entweder erhöhte Kraft erforderten oder langandauernd ausgeübt worden seien. Dem entsprechend sei ein übergreifendes arbeitsmedizinisches Gutachten einzuholen, da die Belastungen und Beanspruchungen in Abhängigkeit vom genauen Tätigkeitsprofil und der konkreten Arbeitsbedingungen so vielfältig seien, dass nur eine exakte Bestandsaufnahme vor Ort diese Fragestellung beantworten könne. Der Kläger hat weiter ausgeführt, seine Beschwerden am linken Ellenbogen seien nun vollständig zurückgegangen. Aufgrund der Nicht-Einsatzfähigkeit seines rechten Armes müsse er immer wieder auf den linken Arm zurückgreifen, woraus eine kurzzeitige Überbelastung des linken Armes resultiert habe. Hierzu hat der Kläger das Attest des Orthopäden Dr. C. vom 20.03.2014 vorgelegt, in dem dieser bestätigt hat, dass die Epikondylitis humeri radialis links Folge einer Überlastung gewesen sei. Die diesbezüglichen Beschwerden seien nach circa 5 Wochen abgeklungen. Momentan bestünden keine Beschwerden mehr. Der Kläger ist ferner der Ansicht, es möge überprüft werden, ob die Voraussetzungen des Ärztlichen Merkblattes zur Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV dem in der EU-Vibrationsrichtlinie 2002/44/EG vom 25.06.2002 genannten Voraussetzungen entsprächen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 12. Februar 2014 sowie den Bescheid der Beklagten vom 6. Dezember 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Februar 2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie weist darauf hin, die arbeitstechnischen Voraussetzungen zum Entstehen einer Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV seien nicht erfüllt. Die vom Kläger beantragte Überprüfung des Ärztlichen Merkblattes zur Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV auf etwaige Widersprüche zu der EU-Vibrationsrichtlinie 2002/44/EG vom 25.06.2002 sei nicht von ihr vorzunehmen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143 und 144 Sozialgericht (SGG) statthafte, nach § 151 Abs. 2 SGG form- und fristgerechte sowie auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist die Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Freiburg vom 12.02.2014, soweit mit ihm die auf die Feststellung der Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV erhobene Klage des Klägers gegen den Bescheid der Beklagten vom 06.12.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.02.2013 abgewiesen worden ist. Der Kläger erstrebt nach richtiger Auslegung seines Klagebegehrens die Aufhebung dieses Bescheides, mit dem unter anderem die Feststellung der Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV abgelehnt worden ist, und die Verurteilung der Beklagten hierzu. Diese prozessualen Ziele verfolgt der Kläger zulässigerweise gemäß § 54 Abs. 1 S. 1 Alt. 1, Abs. 4 SGG mit der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage.
Die Beklagte hat zu Recht die Feststellung der Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV abgelehnt.
Gemäß § 9 Abs. 1 S. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) sind Berufskrankheiten Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Gemäß § 9 Abs. 1 S. 2 SGB VII wird die Bundesregierung ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann dabei bestimmen, dass die Krankheiten nur dann Berufskrankheiten sind, wenn sie durch Tätigkeiten in bestimmten Gefährdungsbereichen verursacht worden sind oder wenn sie zur Unterlassung aller Tätigkeiten geführt haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ist für die Feststellung einer Listen-Berufskrankheit erforderlich, dass die Verrichtung einer grundsätzlich versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder ähnlichem auf den Körper geführt hat (Einwirkungskausalität) und diese Einwirkungen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, die Verrichtung, die Einwirkungen und die Krankheit im Sinne des Vollbeweises - also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit - vorliegen. Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt indes die hinreichende Wahrscheinlichkeit, allerdings nicht die bloße Möglichkeit (BSG, Urteil vom 04.07.2013 - B 2 U 11/12 R - juris Rz. 12 unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 29.11.2011 - B 2 U 26/10 R - juris; BSG, Urteil vom 15.09.2011 - B 2 U 25/10 R - juris; BSG, Urteil vom 15.09.2011 - B 2 U 22/10 R - juris; BSG, Urteil vom 02.04.2009 - B 2 U 30/07 R - juris; BSG, Urteil vom 02.04.2009 - B 2 U 9/08 R - juris).
In der Anlage 1 zur BKV ist unter Nr. 2101 folgende Berufskrankheit bezeichnet: "Erkrankungen der Sehnenscheiden oder des Sehnengleitgewebes sowie der Sehnen- oder Muskelansätze, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können."
Der Tatbestand der Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV definiert die Merkmale der erforderlichen beruflichen Einwirkungen nicht. Nach der Rechtsprechung des BSG verletzt der Umstand, dass Rechtsbegriffe in der Definition einer Berufskrankheit auslegungsbedürftig und -fähig sind, nicht das rechtsstaatliche Bestimmtheitsgebot. Vielmehr ist es Aufgabe der Versicherungsträger und Gerichte, unter Berücksichtigung der Gesetzesmaterialien sowie anhand der Vorgaben des vom Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung herausgegebenen Ärztlichen Merkblatts zur Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV, die für diese Berufskrankheit vorausgesetzten beruflichen Einwirkungen näher zu konkretisieren. Solchen Merkblättern kommt zwar keine rechtliche Verbindlichkeit zu, sie sind allerdings als Interpretationshilfe und zur Wiedergabe des bei seiner Herausgabe aktuellen medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisstands heranzuziehen (BSG, Urteil vom 04.07.2013 - B 2 U 11/12 R - juris Rz. 12-14 unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 18.11.2008 - B 2 U 14/08 R - juris; BSG, Urteil vom 12.04.2005 - B 2 U 6/04 R - juris; BSG, Urteil vom 18.08.2004 - B 8 KN 1/03 U R - juris; BSG, Urteil vom 18.03.2003 - B 2 U 13/02 R - juris; BSG, Urteil vom 23.03.1999 - B 2 U 12/98 R - juris)
Das Sozialgericht hat in der angefochtenen Entscheidung zutreffend und umfassend dargestellt und ausgeführt, weshalb die Beklagte im vorliegenden Verfahren zu Recht die Feststellung einer Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV abgelehnt hat. Der Senat schließt sich gemäß § 153 Abs. 2 SGG diesen Ausführungen nach eigener Prüfung unter Verweis auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils zur Vermeidung von Wiederholungen an.
