Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 7 AL 42/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AL 4752/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 27. September 2013 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Umstritten ist die Gewährung von Arbeitslosengeld (Alg) für die Zeit vom 1. September bis 3. Oktober 2011.
Die 1967 geborene Klägerin, die von Januar 2002 bis 31. Dezember 2008 als Heilerziehungspflegerin und - nach Bezug von Alg - vom 1. Februar 2009 bis 31. August 2011 als Pädagogische Fachkraft (befristet) versicherungspflichtig beschäftigt war, meldete sich am 26. Mai 2011 arbeitssuchend sowie am 9. August 2011 mit Wirkung zum 1. September 2011 arbeitslos und beantragte die Gewährung von Alg. Hierzu gab sie unter dem 5. September 2011 an, sie werde ab 4. Oktober 2011 bis voraussichtlich Februar 2015 Studentin an einer Hochschule sein. Dazu legte sie u.a. eine Immatrikulationsbescheinigung der Hochschule E. (Immatrikulation im Wintersemester [WS] 2011/12, Dauer des WS 1. September bis 28. Februar) vor, bei der sie sich im August 2011 immatrikuliert hat.
Mit Bescheid vom 6. September 2011 lehnte die Beklagte die Gewährung von Alg ab, da am 1. September 2011 bereits das WS der Klägerin beginne, weshalb diese nicht arbeitslos sei und keinen Anspruch auf Alg habe. Die Entscheidung beruhe auf § 118 Abs. 1 Nr. 1 und § 119 Abs. 1 Nr. 3 sowie Abs. 5 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III). Dieser Bescheid wurde nicht angefochten und bestandskräftig.
Am 25. November 2011 beantragte die Klägerin die Überprüfung des Bescheids vom 6. September 2011 nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) und begehrte sinngemäß die Gewährung von Alg für die Zeit vom 1. September bis 3. Oktober 2011. In diesem Zeitraum hätte sie dem Arbeitsmarkt uneingeschränkt zur Verfügung gestanden, da Vorlesungsbeginn für Erstsemester, beginnend mit der Einführungsveranstaltung, erst am 4. Oktober 2011 gewesen sei. Erst an diesem Tag habe sie das Studium beginnen können.- Hierzu legte sie ein Informationsschreiben der Hochschule E. vor (Einführungsveranstaltungen am 4. Oktober 2011, Vorlesungsbeginn am 5. Oktober 2011).
Mit Bescheid vom 28. November 2011 lehnte die Beklagte die Rücknahme des Bescheids vom 6. September 2011 ab, da die Überprüfung ergeben habe, dass bei seinem Erlass weder von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen, noch das Recht unrichtig angewandt worden sei. Bei Studenten einer Hochschule werde vermutet, dass sie nur versicherungsfreie Beschäftigungen ausüben könnten. Der Studentenstatus liege mit Beginn des Semesters vor. Für die Abmeldung aus dem Leistungsbezug sei nicht der Vorlesungsbeginn maßgebend, sondern der Beginn des Semesters, für den sich der Betroffene immatrikuliert habe.
Dagegen erhob die Klägerin am 1. Dezember 2011 Widerspruch. Die Beklagten wies darauf hin, dass der Anspruch auf Alg u.a. voraussetze, dass eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes ausgeübt werden könne und dass bei Studenten die Vermutung bestehe, dass sie nur versicherungsfreie Beschäftigungen ausüben könnten. Dies sei nur dann widerlegt, wenn der Student darlege und nachweise, dass der Ausbildungsgang die Ausübung einer entsprechenden versicherungspflichtigen Beschäftigung bei ordnungsgemäßer Erfüllung der in den Ausbildungs- und Prüfungsbestimmungen vorgeschriebenen Anforderungen zulasse. Studenten seien bei Vorliegen des Werkstudentenprivilegs versicherungsfrei, wenn und solange das Studium die Haupt- und die Beschäftigung die Nebensache sei. Der Studentenstatus habe bereits mit Beginn des Semesters, also am 1. September 2011 vorgelegen. Darauf machte die Klägerin geltend, die Auffassung der Beklagten stehe im Widerspruch zu § 15 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG), wonach Ausbildungsbeginn nicht Semesterbeginn, sondern Vorlesungsbeginn sei. Sie sehe die Vermutung des § 120 Abs. 2 Satz 1 SGB III als widerlegt an. Der Ausbildungsgang lasse in der geltend gemachten Zeit die Ausübung einer versicherungspflichtigen mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassenden Beschäftigung bei ordnungsgemäßer Erfüllung der in der Ausbildungs- und Prüfungsbestimmungen vorgeschriebenen Anforderungen zu, da er bis 3. Oktober 2011 nicht begonnen habe. Da sie zuvor versicherungspflichtig berufstätig gewesen sei, käme im Übrigen auch eine versicherungsfreie Tätigkeit im Kalenderjahr 2011 gar nicht in Frage.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 19. Dezember 2011 zurück. Die Rücknahme des bindend gewordenen Ablehnungsbescheides sei zu Recht abgelehnt worden. Die Klägerin habe nichts vorgebracht, was für die Unrichtigkeit der Entscheidung sprechen könnte. Die für die Gewährung von Leistungen u.a. erforderliche Verfügbarkeit liege nicht vor. Bei Studenten einer Hochschule werde gemäß § 120 Abs. 2 Satz 1 SGB III vermutet, dass sie nur eine versicherungsfreie Beschäftigung ausüben könnten. Diese Vermutung sei widerlegt, wenn der Student bzw. die Studentin darlege und nachweise, dass der Ausbildungsgang die Ausübung einer versicherungspflichtigen, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassenden Beschäftigung bei ordnungsgemäßer Erfüllung der in den Ausbildungs- und Prüfungsbestimmungen vorgeschriebenen Anforderungen zulasse. Die Klägerin sei seit 1. September 2011 als Studierende an einer Hochschule immatrikuliert. Sie habe nicht nachgewiesen, dass sie neben dem Studium noch eine versicherungspflichtige Beschäftigung ausüben könne, da sie nur mit Einschränkungen für solche Beschäftigungen zur Verfügung stehe, die den Erfordernissen des Studiums angepasst seien. Soweit sie geltend mache, der Studiengang habe bis 3. Oktober 2011 eine versicherungspflichtige Beschäftigung zugelassen, ergebe sich daraus nichts anderes, da sie ausschließlich in der Zeit, in der sie durch Lehrveranstaltungen oder sonstige mit dem Studium zusammenhängende Anforderungen nicht belastet sei, eine entgeltliche Tätigkeit aufnehmen könne. Das Studium bleibe damit die Hauptsache. Eine Beschäftigung während eines Studiums sei aber gemäß § 27 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 SGB III versicherungsfrei, wenn sie nur die Nebensache und das Studium die Hauptsache sei. Eine Beschäftigung vom 1. September bis 3. Oktober 2011 wäre versicherungsfrei. Soweit die Klägerin geltend mache, bei Leistungen nach dem BAföG sei der Vorlesungsbeginn maßgebend, nicht der offizielle Studienbeginn, und sie sei bis 31. August 2011 versicherungspflichtig beschäftigt gewesen, führe dies zu keiner anderen Entscheidung. Die Vorschriften des BAföG seien bei der Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen auf Alg nicht maßgebend. Der Studentenstatus liege auch bereits mit Beginn des Semesters vor, für das sich der Betroffene immatrikuliert habe. Damit sei sie bereits ab 1. September 2011 Studentin im Sinne des § 120 Abs. 2 SGB III gewesen und von der gesetzlichen Vermutung auszugehen. Dass sie zuvor bis 31. August 2011 versicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei, sei dabei unerheblich. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Widerspruchsbescheid verwiesen.
Deswegen hat die Klägerin am 4. Januar 2012 Klage beim Sozialgericht Ulm (SG) erhoben. Sie hat geltend gemacht, das Studium habe faktisch am 4. Oktober 2011 begonnen, sodass es ihr bis dahin möglich gewesen sei, eine versicherungspflichtige Beschäftigung auszuüben. Soweit die Beklagte im Hinblick auf § 27 Abs. 4 SGB IV davon ausgehe, dass Studenten versicherungsfrei seien, überzeuge dies nicht, da dann die Widerlegbarkeit der Vermutungen nach § 120 Abs. 2 Satz 2 SGB III gegenstandslos wäre. Da Vorlesungsbeginn erst am 4. Oktober 2011 gewesen sei, gebe es keinen Grund, warum sie bis dahin nicht eine versicherungspflichtige Beschäftigung hätte ausüben können. Die gesetzliche Vermutung sei schon dadurch widerlegt, dass die Vorlesungen erst am 4. Oktober 2011 begonnen hätten.
