L 3 AS 3024/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 8 AS 2526/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AS 3024/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
1. Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungs-verfahren wird abgelehnt.

2. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 09. Juli 2014 wird zurückgewiesen.

3. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt höhere Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Vergangenheit bzw. Auskunft über die Zusammensetzung damals gewährter Leistungen. Auch wehrt er sich dagegen, dass in diesem Verfahren das Jobcenter A. als Beklagter geführt wird, während die damaligen Leistungen noch die Agentur für Arbeit A. bewilligt hatte.

Auf dem Gebiet der Stadt A. führten ab dem 01.01.2005 und weiterhin bis zum 31.12.2011 die Bundesagentur für Arbeit und die Stadt A. das SGB II in "getrennter Trägerschaft" bzw. "getrennter Aufgabenwahrnehmung" aus, weil eine Arbeitsgemeinschaft nach der früheren Fassung des § 44b SGB II nicht zu Stande gekommen war. In solchen Fällen war die Agentur für Arbeit im Wesentlichen für die Regelleistung zur Sicherung des allgemeinen Lebensunterhalts zuständig, während der jeweilige kommunale Träger - hier die Stadt A. - für die Leistungen für Unterkunft und Heizung zuständig war. Zum 01.01.2012 gründeten die Bundesagentur für Arbeit und die Stadt A. das "Jobcenter A.". Dieses ist eine Gemeinsame Einrichtung nach § 44b Abs. 1 SGB II n.F. und seit Januar 2012 allein für die Ausführung des SGB II im Gebiet der Stadt A. zuständig.

Der Kläger wohnte bis Dezember 2006 im Stadtkreis A ... Er bezog bis zum 04.04.2004 Arbeitslosengeld (Alg) und danach bis zur Abschaffung dieser Leistung am 31.12.2004 Arbeitslosenhilfe (Alhi). Sodann bezog er Arbeitslosengeld II (Alg II). Hierbei bewilligte die Agentur für Arbeit durchgängig die Regelleistungen, z.T. wegen anrechenbaren Einkommens nur teilweise. Zumindest im Jahre 2006 bezog der Kläger auch Leistungen für Unterkunft und Heizung von der Stadt A ... Ende 2006 oder Anfang 2007 zog der Kläger in den Alb-Donau-Kreis um. Die Agentur für Arbeit A. erließ später noch den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 26.04.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.06.2007, mit dem sie überzahlte Leistungen des Jahres 2006 in Höhe von EUR 222,01 von dem Kläger zurückforderte. Hiergegen führte der Kläger - erfolglos - die Klage S 7 AS 2511/07 vor dem Sozialgericht A. (SG).

Seit 2007 übersendet der Kläger regelmäßig Schreiben an die Agentur für Arbeit A., in denen er u.a. Diskrepanzen zwischen den tatsächlichen Leistungen an ihn und den Beträgen moniert, die in den entsprechenden Leistungsnachweisen und den Meldungen an den Rentenversicherungsträger enthalten sind. Die Agentur für Arbeit A. hat diese Unterschiede seit 2007 mehrfach erläutert.

Mit Schreiben vom 10.04.2012 wandte sich der Kläger erneut an das SG. Er führte aus, er habe den Verdacht, ihm sei in den Jahren 2003 bis 2006 von der Agentur für Arbeit A. zu wenig Alg, Alhi und Alg II gewährt worden. Er verwies auch hier auf die Unterschiede zwischen den tatsächlich zugeflossenen Leistungen und den Beträgen in den Leistungsnachweisen und Meldungen.

Die für Verfahren gegen die Bundesagentur für Arbeit zuständige 1. Kammer des SG stellte die Klage der Agentur für Arbeit A. zu. Diese erläuterte mit Schriftsatz vom 19.04.2012 die Meldungen an den Rentenversicherungsträger in Bezug auf das Alg und die Alhi erneut und wies dar¬auf hin, dass für das Alg II nunmehr das Jobcenter A. zuständig sei.

Die 1. Kammer des SG hat daraufhin mit Beschluss vom 05.08.2013 das Verfahren, soweit es sich gegen das Jobcenter richtet, abgetrennt. Dieses Verfahren hat sie dann an die 8. Kammer abgegeben, weil diese nach dem Geschäftsverteilungsplan des SG für Klagen gegen ein Jobcenter zuständig ist, wenn der Kläger im Alb-Donau-Kreis wohnt. Das Jobcenter A., der neue Beklagte, hat mit Schriftsatz vom 01.04.2014 erläutert, wie sich das Alg II, das der Kläger ab 2005 erhalten hatte, zusammensetzte. Es hat hierbei auch darauf hingewiesen, dass die damaligen Bewilligungsbescheide der Agentur für Arbeit A. nicht in den jeweiligen Widerspruchsfristen angefochten worden und daher bestandskräftig geworden seien.