Der Senat führt vertiefend aus, dass es sich bei der Epikondylitis humero radialis, an der der Kläger nach dem Gutachten des Dr. P. leidet, zwar grundsätzlich um eine als Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV in Betracht kommende Erkrankung handelt (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage, S. 1164; Ärztliches Merkblatt unter II. 2. - veröffentlicht bei: Mehrtens/Brandenburg, Die Berufskrankheitenverordnung, Kommentar, M 2101 Anm. 4.1; Lauterbach, Unfallversicherung [SGB VII], § 9, Anhang IV, 2101, Anm. III, 5.), die Anerkennung dieser Erkrankung als Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV aber daran scheitert, dass die arbeitstechnischen Voraussetzungen nicht vorliegen.
Nach dem Ärztlichen Merkblatt zur Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV sind für diese Berufskrankheit eine einseitige langdauernde mechanische Beanspruchung und ungewohnte Arbeiten aller Art bei fehlender oder gestörter Anpassung ursächlich. Hierunter sind nach der unfallmedizinischen Fachliteratur kurzzyklische, repetitive, feinmotorische Handtätigkeiten mit sehr hoher Bewegungsfrequenz von mindestens 3 Bewegungsabläufen pro Sekunde (wie zum Beispiel beim Maschinenschreiben und Klavierspielen), hochfrequente, gleichförmige, feinmotorische Tätigkeiten bei unphysiologischer, achsenungünstiger Auslenkung des Handgelenks (wie zum Beispiel beim Stricken, Handnähen, Stopfen und Verwenden von Tastatur und Maus als Eingabegerät des PC), repetitive Manipulationen mit statischen und dynamischen Anteilen mit hoher Auslenkung des Handgelenks bei gleichzeitig hoher Kraftanwendung (wie zum Beispiel beim Drehen, Montieren, Bügeln oder Obstpflücken), forcierte Dorsalextension der Hand (wie zum Beispiel Rückhandschlag beim Tennis, Hämmern) oder monoton wiederholte oder plötzlich einsetzende Aus- und Einwärtsdrehungen der Hand und des Vorderarmes (zum Beispiel beim Betätigen eines Schraubendrehers) zu fassen, wobei die tägliche Einwirkungsdauer mindestens 3 Stunden und die Gesamtbelastungszeit in der Regel 5 Jahre betragen sollte. Dabei gilt, dass eine Aufsummierung dieser ganz unterschiedlichen Belastungen und Beanspruchungen nicht möglich ist (Anmerkungen zum Ärztlichen Merkblatt, Mehrtens/Brandenburg, Die Berufskrankheitenverordnung, Kommentar, M 2101, Anm. 4.1 und 4.3; Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage, S. 1165 und 1166). Da der organisch und funktionell gesunde Bewegungsapparat durchschnittlichen und sogar hohen Berufsbelastungen weitgehend gewachsen ist, sind zur Krankheitsverursachung repetitive Arbeitsverrichtungen mit statischen und dynamischen Anteilen, bei denen eine einseitige, von der Ruhestellung stark abweichende Haltung der Gliedmaßen erforderlich ist, zu verlangen. Ferner muss es sich um kurzzyklische, immer wiederkehrende Bewegungsabläufe handeln, bei denen im Handbereich die gleichen Muskeln und Sehnen unter gleichartiger Belastung betätigt werden. Dabei ist insbesondere eine sich ständig wiederholende Zugbeanspruchung der Sehnenansätze erforderlich. In Betracht kommen auch solche repetitiven Arbeitsverrichtungen, bei denen eine wiederholte grobe Kraftanwendung bei hoher Auslenkung des Handgelenks im Sinne einer unphysiologischen Haltung erforderlich ist (Hessisches LSG, Urteil vom 29.10.2013 - L 3 U 28/10 - juris).
