L 13 R 3060/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 14 R 2597/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 R 3060/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 5. April 2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger einen Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung hat.

Der 1960 geborene Kläger, der nach eigenen Angaben im K. eine Ausbildung zum Metzger absolviert hat, war zuletzt in der Zeit vom 1. März 2002 bis 31. Oktober 2003 als angelernter Kraftfahrer tätig (Bl. 5 der Verwaltungsakte).

Am 22. Oktober 2009 beantragte der Kläger die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Den Rentenantrag begründete er mit Problemen bei der Atmung, Rückenproblemen, einem Bandscheibenvorfall und einer kaputten Hüftpfanne (Bl. 3 der Verwaltungsakte).

Die Beklagte zog daraufhin medizinische Unterlagen über erfolgte Behandlungen bei und beauftragte den Chirurgen Dr. P. mit der Erstellung eines Gutachtens. In seinem Gutachten vom 5. März 2010 diagnostizierte Dr. P. ein muskulotendinöses Schmerzsyndrom der BWS und LWS, eine Fehlstatik der Wirbelsäule, eine Coxarthrose links mit funktioneller Einschränkung des Hüftgelenks sowie Adipositas. Den Beruf als Kraftfahrer könne der Kläger nicht mehr ausüben. Leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seien ihm hingegen vollschichtig zumutbar. Vermieden werden sollten Tätigkeiten unter Zeitdruck, in Nässe, Kälte, Zugluft und Temperaturschwankungen, mit Lärm, häufigem Bücken, Heben und Tragen von Lasten über 7 Kg und Zwangshaltungen sowie mit erhöhter Verletzungsgefahr (Bl. 21 ff der Verwaltungsakte).

Mit Bescheid vom 26. April 2010 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab (Bl. 15 ff der Verwaltungsakte). Einen hiergegen erhobenen Widerspruch (Bl. 29 der Verwaltungsakte) wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24. Juni 2010 zurück (Bl. 43 der Verwaltungsakte).

Hiergegen hat der Kläger am 26. Juli 2010 Klage zum Sozialgericht Ulm (SG) erhoben. Zur Begründung hat der Kläger vorgetragen, die psychischen Einschränkungen seien bei ihm nicht ausreichend berücksichtigt. Zudem bestünden erhebliche Einschränkungen im Bereich der Wirbelsäule sowie ständige Schmerzen im linken Körperbereich. Sein gesundheitlicher Zustand verschlechtere sich stetig.

Das SG hat zunächst die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen befragt.

Der Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. C. hat am 19. Oktober 2010 mitgeteilt, der Kläger sei dort Ende 2008 letztmals untersucht worden. Zum damaligen Zeitpunkt seien eine rezidivierende Lumboischialgie bei NPP L 4/5 links, chronische Belastungsschmerzen beider Füße bei Senk/Spreizfußdeformität, eine Beinverkürzung rechts um einen Zentimeter sowie Belastungsschmerzen der linken Hüfte nach Hüftpfannenfraktur links im Jahre 2002 diagnostiziert worden. Das maßgebliche Leiden liege auf unfallchirurgisch-orthopädischem Fachgebiet. Eine Leistungsbeurteilung könne er nicht abgeben (Bl. 21 ff der SG Akte).

Der HNO-Arzt Dr. Z. hat mit Schreiben vom 6. November 2010 mitgeteilt, der Kläger leide auf dem rechten Ohr an einer Innenohrschwerhörigkeit, sowie einem Tinnitus. Auf beiden Ohren bestünde ein chronisches Gehörgangekzem mit rezidivierenden Entzündungen, eine chronische Pharyngo-Laryngitis sowie chronische Sinusitis maxillaris. Der zuletzt erhobene Befund vom 28. Juli 2009 zeige einen Hörverlust von 45 % auf dem rechten und von 9 % auf dem linken Ohr. Dem Kläger seien leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden arbeitstäglich zumutbar. Es sollten jedoch keine Tätigkeiten mit größeren Anforderungen an das Hör- und Gleichgewichtsorgan sei (Bl. 24 ff der SG-Akte).

