Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
9
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 6 AS 4237/14 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 AS 3508/14 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 14. August 2014 abgeändert. Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller für den Zeitraum 1. Mai 2014 bis 31. Juli 2014 vorläufig weitere Kosten der Unterkunft (Einlagerungskosten) in Höhe von 208,25 EUR monatlich - insgesamt 624,75 EUR - zu gewähren. Die Leistungen sind direkt an die P. GmbH auszuzahlen.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin trägt 2/3 der außergerichtlichen Kosten des Antragstellers in beiden Rechtszügen.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist im Rahmen des Eilrechtsschutzverfahrens die Übernahme von Einlagerungskosten für Hausrat und persönliche Gegenstände streitig.
Der Antragsteller wurde am 15.01.2013 aus seiner bisherigen Wohnung im M. in S. geräumt und wohnt seither in einer ca. 31 qm großen Wohnung im R., S. Laut Hausbesuch vom 19.11.2013 handelt es sich um eine Einzimmerwohnung mit Küche, Dusche, WC und Diele, die zum Zeitpunkt des Hausbesuchs mit Möbelteilen und Hausrat vollgestellt war. Für die Wohnung fallen 213,90 EUR Kaltmiete, 47,00 EUR Nebenkosten und 49,00 EUR Heizkosten an, die von der Antragsgegnerin übernommen werden.
Im Rahmen einer persönlichen Vorsprache am 14.03.2013 beantragte der Antragsteller die Übernahme von Einlagerungskosten, da er in seiner Notunterkunft im R. nur einen kleinen und unsicheren Keller von 1,5 Metern x 3 Metern zur Verfügung habe. Die Beteiligten vereinbarten, dass Einlagerungskosten bis 30.06.2013 für ca. 30 Kubikmeter (cbm) übernommen werden, da bei einer derzeit gewährten Kaltmiete von 213,90 EUR und einer Mietobergrenze von 400,50 EUR (bzw. mit 10 Prozent Zuschlag von 440,55 EUR) die voraussichtlichen Einlagerungskosten von ca. 178,50 EUR noch angemessen seien.
Mit Bescheid vom 18.03.2013 bewilligte die Antragsgegnerin für sechs Monate bis 21.09.2013 die Einlagerungskosten bei der Spedition P. dem Grunde nach.
Am 21.03.2013 beantragte der Antragsteller die Übernahme von Transport- und Einlagerungskosten für weitere 20 cbm, da sich bei Abholung des Hausrates durch die P. GmbH herausgestellt habe, dass ein höherer Platzbedarf für die Einlagerung erforderlich sei. Mit Bescheid vom 22.03.2013 bewilligte die Antragsgegnerin dem Antragsteller bis 31.05.2013 Einlagerungskosten für weitere 20 cbm bei der Spedition P. Der Bescheid enthält den Hinweis, dass eine Verlängerung der Übernahme dieser Einlagerungskosten nicht möglich sei. Die von ihm eingelagerten Sachen seien auf die am 18.03.2013 bewilligten 30 cbm zu reduzieren. Die Kosten für die weiteren 20 cbm würden auf keinen Fall weiter übernommen.
Den gegen diesen Bescheid erhobenen Widerspruch verwarf die Antragsgegnerin mit Widerspruchsbescheid vom 15.05.2013 als unzulässig. Die hiergegen erhobene Klage wird unter dem Aktenzeichen S 6 AS 3375/13 beim Sozialgericht Stuttgart (SG) geführt.
Mit Bescheid vom 10.05.2013 bewilligte die Antragsgegnerin dem Antragsteller Einlagerungskosten in Höhe von insgesamt 535,50 EUR für 35 cbm für die Monate Mai und Juni 2013 sowie für die zusätzlichen 20 cbm für Mai 2013. Mit Bescheid vom 12.07.2013 bewilligte sie 208,25 EUR Einlagerungskosten für 35 cbm für Juli 2013.
Am 18.06.2013 beantragte der Antragsteller beim SG den Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit dem Ziel der Übernahme der Einlagerungskosten in Höhe von weiteren 100,00 EUR monatlich sowie der Übernahme von Schulden in Höhe von 412,00 EUR bei der EnBW. Diesen Antrag lehnte das SG mit Beschluss vom 26.08.2013 (S 6 AS 3376/13 ER) ab, da nicht glaubhaft gemacht sei, dass die derzeit bewohnte Wohnung von 31 qm, der Keller (der etwa 9 cbm Raumvolumen habe) sowie die weiteren 35 cbm Lagerraum nicht ausreichend seien, um den Hausrat des Antragstellers unterzubringen. In dem Beschwerdeverfahren vor dem Landessozialgericht Baden-Württemberg (L 7 AS 4242/13 ER-B) schlossen die Beteiligten einen Vergleich, in dem sich die Antragsgegnerin bereit erklärte, ein Darlehen über die bei der EnBW bestehenden Stromschulden zu gewähren. Eine weitere Übernahme von Einlagerungskosten durch die Antragsgegnerin erfolgte nicht.
Die Einlagerungskosten für 35 cbm übernahm die Antragsgegnerin bis einschließlich September 2013. Bis einschließlich April 2014 beglich der Antragsteller die Rechnungen der Firma P. selbst.
Mit Bescheid vom 03.02.2014 bewilligte die Antragsgegnerin dem Antragsteller für den Zeitraum 01.02.2014 bis 31.07.2014 monatlich 709,89 EUR Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). In der Leistung enthalten ist ein Unterkunftsbedarf in Höhe einer Kaltmiete von 213,90 EUR, Nebenkosten von 47,00 EUR und Heizkosten von 49,00 EUR.
Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Antragsgegnerin mit Widerspruchsbescheid vom 05.05.2014 zurück, da nicht erkennbar sei, dass dem Antragssteller zu geringe Leistungen bewilligt worden seien. Der Widerspruchsbescheid wurde noch am selben Tag an den Antragsteller abgesandt. Am 10.06.2014 (Dienstag nach Pfingsten) hat der Antragsteller Klage zum SG erhoben (S 6 AS 3251/14).