Von diesen Vorgaben ausgehend hat der Präventionsdienst der Beklagten zur Überzeugung des erkennenden Senats dargelegt und begründet, dass die vom Kläger ausgeübte berufliche Tätigkeit nicht als wesentliche (Mit-)Ursache für die Entstehung einer Epikondylitis anzuerkennen ist. So haben die circa zwei- bis dreimal pro Woche für 10 bis 30 Minuten mit einem zylindrischen, 5 Kilogramm schweren Kupferbolzen an Spritzgießwerkzeugen ausgeführten Schläge circa 2 Sekunden, die an ungefähr 3 Tagen pro Monat für 30 Minuten ausgeführten Vor- und Rückwärtsbewegungen beim Polieren 1 Sekunde und die pro Tag für 40 bis 60 Minuten mit einem 400 bis 500 Gramm schweren Hammer und einem 100 Gramm schweren Messingmeisel erfolgten Schläge auf Kunststoffkappen 0,5 Sekunden gedauert und damit die erforderliche Frequenz von 3 Bewegungsabläufen pro Sekunde, also 1 Bewegungsablauf pro 0,33 Sekunden, nicht erreicht. Auch hinsichtlich dem Vor- und Rückwärtsbewegen von Schmirgel- beziehungsweise Schleifpapier beim Polieren von Konturen, den Schlägen mit einem 1,7 Kilogramm schweren Kupferhammer und dem seltenen Einsatz eines Schlagschraubers sind keine Angaben aktenkundig, die eine solche Frequenz nahelegen. Ferner handelt es sich bei den übrigen vom Kläger ausgeführten Tätigkeiten, wie den Dreh-, Fräß- und Bohrarbeiten, Arbeiten mit Innensechskantschlüsseln und Montieren von O-Ringen nicht um Tätigkeiten, die den im Ärztlichen Merkblatt zur Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV beschriebenen Tätigkeiten entsprechen. Der Präventionsdienst ist daher zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass repetitive, kurzzyklische, feinmotorische Handtätigkeiten mit 3 Bewegungsabläufen pro Sekunde nicht erreicht worden sind und die repetitiven Bewegungsabläufe einen zeitlichen Anteil von mehr als 3 Stunden pro Tag nicht erreicht haben. Auch handelt es sich bei den vom Kläger verrichteten Tätigkeiten weder um solche bei unphysiologischer, achsenungünstiger Auslenkung des Handgelenks, noch um solche mit hoher Auslenkung des Handgelenks bei gleichzeitig hoher Kraftanwendung, forcierter Dorsalextension der Hand oder mit monoton wiederholten oder plötzlich einsetzenden Aus- und Einwärtsdrehungen der Hand und des Vorderarmes, so dass die arbeitstechnischen Voraussetzungen der Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV nicht erfüllt sind, was im Übrigen auch Dr. P. in seinem Gutachten bestätigt hat.
Aus dem Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren ergibt sich keine andere rechtliche Beurteilung. Entgegen seinen Ausführungen kommt es eben gerade darauf an, wie oft die zyklischen Tätigkeiten durchgeführt und in welchem zeitlichen Umfang sie insgesamt ausgeführt worden sind. Angesichts der vom Präventionsdienst der Beklagten im Beisein des Klägers und seiner Arbeitgeberin erhobenen Arbeitsplatzexposition sieht sich der Senat nicht dazu gedrängt, von Amts wegen ein arbeitsmedizinisches Gutachten einzuholen. Eine exaktere Bestandsaufnahme des Tätigkeitsprofils und der konkreten Arbeitsbedingungen ist hiervon nicht zu erwarten, zumal der Kläger eine höhere Frequenz der Bewegungsabläufe selbst nicht dargelegt hat. Der Senat folgt dem Kläger auch nicht darin, unter Heranziehung der EU-Vibrationsrichtlinie 2002/44/EG vom 25.06.2002 andere als die im Ärztlichen Merkblatt zur Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV und der unfallmedizinischen Fachliteratur genannten arbeitstechnischen Voraussetzungen zu Grunde zu legen. Denn die EU-Vibrationsrichtlinie 2002/44/EG vom 25.06.2002 beinhaltet lediglich Mindestvorschriften zum Schutz von Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer gegen tatsächliche oder mögliche Gefährdungen und hat daher lediglich präventiven Charakter. Sie richtet sich im Wesentlichen an die Arbeitgeber, die nach Überschreiten des in der Richtlinie genannten Expositionsgrenzwertes Maßnahmen zu ergreifen haben, die Exposition auf einen Wert unterhalb des Expositionsgrenzwertes zu senken. Aus der Richtlinie lässt sich ferner nur ein Anspruch des Arbeitnehmers auf eine angemessene Gesundheitsüberwachung ableiten. Wegen dieses präventiven Charakters ist die EU-Vibrationsrichtlinie 2002/44/EG vom 25.06.2002 nicht geeignet, die arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Feststellung der Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV zu definieren.
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorlie-gen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung der Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) streitig.
Der am 22.02.1979 geborene Kläger absolvierte vom 01.09.1997 bis zum 31.01.2000 bei der J. Dr. J. GmbH & Co KG eine Ausbildung zum Werkzeugmacher und ist seither in diesem Beruf bei diesem Betrieb berufstätig.
Die BKK P. zeigte bei der Beklagten mit Schreiben vom 06.08.2012 den Verdacht auf eine Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV an. Aus dem beigefügten Verzeichnis ergeben sich Zeiten der Arbeitsunfähigkeit unter anderem wegen einer Bursopathie an Schulter, Oberarm und Ellenbogen vom 20.08.2007 bis zum 01.09.2007, einer Epikondylitis radialis humeri am 31.08.2010 und 13.09.2010, einem Karpaltunnel-Syndrom vom 15.09.2010 bis zum 15.10.2010, einer Epikondylitis radialis humeri vom 06.07.2011 bis zum 12.08.2011, vom 15.08.2011 bis zum 19.08.2011, vom 24.08.2011 bis zum 09.09.2011, am 14.09.2011, vom 28.03.2012 bis zum 11.05.2012 und seit 13.06.2012. Der Kläger machte in dem von ihm am 17.08.2012 ausgefüllten Fragebogen Angaben zu seiner beruflichen Tätigkeit und führte aus, seit circa 2008 an Schulterproblemen und circa 2010 an einer Epikondylitis zu leiden. Die Beklagte holte den Befundbericht der Internistin W. vom 05.09.2012 ein. Diese berichtete über das seit November 2009 behandelte Ulnaris-Syndrom und Karpaltunnel-Syndrom sowie über die im September 2010 diagnostizierte Epicondylitis humeri radialis. Beigefügt waren diverse Arztbriefe der den Kläger behandelnden Orthopäden, der Universitätskliniken H. und F. sowie ein ärztlicher Entlassungsbericht der Reha-Klinik S. über eine vom 13.06.2012 bis zum 04.07.2012 durchlaufene stationäre Rehabilitationsmaßnahme. Sodann machte die Arbeitgeberin des Klägers unter dem 07.09.2012 Angaben zu seiner beruflichen Tätigkeit und führte dabei insbesondere aus, der Kläger habe schon im Rahmen seiner Lehrzeit Probleme mit seinem rechten Arm gehabt. Ferner holte die Beklage die Befundberichte des Chirurgen Dr. L. vom 14.09.2012 und des O.-Klinikums K. vom 19.09.2012 ein.
