S 7 AS 1973/11

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
SG Dresden (FSS)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 7 AS 1973/11
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Kosten der Zweitwohnung als Absetzbetrag vom Einkommen
Bemerkung
Eine Anerkennung der Kosten einer Zweitwohnung bei der Gewährung von Leistungen nach dem SGB II kommt insbesondere dann nicht in Betracht, wenn die tägliche Fahrzeit zur Arbeitststelle nicht unzumutbar ist.
I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Berufung wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Frage, ob der Beklagte die Kosten der Zweitwohnung der Klägerin im Rahmen der Kosten der Unterkunft gem. §§ 19 Abs. 1 S. 3, 22 Abs. 1 S. 1 Sozialgesetzbuch, Zweites Buch (SGB II) oder als Absetzbetrag vom Einkommen gem. § 11b Abs. 1 SGB II zu berücksichtigen hat. Die Klägerin begehrt, dass ihr der für ihre Zweitwohnung anfallender Mietzins vom Beklagten voll zuerkannt wird und nicht nur die Kosten für tägliche Pendelfahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Der erwerbsfähige Kläger wurde 1950 geboren. Die erwerbsfähige Klägerin wurde 1957 geboren. Die Kläger sind in N. in Sachsen, P.straße, wohnhaft. Die Kläger bewohnen dort ein Einfamilienhaus. Dieses Einfamilienhaus stand ursprünglich im hälftigen Miteigentum der Kläger, wurde mit notariellem Vertrag vom 13.05.2005 an ihre drei Töchter übergeben. Den Klägern wurde mit selbigem notariellem Vertrag ein Wohnrecht auf Lebenszeit für das gesamte Wohnhaus eingeräumt. Ferner wurde vereinbart, dass die Kläger als Wohnungsberechtigten die Kosten der Elektroenergie, Heizung, Wasser, Abwasser, Schornsteinfeger und Müllabfuhr zu tragen haben. Mit Antrag vom 29.01.2007 stellten die Kläger beim Beklagten erstmals einen Antrag auf Leistungen nach dem SGB II. Beginnend mit diesem Zeitpunkt befinden sich die Kläger im Leistungsbezug nach dem SGB II beim Beklagten. Die Klägerin übt eine Tätigkeit als Küchenhilfe in einem Hotel im ca. 41 km entfernten D., P. Straße, aus. Der Arbeitsvertrag weist eine wöchentliche Arbeitszeit von 30 Stunden aus. Beginnend zum 01.10.2007 mietete die Klägerin in D., J.straße, eine ca. 26,90 m² große (Zweit-)Wohnung an. Laut Mietvertrag beträgt der dafür monatlich zu entrichtende Mietzins insgesamt 200,40 EUR und setzt sich aus der Grundmiete in Höhe von 139,88 EUR und der Vorauszahlung auf die kalten und warmen Betriebskosten in Höhe von 60,52 EUR zusammen. Der Beklagte hat die Kosten der Zweitwohnung zunächst im Rahmen der doppelten Haushaltsführung und damit als Absetzbetrag gem. § 11b Abs. 1 SGB II vom Erwerbseinkommen anerkannt. Zusätzlich hat der Beklagte zunächst auch zwei Heimfahrten pro Monat von D. nach N. in Sachsen mit einem Betrag von 16,00 EUR anerkannt, so dass der Klägerin insgesamt 216,40 EUR monatlich als Absetzbetrag vom Nettoeinkommen im Zusammenhang mit der Zweitwohnung anerkannt wurden. Mit Schreiben vom 18.08.2010 hörte der Beklagte die Klägerin gem. § 24 SGB Sozialgesetzbuch, Erstes Buch (SGB I) zu dem Umstand an, dass die Klägerin gem. § 2 SGB II alle Möglichkeiten zur Beendigung bzw. Verringerung der Hilfebedürftigkeit auszuschöpfen habe. Deshalb sei beabsichtigt, die Kosten für die doppelte Haushaltsführung in Höhe von 216,40 EUR pro Monat in Zukunft nicht mehr anzuerkennen. Zudem befände sich die Arbeitsstätte der Klägerin im zumutbaren Tagespendelbereich. Im Rahmen dieser Anhörung machte die Klägerin mit Schreiben vom 31.08.2010 geltend, dass