Die Beklagte hat erwidert, die gesetzliche Vermutung, dass Studenten nur versicherungsfreie Tätigkeiten ausüben könnten, sei nur widerlegt, wenn der Student darlege und nachweise, dass der Ausbildungsgang die Ausübung einer versicherungspflichtigen, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassenden Beschäftigung bei ordnungsgemäßer Erfüllung der in den Prüfungs- und Ausbildungsbestimmungen niedergelegten Anordnungen zulasse. Hierfür sei nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), Az: 7 RAr 18/94, erforderlich, dass sowohl die konkrete Studiengestaltung als auch die Regelung der Studien- und Prüfungsordnungen einer solchen Arbeitstätigkeit nicht entgegenstehen und das Studium hinsichtlich der Gesamtbelastung hinter der Arbeitnehmertätigkeit zurücktrete. Insofern habe die Klägerin nicht dargelegt und nachgewiesen, dass ihr eine versicherungspflichtige Tätigkeit auch während bzw. des gesamten Semesters möglich sei. Die Vermutung, dass sie während des Studiums nur versicherungsfreie Tätigkeiten ausüben könne, sei nicht widerlegt. Allein das Vorbringen, Vorlesungsbeginn sei erst der 4. Oktober 2011 gewesen, sodass für die Zeit davor eine versicherungspflichtige Beschäftigung möglich gewesen sei, reiche nicht aus. Entscheidend sei vielmehr, dass das gesamte Studium und nicht nur Teilabschnitte, hier also die Zeit bis 3. Oktober 2011, eine versicherungspflichtige Beschäftigung zuließen. Denn nach dem Werkstudentenprivileg seien Studenten auch dann von der Versicherungspflicht ausgenommen, wenn sie etwa in den Semesterferien vollständig erwerbstätig seien, solange das Studium das Erscheinungsbild des Beschäftigten präge. Daher sei auch in der Zeit bis 3. Oktober 2011, in der die Klägerin zwar keine studienbedingten Verpflichtungen gehabt habe, von der gesetzlichen Vermutung auszugehen, dass sie nur versicherungsfreie Tätigkeiten aufnehmen könne. Verfügbarkeit und damit Arbeitslosigkeit im Sinne des § 119 SGB III hätten somit nicht vorgelegen, sodass kein Anspruch auf Alg bestehe.
Die Klägerin hat ergänzend vorgetragen, nach Auskunft einer Hochschulmitarbeiterin sei es erlaubt, bis 20 Stunden pro Woche zu arbeiten, um den Krankenversicherungsstatus nicht zu verlieren. Damit spreche nichts dagegen, neben dem Studium zu arbeiten, soviel sie wolle, insbesondere auch versicherungspflichtig. Hierzu hat sie Schreiben der Frau N. von der Hochschule E. vom 16. Januar 2013 (Hinweis auf § 60 Abs. 2 Nr. 4 des Landeshochschulgesetzes, wonach eine Zulassung nicht zu versagen ist, wenn nachgewiesen ist, dass zeitlich die Möglichkeit besteht, sich dem Studium uneingeschränkt zu widmen und die erforderlichen Lehrveranstaltungen zu besuchen; sofern diese Voraussetzungen erfüllt seien, spreche von Seiten der Hochschule nichts gegen eine Vollzeitbeschäftigung neben dem Studium) und vom 1. Februar 2013 (nach § 60 Abs. 2 Nr. 4 Landeshochschulgesetz könne die Klägerin neben dem Studium einer Vollzeitbeschäftigung nachgehen, wenn sie durch geeignete Nachweise belege, dass sie dann ihrer Berufstätigkeit nachgehe, wenn keine Vorlesungen seien) vorgelegt. Ferner hat die Klägerin Studienpläne für das WS 2011/2012, das Sommersemester (SS) 2012 und für das WS 2012/2013 vorgelegt.
Auf Anfrage des SG hat Frau N. am 23. April 2013 mitgeteilt, die Hochschule E. gehe davon aus, dass Studierende bis zu 20 Stunden wöchentlich arbeiten könnten und trotzdem in der Lage seien, die Ausbildungs- und Prüfungsbedingungen der Hochschule zu erfüllen.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, das Schreiben der Hochschule E., wonach diese davon ausgehe, dass Studierende bis zu 20 Stunden wöchentlich arbeiten könnten und trotzdem in der Lage seien, ihre Ausbildungs- und Prüfungsbedingungen zu erfüllen, widerlege die Rechtsvermutung des § 120 Abs. 2 Satz 1 SGB III in der bis 31. März 2012 geltenden Fassung nicht. Auch bei einer Beschäftigung bis zu 20 Wochenstunden könne nach der Rechtsprechung des BSG Versicherungsfreiheit für Studenten bestehen. Damit habe die Klägerin ab 1. September 2011 nur versicherungsfreie Beschäftigungen ausüben können.
Mit Urteil vom 27. September 2013 hat das SG die angefochtenen Bescheide aufgehoben, die Beklagte verpflichtet, den Bescheid vom 6. September 2011 aufzuheben sowie der Klägerin Alg in gesetzlicher Höhe für die Zeit vom 1. September bis 3. Oktober 2011 zu gewähren und die Berufung zugelassen. Die Voraussetzungen für die Gewährung von Alg seien nach den - hier heranzuziehenden - ab 1. April 2012 geltenden Bestimmungen erfüllt. Die gesetzlichen Voraussetzungen des § 137 Abs. 1 SGB III und des § 138 Abs. 1 SGB III sowie § 138 Abs. 5 SGB III seien erfüllt. Insbesondere stehe die Bestimmung des § 139 Abs. 2 SGB III dem Anspruch nicht entgegen. Die in Satz 1 der Regelung festgelegte Vermutung sei für die Zeit vom 1. September 2011 bis 3. Oktober 2011 widerlegt, da die Klägerin vor dem Beginn ihrer Vorlesungen - trotz ihrer Immatrikulation - dem Arbeitsmarkt zur Verfügung gestanden habe. Vor dem Beginn der Vorlesungen habe sie keine universitären Verpflichtungen gehabt und hätte in diesem Zeitraum tatsächlich einer vollschichtigen Tätigkeit nachgehen können. Dies ergebe sich auch aus den Urteilen des Landessozialgerichts (LSG) Baden-Württemberg vom 18. November 2011, L 12 AL 5291/09 und des Hessischen LSG vom 21. September 2012, L 7 AL 3/12, die zu den gleichlautenden Vorgängernormen ergangen seien. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das schriftliche Urteil verwiesen.
Gegen das ihr am 21. Oktober 2013 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 5. November 2013 Berufung eingelegt. Sie trägt im Wesentlichen vor, die Vermutung des § 120 Abs. 2 Satz 1 SGB III a.F. (jetzt § 139 Abs. 2 SGB III), dass Studierende nur einer versicherungsfreien Beschäftigung nachgehen könnten, sei nicht widerlegt. Sie finde Anwendung, nachdem die Klägerin zum 1. September 2011 immatrikuliert worden sei. Nach der Rechtsprechung des BSG sei im Rahmen der Regelung von Massenerscheinungen im Interesse einer effizienten Verwaltung eine Typisierung und Pauschalierung zulässig und davon auszugehen, dass durch die Immatrikulation zwischen den Studenten und der Hochschule ein Rechtsverhältnis entstehe, das die Vermutung begründe, der Student könne während seines Studiums keiner beitragspflichtigen Beschäftigung mehr nachgehen. Mithin sei für den Beginn der Vermutung nach § 120 Abs. 2 Satz 1 SGB III auf den Status als Student durch Immatrikulation abzustellen. Zu Unrecht sei das SG davon ausgegangen, dass die Vermutung einer versicherungsfreien Beschäftigung bereits dadurch widerlegt sei, dass ein Student zwischen der Immatrikulation und dem Beginn der Vorlesungszeit keinerlei studienbedingte Verpflichtungen zu erfüllen habe, weil jedenfalls für diese Zeit eine Beschäftigung nach den gesamten tatsächlichen Verhältnissen dem (noch nicht tatsächlich aufgenommenen) Studium so untergeordnet sei, dass das Erscheinungsbild des Arbeitslosen nicht das eines (versicherungsfreien) Studenten bzw. Werkstudenten sei. Es bestehe eine gesetzliche Vermutung, dass Studenten nur versicherungsfreien Beschäftigungen nachgehen könnten, daher dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stünden und somit auch keinen Anspruch auf Alg hätten. Das BSG habe, allerdings noch in Bezug auf das AFG, in seinem Urteil vom 19. März 1998 (B 7 AL 44/97 R, in Juris) ausgeführt, dass bei einem Studenten vermutet werde, dass er nur Beschäftigungen ausüben könne, die nach § 169 AFG beitragsfrei seien, es sei denn, er lege gemäß § 103a Abs. 2 AFG dar, dass der Ausbildungsgang bei ordnungsgemäßer Erfüllung der in den Ausbildungs- und Prüfungsordnungsbestimmungen vorgeschriebenen Anforderungen eine die Beitragspflicht begründende Beschäftigung zulasse. Das SG sei rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, die Vermutung sei bereits dann widerlegt, wenn ein Student zwischen Immatrikulation und dem Beginn der Vorlesungszeit keinerlei studienbedingte Verpflichtungen zu erfüllen habe. Es habe verkannt, dass hinsichtlich der Vermutung der versicherungsfreien Beschäftigung darauf abzustellen sei, ob der gesamte Studiengang die Ausübung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung zulasse, die Beschäftigung also während des gesamten Studiums Hauptsache bleibe und das Studium nur "Nebensache" sei. Nachdem die Klägerin sich aus familiären Gründen auf einen Beschäftigungsumfang von 30 Wochenstunden eingeschränkt habe, habe das Studium bei ordnungsgemäßer Erfüllung der in der Studien- und Prüfungsordnung vorgeschriebenen Anforderungen eine mehr als kurzzeitige Beschäftigung nicht zugelassen. Da bei der Klägerin somit das Studium an der Hochschule E. Haupt- und nicht nur Nebensache gewesen sei, sei entgegen der Auffassung des SG die gesetzliche Vermutung nicht widerlegt.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 27. September 2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Sie trägt im Wesentlichen vor, wie das SG zutreffend festgestellt habe, habe sie dem Arbeitsmarkt zur Verfügung gestanden, da sie vor dem Beginn der Vorlesungen keine universitären Verpflichtungen gehabt habe und bis zum tatsächlichen Ausbildungsbeginn einer vollschichtigen Tätigkeit hätte nachgehen können. Entgegen der Auffassung der Beklagten sei auch nicht darauf abzustellen, ob der gesamte Studiengang die Ausübung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung zulasse. Im Übrigen verweise sie auf die vom SG genannten Entscheidungen. Leistungen nach dem BAföG habe sie im Oktober 2011 in Höhe von 476,00 EUR (Zuschuss 238,00 EUR und Darlehen 238,00 EUR; vorgelegter Bescheid des Studentenwerks, Amt für Ausbildungsförderung, vom 29. Dezember 2011) erhalten, allerdings erst ab 4. Oktober 2011. Die Immatrikulation sei im August 2011 erfolgt.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung der Beklagten ist nicht begründet.