Sodann nahm der Präventionsdienst der Beklagten unter dem 26.09.2012 zur Arbeitsplatzexposition des Klägers Stellung. Er führte zu dem Ausbildungszeitraum vom 01.09.1997 bis zum 31.01.2000 aus, der Kläger habe circa zwei- bis dreimal pro Woche für 10 bis 30 Minuten mit einem zylindrischen, 5 Kilogramm schweren Kupferbolzen an Spritzgießwerkzeugen defekte Teile herausgeschlagen. Ein ausgeführter Schlag habe circa 2 Sekunden gedauert. Auch habe der Kläger pro Monat ungefähr 3 Tage lang manuell Düsen mit Schmirgelpapier poliert. Die Vor- und Rückwärtsbewegungen beim Polieren hätten 1 Sekunde gedauert. Ferner habe er Dreh-, Fräß- und Bohrarbeiten sowie Arbeiten mit Innensechskantschlüsseln durchgeführt. Während seiner beruflichen Tätigkeit seit dem 01.02.2000 habe er pro Tag 10 bis 30 Minuten die Tätigkeiten mit dem Kupferbolzen, circa 30 Minuten das Polieren der Düsen und von Konturen sowie weiterhin Dreh-, Fräß- und Bohrarbeiten und Schraubarbeiten mit Innensechskantschlüsseln durchgeführt. Zusätzlich habe er Kunststoffkappen mit einem 400 bis 500 Gramm schweren Hammer und einem 100 Gramm schweren Messingmeisel aus den Heizkanälen herausgeschlagen. Diese Tätigkeit habe er pro Tag circa 40 bis 60 Minuten mit einer Frequenz von 2 Schlägen pro Sekunde durchgeführt. Außerdem habe er O-Ringe auf den sogenannten Kern montiert, wobei die circa 2 Kilogramm schweren Teile in der Hand vor dem Körper gehalten und mittels Fett die O-Ringe aufgeschoben worden seien. Ferner habe er Konturen poliert, indem eine zylindrische Stange mit Schmirgel- beziehungsweise Schleifpapier umwickelt und vor- und rückwärts bewegt worden sei. Diese Tätigkeit sei manchmal am Tag bis zu 8 Stunden durchgeführt worden. Die sogenannten Abstreifer seien mit einem 1,7 Kilogramm schweren Kupferhammer aus den Werkzeugen herausgeschlagen und anschließend in einer Drehmaschine eingespannt und mit Schmirgelpapier poliert worden. Ein Schlagschrauber sei selten eingesetzt worden, da bei diesen Tätigkeiten eine störende Lärmbelästigung aufgetreten sei. Der Präventionsdienst kam zu dem Ergebnis, dass repetitive, kurzzyklische, feinmotorische Handtätigkeiten mit 3 Bewegungsabläufen pro Sekunde nicht erreicht worden seien. Auch hätten die repetitiven Bewegungsabläufe einen zeitlichen Anteil von mehr als 3 Stunden pro Tag nicht erreicht. Die Voraussetzungen der Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV seien mithin nicht erfüllt.
In ihrer Stellungnahme vom 05.11.2012 schlug die Staatliche Gewerbeärztin E. die Epicondylitis rechts nicht als Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV vor. Mit Bescheid vom 06.12.2012 führte die Beklagte aus, die Beschwerden im Bereich des rechten Ellenbogens seien keine Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV und die Beschwerden im Bereich des rechten Schultergelenks seien kein Versicherungsfall wie eine Berufskrankheit. Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung würden nicht erbracht. Ein Anspruch auf präventive Leistungen bestehe nicht. Sie hat in Bezug auf die Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV zur Begründung ausgeführt, nach der arbeitstechnischen Beurteilung der vom Kläger verrichteten Tätigkeiten sei der zeitliche Anteil der einzelnen Bewegungsabläufe nicht geeignet gewesen, eine Epikondylitis zu verursachen.
Den hiergegen am 02.01.2012 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 06.02.2013 zurück. Sie führte in ihrer Begründung in Bezug auf die Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV ergänzend aus, insbesondere würden wiederholende, kurzfristige feinmotorische Handtätigkeiten nicht mit der erforderlichen Frequenz von 3 Bewegungsabläufen pro Sekunde ausgeführt. Die sich wiederholenden Bewegungsabläufe nähmen bei der Tätigkeit des Klägers zudem einen zu geringen zeitlichen Anteil an seiner gesamten Tätigkeit ein, der 3 Stunden pro Tag nicht überschreite.
Hiergegen hat der Kläger am 26.02.2013 Klage zum Sozialgericht Freiburg erhoben. Der Kläger hat zunächst den Bericht der Radiologie B. über die am 25.03.2013 durchgeführte Kernspintomographie des linken Ellenbogens vorgelegt.