Am 23.05.2014, 11.06.2014 und 07.07.2014 stellte die P. GmbH dem Antragsteller eine Lagermiete in Höhe von monatlich 327,25 EUR für 55 cbm (Preis pro cbm: 5,00 EUR zzgl. MwSt.) für die Monate Mai, Juni und Juli 2014 in Rechnung. Da eine Zahlung nicht erfolgte, kündigte die P. GmbH den Lagervertrag zum 15.08.2014. Bei komplettem Ausgleich der Forderung könne der Lagervertrag gegen Vorauskasse verlängert werden. Bei Nichtbegleichung der Forderung am 18.08.2014 werde das Lagergut an die zuletzt bekannte Adresse geliefert oder die Gegenstände würden, außer den persönlichen Dokumenten, für caritative Einrichtungen zur Verfügung gestellt. Da bekannt sei, dass es sich bei den eingelagerten Gegenständen nicht um Wertgegenstände handele, sei ein Pfandverkauf keine Option.
Am 08.08.2014 hat der Antragsteller beim SG die Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz beantragt mit dem Ziel, die Antragsgegnerin zu verpflichtet, die aufgelaufenen Lagerkosten in Höhe von 981,75 EUR (3 x 327,25 EUR) unverzüglich zu bezahlen. Aufgrund der Zwangsräumung seien seine Wohnungsgegenstände eingelagert worden. Eine Lagerliste (Inventarverzeichnis) sei nicht angelegt worden. Es seien auch wichtige Unterlagen wie Urkunden und Qualifikationen eingelagert worden. Eile sei geboten, da der Lagervertrag bereits gekündigt sei. Weiterhin hat der Antragsteller die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwalt Z. (S.) beantragt.
Mit Beschluss vom 14.08.2014 hat das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sowie auf Gewährung von Prozesskostenhilfe mit der Begründung abgelehnt, dass weder ein Anordnungsanspruch noch ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht sei. Einzig in Betracht kommende Anspruchsgrundlage sei § 22 Abs. 8 SGB II. Hiernach könnten Schulden übernommen werden, wenn dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt sei. Die Übernahme von Schulden für eine kostenunangemessene Unterkunft komme nicht in Betracht. Es sei nicht nachvollziehbar, warum die Wohnung und der Keller des Antragstellers nicht ausreichend seien, um sein Hab und Gut aufzubewahren. Auch habe der Antragsteller seit nunmehr einem Jahr keine Anstrengungen unternommen, das Lagergut zu reduzieren und wichtige persönliche Gegenstände von sonstigem Hab und Gut, das einer Verwertung zugeführt werden könne, zu trennen. Die Antragsgegnerin habe auch für den streitigen Zeitraum Mai bis Juli 2014 keine Kostenübernahme zugesichert. Ein Anordnungsgrund sei ebenfalls nicht glaubhaft gemacht, da zwar die Kündigung ausgesprochen und die Räumung angedroht, jedoch kein Verlust des Lagergutes zu befürchten sei. Denn die Einlagerungsfirma habe mitgeteilt, dass eine Verwertung nicht beabsichtigt sei. Sie sei bereit, die Gegenstände an die Wohnadresse des Antragstellers zu liefern.
Gegen den am 16.08.2014 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 18.08.2014 Beschwerde zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Die im Schreiben der Spedition genannten Möglichkeiten seien Optionen, die nicht realisiert werden könnten. Er laufe Gefahr, seine Habe aus 54 Jahren zu verlieren. Die Gegenstände seien nach einer Zwangsräumung, der er nur kurzzeitig habe beiwohnen können, ungeordnet in Müllsäcken eingelagert worden. Daher gebe es auch keine Lagerlisten. Eine zwischenzeitliche gezielte Entnahme von Gegenständen sei nicht möglich gewesen. Diese würden in verschlossenen Containern gelagert.
Der Antragsteller beantragt:
1. Den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart aufzuheben und dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung stattzugeben, diese ggf. nochmals an das Sozialgericht Stuttgart zur Bearbeitung zurückzuverweisen.
2. Den berechtigten Antrag hierzu auf Gewährung von Prozesskostenhilfe zu bewilligen und die anwaltliche Hilfe beizuordnen.
3. Das Job Center S. unverzüglich zur Bearbeitung der gestellten Anträge anzuweisen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Nach ihrer Auffassung besteht keine rechtliche Grundlage für die Übernahme der Kosten. Der Antragsteller habe keinen Anspruch auf eine dauerhafte Übernahme der Einlagerungskosten. Es sei Aufgabe des Antragstellers, sich um seine eingelagerten Gegenstände zu kümmern und diese auszusortieren. Die Gefahr des Verlustes der eingelagerten Gegenstände bestehe nach dem Schreiben der Speditionsfirma nicht, da diese an die Adresse des Antragstellers geliefert werden könnten. Der Antragsteller habe die Einlagerung über den ursprünglich bewilligten Zeitraum eigenmächtig fortgesetzt, ohne dass er dafür eine Zusicherung eingeholt habe. Die eingelagerten 55 cbm verursachten monatliche Kosten von 327,25 EUR. Berücksichtige man zusätzlich die Kaltmiete der bewohnten Wohnung von 213,90 EUR, sei die Angemessenheitsgrenze von 400,50 EUR für einen Ein-Personen-Haushalt deutlich überschritten.
Herr K. (Mitarbeiter der P. GmbH) hat auf Anfrage des Senats am 27.10.2014 mitgeteilt, dass die vom Antragsteller eingelagerten Gegenstände noch in zwei Lagercontainern auf dem Betriebsgelände aufbewahrt werden. Wenn die offenen Forderungen (aktuell 1.636,25 EUR) bezahlt würden, könne der Antragsteller auch weiterhin seine Sachen einlagern. Die eingelagerten Gegenstände seien seiner Kenntnis nach nicht von wirtschaftlichem Wert. Um die Kosten gering zu halten, habe er dem Antragsteller angeboten, dass er eigene Schlösser an den Containern anbringen dürfe, damit er die Gegenstände nach und nach mit einem Mietfahrzeug abholen könne. Dies sei aber erst dann möglich, wenn die Lagerkosten beglichen werden.