Die Klägerin hat für den strittigen Zeitraum einen Anspruch auf Rücknahme des Bescheids vom 6. September 2011 sowie auf Gewährung von Alg für die Zeit vom 1. September bis 3. Oktober 2011.
Gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind. Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht (§ 44 Abs. 4 S. 1 SGB X). Dabei wird gemäß § 44 Abs. 4 Satz 2 SGB X der Zeitpunkt der Rücknahme vom Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag (§ 44 Abs. 4 Satz 3 SGB X).
Die Anspruchsgrundlage für die hier von der Klägerin begehrten Leistungen ergibt sich aus dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch in der vom 1. Januar 2004 bzw. 1. September 2009 bis 31. März 2012 geltenden Fassung (SGB III a.F.), wobei diese den Bestimmungen in der ab 1. April 2012 geltenden Fassung (vgl. §§ 137, 138, 139 SGB III n.F.) im Wesentlichen entsprechen.
Gemäß § 118 Abs. 1 SGB III a.F. haben Arbeitnehmer, die 1. arbeitslos sind, 2. sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet und 3. die Anwartschaftszeit erfüllt haben, bei Arbeitslosigkeit Anspruch auf Alg.
Nach § 119 Abs. 1 SGB III a.F. ist ein Arbeitnehmer arbeitslos, der 1. nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht (Beschäftigungslosigkeit), 2. sich bemüht, seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden (Eigenbemühungen), und 3. den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung steht (Verfügbarkeit).
Den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit steht zur Verfügung, wer 1. eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes ausüben kann und darf, 2. Vorschlägen der Agentur für Arbeit zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah folge leisten kann, 3. bereit ist, jede Beschäftigung im Sinne der Nr. 1 anzunehmen und auszuüben, und 4. bereit ist, an Maßnahmen zur beruflichen Eingliederung in das Erwerbsleben teilzunehmen (§ 119 Abs. 5 SGB III a.F.).
Nach § 120 Abs. 2 Satz 1 SGB III a.F. wird bei Schülern oder Studenten einer Schule, Hochschule oder sonstigen Ausbildungsstätte vermutet, dass sie nur versicherungsfreie Beschäftigungen ausüben können. Die Vermutung ist widerlegt, wenn der Schüler oder Student darlegt und nachweist, dass der Ausbildungsgang die Ausübung einer versicherungspflichtigen, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassenden Beschäftigung bei ordnungsgemäßer Erfüllung der in den Ausbildungs- und Prüfungsbestimmungen vorgeschriebenen Anforderungen zulässt.
Die gesetzliche Vermutung, dass Studentinnen oder Studenten einer Hochschule nur versicherungsfreie Beschäftigungen ausüben können, tritt mit dem Zeitpunkt der Immatrikulation, spätestens aber mit dem formellen Beginn des Semesters ein, für das der Student eingeschrieben wurde. Die Anknüpfung daran stellt eine bei der Regelung von Massenerscheinungen im Interesse einer effizienten Verwaltung zulässige Typisierung und Pauschalierung (vgl. u.a. Bundesverfassungsgericht [BVerfG] in BVerfGE 63, 255, 261 ff; BSG, Urteile vom 24. Juli 1997, 11 RAr 99/96, und 19. März 1998, B 7 AL 44/97 R, LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 18. November 2011, L 12 AL 5291/09, Hessisches LSG, Urteil vom 26. Juni 2013, L 6 AL 186/10, jeweils in Juris) dar, da durch die Immatrikulation zwischen dem Studierenden und der Hochschule ein Rechtsverhältnis entsteht, das die Vermutung begründet, die Studierenden könnten während seines Studiums keiner beitragspflichtigen Beschäftigung mehr nachgehen. Hintergrund für diese Regelung bildet das sogenannte Werkstudentenprivileg des § 27 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 SGB III, wonach Personen, die während ihres Studiums als ordentliche Studierende einer Hochschule eine Beschäftigung ausüben, versicherungsfrei sind.
Vorliegend tritt die Vermutungsregelung des § 120 Abs. 2 Satz 1 SGB III ab 1. September 2011 ein, nachdem die Klägerin auf den am 1. August 2011 gestellten Antrag im August 2011 zu dem am 1. September 2011 beginnenden Wintersemester an der Hochschule E. immatrikuliert worden ist.
Die gesetzliche Vermutung, dass die Klägerin in der strittigen Zeit nur versicherungsfreie Beschäftigungen ausüben konnte, ist allerdings gemäß § 120 Abs. 2 Satz 2 SGB III a.F. widerlegt.
Hierzu ist zunächst festzustellen, dass - entgegen der Ansicht der Beklagten - die Widerlegung, dass nur eine versicherungsfreie Beschäftigung ausgeübt werden kann, nicht für das gesamte Semester oder gar für das gesamte Studium erforderlich ist, sondern nur für den Zeitraum, für welchen Leistungen begehrt werden (vgl. Hessisches LSG, Urteile vom 21. September 2012, L 7 AL 3/12, und 26. Juni 2013, L 6 AL 186/10, in Juris; Öndül in juris-PK SGB III, § 139 Rdnr. 36). Ein anderes Verständnis der Vorschrift würde der im Hinblick auf Art. 3 Grundgesetz (GG) gebotenen Auslegung, die Raum dafür lassen muss, auch Studierenden ihren auf Grund der Zahlung von Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung erworbenen Ansprüche realisieren können und gegenüber anderen Arbeitslosen keine grundrechtswidrige Benachteiligung erfahren, widersprechen.
Zur Widerlegung und Feststellung der Verfügbarkeit für die Zeit, für die Leistungen beansprucht werden, ist es erforderlich, dass die Studierenden darlegen und nachweisen, dass der Ausbildungsgang die Ausübung einer versicherungspflichtigen, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassenden Beschäftigung bei ordnungsgemäßer Erfüllung der in den Ausbildungs- und Prüfungsbestimmungen vorgeschriebenen Anforderungen in der Zeit, für die Leistungen der Arbeitslosenversicherung beansprucht werden, zulässt. Die Studierenden müssen insofern konkrete, einfach überprüfbare und objektivierbare Tatsachen vortragen.
Die Vorschrift des § 120 Abs. 2 Satz 2 SGB III a.F. legt dem Arbeitslosen insofern eine Darlegungs- und Beweisführungslast im Sinne der objektiven Beweisbelastung auf (vgl. dazu u.a. BSG, Urteile vom 21. April 1993, 11 RAr 25/92 in Juris, Rdnr. 26, Urteil vom 24. Juli 1997, 11 RAr 99/96, vom 19. März 1998. B 7 AL 44/97 R, und vom 14. März 1996, 7 Rar 18/94, LSG Baden-Württemberg Urteil vom 18. November 2011, L 12 AL 5291/09, sowie Hessisches LSG, Urteile vom 21. September 2012, L 7 AL 3/12, und 26. Juni 2013, L 6 AL 186/10, alle jeweils in Juris; Brand, SGG, Kommentar, 6. Auflage 2012, § 139 Rdnr.15, Öndül in juris-PK SGB III, § 139 Rdnr. 35).