Sodann hat das Sozialgericht von Amts wegen das Gutachten des Dr. P., Chefarzt der Orthopädie der S., vom 01.08.2013 eingeholt. Der Sachverständige hat darauf hingewiesen, der Kläger habe angegeben, dass er bereits während der dreijährigen Ausbildungszeit mit begrenzten manuellen Tätigkeiten rezidivierend auftretende Probleme mit dem rechten Arm beklagt habe. Dieser Sachverhalt unterstütze die Annahme einer konstitutionell, anlagebedingten geminderten Beanspruchbarkeit der Strecksehnen an den Ellenbogen. Während der Weiterbeschäftigung nach der Lehre seien einseitige manuelle Tätigkeiten mit begrenzter Zeitbelastung zwischen 30 und 60 Minuten am Stück durchgeführt worden. Nur gelegentlich sei es zu achtstündigen Poliertätigkeiten am Tag gekommen. Auch dieser Sachverhalt bestätige, dass repetitive, kurzzyklische, feinmotorische Handtätigkeiten mit 3 Bewegungsabläufen pro Sekunde nicht durchgeführt worden seien. Somit seien die arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Anerkennung der Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV nicht erfüllt. Der Sachverständige hat ferner ausgeführt, die Kernspintomographie des linken Ellenbogens vom 25.03.2013 habe auch Zeichen einer chronischen Epikondylitis humeri radialis als Rechtshänder gezeigt. Anzunehmen sei, dass der linke Arm während der beruflichen Tätigkeiten weniger beansprucht worden sei als der rechte Arm, so dass bei deutlicher Minderbelastung des linken Armes eine beruflich unabhängige Ursache anzunehmen sei. Die Tatsache einer auch am weniger belasteten linken Ellenbogen auftretenden Epikondylitis humeri radialis unterstütze die Annahme einer beruflich unabhängigen konstitutionell, anlagebedingten Beanspruchbarkeit der Sehnenansätze an den Ellenbogengelenken. Ferner habe die nach dem Leistungsverzeichnis der BKK P. erstmals im Jahr 2007 dokumentierte Oberarm- und Ellenbogenproblematik nicht zu einer darauffolgenden Unterlassung der manuell belastenden Tätigkeiten geführt. Eine anhaltende Arbeitsunfähigkeit bestehe erst sei 28.08.2012. In der Zusammenschau sprächen wesentlich mehr Einzelfaktoren gegen als für eine Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV. Der berufliche Anteil sei der mit Wahrscheinlichkeit vorliegenden konstitutionell geminderten Beanspruchbarkeit der Sehnenansätze nachgeordnet.
Hierzu hat der Kläger ausgeführt, es treffe entgegen den Angaben seiner Arbeitgeberin nicht zu, dass er schon während seiner Lehrzeit Probleme am rechten Arm gehabt habe. Vielmehr seien diese Probleme nach dem Leistungsverzeichnis der BKK P. erst seit November 2009 aufgetreten. Ferner habe entgegen den Ausführungen des Sachverständigen eine anhaltende Arbeitsunfähigkeit nicht erst seit 28.08.2012, sondern bereits vom 06.07.2011 bis zum 14.09.2011 und sodann seit 28.03.2012 vorgelegen.
Dr. P. hat in seiner ergänzenden gutachtlichen Stellungnahme vom 23.09.2012 ausgeführt, er habe die Angaben der Arbeitgeberin des Klägers gutachterlich verwertet. Häufig stimmten beginnende klinische Symptome am Bewegungsapparat nicht mit der Erstdokumentation im Vorerkrankungsverzeichnis von Krankenkassen überein, da die Versicherten häufig erst zeitlich verzögert arbeitsunfähig würden. Die Arbeitsunfähigkeit vom 06.07.2011 bis zum 14.09.2011 habe sich auf die vorbestehende operative Behandlung sowie auf die daraufhin durchgeführte Nachbehandlung bezogen. Er hat erneut darauf hingewiesen, bei Vorliegen einer beruflich bedingten Erkrankung der Sehnenansätze am rechten Ellenbogen als Rechtshänder sei eine gleiche Symptomatik auch an der weniger belasteten linken Ellenbogenseite wenig wahrscheinlich. Die Tatsache, dass auch an der nicht dominanten Armseite gleiche Sehnenansatzprobleme am Ellenbogen aufträten, unterstütze die Annahme einer konstitutionell bedingten geminderten Beanspruchbarkeit des Sehnenansatzgewebes, so dass mit hinreichender Wahrscheinlichkeit festgestellt werden könne, dass eine beruflich bedingte Mitverursachung des Beschwerdebildes an beiden Ellenbogengelenken den berufsfremden, konkurrierenden Faktoren wesentlich nachgeordnet sei.
Auf Anfrage des Prozessbevollmächtigten des Klägers hat die Arbeitgeberin des Klägers mit Schreiben vom 15.10.2013 ausgeführt, der direkte Vorgesetzte des Klägers während der Ausbildung habe dargelegt, es stimme, dass der Kläger gelegentlich über Schmerzen im Arm geklagte habe. Sodann hat der Kläger das Attest der Internistin W. vom 31.10.2013 vorgelegt, wonach vor November 2009 keine Beschwerden im Bereich des rechten Ellenbogens dokumentiert seien. Ferner hat der Kläger den Begehungsbericht der B. G. und S. GmbH vom 10.07.2011 vorgelegt, wonach die von ihm verrichteten Arbeiten geeignet seien, die von ihm beklagten Beschwerden auszulösen. Er hat einen weiteren Bericht der B. G. und S. GmbH vom 06.11.2013 vorgelegt, wonach die arbeitsmedizinischen Untersuchungen vom 02.12.2004 und 02.07.2007 "leer" gewesen seien, so dass die Beschwerden des Klägers danach aufgetreten sein müssten.