Das Beschwerdeverfahren hinsichtlich der Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird unter dem Aktenzeichen L 9 AS 3509/14 B geführt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Sozialgerichtsakten des Ausgangs- sowie des Beschwerdeverfahrens und die bei der Antragsgegnerin geführte Verwaltungsakte verwiesen.
II.
Die unter Beachtung der Vorgaben des § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig und teilweise begründet.
Der Erlass einer Regelungsanordnung nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG verlangt grundsätzlich die summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache (Anordnungsanspruch) sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung zur Abwendung wesentlicher Nachteile (Anordnungsgrund). Die dem Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund zugrundeliegenden Tatsachen sind von dem Antragsteller glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung). Glaubhaft gemacht sind Tatsachen, wenn sie überwiegend wahrscheinlich sind. Zwischen Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch besteht dabei eine Wechselbeziehung. So ist beispielsweise an das Vorliegen des Anordnungsgrundes ein weniger strenger Maßstab zu stellen, wenn bei der Prüfung der Sach- und Rechtslage das Obsiegen in der Hauptsache sehr wahrscheinlich ist. Sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache offen, kommt dem Anordnungsgrund entscheidende Bedeutung zu.
Nach diesen Grundsätzen hat der Antragsteller einen Anspruch auf Übernahme der Lagerkosten durch die Antragsgegnerin in Höhe von 208,25 EUR monatlich für den Zeitraum 01.05.2014 bis 31.07.2014 glaubhaft gemacht.
Anspruchsgrundlage ist § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II und nicht, wie vom SG angenommen, § 22 Abs. 8 SGB II. § 22 Abs. 1 SGB II regelt die Übernahme laufender Unterkunftskosten, wohingegen § 22 Abs. 8 SGB II die Übernahme von Schulden betrifft. Entscheidend für die Abgrenzung ist, ob ein noch nicht vom SGB II-Träger gedeckter Unterkunftsbedarf vorliegt (§ 22 Abs. 1 SGB II) oder ob Schulden bestehen, die trotz Übernahme der laufenden Kosten durch den SGB II-Träger entstanden sind (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 22.03.2010, B 4 AS 62/09 R, in Juris). Einlagerungskosten können grundsätzlich im Rahmen der Leistungsgewährung nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II berücksichtigt werden (BSG, Urteil vom 16.12.2008, B 4 AS 1/08 R, in Juris). Vorliegend streitig ist die erstmalige, von der Antragsgegnerin nicht berücksichtigte Übernahme dieser Kosten für den Zeitraum 01.05.2014 bis 31.07.2014, so dass sich die Leistungsgewährung nach § 22 Abs. 1 SGB II richtet. Die Lagerkosten für den streitgegenständlichen Zeitraum wurden im Bewilligungsbescheid vom 03.02.2014 (Bewilligungszeitraum 01.02.2014 bis 31.07.2014) nicht als Bedarf berücksichtigt. Dieser Bescheid (in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.05.2014) ist nicht bestandskräftig, da gegen ihn rechtzeitig Klage erhoben wurde (S 6 AS 3251/14). Gemäß § 87 Abs. 1 Satz 1 SGG ist die Klage binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsaktes zu erheben. Hat ein Vorverfahren stattgefunden, beginnt die Frist nach § 87 Abs. 2 SGG mit der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides. Der Widerspruchsbescheid wurde dem Antragsteller am 08.05.2014 bekannt gegeben (§ 37 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch). Nach § 64 Abs. 2 S. 1 SGG endet eine nach Monaten bestimmte Frist mit dem Ablauf desjenigen Tages des letzten Monats, welcher nach Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, in den das Ereignis (vorliegend die Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides) fällt. Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag oder Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages. Da der 08.06.2014 Pfingstsonntag war, endete die Klagefrist mit Ablauf des 10.06.2014. Die an diesem Tag erhobene Klage war noch rechtzeitig, so dass die Gewährung weiterer Unterkunftskosten im vorliegenden Eilrechtsschutzverfahren möglich ist. Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Übersteigen die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den angemessenen Umfang, sind sie als Bedarf solange anzuerkennen, wie es dem Leistungsberechtigten nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für 6 Monate (§ 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II). Die vom Antragsteller monatlich geltend gemachten Lagerkosten von 327,25 EUR sind nicht angemessen im Sinne von § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 16.12.2008 a. a. O.) sind Einlagerungskosten im Rahmen des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II zu übernehmen, wenn der angemietete Wohnraum so klein ist, dass für die Unterbringung von Gegenständen aus dem persönlichen Lebensbereich des Hilfebedürftigen zusätzliche Räumlichkeiten erforderlich sind. Hierbei sind jedoch die Grenzen der Angemessenheit der Unterkunftskosten zu berücksichtigen. Maßgebend für diese Prüfung ist zum einen die Höhe der Gesamtkosten der angemieteten Räumlichkeiten (BSG, a. a. O.). Zum anderen bestimmt sich die Angemessenheit der Aufwendungen danach, ob die eingelagerten Gegenstände in einer nachvollziehbaren Relation zu dem Lebenszuschnitt des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen stehen. Zudem muss die (isolierte) Miete für den zusätzlichen Lagerraum, gemessen am Wert der eingelagerten Güter, wirtschaftlich sein. Die Gesamtkosten des Antragstellers von 541,15 EUR (Kaltmiete für die angemietete Wohnung zzgl. Einlagerungskosten) übersteigen die von der Antragsgegnerin zugrunde gelegte Angemessenheitsgrenze von 400,50 EUR, maximal 440,55 EUR, erheblich. Hinzu kommt, dass der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht hat, dass die eingelagerten