Zur Erfüllung der Darlegungs- und Beweisführungslast ist in einem ersten Schritt darzulegen, dass nicht bereits die abstrakten Regelungen in den einschlägigen Studien- und Prüfungsordnungen der Ausübung einer Beschäftigung, auf die das Werkstudentenprivileg keine Anwendung finden würde, entgegenstehen. Existieren gar keine Ausbildungs- und Prüfungsbestimmungen und geht die Arbeitslosengeld begehrende Person deshalb keinem geregelten Ausbildungsgang nach, ist die Vermutung des § 120 Abs. 2 Satz 1 SGB III a.F. schon deshalb widerlegt. Handelt es sich um einen geregelten Studien- oder Ausbildungsgang und lassen die abstrakten verbindlichen Vorgaben als solche die Aufnahme einer Beschäftigung zu, in der die Arbeitslosengeld begehrende Person nach ihrem Erscheinungsbild Arbeitnehmer wäre, ist die Vermutung noch nicht widerlegt. Vielmehr hat die betreffende Person dann in einem zweiten Schritt darzulegen und nachzuweisen, dass sie ihr Studium bzw. ihre Ausbildung bei ordnungsgemäßer Erfüllung der vorgeschriebenen Anforderungen so gestaltet hätte, um daneben einer nicht dem Werkstudentenprivileg unterfallenden Beschäftigung nachgehen zu können. Insoweit sind konkrete, einfach überprüfbare und damit objektivierbare Tatsachen vorzutragen. Der Student muss im Einzelnen aufzeigen, dass ihm die Ausübung einer Beschäftigung möglich ist. Die Vermutung kann nur durch einfache überprüfbare und objektive Tatsachen widerlegt werden, nicht durch pauschale Angaben, die durch die Beklagte nicht überprüft werden kann. Letztlich bedarf es der Bewertung aller Umstände des Einzelfalles. Insoweit kommt es nicht auf eine rückschauende, sondern auf eine vorausschauende Beurteilung an (vgl. auch dazu u.a. BSG, Urteile vom 21. April 1993, 11 RAr 25/92 in Juris, Rdnr. 26, Urteil vom 24. Juli 1997, 11 RAr 99/96, vom 19. März 1998. B 7 AL 44/97 R, und vom 14. März 1996, 7 Rar 18/94, LSG Baden-Württemberg Urteil vom 18. November 2011, L 12 AL 5291/09, sowie Hessisches LSG, Urteile vom 21. September 2012, L 7 AL 3/12, und 26. Juni 2013, L 6 AL 186/10, alle jeweils in Juris; Brand, SGG, Kommentar, 6. Auflage 2012, § 139 Rdnr.15, Öndül in juris-PK SGB III, § 139 Rdnr. 35).
Zwar hat das LSG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 26. Juni 2014, L 9 AL 130/13, in Juris) in einem Verfahren, in welchem die Gewährung von Alg während einer bereits laufenden Ausbildung im Sinne von § 139 Abs. 2 Satz 2 SGB III n.F. beantragt wurde, entschieden, dass der Antragsteller so lange als der Arbeitsvermittlung nicht aktuell zur Verfügung stehend anzusehen sei, bis er die Vermutung nach § 139 Abs. 2 Satz 2 SGB III n.F. widerlegt habe, mit der Folge, dass die Amtsermittlungspflicht der Beklagten sowie des Gerichts eingeschränkt und eine nachträgliche Darlegung sowie Beweisführung zur Widerlegung der gesetzlichen Vermutung für vergangene Zeiträume nicht möglich sein soll (a.A. u.a. Brand a.a.O. m.w.N., Söhngen, in Eicher/Schlegel, SGB III, April 2014, Stand § 139, Rdnr. 67). Dies kann hier aber dahinstehen, denn die Klägerin hat auch insofern rechtzeitig und hinreichend dargelegt und nachgewiesen, dass sie bis zum Vorlesungsbeginn am 4. Oktober 2011 bei ordnungsgemäßer Erfüllung der in den Ausbildungs- und Prüfungsbestimmungen vorgeschriebenen Anforderungen nicht an der Aufnahme einer mindestens 15 Stunden umfassenden Beschäftigung gehindert war. Auf die mögliche Beschäftigung hätte das Werkstudentenprivileg im Sinne von § 27 Abs. 4 Satz 1 SGB III keine Anwendung gefunden.
Die Klägerin hat der Beklagten vor Erlass des Bescheids vom 6. September 2011 die Immatrikulationsbescheinigung vorgelegt, wonach sie für das am 1. September 2011 beginnende WS eingeschrieben war. Ferner hat sie (orientiert am eigentlichen Vorlesungsbeginn) dargelegt, dass sie das Studium am 4. Oktober 2011 aufnehme bzw. dass sie ab diesem Zeitpunkt Studentin sei. Damit hatte sie als Studienanfängerin vor diesem Zeitpunkt keine Verpflichtungen gegenüber der Universität (wie z.B. Besuchen der Vorlesungen) weder nach den Ausbildungs- und Prüfungsbestimmungen, noch aus anderen Gründen - abgesehen davon, dass sie sich einschreiben musste - keinerlei Verpflichtungen und stand in vollem Umfang dem Arbeitsmarkt zur Verfügung. Ihrer Darlegungspflicht, dass der Ausbildungsgang die Ausübung einer versicherungspflichtigen, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassenden Beschäftigung bei ordnungsgemäßer Erfüllung der in den Ausbildungs- und Prüfungsbestimmungen vorgeschriebenen Anforderungen in der hier strittigen Zeit bis zum Vorlesungsbeginn zulässt, ist die Klägerin somit nachgekommen, ebenso der, dass die individuelle Studiengestaltung dem nicht entgegenstand.
Damit war die Verfügbarkeit der Klägerin in dem Sinne, dass sie für die Beklagte erkennbar bis zum Beginn der Vorlesungen keine Verpflichtungen gegenüber der Hochschule auf Grund ihrer Einschreibung hatte, offenkundig und wurde durch die vorgelegten Hinweisblätter der Hochschule E. (Beginn der Einführungsveranstaltungen für Erstsemester ab 4. Oktober 2011) auch bestätigt. Im Übrigen wurde die auch für den Senat feststehende Tatsache, dass die Klägerin vor dem 4. Oktober 2011 keine durch ihr Studium bedingte Verpflichtung gegenüber der Hochschule E. hatte, auch von der Beklagten zu keinem Zeitpunkt in Zweifel gezogen.
Im Übrigen liegen auch die weiteren Voraussetzungen für einen Anspruch auf Alg in der strittigen Zeit vom 1. September bis 3. Oktober 2011 vor, denn die Klägerin war bis 31. August 2011 Arbeitnehmerin, stand dann in keinem Beschäftigungsverhältnis mehr (vgl. u.a. vorgelegte Arbeitsbescheinigungen), war bemüht, die Beschäftigungslosigkeit zu beenden (vgl. auch Erklärung im Antrag auf Gewährung von Alg) und stand - wie dargelegt - den Vermittlungsbemühungen der Beklagten für 30 Stunden in der Woche zur Verfügung (vgl. Erklärung im Antrag auf Gewährung von Alg). Ferner war sie arbeitslos gemeldet und erfüllte die Anwartschaftszeit auf Grund der vor dem 1. September 2011 ausgeübten versicherungspflichtigen Beschäftigungen (vgl. auch vorgelegte Arbeitsbescheinigungen der Arbeitgeber).
Da die Beklagte bei Erlass des Bescheids vom 6. September 2011 somit von einem unrichtigen Sacherhalt ausgegangen ist, weil die Vermutung des § 120 Abs. 2 Satz 1 SBG III a.F. aus den vorstehenden Gründen bereits bei dessen Erlass im Sinne von § 120 Abs. 2 Satz 2 SGB III a.F. widerlegt war, hat sie auch zu Unrecht die Gewährung von Alg abgelehnt.
Im Übrigen hat die Klägerin nach ihrer Erklärung in der mündlichen Verhandlung in der streitgegenständlichen Zeit keine Leistungen nach dem BAföG erhalten. Sofern die Klägerin bereits ab 1. Oktober 2011 Leistungen nach dem BAföG erhalten hätte, wäre dies zu berücksichtigen, wenn das Amt für Ausbildungsförderung ggf. einen Erstattungsanspruch geltend machen sollte.
Der Senat weist deshalb die Berufung der Beklagten zurück.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass die Klägerin mit ihrer Rechtsverfolgung Erfolg hatte. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Aufl., § 197a SGG Rdnr. 3; erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4).
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Insbesondere hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung, da die zu § 120 Abs. 2 SGB III a.F. (bzw. jetzt § 139 SGB III n.F.) zu beachtenden Auslegungsfragen durch die höchstrichterlich Rechtsprechung, der der Senat folgt, geklärt sind (vgl. auch Hessisches LSG, Urteil vom 26. Juni 2013, L 6 AL 186/10 und BSG, Beschluss vom 8. April 2013, B 11 AL 137/ 12 B, jeweils in Juris). Insofern geht es vorliegend um die Beurteilung der tatsächlichen Verfügbarkeit einer zum Studium eingeschriebenen, nicht durch Praktika oder Ähnliches gebundenen Person im Monat vor Vorlesungsbeginn. Eine grundsätzliche Rechtsfrage ist durch die Betrachtung dieses Einzelfalls nicht aufgeworfen. Der Entscheidung des LSG Nordrhein-Westfalen vom 26. Juni 2014, L 9 AL 130/13 (in Juris), lag insofern im Übrigen ein anderer Sachverhalt zu Grunde. Auch weicht das vorliegende Urteil nicht von der Rechtsprechung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des BVerfG ab.
