Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 11 KR 2798/14 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 4155/14 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Heilbronn vom 15.09.2014 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Übernahme von Kosten bzw Kostenerstattung für eine Liposuktion der Arme sowie für Hautstraffungen an Armen und Beinen.
Die 1982 geborene Antragstellerin ist bei der Antragsgegnerin freiwillig krankenversichert. Sie leidet an einem Lipödem beidseits im Bereich der Ober- und Unterschenkel Grad II sowie im Bereich der Oberarme Grad I. Daneben besteht eine Hashimoto-Thyreoditis. Im Jahr 2005 übernahm die Antragsgegnerin die Kosten für Bodylifting-Operationen (Ober- und Unterschenkel, Ober- und Unterarm, Bruststraffung), nachdem die Antragstellerin in Eigenregie 95 kg Gewicht abgenommen hatte.
Am 11.12.2013 beantragte die Antragstellerin bei der Antragsgegnerin die Kostenübernahme für stationär durchzuführende Liposuktionen im Bereich der Arme und Beine mit anschließender Hautstraffung. Die Antragsgegnerin holte daraufhin ein Gutachten beim Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) ein. Dr B. teilte mit Gutachten vom 20.12.2013 mit, die Liposuktion sei als neue Methode in der vertragsärztlichen Versorgung nicht zugelassen, funktionelle Einschränkungen oder eine Entstellung der Versicherten lägen nicht vor. Mit Bescheid vom 07.01.2014 lehnte die Antragsgegnerin die Übernahme der Kosten für die beantragte Liposuktion ab. Es liege keine Krankheit iSd gesetzlichen Krankenversicherung vor.
Die Antragstellerin legte Widerspruch ein und verwies auf ein Attest der R.-Klinik vom 11.12.2013 und von Dr Z. vom 29.01.2014. Die Antragsgegnerin ließ eine weitere Begutachtung durch den MDK vornehmen. Aufgrund ambulanter Untersuchung der Antragstellerin kam Dr J.-S. im Gutachten vom 17.03.2014 zu der Einschätzung, dass im Bereich der unteren Extremitäten die beantragte Liposuktion unter stationären Bedingungen medizinisch indiziert sei. Im Bereich der Arme reiche die Fortführung der konservativen Therapie mit Lymphdrainage und Tragen der Kompressionsteile. Mit Teilabhilfebescheid vom 21.03.2014 bewilligte die Antragsgegnerin eine stationär durchzuführende Liposuktion der Beine, lehnte die beantragte Operation für die Arme jedoch ab. Auch dagegen wandte sich die Antragstellerin mit Widerspruch.
Mit weiterem Bescheid vom 02.05.2014 lehnte die Antragsgegnerin die Gewährung von Hautstraffungsoperationen ab. Ob die Hautstraffung nach Liposuktion notwendig sei, könne aktuell nicht beurteilt werden. In der Regel zeige sich dies erst nach ca einem Jahr (so die Stellungnahme des MDK vom 22.04.2014). Auch dagegen legte die Antragstellerin Widerspruch ein.
Mit Widerspruchsbescheid vom 30.07.2014 wies die Antragsgegnerin die Widersprüche zurück, soweit nicht mit Bescheid vom 21.03.2014 abgeholfen worden war. Die Antragstellerin habe den Antrag am 11.12.2013 gestellt, die Antragsgegnerin hierüber nach Einschaltung des MDK mit Bescheid vom 07.01.2014 entschieden. Die Frist von fünf Wochen ende am 15.01.2014, so dass ein Anspruch auf Kostenerstattung nicht nach § 13 Abs 3a Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) entstanden sei. Die Voraussetzungen einer Kostenübernahme für Liposuktion an den Armen liege nicht vor, ob eine Nachstraffung erforderlich sei, könne derzeit nicht beurteilt werden.