Gegenstände einen wirtschaftlichen Wert haben. Eingelagert wurde überwiegend Hausrat, der nach Auskunft der Spedition P. keinen wirtschaftlichen Wert hat. Im Hinblick darauf, dass für drei Monate 981,75 EUR Einlagerungskosten anfallen und die Einlagerung bereits seit März 2013 erfolgt, sind die geltend gemachten Einlagerungskosten von 327,25 EUR monatlich nicht angemessen. Trotzdem sind die Einlagerungskosten für 35 cbm in Höhe von 175,00 EUR zzgl. 19 % MwSt. (mithin 208,25 EUR monatlich) bis auf Weiteres zu gewähren, da diesbezüglich bislang keine Kostensenkungsaufforderung durch die Antragsgegnerin erfolgt ist. Für den Lauf der sechsmonatigen Regelübergangsfrist des § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II ist eine Kostensenkungsaufforderung aber Tatbestandsvoraussetzung (Berlit in LPK-SGB II, 5. Aufl. 2013, § 22, Rn. 91 ff.). Die Kostensenkungsaufforderung muss die Höhe der aus Sicht des Leistungsträgers angemessenen Unterkunftskosten klar und zutreffend bezeichnen (BSG, Urteil vom 01.06.2010, B 4 AS 78/09 R, in Juris). Sie hat Warn- und Aufklärungsfunktion (Berlit a. a. O., Rn. 93). Eine Kostensenkungsaufforderung, aus der der Antragsteller hätte ersehen können, dass ab einem bestimmten Zeitpunkt keine Einlagerungskosten mehr übernommen werden, ist nicht erfolgt. Er wurde lediglich auf eine erforderliche Reduzierung des Einlagerungsgutes um 20 cbm hingewiesen. In dem persönlichen Gespräch am 14.03.2013 wurde vereinbart, dass die Kosten für die Einlagerung für ca. 30 cbm bis 30.06.2013 übernommen werden. Dass danach keine Einlagerungskosten mehr übernommen werden, geht aus dem Aktenvermerk nicht hervor. Mit Bescheid vom 18.03.2013 bewilligte die Antragsgegnerin sodann die Einlagerungskosten bei der Spedition P. bis 21.09.2013. Nachdem sich herausgestellt hatte, dass insgesamt für 55 cbm Einlagerungskosten entstehen, übernahm die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 22.03.2013 die zusätzlichen Einlagerungskosten für weitere 20 cbm bis 31.05.2013. Der Bescheid enthält den Hinweis, dass die Verlängerung dieser Einlagerungskosten über den genannten Termin nicht möglich ist und dass die eingelagerten Sachen auf die am 18.03.2013 bewilligten 30 cbm zu reduzieren seien. Tatsächlich wurden aufgrund der Bewilligung vom 18.03.2013 nicht 30 cbm, sondern 35 cbm von der Antragsgegnerin übernommen. Bei Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont, kann der Bescheid vom 22.03.2013 nur so verstanden werden, dass die Antragsgegner die zusätzlichen 20 cbm als unangemessen betrachtet und den Antragsteller auffordert, den Umfang der Einlagerung insoweit zu reduzieren, nicht jedoch dahingehend, dass die Einlagerungskosten insgesamt als unangemessen angesehen werden. Dies konnte der Antragsteller auch nicht aus der mitgeteilten Mietobergrenze ersehen. Die Gesamtkosten der Einlagerung von 35 cbm und die Kaltmiete betragen 421,25 EUR monatlich, so dass dieser Betrag die ursprünglich mitgeteilte Mietobergrenze von 400,50 EUR bis 440,55 EUR nicht übersteigt. Insoweit liegt eine Kostensenkungsaufforderung nur im Hinblick auf die Reduzierung des Einlagerungsgutes um 20 cbm vor, nicht aber bezüglich der restlichen - und bislang zugestandenen - 35 cbm, weshalb insoweit bis auf Weiteres ein Anspruch auf Übernahme der Kosten nach § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II besteht.
Hinsichtlich der Übernahme dieser Kosten ist auch ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Zwar hat der Antragsteller mit dem beim SG erst am 08.08.2014 gestellten Antrag auf Eilrechtschutz die Übernahme von Kosten für einen in der Vergangenheit liegenden Zeitraum beantragt. Die Deckung von in der Vergangenheit liegenden Bedarfen im Rahmen des Eilrechtschutzverfahrens ist nur ausnahmsweise bei Vorliegen eines Nachholbedarfes möglich, d.h. wenn die Nichtgewährung in die Gegenwart fortwirkt. Dies kommt z. B. in Betracht, wenn der Vermieter des Antragstellers Räumungsklage wegen Mietschulden angestrengt hat und daher der Verlust der Wohnung zu befürchten ist (Keller in Meyer-Ladewig, Kommentar zum SGG, 11. Aufl., § 86 b, Rn. 35a). Entsprechende Auswirkungen auf die Gegenwart sind vorliegend gegeben, da die einlagernde Spedition P. aufgrund der bestehenden Schulden des Antragstellers den Lagervertrag gekündigt hat und dabei darauf hingewiesen hat, bei Nichtbegleichung der Rückstände das Lagergut kostenpflichtig an die Adresse des Antragstellers zu liefern, soweit die Gegenstände nicht anderweitig verwertet werden könnten. Im Gegensatz zu der von der Antragsgegnerin vertretenen Auffassung kann vorliegend nicht darauf abgestellt werden, dass ein Verlust des Lagergutes nicht zu befürchten sei, da die Möglichkeit bestehe, dieses an den Wohnort des Antragstellers zu verbringen. Denn der Antragsteller hat dort aufgrund seiner Wohnverhältnisse keine Möglichkeit, die Gegenstände unterzubringen, wodurch im Ergebnis der Verlust des gesamten Lagerguts droht. Zudem würden den Antragsteller hieraus weitere, von ihm nicht aufzubringende Kosten für den Transport entstehen. Nach Zahlung der rückständigen Miete - wozu die vorliegende Nachzahlung zumindest anteilig beiträgt - hat der Antragsteller demgegenüber die Option, das Lagergut zu reduzieren und kostengünstig selbst abzutransportieren oder aber die Einlagerung des - erhaltenswerten Teils des - Lagerguts fortzusetzen. Es ist ihm daher nicht zuzumuten, den Ausgang des Hauptsacheverfahrens abzuwarten.
Die Direktauszahlung an die einlagernde Spedition sichert die zweckentsprechende Verwendung der Mittel (Rechtsgedanke des § 22 Abs. 7 Satz 1 SGB II).
Der Antrag zu 2. ist als Beschwerde gegen die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe durch das SG im Beschluss vom 14.08.2014 auszulegen. Hierüber hat der Senat durch Beschluss vom heutigen Tag (L 9 AS 3509/14 B) entschieden.