sie im Schichtdienst bis 22.00 Uhr und ab 06.00 Uhr tätig sei. Es gäbe auch Arbeitstage, an denen sie bis 22.00 Uhr und am nächsten Morgen wieder ab 06.00 Uhr arbeiten müsse. Bei täglichen Fahrten könne sie die vorgeschriebenen Ruhepausen nicht einhalten, auch müsse sie die (winterlichen) Straßenverhältnisse beachten. Auf Grund des mietfreien Wohnens in N. komme für die Klägerin weder ein Wegzug aus N., noch eine Trennung von ihrem Ehemann in Betracht. Mit Schreiben vom 07.09.2010 hörte der Beklagte den Kläger gem. § 24 SGB I an und teilte mit, dass beabsichtigt sei, ab dem 01.01.2011 nicht mehr die doppelte Haushaltsführung anzuerkennen, sondern die Kosten für tägliche Pendelfahrten zwischen Wohnort und Arbeitsstätte. Am 29.11.2010 beantragten die Kläger beim Beklagten die Weiterbewilligung von Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum ab 01.01.2011. Die Kläger machten die für die Zweitwohnung in Dresden anfallenden Kosten im Rahmen der doppelten Haushaltsführung geltend. Mit Bewilligungsbescheid vom 03.12.2010 wurden den Klägern vorläufig Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum 01.01.2011 bis 30.06.2011 in Höhe von monatlich 179,81 EUR vorläufig bewilligt. Diese setzten sich aus einem Regelbedarf in Höhe von 30,83 EUR pro Person und den Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 59,07 EUR bzw. 59,08 EUR zusammen. Auf Grund des monatlich schwankenden Erwerbseinkommens der Klägerin erfolgte die Bewilligung vorläufig. Im Rahmen der Bewilligung wurden die Kläger darauf hingewiesen, dass die vormals anerkannten Kosten in Zusammenhang mit der doppelten Haushaltsführung in Höhe von vormals 216,40 EUR nicht mehr anerkannt werden. Der Beklagte berücksichtigte nunmehr hingegen Fahrtkosten in Höhe von 148,70 EUR für die täglichen Pendelfahrten für 5 Arbeitstage pro Woche mit je 0,20 EUR pro Kilometer für die einfache Entfernung von ca. 39,13 km. Grund für diese Veränderung sei, dass die Arbeitsstätte im Tagespendelbereich läge und der Beklagte gem. § 3 Abs. 1 S. 4 SGB II bei der Leistungserbringung an die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit gebunden wäre. Mit Schreiben vom 13.12.2010, eingegangen beim Beklagten am 15.12.2012, legten die Kläger gegen den Bescheid vom 03.12.2010 Widerspruch ein. Am 09.03.2011 erließ der Beklagte einen Änderungsbescheid zum Bescheid vom 03.12.2010 für den Zeitraum vom 01.01.2011 bis 30.06.2011, mit welchem er dem Widerspruch vom 13.12.2010 teilweise stattgab. Unter anderem wurden den Klägern höhere Fahrtkosten zur Arbeitsstätte der Klägerin für nunmehr 40,76 km/einfache Strecke anerkannt und nunmehr monatlich insgesamt 186,69 EUR vorläufig bewilligt. Mit Widerspruchsbescheid vom 11.03.2010 wurde der Widerspruch nach Erlass des Änderungsbescheides vom 09.03.2010 als unbegründet zurückgewiesen. Insbesondere verblieb der Beklagte im Widerspruchsbescheid bei seiner Rechtsauffassung, dass die Klägerin keine doppelte Haushaltsführung geltend machen könne. Die tägliche Pendelstrecke und -zeit der Klägerin zwischen dem Wohnort und Arbeitsstätte betrage ca. 40,76 km und entspräche einer Fahrtzeit von ca. 52 Minuten. Die tägliche Pendelzeit sei gem. § 121 Abs. 4 SGB III deshalb nicht unverhältnismäßig lang. Gegen den Bewilligungsbescheid vom 03.12.2010 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 09.03.