Hiergegen richtet sich die am 14.08.2014 zum Sozialgericht Heilbronn (SG) erhobene Klage (S 11 KR 2799/14). Zugleich hat die Antragstellerin die Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz beantragt. Sie stützt sich auf eine Fristüberschreitung nach § 13 Abs 3a SGB V. Sie habe den Antrag am 11.12.2013 gestellt. Eine Information über die Weiterleitung ihrer Unterlagen an den MDK habe sie nicht erhalten. Dies wäre jedoch erforderlich gewesen, um die Frist von drei auf fünf Wochen zu verlängern. Die 3-Wochen-Frist habe am 02.01.2014 geendet. Die Ablehnungsentscheidung sei erst am 07.01.2014 ergangen, wobei der zweite Teil des Antrags (Hautstraffung) überhaupt nicht beschieden worden sei. Die beantragten Maßnahmen gälten daher wegen Fristüberschreitung als genehmigt. Darüber hinaus liege mit dem Lipödem auch im Bereich der Arme eine Erkrankung vor. Warum eine Notwendigkeit für die Liposuktion nur im Bereich der Beine bestehen solle, werde nicht begründet. Auch im Bereich der Arme sei eine Liposuktion unter stationären Bedingungen erforderlich, damit sofort auf eventuelle Komplikationen wie Kreislaufprobleme aufgrund des hohen Flüssigkeitsverlustes, posttraumatische Ödeme, Infektionen oder Thromboembolien reagiert werden könne. Die Notwendigkeit von Straffungen von Hautmantelüberschüssen sei bereits zum jetzigen Zeitpunkt absehbar. Aufgrund ihrer Vorgeschichte sei es mehr als unwahrscheinlich, dass sich die leere Haut nach Entfernung von mehreren Litern Fettgewebe wieder ausreichend zurückbilde. Bei Zuwarten über ein Jahr bestehe das Risiko, dass sich in der Zwischenzeit möglicherweise irreversible Folgeschäden an Haut und Hauthalteapparat (Ekzeme, Nässen, Aufscheuern) manifestierten, weshalb eine vorsorgliche Kostenzusage bereits zum jetzigen Zeitpunkt indiziert sei. Zudem sei sie aktuell auf Stellensuche und Berufsanfängerin, weshalb sie Planungssicherheit benötige. Ohne Gewährung von Eilrechtsschutz habe sie folgende Nachteile zu erwarten: Fortschreiten der Lipödem Erkrankung an den Armen, weitere Chronifizierung der Beschwerden, Folgeschäden an Lymphsystem, Gelenken, Haut und Hauthalteapparat, Schwerbehinderung, Erwerbsminderung/Erwerbsunfähigkeit, schlechtere Chancen auf dem Arbeitsmarkt, keine Planungssicherheit, Beeinträchtigung im sozialen Leben, Behinderung der Familienplanung, Gefahr der Verschuldung/Privatinsolvenz durch Vorfinanzierung. Am 01.07.2014 habe sie bereits die erste fraktionierte Liposuktion an den Armen mittels eines Familienkredits vorfinanziert durchführen lassen. Sie sei finanziell nicht in der Lage, für weitere Operationen aufzukommen.
Mit Beschluss vom 15.09.2014 hat das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Die Antragstellerin habe schon einen Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht. Die einstweilige Anordnung diene zur Vermeidung schwerer und unzumutbarer, anders nicht abwendbarer Nachteile, zu deren Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre. Die Antragstellerin habe keinerlei Unterlagen vorgelegt, welche als Nachweis oder zumindest zur Glaubhaftmachung der behaupteten Nachteile dienen könnten. Auch wenn von Fachärzten empfohlen werde, die Maßnahmen so früh wie möglich durchzuführen, sei nicht ersichtlich, dass bei Abwarten bis zur Entscheidung in der Hauptsache die Antragstellerin Gefahr laufe, dass vollendete Tatsachen (nicht anders abwendbare Verschlechterung der gesundheitlichen Situation oder Lebensgefahr) geschaffen würden, bevor wirksamer Rechtsschutz erlangt werden könne.
