L 5 KR 3518/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 5 KR 1886/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 3518/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 31.07.2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die (Weiter-)Gewährung von Krankengeld über den 15.03.2013 hinaus.

Der 1968 geborene Kläger, bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert, war bis 15.04.2013 bei einer Baustoffhandlung als Lagerarbeiter versicherungspflichtig beschäftigt. Ab 09.01.2013 und erneut ab 29.01.2013 war er wegen einer Gastritis krankgeschrieben und bezog deswegen ab 23.02.2013 Krankengeld von der Beklagten (kalendertäglich 47,22 EUR brutto/41,57 EUR netto).

Arzt für Allgemeinmedizin Dr. R. stellte dem Kläger am 1.3.2013 einen Auszahlschein für Krankengeld bis 15.3.2013 aus. In einem Befundbericht der Internistin und Gastroenterologin Dr. M. vom 09.01.2013 ist eine mäßiggradige erosive Antrumgastritis bei sonst regelrechtem ösophagogastroduodenoskopischem Befund mitgeteilt. Erfreulicherweise habe kein ernsthafter Befund erhoben werden können.

Die Beklagte befragte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK). Unter dem 14.03.2013 führte Dr. H. (im Zuge einer Direktberatung) aus, Arbeitsunfähigkeit über den 15.03.2013 hinaus sei nicht plausibel.

Mit Bescheid vom 14.03.2013 lehnte die Beklagte die Zahlung von Krankengeld ab 16.03.2013 ab; Krankengeld könne nach den Feststellungen des MDK bis längstens 15.03.2013 gezahlt werden.

Am 15.03.2013 legte der Kläger das Attest des Neurologen und Psychiaters S. vom gleichen Tag vor. Darin ist ausgeführt, der Kläger habe angegeben, seine linke Gesichtshälfte schlafe ein und er halte sich für nicht in der Lage zu arbeiten. Er fühle sich vom Magen und vom Seelischen her nicht gesund und nicht arbeitsfähig. Er wolle sich einem Arzt des MDK vorstellen. Das sei empfehlenswert und notwendig.

Unter dem 20.03.2013 stellte der Allgemeinarzt Dr. R. einen Auszahlschein für Krankengeld aus. Darin ist als letzter Tag der Arbeitsunfähigkeit der 15.03.2013 angegeben.

Im (nach Aktenlage erstellten) MDK-Gutachten vom 20.03.2013 führte Dr. H. aus, auf der Grundlage der verfügbaren Informationen müsse unverändert vom Ende der Arbeitsunfähigkeit am 15.03.2013 ausgegangen werden.

Mit Schreiben vom 21.03.2013 teilte die Beklagte dem Kläger (erneut) mit, Krankengeld könne auf der Grundlage der Erkenntnisse des MDK längstens bis 15.03.2013 gezahlt werden.

Am 24.04.2013 legte der Kläger einen weiteren Auszahlschein des Dr. R. vor. Darin ist die Rubrik "letzter Tag der Arbeitsunfähigkeit" nicht ausgefüllt; unter der Rubrik "noch arbeitsunfähig" ist "ja" eingetragen.

Mit Schreiben vom 24.04.2013 forderte die Beklagte den Kläger auf, sich keine Auszahlscheine mehr ausstellen zu lassen. In einem Aktenvermerk der Beklagten vom 29.04.2013 ist festgehalten, der Kläger habe in der Arztpraxis (offenbar des Dr. R.) behauptet, ein anderer Arzt habe gesagt, Dr. R. solle ihn weiter krankschreiben; aufgrund der Vorgeschichte (Bedrohung des Arztes etc.) habe man dies gemacht.

Am 02.05.2013 suchte der Kläger beim Sozialgericht Mannheim um vorläufigen Rechtsschutz nach; der Beklagten solle im Wege der einstweiligen Anordnung aufgegeben werden, ihm Krankengeld vorläufig über den 15.03.2013 hinaus zu zahlen. Die Beklagte trug - unter Hinweis auf die Gutachten des MDK - ergänzend vor, der Kläger habe weder einen Anordnungsgrund noch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht; er arbeite derzeit als Taxifahrer, was zeige, dass er nicht (mehr) arbeitsunfähig sei.

Der Kläger erhob außerdem Widerspruch gegen die Einstellung der Krankengeldzahlung zum 15.03.2013.