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.03.2011 erhoben die Kläger am 14.04.2011 beim Sozialgericht Dresden. Die Kläger machten geltend, die Klägerin sei in Dresden im Schichtdienst im Hotelgewerbe tätig. Auf Grund des Schichtdienstes habe sie Arbeitszeiten zwischen 05.00 Uhr und 22.00 Uhr. Die Klägerin sei keine gute Autofahrerin. Um Gefahren für Leib und Leben auszuschließen und sicherzustellen, dass sie ihre Arbeit, insbesondere auch im Winter bei Eis und Schnee, pünktlich aufnehmen könne, habe sie in Dresden eine kleine Wohnung angemietet, deren monatlicher Mietzins 200,40 EUR betrage. Mit der Klage begehre die Klägerin, dass ihr der Mietzins als Kosten der Unterkunft gem. § 22 Abs. 1 SGB II, hilfsweise bei der Berechnung des anrechenbaren Einkommens von Erwerbseinkommen gem. § 11b Abs. 1 Nr. 5 SGB II abzusetzen sind. Die Kläger verweisen insoweit insbesondere auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 18.02.2010 – B 4 AS 49/09, wonach eine Anerkennung der Zweitwohnung als Kosten der Unterkunft vorliegend in Betracht käme. Überdies seien der Klägerin die täglichen Pendelfahrten unzumutbar. Die Kläger beantragen, den Bescheid des Beklagten vom 03.12.2010 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 09.03.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.03.2011 insoweit aufzuheben, als die Kosten für die Wohnung in Dresden nicht als Kosten der Unterkunft anerkannt werden. Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Der Beklagte verteidigt die ergangenen Bescheide. Der Beklagte ist der Auffassung, dass in der Vergangenheit die Anerkennung der doppelten Haushaltsführung zu Gunsten der Klägerin zu Unrecht erfolgt sei. Die Entfernung zwischen Wohnort in N. in Sachsen und der Arbeitsstätte in Dresden sei der Klägerin für tägliche Pendelfahrten zumutbar. Aus diesem Grunde erkenne der Beklagte auch die Kosten für tägliche Pendelfahrten, nicht jedoch die Kosten für die Zweitwohnung an. Mit Änderungsbescheid vom 12.07.2011 bewilligte der Beklagte den Klägern für den Zeitraum vom 01.01.2011 bis 30.06.2011 nunmehr endgültig Leistungen nach dem SGB II unter Zubilligung von monatlichen Nachzahlungsbeträgen. Es verblieb jedoch bei der Nichtanerkennung der Kosten für die Wohnung in Dresden. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen, die Gegenstand der Entscheidungsfindung waren.

Entscheidungsgründe:

I.
1. Die als kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtung- und Leistungsklage gem. § 54 Abs. 1 und Abs. 4 Sozialgesetzbuch (SGG) statthafte Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid des Beklagten vom 03.12.2010 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 09.03.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.03.2011 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten. Die Klage war insbesondere zulässig. Mit Änderungsbescheid vom 12.07.2011 sind den Klägern für den streitgegenständlichen Zeitraum vom 01.01.2011 bis 30.06.2011 die Leistungen endgültig bewilligt worden. Dieser Bescheid ist gem. § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Klageverfahrens geworden. Eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob Klagen gerichtet auf höhere vorläufige Leistungen nach Ablauf des Bewilligungszeitraumes unzulässig sind, bedürfte es daher nicht.

2. Streitgegenstand ist der von den Klägern erhobene Anspruch auf Anerkennung der Kosten für die Zweitwohnung in Dresden im Rahmen der doppelten Haushaltsführung als Absetzbetrag vom Erwerbseinkommen gem. § 11b Abs. 1 S. 1 Nr. 5 SGB II oder als weitere Kosten der Unterkunft gem. § 22 Abs. 1 SGB II für den Zeitraum vom 01.01.2011 bis 30.06.2011.