Der erstmalig im Beschwerdeverfahren gestellte Antrag zu 3. ist unzulässig, da hierüber eine erstinstanzliche Entscheidung nicht vorliegt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und berücksichtigt, dass der Antragsteller teilweise obsiegt hat.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin trägt 2/3 der außergerichtlichen Kosten des Antragstellers in beiden Rechtszügen.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist im Rahmen des Eilrechtsschutzverfahrens die Übernahme von Einlagerungskosten für Hausrat und persönliche Gegenstände streitig.
Der Antragsteller wurde am 15.01.2013 aus seiner bisherigen Wohnung im M. in S. geräumt und wohnt seither in einer ca. 31 qm großen Wohnung im R., S. Laut Hausbesuch vom 19.11.2013 handelt es sich um eine Einzimmerwohnung mit Küche, Dusche, WC und Diele, die zum Zeitpunkt des Hausbesuchs mit Möbelteilen und Hausrat vollgestellt war. Für die Wohnung fallen 213,90 EUR Kaltmiete, 47,00 EUR Nebenkosten und 49,00 EUR Heizkosten an, die von der Antragsgegnerin übernommen werden.
Im Rahmen einer persönlichen Vorsprache am 14.03.2013 beantragte der Antragsteller die Übernahme von Einlagerungskosten, da er in seiner Notunterkunft im R. nur einen kleinen und unsicheren Keller von 1,5 Metern x 3 Metern zur Verfügung habe. Die Beteiligten vereinbarten, dass Einlagerungskosten bis 30.06.2013 für ca. 30 Kubikmeter (cbm) übernommen werden, da bei einer derzeit gewährten Kaltmiete von 213,90 EUR und einer Mietobergrenze von 400,50 EUR (bzw. mit 10 Prozent Zuschlag von 440,55 EUR) die voraussichtlichen Einlagerungskosten von ca. 178,50 EUR noch angemessen seien.
Mit Bescheid vom 18.03.2013 bewilligte die Antragsgegnerin für sechs Monate bis 21.09.2013 die Einlagerungskosten bei der Spedition P. dem Grunde nach.
Am 21.03.2013 beantragte der Antragsteller die Übernahme von Transport- und Einlagerungskosten für weitere 20 cbm, da sich bei Abholung des Hausrates durch die P. GmbH herausgestellt habe, dass ein höherer Platzbedarf für die Einlagerung erforderlich sei. Mit Bescheid vom 22.03.2013 bewilligte die Antragsgegnerin dem Antragsteller bis 31.05.2013 Einlagerungskosten für weitere 20 cbm bei der Spedition P. Der Bescheid enthält den Hinweis, dass eine Verlängerung der Übernahme dieser Einlagerungskosten nicht möglich sei. Die von ihm eingelagerten Sachen seien auf die am 18.03.2013 bewilligten 30 cbm zu reduzieren. Die Kosten für die weiteren 20 cbm würden auf keinen Fall weiter übernommen.
Den gegen diesen Bescheid erhobenen Widerspruch verwarf die Antragsgegnerin mit Widerspruchsbescheid vom 15.05.2013 als unzulässig. Die hiergegen erhobene Klage wird unter dem Aktenzeichen S 6 AS 3375/13 beim Sozialgericht Stuttgart (SG) geführt.
Mit Bescheid vom 10.05.2013 bewilligte die Antragsgegnerin dem Antragsteller Einlagerungskosten in Höhe von insgesamt 535,50 EUR für 35 cbm für die Monate Mai und Juni 2013 sowie für die zusätzlichen 20 cbm für Mai 2013. Mit Bescheid vom 12.07.2013 bewilligte sie 208,25 EUR Einlagerungskosten für 35 cbm für Juli 2013.
Am 18.06.2013 beantragte der Antragsteller beim SG den Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit dem Ziel der Übernahme der Einlagerungskosten in Höhe von weiteren 100,00 EUR monatlich sowie der Übernahme von Schulden in Höhe von 412,00 EUR bei der EnBW. Diesen Antrag lehnte das SG mit Beschluss vom 26.08.2013 (S 6 AS 3376/13 ER) ab, da nicht glaubhaft gemacht sei, dass die derzeit bewohnte Wohnung von 31 qm, der Keller (der etwa 9 cbm Raumvolumen habe) sowie die weiteren 35 cbm Lagerraum nicht ausreichend seien, um den Hausrat des Antragstellers unterzubringen. In dem Beschwerdeverfahren vor dem Landessozialgericht Baden-Württemberg (L 7 AS 4242/13 ER-B) schlossen die Beteiligten einen Vergleich, in dem sich die Antragsgegnerin bereit erklärte, ein Darlehen über die bei der EnBW bestehenden Stromschulden zu gewähren. Eine weitere Übernahme von Einlagerungskosten durch die Antragsgegnerin erfolgte nicht.
Die Einlagerungskosten für 35 cbm übernahm die Antragsgegnerin bis einschließlich September 2013. Bis einschließlich April 2014 beglich der Antragsteller die Rechnungen der Firma P. selbst.
Mit Bescheid vom 03.02.2014 bewilligte die Antragsgegnerin dem Antragsteller für den Zeitraum 01.02.2014 bis 31.07.2014 monatlich 709,89 EUR Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). In der Leistung enthalten ist ein Unterkunftsbedarf in Höhe einer Kaltmiete von 213,90 EUR, Nebenkosten von 47,00 EUR und Heizkosten von 49,00 EUR.
Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Antragsgegnerin mit Widerspruchsbescheid vom 05.05.2014 zurück, da nicht erkennbar sei, dass dem Antragssteller zu geringe Leistungen bewilligt worden seien. Der Widerspruchsbescheid wurde noch am selben Tag an den Antragsteller abgesandt. Am 10.06.2014 (Dienstag nach Pfingsten) hat der Antragsteller Klage zum SG erhoben (S 6 AS 3251/14).