Die Beklagte befragte erneut den MDK. Im - nach Untersuchung des Klägers - erstellten MDK-Gutachten vom 15.05.2013 führte Dr. W. aus, der Kläger habe angegeben, schon seit langer Zeit unter Magenbeschwerden zu leiden; 2004 sei er wegen eines Magendurchbruchs operiert worden. Anfang 2013 habe er wieder vermehrt Schmerzen bekommen. Unter Medikation sei er beschwerdefrei. Wenn er die Medikamente vergesse, träten die Beschwerden nach 5 Tagen wieder auf. Seit Mitte März 2013 habe er außerdem psychische Probleme und Schlafstörungen. Wegen eines peranalen Blutabgangs bei bekanntem Hämorrhoidalleiden sei am 23.05.2013 eine Operation geplant. Als Taxifahrer habe er nur im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung gearbeitet. Der Kläger habe bei der Untersuchung aggressiv, teils mühsam beherrscht, teils besorgt wegen der finanziellen Situation gewirkt. Eine eindeutige depressive Symptomatik liege nicht vor. Dr. W. diagnostizierte eine Gastritis, ein Hämorrhoidalleiden III, Probleme im Zusammenhang mit der Lebensführung sowie eine akzentuierte Persönlichkeit mit Neigung zu aggressiven Durchbrüchen. Am Untersuchungstag lägen keine Arbeitsunfähigkeit begründende Einschränkungen vor. Die Gastritis sei unter Pantoprazol-Einnahme gebessert. Geltend gemachte neurologische Ausfälle im Gesicht und linken Arm seien nicht objektivierbar. Eine wesentliche depressive Symptomatik mit Einschränkung der Leistungsfähigkeit für die Tätigkeit als Lagerarbeiter bestehe nicht. Entsprechendes gelte im Hinblick auf das - zu sanierende - Hämorrhoidalleiden; der Kläger habe ohne Probleme während der gesamten Anamneseerhebung sitzen können. Der vom Kläger konsultierte Psychiater habe weder eine Behandlung aufgenommen noch eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausgestellt. Der behandelnde Arzt habe dem MDK-Gutachten vom 20.03.2013 nicht widersprochen. Arbeitsunfähigkeit liege aktuell nicht vor. Ab der Aufnahme ins Krankenhaus (am 23.05.2013) und für ca. 3 Wochen postoperativ sei von Arbeitsunfähigkeit auszugehen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 22.05.2013 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung bezog sie sich auf die Feststellungen des MDK.

Mit Bescheid vom 27.05.2013 bewilligte das Jobcenter R. dem Kläger Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II - Arbeitslosengeld II) - im Hinblick auf das schwebende Krankengeldverfahren vorläufig - (zunächst) vom 01.05.2013 bis 31.10.2013.

Am 12.06.2013 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Mannheim. Am gleichen Tag nahm er den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zurück.

Zur Begründung der Klage trug der Kläger u.a. vor, er leide an einer Magenerkrankung mit ständigen Magenschmerzen. Durch Medikamente könne er nur zeitweise eine geringfügige Besserung erreichen. Hinzukomme eine psychische Erkrankung. Er verlasse seine Wohnung nicht mehr, leide unter ständiger Müdigkeit und Antriebsarmut und könne deshalb keinerlei Tätigkeiten mehr verrichten. Man möge ein Gutachten erheben.

Für die Zeit vom 26.06.2013 bis 15.08.2013 wurden dem Kläger Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen durch die Universitätsklinik H. (Chirurgische Klinik) - Diagnose: Hämorrhoiden - ausgestellt.

Das Sozialgericht erhob das Gutachten der Psychiaterin und Psychotherapeutin Dr. S. vom 08.07.2013. Diese führte (u.a.) aus, eine neurologische Untersuchung habe nicht durchgeführt werden können, da der Kläger das Gespräch abgebrochen und die Praxis verlassen habe. Eine Erkrankung auf psychiatrischem Fachgebiet sei nicht festzustellen. In psychopathologischer Hinsicht liege ein Normalbefund vor. Anhaltspunkte für eine depressive Symptomatik bestünden nicht. Auffälligkeiten, die (etwa) auf eine leichtergradige depressive Störung, z. B. eine Dysthymia, schließen lassen könnten, habe der Kläger nicht berichtet. Er habe insgesamt keine konkreten psychischen Beeinträchtigungen benannt, außer, dass er durch die Auseinandersetzung mit der Beklagten belastet und angespannt sei. Beim Kläger bestehe eine Neigung zu aggressiver Verhaltensweise. Aus ihrer Sicht sei Arbeitsunfähigkeit weder für die Tätigkeit als Lagerist noch als Taxifahrer festzustellen.