Der Kläger hat noch vorgetragen, er habe vom 01.01.2005 bis 31.12.2006 insgesamt EUR 490,99 weniger erhalten als in den Leistungsnachweisen bzw. in den Meldungen an den Rentenversicherungsträger aufgeführt sei. Ferner hat der Kläger die Zuständigkeit der 8. Kammer beanstandet, indem er ausgeführt hat, seine Klage richte sich nicht gegen das Jobcenter Alb-Donau-Kreis.

Das SG hat mit Schreiben vom 14.05.2014 erläutert, dass die Klage gegen das Jobcenter A. gerichtet sei und dass diese der richtige Beklagte sei, weil es Rechtsnachfolger der Agentur für Arbeit A. sei.

Mit Schriftsatz vom 20.05.2014 hat der Beklagte noch - erneut - die Differenz zwischen den 2005 bis 2006 ausgezahlten Leistungen und den Meldungen an den Rentenversicherungsträger erläutert: Er hat angegeben, die Rentenversicherungsbeiträge seien nach der damaligen Rechtslage pauschal aus einem fiktiven Leistungsbetrag von EUR 400,00 monatlich berechnet worden.

Auf die Bitte des SG zu erläutern, welche der damaligen Bescheide der Agentur für Arbeit A. er wann angefochten habe, hat der Kläger unter dem 05.06.2014 erneut mitgeteilt, er halte das Jobcenter A. für den falschen Beklagten und die 8. Kammer des SG für unzuständig.

Mit Urteil vom 09.07.2014 auf Grund mündlicher Verhandlung, zu welcher der Kläger nicht erschienen war, hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, die Agentur für Arbeit A. habe dem Kläger mit Bewilligungsbescheiden vom 09.12.2004, 26.04.2005, 24.10.2005, 27.01.2006 und 25.08.2006 bzw. 14.11.2006 Leistungen nach dem SGB II für 2005 und 2006 gewährt. Ferner habe es mit Bescheid vom 26.04.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.06.2007 Bewilligungen aufgehoben und Leistungen zurückgefordert. Es sei davon auszugehen, dass sich der Kläger gegen diese Bescheide wende, weil er für den genannten Zeitraum höhere Leistungen begehre und sich gegen die Erstattung wende. Seine so verstandene Klage sei allerdings unzulässig. Soweit sie sich gegen die Bewilligungsbescheide richte, sei das zwingend vorgeschriebene Widerspruchsverfahren nicht durchgeführt worden, weil der Kläger keine Widersprüche erhoben habe. Soweit sie sich gegen den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid richte, sei die einmonatige Klagefrist nach Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids abgelaufen.

Gegen dieses Urteil hat der Kläger am 21.07.2014 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Ferner hat er um die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für das Berufungsverfahren nachgesucht. Er trägt vor, er habe niemals höhere Leistungen begehrt. Er habe lediglich vorgetragen, dass die Beträge im Leistungsnachweis bzw. in den Meldungen an den Rentenversicherungsträger höher seien als die tatsächlich erhaltenen Leistungen. Es liege ein Verstoß gegen das Recht auf Information vor. Die Anträge, von denen das SG in dem Urteil ausgegangen sei, habe er - der Kläger - weder mündlich formuliert noch formal gestellt. Im Weiteren rügt der Kläger erneut, dass die Klage gegen das Jobcenter A. eingetragen worden sei und von der 8. Kammer des SG entschieden worden sei.

Einen Antrag für das Berufungsverfahren hat der Kläger nicht gestellt.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er meint, aus den Äußerungen des Klägers ergebe sich zweifelsfrei, dass dieser höhere Leistungen begehre. Diese ständen ihm jedoch nicht zu.

Der Senat hat die Beteiligten unter dem 25.09.2014 darauf hingewiesen, dass er ohne mündliche Verhandlung und ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter entscheiden wolle, und Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 20.10.2014 gegeben. Der Kläger hat am 21.10.2014 mitgeteilt, er würde gern eine mündliche Verhandlung unter Hinzuziehung eines Dolmetschers beantragen, könne aber wegen seines Bandscheibenvorfalls nicht erscheinen.