Am 23.05.2014, 11.06.2014 und 07.07.2014 stellte die P. GmbH dem Antragsteller eine Lagermiete in Höhe von monatlich 327,25 EUR für 55 cbm (Preis pro cbm: 5,00 EUR zzgl. MwSt.) für die Monate Mai, Juni und Juli 2014 in Rechnung. Da eine Zahlung nicht erfolgte, kündigte die P. GmbH den Lagervertrag zum 15.08.2014. Bei komplettem Ausgleich der Forderung könne der Lagervertrag gegen Vorauskasse verlängert werden. Bei Nichtbegleichung der Forderung am 18.08.2014 werde das Lagergut an die zuletzt bekannte Adresse geliefert oder die Gegenstände würden, außer den persönlichen Dokumenten, für caritative Einrichtungen zur Verfügung gestellt. Da bekannt sei, dass es sich bei den eingelagerten Gegenständen nicht um Wertgegenstände handele, sei ein Pfandverkauf keine Option.
Am 08.08.2014 hat der Antragsteller beim SG die Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz beantragt mit dem Ziel, die Antragsgegnerin zu verpflichtet, die aufgelaufenen Lagerkosten in Höhe von 981,75 EUR (3 x 327,25 EUR) unverzüglich zu bezahlen. Aufgrund der Zwangsräumung seien seine Wohnungsgegenstände eingelagert worden. Eine Lagerliste (Inventarverzeichnis) sei nicht angelegt worden. Es seien auch wichtige Unterlagen wie Urkunden und Qualifikationen eingelagert worden. Eile sei geboten, da der Lagervertrag bereits gekündigt sei. Weiterhin hat der Antragsteller die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwalt Z. (S.) beantragt.
Mit Beschluss vom 14.08.2014 hat das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sowie auf Gewährung von Prozesskostenhilfe mit der Begründung abgelehnt, dass weder ein Anordnungsanspruch noch ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht sei. Einzig in Betracht kommende Anspruchsgrundlage sei § 22 Abs. 8 SGB II. Hiernach könnten Schulden übernommen werden, wenn dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt sei. Die Übernahme von Schulden für eine kostenunangemessene Unterkunft komme nicht in Betracht. Es sei nicht nachvollziehbar, warum die Wohnung und der Keller des Antragstellers nicht ausreichend seien, um sein Hab und Gut aufzubewahren. Auch habe der Antragsteller seit nunmehr einem Jahr keine Anstrengungen unternommen, das Lagergut zu reduzieren und wichtige persönliche Gegenstände von sonstigem Hab und Gut, das einer Verwertung zugeführt werden könne, zu trennen. Die Antragsgegnerin habe auch für den streitigen Zeitraum Mai bis Juli 2014 keine Kostenübernahme zugesichert. Ein Anordnungsgrund sei ebenfalls nicht glaubhaft gemacht, da zwar die Kündigung ausgesprochen und die Räumung angedroht, jedoch kein Verlust des Lagergutes zu befürchten sei. Denn die Einlagerungsfirma habe mitgeteilt, dass eine Verwertung nicht beabsichtigt sei. Sie sei bereit, die Gegenstände an die Wohnadresse des Antragstellers zu liefern.
Gegen den am 16.08.2014 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 18.08.2014 Beschwerde zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Die im Schreiben der Spedition genannten Möglichkeiten seien Optionen, die nicht realisiert werden könnten. Er laufe Gefahr, seine Habe aus 54 Jahren zu verlieren. Die Gegenstände seien nach einer Zwangsräumung, der er nur kurzzeitig habe beiwohnen können, ungeordnet in Müllsäcken eingelagert worden. Daher gebe es auch keine Lagerlisten. Eine zwischenzeitliche gezielte Entnahme von Gegenständen sei nicht möglich gewesen. Diese würden in verschlossenen Containern gelagert.
Der Antragsteller beantragt:
1. Den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart aufzuheben und dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung stattzugeben, diese ggf. nochmals an das Sozialgericht Stuttgart zur Bearbeitung zurückzuverweisen.
2. Den berechtigten Antrag hierzu auf Gewährung von Prozesskostenhilfe zu bewilligen und die anwaltliche Hilfe beizuordnen.
3. Das Job Center S. unverzüglich zur Bearbeitung der gestellten Anträge anzuweisen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Nach ihrer Auffassung besteht keine rechtliche Grundlage für die Übernahme der Kosten. Der Antragsteller habe keinen Anspruch auf eine dauerhafte Übernahme der Einlagerungskosten. Es sei Aufgabe des Antragstellers, sich um seine eingelagerten Gegenstände zu kümmern und diese auszusortieren. Die Gefahr des Verlustes der eingelagerten Gegenstände bestehe nach dem Schreiben der Speditionsfirma nicht, da diese an die Adresse des Antragstellers geliefert werden könnten. Der Antragsteller habe die Einlagerung über den ursprünglich bewilligten Zeitraum eigenmächtig fortgesetzt, ohne dass er dafür eine Zusicherung eingeholt habe. Die eingelagerten 55 cbm verursachten monatliche Kosten von 327,25 EUR. Berücksichtige man zusätzlich die Kaltmiete der bewohnten Wohnung von 213,90 EUR, sei die Angemessenheitsgrenze von 400,50 EUR für einen Ein-Personen-Haushalt deutlich überschritten.
Herr K. (Mitarbeiter der P. GmbH) hat auf Anfrage des Senats am 27.10.2014 mitgeteilt, dass die vom Antragsteller eingelagerten Gegenstände noch in zwei Lagercontainern auf dem Betriebsgelände aufbewahrt werden. Wenn die offenen Forderungen (aktuell 1.636,25 EUR) bezahlt würden, könne der Antragsteller auch weiterhin seine Sachen einlagern. Die eingelagerten Gegenstände seien seiner Kenntnis nach nicht von wirtschaftlichem Wert. Um die Kosten gering zu halten, habe er dem Antragsteller angeboten, dass er eigene Schlösser an den Containern anbringen dürfe, damit er die Gegenstände nach und nach mit einem Mietfahrzeug abholen könne. Dies sei aber erst dann möglich, wenn die Lagerkosten beglichen werden.
Das Beschwerdeverfahren hinsichtlich der Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird unter dem Aktenzeichen L 9 AS 3509/14 B geführt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Sozialgerichtsakten des Ausgangs- sowie des Beschwerdeverfahrens und die bei der Antragsgegnerin geführte Verwaltungsakte verwiesen.
II.