Der Arzt für Allgemeinmedizin G. hat mit Schreiben vom 18. Februar 2011 mitgeteilt, seines Erachtens könne der Kläger leichte Arbeitstätigkeiten keine sechs Stunden täglich verrichten, ggf. sollten hierzu aber die Fachärzte befragt werden. Die maßgeblichen Leiden lägen im Bereich der Orthopädie/Chirurgie. (Bl. 29 ff der SG Akte)

Das SG hat sodann ein orthopädisches Gutachten bei dem Arzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. F. eingeholt. Dr. F. hat in seinem Gutachten vom 16. April 2011 ein chronisch rezidivierendes cerviko-dorsales Schmerzsyndrom, einen Epicondylitis humeri radialis und ulnaris bds. mit geringgradigen funktionellen Einschränkungen, ein chronisch rezidivierendes LWS-Syndrom, einen Z.n. Pfannenfraktur an der linken Hüfte mit funktionellen Beeinträchtigungen und posttraumatischer Arthrose des Hüftgelenks sowie funktionelle Kniegelenksbeschwerden links festgestellt. Für die Tätigkeit eines Kraftfahrers sei der Kläger unter drei Stunden täglich leistungsfähig; leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seien ihm mindestens sechs Stunden täglich zumutbar. In qualitativer Hinsicht seien Tätigkeiten ohne Zeitdruck, ohne Akkord, Fließband o.ä., ohne körperliche Zwangshaltungen, ohne Heben und Tragen mitteischwerer Lasten, ohne häufiges Bücken, Treppen- und Leiternsteigen, ohne Gefährdung an laufenden Maschinen, nicht in Kälte, Hitze, starken Temperaturschwankungen, Zugluft, Nässe, oder überwiegend im Freien sowie ohne besondere Anforderungen an den Gleichgewichtssinn, die nervliche Belastbarkeit, das Konzentrations- und Reaktionsvermögen sowie die Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit zumutbar. Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung, in Wechsel- und Nachtschicht, mit normalen Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit, das Konzentrations- und Reaktionsvermögen sowie die Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit und auch Arbeiten mit Publikumsverkehr sowie solche, die die volle Gebrauchsfähigkeit der Hände erfordern, z.B. Reinigen, Zureichen, Montieren, Sortieren, leichte Büroarbeiten, könnten ausgeübt werden (Bl. 47 ff der SG Akte).