Die Beklagte hat der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Umstritten ist die Gewährung von Arbeitslosengeld (Alg) für die Zeit vom 1. September bis 3. Oktober 2011.
Die 1967 geborene Klägerin, die von Januar 2002 bis 31. Dezember 2008 als Heilerziehungspflegerin und - nach Bezug von Alg - vom 1. Februar 2009 bis 31. August 2011 als Pädagogische Fachkraft (befristet) versicherungspflichtig beschäftigt war, meldete sich am 26. Mai 2011 arbeitssuchend sowie am 9. August 2011 mit Wirkung zum 1. September 2011 arbeitslos und beantragte die Gewährung von Alg. Hierzu gab sie unter dem 5. September 2011 an, sie werde ab 4. Oktober 2011 bis voraussichtlich Februar 2015 Studentin an einer Hochschule sein. Dazu legte sie u.a. eine Immatrikulationsbescheinigung der Hochschule E. (Immatrikulation im Wintersemester [WS] 2011/12, Dauer des WS 1. September bis 28. Februar) vor, bei der sie sich im August 2011 immatrikuliert hat.
Mit Bescheid vom 6. September 2011 lehnte die Beklagte die Gewährung von Alg ab, da am 1. September 2011 bereits das WS der Klägerin beginne, weshalb diese nicht arbeitslos sei und keinen Anspruch auf Alg habe. Die Entscheidung beruhe auf § 118 Abs. 1 Nr. 1 und § 119 Abs. 1 Nr. 3 sowie Abs. 5 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III). Dieser Bescheid wurde nicht angefochten und bestandskräftig.
Am 25. November 2011 beantragte die Klägerin die Überprüfung des Bescheids vom 6. September 2011 nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) und begehrte sinngemäß die Gewährung von Alg für die Zeit vom 1. September bis 3. Oktober 2011. In diesem Zeitraum hätte sie dem Arbeitsmarkt uneingeschränkt zur Verfügung gestanden, da Vorlesungsbeginn für Erstsemester, beginnend mit der Einführungsveranstaltung, erst am 4. Oktober 2011 gewesen sei. Erst an diesem Tag habe sie das Studium beginnen können.- Hierzu legte sie ein Informationsschreiben der Hochschule E. vor (Einführungsveranstaltungen am 4. Oktober 2011, Vorlesungsbeginn am 5. Oktober 2011).
Mit Bescheid vom 28. November 2011 lehnte die Beklagte die Rücknahme des Bescheids vom 6. September 2011 ab, da die Überprüfung ergeben habe, dass bei seinem Erlass weder von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen, noch das Recht unrichtig angewandt worden sei. Bei Studenten einer Hochschule werde vermutet, dass sie nur versicherungsfreie Beschäftigungen ausüben könnten. Der Studentenstatus liege mit Beginn des Semesters vor. Für die Abmeldung aus dem Leistungsbezug sei nicht der Vorlesungsbeginn maßgebend, sondern der Beginn des Semesters, für den sich der Betroffene immatrikuliert habe.
Dagegen erhob die Klägerin am 1. Dezember 2011 Widerspruch. Die Beklagten wies darauf hin, dass der Anspruch auf Alg u.a. voraussetze, dass eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes ausgeübt werden könne und dass bei Studenten die Vermutung bestehe, dass sie nur versicherungsfreie Beschäftigungen ausüben könnten. Dies sei nur dann widerlegt, wenn der Student darlege und nachweise, dass der Ausbildungsgang die Ausübung einer entsprechenden versicherungspflichtigen Beschäftigung bei ordnungsgemäßer Erfüllung der in den Ausbildungs- und Prüfungsbestimmungen vorgeschriebenen Anforderungen zulasse. Studenten seien bei Vorliegen des Werkstudentenprivilegs versicherungsfrei, wenn und solange das Studium die Haupt- und die Beschäftigung die Nebensache sei. Der Studentenstatus habe bereits mit Beginn des Semesters, also am 1. September 2011 vorgelegen. Darauf machte die Klägerin geltend, die Auffassung der Beklagten stehe im Widerspruch zu § 15 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG), wonach Ausbildungsbeginn nicht Semesterbeginn, sondern Vorlesungsbeginn sei. Sie sehe die Vermutung des § 120 Abs. 2 Satz 1 SGB III als widerlegt an. Der Ausbildungsgang lasse in der geltend gemachten Zeit die Ausübung einer versicherungspflichtigen mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassenden Beschäftigung bei ordnungsgemäßer Erfüllung der in der Ausbildungs- und Prüfungsbestimmungen vorgeschriebenen Anforderungen zu, da er bis 3. Oktober 2011 nicht begonnen habe. Da sie zuvor versicherungspflichtig berufstätig gewesen sei, käme im Übrigen auch eine versicherungsfreie Tätigkeit im Kalenderjahr 2011 gar nicht in Frage.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 19. Dezember 2011 zurück. Die Rücknahme des bindend gewordenen Ablehnungsbescheides sei zu Recht abgelehnt worden. Die Klägerin habe nichts vorgebracht, was für die Unrichtigkeit der Entscheidung sprechen könnte. Die für die Gewährung von Leistungen u.a. erforderliche Verfügbarkeit liege nicht vor. Bei Studenten einer Hochschule werde gemäß § 120 Abs. 2 Satz 1 SGB III vermutet, dass sie nur eine versicherungsfreie Beschäftigung ausüben könnten. Diese Vermutung sei widerlegt, wenn der Student bzw. die Studentin darlege und nachweise, dass der Ausbildungsgang die Ausübung einer versicherungspflichtigen, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassenden Beschäftigung bei ordnungsgemäßer Erfüllung der in den Ausbildungs- und Prüfungsbestimmungen vorgeschriebenen Anforderungen zulasse. Die Klägerin sei seit 1. September 2011 als Studierende an einer Hochschule immatrikuliert. Sie habe nicht nachgewiesen, dass sie neben dem Studium noch eine versicherungspflichtige Beschäftigung ausüben könne, da sie nur mit Einschränkungen für solche Beschäftigungen zur Verfügung stehe, die den Erfordernissen des Studiums angepasst seien. Soweit sie geltend mache, der Studiengang habe bis 3. Oktober 2011 eine versicherungspflichtige Beschäftigung zugelassen, ergebe sich daraus nichts anderes, da sie ausschließlich in der Zeit, in der sie durch Lehrveranstaltungen oder sonstige mit dem Studium zusammenhängende Anforderungen nicht belastet sei, eine entgeltliche Tätigkeit aufnehmen könne. Das Studium bleibe damit die Hauptsache. Eine Beschäftigung während eines Studiums sei aber gemäß § 27 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 SGB III versicherungsfrei, wenn sie nur die Nebensache und das Studium die Hauptsache sei. Eine Beschäftigung vom 1. September bis 3. Oktober 2011 wäre versicherungsfrei. Soweit die Klägerin geltend mache, bei Leistungen nach dem BAföG sei der Vorlesungsbeginn maßgebend, nicht der offizielle Studienbeginn, und sie sei bis 31. August 2011 versicherungspflichtig beschäftigt gewesen, führe dies zu keiner anderen Entscheidung. Die Vorschriften des BAföG seien bei der Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen auf Alg nicht maßgebend. Der Studentenstatus liege auch bereits mit Beginn des Semesters vor, für das sich der Betroffene immatrikuliert habe. Damit sei sie bereits ab 1. September 2011 Studentin im Sinne des § 120 Abs. 2 SGB III gewesen und von der gesetzlichen Vermutung auszugehen. Dass sie zuvor bis 31. August 2011 versicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei, sei dabei unerheblich. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Widerspruchsbescheid verwiesen.
Deswegen hat die Klägerin am 4. Januar 2012 Klage beim Sozialgericht Ulm (SG) erhoben. Sie hat geltend gemacht, das Studium habe faktisch am 4. Oktober 2011 begonnen, sodass es ihr bis dahin möglich gewesen sei, eine versicherungspflichtige Beschäftigung auszuüben. Soweit die Beklagte im Hinblick auf § 27 Abs. 4 SGB IV davon ausgehe, dass Studenten versicherungsfrei seien, überzeuge dies nicht, da dann die Widerlegbarkeit der Vermutungen nach § 120 Abs. 2 Satz 2 SGB III gegenstandslos wäre. Da Vorlesungsbeginn erst am 4. Oktober 2011 gewesen sei, gebe es keinen Grund, warum sie bis dahin nicht eine versicherungspflichtige Beschäftigung hätte ausüben können. Die gesetzliche Vermutung sei schon dadurch widerlegt, dass die Vorlesungen erst am 4. Oktober 2011 begonnen hätten.