Mit Urteil vom 12.02.2014 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, nach der Stellungnahme des Präventionsdienstes der Beklagten zur Arbeitsplatzexposition sei eine repetitive kurzzyklische feinmotorische Handtätigkeit mit 3 Bewegungsabläufen pro Sekunde sowie ein zeitlicher Anteil von mehr als 3 Stunden pro Tag nicht erreicht worden, so dass die im Ärztlichen Merkblatt zur Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV aufgeführten arbeitstechnischen Voraussetzungen nicht erfüllt seien. Ferner habe Dr. P. in seinem Gutachten samt Stellungnahme schlüssig und nachvollziehbar den beruflichen Zusammenhang der Epicondylitis verneint, da sich auch am weniger belasteten linken Ellenbogen Zeichen einer chronischen Reizsymptomatik der Sehnenansätze zeigten.
Gegen das ihm am 06.03.2014 zugestellte Urteil des Sozialgerichts hat der Kläger am 19.03.2014 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Er macht nur noch die Feststellung der Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV geltend und trägt vor, die gesamten von ihm durchgeführten Arbeits- und Bewegungsabläufe seien mit erhöhtem Krafteinsatz ausgeführt worden. Es habe nahezu keine Tätigkeiten gegeben, bei denen nicht das Hand-Arm-System eingesetzt oder Arbeitsmittel mit Kraft- und Druckeinwirkung bedient worden seien. Es könne daher nicht allein darauf ankommen, ob die kurzzyklischen Tätigkeiten nun dreimal pro Sekunde oder zweimal pro Sekunde gedauert hätten oder wie beziehungsweise in welchem zeitlichen Umfang die Tätigkeiten insgesamt ausgeführt worden seien. Die angegebenen Werte in der Arbeitsplatzexposition seien lediglich Schätzwerte gewesen. Unstreitig sei aber, dass alle Tätigkeiten entweder erhöhte Kraft erforderten oder langandauernd ausgeübt worden seien. Dem entsprechend sei ein übergreifendes arbeitsmedizinisches Gutachten einzuholen, da die Belastungen und Beanspruchungen in Abhängigkeit vom genauen Tätigkeitsprofil und der konkreten Arbeitsbedingungen so vielfältig seien, dass nur eine exakte Bestandsaufnahme vor Ort diese Fragestellung beantworten könne. Der Kläger hat weiter ausgeführt, seine Beschwerden am linken Ellenbogen seien nun vollständig zurückgegangen. Aufgrund der Nicht-Einsatzfähigkeit seines rechten Armes müsse er immer wieder auf den linken Arm zurückgreifen, woraus eine kurzzeitige Überbelastung des linken Armes resultiert habe. Hierzu hat der Kläger das Attest des Orthopäden Dr. C. vom 20.03.2014 vorgelegt, in dem dieser bestätigt hat, dass die Epikondylitis humeri radialis links Folge einer Überlastung gewesen sei. Die diesbezüglichen Beschwerden seien nach circa 5 Wochen abgeklungen. Momentan bestünden keine Beschwerden mehr. Der Kläger ist ferner der Ansicht, es möge überprüft werden, ob die Voraussetzungen des Ärztlichen Merkblattes zur Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV dem in der EU-Vibrationsrichtlinie 2002/44/EG vom 25.06.2002 genannten Voraussetzungen entsprächen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 12. Februar 2014 sowie den Bescheid der Beklagten vom 6. Dezember 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Februar 2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie weist darauf hin, die arbeitstechnischen Voraussetzungen zum Entstehen einer Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV seien nicht erfüllt. Die vom Kläger beantragte Überprüfung des Ärztlichen Merkblattes zur Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV auf etwaige Widersprüche zu der EU-Vibrationsrichtlinie 2002/44/EG vom 25.06.2002 sei nicht von ihr vorzunehmen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143 und 144 Sozialgericht (SGG) statthafte, nach § 151 Abs. 2 SGG form- und fristgerechte sowie auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist die Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Freiburg vom 12.02.2014, soweit mit ihm die auf die Feststellung der Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV erhobene Klage des Klägers gegen den Bescheid der Beklagten vom 06.12.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.02.2013 abgewiesen worden ist. Der Kläger erstrebt nach richtiger Auslegung seines Klagebegehrens die Aufhebung dieses Bescheides, mit dem unter anderem die Feststellung der Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV abgelehnt worden ist, und die Verurteilung der Beklagten hierzu. Diese prozessualen Ziele verfolgt der Kläger zulässigerweise gemäß § 54 Abs. 1 S. 1 Alt. 1, Abs. 4 SGG mit der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage.
Die Beklagte hat zu Recht die Feststellung der Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV abgelehnt.
Gemäß § 9 Abs. 1 S. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) sind Berufskrankheiten Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Gemäß § 9 Abs. 1 S. 2 SGB VII wird die Bundesregierung ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann dabei bestimmen, dass die Krankheiten nur dann Berufskrankheiten sind, wenn sie durch Tätigkeiten in bestimmten Gefährdungsbereichen verursacht worden sind oder wenn sie zur Unterlassung aller Tätigkeiten geführt haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ist für die Feststellung einer Listen-Berufskrankheit erforderlich, dass die Verrichtung einer grundsätzlich versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder ähnlichem auf den Körper geführt hat (Einwirkungskausalität) und diese Einwirkungen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, die Verrichtung, die Einwirkungen und die Krankheit im Sinne des Vollbeweises - also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit - vorliegen. Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt indes die hinreichende Wahrscheinlichkeit, allerdings nicht die bloße Möglichkeit (BSG, Urteil vom 04.07.2013 - B 2 U 11/12 R - juris Rz. 12 unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 29.11.2011 - B 2 U 26/10 R - juris; BSG, Urteil vom 15.09.2011 - B 2 U 25/10 R - juris; BSG, Urteil vom 15.09.2011 - B 2 U 22/10 R - juris; BSG, Urteil vom 02.04.2009 - B 2 U 30/07 R - juris; BSG, Urteil vom 02.04.2009 - B 2 U 9/08 R - juris).