Gegen den ihrem Bevollmächtigten am 17.09.2014 zugestellten Beschluss richtet sich die am 26.09.2014 beim SG eingelegte Beschwerde der Antragstellerin (Eingang beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg am 02.10.2014). Sie verweist darauf, dass sie der gerichtliche Hinweis vom 08.09.2014, sie solle zur Eilbedürftigkeit Stellung nehmen, erst am 11.09.2014 erreicht habe, die Antwort habe bereits zum 16.09.2014 vorliegen sollen. Eine konkrete Forderung zur Vorlage von Attesten habe der Hinweis nicht enthalten, zudem habe bereits umfangreiches Material vorgelegen, sie habe auch ihre behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht entbunden. Sie habe ihre Mitwirkungspflichten mehr als erfüllt. Ergänzend legt die Antragstellerin nunmehr noch ein Attest von Dr S. vom 14.10.2014 vor, in dem dieser eine Liposuktion wegen Lipödems der Arme und Beine befürwortet und ausführt, dass diese Therapie wegen immer wieder auftretender Herzrhythmusstörungen unbedingt stationär durchgeführt werden sollte. Darüber hinaus verweist sie auf das laufende Überprüfungsverfahren der Liposuktion beim Lipödem beim GBA. Eine Entscheidung sei nicht vor 2017 zu erwarten, weshalb mangels Behandlungsalternative bis dahin ein Systemmangel vorliege. Hinsichtlich ihrer Lebensgeschichte führt die Antragstellerin aus, sie habe nach Abschluss ihrer Ausbildung zur Industriekauffrau keine Anstellung gefunden, die Phase (von 2002 bis 2005) jedoch genutzt, aus eigenem Antrieb über 95 kg Übergewicht abzunehmen. Im Anschluss daran habe sie die Fachhochschulreife nachgeholt und einen Studienplatz im Traumberuf Innenarchitektur ergattert. Während dessen habe sie die infolge der Gewichtsreduktion erforderlichen Hautstraffungen vornehmen lassen (10 Operationen von 2005 bis 2007), für die die Antragsgegnerin die Kosten übernommen habe. In den Folgejahren habe sie trotz Sport und gesunder Ernährung stetig wieder zugenommen, insbesondere an Armen und Beinen. Mittlerweile habe sie das Bachelor- und sogar Masterstudium abgeschlossen. Leider wolle kein Arbeitgeber einer Berufsanfängerin, weiblich und über 30 mit gesundheitlichen Problemen bzw Einschränkungen durch den Therapieaufwand der konservativen Lipödembehandlung eine Chance geben. Sie tue alles, um ihre volle Arbeitskraft erhalten zu können; ihre Situation sei nicht selbst verschuldet, sondern schicksalhaft. Eine Einzelfallentscheidung zu ihren Gunsten halte sie daher für mehr als gerechtfertigt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Antragsgegnerin Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
Die gemäß § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist statthaft (§ 172 Abs 1, Abs 3 Nr 1 SGG) und damit zulässig, in der Sache aber nicht begründet. Das SG hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu Recht abgelehnt.
Nach § 86b Abs 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Abs 1 vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2). Vorliegend kommt nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs 2 Satz 2 SGG in Betracht. Die Antragstellerin verlangt die Erstattung der Kosten für die bereits am 01.07.2014 durchgeführte Liposuktion der Arme und die Übernahme der Kosten für Hautstraffungen und ggf weitere Liposuktion der Arme.
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich eine wenigstens summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der angestrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs 2 Satz 4 SGG iVm § 920 Abs 2 der Zivilprozessordnung (ZPO)); dabei sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (vgl Bundesverfassungsgericht (BVerfG) 25.07.1996, 1 BvR 638/96, NVwZ 1997, 479; BVerfG 12.05.2005, 1 BvR 569/05, NVwZ 2005, 927 = Breithaupt 2005, 803). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung.
Im einstweiligen Rechtschutzverfahren sollen überdies nur diejenigen Mittel zur Verfügung gestellt werden, die zur Behebung einer aktuellen, dh noch gegenwärtigen Notlage erforderlich sind. Nur ausnahmsweise, wenn die Nichtgewährung der Leistung in der Vergangenheit in die Gegenwart fortwirkt und infolgedessen eine aktuelle Notlage besteht, kann von diesem Grundsatz eine Ausnahme gemacht werden. Bei Geldleistungen, die ausschließlich für die Vergangenheit begehrt werden, fehlt deshalb idR der Anordnungsgrund (LSG Nordrhein-Westfalen 02.10.2013, L 19 AS 1521/13 B ER, L 19 AS 1522/13 B, juris; SächsLSG 31.01.2008, L 3 B 465/07 AS-ER, juris; st Rspr des Senats speziell für Krankengeld, vgl zuletzt Beschluss vom 10.02.2014, L 11 KR 122/14 ER-B, mwN).