3. Die Kläger waren war im seitgegenständlichen Zeitraum leistungsberechtigt im Sinne des SGB II. Gem. § 19 Abs. 1 S. 1 SGB II erhalten erwerbsfähige Leistungsberechtigte Arbeitslosengeld II. Dieses umfasst gem. § 19 Abs. 1 S. 3 SGB II den Regelbedarf, Mehrbedarfe und die Kosten der Unterkunft. Nach § 7 Abs. 1 S. 1 SGB II erhalten Leistungen nach diesem Buch Personen, die (1.) das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze des § 7a SGB II noch nicht erreicht haben, (2.) erwerbsfähig sind, (3.) hilfebedürftig sind und (4.) ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben. Die Kläger erfüllen die vorgenannten Voraussetzungen. Sie hatten in dem im Streit stehenden Zeitraum ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Der Kläger war im betreffenden Zeitraum 60 bzw. 61 Jahre alt. Die Klägerin 53 bzw. 54 Jahre alt. Kläger und Klägerin waren erwerbsfähig im Sinne des § 8 Abs. 1 SGB II. Die Kläger waren im streitgegenständlichen Zeitraum auch hilfebedürftig im Sinne des § 9 Abs. 1 SGB II. Danach ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder Trägern anderer Sozialleistungen, erhält. Die Kläger konnten trotz der von der Klägerin ausgeübten Beschäftigung ihren Lebensunterhalt nicht ausreichend mit dem ihnen zur Verfügung stehenden Einkommen bzw. aus Vermögen decken.

4. Die Kläger können vom Beklagten nicht die Anerkennung der Kostenerstattung hinsichtlich der von der Klägerin angemieteten Zweitwohnung verlangen. Dies kommt weder nach den Grundsätzen zur Anerkennung der doppelten Haushaltsführung (zu unter a) oder nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (dazu unter b) noch nach sonstigen, dem Grundsicherungsrecht zu Grunde liegenden Grundsätzen (dazu unter c) in Betracht. Das grundrechtlich garantierte, soziokulturelle Existenzminimum wird durch die Nichtanerkennung der Zweitwohnung nicht unterschritten (dazu unter d). a.) Als sog. Werbungskosten sind gem. § 11b Abs. 1 S. 1 Nr. 5 SGB II die mit der Erzielung des Einkommens notwendigen Ausgaben als Absetzbeträge vom Nettoerwerbseinkommen zu berücksichtigen. Dabei sind diese Ausgaben nicht mit dem Begriff der Werbungskosten gem. § 9 Einkommenssteuergesetz (EStG) gleichzusetzen. Eine Anerkennung des Mietzinses in Höhe von 200,40 EUR für die Zweitwohnung nach den Grundsätzen der doppelten Haushaltsführung kommt vorliegend nicht in Betracht. Kosten für eine doppelte Haushaltsführung sind dann absetzbar, wenn die Entfernung zwischen der Wohnung und der Arbeitsstätte so groß ist, dass arbeitstägliche Hin- und Herfahrten nicht zumutbar sind. aa) Das SGB II enthält keine Regelung dahingehend, ab welcher arbeitstäglichen Entfernung bzw. Fahrtzeit es dem Leistungsempfänger unzumutbar ist, die Fahrt zur Arbeit an jedem seiner Arbeitstage durchzuführen. Für den hier streitgegenständlichen Zeitraum enthielt jedoch § 121 Sozialgesetzbuch, Drittes Buch (SGB III) a.F. eine Regelung betreffend der Zumutbarkeit von Beschäftigungen. Gem. § 121 Abs. 4 S. 1 SGB III a.F. (in der Fassung vom 23.12.2002, gültig für den Zeitraum vom 01.01.2003 bis 31.03.2012) ist eine Beschäftigung dann nicht zumutbar, wenn die täglichen Pendelzeiten zwischen Wohnung und der Arbeitsstätte im Vergleich zur Arbeitszeit unverhältnismäßig lang sind. Gem. § 121 Abs. 4 S. 2 SGB III a.F. sind Pendelzeiten in der Regel dann als unverhältnismäßig lang anzusehen, wenn