Mit Urteil vom 5. April 2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger sei nicht erwerbsgemindert, sondern voll erwerbsfähig. Denn er sei in der Lage, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden werktäglich zumindest leichte körperliche Arbeiten zu verrichten. Dies ergebe sich insbesondere aus einer Gesamtwürdigung des im sozialgerichtlichen Verfahren eingeholten Gutachtens von Dr. F. sowie der Aussagen der behandelnden Ärzte. Zwar leide der Kläger unter diversen körperlichen Einschränkungen auf orthopädischem Fachgebiet. Diese würden sich jedoch nicht in quantitativer Hinsicht auf die Leistungsfähigkeit des Klägers auswirken, sondern würden diesen bloß in qualitativer Hinsicht einschränken. Aufgrund der Beschwerden im Bereich der Wirbelsäule, sei der Kläger in seiner Bewegungsfreiheit mittel- bis schwergradig eingeschränkt. Bei der Leistungseinschätzung sei diese verminderte Beweglichkeit dahingehend zu berücksichtigen, dass qualitative Einschränkungen der noch zu verrichtenden Tätigkeiten bestünden. So habe der Sachverständige nachvollziehbar ausgeführt, dass der Kläger beispielsweise keine Tätigkeiten mit Zwangshaltungen, kein Tragen und Heben von schweren oder mittelschweren Lasten ohne Hilfsmittel und kein häufiges Bücken mehr verrichten könne. Leichte Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung könne der Kläger aber ohne weiteres verrichten. Leichte Einschränkungen der Beweglichkeit lägen auch im Bereich der Schultern vor. So seien die Arme in ihrer Beweglichkeit bei der Adduktion/Abduktion geringgradig eingeschränkt, hieraus ergebe sich aber keine Leistungsminderung. Vielmehr werde dieser Gesundheitsstörungen dadurch Rechnung getragen, dass nur noch leichte und keine schweren oder mittelschweren Tätigkeiten mehr verrichtet werden könnten. Aufgrund der Gesundheitsbeschädigungen im Bereich der Hüfte sei der Kläger dahingehend eingeschränkt, dass er seine Tätigkeit als Kraftfahrer nicht mehr ausüben könne. Hier bestünden ausweislich der erhobenen Befunde des Dr. F. schmerzhafte Bewegungseinschränkungen, die die Leistungsfähigkeit des Klägers insoweit mindern würden. Die mangelnde und schmerzhafte Beweglichkeit der Hüfte würde zwar die für die Tätigkeit als Kraftfahrer notwendige Sitzposition erschweren, so dass diese nur zeitlich begrenzt eingenommen werden könne. Leichte Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung seien dem Kläger dennoch sechs Stunden und mehr arbeitstäglich zumutbar. Die Kniegelenksbeschwerden links würden sich auf die Leistungsfähigkeit des Klägers nur geringfügig in qualitativer Hinsicht auswirken, so dass der Kläger, Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung ohne besondere Beanspruchung der Knie ausüben könne. Soweit der Kläger vortrage, er sei durch psychische Erkrankungen in seiner Leistungsfähigkeit gemindert, sei dieser Vortrag nicht nachvollziehbar. Eine Behandlung finde nicht statt. Auch aus den erhobenen Befunden, insbesondere des Hausarztes, sei nicht ersichtlich, dass der Kläger gegenüber einem Arzt auf die psychischen Beschwerden hingewiesen hätte. Aus dem pauschalen Vortrag des Klägers, dass psychische Beschwerden bestünden, ergebe sich daher kein Anhalt für weitere Ermittlungen. Im Übrigen habe der Kläger im Rahmen der mündlichen Verhandlung keinen depressiven Eindruck gemacht, sondern sei der Verhandlung konzentriert und aktiv gefolgt. Die bestehende Hörminderung wiederum könne durch ein Hörgerät ausgeglichen werden, so dass der Kläger im Grunde gar keine Leistungseinschränkung dadurch hinnehmen müsse. Der Kläger habe auch der mündlichen Verhandlung akustisch gut folgen können. Es sei auch keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung gegeben. Der Kläger habe zudem keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, weil er sich auf sämtliche Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verweisen lassen müsse. Der Kläger sei nach eigenem Vortrag zuletzt als angelernter Kraftfahrer tätig gewesen, so dass die Verweisbarkeit des Klägers nicht eingeschränkt sei. Insbesondere sei vorliegend nicht die Tätigkeit als Metzger ausschlaggebend, denn der Kläger habe sich erkennbar von diesem Beruf gelöst, den er in Deutschland zu keinem Zeitpunkt ausgeübt habe.

Gegen das am 20. Juni 2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 18. Juli 2012 Berufung erhoben. Zur Begründung der Berufung hat der Kläger u.a. vorgetragen, das SG hätte im Hinblick auf den Umfang der Leistungseinschränkung sowohl im körperlichen als auch im psychosomatischen Bereich nähere Feststellungen treffen müssen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 5. April 2012 sowie den Bescheid der Beklagten vom 26. April 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheid vom 24. Juni 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, auch bei Berufsunfähigkeit, ab dem 1. Oktober 2009 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hält an ihrer Entscheidung fest und erachtet die Entscheidung des SG für zutreffend.

Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes hat der Senat den Orthopäden PD Dr. O. als sachverständigen Zeugen befragt. Dieser hat mit Schreiben vom 2. Oktober 2012 mitgeteilt, er könne zur Leistungsfähigkeit des Klägers keine Aussage treffen (Bl. 44 ff der Senatsakte).