II.

1. Der Senat entscheidet nach § 153 Abs. 4 SGG ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss über die Berufung des Klägers. Er hält sie einstimmig für unbegründet. Auch ist eine mündliche Verhandlung nicht notwendig, da die Sach- und Rechtslage geklärt ist. Daran ändert auch das Schreiben vom 21.10.2014 nichts. Der Kläger hat dort selbst mitgeteilt, er werde zu einer mündlichen Verhandlung nicht erscheinen. Die Schreiben des Klägers, die auf Probleme mit der deutschen Sprache nicht schließen lassen, machen auch sein Begehren hinreichend klar, sodass eine mündliche Erörterung verzichtbar ist.

2. Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

a) Soweit der Kläger vorträgt, es müsse die Agentur für Arbeit verklagt werden und daher sei weiterhin die 1. Kammer des SG zuständig gewesen, liegt ein Verfahrensfehler (§ 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG) nicht vor. Es war richtig, dass das SG das Jobcenter A. als Beklagten angesehen und entsprechend die 8. Kammer das Verfahren geführt hat, soweit das Verfahren das Alg II betraf, das der Kläger ab 2005 von der Agentur für Arbeit A. erhalten hatte. Wie dem Kläger mehrfach erläutert worden ist, ist das Jobcenter A. seit dem 01.01.2012 Rechtsnachfolger der Bundesagentur für Arbeit (und der Stadt A.) auf dem Gebiet der Stadt A. (§ 76 Abs. 3 SGB II) und daher auch für Vorgänge zuständig (geworden), die in der Vergangenheit liegen.

b) Auch in der Sache hat der Kläger keinen Erfolg.

aa) Allerdings ist seine Klage zulässig. Insbesondere hat der Kläger in der Berufungsinstanz einen ausreichend bestimmten Klageantrag gestellt. Er hat klargestellt, dass er keine höheren Leistungen für 2005 und 2006 begehrt und sich auch nicht (erneut) gegen den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 26.04.2007 wendet. Aus seinem Hinweis auf ein "Recht auf Information" ergibt sich vielmehr, dass der Kläger eine Auskunft über die Gründe begehrt, warum die damals zugeflossenen Leistungen niedriger waren als die Beträge, die in den Leistungsnachweisen und Meldungen an den Rentenversicherungsträger enthalten waren. Insoweit hat der Kläger eine allgemeine Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG erhoben.

bb) Die so verstandene Klage, ist aber nicht begründet.

Es mag sein, dass dem Kläger der geltend gemachte Informationsanspruch zusteht. Nach § 14 Sätze 1 und 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) müssen alle Leistungsträger - also auch die Jobcenter - die Leistungsberechtigten über ihre Rechte und Pflichten beraten. Insoweit lässt sich sagen, dass ein Jobcenter zumindest die Höhe von Beträgen in den Leistungsnachweisen erläutern muss, die es selbst den Leistungsberechtigten erteilt. Ob diese Beratungspflicht auch Meldungen an den Rentenversicherungsträger umfasst oder ob insoweit ausschließlich der Rentenversicherungsträger selbst zuständig ist, kann daher offen bleiben. Zu allgemeinen Auskünften über andere Bereiche des Sozialrechts sind die Jobcenter jedenfalls nicht verpflichtet, da sie nicht zu den Stellen gehören, die in § 15 Abs. 1 SGB I genannt sind.

Jedenfalls hat der Beklagte die etwaigen Beratungsansprüche des Klägers erfüllt, sodass sie erloschen sind (§ 362 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch [BGB]). Seit 2007 hatte die Agentur für Arbeit mehrfach mitgeteilt, dass die Rentenversicherungsbeiträge nicht aus dem tatsächlich zugeflossenem Alg II berechnet wurden, sondern pauschal und fiktiv aus EUR 400,00 im Monat, sodass die Beträge gar nicht übereinstimmen können. Eine entsprechende Erläuterung hat auch der Beklagte in diesem Verfahren erneut gegeben.

4. Aus diesen Gründen war auch der Antrag des Klägers auf Bewilligung von PKH für das Berufungsverfahren abzulehnen. Seine Berufung bot bereits bei ihrer Einlegung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 73a Abs. 1 SGG i.V.m. § 114 Abs. 1 Zivilprozessordnung). Aus diesem Grunde ist es auch statthaft, dass der Senat über das PKH-Gesuch nicht vorab entschieden hat.

5. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 193 SGG.

6. Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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