Die Beklagte hat erwidert, die gesetzliche Vermutung, dass Studenten nur versicherungsfreie Tätigkeiten ausüben könnten, sei nur widerlegt, wenn der Student darlege und nachweise, dass der Ausbildungsgang die Ausübung einer versicherungspflichtigen, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassenden Beschäftigung bei ordnungsgemäßer Erfüllung der in den Prüfungs- und Ausbildungsbestimmungen niedergelegten Anordnungen zulasse. Hierfür sei nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), Az: 7 RAr 18/94, erforderlich, dass sowohl die konkrete Studiengestaltung als auch die Regelung der Studien- und Prüfungsordnungen einer solchen Arbeitstätigkeit nicht entgegenstehen und das Studium hinsichtlich der Gesamtbelastung hinter der Arbeitnehmertätigkeit zurücktrete. Insofern habe die Klägerin nicht dargelegt und nachgewiesen, dass ihr eine versicherungspflichtige Tätigkeit auch während bzw. des gesamten Semesters möglich sei. Die Vermutung, dass sie während des Studiums nur versicherungsfreie Tätigkeiten ausüben könne, sei nicht widerlegt. Allein das Vorbringen, Vorlesungsbeginn sei erst der 4. Oktober 2011 gewesen, sodass für die Zeit davor eine versicherungspflichtige Beschäftigung möglich gewesen sei, reiche nicht aus. Entscheidend sei vielmehr, dass das gesamte Studium und nicht nur Teilabschnitte, hier also die Zeit bis 3. Oktober 2011, eine versicherungspflichtige Beschäftigung zuließen. Denn nach dem Werkstudentenprivileg seien Studenten auch dann von der Versicherungspflicht ausgenommen, wenn sie etwa in den Semesterferien vollständig erwerbstätig seien, solange das Studium das Erscheinungsbild des Beschäftigten präge. Daher sei auch in der Zeit bis 3. Oktober 2011, in der die Klägerin zwar keine studienbedingten Verpflichtungen gehabt habe, von der gesetzlichen Vermutung auszugehen, dass sie nur versicherungsfreie Tätigkeiten aufnehmen könne. Verfügbarkeit und damit Arbeitslosigkeit im Sinne des § 119 SGB III hätten somit nicht vorgelegen, sodass kein Anspruch auf Alg bestehe.
Die Klägerin hat ergänzend vorgetragen, nach Auskunft einer Hochschulmitarbeiterin sei es erlaubt, bis 20 Stunden pro Woche zu arbeiten, um den Krankenversicherungsstatus nicht zu verlieren. Damit spreche nichts dagegen, neben dem Studium zu arbeiten, soviel sie wolle, insbesondere auch versicherungspflichtig. Hierzu hat sie Schreiben der Frau N. von der Hochschule E. vom 16. Januar 2013 (Hinweis auf § 60 Abs. 2 Nr. 4 des Landeshochschulgesetzes, wonach eine Zulassung nicht zu versagen ist, wenn nachgewiesen ist, dass zeitlich die Möglichkeit besteht, sich dem Studium uneingeschränkt zu widmen und die erforderlichen Lehrveranstaltungen zu besuchen; sofern diese Voraussetzungen erfüllt seien, spreche von Seiten der Hochschule nichts gegen eine Vollzeitbeschäftigung neben dem Studium) und vom 1. Februar 2013 (nach § 60 Abs. 2 Nr. 4 Landeshochschulgesetz könne die Klägerin neben dem Studium einer Vollzeitbeschäftigung nachgehen, wenn sie durch geeignete Nachweise belege, dass sie dann ihrer Berufstätigkeit nachgehe, wenn keine Vorlesungen seien) vorgelegt. Ferner hat die Klägerin Studienpläne für das WS 2011/2012, das Sommersemester (SS) 2012 und für das WS 2012/2013 vorgelegt.
Auf Anfrage des SG hat Frau N. am 23. April 2013 mitgeteilt, die Hochschule E. gehe davon aus, dass Studierende bis zu 20 Stunden wöchentlich arbeiten könnten und trotzdem in der Lage seien, die Ausbildungs- und Prüfungsbedingungen der Hochschule zu erfüllen.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, das Schreiben der Hochschule E., wonach diese davon ausgehe, dass Studierende bis zu 20 Stunden wöchentlich arbeiten könnten und trotzdem in der Lage seien, ihre Ausbildungs- und Prüfungsbedingungen zu erfüllen, widerlege die Rechtsvermutung des § 120 Abs. 2 Satz 1 SGB III in der bis 31. März 2012 geltenden Fassung nicht. Auch bei einer Beschäftigung bis zu 20 Wochenstunden könne nach der Rechtsprechung des BSG Versicherungsfreiheit für Studenten bestehen. Damit habe die Klägerin ab 1. September 2011 nur versicherungsfreie Beschäftigungen ausüben können.
Mit Urteil vom 27. September 2013 hat das SG die angefochtenen Bescheide aufgehoben, die Beklagte verpflichtet, den Bescheid vom 6. September 2011 aufzuheben sowie der Klägerin Alg in gesetzlicher Höhe für die Zeit vom 1. September bis 3. Oktober 2011 zu gewähren und die Berufung zugelassen. Die Voraussetzungen für die Gewährung von Alg seien nach den - hier heranzuziehenden - ab 1. April 2012 geltenden Bestimmungen erfüllt. Die gesetzlichen Voraussetzungen des § 137 Abs. 1 SGB III und des § 138 Abs. 1 SGB III sowie § 138 Abs. 5 SGB III seien erfüllt. Insbesondere stehe die Bestimmung des § 139 Abs. 2 SGB III dem Anspruch nicht entgegen. Die in Satz 1 der Regelung festgelegte Vermutung sei für die Zeit vom 1. September 2011 bis 3. Oktober 2011 widerlegt, da die Klägerin vor dem Beginn ihrer Vorlesungen - trotz ihrer Immatrikulation - dem Arbeitsmarkt zur Verfügung gestanden habe. Vor dem Beginn der Vorlesungen habe sie keine universitären Verpflichtungen gehabt und hätte in diesem Zeitraum tatsächlich einer vollschichtigen Tätigkeit nachgehen können. Dies ergebe sich auch aus den Urteilen des Landessozialgerichts (LSG) Baden-Württemberg vom 18. November 2011, L 12 AL 5291/09 und des Hessischen LSG vom 21. September 2012, L 7 AL 3/12, die zu den gleichlautenden Vorgängernormen ergangen seien. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das schriftliche Urteil verwiesen.
Gegen das ihr am 21. Oktober 2013 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 5. November 2013 Berufung eingelegt. Sie trägt im Wesentlichen vor, die Vermutung des § 120 Abs. 2 Satz 1 SGB III a.F. (jetzt § 139 Abs. 2 SGB III), dass Studierende nur einer versicherungsfreien Beschäftigung nachgehen könnten, sei nicht widerlegt. Sie finde Anwendung, nachdem die Klägerin zum 1. September 2011 immatrikuliert worden sei. Nach der Rechtsprechung des BSG sei im Rahmen der Regelung von Massenerscheinungen im Interesse einer effizienten Verwaltung eine Typisierung und Pauschalierung zulässig und davon auszugehen, dass durch die Immatrikulation zwischen den Studenten und der Hochschule ein Rechtsverhältnis entstehe, das die Vermutung begründe, der Student könne während seines Studiums keiner beitragspflichtigen Beschäftigung mehr nachgehen. Mithin sei für den Beginn der Vermutung nach § 120 Abs. 2 Satz 1 SGB III auf den Status als Student durch Immatrikulation abzustellen. Zu Unrecht sei das SG davon ausgegangen, dass die Vermutung einer versicherungsfreien Beschäftigung bereits dadurch widerlegt sei, dass ein Student zwischen der Immatrikulation und dem Beginn der Vorlesungszeit keinerlei studienbedingte Verpflichtungen zu erfüllen habe, weil jedenfalls für diese Zeit eine Beschäftigung nach den gesamten tatsächlichen Verhältnissen dem (noch nicht tatsächlich aufgenommenen) Studium so untergeordnet sei, dass das Erscheinungsbild des Arbeitslosen nicht das eines (versicherungsfreien) Studenten bzw. Werkstudenten sei. Es bestehe eine gesetzliche Vermutung, dass Studenten nur versicherungsfreien Beschäftigungen nachgehen könnten, daher dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stünden und somit auch keinen Anspruch auf Alg hätten. Das BSG habe, allerdings noch in Bezug auf das AFG, in seinem Urteil vom 19. März 1998 (B 7 AL 44/97 R, in Juris) ausgeführt, dass bei einem Studenten vermutet werde, dass er nur Beschäftigungen ausüben könne, die nach § 169 AFG beitragsfrei seien, es sei denn, er lege gemäß § 103a Abs. 2 AFG dar, dass der Ausbildungsgang bei ordnungsgemäßer Erfüllung der in den Ausbildungs- und Prüfungsordnungsbestimmungen vorgeschriebenen Anforderungen eine die Beitragspflicht begründende Beschäftigung zulasse. Das SG sei rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, die Vermutung sei bereits dann widerlegt, wenn ein Student zwischen Immatrikulation und dem Beginn der Vorlesungszeit keinerlei studienbedingte Verpflichtungen zu erfüllen habe. Es habe verkannt, dass hinsichtlich der Vermutung der versicherungsfreien Beschäftigung darauf abzustellen sei, ob der gesamte Studiengang die Ausübung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung zulasse, die Beschäftigung also während des gesamten Studiums Hauptsache bleibe und das Studium nur "Nebensache" sei. Nachdem die Klägerin sich aus familiären Gründen auf einen Beschäftigungsumfang von 30 Wochenstunden eingeschränkt habe, habe das Studium bei ordnungsgemäßer Erfüllung der in der Studien- und Prüfungsordnung vorgeschriebenen Anforderungen eine mehr als kurzzeitige Beschäftigung nicht zugelassen. Da bei der Klägerin somit das Studium an der Hochschule E. Haupt- und nicht nur Nebensache gewesen sei, sei entgegen der Auffassung des SG die gesetzliche Vermutung nicht widerlegt.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 27. September 2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Sie trägt im Wesentlichen vor, wie das SG zutreffend festgestellt habe, habe sie dem Arbeitsmarkt zur Verfügung gestanden, da sie vor dem Beginn der Vorlesungen keine universitären Verpflichtungen gehabt habe und bis zum tatsächlichen Ausbildungsbeginn einer vollschichtigen Tätigkeit hätte nachgehen können. Entgegen der Auffassung der Beklagten sei auch nicht darauf abzustellen, ob der gesamte Studiengang die Ausübung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung zulasse. Im Übrigen verweise sie auf die vom SG genannten Entscheidungen. Leistungen nach dem BAföG habe sie im Oktober 2011 in Höhe von 476,00 EUR (Zuschuss 238,00 EUR und Darlehen 238,00 EUR; vorgelegter Bescheid des Studentenwerks, Amt für Ausbildungsförderung, vom 29. Dezember 2011) erhalten, allerdings erst ab 4. Oktober 2011. Die Immatrikulation sei im August 2011 erfolgt.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung der Beklagten ist nicht begründet.