sie insgesamt mehr als zweieinhalb Stunden bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs Stunden bzw. insgesamt mehr als zwei Stunden bei einer Arbeitszeit von sechs Stunden und weniger betragen. Sind jedoch in der betreffenden Region unter vergleichbaren Arbeitnehmern längere Pendelzeiten üblich, bilden diese gem. § 121 Abs. 4 S. 3 SGB III a.F. den Maßstab. Ausweislich des Arbeitsvertrags der Klägerin hat diese mit ihrem Arbeitgeber eine wöchentliche Arbeitszeit von 30 Stunden vereinbart. Laut des Internet-Routenplaners google maps beträgt die kürzeste und zugleich schnellste Entfernung zwischen dem Wohnort der Klägerin in N. in Sachsen, P.straße und der Arbeitsstätte in D., P. Straße, ca. 37,1 km bei einer Fahrtzeit von ca. 44 Minuten. Für den Hin- und Rückweg benötigt die Klägerin – für den Fall der tatsächlich durchgeführten Pendelfahrten – somit insgesamt ca. 90 Minuten. Gem. § 121 Abs. 4 S. 2 SGB III a.F. sind bei täglichen Arbeitszeiten von bis zu sechs Stunden tägliche Pendelzeiten von zwei Stunden (120 Minuten) noch als zumutbar anzusehen. Die tägliche Pendelzeit der Klägerin liegt unter dieser Zumutbarkeitsgrenze und ist deshalb nicht als unzumutbar anzusehen. Die Kammer vermochte in der Person der Klägerin auch keine Umstände erkennen, die für eine Unzumutbarkeit der täglichen Pendelfahrten sprechen. Sofern die Klägerin geltend macht, aus gesundheitlichen Gründen seien ihr die täglichen Fahrtstrecken nicht zumutbar, so wurden jedoch keine ärztlichen Atteste vorgelegt oder eine dahingehend ärztliche Untersuchung von der Klägerin in Erwägung gezogen. Sofern die Klägerin geltend macht, der Schichtdienst bis 22.00 Uhr und u.U. am darauffolgenden Tag beginnend ab 06.00 Uhr oder früher und die Verbindung mit den täglichen Pendelfahrten führe dazu, dass sie die Ruhezeiten nicht einhalten könne, vermag dies nach Auffassung der Kammer zu keinem anderen Ergebnis führen. Gem. § 5 Abs. 1 Arbeitszeitgesetz (ArbZG) müssen Arbeitnehmer nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens 11 Stunden haben. Diese Mindestruhezeit kann gem. § 5 Abs. 2 ArbZG in Gaststätten und Einrichtungen zur Bewirtung und Beherbergung grundsätzlich um bis zu eine Stunde verkürzt werden, wenn entsprechende Ausgleichszeiten geschaffen werden. § 7 Abs. 1 Nr. 3 ArbZG lässt darüber hinaus abweichende Regelungen und eine Kürzung der Mindestruhezeit um zwei Stunden zu, wenn ein entsprechender Ausgleich geschaffen wird. Sollte hinsichtlich der Beschäftigungszeiten der Klägerin ein Verstoß gegen die Ruhezeiten des Arbeitszeitgesetzes vorliegen, hat sie diesbezüglich vorrangig Rechtsschutz vor dem Arbeitsgericht zu suchen. Sollten die Ruhezeiten zwischen Arbeitsende und Arbeitsbeginn bei der Klägerin nicht den gesetzlichen Regelungen des §§ 5, 7 ArbZG entsprechen, kann dies nach Auffassung der Kammer jedoch nicht dazu führen, dass der Klägerin aus steuerfinanzierten öffentlichen Mitteln eine Zweitwohnung anzuerkennen ist, obwohl sowohl von der Entfernung als auch von der Fahrtzeit zwischen Wohnung und Arbeitsstätte eine zumutbare Entfernung gegeben ist. bb) Da die doppelte Haushaltsführung wegen der als zumutbarer angesehenen arbeitstäglicher Pendelfahrten vorliegend nicht anerkannt werden kann, sind die Kosten für die Wohnung in D. auch nicht als mit der Erzielung des Einkommens verbundene notwendige Ausgaben im Sinne von § 11b