Vor diesem Hintergrund besteht schon kein Anordnungsgrund für die in der Vergangenheit angefallenen Kosten für die im Juli 2014 durchgeführte Liposuktion der Arme. Die Antragstellerin hat diese – bislang nicht bezifferten Kosten – über einen Familienkredit finanziert, so dass es ihr ohne Weiteres zumutbar ist, hinsichtlich der Kostenerstattung das Ergebnis des Klageverfahrens abzuwarten.
Auch im Übrigen ist ein Anordnungsgrund nicht ersichtlich. Ob die Antragstellerin derzeit noch weitere Liposuktionsmaßnahmen im Bereich der Arme begehrt, ist nicht klar ersichtlich. Ursprünglich war im Kostenantrag die Rede von bis zu fünf Liposuktionen (für Arme und Beine). Eine Dringlichkeit kann für weitere Liposuktionsmaßnahmen im Bereich der Arme jedenfalls nicht erkannt werden. Auch aus dem neu vorgelegten Attest von Dr S. ergibt sich hierzu nichts, er äußert sich hauptsächlich zur Frage der Erbringung der Leistung ambulant oder stationär. Jedenfalls ist nicht ersichtlich, dass der Antragstellerin eine Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes oder ernstzunehmende Gesundheitsgefahren drohen, wenn nicht vor Abschluss des Verfahrens in der Hauptsache weitere Liposuktionen durchgeführt werden.
Erst recht gilt dies für die beantragten Hautstraffungs-Operationen. Hier ist nach medizinischer Einschätzung des MDK, die für den Senat überzeugend, schlüssig und nachvollziehbar ist, bislang noch nicht einmal absehbar, ob überhaupt ein Bedarf für derartige Operationen besteht. Die erste Liposuktion im Bereich der Arme wurde im Juli 2014 und im Bereich der Beine im September 2014 durchgeführt. Nach den Ausführungen des MDK ist in der Regel erst ein Jahr nach der Operation abzusehen, inwieweit sich die Haut zurückgebildet hat. Für eine "vorsorgliche Kostenzusage" für den Fall der medizinischen Notwendigkeit ist auch angesichts der Vorgeschichte der Antragstellerin im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes kein Raum.
Ein Anordnungsgrund iS einer Dringlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Regelung ist nach alledem nicht glaubhaft gemacht.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Übernahme von Kosten bzw Kostenerstattung für eine Liposuktion der Arme sowie für Hautstraffungen an Armen und Beinen.
Die 1982 geborene Antragstellerin ist bei der Antragsgegnerin freiwillig krankenversichert. Sie leidet an einem Lipödem beidseits im Bereich der Ober- und Unterschenkel Grad II sowie im Bereich der Oberarme Grad I. Daneben besteht eine Hashimoto-Thyreoditis. Im Jahr 2005 übernahm die Antragsgegnerin die Kosten für Bodylifting-Operationen (Ober- und Unterschenkel, Ober- und Unterarm, Bruststraffung), nachdem die Antragstellerin in Eigenregie 95 kg Gewicht abgenommen hatte.
Am 11.12.2013 beantragte die Antragstellerin bei der Antragsgegnerin die Kostenübernahme für stationär durchzuführende Liposuktionen im Bereich der Arme und Beine mit anschließender Hautstraffung. Die Antragsgegnerin holte daraufhin ein Gutachten beim Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) ein. Dr B. teilte mit Gutachten vom 20.12.2013 mit, die Liposuktion sei als neue Methode in der vertragsärztlichen Versorgung nicht zugelassen, funktionelle Einschränkungen oder eine Entstellung der Versicherten lägen nicht vor. Mit Bescheid vom 07.01.2014 lehnte die Antragsgegnerin die Übernahme der Kosten für die beantragte Liposuktion ab. Es liege keine Krankheit iSd gesetzlichen Krankenversicherung vor.
Die Antragstellerin legte Widerspruch ein und verwies auf ein Attest der R.-Klinik vom 11.12.2013 und von Dr Z. vom 29.01.2014. Die Antragsgegnerin ließ eine weitere Begutachtung durch den MDK vornehmen. Aufgrund ambulanter Untersuchung der Antragstellerin kam Dr J.-S. im Gutachten vom 17.03.2014 zu der Einschätzung, dass im Bereich der unteren Extremitäten die beantragte Liposuktion unter stationären Bedingungen medizinisch indiziert sei. Im Bereich der Arme reiche die Fortführung der konservativen Therapie mit Lymphdrainage und Tragen der Kompressionsteile. Mit Teilabhilfebescheid vom 21.03.2014 bewilligte die Antragsgegnerin eine stationär durchzuführende Liposuktion der Beine, lehnte die beantragte Operation für die Arme jedoch ab. Auch dagegen wandte sich die Antragstellerin mit Widerspruch.