Die unter Beachtung der Vorgaben des § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig und teilweise begründet.
Der Erlass einer Regelungsanordnung nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG verlangt grundsätzlich die summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache (Anordnungsanspruch) sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung zur Abwendung wesentlicher Nachteile (Anordnungsgrund). Die dem Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund zugrundeliegenden Tatsachen sind von dem Antragsteller glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung). Glaubhaft gemacht sind Tatsachen, wenn sie überwiegend wahrscheinlich sind. Zwischen Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch besteht dabei eine Wechselbeziehung. So ist beispielsweise an das Vorliegen des Anordnungsgrundes ein weniger strenger Maßstab zu stellen, wenn bei der Prüfung der Sach- und Rechtslage das Obsiegen in der Hauptsache sehr wahrscheinlich ist. Sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache offen, kommt dem Anordnungsgrund entscheidende Bedeutung zu.
Nach diesen Grundsätzen hat der Antragsteller einen Anspruch auf Übernahme der Lagerkosten durch die Antragsgegnerin in Höhe von 208,25 EUR monatlich für den Zeitraum 01.05.2014 bis 31.07.2014 glaubhaft gemacht.
Anspruchsgrundlage ist § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II und nicht, wie vom SG angenommen, § 22 Abs. 8 SGB II. § 22 Abs. 1 SGB II regelt die Übernahme laufender Unterkunftskosten, wohingegen § 22 Abs. 8 SGB II die Übernahme von Schulden betrifft. Entscheidend für die Abgrenzung ist, ob ein noch nicht vom SGB II-Träger gedeckter Unterkunftsbedarf vorliegt (§ 22 Abs. 1 SGB II) oder ob Schulden bestehen, die trotz Übernahme der laufenden Kosten durch den SGB II-Träger entstanden sind (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 22.03.2010, B 4 AS 62/09 R, in Juris). Einlagerungskosten können grundsätzlich im Rahmen der Leistungsgewährung nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II berücksichtigt werden (BSG, Urteil vom 16.12.2008, B 4 AS 1/08 R, in Juris). Vorliegend streitig ist die erstmalige, von der Antragsgegnerin nicht berücksichtigte Übernahme dieser Kosten für den Zeitraum 01.05.2014 bis 31.07.2014, so dass sich die Leistungsgewährung nach § 22 Abs. 1 SGB II richtet. Die Lagerkosten für den streitgegenständlichen Zeitraum wurden im Bewilligungsbescheid vom 03.02.2014 (Bewilligungszeitraum 01.02.2014 bis 31.07.2014) nicht als Bedarf berücksichtigt. Dieser Bescheid (in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.05.2014) ist nicht bestandskräftig, da gegen ihn rechtzeitig Klage erhoben wurde (S 6 AS 3251/14). Gemäß § 87 Abs. 1 Satz 1 SGG ist die Klage binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsaktes zu erheben. Hat ein Vorverfahren stattgefunden, beginnt die Frist nach § 87 Abs. 2 SGG mit der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides. Der Widerspruchsbescheid wurde dem Antragsteller am 08.05.2014 bekannt gegeben (§ 37 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch). Nach § 64 Abs. 2 S. 1 SGG endet eine nach Monaten bestimmte Frist mit dem Ablauf desjenigen Tages des letzten Monats, welcher nach Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, in den das Ereignis (vorliegend die Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides) fällt. Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag oder Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages. Da der 08.06.2014 Pfingstsonntag war, endete die Klagefrist mit Ablauf des 10.06.2014. Die an diesem Tag erhobene Klage war noch rechtzeitig, so dass die Gewährung weiterer Unterkunftskosten im vorliegenden Eilrechtsschutzverfahren möglich ist. Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Übersteigen die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den angemessenen Umfang, sind sie als Bedarf solange anzuerkennen, wie es dem Leistungsberechtigten nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für 6 Monate (§ 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II). Die vom Antragsteller monatlich geltend gemachten Lagerkosten von 327,25 EUR sind nicht angemessen im Sinne von § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 16.12.2008 a. a. O.) sind Einlagerungskosten im Rahmen des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II zu übernehmen, wenn der angemietete Wohnraum so klein ist, dass für die Unterbringung von Gegenständen aus dem persönlichen Lebensbereich des Hilfebedürftigen zusätzliche Räumlichkeiten erforderlich sind. Hierbei sind jedoch die Grenzen der Angemessenheit der Unterkunftskosten zu berücksichtigen. Maßgebend für diese Prüfung ist zum einen die Höhe der Gesamtkosten der angemieteten Räumlichkeiten (BSG, a. a. O.). Zum anderen bestimmt sich die Angemessenheit der Aufwendungen danach, ob die eingelagerten Gegenstände in einer nachvollziehbaren Relation zu dem Lebenszuschnitt des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen stehen. Zudem muss die (isolierte) Miete für den zusätzlichen Lagerraum, gemessen am Wert der eingelagerten Güter, wirtschaftlich sein. Die Gesamtkosten des Antragstellers von 541,15 EUR (Kaltmiete für die angemietete Wohnung zzgl. Einlagerungskosten) übersteigen die von der Antragsgegnerin zugrunde gelegte Angemessenheitsgrenze von 400,50 EUR, maximal 440,55 EUR, erheblich. Hinzu kommt, dass der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht hat, dass die eingelagerten Gegenstände einen wirtschaftlichen Wert haben. Eingelagert wurde überwiegend Hausrat, der nach Auskunft der Spedition P. keinen wirtschaftlichen Wert hat. Im Hinblick darauf, dass für drei Monate 981,75 EUR Einlagerungskosten anfallen und die Einlagerung bereits seit März 2013 erfolgt, sind die geltend gemachten Einlagerungskosten von 327,25 