Abs. 1 S. 1 Nr. 5 SGB II einzustufen. Welche Absetzposten als notwendige Absetzbeträge im Rahmen der Grundsicherung zu berücksichtigen sind, kann nicht ohne weiteres unter Bezugnahme auf die Regelungen aus dem (Einkommens-)Steuerrecht beantwortet werden. Schon begrifflich scheidet eine Gleichsetzung mit den Werbungskosten gem. § 9 EStG aus, da Werbungskosten nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) alle Aufwendungen sind, die durch den Beruf des Steuerpflichtigen veranlasst sind. Damit wird ein objektiver Zusammenhang mit dem Beruf und ein subjektive Bestimmung zur Förderung des Berufs vorausgesetzt (vgl. BFHE 201, S. 211 ff.). Demnach müssen Werbungskosten im Sinne von § 9 EStG nicht zwingend notwendig sein, wie es jedoch § 11b Abs. 1 S. 1 Nr. 5 SGB II für die Absetzbeträge vom Erwerbseinkommen bei der Bedarfsberechnung für Grundsicherungsleistungen verlangt. Bei der Auslegung des Begriffs der notwendigen Ausgaben sind somit nicht nur steuerliche Grundsätze heranzuziehen, sondern auch zu bedenken, ob sich aus denen im SGB II geltenden Besonderheiten ergeben. Als solche Besonderheiten kommen beispielsweise die zu einem sparsamen Wirtschaften anhaltenden Selbstverpflichtungen in Betracht (vgl. Eicher/Schmidt, SGB II, § 11b Rn. 23). Ausweislich der Verwaltungsakte wurde die Wohnung in D. im laufenden Leistungsbezug angemietet und auch einige Zeit nachdem die Klägerin ihre Tätigkeit in D. aufgenommen hat. Von einem sparsamen Wirtschaften kann insoweit nicht ausgegangen werden. b.) Der Anspruch auf volle Berücksichtigung der Kosten für die angemietete Zweitwohnung ergibt sich entgegen der Auffassung der Kläger auch nicht aus § 22 Abs. 1 SGB II. Die Kläger machen insoweit unter Berufung auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts, Urteil vom 18.02.2010 – B 4 AS 49/09 R geltend, dass die Kläger neben der Aufwendungen für die gemeinsame Wohnung in N. in Sachsen auch die Aufwendungen für die Wohnung in D. verlangen können. Schon dem Grunde nach ist die Konstellation, welche dem Urteil des Bundessozialgerichts zu Grunde lag, mit der vorliegenden Konstellation nicht zu vergleichen. Aus dem Tatbestand des Urteils des Bundessozialgerichts ergibt sich, dass es dort vorrangig um die Anerkennung von Kosten der Unterkunft von Eheleuten geht, die trotz ihrer Eheschließung keine gemeinsame Ehewohnung führen. Dazu heißt es bei BSG, a.a.O., Rn. 2: "Die 1954 geborene, SGB II-Leistungen beziehende Klägerin heiratete am 5.1.2005 den 1936 geborenen H M. Beide lebten nach der Eheschließung - wie bisher - in ihren früheren Wohnungen, führten getrennte Haushalte und vereinbarten den Güterstand der Gütertrennung. Die Klägerin, die keine Absicht zur Herstellung der häuslichen Gemeinschaft hatte, verbrachte weiterhin drei- bis viermal wöchentlich Zeit mit ihrem Ehemann mit Gesprächen, Spaziergängen und Fernsehen. Gelegentlich wurden gemeinsame Mahlzeiten eingenommen." Der Sache nach geht es in der von Seiten der Kläger herangezogenen Entscheidung des Bundessozialgerichts um die Frage, ob zwei Personen, die miteinander verheiratet sind, aber zu keinem Zeitpunkt – weder vor noch der Eheschließung – einen gemeinsamen Haushalt führen, als Bedarfsgemeinschaft oder als dauernd getrennt lebende Ehegatten im Sinne von § 7 Abs. 3 SGB II zu betrachten sind und ob ihnen auf Grund der fehlenden gemeinsamen Ehewohnung die