Mit weiterem Bescheid vom 02.05.2014 lehnte die Antragsgegnerin die Gewährung von Hautstraffungsoperationen ab. Ob die Hautstraffung nach Liposuktion notwendig sei, könne aktuell nicht beurteilt werden. In der Regel zeige sich dies erst nach ca einem Jahr (so die Stellungnahme des MDK vom 22.04.2014). Auch dagegen legte die Antragstellerin Widerspruch ein.
Mit Widerspruchsbescheid vom 30.07.2014 wies die Antragsgegnerin die Widersprüche zurück, soweit nicht mit Bescheid vom 21.03.2014 abgeholfen worden war. Die Antragstellerin habe den Antrag am 11.12.2013 gestellt, die Antragsgegnerin hierüber nach Einschaltung des MDK mit Bescheid vom 07.01.2014 entschieden. Die Frist von fünf Wochen ende am 15.01.2014, so dass ein Anspruch auf Kostenerstattung nicht nach § 13 Abs 3a Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) entstanden sei. Die Voraussetzungen einer Kostenübernahme für Liposuktion an den Armen liege nicht vor, ob eine Nachstraffung erforderlich sei, könne derzeit nicht beurteilt werden.
Hiergegen richtet sich die am 14.08.2014 zum Sozialgericht Heilbronn (SG) erhobene Klage (S 11 KR 2799/14). Zugleich hat die Antragstellerin die Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz beantragt. Sie stützt sich auf eine Fristüberschreitung nach § 13 Abs 3a SGB V. Sie habe den Antrag am 11.12.2013 gestellt. Eine Information über die Weiterleitung ihrer Unterlagen an den MDK habe sie nicht erhalten. Dies wäre jedoch erforderlich gewesen, um die Frist von drei auf fünf Wochen zu verlängern. Die 3-Wochen-Frist habe am 02.01.2014 geendet. Die Ablehnungsentscheidung sei erst am 07.01.2014 ergangen, wobei der zweite Teil des Antrags (Hautstraffung) überhaupt nicht beschieden worden sei. Die beantragten Maßnahmen gälten daher wegen Fristüberschreitung als genehmigt. Darüber hinaus liege mit dem Lipödem auch im Bereich der Arme eine Erkrankung vor. Warum eine Notwendigkeit für die Liposuktion nur im Bereich der Beine bestehen solle, werde nicht begründet. Auch im Bereich der Arme sei eine Liposuktion unter stationären Bedingungen erforderlich, damit sofort auf eventuelle Komplikationen wie Kreislaufprobleme aufgrund des hohen Flüssigkeitsverlustes, posttraumatische Ödeme, Infektionen oder Thromboembolien reagiert werden könne. Die Notwendigkeit von Straffungen von Hautmantelüberschüssen sei bereits zum jetzigen Zeitpunkt absehbar. Aufgrund ihrer Vorgeschichte sei es mehr als unwahrscheinlich, dass sich die leere Haut nach Entfernung von mehreren Litern Fettgewebe wieder ausreichend zurückbilde. Bei Zuwarten über ein Jahr bestehe das Risiko, dass sich in der Zwischenzeit möglicherweise irreversible Folgeschäden an Haut und Hauthalteapparat (Ekzeme, Nässen, Aufscheuern) manifestierten, weshalb eine vorsorgliche Kostenzusage bereits zum jetzigen Zeitpunkt indiziert sei. Zudem sei sie aktuell auf Stellensuche und Berufsanfängerin, weshalb sie Planungssicherheit benötige. Ohne Gewährung von Eilrechtsschutz habe sie folgende Nachteile zu erwarten: Fortschreiten der Lipödem Erkrankung an den Armen, weitere Chronifizierung der Beschwerden, Folgeschäden an Lymphsystem, Gelenken, Haut und Hauthalteapparat, Schwerbehinderung, Erwerbsminderung/Erwerbsunfähigkeit, schlechtere Chancen auf dem Arbeitsmarkt, keine Planungssicherheit, Beeinträchtigung im sozialen Leben, Behinderung der Familienplanung, Gefahr der Verschuldung/Privatinsolvenz durch Vorfinanzierung. Am 01.07.2014 habe sie bereits die erste fraktionierte Liposuktion an den Armen mittels eines Familienkredits vorfinanziert durchführen lassen. Sie sei finanziell nicht in der Lage, für weitere Operationen aufzukommen.