Der Senat hat zudem den Facharzt für Anästhesiologie, Spezielle Schmerztherapie L. als sachverständigen Zeugen befragt. Dieser hat mit Schreiben vom 16. Dezember 2012 über die damals kürzlich begonnene Schmerzbehandlung berichtet (Bl. 78 der Senatsakte) und auf Nachfrage des Senats mit Schreiben vom 27. Februar 2014 ausgeführt, er halte den Kläger zum jetzigen Zeitpunkt und auch auf absehbare Zeit nicht für in der Lage leichte Tätigkeiten mindestens sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten (Bl. 99 der Senatsakte). In einem Befundbericht vom 15. Dezember 2012 hat der Zeuge L. als maßgebliche Diagnosen eine chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Falktoren sowie ein chronisches Schmerzsyndrom, Gerbershagen III, genannt. Es bestehe zudem eine behandlungsbedürftige Psychopathologie mit einer kombinierten Angst und depressiven Störung (Bl. 81 ff der Senatsakte).

Der Senat hat hieraufhin den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. H. mit der Erstellung eines nervenärztlichen Gutachtens beauftragt. Dr. H. hat in seinem Gutachten vom 7. Mai 2014 ausgeführt, der körperlich-neurologische Befund habe keine belangvollen Auffälligkeiten aufgewiesen. Auf psychiatrischem Fachgebiet bestehe ein chronisches Schmerzsyndrom und man könne das Vorliegen einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung diskutieren. Definitiv seien die Voraussetzungen angesichts der jetzt erhobenen Befunde und der Vorinformationen jedoch nicht erfüllt. Jedenfalls habe der Kläger im Rahmen der Untersuchung psychisch in keiner Weise beeinträchtigt gewirkt. Es hätten sich auch keinerlei Anhaltspunkte für das Vorliegen einer depressiven Erkrankung jedweder Art, einer Angsterkrankung oder einer posttraumatischen Belastungsstörung ergeben. Auch Anhaltspunkte für das Vorliegen einer wahnhaften Störung oder einer psychotischen Erkrankung - etwa aus dem schizophrenen Formenkreis - gebe es nicht. Ebenso wenig lägen Anhaltspunkte für das Vorliegen eines demenziellen Prozesses vor. Auffassung, Konzentration, Durchhaltevermögen und Gedächtnis zeigten keine Einschränkungen. Letztlich lasse sich eine Erkrankung auf nervenärztlichem Fachgebiet und damit eine seelische Störung nicht sichern. Qualitative Leistungseinschränkungen würden sich aus den Erkrankungen auf orthopädisch-unfallchirurgischem Fachgebiet ergeben. Weitergehende Einschränkungen durch Erkrankungen auf nervenärztlichem Fachgebiet gebe es nicht. Bei Berücksichtigung der erhobenen Befunde sei der Kläger in der Lage, ohne eine unmittelbare Gefährdung der Gesundheit leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden und mehr an fünf Tagen in der Woche auszuüben. Betriebsunübliche Arbeitsbedingungen wie besondere Pausen oder besonders gestaltetes Arbeitsgerät bedürfe der Kläger nicht. Es bestünde aus nervenärztlicher Sicht auch keine Beschränkungen des Arbeitsweges, weder hinsichtlich der Zeitdauer noch der Art des Verkehrsmittels (Bl. 106 ff der Senatsakte).

Wegen des weiteren Vorbringens und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Nachdem sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben, konnte der Senat den Rechtsstreit gem. § 124 Abs.2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

Die gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthafte Berufung ist zulässig, sie ist unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 und 2 SGG) eingelegt worden. Die Berufung ist jedoch unbegründet; das SG hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung bzw. teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.

Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (vgl. Bundessozialgericht [BSG] SozR 3-2600 § 44 Nr. 7) ist der den Rentenantrag des Klägers vom 22. Oktober 2009 ablehnende Bescheid vom 26. April 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. Juni 2010. Dieser erweist sich als rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in dessen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung.