Aufwendungen für beide Wohnungen als Kosten der Unterkunft anzuerkennen sind. Dieser oder ein damit vergleichbarer Sachverhalt ist im vorliegenden Fall offensichtlich nicht gegeben. Die Kläger bewohnen seit vielen Jahren gemeinsam das Einfamilienhaus in N. in Sachsen. Die Klägerin hat die Wohnung in D. auf Grund ihrer mit einem Schichtdienst verbundenen Erwerbstätigkeit in D. angemietet. Der Hauptwohnsitz der Klägerin ist in N. in Sachen; in D. ist sie mit Nebenwohnsitz gemeldet. Ihren eigenen Angaben zu Folge ist N. in Sachsen das Zuhause der Klägerin und ihr Lebensmittelpunkt. Anhaltspunkte für ein – wie auch immer ausgestaltetes – Getrenntleben der Ehegatten liegen nicht vor. Die Berufung auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts und ein damit verbundenen Anspruch auf Aufwendungserstattung für zwei Ehewohnungen verfängt daher nicht. c.) Auch weitere, allgemeine Grundsätze der Leistungsbewilligung nach dem SGB II sprechen gegen eine Anerkennung der Kosten der Zweitwohnung. Gem. § 2 SGB II müssen erwerbsfähige Leistungsberechtigte und die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung ihrer Hilfebedürftigkeit ausschöpfen. Zudem hat der Beklagte gem. § 3 Abs. 1 S. 3 SGB II a.F. (in der Fassung vom 27.05.2010 und in der Fassung von 13.05.2011) bei der Leistungserbringung die Grundsätze von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu beachten. Zwingende Gründe für eine Aufwendungserstattung der Kosten für die Zweitwohnung liegen gerade nicht vor. d.) Durch die Nichtanerkennung der Aufwendungen für die Zweitwohnung wird das grundgesetzlich garantierte soziokulturelle Existenzminimum der Kläger keineswegs unterschritten. Bei der Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II – Grundsicherung für Arbeitssuchende – handelt es sich im Leistungen seitens des Staates, mit welchen er die Aufgabe erfüllt, den Leistungsberechtigten und ihren Familien die Führung eines Lebens zu ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht (vgl. BT-Drs. 17/3404, S. 90 f.). Das aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 20 Abs. 1 GG verbürgte soziokulturelle Existenzminimum und der existenzsichernde Bedarf soll garantiert werden. Die Kammer ist zu der Auffassung gelangt, dass bei der Nichtanerkennung der Aufwendungen für eine Zweitwohnung im vorliegenden Fall das menschenwürdige Existenzminimum weder gefährdet noch unterschritten wird.
Die Klage war somit abzuweisen.

II. Die Kostenentscheidung folgt der Entscheidung in der Hauptsache und beruht auf § 193 SGG.

III. Die Berufung ist nicht zulässig. Die Differenz zwischen den Kosten für die Zweitwohnung und den zwei Monatsheimfahrten in Höhe von 216,40 EUR und den anerkannten täglichen (fiktiven) Pendelfahrten in Höhe von 155,00 EUR beträgt 61,40 EUR pro Monat und liegt im gesamten sechsmonatigen Bewilligungsabschnitt somit unter dem maßgeblichen Beschwerdewert von 750,00 EUR. Eine Zulassung der Berufung kam ferner nicht gem. § 144 Abs. 2 SGG in Betracht, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat. Diese wäre nur dann gegeben, streitgegenständlich eine Rechtsfrage ist, deren Klärung im allgemeinen Rechtsinteresse liegt, um Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern.
Allein ein Individualinteresse genügt diesen Anforderungen gerade nicht.
Rechtskraft
Aus
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