In der Anlage 1 zur BKV ist unter Nr. 2101 folgende Berufskrankheit bezeichnet: "Erkrankungen der Sehnenscheiden oder des Sehnengleitgewebes sowie der Sehnen- oder Muskelansätze, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können."
Der Tatbestand der Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV definiert die Merkmale der erforderlichen beruflichen Einwirkungen nicht. Nach der Rechtsprechung des BSG verletzt der Umstand, dass Rechtsbegriffe in der Definition einer Berufskrankheit auslegungsbedürftig und -fähig sind, nicht das rechtsstaatliche Bestimmtheitsgebot. Vielmehr ist es Aufgabe der Versicherungsträger und Gerichte, unter Berücksichtigung der Gesetzesmaterialien sowie anhand der Vorgaben des vom Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung herausgegebenen Ärztlichen Merkblatts zur Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV, die für diese Berufskrankheit vorausgesetzten beruflichen Einwirkungen näher zu konkretisieren. Solchen Merkblättern kommt zwar keine rechtliche Verbindlichkeit zu, sie sind allerdings als Interpretationshilfe und zur Wiedergabe des bei seiner Herausgabe aktuellen medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisstands heranzuziehen (BSG, Urteil vom 04.07.2013 - B 2 U 11/12 R - juris Rz. 12-14 unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 18.11.2008 - B 2 U 14/08 R - juris; BSG, Urteil vom 12.04.2005 - B 2 U 6/04 R - juris; BSG, Urteil vom 18.08.2004 - B 8 KN 1/03 U R - juris; BSG, Urteil vom 18.03.2003 - B 2 U 13/02 R - juris; BSG, Urteil vom 23.03.1999 - B 2 U 12/98 R - juris)
Das Sozialgericht hat in der angefochtenen Entscheidung zutreffend und umfassend dargestellt und ausgeführt, weshalb die Beklagte im vorliegenden Verfahren zu Recht die Feststellung einer Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV abgelehnt hat. Der Senat schließt sich gemäß § 153 Abs. 2 SGG diesen Ausführungen nach eigener Prüfung unter Verweis auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils zur Vermeidung von Wiederholungen an.
Der Senat führt vertiefend aus, dass es sich bei der Epikondylitis humero radialis, an der der Kläger nach dem Gutachten des Dr. P. leidet, zwar grundsätzlich um eine als Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV in Betracht kommende Erkrankung handelt (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage, S. 1164; Ärztliches Merkblatt unter II. 2. - veröffentlicht bei: Mehrtens/Brandenburg, Die Berufskrankheitenverordnung, Kommentar, M 2101 Anm. 4.1; Lauterbach, Unfallversicherung [SGB VII], § 9, Anhang IV, 2101, Anm. III, 5.), die Anerkennung dieser Erkrankung als Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV aber daran scheitert, dass die arbeitstechnischen Voraussetzungen nicht vorliegen.
Nach dem Ärztlichen Merkblatt zur Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV sind für diese Berufskrankheit eine einseitige langdauernde mechanische Beanspruchung und ungewohnte Arbeiten aller Art bei fehlender oder gestörter Anpassung ursächlich. Hierunter sind nach der unfallmedizinischen Fachliteratur kurzzyklische, repetitive, feinmotorische Handtätigkeiten mit sehr hoher Bewegungsfrequenz von mindestens 3 Bewegungsabläufen pro Sekunde (wie zum Beispiel beim Maschinenschreiben und Klavierspielen), hochfrequente, gleichförmige, feinmotorische Tätigkeiten bei unphysiologischer, achsenungünstiger Auslenkung des Handgelenks (wie zum Beispiel beim Stricken, Handnähen, Stopfen und Verwenden von Tastatur und Maus als Eingabegerät des PC), repetitive Manipulationen mit statischen und dynamischen Anteilen mit hoher Auslenkung des Handgelenks bei gleichzeitig hoher Kraftanwendung (wie zum Beispiel beim Drehen, Montieren, Bügeln oder Obstpflücken), forcierte Dorsalextension der Hand (wie zum Beispiel Rückhandschlag beim Tennis, Hämmern) oder monoton wiederholte oder plötzlich einsetzende Aus- und Einwärtsdrehungen der Hand und des Vorderarmes (zum Beispiel beim Betätigen eines Schraubendrehers) zu fassen, wobei die tägliche Einwirkungsdauer mindestens 3 Stunden und die Gesamtbelastungszeit in der Regel 5 Jahre betragen sollte. Dabei gilt, dass eine Aufsummierung dieser ganz unterschiedlichen Belastungen und Beanspruchungen nicht möglich ist (Anmerkungen zum Ärztlichen Merkblatt, Mehrtens/Brandenburg, Die Berufskrankheitenverordnung, Kommentar, M 2101, Anm. 4.1 und 4.3; Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage, S. 1165 und 1166). Da der organisch und funktionell gesunde Bewegungsapparat durchschnittlichen und sogar hohen Berufsbelastungen weitgehend gewachsen ist, sind zur Krankheitsverursachung repetitive Arbeitsverrichtungen mit statischen und dynamischen Anteilen, bei denen eine einseitige, von der Ruhestellung stark abweichende Haltung der Gliedmaßen erforderlich ist, zu verlangen. Ferner muss es sich um kurzzyklische, immer wiederkehrende Bewegungsabläufe handeln, bei denen im Handbereich die gleichen Muskeln und Sehnen unter gleichartiger Belastung betätigt werden. Dabei ist insbesondere eine sich ständig wiederholende Zugbeanspruchung der Sehnenansätze erforderlich. In Betracht kommen auch solche repetitiven Arbeitsverrichtungen, bei denen eine wiederholte grobe Kraftanwendung bei hoher Auslenkung des Handgelenks im Sinne einer unphysiologischen Haltung erforderlich ist (Hessisches LSG, Urteil vom 29.10.2013 - L 3 U 28/10 - juris).