Die Klägerin hat für den strittigen Zeitraum einen Anspruch auf Rücknahme des Bescheids vom 6. September 2011 sowie auf Gewährung von Alg für die Zeit vom 1. September bis 3. Oktober 2011.
Gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind. Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht (§ 44 Abs. 4 S. 1 SGB X). Dabei wird gemäß § 44 Abs. 4 Satz 2 SGB X der Zeitpunkt der Rücknahme vom Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag (§ 44 Abs. 4 Satz 3 SGB X).
Die Anspruchsgrundlage für die hier von der Klägerin begehrten Leistungen ergibt sich aus dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch in der vom 1. Januar 2004 bzw. 1. September 2009 bis 31. März 2012 geltenden Fassung (SGB III a.F.), wobei diese den Bestimmungen in der ab 1. April 2012 geltenden Fassung (vgl. §§ 137, 138, 139 SGB III n.F.) im Wesentlichen entsprechen.
Gemäß § 118 Abs. 1 SGB III a.F. haben Arbeitnehmer, die 1. arbeitslos sind, 2. sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet und 3. die Anwartschaftszeit erfüllt haben, bei Arbeitslosigkeit Anspruch auf Alg.
Nach § 119 Abs. 1 SGB III a.F. ist ein Arbeitnehmer arbeitslos, der 1. nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht (Beschäftigungslosigkeit), 2. sich bemüht, seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden (Eigenbemühungen), und 3. den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung steht (Verfügbarkeit).
Den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit steht zur Verfügung, wer 1. eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes ausüben kann und darf, 2. Vorschlägen der Agentur für Arbeit zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah folge leisten kann, 3. bereit ist, jede Beschäftigung im Sinne der Nr. 1 anzunehmen und auszuüben, und 4. bereit ist, an Maßnahmen zur beruflichen Eingliederung in das Erwerbsleben teilzunehmen (§ 119 Abs. 5 SGB III a.F.).
Nach § 120 Abs. 2 Satz 1 SGB III a.F. wird bei Schülern oder Studenten einer Schule, Hochschule oder sonstigen Ausbildungsstätte vermutet, dass sie nur versicherungsfreie Beschäftigungen ausüben können. Die Vermutung ist widerlegt, wenn der Schüler oder Student darlegt und nachweist, dass der Ausbildungsgang die Ausübung einer versicherungspflichtigen, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassenden Beschäftigung bei ordnungsgemäßer Erfüllung der in den Ausbildungs- und Prüfungsbestimmungen vorgeschriebenen Anforderungen zulässt.
Die gesetzliche Vermutung, dass Studentinnen oder Studenten einer Hochschule nur versicherungsfreie Beschäftigungen ausüben können, tritt mit dem Zeitpunkt der Immatrikulation, spätestens aber mit dem formellen Beginn des Semesters ein, für das der Student eingeschrieben wurde. Die Anknüpfung daran stellt eine bei der Regelung von Massenerscheinungen im Interesse einer effizienten Verwaltung zulässige Typisierung und Pauschalierung (vgl. u.a. Bundesverfassungsgericht [BVerfG] in BVerfGE 63, 255, 261 ff; BSG, Urteile vom 24. Juli 1997, 11 RAr 99/96, und 19. März 1998, B 7 AL 44/97 R, LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 18. November 2011, L 12 AL 5291/09, Hessisches LSG, Urteil vom 26. Juni 2013, L 6 AL 186/10, jeweils in Juris) dar, da durch die Immatrikulation zwischen dem Studierenden und der Hochschule ein Rechtsverhältnis entsteht, das die Vermutung begründet, die Studierenden könnten während seines Studiums keiner beitragspflichtigen Beschäftigung mehr nachgehen. Hintergrund für diese Regelung bildet das sogenannte Werkstudentenprivileg des § 27 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 SGB III, wonach Personen, die während ihres Studiums als ordentliche Studierende einer Hochschule eine Beschäftigung ausüben, versicherungsfrei sind.
Vorliegend tritt die Vermutungsregelung des § 120 Abs. 2 Satz 1 SGB III ab 1. September 2011 ein, nachdem die Klägerin auf den am 1. August 2011 gestellten Antrag im August 2011 zu dem am 1. September 2011 beginnenden Wintersemester an der Hochschule E. immatrikuliert worden ist.
Die gesetzliche Vermutung, dass die Klägerin in der strittigen Zeit nur versicherungsfreie Beschäftigungen ausüben konnte, ist allerdings gemäß § 120 Abs. 2 Satz 2 SGB III a.F. widerlegt.
Hierzu ist zunächst festzustellen, dass - entgegen der Ansicht der Beklagten - die Widerlegung, dass nur eine versicherungsfreie Beschäftigung ausgeübt werden kann, nicht für das gesamte Semester oder gar für das gesamte Studium erforderlich ist, sondern nur für den Zeitraum, für welchen Leistungen begehrt werden (vgl. Hessisches LSG, Urteile vom 21. September 2012, L 7 AL 3/12, und 26. Juni 2013, L 6 AL 186/10, in Juris; Öndül in juris-PK SGB III, § 139 Rdnr. 36). Ein anderes Verständnis der Vorschrift würde der im Hinblick auf Art. 3 Grundgesetz (GG) gebotenen Auslegung, die Raum dafür lassen muss, auch Studierenden ihren auf Grund der Zahlung von Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung erworbenen Ansprüche realisieren können und gegenüber anderen Arbeitslosen keine grundrechtswidrige Benachteiligung erfahren, widersprechen.
Zur Widerlegung und Feststellung der Verfügbarkeit für die Zeit, für die Leistungen beansprucht werden, ist es erforderlich, dass die Studierenden darlegen und nachweisen, dass der Ausbildungsgang die Ausübung einer versicherungspflichtigen, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassenden Beschäftigung bei ordnungsgemäßer Erfüllung der in den Ausbildungs- und Prüfungsbestimmungen vorgeschriebenen Anforderungen in der Zeit, für die Leistungen der Arbeitslosenversicherung beansprucht werden, zulässt. Die Studierenden müssen insofern konkrete, einfach überprüfbare und objektivierbare Tatsachen vortragen.
Die Vorschrift des § 120 Abs. 2 Satz 2 SGB III a.F. legt dem Arbeitslosen insofern eine Darlegungs- und Beweisführungslast im Sinne der objektiven Beweisbelastung auf (vgl. dazu u.a. BSG, Urteile vom 21. April 1993, 11 RAr 25/92 in Juris, Rdnr. 26, Urteil vom 24. Juli 1997, 11 RAr 99/96, vom 19. März 1998. B 7 AL 44/97 R, und vom 14. März 1996, 7 Rar 18/94, LSG Baden-Württemberg Urteil vom 18. November 2011, L 12 AL 5291/09, sowie Hessisches LSG, Urteile vom 21. September 2012, L 7 AL 3/12, und 26. Juni 2013, L 6 AL 186/10, alle jeweils in Juris; Brand, SGG, Kommentar, 6. Auflage 2012, § 139 Rdnr.15, Öndül in juris-PK SGB III, § 139 Rdnr. 35).