Mit Beschluss vom 15.09.2014 hat das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Die Antragstellerin habe schon einen Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht. Die einstweilige Anordnung diene zur Vermeidung schwerer und unzumutbarer, anders nicht abwendbarer Nachteile, zu deren Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre. Die Antragstellerin habe keinerlei Unterlagen vorgelegt, welche als Nachweis oder zumindest zur Glaubhaftmachung der behaupteten Nachteile dienen könnten. Auch wenn von Fachärzten empfohlen werde, die Maßnahmen so früh wie möglich durchzuführen, sei nicht ersichtlich, dass bei Abwarten bis zur Entscheidung in der Hauptsache die Antragstellerin Gefahr laufe, dass vollendete Tatsachen (nicht anders abwendbare Verschlechterung der gesundheitlichen Situation oder Lebensgefahr) geschaffen würden, bevor wirksamer Rechtsschutz erlangt werden könne.
Gegen den ihrem Bevollmächtigten am 17.09.2014 zugestellten Beschluss richtet sich die am 26.09.2014 beim SG eingelegte Beschwerde der Antragstellerin (Eingang beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg am 02.10.2014). Sie verweist darauf, dass sie der gerichtliche Hinweis vom 08.09.2014, sie solle zur Eilbedürftigkeit Stellung nehmen, erst am 11.09.2014 erreicht habe, die Antwort habe bereits zum 16.09.2014 vorliegen sollen. Eine konkrete Forderung zur Vorlage von Attesten habe der Hinweis nicht enthalten, zudem habe bereits umfangreiches Material vorgelegen, sie habe auch ihre behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht entbunden. Sie habe ihre Mitwirkungspflichten mehr als erfüllt. Ergänzend legt die Antragstellerin nunmehr noch ein Attest von Dr S. vom 14.10.2014 vor, in dem dieser eine Liposuktion wegen Lipödems der Arme und Beine befürwortet und ausführt, dass diese Therapie wegen immer wieder auftretender Herzrhythmusstörungen unbedingt stationär durchgeführt werden sollte. Darüber hinaus verweist sie auf das laufende Überprüfungsverfahren der Liposuktion beim Lipödem beim GBA. Eine Entscheidung sei nicht vor 2017 zu erwarten, weshalb mangels Behandlungsalternative bis dahin ein Systemmangel vorliege. Hinsichtlich ihrer Lebensgeschichte führt die Antragstellerin aus, sie habe nach Abschluss ihrer Ausbildung zur Industriekauffrau keine Anstellung gefunden, die Phase (von 2002 bis 2005) jedoch genutzt, aus eigenem Antrieb über 95 kg Übergewicht abzunehmen. Im Anschluss daran habe sie die Fachhochschulreife nachgeholt und einen Studienplatz im Traumberuf Innenarchitektur ergattert. Während dessen habe sie die infolge der Gewichtsreduktion erforderlichen Hautstraffungen vornehmen lassen (10 Operationen von 2005 bis 2007), für die die Antragsgegnerin die Kosten übernommen habe. In den Folgejahren habe sie trotz Sport und gesunder Ernährung stetig wieder zugenommen, insbesondere an Armen und Beinen. Mittlerweile habe sie das Bachelor- und sogar Masterstudium abgeschlossen. Leider wolle kein Arbeitgeber einer Berufsanfängerin, weiblich und über 30 mit gesundheitlichen Problemen bzw Einschränkungen durch den Therapieaufwand der konservativen Lipödembehandlung eine Chance geben. Sie tue alles, um ihre volle Arbeitskraft erhalten zu können; ihre Situation sei nicht selbst verschuldet, sondern schicksalhaft. Eine Einzelfallentscheidung zu ihren Gunsten halte sie daher für mehr als gerechtfertigt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Antragsgegnerin Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
Die gemäß § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist statthaft (§ 172 Abs 1, Abs 3 Nr 1 SGG) und damit zulässig, in der Sache aber nicht begründet. Das SG hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu Recht abgelehnt.