Gemäß § 43 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) haben Versicherte bis zur Vollendung der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind (Satz 1 Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Satz 1 Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Satz 1 Nr. 3). Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (Satz 2). Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben - bei im Übrigen identischen Tatbestandsvoraussetzungen - Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Gemäß § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Der Kläger ist zur Überzeugung des Senats gesundheitlich in der Lage, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zumindest sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten und ist damit nicht teilweise (im Sinne des § 43 SGB VI) und im Übrigen erst recht nicht voll erwerbsgemindert. Eine quantitative Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens jedenfalls für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes auf ein unter sechsstündiges Maß ist nicht gegeben. Dies hat das SG in nicht zu beanstandender Würdigung der erhobenen Beweise, insbesondere des orthopädischen Gutachtens von Dr. F. nachvollziehbar und ausführlich begründet geschlussfolgert. Das SG hat - entgegen der vom Kläger in der Berufungsschrift geäußerten Auffassung - die beim Kläger bestehenden Beschwerden und Einschränkungen umfassend und zutreffend gewürdigt und überzeugend herausgearbeitet, dass der Kläger trotz der vorhandenen qualitativen Leistungseinschränkungen leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden arbeitstäglich verrichten kann. Der Senat nimmt auf die diesbezüglichen Ausführungen des SG zur Vermeidung von Wiederholungen gem. § 153 Abs. 2 SGG Bezug, macht sich diese aufgrund eigener Überzeugungsbildung vollinhaltlich zu eigen und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitestgehend ab.

Auch die im Berufungsverfahren ergänzend durchgeführten Ermittlungen haben keine quantitative Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit des Klägers ergeben. Der Senat stützt sich hierbei maßgeblich auf das ausführliche und überzeugende Gutachtes des Dr. H ... Durch das vom Senat in Auftrag gegebene Sachverständigengutachten des Dr. H. ist bestätigt worden, dass das beim Kläger ein chronisches Schmerzsyndrom besteht, die Kriterien einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung jedoch nicht definitiv erfüllt sind. Dr. H. hat nachdrücklich geschildert, dass der Kläger im Rahmen der Untersuchung psychisch in keiner Weise beeinträchtigt gewirkt hat und es keinerlei Anhaltspunkte für das Vorliegen einer depressiven Erkrankung jedweder Art gegeben hat. Dr. H. ist daher schlüssig begründet und für den Senat nachvollziehbar zu dem Ergebnis gelangt, dass der Kläger in der Lage ist, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden und mehr an fünf Tagen in der Woche auszuüben. Die durch den behandelnden Arzt L. mitgeteilten Zweifel an der Leistungsfähigkeit des Klägers, konnten hingegen durch das Gutachten des Dr. H. nicht bestätigt werden. Die nicht näher begründete Leistungseinschätzung des Zeugen L., vermochte den Senat daher nicht zu überzeugen.

Neben der bereits vom SG ausführlich berücksichtigten Innenohrschwerhörigkeit und den orthopädischen Gesundheitsstörungen sind für den Senat auch im Übrigen keine Gesundheitsstörungen ersichtlich, die das Leistungsvermögen des Klägers in rentenrelevantem Umfang einschränken könnten.

Damit ist der Senat - unter Betrachtung der Gesundheitsstörungen im Einzelnen und auch in deren Zusammenschau - zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger unter Berücksichtigung der genannten qualitativen Einschränkungen in der Lage ist, Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in einem zeitlichen Umfang von mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten.

Aus den genannten, objektivierbaren qualitativen Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit ergeben sich zudem weder schwere spezifische Leistungsbehinderungen noch stellen die qualitativen Leistungseinschränkungen eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen (vgl. dazu BSG vom 11. Mai 1999 - B 13 RJ 71/97 R = SozR 3-2600 § 43 Nr. 21 - Juris Rdnr. 18 ff.) dar. Die vordringlich durch die Leiden auf orthopädischem Fachgebiet begründeten qualitativen Leistungseinschränkungen, wonach der Kläger keine Tätigkeiten mit Zwangshaltungen, kein Tragen und Heben von schweren oder mittelschweren Lasten ohne Hilfsmittel, keine Tätigkeiten mit häufigem Bücken, keine Tätigkeiten unter Zeitdruck, in Nässe, Kälte und unter Temperaturschwankungen verrichten kann sowie die geringgradige Einschränkung der Armbeweglichkeit, stellen weder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen noch eine schwere spezifische Leistungsbehinderung dar. Wie bereits das SG ausgeführt hat, wird den Meisten dieser Gesundheitsstörungen bereits dadurch Rechnung getragen, dass nur noch leichte Tätigkeiten unter Wechsel der Körperhaltung zugemutet werden. Auch unter zusätzlicher Berücksichtigung der HNO ärztlich begründeten qualitativen Einschränkungen, dass keine Tätigkeiten mit größeren Anforderungen an das Hör- und Gleichgewichtsorgan mehr zugemutet werden können, liegen insgesamt nur mäßig gewichtige qualitative Einschränkungen vor, die bei nahezu jeder leichten Büroarbeit Berücksichtigung finden können.