Zur Erfüllung der Darlegungs- und Beweisführungslast ist in einem ersten Schritt darzulegen, dass nicht bereits die abstrakten Regelungen in den einschlägigen Studien- und Prüfungsordnungen der Ausübung einer Beschäftigung, auf die das Werkstudentenprivileg keine Anwendung finden würde, entgegenstehen. Existieren gar keine Ausbildungs- und Prüfungsbestimmungen und geht die Arbeitslosengeld begehrende Person deshalb keinem geregelten Ausbildungsgang nach, ist die Vermutung des § 120 Abs. 2 Satz 1 SGB III a.F. schon deshalb widerlegt. Handelt es sich um einen geregelten Studien- oder Ausbildungsgang und lassen die abstrakten verbindlichen Vorgaben als solche die Aufnahme einer Beschäftigung zu, in der die Arbeitslosengeld begehrende Person nach ihrem Erscheinungsbild Arbeitnehmer wäre, ist die Vermutung noch nicht widerlegt. Vielmehr hat die betreffende Person dann in einem zweiten Schritt darzulegen und nachzuweisen, dass sie ihr Studium bzw. ihre Ausbildung bei ordnungsgemäßer Erfüllung der vorgeschriebenen Anforderungen so gestaltet hätte, um daneben einer nicht dem Werkstudentenprivileg unterfallenden Beschäftigung nachgehen zu können. Insoweit sind konkrete, einfach überprüfbare und damit objektivierbare Tatsachen vorzutragen. Der Student muss im Einzelnen aufzeigen, dass ihm die Ausübung einer Beschäftigung möglich ist. Die Vermutung kann nur durch einfache überprüfbare und objektive Tatsachen widerlegt werden, nicht durch pauschale Angaben, die durch die Beklagte nicht überprüft werden kann. Letztlich bedarf es der Bewertung aller Umstände des Einzelfalles. Insoweit kommt es nicht auf eine rückschauende, sondern auf eine vorausschauende Beurteilung an (vgl. auch dazu u.a. BSG, Urteile vom 21. April 1993, 11 RAr 25/92 in Juris, Rdnr. 26, Urteil vom 24. Juli 1997, 11 RAr 99/96, vom 19. März 1998. B 7 AL 44/97 R, und vom 14. März 1996, 7 Rar 18/94, LSG Baden-Württemberg Urteil vom 18. November 2011, L 12 AL 5291/09, sowie Hessisches LSG, Urteile vom 21. September 2012, L 7 AL 3/12, und 26. Juni 2013, L 6 AL 186/10, alle jeweils in Juris; Brand, SGG, Kommentar, 6. Auflage 2012, § 139 Rdnr.15, Öndül in juris-PK SGB III, § 139 Rdnr. 35).
Zwar hat das LSG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 26. Juni 2014, L 9 AL 130/13, in Juris) in einem Verfahren, in welchem die Gewährung von Alg während einer bereits laufenden Ausbildung im Sinne von § 139 Abs. 2 Satz 2 SGB III n.F. beantragt wurde, entschieden, dass der Antragsteller so lange als der Arbeitsvermittlung nicht aktuell zur Verfügung stehend anzusehen sei, bis er die Vermutung nach § 139 Abs. 2 Satz 2 SGB III n.F. widerlegt habe, mit der Folge, dass die Amtsermittlungspflicht der Beklagten sowie des Gerichts eingeschränkt und eine nachträgliche Darlegung sowie Beweisführung zur Widerlegung der gesetzlichen Vermutung für vergangene Zeiträume nicht möglich sein soll (a.A. u.a. Brand a.a.O. m.w.N., Söhngen, in Eicher/Schlegel, SGB III, April 2014, Stand § 139, Rdnr. 67). Dies kann hier aber dahinstehen, denn die Klägerin hat auch insofern rechtzeitig und hinreichend dargelegt und nachgewiesen, dass sie bis zum Vorlesungsbeginn am 4. Oktober 2011 bei ordnungsgemäßer Erfüllung der in den Ausbildungs- und Prüfungsbestimmungen vorgeschriebenen Anforderungen nicht an der Aufnahme einer mindestens 15 Stunden umfassenden Beschäftigung gehindert war. Auf die mögliche Beschäftigung hätte das Werkstudentenprivileg im Sinne von § 27 Abs. 4 Satz 1 SGB III keine Anwendung gefunden.
Die Klägerin hat der Beklagten vor Erlass des Bescheids vom 6. September 2011 die Immatrikulationsbescheinigung vorgelegt, wonach sie für das am 1. September 2011 beginnende WS eingeschrieben war. Ferner hat sie (orientiert am eigentlichen Vorlesungsbeginn) dargelegt, dass sie das Studium am 4. Oktober 2011 aufnehme bzw. dass sie ab diesem Zeitpunkt Studentin sei. Damit hatte sie als Studienanfängerin vor diesem Zeitpunkt keine Verpflichtungen gegenüber der Universität (wie z.B. Besuchen der Vorlesungen) weder nach den Ausbildungs- und Prüfungsbestimmungen, noch aus anderen Gründen - abgesehen davon, dass sie sich einschreiben musste - keinerlei Verpflichtungen und stand in vollem Umfang dem Arbeitsmarkt zur Verfügung. Ihrer Darlegungspflicht, dass der Ausbildungsgang die Ausübung einer versicherungspflichtigen, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassenden Beschäftigung bei ordnungsgemäßer Erfüllung der in den Ausbildungs- und Prüfungsbestimmungen vorgeschriebenen Anforderungen in der hier strittigen Zeit bis zum Vorlesungsbeginn zulässt, ist die Klägerin somit nachgekommen, ebenso der, dass die individuelle Studiengestaltung dem nicht entgegenstand.
Damit war die Verfügbarkeit der Klägerin in dem Sinne, dass sie für die Beklagte erkennbar bis zum Beginn der Vorlesungen keine Verpflichtungen gegenüber der Hochschule auf Grund ihrer Einschreibung hatte, offenkundig und wurde durch die vorgelegten Hinweisblätter der Hochschule E. (Beginn der Einführungsveranstaltungen für Erstsemester ab 4. Oktober 2011) auch bestätigt. Im Übrigen wurde die auch für den Senat feststehende Tatsache, dass die Klägerin vor dem 4. Oktober 2011 keine durch ihr Studium bedingte Verpflichtung gegenüber der Hochschule E. hatte, auch von der Beklagten zu keinem Zeitpunkt in Zweifel gezogen.
Im Übrigen liegen auch die weiteren Voraussetzungen für einen Anspruch auf Alg in der strittigen Zeit vom 1. September bis 3. Oktober 2011 vor, denn die Klägerin war bis 31. August 2011 Arbeitnehmerin, stand dann in keinem Beschäftigungsverhältnis mehr (vgl. u.a. vorgelegte Arbeitsbescheinigungen), war bemüht, die Beschäftigungslosigkeit zu beenden (vgl. auch Erklärung im Antrag auf Gewährung von Alg) und stand - wie dargelegt - den Vermittlungsbemühungen der Beklagten für 30 Stunden in der Woche zur Verfügung (vgl. Erklärung im Antrag auf Gewährung von Alg). Ferner war sie arbeitslos gemeldet und erfüllte die Anwartschaftszeit auf Grund der vor dem 1. September 2011 ausgeübten versicherungspflichtigen Beschäftigungen (vgl. auch vorgelegte Arbeitsbescheinigungen der Arbeitgeber).
Da die Beklagte bei Erlass des Bescheids vom 6. September 2011 somit von einem unrichtigen Sacherhalt ausgegangen ist, weil die Vermutung des § 120 Abs. 2 Satz 1 SBG III a.F. aus den vorstehenden Gründen bereits bei dessen Erlass im Sinne von § 120 Abs. 2 Satz 2 SGB III a.F. widerlegt war, hat sie auch zu Unrecht die Gewährung von Alg abgelehnt.
Im Übrigen hat die Klägerin nach ihrer Erklärung in der mündlichen Verhandlung in der streitgegenständlichen Zeit keine Leistungen nach dem BAföG erhalten. Sofern die Klägerin bereits ab 1. Oktober 2011 Leistungen nach dem BAföG erhalten hätte, wäre dies zu berücksichtigen, wenn das Amt für Ausbildungsförderung ggf. einen Erstattungsanspruch geltend machen sollte.
Der Senat weist deshalb die Berufung der Beklagten zurück.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass die Klägerin mit ihrer Rechtsverfolgung Erfolg hatte. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Aufl., § 197a SGG Rdnr. 3; erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4).
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Insbesondere hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung, da die zu § 120 Abs. 2 SGB III a.F. (bzw. jetzt § 139 SGB III n.F.) zu beachtenden Auslegungsfragen durch die höchstrichterlich Rechtsprechung, der der Senat folgt, geklärt sind (vgl. auch Hessisches LSG, Urteil vom 26. Juni 2013, L 6 AL 186/10 und BSG, Beschluss vom 8. April 2013, B 11 AL 137/ 12 B, jeweils in Juris). Insofern geht es vorliegend um die Beurteilung der tatsächlichen Verfügbarkeit einer zum Studium eingeschriebenen, nicht durch Praktika oder Ähnliches gebundenen Person im Monat vor Vorlesungsbeginn. Eine grundsätzliche Rechtsfrage ist durch die Betrachtung dieses Einzelfalls nicht aufgeworfen. Der Entscheidung des LSG Nordrhein-Westfalen vom 26. Juni 2014, L 9 AL 130/13 (in Juris), lag insofern im Übrigen ein anderer Sachverhalt zu Grunde. Auch weicht das vorliegende Urteil nicht von der Rechtsprechung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des BVerfG ab.
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