Nach § 86b Abs 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Abs 1 vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2). Vorliegend kommt nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs 2 Satz 2 SGG in Betracht. Die Antragstellerin verlangt die Erstattung der Kosten für die bereits am 01.07.2014 durchgeführte Liposuktion der Arme und die Übernahme der Kosten für Hautstraffungen und ggf weitere Liposuktion der Arme.
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich eine wenigstens summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der angestrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs 2 Satz 4 SGG iVm § 920 Abs 2 der Zivilprozessordnung (ZPO)); dabei sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (vgl Bundesverfassungsgericht (BVerfG) 25.07.1996, 1 BvR 638/96, NVwZ 1997, 479; BVerfG 12.05.2005, 1 BvR 569/05, NVwZ 2005, 927 = Breithaupt 2005, 803). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung.
Im einstweiligen Rechtschutzverfahren sollen überdies nur diejenigen Mittel zur Verfügung gestellt werden, die zur Behebung einer aktuellen, dh noch gegenwärtigen Notlage erforderlich sind. Nur ausnahmsweise, wenn die Nichtgewährung der Leistung in der Vergangenheit in die Gegenwart fortwirkt und infolgedessen eine aktuelle Notlage besteht, kann von diesem Grundsatz eine Ausnahme gemacht werden. Bei Geldleistungen, die ausschließlich für die Vergangenheit begehrt werden, fehlt deshalb idR der Anordnungsgrund (LSG Nordrhein-Westfalen 02.10.2013, L 19 AS 1521/13 B ER, L 19 AS 1522/13 B, juris; SächsLSG 31.01.2008, L 3 B 465/07 AS-ER, juris; st Rspr des Senats speziell für Krankengeld, vgl zuletzt Beschluss vom 10.02.2014, L 11 KR 122/14 ER-B, mwN).
Vor diesem Hintergrund besteht schon kein Anordnungsgrund für die in der Vergangenheit angefallenen Kosten für die im Juli 2014 durchgeführte Liposuktion der Arme. Die Antragstellerin hat diese – bislang nicht bezifferten Kosten – über einen Familienkredit finanziert, so dass es ihr ohne Weiteres zumutbar ist, hinsichtlich der Kostenerstattung das Ergebnis des Klageverfahrens abzuwarten.
Auch im Übrigen ist ein Anordnungsgrund nicht ersichtlich. Ob die Antragstellerin derzeit noch weitere Liposuktionsmaßnahmen im Bereich der Arme begehrt, ist nicht klar ersichtlich. Ursprünglich war im Kostenantrag die Rede von bis zu fünf Liposuktionen (für Arme und Beine). Eine Dringlichkeit kann für weitere Liposuktionsmaßnahmen im Bereich der Arme jedenfalls nicht erkannt werden. Auch aus dem neu vorgelegten Attest von Dr S. ergibt sich hierzu nichts, er äußert sich hauptsächlich zur Frage der Erbringung der Leistung ambulant oder stationär. Jedenfalls ist nicht ersichtlich, dass der Antragstellerin eine Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes oder ernstzunehmende Gesundheitsgefahren drohen, wenn nicht vor Abschluss des Verfahrens in der Hauptsache weitere Liposuktionen durchgeführt werden.
Erst recht gilt dies für die beantragten Hautstraffungs-Operationen. Hier ist nach medizinischer Einschätzung des MDK, die für den Senat überzeugend, schlüssig und nachvollziehbar ist, bislang noch nicht einmal absehbar, ob überhaupt ein Bedarf für derartige Operationen besteht. Die erste Liposuktion im Bereich der Arme wurde im Juli 2014 und im Bereich der Beine im September 2014 durchgeführt. Nach den Ausführungen des MDK ist in der Regel erst ein Jahr nach der Operation abzusehen, inwieweit sich die Haut zurückgebildet hat. Für eine "vorsorgliche Kostenzusage" für den Fall der medizinischen Notwendigkeit ist auch angesichts der Vorgeschichte der Antragstellerin im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes kein Raum.
Ein Anordnungsgrund iS einer Dringlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Regelung ist nach alledem nicht glaubhaft gemacht.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
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