Mit Gerichtsbescheid vom 31.07.2013 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, ab dem 15.03.2013 stehe dem Kläger Krankengeld nicht mehr zu, da er nicht mehr arbeitsunfähig sei. Gem. § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB V hätten Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig mache. Arbeitsunfähig sei, wer die vor Beginn einer Krankheit ausgeübte Tätigkeit aufgrund dieser Krankheit entweder überhaupt nicht mehr oder nur auf die Gefahr hin ausüben könne, seinen Zustand zu verschlimmern. Das sei hier über den 15.03.2013 hinaus nicht festgestellt. Wie aus dem psychiatrischen Gerichtsgutachten der Sachverständigen Dr. S. und den Feststellungen der Ärzte des MDK hervorgehe, sei der Kläger in der Tätigkeit als Lagerarbeiter ab 15.03.2013 nicht mehr arbeitsunfähig gewesen. Hinsichtlich der Magenbeschwerden habe der Kläger selbst gegenüber Dr. W. Beschwerdefreiheit unter Einnahme von Pantoprazol angegeben. Dr. M. habe in ihrem Befundbericht vom 09.01.2013 nur eine mäßige Antrumgastritis ohne ernsthaften Befund festgestellt. Auch Dr. R. (Hausarzt des Klägers) habe für die Zeit nach dem 15.03.2013 keine Arbeitsunfähigkeit mehr angenommen. In neurologischer Hinsicht (angegebene Gefühlstörungen der linken Gesichtshälfte und des linken Arms) habe Dr. W. bei der neurologischen Untersuchung des Klägers objektivierbare Beeinträchtigungen nicht festgestellt. Objektive neurologische Befunde habe auch der Neurologe und Psychiater S. in seinem Attest vom 15.03.2013 nicht mitgeteilt, vielmehr lediglich Beschwerdeangaben des Klägers geschildert. Schließlich liege auch eine wesentliche depressive Symptomatik, die Arbeitsunfähigkeit begründen könnte, nicht vor. Das ergebe sich aus dem Gerichtsgutachten von Dr. S ... Diese habe (in Einklang etwa mit Dr. W.) einen psychopathologischen Normalbefund erhoben. Wegen der operativen Behandlung des Hämorrhoidalleidens (ab 26.06.2013) könne Krankengeld nicht gezahlt werden, da der Kläger (mittlerweile) als Bezieher von Arbeitslosengeld II gem. §§ 5 Abs. 1 Nr. 2a, 44 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V ohne Anspruch auf Krankengeld versichert sei.

Auf den ihm am 05.08.2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 15.08.2013 Berufung eingelegt. Er hält die Versagung von Krankengeld ab 15.03.2013 für rechtswidrig.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 31.07.2013 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 14.03.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.05.2013 zu verurteilen, ihm Krankengeld für die Zeit vom 15.03.2013 bis zum 15.08.2013 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist gem. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft; der Kläger begehrt Krankengeld i. H. v. 47,22 EUR (brutto)/ 41,57 EUR (netto) kalendertäglich ab 15.03.2013 bis zur Erschöpfung des Leistungsanspruchs, mindestens bis 15.08.2013 (Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen der Universitätsklinik H. wegen Hämorrhoiden-Behandlung vom 26.06.2013 bis 15.08.2013), so dass der Beschwerdewert von 750 EUR in jedem Fall überschritten ist. Die Berufung ist auch im Übrigen zulässig (§ 151 SGG).

Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, ihm über den 15.03.2013 hinaus Krankengeld zu gewähren. Er hat darauf keinen Anspruch.

Das Sozialgericht hat in seinem Gerichtsbescheid zutreffend dargelegt, nach welchen Rechtsvorschriften (§§ 44 ff. SGB V) sich die Gewährung von Krankengeld richtet, und weshalb dem Kläger danach über den 15.03.2013 hinaus Krankengeld nicht mehr gezahlt werden kann. Der Senat nimmt auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Gerichtsbescheids Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG); der Kläger hat zur Begründung der Berufung in der Sache nichts vorgetragen. Aus den vorliegenden Gutachten der Ärzte des MDK und der gerichtlichen Sachverständigen Dr. S. geht überzeugend hervor, dass der Kläger ab 15.03.2013 nicht mehr gem. § 44 Abs. 1 SGB V arbeitsunfähig gewesen ist. Die von ihm geltend gemachten gesundheitlichen Beschwerden genügen dafür nicht. Der Kläger hat gegen die Erkenntnisse der Gutachter stichhaltige Einwendungen nicht erhoben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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