EUR monatlich nicht angemessen. Trotzdem sind die Einlagerungskosten für 35 cbm in Höhe von 175,00 EUR zzgl. 19 % MwSt. (mithin 208,25 EUR monatlich) bis auf Weiteres zu gewähren, da diesbezüglich bislang keine Kostensenkungsaufforderung durch die Antragsgegnerin erfolgt ist. Für den Lauf der sechsmonatigen Regelübergangsfrist des § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II ist eine Kostensenkungsaufforderung aber Tatbestandsvoraussetzung (Berlit in LPK-SGB II, 5. Aufl. 2013, § 22, Rn. 91 ff.). Die Kostensenkungsaufforderung muss die Höhe der aus Sicht des Leistungsträgers angemessenen Unterkunftskosten klar und zutreffend bezeichnen (BSG, Urteil vom 01.06.2010, B 4 AS 78/09 R, in Juris). Sie hat Warn- und Aufklärungsfunktion (Berlit a. a. O., Rn. 93). Eine Kostensenkungsaufforderung, aus der der Antragsteller hätte ersehen können, dass ab einem bestimmten Zeitpunkt keine Einlagerungskosten mehr übernommen werden, ist nicht erfolgt. Er wurde lediglich auf eine erforderliche Reduzierung des Einlagerungsgutes um 20 cbm hingewiesen. In dem persönlichen Gespräch am 14.03.2013 wurde vereinbart, dass die Kosten für die Einlagerung für ca. 30 cbm bis 30.06.2013 übernommen werden. Dass danach keine Einlagerungskosten mehr übernommen werden, geht aus dem Aktenvermerk nicht hervor. Mit Bescheid vom 18.03.2013 bewilligte die Antragsgegnerin sodann die Einlagerungskosten bei der Spedition P. bis 21.09.2013. Nachdem sich herausgestellt hatte, dass insgesamt für 55 cbm Einlagerungskosten entstehen, übernahm die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 22.03.2013 die zusätzlichen Einlagerungskosten für weitere 20 cbm bis 31.05.2013. Der Bescheid enthält den Hinweis, dass die Verlängerung dieser Einlagerungskosten über den genannten Termin nicht möglich ist und dass die eingelagerten Sachen auf die am 18.03.2013 bewilligten 30 cbm zu reduzieren seien. Tatsächlich wurden aufgrund der Bewilligung vom 18.03.2013 nicht 30 cbm, sondern 35 cbm von der Antragsgegnerin übernommen. Bei Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont, kann der Bescheid vom 22.03.2013 nur so verstanden werden, dass die Antragsgegner die zusätzlichen 20 cbm als unangemessen betrachtet und den Antragsteller auffordert, den Umfang der Einlagerung insoweit zu reduzieren, nicht jedoch dahingehend, dass die Einlagerungskosten insgesamt als unangemessen angesehen werden. Dies konnte der Antragsteller auch nicht aus der mitgeteilten Mietobergrenze ersehen. Die Gesamtkosten der Einlagerung von 35 cbm und die Kaltmiete betragen 421,25 EUR monatlich, so dass dieser Betrag die ursprünglich mitgeteilte Mietobergrenze von 400,50 EUR bis 440,55 EUR nicht übersteigt. Insoweit liegt eine Kostensenkungsaufforderung nur im Hinblick auf die Reduzierung des Einlagerungsgutes um 20 cbm vor, nicht aber bezüglich der restlichen - und bislang zugestandenen - 35 cbm, weshalb insoweit bis auf Weiteres ein Anspruch auf Übernahme der Kosten nach § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II besteht.
Hinsichtlich der Übernahme dieser Kosten ist auch ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Zwar hat der Antragsteller mit dem beim SG erst am 08.08.2014 gestellten Antrag auf Eilrechtschutz die Übernahme von Kosten für einen in der Vergangenheit liegenden Zeitraum beantragt. Die Deckung von in der Vergangenheit liegenden Bedarfen im Rahmen des Eilrechtschutzverfahrens ist nur ausnahmsweise bei Vorliegen eines Nachholbedarfes möglich, d.h. wenn die Nichtgewährung in die Gegenwart fortwirkt. Dies kommt z. B. in Betracht, wenn der Vermieter des Antragstellers Räumungsklage wegen Mietschulden angestrengt hat und daher der Verlust der Wohnung zu befürchten ist (Keller in Meyer-Ladewig, Kommentar zum SGG, 11. Aufl., § 86 b, Rn. 35a). Entsprechende Auswirkungen auf die Gegenwart sind vorliegend gegeben, da die einlagernde Spedition P. aufgrund der bestehenden Schulden des Antragstellers den Lagervertrag gekündigt hat und dabei darauf hingewiesen hat, bei Nichtbegleichung der Rückstände das Lagergut kostenpflichtig an die Adresse des Antragstellers zu liefern, soweit die Gegenstände nicht anderweitig verwertet werden könnten. Im Gegensatz zu der von der Antragsgegnerin vertretenen Auffassung kann vorliegend nicht darauf abgestellt werden, dass ein Verlust des Lagergutes nicht zu befürchten sei, da die Möglichkeit bestehe, dieses an den Wohnort des Antragstellers zu verbringen. Denn der Antragsteller hat dort aufgrund seiner Wohnverhältnisse keine Möglichkeit, die Gegenstände unterzubringen, wodurch im Ergebnis der Verlust des gesamten Lagerguts droht. Zudem würden den Antragsteller hieraus weitere, von ihm nicht aufzubringende Kosten für den Transport entstehen. Nach Zahlung der rückständigen Miete - wozu die vorliegende Nachzahlung zumindest anteilig beiträgt - hat der Antragsteller demgegenüber die Option, das Lagergut zu reduzieren und kostengünstig selbst abzutransportieren oder aber die Einlagerung des - erhaltenswerten Teils des - Lagerguts fortzusetzen. Es ist ihm daher nicht zuzumuten, den Ausgang des Hauptsacheverfahrens abzuwarten.
Die Direktauszahlung an die einlagernde Spedition sichert die zweckentsprechende Verwendung der Mittel (Rechtsgedanke des § 22 Abs. 7 Satz 1 SGB II).
Der Antrag zu 2. ist als Beschwerde gegen die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe durch das SG im Beschluss vom 14.08.2014 auszulegen. Hierüber hat der Senat durch Beschluss vom heutigen Tag (L 9 AS 3509/14 B) entschieden.
Der erstmalig im Beschwerdeverfahren gestellte Antrag zu 3. ist unzulässig, da hierüber eine erstinstanzliche Entscheidung nicht vorliegt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und berücksichtigt, dass der Antragsteller teilweise obsiegt hat.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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