Von diesen Vorgaben ausgehend hat der Präventionsdienst der Beklagten zur Überzeugung des erkennenden Senats dargelegt und begründet, dass die vom Kläger ausgeübte berufliche Tätigkeit nicht als wesentliche (Mit-)Ursache für die Entstehung einer Epikondylitis anzuerkennen ist. So haben die circa zwei- bis dreimal pro Woche für 10 bis 30 Minuten mit einem zylindrischen, 5 Kilogramm schweren Kupferbolzen an Spritzgießwerkzeugen ausgeführten Schläge circa 2 Sekunden, die an ungefähr 3 Tagen pro Monat für 30 Minuten ausgeführten Vor- und Rückwärtsbewegungen beim Polieren 1 Sekunde und die pro Tag für 40 bis 60 Minuten mit einem 400 bis 500 Gramm schweren Hammer und einem 100 Gramm schweren Messingmeisel erfolgten Schläge auf Kunststoffkappen 0,5 Sekunden gedauert und damit die erforderliche Frequenz von 3 Bewegungsabläufen pro Sekunde, also 1 Bewegungsablauf pro 0,33 Sekunden, nicht erreicht. Auch hinsichtlich dem Vor- und Rückwärtsbewegen von Schmirgel- beziehungsweise Schleifpapier beim Polieren von Konturen, den Schlägen mit einem 1,7 Kilogramm schweren Kupferhammer und dem seltenen Einsatz eines Schlagschraubers sind keine Angaben aktenkundig, die eine solche Frequenz nahelegen. Ferner handelt es sich bei den übrigen vom Kläger ausgeführten Tätigkeiten, wie den Dreh-, Fräß- und Bohrarbeiten, Arbeiten mit Innensechskantschlüsseln und Montieren von O-Ringen nicht um Tätigkeiten, die den im Ärztlichen Merkblatt zur Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV beschriebenen Tätigkeiten entsprechen. Der Präventionsdienst ist daher zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass repetitive, kurzzyklische, feinmotorische Handtätigkeiten mit 3 Bewegungsabläufen pro Sekunde nicht erreicht worden sind und die repetitiven Bewegungsabläufe einen zeitlichen Anteil von mehr als 3 Stunden pro Tag nicht erreicht haben. Auch handelt es sich bei den vom Kläger verrichteten Tätigkeiten weder um solche bei unphysiologischer, achsenungünstiger Auslenkung des Handgelenks, noch um solche mit hoher Auslenkung des Handgelenks bei gleichzeitig hoher Kraftanwendung, forcierter Dorsalextension der Hand oder mit monoton wiederholten oder plötzlich einsetzenden Aus- und Einwärtsdrehungen der Hand und des Vorderarmes, so dass die arbeitstechnischen Voraussetzungen der Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV nicht erfüllt sind, was im Übrigen auch Dr. P. in seinem Gutachten bestätigt hat.
Aus dem Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren ergibt sich keine andere rechtliche Beurteilung. Entgegen seinen Ausführungen kommt es eben gerade darauf an, wie oft die zyklischen Tätigkeiten durchgeführt und in welchem zeitlichen Umfang sie insgesamt ausgeführt worden sind. Angesichts der vom Präventionsdienst der Beklagten im Beisein des Klägers und seiner Arbeitgeberin erhobenen Arbeitsplatzexposition sieht sich der Senat nicht dazu gedrängt, von Amts wegen ein arbeitsmedizinisches Gutachten einzuholen. Eine exaktere Bestandsaufnahme des Tätigkeitsprofils und der konkreten Arbeitsbedingungen ist hiervon nicht zu erwarten, zumal der Kläger eine höhere Frequenz der Bewegungsabläufe selbst nicht dargelegt hat. Der Senat folgt dem Kläger auch nicht darin, unter Heranziehung der EU-Vibrationsrichtlinie 2002/44/EG vom 25.06.2002 andere als die im Ärztlichen Merkblatt zur Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV und der unfallmedizinischen Fachliteratur genannten arbeitstechnischen Voraussetzungen zu Grunde zu legen. Denn die EU-Vibrationsrichtlinie 2002/44/EG vom 25.06.2002 beinhaltet lediglich Mindestvorschriften zum Schutz von Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer gegen tatsächliche oder mögliche Gefährdungen und hat daher lediglich präventiven Charakter. Sie richtet sich im Wesentlichen an die Arbeitgeber, die nach Überschreiten des in der Richtlinie genannten Expositionsgrenzwertes Maßnahmen zu ergreifen haben, die Exposition auf einen Wert unterhalb des Expositionsgrenzwertes zu senken. Aus der Richtlinie lässt sich ferner nur ein Anspruch des Arbeitnehmers auf eine angemessene Gesundheitsüberwachung ableiten. Wegen dieses präventiven Charakters ist die EU-Vibrationsrichtlinie 2002/44/EG vom 25.06.2002 nicht geeignet, die arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Feststellung der Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV zu definieren.
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorlie-gen.
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