Der Kläger hat des Weiteren auch keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.

Nach § 240 Abs. 1 SGB VI haben Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind, bis zur Vollendung der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie die sonstigen Voraussetzungen erfüllen. Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist (§ 240 Abs. 2 Satz 1 SGB VI). Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufes und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 240 Abs. 2 Sätze 2 und 4 SGB VI).

Maßgeblich dafür, ob Berufsunfähigkeit vorliegt, ist nach ständiger Rechtsprechung des BSG der "bisherige Beruf", den der Versicherte ausgeübt hat (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 107 und 169). Dabei ist unter dem bisherigen Beruf in der Regel die letzte nicht nur vorübergehend vollwertig ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit jedenfalls dann zu verstehen, wenn sie zugleich die qualitativ höchste im Berufsleben des Versicherten war (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 130; BSG SozR 3-2600 § 43 Nr. 17). Der Kläger kann - was durch sämtliche Gutachter einheitlich beurteilt wird - die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Kraftfahrer nicht mehr mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Dennoch ist der Kläger nicht berufsunfähig im zuvor genannten Sinn.

Kann ein Versicherter den "bisherigen Beruf" aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr verrichten, ist zu ermitteln, ob es zumindest eine Tätigkeit gibt, die sozial zumutbar ist und die der Versicherte gesundheitlich wie fachlich noch bewältigen kann. Das BSG hat zur Feststellung des qualitativen Wertes des bisherigen Berufes und damit zur Bestimmung zumutbarer Verweisungstätigkeiten (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 55; Niesel in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 240 SGB VI Rdnr. 24 ff. m.w.N.) ein Mehrstufenschema entwickelt, das die Arbeiterberufe in Gruppen untergliedert. Diese werden durch die Leitberufe eines Facharbeiters mit Vorgesetztenfunktion (und diesem gleichgestellten besonders hoch qualifizierten Facharbeiters), eines Facharbeiters, der einen anerkannten Ausbildungsberuf mit einer anerkannten Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren, regelmäßig drei Jahren ausübt, eines angelernten Arbeiters, der einen Ausbildungsberuf mit einer vorgeschriebenen Regelausbildungszeit von bis zu zwei Jahren ausübt, und eines ungelernten Arbeiters charakterisiert. Kriterien für eine Einstufung in dieses Schema sind dabei die Ausbildung, die tarifliche Einstufung, die Dauer der Berufsausbildung, die Höhe der Entlohnung und insbesondere die qualitativen Anforderungen des Berufs. Eine Verweisung ist grundsätzlich nur auf eine Tätigkeit der jeweils niedrigeren Gruppe möglich. Der Senat folgt diesem Mehrstufenschema in ständiger Rechtsprechung.

Die zuletzt vom Kläger ausgeübte Tätigkeit als angelernter Kraftfahrer ist, da der Kläger weder ein mindestens einjähriges Anlernverhältnis noch eine langjährige Berufserfahrung als Kraftfahrer nachgewiesen hat, nach dem Mehrstufenschema des BSG auf der Stufe eines angelernten Arbeiters einzuordnen, so dass der Kläger zulässig auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen werden kann. Auf die Tätigkeit als ausgebildeter Metzger ist hingegen nicht abzustellen, da - worauf bereits das SG zutreffend hingewiesen hat - diese Tätigkeit nicht gesundheitsbedingt aufgegeben wurde. Der Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit bedarf es nicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass der Kläger mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Aufl., § 197a SGG Rdnr. 3; erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4).

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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